1889 / 139 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 14 Jun 1889 18:00:01 GMT) scan diff

rurg, welche besser die Verhältnisse der verschiedenen Beamten- klassen zu übersehen vermöge. Minister - Präsident Dr. reiherr von Mittnacht dankte zunächst der Finanz-Kommission ae ihre wohlwollende, von höheren Gesichtspunkten ge- tragene Aufnahme der Vorlage, dem Berichterstatter der- selben noch besonders für die warmen und gerechten Worte der Anerkennung für den württembergishen Beamtenstand. Die Regierung unternehme mit der Vorlage die Abtragung einer alten, tief empfundenen Schuld; dem Beamtenstand ge- reiche es zur hohen Ehre, daß er ruhig und geduldig die Stunde abgewartet habe, in welcher mit einiger Aussicht auf Erfolg mit einer allgemeinen Maßnahme vorgegangen werden konnte, daß derselbe zugewartet habe, ohne in seinen Leistungen, seiner Berufstreue, seiner Jntegrität und Ehrenhaftigkeit au im geringsten nachzulassen, während ein ansehnlicher Theil unserer Beamten, mehx als in die Oeffentlichkeit gedrungen ist, von materiellen Sorgen bedrängt war. Mit Genug- thuung konstatirte der Minister-Präsident, daß die innere Güte und Gerechtigkeit der Sache sich augenscheinlih bewähre, der Maßnahme in allen Parteien des Hauses Freunde erstanden, Meinungsverschiedenheiten doch nur in Absicht auf das Maß und die Vertheilungsweise vorlägen und prinzipielle Gegner jeder Aufbesserung der Beamten- gehalte kaum mehr zu bekämpfen seien; sodann verglich er die Gehalte von Männern aus dem Erwerbsleben mit den Gehalten alda Beamten. Nachdem der Minister-Präsident noch den Antrag Sachs bekämpft hatte, appellirte er an die politische Einsicht, das Gerechtigkeits- und Billigkeitsgefühl, den Natriotismus der Kammermitglieder und bat sie, gern und mit offener Hand zu thun, was sie kaum ablehnen können. Der Abg. Sachs reduzirte seinen Antrag auf eine allgemeine Gehaltsaufbesserung (ohne Wohnungsgeldzuschuß) von 10 Proz. auf 9 Proz. Durch die Wohnungsgeldzuschüsse werde es schwer sein, tüchtige Bezirksbeamte davon abzuhalten, sich nah den Stellen in den größeren Städten zu drängen. Der Abgeordnete spra für Einführung des Dienstalter-Vorrückungs- \ystems. Abg. Haußmann sprach sih gegen die Vorlage aus. Die ganze Zeitlage, die wirthschaftliche Lage insbesondere, der Nothstand der Gemeinden verbiete ihm, der Aufbesserung zuzu- stimmen. Die Staats-Minister der Justiz, Dr. von Faber, der Finanzen, Dr. von Renner, und des Jnnern, von Schmid, widerlegten die von Haußmann und andern Abgeord- neten vorgebrachten Einwendungen; der Staats Minister des Innern wies insbesondere darauf hin, daß das deutsche Volk für Getränke und Tabak jedes Jahr 1500—1600 Mill. Mark verausgabe, wovon auf Württemberg 60—70 Mill. fallen. Ein Volk, das hierzu im Stande sei, sei auch in der Lage, sein Militär zu erhalten und seine Civilstaa: sdiener so zu be- solden, wie sie es mit Recht fordern können. Abg. Haffner beantragte eine 5 proz. allgemeine Gehaltsaufbesserung und an Wohnungsgeldzushuß zu bewilligen 9 Prozent in Klasse I. (Stuttgart), 7 Prozent in Klasse 11. und 6 Prozent in Klasse III, Bei der Abstimmung wurde der Antrag Sachs: 9 Prozent allgemeine Gehaltsaufbesserung, ohne Wohnungs- geldzuschüsse mit 78 gegen 8 Stimmen abgelehnt, der Antrag Haffner aber mit 67 gegen 20 Stimmen angenommen.

Baden. Karlsruhe, 12. Juni. (Karlsr. Ztg.). Jhre

Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Groß- As empfingen gestern den Besuh des Großfürsten

Michael von Rußland und begrüßten Ubends, in Be- gleitung der Erbgroßherzoglichen Herrschaften, die Gro ß- herzogin-Mutter von Mecklenburg-Schwerin, Höchst- welche, von Baden-Baden kommend, den hiesigen Bahn- hof auf der Rückreise nah Schwerin passirte. Heute Vor- mittag trafen Jhre Hoheiten der Herzog und die Herzogin von Sachsen-Altenburg, auf der Heimreise begriffen, im Hauptbahnhofe hier ein und wurden von dem Großherzog und der Großherzogin, sowie dem Erbgroßherzog und der Erbgroßherzogin begrüßt.

Mecklenburg - Schwerin. Schwerin, 13. Juni. Medckl. Nachr. ). Sre Königliche Hoheit die Großherzogin- (utter ist heute Vormittag hier wieder eingetroffen und

hat im Greenhouse Wohnung genommen. Se. Königliche

Hoheit der Großherzog war zum Empfang auf dem Bahn-

hofe anwesend.

Medcklenburg - Streliz. Neustreliß, 11. Juni, (Meckl. Nachr.) Jhre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin trafen heute von London hier

wieder ein.

Anhalt. Ballenstedt, 12. Juni. (Anh. St.-A.) Ueber das Befinden Jhrer Hoheit der Herzogin ist heute folgendes Bulletin ausgegeben worden: /

Ihre Hoheit die Frau Herzogin ist in der vorigen Woche an Diphtheritis erkrankt, die Anfanos in geringem Grade auftrat, später aber, von Sonntag Abend an, sih verschlimmerte und in der Nacht von Montag auf Dienstag ihren Höhcpunkt erreicht hatte. Gegen- wärtig ist ein vollständiger Rückgang des diphtherischen Prozesses ein- getreten und das Befinden der hohen Kranken in fortfchreitender Besserung begriffen. :

Schloß Ballenstedt, 12, Juni 1889.

Hofrath Professor Dr. Dertel. Dr, Haring.

Oesterreih-Ungarn. Wien, 12. Juni. (Wien. Abdp.) Die Neuwahlen in eine Reihe von Landtagen werden am 25. d. M. ihren Anfang nehmen, an welchem Tage die Vertreter für die Gruppe der Landgemeinden in Görz und JFstrien gewählt werden follen. Jn Böhmen, Galizien, Tirok und Dalmatien finden die Wahlen erst im Juli statt.

