1889 / 145 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 21 Jun 1889 18:00:01 GMT) scan diff

„Das Asylrecht wird nirgends höher ges{äßt, als in England, aber zwei Gründe find es, weshalb die Schweiz in dieser heikelen Sate sih mit weiser Vorsicht benehmen follte. Der erste ist die wachsende Macht und Einigkeit der Nahbarn der Schweiz, der zweite der, daß die moderne Wissenschaft den Vershwörern bedeutend größere Mittel in die Hände gegeben hat. Es gab eine Zeit, wo die siärkste Macht nicht daran gedacht bätte, mit der Schweiz über das Asylreht zu hadern. Wir müssen aber gestehen, daß, selbs wenn Rußland und Deutschland eine dominirende Haltung der Schweiz gegenüber jeßt annähmen, fie kaum auf Widerstand von anderer Seite stoßen wür- den. Was Deutschland betrifft, welches wegen der Wohlgemuth- Angelegenheit den ersten Schritt gethan hat, so kann man ihm kaum den Vorwurf machen, einen herrischen Ton angenommen zu haben. Im Gegentheil hat es seine MRiesenstärke mit der seiner hohen Stellung entsprehenden Würde gebraucht. Dies is ein weiterer Grund, weshalb die Schweiz allen vernünftigen Forderungen nah- kommen und berechtigte Empfindlichkeiten \{honen sollte.

Die „Elberfelder Zeitung“ redet der Einführung und weiteren Verbreitung von Jugendsparkassen das Wort ; sie schreibt :

„Eines der ältesten und witrksamsten Mittel, die Lage der unteren Volksklassen zu heben, welches von den sozialdemokratishen Umtrieben unserer Zeit aber mehr und mehr in den Hintergrund zu drängen versuht wird, besteht darin, den Sparsinn des Volks und insbeson- dere der Arbeiter zu wecken und zu pflegen. Die Sparsamkeit ge- währt dem Arbeiter niht allein die Mittel, in Zeiten der Arbeits- noth ohne fremde Hülfe zu leben, sie macht ihn auch unabhängiger, stärkt sein Selbstvertrauen, festigt seinen Charakter, indem sie ihm täglih Gelegenheit zur Selbstüberwindurg giebt, und beseitigt auf diese Weise die meisten Ursachen der Unzufriedenheit, welche ihn der sozialdemokratishen Agitation in die Arme treibt. Der Sparsinn ist nur leider in Deutschland, namentlich in den unteren Volksklassen, noch zu wenig ausgebildet; wir stechen in dieser Beziehung binter England und Frankrei zurück, und zwar nicht etwa, weil unferem Volke die entsprebenden Charaktereigenshaften fehlten, sondern vor- nehmlich. weil bei uns für Spargelegenheiten noch zu wenig gesorgt wird. Sind uns in dieser Beziehung die beiden ge- nannten Länder \{chon auf Grund der daselbst bestehenden Postspar- fassen erheblih überlegen, fo ist dech auch die Thatsache daran: \{uld, daß man bei uns nech immer nicht genug auf die Entwickelung und Ausbildung des Sparsinns in der Jugend Bedawt nimmt. Große Anerkennung verdient es veshalb stets, wenn wohlmeinende Männer es si angelegen fein lassen, den Sparsinn unter den Arbeitern und namentlich unter der Jugend dur gemeinnützige Anlagen zu fördern, und es möge hier zur Nachahmung empfohlen wer- den, was die Industriellen in Lüdenscheid zur Entwickelung des Sparkafsenwesens in ihrem Bezirke gethan haben und weiter thun. Am 1, August 1882 hat man in der Stadt Lüdenscheid eine Jugend- sparkasse für die Schüler der Fabrikenshule ins Leben gerufen, wele sehr günstig gewirkt hat. Von ca. 230 Kindern ersparten in den beiden ersten Monaten bereits 106 die Summe von 224,65 4 Bei Beginn des Winter-Semesters wurden die Eltern der Kinder, welche die Fabrikenshule besfuchen wollten, aufgefordert, sih schrift- lih zu verpslichten, ihren Kindern alle 14 Tage mindestens 50 - von dem Arbeitslohn zur Einzahluzg in die Sparkasse zu übergeben. Dieser Auffort erung ist seitdem fast ausnahmslos entsprochen worden vnd nur bei den allerdrückendsten Familienverhältnissen wird den Kindern dieser Minimalbeitrag vorenthalten. Am 1. April 1888 be- trug die Zahl der Sparer bereits 1201, während sich die Spar- summe auf 23 386,84 M gegen 1827724 6 am 1. April des Vorjahres belief. Am 1. Juni 1882 wurde in Lüden- scheid auch eine Pfennigsparkasse gegründet, welGe für die Ausgabe ihrer 10 - Pfennigmarken in der Stadt und im Amt Lüdenscheid ca. 50 Verkaufsstellen errihtete und sich einer fleißigen Benußung erfreut. Bei Ablieferung von 30 Marken an die öffentlihe Sparkasse des Amts Lüdenscheid beginnt die Berzinsung mit 49/0, Dccckung der Verwaltungskosten wird dadurch gewonnen, daß die Öffentliche Sparkasse 5 9/0 Zinsen zahlt. Bis zum 1. Juni 1888 waren bereits 539 778 Marken zu 10 - verausgabt; ferner waren 1941 Sparbücher mit einer Sparsumme von 43 081,63 M vorhanden,“