Pest, 12. Juni. (Frag, Ztg.) Das Oberhaus er- ledigte unverändert das Budget und den Geseßentwurf, betreffend die Mr der Finanzverwaltung. Jm Laufe der Debatte interpellirte Huntal die Regierung, ob fie Kenntniß daron habe, daß in Rumänien in den Schulen eine Landkarte ausgegeben wird, in welcher fast die Hälfte Ungarns als zu Rumänien gehörig er- scheint. Der Unterrichts-Minister Graf Csaky erwiderte, die Beantwortung der Jnterpellation stehe zwar dem Minisier- Präsidenten zu, er könne jedoch hon jeyt das Haus be- ruhigen, die Regierung werde die Angelegenheit untersuchen und entsprehende Modalitäten einer Lösung finden.

Großbritannien und Jrland. London, 11, Junïi. (Köln. Ztg.) Große Befriedigung erregt die Meldung, daß der älteste Sohn des Prinzen von Wales den nächsten Winter in Jndien zubringen wird. Seine Reise hat weniger eine politische als eine erziehlihe Bedeutung. Der Prinz at zwar mit seinem Bruder an Bord der „Bacchante“ die

elt umkreist, aber mit der indischen Bevölkerung, über welche

er einst als Herrscher regieren wird, hat er bis jegt keine nähere Berührung gehabt.

Frankrei. Paris, 13. Juni. (W. T. B.) Heute Vormittag fand ein Ministerrath statt, in welchem die Panama frage berathen wurde. Voraussichtlih dürfte der Kammer in allernächster Zeit eine auf diese Frage bezügliche Vorlage zugehen. Der Minister des Jnnern, Confstans, verließ noch vor Schluß des Ministerraths das Elysée, um eine Deputation der Pariser Kutscher zu empfangen, welche mit Arbeitseinstellung drohen. _

Laguerre, Laisant und Déroulède reisen morgen Abend nah London, werden am Sonnabend zurückehren und am Sonntag in Lisieux (Calvados) eine Versammlung

abhalten. L Î

14. Juni W._ T. B) Vet einem gestern dem Kommissariat der Ausstellung von den Vertretern der auswärtigen Aussteller gegebenen Banket hielt der Minister-Präsident Tirard in Erwiderung eines Toastes des Generals Franklin eine Rede, in welcher er die Anwesenden aufforderte, ihren Landsleuten die Versicherung zu ertheilen, daß die Regierung der Republik, soweit sie ihrer Würde und Ehre dabei nichts vergebe, aufrichtigst wünsche, mit der ganzen Welt in gutem Einvernehmen zu leben.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 13. Juni. (W. T. B.) Die Herzogin von Edinburg ist heute in Peterhof eingetroffen.

Ftalien. Neapel, 13. Juni. (W. T. B.) Der König und der Kronprinz besuchten heute die Stadttheile, in denen die Assanirungsarbeiten begonnen, und wurden von der Bevölkerung und den Arbeitern enthusiastish begrüßt.

Niederlande. Amsterdam, 13. Juni. (W. T. B.) Dem „Handelsblad“ zufolçe wird der Shah von Persien am Sonntag Abend hier eintreffen; er wird in den Nieder- landen nur inkognito reisen. Der Schah hat von dem König der Niederlande einen eigenhändigen Brief erhalten, in welchem derselbe sein Bedauern darüber ausdrückt, daß er wegen seines Gesundheitszustandes den Schah nicht persönlich zu empfangen vermag. Daraufhin ließ der Schah den Wunsch ausdrücken, von jeder offiziellen Feierlichkeit während seines Aufenthalts in den Niederlanden Abstand zu nehmen.

Türkei. Konstantinopel, 13. Juni. (W. T. B.) Die legislative’ Sektion des Staatsraths hat den Geseßentwurf genehmigt, nah welhem die Auswande- rung aller Kunstgewerbe-Arbeiter, welche türkische Unterthanen sind, ohne vorherige Ermächtigung der Pforte verboten wird. Der Geseßentwurf ist dem Ministerrath unterbreitet worden. | :

14. Jun (1. T. B.) Nach: einer Meldung des „Reuter'shen Bureaus“ hat die Pforte die Militärbehörden Syriens angewiesen, mit möglichster Beschleunigung 5 oder 6 Bataillone nah Kreta zu entsenden.

Rumänien. Bukarest, 14. Juni. (W. T. B.) Nach Mittheilungen hiesiger Blätter werden sih der König, die Königin und der Thronfolger am 16. Juni ins Aus- land begeben.

Montenegro, Cettinje, 14. Juni. (W. T. B.) Der Fürst Nikita ist" mit dem Erbprinzén, den Prin- zessinnen-Töchtern und dem Fürsten Karageorgievic gestern Nachmittag auf der Yacht „Greif“ in Cattaro angekommen und sogleih nah hier weitergereist, wo derselbe, von der Be- völkerung lebhaft begrüßt, Abends eintraf.

Ö Zeitungsftimmen.

Das große Werk der Fnvaliditäts- und Alters- versicherung, welches der Deutsche Reichstag zum Abschluß gebraht hat, findet auch in anderen Staaten Verständniß. So äußert ih z. B. das ungarische Blatt „Egyetertes“ in seiner Nummer vom 21. Mai: l i

„… . . Die Vorlage über die Invaliditäts- und Altersversorgung ist ein ungemein kühner Schritt auf dem Gebiet der sozialen Gesetze gebung, der bisher weder in einem abfoluten, noch in einem freien Staat unternommen worden is 2c. Sämmtliche Parteien stehen hier cinem ganz neuen Problem gegenüber, und bei Allen muß das Gefühl vorherrshen, daß die ih widerstreitenden Ansichten eine von jeder Parteiauffafsung freie Ueberlegung erfordern 2c. Das Urtheil der öffentlihen Meiaung wird dahin lauten, daß in der Hauptsahe Fürst Bis8marck im Recht sei, und daß das Gesetz eine seiner größten staatsmännishen Thaten bilde. So kühn auch die in der Vorlage enthaltene Jnitiative auf dem Gebiet der sozialen Gescßzebung ist, so wird gerade diese Kühnheit für das shaffende Genie des Fürsten Bismark der folgenden Generation einen noch glänzenderen Beweis liefern, als die glücklih geführten Kriege und die Gründung des Deutschen Reichs. Fürst Bismarck ift Derjenige, der dea Muth hat, als der Erste den Kampf mit dem die ganze moderne Gesellschaft bedrohenden Minotauros aufzunehmen, vor welhem sich alle großen und berühmten Staatsmänner des Jahr- hunderts furchtsam zurüdckzogen. . . . 2c.“

Ueber die Steigerung des Absaßes vater- ländisher Erzeugnisse im Auslande schreibt der „Hamburger Correspondent“: / L

„Nathdem die Vereinigung der beiden großen deutschen B Ee an der Nordsee, Hamburgs und Bremens, mit dem deutschen Zoll- gebiet zur Thatsache geworden ist, erscheint dieser Zeitpunkt beson- ders geeignet, um auf die Erfolge derjenigen Bestrebungen einen Rück- blick zu werfen. welhe der Erweiterung des Absatzes deutscher Er- zeugnisse im Auslande bis dahin gewidmet wurden. Daß jene Bestrebungen trotz der eigenartigen Stellung, welche die beiden größten Exporthäfen Deutschlands dem vaterländischen Außenhandel gegenüber einnahmen, recht erfreuliche Ergebnisse gezeitigt haben, ist bekannt. Könnten die zahlreihen Berichte der engliscen und französischen Konsuln im Auslande, welche über die Benachtheiligung des Handels ihrer Heimath» länder durch den deutschen Mitbewerb “v Þ Klage führen, au {on genügen, um jene Thatsache zu erbärten, 10 hat es doch ein Artikel der Zeilschrift des preußishen statistischen Bureaus, welcher die UVeber\chrift „Deutschlands Wettkampf mit England und Frank- reih auf dem Weltmarkte“ trägt, noch unternommen, auf Gcund der deutschen wie fremdländishen handelsftatistishen Angaben das Ergebniß der Bemühungen des heimischen Gewerbéfleißes, einen erweiterten Absaß im Auslande zu erringen, insbefondere den beiden stärksten Mitbewerbern Deutschlands, England und Frank- reich, gegenüber, noch näher zu untersuhen und festzustellen, im Anschluß daran aber die Aeußerungen der wichtigsten deutshen Han- delskammern und kaufmännischen Korporationen über den Ausfuhr- handel Deutschlands im Jahre 1887 mit einzelnen Rückblicken auf die Entwickelung des\elben in den früheren Jahren zusammenzufafsen. Der interessante Aufsatz, welcher in eingehender Weise nah einander den Ausfuhrhandel nah den einzelnen Ländern Europas und außer- europäischen Staaten beleuchtet, gelangt zu dem Ergebniß, daß der deutsche Ausfuhrhandel seit 1880 auf allen Märkten, namentli den

außereuropäishen, im Wettbewerb meist recht L Ergebnisse erzielt hat, daß dies allerdings aber nur mit Aufbietung aller Kräfte und mit Uniesüvung Seitens der Reichsregierung erreicht werden fonnte. Set das bisher Erreichte auch erst als der bescheidene Anfang ciner Betheiligung Deutshlands am Welthandel anzusehen, so seien do die bezüglihen Bestrebungen in einer fo viel versprechen- den Weise eingeleitet worden, daß sie, unverdrossen und planmäßig weiter gepflegt, für die Zukunft zu den besten Erwartungen bereh- tigten. Man dürfe um so mehr an tieser Hoffnung festhalten, als au die Handelskammern und kaufmännischen Korporationen jeßt eifrig bemüht seien, jenen Bestrebungen nah Kräften förderlih zu fein. Gingen die Ansihten über die Mittel und Wege, dies zu erreichen, auch mitunter noch auseinander, so seien doch Alle von dem einen Gedanken beseelt, durch die Ausdehnung des deutschen Handels den Interessen der nationalen Arbeit zu dienen,“

Zu den Naturalisationen im nördlichen Schleswig bemerkt die „Nord-Ostsee-Zeitung“:

„Seit einiger Zeit mat sih in den deutshgesinnten Kreisen der Bevölkerung des nördlihen Schleswig eine gewisse Unrube, ja sogar Unzufriedenheit über die von den Behörden genehmigten zahlreichen Naturalisation8gesuche von solhen früheren Optanten bemerkbar, welche in Nordshleëwoig mit Grundbesiy angesessen sind und daselbst ibren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Eine Aenderung der früßeren Praxis hinsichtlich der Behandlung derartiger Naturalisations- gesuhe ist allerdings augenscheinlich eingetreten. Während in früheren Jahren die Anträge der Optanten grund- säßlih zurückgewiesen und nur ganz ausnahmsweise dann genehmigt wurden, wenn bestimmte Thatjachen die Annahme reht- fertigten, daß der Besuchsteller mit der neuen Ordnung des Staats- wesens fich auch innerlih befreundet habe und die Pflichten unserer Staatsangehörigen in loyaler Weise erfüllen werde, {eint in neuerer Zeit den Entscheidungen umgekehrt der Gedanke zu Grunde zu liegen, daß den Anträgen der Optanten um Gewährung des Staatsbürger- rechts in der Regel entgegen zu kommen und nur in dem Fall nit zu entsprechen sei, wenn der Antragsteller durh sein bisheriges Ver- halten zu erkennen gegeben hat, daß er sih einer feindlichen und agitatoriscen Thätigkeit gegen unser Staatswesen au in der Folge nicht fcrn halten werde. In Folge dieser veränderten Behandlung haben sich neuerdings die Naturalisationen ehemaliger Optanten im nördlichen Schleswig erheblih vermehrt, und es ift erklärlich, daß die teutshgesinnten Bewohner dem Anwawsen ihrer Gegner bei den poli- tischen, kommunalen und kirchlichen Wahlen mit getheilten Empfin- durgen gegenüberstehen. Indeß giebt der veränderte Standpunkt der Behörden, wie wir meinen, keinen Grund ab, mit weniger Ruhe, Zuversicht und Vertrauen wie bisher der Entwikelung der politischen Verhältnisse in Nordschleswig entgegenzusehen Eine ruhige und vorurtheilslose Behandlung der Stellungnahme der Regierung wird unseres Erachtens anerkennen müssen, was unsere Freunde und Stammesgenossen in Nordschleswig im Un- muth über augenblicklih vielleiht hervortretende Infonvenienzen verkennen und unters{chäten, daß die Haltung der Regierung gegenüber den Naturalisationszesuhen der Optanten die wohlerwogene Maß- nahme einer weiterschauenden Politif ist, welhe aus höheren Rücksichten über vorübergehende Unbequemlichkeiten hinwegschen darf und muß. Der gegenwärtige Standpunkt der Behörden is in der That eben nur die weitere Konsequenz der verschiedenen eingretscnden Maß- nahmen, welche im Laufe des lezten Jahrzehnts im Interesse einer allmähiichen Ausgleichung der in Nordscleëwig leider noch bestehen den politischen bezw. nationalen Gegensäße von der Staatêregierung g¿troffen worden sind. E