Statistische Nachrichten.

Kohlenförderung und -Verbrauh in Deutschland. Die Strikes der Bergarbeiter haben in der Presse zu allerlei

Schögvngen über den Kohlenverbrauh auf der ganzen Erde Ver- anlassung gegeben, sodaß die folgenden, dem „Statistischen Jahrbuch für bas Deutshe Reich“ entnommenen Zahlen, ein erhöhtes Interesse

beanspruchen tönnen. Die Statistik giebt über die beiden zu Heiz-

zwecken verwendeten Kohlenarten, die Steinkohlen und die Braun- |

kohlen, von dencn legtere fast ausschließlich für den häuslihen Be- darf, ¿ur Krafterzeugung aber nur ganz ausnahmsweise Verwendung finden, in den 15 Jahren von 1872 Lis 1886 genauere Ängaben, welhen wir folgende Zakblen entnehmen. Es betrug (in Lonnen

à 10099 kg): bei Steinkohlen: in den Jahren 1879 1886 42025 687 58 056 598 1 893 747 2 560 291 6 012 033 8 655 240 37 907 401 51 961 649

860 1116

15 625 986 4 084 930 15 896

19 695 060

1872 33 306 418 2 2607 849 3 819 789 31 7594478

ie Förderung Einfuhr . Nusfuhr E : Verbrau im Ganzen : auf den Kopf (Kilogramm) . 776 bei Braunkohlen: 9 018 048 1016 734

11 445 029

Fóôrderung M0 208

d E E 19 729 7 706 der Verbrauch im Ganzen 10015053 14296 649 auf den Kopf (Kilogramm). 245 324 423

Der Verbrauch an Braunkohlen hat sih in dem fünfzehnjährigen Zeitraume nahezu verdoppelt, die Einfuhr derselben vervierfaht, während die Ausfuhr naH einem kühnen Arlauf seit 1884 wieder kleiner geworden ist als sie 1872 war. Die starke Einfuhrsteigerung dieser Hauskohle kommt hauptsächlih den böhmischen Braunkohlengruben zu Gute, welche bis über Berlin hinaus den näher liegenden deutschen Gruben erfolgreich Konkurrenz machen, troß der im Verdhältniß zum Preise sehr hohen Eisenbahnfraht. Obwohl uur der häusliche Bedarf an Brennmaterial in immer mehr steigendem Maße zur Braunkohle