._.. . Eine ruhige, sahlihe Beurtheilung der Verhältnisse wird zugeben müssen, daß es ein völlig unnatürliher und auf die Dauer unhaltbarer Zustand ist, wenn ein niht unbedeutender Theil des Grundbesitßzes in Nordshleswig sih in den Händen von Personen be- findet, welche dem preußiscen Staatsverbande niht angehören und ihm gleihgültig oder felbst feindlih gegenüberstehen. Die Beseitigung eincs solhen abnormen Zustandes ist dringend wünschenswerth und hierzu erscheint die Naturalisation der betreffenden Perfonen als ein geeignetes Mittel. Wir verhehlen uns dabei durchaus nicht, daß ein Theil der Optanten bei thren Anträgen um Verleihung der preußishen Staatsangehörigkeit in erster Linie von der Absicht ge- leitet sein mag, ih auf diese Weise der Unsicherheit hinsichtlih der Dauer ihres Aufenthaltes im Inlande zu entziehen. Durch den Erwerb der preußischen Staatsangehörigkeit sind sie vor der Aus- weisung aus dem Staatsgebiete ges{chüßt. Andererseits ist aber nit zu übersehen, und darauf möchten wir das Hauptgewiht leger, daß vie Optanten mit dem Erwerbe des Staatsbürgerrehts auch alle Pflichten des preußischen Staatsbürgers über- nehmen, Es farn nicht ausbleiben, daß mit der längeren Ausübung der Rechte und Pflichten des preußischen Staatsangehörigen allmählih das Bercußtsein der Zugehörigkeit zu unserem Staat, das Verständniß für die Wohlthaten, welche derselbe allen feinen Ar- gehörigen gleihmäßig darbietet, kurz die innerlihe Befreundung mit dem neuen Vaterlande immer breiteren Boden gewinnen und festere Wurzeln schlagen wird. Von diesem Gesichtspunkte aus scheint uns die Genehmigung der Naturalisationsgesuche früherer Optanken be- urtheilt werden zu müssen.“

Amtsblatt des Reihs-Postamts. Nr. 24, Inhalt: Verfügungen : vom 28. Mai 1889. Neue Ausgabe des Abschnitts IX der Allgemeinen Dienstanweisung. Vom 6. Juni 1889. Post- verbindungen nah Norderney Vom 6. Juni 1889, Pofstanwei}ungs- verkehr mit Javan und Egypten. Vom 7. Juni 1889. Pott verbindung mit Helgoland, :

PBeröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits amts. Nr. 24. Inhalt: Gesundheitsstazd. Volkskrankheiten in der Berichtswohe. Cholera in Ost-JIndien. Gelbfieber 1 Brasilien. Sterbefälle in deutshen Städten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. Desgl. in deutschen Stadt- und Landbezirken. Wuthkrankheit im Seine-Departemen!. Infektionskrankheiten in Motkau. Witterung. Zeitweilige Maßregeln 2c. Thierseuchen in der Schweiz, März und April. a Veterinärpolizeilihe Maßregeln. Medizinal-Geseßgebung x, (Preußen.) Unterbringung Geisteskranker. (Württemberg ) Ent- schädigung für getödtete oder gefallene Thiere. (Oesterreich. Bukowina) Sanitätödienst in den Gemeinden. (Hongkong) Oeffentlihe Gesundheitspflege. (Fortsezung.) Rechtsprechung (Reichsgericht.) Verkauf nachgemahten Cognacs. Vermischtes Verein deutsher Mineralwasser-Fabrikanten. Geschenkiiste.

Statistische Nachrichten.

Die Apotheken im Deutschen Reich. (Schluß a Nr. 137.) Durch\schnittlich kam im Deutschen Reich nach dem Zählunz®' ergebniß vom 1, April 1887 (gegen 1876) 1 Apotheke auf U (9676) Bewohner, in den kleinen Gemeinden 1 auf 11 322 (110 / Bewohner, in dea mittelgroßen Gemeinden 1 auf 6306 (7030) Be wohner, ina den großen Gemeinden 1 auf 9757 (7030) Bewohner. Die wenigsten Apotheken im Verhältniß zur gesammten 0 wohnerzahl des Landes hatten die östlihen Provinzen Preußen! (auf 10000 Einwohner Apotheken: Brandenburg 0,85, pon mern 0,76, Westpreußen 0,74, Berlin 0,72, Posen I Shfkesien 0,66, Ostpreußen 0,64), das Königreih Sachsen (0,82) Bie Reuß à. L. (0,72). Während aber im Königreih Sachsen die Si: völkerung aller Gemeinden spärlih mit Apotheken versehen ist M Gemeinden 0,69, mittelgroße 1,19, große 0,84), gilt dies in den on h Provinzen Preußens nur von den kleinen Gemeinden (Branden H 0,70, Posen 0,58, Pommern 0,57, Westpreußen 0,54, Ostpreup

0,51, Schlesien 0,50); die großen und mittelgroßen Städte Ost- und Westpreußens, Posens, Pommerns enthalten verhältnißmäßig viele Apotheken, z. B, weit mehr als diejenigen der Rheinprovinz und der Provinz Sachsen. Jn den mittelgroßen Gemeinden der östlihen preußishen Provinzen famen Apotheken auf 10 000 Einwohner in: Westpreußen 1,92, Ost- preußen 1,75, Posen 1,68, Pommern 144, Slesien 1,39, Branden- burg 1,31, dagegen in Sachsen 1,37, Westfalen 1,35, Rheinprovinz 1,23; in den großen Gemeinden der östlihen Provinzen Preußens: in Westpreußen 1,24, Ostpreußen 1,08, Posen 1,05, Pommern 1,03, Brandenburg 0,92, Swlesien 0,84, dagegen Rheinprovinz 1,00, Han- nover 0,87, Sachsen 0,84, Schleswig-Holstein 0,79, Berlin 0,72, Was im Uebrigen das Verhältniß der kleinen Gemeinden zu den größeren betrifft, so find erstere im südwestlichen und südlichen Deutsch- land vor Allem in Elsaß-Lothringen, demnächst in Bayern, Württem- bera Baden und Lessen auffällig ärmer an Apotheken als die bevölkerteren Städte. Umgekehrt waren die kleinen Gemeinden reicher an Apotheken in Sachsen-Weimar, Oldenburg, Braunschweig, Sachsen-Coburg-Gotha, Lübeck und Hamburg. Innerhalb des König- reihs Preußen trat leßteres Verhältniß in der Provinz Hannover zu Tage. Keine einzige Apotheke enthalten drei Bezirksämter des König- reihs Bayern, nämli Landshut, Straubing und Kempten, da jedo je eine unmittelbare Stadt (gleichen Namens) mitten in diesen Be- zirken licgt, deren Apotheken auch die Umgegend mit Arzneimitteln versorgen, so mat ih dieser Mangel nit sehr fühlbar. Von allen Gemeinden des Deutschen Reichs hatten, soweit die Angaben reichen, einige bayerishe unmittelbare Städte die meisten Apotheken, und zwar Günzburg (4,86 auf 10000 Einwohner), Dinkelsbühl (4,47), Rothenburg a. T. (4,39), Traunstein (4,07), Landsberg (3,90); dann folgen außerhalb Bayerns: Jever (3,85), Bückeburg (3,84) u, a. Städte. Auch die mittelgroßen Städte Elsaß-Lothringens waren sehr reich an Apotheken. Von den großen Städten des Reichs zeihneten sich am Zählungstage durch die meisten Apotheken (1 auf weniger als 5000 Einwohner) aus: Meß, Colmar, Straßburg, Mül- hausen i. E. und Hanau, wogegen verhältnißmäßig die wenigsten (1 auf mehr als 13500 Einwohner) sih in Braunshweig, Magde- burg, Berlin, Breslau und Halle befanden. Der durch\chnittlihe Umfang des Absatugebietes der Apotheken ergiebt ich aus folgenden Zahlen über die Vertheilung des Flächenraums der Staaten und fleinen Gemeinden auf dieselben. Es entfielen auf eine Apotheke in Hamburg 7 qkm des ganzen Staats und 59 gkm der kleinen Gemeinden, in Schwarzburg - Rudolstadt 63 bew 72 qkm, in Schwarzburg - Sondershausen 62 bezw. 86 qkm, in Reuß j. L. 69 bezw. 92 qkm, in Sachsen-Coburg-Gotha 75 bezw. 98 gkm, in Lippe 76 bezw. 101 gkm, in Waldeck 102 bezw. 102 gkm, in Württemberg 74 bezw. 105 gkm, in Baden 78 bezw. 107 gkm, in Hessen 71 bezw. 108 gkm, in Braunschweig 86 bezw. 112 gkm, in Staumburg 68 bezw. 113 gkm, in Sachsen-Weimar 88 bezw. 116 qkm, in Sachsen 57 bezw. 120 gkm, in Bremen 17 bezw. 128 gkm, in Sawhsen-Meiningen 85 bezw. 130 gkm, in Anhalt 73 bezw. 130 gkm, in Sachsen-Altenburg 83 bezw. 132 gkm, in Elsaß-Lothringen 66 bezw. 137 gkm, in Lübeck 37 bezw. 149 gkm, in Oldenburg 137 bezw, 149 gkm, in Bayern 121 bezw. 177 gkm, in Preußen 138 bezw, 234 gkm, in Mecklenburg-Schwerin 196 bezw. 289 gkm, in Reuß ä L. 79 bezw. 316 gkm, in Mecklenburg-Strelit 209 bezw. 32ò gkm. Für das ganze Deutsche Reich ergaben sich als entsprechende Ziffern 116 bezw. 190 gkm; dasfelbe steht also in der obigen Reihe zwischen Bayern und Preußen. In den einzelnen Provinzen Preußens tamen auf 1 Apotbeke: in Hohenzollern 104 qkm des ganzen Landes und ebensoviel Fläche der kleinen Gemeinden, in Hessen-Nafsau 76 gkm ter ganzen Provinz und 105 gkm der kleinen Gemeinden, in Westfalen 81 bezw. 129 gkm, in der Rheinprovinz 66 bezw. 151 gkm, in Hannover 130 bezw. 166 gkm, in Sachsen 116 bezw. 190 gkm, in S{hlesien 148 bezw. 263 gkm, in Swleswig-Holstein 168 bezw. 273 qkm, in Pofen 241 bezw. 341 qkm, in Brandenburg 200 bezw. 359g km, in Westpreußen 245 bezw. 425 gkm, ia Ostpreußen 296 bezw. 435 qkm, in Pommern 262 bezw. 486 qkm. Am weitesten auseinander lagen hiernach durchscnittlich die Apotheken in den beiden Groß- herzogthümern Mecklenburg und in den östlihen Provinzen Preußens. Für Pommern, welches die leßte Stelle in ter Neihe cinnimmt, würde fich für eine Apotheke kleiner Gemeinden als Absatz- gebiet eine Kreisflähe von etwa 25 km Durchmesser ergeben. Andererseits lagen die Apotheken kleiner Gemeinden in Württemberg, Baden, Hessen, dem Königreich Sachsen, sowie in den preußischen Provinzen Hessen-Nafsau und Westfalen sehr nahe bei einander; hier kam eine Apotheke auf nur 105 bis 120 gkra, d. h. auf eine Kreis-

flähe von ungefähr 12 bis 12,5 km Durchmesser.

Kunft, Wissenschaft und Literatur.

Von der „Kunst für Alle“ (München, Verlagsanstalt für Kunst und Wissenschaft, vormals Friedrih Bruckmann, herausgegeben von Fr. Pet) liegt uns das 18. Heft vor. Dasselbe beschäftigt sich in seinem textlihen Theil mit dem Maler und Zeichner Hermann Vogel (Plauen), welchen der Herausgeber der „Kunst für Alle“ als einen echten Nachfolger Ludwig Richter's bezeihnet. Um dem kunst- liebenden Publifum nähere Mittheilungen über den talentvollen Künstler zu geben, wird uns hier cine Autobiographie des- selben geboten. In den Tert gedruckt findet sich eine ganze Reihe von Bildern, die von ihm herrühren und beredte Proben seines Talents sind. Ueber Ausstellungen in Rom berichtet fodann Dr. Hans Barth in einem „Römerbrief“, toährend Otto Donner von Richter B O0 über BVilder-Erwerbungen des Goethehauses in Frankfurt amm Main macht. E. Daelen giebt eine Beschreibung des neuen Ausftellungslokals in Düsseldorf. Der Herausgeber bietet den Lesern die \tets willklommenen Aufklärungen über die üblichen vier Vollbilder, mit denen jedes Heft der „Kunst für Alle“ geschmüdckt ist. Das erste ist ein hübsches Blatt von Hermann Vogel, betitelt „Madonna im Walde“, ein sinniges Bild, das uns die heilige Mutter und ihr Kind in anderer als der üblihen Weise zeigt. Von Defregger's bekannten tiroler Bauernbildern sehen wir diesmal das beliebte: „Zur G sundheit“ hier reproduzirt, während das dritte Bild uns die prächtige Gegend von Meran zeigt. Das vierte Bild ift ein Gabriel Mar und zwar sein Bild: „Bei der Wahrsagerin*. Es zeigt die bekannte Max’\te Manier, welche das Mystische pflegt und felbst da, wo der behandelte Stoff dies niht unumgänglich fordert, doch immer gewisse Absonderlichkeiten mit sih bringt, die gleich auf den ersten Bli verrathen, mit welhem Maler man es bier zu thun hat. An sonstigen Jllustrationen bringt das Heft noch eine „Gemüsehändlerin“ von Friedrich Wahle und Porträt- und Genremalerei von Karl Gehrts. Die üblichen Notizen machen den Beschluß des Heftes.