greift, wähst doch der Verbrauch an Steinkohlen fort und fort, und

zwar gemäß dem Riesenbedarf der Gas- und Krafterzeugungsmaschinen, der in steter Zunahme begriffen ist. Dabei hart die Verwendung ausländischer Steinkohlen nit erheblich ¿ugenommen, während die Ausfuhr fei 1872 auf das Doppelte gestiegen ist. Seit 1883 ist übrigens ein Stillstand mit einem zeiiweiligen kleinen Rückschlag in der Bewegung der Ausfuhrziffer eingetreten. Rechnet man den Stein- und Braunkohlenbedarf zusammen, fo entfallen auf den Kopf der Bevölkerung im Jahre 1886 nicht weniger als 1539 kg, also nahezu 31 Ctr, gegenüber 1020 kg, also gut 20 Ctr. im Jahre 1872. Wahrfcheinlich hat sich die Holzfeuerung, vielleiht auch die Torf- feverung in diesen 15 Jahren etwas vermindert, aber die daher rührende Zunahme des häuéliwen Kohlenbedarfs wird kaum ins Gewiht fallen bei der Erflärung der Thatsache, daß der Kohlenverbrauch in Deutschland auf den Kopf der Bevölkerung um mehr als die Hälfte gestiegen ist. Man nimmt an, daß von dem Steinkoblenverbrauch 4 auf den häuslichen, § auf den industriellen Bedarf entfallen. Angesichts des wachsenden Braunkohlenverbrauchs wird man aber wohl für die leßten Jahre mehr als } des Stein- fohlenverbrauchs auf Rechnung der industriellen Anlagen seßen dürfen. Darnach würde sich ergeben, daß die Industrie im Jahre 1886 gegen 40 Millionen Tonnen “verbrauchte gegen kaum 24 Millionen im Jahre

Mita oa

1872, was einer Zunahme um 66F 9% entsprechen würde. Die Ge- \fammtförderung an Stein- und Braunkohlen in Deutschland erreichte 1886 eine Höbe von 733 Millionen Tonnen, das macht auf jeden Tag 201 870 t oder mehr als vier Millionen Centner.

Nat Mittheilung des Statistishen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standes8ämtern in der Woche vom 9. Juni kts inkl. 15. Juni cr. zur Anmeldung gekommen; 205 Gheshließkungen, 929 Lebendgeborene, 29 Todtgeborene, 1244 Sterbefälle.

Die Nr. 439 (Juni 1889) der „Mittheilungen der Großherzogli hessishen Centralstelle für die Landes- statistik“ hat folgenden Inhalt: Fruchtmärkte 1888. Be- \chäftigung der Gefangenen und Verwendung des Arbeitsverdienftes 1887/88. Antheile der Staaisfonds am Arbeitsverdienst der Ge- fangenen 1886/87 und 1887/88. Benußung und Vermehrung der Universitätsbibliothek zu Gießen 1888/89, Betrieb der Main- Neckarbahn, Hess. Ludwigsbahn, Oberhessishen Staatsbahnen und Nebenbahn Eberstadt-Pfungftadt April 1889, Legalisirte Grund- bücher und Stand der Katastervermessungen am 1. Jan. 1889, Vergl. meteor. Beobacht. April 1889 Preise der gewöhnl. Ver- brausgegenst. April 1889. Volkéschulen, Fortbildungsshulen und Privatunterrichtsanstalten 1888,

Kunst und Wissenschaft.

Akademie der Wissenschaften.

Den soeben zur Versendung gelangten Sißzungsberichten (I—XXI) ver Königlih Preußi\hen Akademie der Wissen- \chaften zu Berlin entnehmen wir die nachstehenden Mit- theilungen: Durh Erlaß des vorgeordneten Königlichen Mini- steriums vom 17. Dezember 1888 ist die Akademie in Kenntniß gescßt, daß auf ihren Antrag zur Vollendung der topographisc- archäologishen Aufnabme von Attika ein in sech3 Jahreöraten zu ¿ahlenter Zuschuß von 25 300 H bewilligt worden ist. Die physikalish-mathematishe Klasse hat zu wissenschaftlichen Zwecken bewilligt: 900 é an Dr. von Rebeur-Paschwiß, z. Zt. in Potsdam, als weitere Beihülfe zu seinen Untersuchungen über Veränderungen der Lothlinie, 500 A an Dr. Schönfließ in Göttingen zur Herstellung von Modellen zu Gruppen von Transformationen des Raumes; die philosophisch - historische Klasse hat bewilligt 700 4 an Professor Dr. Niese zur Vervollständigung seines handschriftlichen Apparates zur Ausgabe des Josephus. Im verflossenen Jahre ist die zweite Expedition des Dr. Karl von den Steinen an den obern Scingré, zu welcher die Humboldt-Stistung für Naturforshung und Reisen einen Theil der Mittel hergegeben hat, zu einem glücklichen Abschluß gelangt, indem alle vier Reisenden wohlbehalten wenigstens in den Bereich der Kultur, die beiden von den Steinen aber Mitte August nach Europa zurückgekehrt sind. Die von Dr. von den Steinen über die Urzustände der Indianer- stäâmme im centralen Süd-Amerika erwarteten Aufschlüsse find voll- ständig gewonnen worden; sie werden hen jeßt dur die im Museum für Völkerkunde aufgestellte Sammlung des Reisenden erläukert und erhärtet, sollen aber in weiteren Veröffentlichungen nach und nah voll- ständig dargelegt werden. Die im vorigen Jahre durch Ersparnisse für Stiftungszwecke stehende größere Summe von 24 600 ist dem Professor der Physiologie in Kiel, Hensen, überwiesen worden zu einer auf eigens dazu gehartertem Dampfscif} von Jan Mayen bis nach Rio de Janeiro in Begleitung mehrerer Naturforsher zu unternehmenden Seefahrt, welche den Zweck verfolgt, die Menge der im Meere treibenden kleinen Lebewesen, des Plankton's, wie Prof. Hensen es nennt, zu bestimmen. Die Expedition ist noch in den Vorbereitungen begriffen. Das Kapital der Humboldt-Stiftung fat im Jahre 1888 keinen Zuwachs erhalten. Die für das laufende Fahr zu Stifiungszwecken verwendbare Summe beläuft sich ordnungs- mäßig abgerundet auf 7350 # Durch Erlaß des vorgeordneten Königlichen Ministeriums vom 9. Februar wird der Akademie mit- getheilt, daß Se. Majestät der Kaiser und König aus Allerhöchst- feinem Dispositionsfonds einen Zuschuß bis zum Höchstbetrage von 70000 A zu den Kosten der Untersuhung des „Meeres- planktons* im Atlantishen Ozean bewilligt habe, zu welchem von Hensen, Brandt und Schütt in Kiel geplanten und im nätsten Sommer unter Leitung des Professors Hensen auêzuführenden Unternehmen zufolge vorjährigen Beschlusses der Akademie die versügbaren Mittel der Humboldt-Stistung verwendet werden follen. Von der physikalish-mathematishen Klasse sind zur Unterstützung wissenshaftliher Arbeiten folgende Bewilligungen gemach;t: von 600 sür Dr. Dahl in Kiel zu Untersuchungen Über pie niedere Süßwasserfauna der Elbmündungz von 2500 4 für Prof. Dr, N. Lepsius in Darmstadt zur Fortsetzung der geologishen Kar- tirung Atlifas; und 700 4 für Dr. Wortmann in Straßburg i. E. für cine Reise nah Neapel zu Untersuhungen an Meeresalgen; ferner von der philofophisch-historishen Klasse: von500 Man die G. Reimer’ sche Buchhandlung in Berlin für die Ausstattung des Werkes von Dr, Pomtow über Delphi mit Karlen und Bildtafeln. Von der physi- falish-mathematischen Klasse ist dem Dr. Franz Stulmann, Assistenten am zoologischen Institut in Würzburg, zur Zeit in Zanzibar, zur Fortsetzung der faunistischen Erforshung von Zanzibar eine weitere Beihülfe von 1900 4 und von der philosophbis{-historischen Klasse dem Dr. Weigand in Leipzig zu seinen linguistish-ethnographischen Forshungen im Gebiete der Zinzaren cine Unterstüßung von 1200 bewilligi worden.

Universität Erlangen.