Die 8. Lieferung des Prachtwerks: „Die österreichis#ch{ch- ungarishe Monarchie in Wort und Bild“ hat folgenden Inhalt : Der Text bietet landschaftliche Schilderungen aus Steier- mark und ¿war: Die Kalkalpen und der Spateisensteinzug Ober- Stetermarks, von Georg Geyer; das Ennsthal, von Sr. Durchlaucht Philipp Prinz zu Hohenlohe - Schillingsfürst ; das Mürzthal, von

eter K. Rosegge. An Illustrationen werden in dem Heft geboten: ine Kopfleiste, welhe eine Ansiht von Maria-Zell bietet, A!t - Aussee, See und Trisselwand; die Hochthorgrupve vom ingang in das Gesäuse; der Ring bei Weichselboden ; der Griwming mit Schloß Traute-nfels; Schilflandshaft mit Schloß riedstein; Blick in's Ennsthal gegen die Tauern. Die vorerwähnten Jllustrationen rühren sämmtlich von Adolf Ditscheiner her. An Bildern finden si weiter vor: Ruine Lichtenegg bei Wartberg, von Otto Peters; der Kirhplay zu Krieglah von demselben; Neuberg, von Robert Ruß. „Das todte Weib“, von demselben; das todte Weib ift eine zwanzig Minuten lange Schlucht unweit Mürzsteg; über den Ursprung des seltsamen Namens ist nihts Näheres bekannt, nicht einmal die Sage weiß davon etwas zu erzählen.

Geschihte des rôömischen Kaiserreihs von der Swlatht bei Actium und der Eroberung Egyptens bis zum Einbruch der Barbaren von Victor Duruy. Ueberseßt von Professor Dr. Gustav Hertberg. Mit ca. 2000 Illustrationen. 93. bis

95. Heft. (Pr. je 80 4.) Verlag von Schmidt u. Gürther in Leipzig. Das vortrefflihe Werk nähert sh seinem Ende. Wir geben hier nur kurz den Inhalt obiger Lieferungen: Der Hof und der Adel des Reichs. Der bürgerlihe Mittelstand. Curialen und Professoren. Der Plebs, die Collegiati und die regulirten Innungen Die Colonen und die Sklaven. Die Armen. Schlußbetrahtung. Kaiser Con- stantius I. Niedermetzelung dex Prinzen des Flavischen Fürstenhauses. Bel rias, Tod der Kaiser Constantin 11. und Constans.

agnentius (337—353). Constantius II. als Alleinherrsher. Gallus und Julianus. Sitonnus. Julian in Gallien. Von den 32 Text- illustrationen und Vollbildern erwähnen wir nur einige der inter- essantesten, als: Amtsinsignien des Dux von Palästina, Claudian auf einem zu Monza erhaltenen Diptychon, Die Welthauptstädte Rom und Konstantinopel als Personen dargestellt, Winzerarbeiten, Fresco- gemälde aus éinem Cubiculum der Katakomben des Prätextatus, Ein Rinderhirt und seine Frau, nach der Vergilhandschrift im Vatikan, Werkzeug eines Tischlers, Ruinen der Thermen zu Trier, Triumphbogen zu Pola, Darstellung der Schöpfung der Menschen, auf einer zu Köln gefundenen gläsernen Schale, Pergamon, Versuch einer Herstellung des Altars des Zeus und der Athena 2c.

__— Von der „Zeitschrift der Historishen Gesellschaft für die Provinz Posen* (ugleih Zeitschrift des Historischen Vereins für den Netze-Distrikt zu Bromberg; heraus- gegeben von Dr. Rodgero Prümers; Posen, Eigenthum der Gesellschaft; Vertrieb durch Joseph Jolowicz) er\chien soeben das 3. und 4. Heft 4. Jahrgangs, der damit zum Abschluß gebracht wird. Das Doppelheft enthält an größeren Beiträgen einen interessanten Aufsatz über die merkwürdige Sage von Saul Wahl, dem Eintagskönig von Polen, vom Rabbiner Dr. Ph. Bloch in Posen, und eine Arbeit über Boleslaus I[. 1nd Stanislaus den Heiligen, von Pastor Angerstein in Lodz; Gymnasial-Oberlehrer Dr. R. Hassenkamp in Ostrowo theilt neue urkundliche Nachrichten Über den Aufenthalt des Alessandro Guagnini und feiner Familie in Polen mit; Oberlehrer Dr. H. Hocken- beck handelt über drei fölnishe Klöster in Polen, und Gymnasial- lehrer Dr, Max Kirmis in Neumünster giebt eine Einleitung in die polnishe Münzkunde. Daran reihen sich mannigfache kleinere Mit- theilungen und Fundberichte (darunter folhe über die Ausgrabungen im Kreise Shrimm und den Münzfund von Kawczin im Kreise Schroda), ein reichhaltiger Literaturberiht, eine Uebersicht der Er- \cheinungen aus dem Gebiet der Posener Provinzialgeshibt: vom Jahre 1887, endlich Sizungsberichte, der Geschäftsberiht, Verzeich- nisse der Tauscbschriften und Schenkungen, fowie der Mitglieder der beiden Gesellschaften und der Akademien, Vereine 2c. mit denen Schriftenaustausch gepflogen wird.

Die drei gestrengen Heiligen und andere Novellen. Von Otto Bruhnsen, Hamburg, Verlag von Hoffmann u. Comp. Unter diesem Titel wird uns eine kleine Reihe von Novellen geboten, welche wir niht ohne Interesse gelesen haben. Nicht etwa ift es der Inhalt derselben, welcher uns besonders gefesselt hätte, denn derselbe bewegt sich auf dem hertömmlihen Bode ter novellevartigen Erzählung ; sondern die Art, wie Bruhrsen vorträgt, was er zu erzählen hat, gefiel ur8, Wir haken es hier offenbar mit einem noch jungen Autor zu thun, dem man die Freude an der eigenen Arbeit anmerkt, der von dem Besten giebt, was er hat, und bei dem man sich über die theilweise Unzulänglichkeit hinwegseßt mit dem Bewußtsein, daß er es jedenfalls gut gemeint hat. Dem Leser werden die hier gebotenen fünf kleinen Novellen troßdem eine angenehme Unterhaltung gewähren.

_— Die am 15, Juni erscheinende Nr. 2398 dec „Illu strirten Zeitung“ (Leipzig, I. J. Weber) enthält u, A. folgende Abbil- dungen : Die Gesandtschaft des „Sultans“ Mandara aus Oft-Afrika bei ter Kais erlihen Familie in Berlin. MNafssr-ed-din, Schah von Persien. Eine Mormonentaufe in Stralau bei Berlin. Bilder von der Pariser Weltausstellung : Das javanishe Kampong (Dorf). 4 Abbildungen. Minnie Hauk. Bilder aus der Schroeiz. 3 Ab- bildungen : Aussicht vom Pilatus (unter dem Gipfel des „Esel's*“) auf die Berner Alpen. Die Zahnradbahn von Alpnah-Stad auf den Pilatus. Die beiden Hotels und die Bahnhofshalie auf dem Pilatus. Der spanische Dichter Don José Zorilla. Der Brauch des Umpflügens im südlichen Wolaagebiet (Rußland).