Nach der Uebersicht des %Kersonalstandes bei der Königlich bayerischen Friedrich - Alexanders - Universitäïä Erlangen sind im Winter - Semester 1888/89 beim Abschluß des Verzeichnisses immatrikulirt gewesen 939, davon sind abgegangen 232. Es sind demnach geblieben 707, dazu find in diesem Semester ge- fommen 263. Die Gesammtzahl der Studirenden beträgt daher 970. Davon gehören an: der theologishen Fakultät 335, nämli 205 Bayern und 130 Nicht-Bayern (worunter 11 zugleich Philologie, 3 Philosophie und 1 Geschichte studiren), - der juristishen Fakultät 188, nämlich 170 Bayern und 18 Nicht-Bayern (inkl. der Kameralisten), der medizinishen Fakultät 301, nämli 111 Bayern und 190 Nicht-Bayern (inkl. 18 Zahnheilkunde Studirenden, 1 Pharmacie und 1 Naturwissenschaften Studirender), der philo- sophishen Fakultät a. der philosophis{-historishen Sektion 38 nämlich 18 Bayern und 20 Nicht-Bayern (worunter 5 zugleich Theologie studiren), b. der mathematisch - naturwifsenshaftlichen Sektion 108, nämlich 29 Bayern und 79 Nicht-Bayern (inkl. 38 Pharmazeuten, unter diesen 2 Chemie- und 12 Naturwissensczaften Studirender). In Summa 970, nämlich 533 Bayern und 437 Nicht-Bayvern.

Ucber das neue Kollegienhaus der Universität in Er- langen wird der „Kunst für Alle“ mitgetheilt: Dasselbe ist nah den Entreürfen und der Leitung des Arcitckten F. Scharff in Nürnberg im Jakre 1886 begonnen und am 3. Mai d. J. feierli eingeweiht worden. Gelegen auf der Südseite des Schloßgartens, dem seine 92 m lange Hauptfront zugewandt ist, besißt es drei Fassaden, welche ganz aus weißen Sandsteinquadern hergestellt find. Der Mittelbau wird dur cine Kuppel, die ein Uhrthürmchen trägt, abgeschlossen; er hat im ersten und zweiten Geschoß je sechs8 freistehende Säulen, von denen die beiden äußeren Pyramiden, die vier inneren allegorishe Figuren, und zwar die vier Fakultäten tragen. Eine Tafel binter diesen Sandsteinstatuen trägt das Motto: „Veritati, Humanitati, Virtuti“. Sm TIreppenhause ist die Büste des Reetor magnuificentissimus der Friderico-Alexandrina, des Prinz-Regenten Luitpold von Bayern, aufgestellt.

Literatur.

Das soeben erschienene elfte Hest der vom Großen Ge- neralstabe herausgegebenen „Kriegs8geschichtlihen Cinzel- \chriften“ enthält autshließlih dem deutsh-französischen Kriege von 1870/71 entnommene Studien, die vornehmlih darauf abzielen, die reihen {lriegswissenshastlihen Lehren, welhe derselbe darbietet, zu

verwerthen: Zunäthst eine Studie über den Infanteriedi , Kavallerie-Divisionen, für welhe die Thätigkeit be L Herbstmonaten 1870 der 4., 5. und 6. Kavallerie - Division zu M theilten bayerishen Infanterie die Ausbeute lieferte. Die Auf L dieser Truppen war, die Belagerung von Paris gegen Ster und Südwesten ¿zu decken. Der zweite Aufsaß behantelt u Vorpostendienst bei dem I. Bayerisben Armee - Corps unz den dem Kommando des Generals der Infanterie Freiherrn L und zu der Tann-Rathsamhausen unterstellten preußischen Truppen, theilen in der Zeit von der ersten Einnahme von Orleans bis E Treffen von Coulmiers, 12. Oktober bis 8. November 1870. E dritte Aufsaß behandelt die beiderseitigen Stärkeverhält, nisse in den großen und entsheidenden Schlachten um Met (Colombey—Nouilly, Vionville—Mars la Tour, Gravelotte—S} Font und Noifseville), In genauester Prüfung werden die Stärke, eider Gegner berechnet, die Vortheile oder Nachtheile ihrer Stel, lungen berüdcksihtigt, die Verluste festgestellt und die Ergebnisse der Scchlachten hervorgehoben, sodaß in der Charakteristik einer jeden Schlacht zugleich ein Gesammlurtheil über ihre taktische Eigenart und ihre strategishe Bedeutung gezogen wird.