Ber mar, 10. Unt B L D) Qeule sand hier unker zahlreicher Betheiligung die Generalversammlung der Goethe- Gesellschaft statt. Nah Eröffnung der Versammlung dur den Reich8geri{ts-Präsidenten von Simson hielt Bernays (Münten) den

estvortrag über die Seschichte der Farbenlehre. Im Auftrage der

roßherzogin theilte der Archiv-Direktor Suphan mit, daß das gesammte Sciller-Arhiv dur den Freiherrn von Gleitzen-Rußwurm auf das Goetbe-Archiv Übertragen worden und aus beiden ein neues Schiller- Goethc-Archiv gebildet worden sei. Die Versammlung sprach dem Fret- herrn von Gleichen telegraphisch ihren Dank aus und ernannte ihn zum Ehrenmitglied. Wie die „Thür. Corr.“ mittheilt, ist Se. Majestät der Kaiser und König Wilhelm IlI, an- läßlich seiner Anwesenheit in Weimar Mitglied der Gesell- \chaft geworden. An Stelle des in Dresden verstorbenen Freiherrn von Beaulieu-Marconnay wurde der ächsische Kultus-Minister Dr. von Gerber zum Mitgliede des Vorstandes ernannt. Die Zahl der Mitglieder der Goethe-Gesellshaft beträgt 3000; ihr Vermögen be- lief fich am S{hluß des Jahres 1888 auf 18 686

Gewerbe und Handel.

Berlin, 11. Juni. (Bericht über Kartoffelfabrikate von C. H. Helmeke in der „Zeitshr. f. Spirit.-Ind.“) Der Verkehr in Karto ffelfabrikaten war in der beendeten WoYe nicht von Be- deutung und beschränkte sih wie bisher in der Versorgung des vor- liegenden Bedarfs. Obgleich Neigung zur Spekulation nicht vor- handen ift, bleibt doch die Stimmung mit Rücksicht auf die an- dauernde, fast tropishe Hitze, deren Folgen noch nit abzuseben sind, eine günstige für die kommenden Monate. Es ftellen sih die Preije für wirklih beste Qualität Stärke und Mehl ab Station und nah Lage derse!ben auf 21—22, für abfallende Sorten auf 20—21, für Sekunda auf 19—20, für Tertia auf 16,50—18 A Für Syrup und namentlich für Zucker war Frage vom Auslande. Dertrin hat zu den ermäßigten Preisen ebenfalls besseren Abzug. -— Zu notiren ist frei Berlin: Prima Kartoffelmehl je nach Qualität 22,50— 24 M, Seccunda Kartoffelmehl 21,50—22,50 #4, Prima Kar- toffelstärke 21,50—23 4, Secunda Kartoffelstärke 20—21 4, Prima weißer Kartoffelsyrup 42 9 prompt 26—26,50 4, Prima wee Kar- toffelsyrup per Juni 2650 Æ&, Prima gelber Kartoffelsyrup prompt 25—26 H, Prima gelber Kartoffelsyrup per Juni 25,40 M, Prima weißer Kartoffelzucker prompt 26,75 4, Prima weißer Kar- toffelzucker per Juni 26,75 A, Prima gelber Kartoffelzucker per Juni 25—26 4, Prima Dextrin prompt 32,50—33,590 H, kry- stallinisher Kartoffelzucker 99 9% 44—45 4, fkrystallinishes Nach- produkt 809% 24 M

In Hechingen haben zwei Privatleute von der Fürstlich hohenzollernshen Hofkammer die Räumlichkeiten des früheren Fran- ziskaner-Klosters Stetten gemicthet, um daselbst eine Tricot- Bart einzurihten. Die Vorarbeiten zu diefer Anlaçe haben bereits

egonnen. Die Stadt Hechingen hat den Vau eines neuen Schlachthauses beschlossen, das noch in diesem Jahre zur Aus- führung gelangen foll.

Nah dem für die bevorstehende Generalversammlung der Altenburg- Zeißer Bahn erstatteten Bericht ist der Personen- verkehr um 19207 Personen gestiegen und hat 101216 A gegen 94098 6 im Jahre 1887 eingebraht. Der Güterverkehr umfaßte 450793 020 kg uyd ift gegen das Vorjahr um 92029030 kg ge- sunken, Dementsprehend haben sich auch die Einnahmen aus dem gesammten Güterverkehr eins{chließlich der Zechenfrachten und sonstigen Einnahmen von 829717 A im Jahre 1887 auf 738 003 ÆMÆ in 1888 ermäßigt, Die Gesammt - Einnahmen des Jahres 1888 beliefen sh auf 927741 #Æ, denen 433410 M als Betrieb8aus8gaben gegenüberstehen, so daß fich 494 331 M als Bruttoübershuß ergeben. Zur Verzinsung und Til- gung der Prioritäts-Obligationen sind hicraus 89 463 zu ver-

wenden, ferner entfallen auf Tantièmen 12688 Æ, auf Steuern 31040 A Die Dividende der Stammprioritäten foll dann auf 81/12 9%, (178 237 M), die der Stammaktien auf 91/15 % (172 720 M) festgeseßt werden.

In der gestrigen Eeneralversammlung der Weimar- Geraer Eisenbahn wurde die Bilanz genehmigt und die Dividende für die Stamm-Prioritäten auf 3F %%/ festgesetzt.

In der gestrigen Generalversammlung der Marienhütte cel Mas enau wurde die Vertheilung einer Dividende von 3 9/9 ge- nehmigt.

In der neuesten Lieferung (6., 27. Jahrgangs 1889) der „Ge- werbehalle“ (Organ für den Fortschritt in allen Zweigen der Kunstindustrie, unter Mitwirkung bewährter Fahmänner redigirt von Ludwig Eisenlohr und Carl Weigle, Architekten in Stuttgart ; Ver- lag von I. Engelhorn daselbst) wird in getreuer, farbiger Abbildung ein \chöner alter Turnier-Prunkschild veröffentliht (na Aufnahme des Architekten Alfred Schubert in Zittau). Dieser Schild, ein Werk des 17. Jahrhunderts, befindet sih in dem von Dr. Moschkau gegründeten und unterhaltenen Museum auf dem Berge Oybin bei Zittau in Sachsen. Woher derselbe stammt und in wmelher Werk- stätte er hergestellt sein mag, ist unbekannt ; do verdient Erwähnung, daß ein Schild gleiher Form und Flächentheilung, jedoch in roberer Ausführung des dort \ckwülstigen Arabesken-Ornaments im Museo Correo zu Venedig aufbewahrt wird. Der kreisrunde, wenig konvexe Schild trägt in der Mitte einen aus plastisch geshmiedeter Rosette heraus- wachsenden Stachel. Die Stildflähe ist in mustergültiger Weise in radiale Abschnitte getheilt, in welchen das \ch{chön stilisirte Ornament abwech{selnd auf hellem und dunkelem Grunde erscheint. Die Rauten- theilung des Randfrieses ist mit Rosetten und Männerköpfen in antifisirender Darstellung geschmüdckt. Große und kleine aufgeseßte Buckeln beleben die Flöche in wirksamer Weise. Die ganze Kompo- sition ist in geäßter uad gravirter Arbeit ausgeführt. Auch die Mehrzahl ‘der anderen Blätter dieser Lieferung veranschaulicht interessante und werthvolle Arbeiten des ältecen Kunstgewerbes. So zeigt Tafel 37 zwei \ch{chöône alte Stühle aus der Sammluag des Dr. Figdor in Wien, und zwar cinen Stuhl im Stil der französischen Renaissance des 16. Jahrhunderts und einen Abtsftuhl (deutsche Renaissance) aus dem 17. Jahrhundert (auf- genommen von Franz Stifter und Wilibald Kolar in Wien). Auf dem nächsten Blatt sehen wir ein charakteristishes, in feiner Schmiede- arbeit ausgeführtes Grabkreuz (16. Jahrhundert) aus der Samm- lung der „Gewerbehalle“ in Kafsel (aufgenommen von Georg Zimmer daselbst). Reiz- und kunftvolle Schmiedearbeiten von origineller, phantasievoller Drnamentation sind auch die mitgetheilten Thür- beshläae von einem Scrark deutscher Arbeit des 17. Jahrhunderts im Kaiserli öfterreichishen Museum zu Wien (aufgenommen von Anton Vaclavik daselbst). Als ein Werk des edelsten Renaissancestils aber wird uns ein Theil der mit erfindungsreihem, \{chwungvollem Relief-Ornament verzierten herrlihen Chorsa ranken aus der Kirche zu Gnkhuizen dargeboten (aufgenommen von Prof. F. Ewerbeck in Aachen). Endlich enthält die Lieferung zwei Tafeln mit modernen Entwürfen, und zwar zu einem f{ön komponirten Pokal (Renaifsance- il) von Prof. A. Ortwein in Graz, und zu einem Schrank in Barock- formen, von Georg Geißler in Ulm.

_ Landsber( a. W., 13 Junt. (W, L. B) Die Zufuhren für den morgen beginnenden Wollmarkt finden rege statt. Tendenz ist fest, Preisaufschläge zweifellos. Die Wäschen sind vorzügli. Das Schurgewicht ift geringer als im vorigen Jahre.

__— Bunt, Vorm. (W. L. D) Wollnarit: An Zufubren hier 3000 Ctr. Der Preisaufshlag beträgt 5 bis 8 #4 Käufer sind hauptsählich Neudammer und Forster. Feinste Dominialwolle 155 bis 160 Æ, mittelfeine 140 bis 150 , Landwolle 115 bis 120 4

“Posen, 13. Juni. (W. L. B) Wollmarti Ber Ber- lauf des nunmehr beendeten Markts entsprach durchaus nicht den ge- hegten Erwartungen. Vor Beginn des Markts war viel zu hohen Preisen abgeschlofsen und am Tage vorher wurden noch hohe Forde- rungen bewilligt, doch mit Beginn der Auktion \{wächte fh das Geschäft stündlich ab und der Schluß war matt. Hochfeine Dominial- wolle fehlte. Es notirten: feine Wolle 168 bis 180 #, mittelfeine 150 bis 165 MÆ, mittelgute 130 bis 145 4, Rustikalwolle 112 bis 120 „s und ungewaschene Wolle 50 bis 58 A

Wien, 13. Juni (W. T. B.) Ausweis der Karl-Ludwigs- bahn (gesammtes Net) vom 1. bis 10, Juni: 228 168 Fl., Minder- einnahme 14394 Fl,, die Einnahmen des alten Netes betrugen in derselben Zeit 169 556 Fl., Mindereinnahme 15 629 Fl.

14. Juni. (W. T. B.) Ausweis der Südbahn vom 4. bis 10, Juni : 912 203 Fl., Mehreinnahme 157 658 Fl.

London, 13. Juni. (W. T. B.) Ander Küste 1 Weizen- ladung angeboten.

Brädkord., 13. Juni, (W. T. B) Wolle. feß, Garne,

Stoffe belebt, stetig.

War schau, 13. Juni. (W. T. B.) Die Einnahmen der Warschau-Wiener Eisenbahn-Gesellschaft betrugen im Mai cr. 29000 Rbl. mehr als in demselben Monat des Vor- jahres. Die Einnahmen der Warschau-Bromberger Eisen- babn betrugen im Mai cr. gleich der vorjährigen Einnahme.

Submissionen im Auslande.

I, STalten;

taddalena, Genio Milit. R Marina : : 10 000 kg

2 000

31 500

50 009

1 000

1 400

1) 21 ¡Junk Stabl . A Eisen in Platten, verzinkt Eisen in Stäben Gußeisen .

Mena Blet in Platten Zinn und Profileisen, zusamtnen Voranschlag 32 642 Lire.

2) 21. Juni. Ebendort: Fensterrahmen und andere

Gegenstände von Eisen, Voranschlag 28 777 Lire.

3) 21. Juni. Ebendort. Balken und Bretter von Pitch-pine-

Holz. Voranschlag 26 836 Lire.

4) 26. Juni. Spezia, Direz. Art. R. Marina: Kurzwaaren

65 457,35 Lire, Schmiedewerkzeuge 37856 55 Lire.

In Aussicht stehend : Bei der Direktion der Mittelmeerbahnen in Mailand: Liefe- rung von 16 160 t Stahlschienen.

II, Niederlande. 1) 24. Juni, Mittags. Ministerie van Kolonien (Technisch Bureau) im Haag: Loos RIR. Eisenmaterial 2c. für Ueberdahung von 3 Lokomotiv- und 4 Gütershuppen ; Abth. V. Drahtnägel und Geräthschaften ; Abth, VI. Waalklinker ; Abth. VII. Ziegel ;

für die Staatseisenbahnen auf Sumatras Westküste.

Bedingungen käuflich (für 2 Fl. pro Loos RIR. und je 0,25 Fl. pro Abtheilung V.—VI1) beim Buchhändler Mart. Nyhoff im Haag. Einschreibung muß durch in Holland wohnhafte Personen erfolgen.

2) 1. Juli, 2 Uhr Nachmittags, Ministerie van Justitie in einem der Ministeriallokale im Haag: Lieferung von Band-, L-, T-, Stab- und Platteisen u. A. m. für die Ryks Werkinrichtingen zu Veenhuizen.

Bedingungen käuflich für 0,27 Fl. bei den Buhbändlern Gebr. van Cleef im Haag.

3) 10. Juli, 11 Uhr Vm. Ministerie van Waterstaat, Handel en Nyverheid im Haag. Loos Nr. 128: Lieferung 2c. von zwei doppelten Baskule-Brücken über die im Bau begriffenen Schuh- \cleusen bei dem St. Antonie-Dyk, unterhalb der Gemeinde Diemen (Noordholland), gehörig zu den Arbeiten für den Kanalbau von Amsterdam bis zur Merwede. Schäßungswerth 64 200 Fl.

Bedingungen nah dem 26. d. M. käuflih bei den Buchbändlern Gebr. van Cleef im Haag.