Deut! sche Dichtung. Herausgegeben von Karl Emil

ranzos. Sechiter Band, zweites Heft. Dresden, Verlag von L. Ezlermann. Das uns vorliegende Maiheft zeihnet sich wieder dur feinen reihen und gewählten Inhalt aus. Es beschäftigt sich in erster Linie mit Franz Grillyarzer, von dem nah dem Jugendporträt von Daffinger hier eine Holzshnittnahbildung geboten wid. Aus dem Nachlaß des Dichters ist ein Autogramm abgedruckt, ein Gedicht betitelt : „Lösche die Lampe“. Ungedruckte Auf)äße und Briefe von Frayz Grillparzer veröffentli&t Karl Emil Franzos, es sird act Inedita, cin Gedicht, eine Kritik, ein seibstbiographischer Aufsaß und fünf Briefe. Sa; torius, betitelt: „Dmitri*. Es folgen Gedichte von Konrad Ferdinand Meyer, Adolf Wilbrandt, L. Hegelmeier, Max Franz, Karl Jaenike, Her- mine von Preu'chen, Friedrih Ratel, Anne Klie, Rudolf Knussert I. G. Oswald, A. Godin, Julius Goebel, Hermann Lingg, A. Frey, Prinz Emil zu Schönaich-Carolath, Otto Roquette. Die Fortsegung der „Mysterien der Seele“ von Adolf Friedrich Graf von Scha matt den Abschluß dieser Gedichte, unter denen si recht wohlgelungene befinden. Die „Deutsche Dichtung“ erscheint am 15. jeden Monats, Der Abonnenientspreis stellt sich pro Quartal auf 4 4; 6 Hefte bilden einen Band.

Die Geographische Anstalt von Justus Perthes in Gotha hat sih ents{lossen, das reichhaltige Kartenmaterial ihrer Bibliothck mehr als biéher den Tageëinteressen nußbar zu mahen Es follen „Gelegenheitsfkarten zur Tages8geschichte“ fo {nell als irgend mögli nach Eintreffen der bezüglichen Nachrichten berausgegeben werden, in denen möglichst alle Punkte und Namen, welche die Tagesblätter er- wähnen, enthalten sind. Den Anfang macht die soeben erschienene „Vebersichtskarte des Uebershwemmungsgebiets in Pennsylvanien mit einem Spezialkarton der Umgegend von Johnêtown von H. Habenicht“. Das kleine kolorirte Blatt im Format von 23 K 28 ecm gewährt ein deutlihes Bild der heimgefubten Gegend, unterscheidet „vollständig zerstörte“ und „übersWwemmte“ Orte und giebt deren Einwohnerzahl an.

Von der „Wiener Mode“ ist das 18. Heft erschienen,

* Dasselbe zeichnet sih, wie alle seine Vorgänger, durch reihen und ge:

diegenen Inhalt aus. Eine Anza von in den Text gedrudckten Mustern, Abbildungen von Toiletten, Mustern für Spiten u. f. w, bietet der Damenwelt willkommene Gelegenheit, fic von den neuesten Erscheinungen auf dem Gebiet der Mode zu unterrichten und selbst die Anfertigung von Modegegenständen nah den hier gebotenen An- gaben besorgen zu förnen. Ein Artikel: „Wiener Handarbeit“ is gleichfalls mit Mustervorlagen ausgestattet. Ueber Wiener Moden berichtet die Herausgeberin Jenny Neumann. Das Beiblatt der „Wiener Mode“ is wieder bemüht, den Leserinnen eine angenehme belletristis&e Unterhaltung zu gewähren; Gedichte und Illustrationen beleben den Text. Um auch den Hausfrauen etwas zu bieten, ift ein Küchenzettel für den Mittelstand (16.— 30, Juni 1889) beigefügt, 2A Preis der „Wiener Mode“ stellt sich für das Vierteljahr auf 2 Mb

Land- und Forftwirthschaft.

Die vom 14, Juni cr. datirte Nummer der „Mittheilungen der Deutschen Landwirthschafts - Gesellshaft* hat folgenden Inhalt: Die Rinder-Ausftellurng in Magdeburg 1889, Die Ausstellung der Schafe, der Schweine in Magdeburg. Die landwirthschaftlihen Erzeugnisse, Maschinen und Geräthe in Magde burg. Die Versuche zur Prüfung des Grünpreßfuttcr-Berfahrens. Obst- und Weinbau- Abtheilung. Die landwirthschaf tlichen Ausflüge gelegentlich der Magdeburger Wanderversammlung. Abendunterhaltungen in Magdeburg. Die Ankunft in Magdeburg. Dritte Wanderausfstellung und vierte Wanderversammlung zu Magdeburg.

Gewerbe und Handel. Pert!

Der Aufsichtsrath der Danziger Delmühle, Pe Patzig u. Co. hat beschlossen, der bevorstchenden Generalversam lung na den Abschreibungen eine Dividende von 9%/o für die Prioritäts- und von 11 9%/% für die Stamm-Aktien der Gesellschast in

Börsenversammlung

Borschlag zu bringen. | 7 : 1 zu Essen finde am 24. Iuni im „Berliner Hof“ ftatt.

Die nâh|te __— Auf der diesjährigen Messe in Irb it sollen, wie die „Hamb. Börs.-H." berichtet, fast sämmtliche Rauchwaaren für deutsche Rechnung angekauft worden sein, Die Preise waren um 30 bis 40 “/ höher als im Vorjahre, das Quantum geringer. Was Roß haare betrifft, so sind dieselben hauptsächlih für London und New-Yor? angekauft worden..

Lübeck, 20. Juni. (W. T. B.) Die Zufuhr zum Woll- markt betrug 4500 Ctr. Feine Wollen galten 130—143 Mit1tcl- und Kluftwolle 105—125 6 Die Preise stellten sih höher als vorjäbrige wegen der günstigen Nachrichten aus London und Berlin, Der Markt war Mittags nahezu geräumt. :

Warschau, 20. Juni, Mittags. (W. T. B.) Die Gesammb zufuhc zum Wollmarkt beträgt 75283 Pud gegen 51 278 im vet gangenen Jahre. Bis gestera Abend ist die Hälfte des zugeführten Quantums verkauft worden, Die Preise blieben unverändert. Hot feine Wollen erzielten 130—147- Thlr., feine 100—116, mittelfeint 9097, mittelgute 71—87, ordinäre 68 Thlr. Von 32 Käufern sind 7 Ausländer. Hauptkäufer waren Fabrikanten. Der offizielle Mart ist geschlossen.

Wien, 21. Juni. (W. T. B.) Ausweis der Südbahn vol 11. bis 17. Juni: 876 620 Fl., Mehreinnahme 123 017 Fl.

London, 20. Juni. (W. T. B.) Wollauktion. Gut Betheiligung, Eröffnungspreise fest, behauptet.

Bradford, 20. Juni. (W. T. B.) Wolle stramm. Unte dem Einfluß der Londoner Wollauktion feine Kolonialwol!? steigend, Exportgarne ruhig, Stofffabritanten beschäftigt.

Submissionen im Auslaude.

Italien.

1) 24. Juni. Venedig. Direz. Art. Torped, ed Armi U tatili, Kurzwaaren und Schmiedehandwerkzeug. Bo! anschlag 21 502 Lire. Li

2) 25, Juni. Turin. Direz. Osped,. Milit. Princip. leinwand für Strohsäcke 23 100 m und Leinwand für Matraß® 11200 m. Voranschlag 27 111 Lire. A

3) 26. Juni. Bologna. Pirez. Art, del Laborat, Pir’ Weißer Perkal 8000 m zu 4400 Lire.

Daran \ch{ließt \sich eine Novelle von Benvenuto Sqr |

uni. Ebendort: orwasserstoff-Säure . 12 000 kg T B E Ae 6 « « « « 1 1000 wefelsäure f . 5000 Aen e e 4 ais 150 R ie e C E200 Q 120

5) 28, Juni. Terni. R. Fabbr. Armi. Kupfer in Broden 1000 kg. Voranschlag 2450 Lire.

6) 28. Juni. Spezia. Sanità Milit. Maritt, Voranschlag 14 000 Lire.

7) 28. Juni. Turin. Opif. Arr. Milit, mit dem Haar gegerbt. Voranschlag 40 500 Lire.

Nobleder. Voranschlag 44 937,50 Lire. Baumwollenzeug. Voranshlaz 6860 Lire.

8) 30. Juni. Aversa (Provinz Caserta). Municipiam:

a. Herstellung einer Wasserleitung und Kanalisirung. Voranschlag 609 438,55 Lire.

b. Bau eines Wasserreservoirs. Voranschlag 40 561,45 Lire.

9) 1. Juli. Florenz. Direz. Territ. Art. Leder ver- \chiedener Art. Voranschlag 9125 Lire.

: _In Aussicht stehend:

10) Bei der Direktion der Sizilischen Eisenbahnen in Palermo: für die Werkstätte ia Messina: 4 Drehbänke und 2 Loch- maschinen, für die Werkstätte in Palermo: 2 Drehbänke. Voranschlag 13 600 Lire.

11) Ebendort: Ueberdachung eines Hofes auf der Station Palermo. Voranschlag 17 822 Lire.

Verkehrs - Nnstalten.

In Folge der inzwischen eingetretenen Abänderung des 8. 24 der Postordnung vom 8. März 1879 ist die neuliche Mittheilung über die Abholung von Packeten durch die Paket- besteller dahin zu berihtigen bezw. zu ergänzen, daß für die von den Pacetbestellern auf ihren Bestellfahrten eingesammelten gewöhnlichen Packete außer dem Porto eine Nebengebühr von nur 10 „Z zur Erhebung kommt und daß die Bestell- {reiben oder Bestellkarten, durh welche die Abholung von Packeten aus der Wohnung bei der Postanstalt \chriftlich be- stellt wird, unentgeltlich befördert werden.

Hamburg, 21. Juni. (W. T. B.) Der Postdampfer „Gothia*“ der Hamburg-Amerikanishen Padetfahrt- Aktiengesell\chaft hat, von New-York kommend, heute 9 Uhr Morgens Lizard passirt.

London, 21 Junt (W. L. B) Dex Unton-Damp sex „Tartar“ ist am Mittwoch auf der Ausreise in Capetown an- gekommen. :

Vroguen.

9000 Kalbfelle

Theater und Musik.

Königliches Opernhaus,

Die gestrige Vorstellung im Königlichen Opernhause wurde dur die Anwesenheit Sr. Majestät des Kaisers und Köntgs ausgezeichnet, AUerhöchstwelher hiermit nah Beendigung des Trauerjahres die erste öffentlihe Vorstellung besuhte. Zur Aufführung kam der letzte Theil des „Ringes des Nibe- lungen“, die „Götterdämmerung“, mit welcher zugleich die zweite Gesammtaufführung der Richard Wagner'schen Musikdramen abs{chloß. Auch die gestcige VorfsteUung bewies von Neuem, daß das Königliche Opernhaus mit seinen Leistungen wie mit der Pflege der modernen Kunsts{höpfungen den ersten Plaß einnimmt, und daß es sh angelegen sein läß?, die Wagner'shen Musikdramen in einer dem Range der Bühne wie dem hohen Werthe der musikalischen Dichtung würdigen Weise zu interpretiren. Frau Sucher (Brünnhilde) und Hr. H. Ernst (Siegfried) führten uns die Hauptfiguren des Dramas in lebenêwahrer, ergreifender Weise mit Entfaltung ihrer reihen glänzenden Mittel vor, Hr. Oberhauser (Gurther), Hr. Biberti (Hagen), Frl. Hiedler (Gutrun) unterstüßten die Träger des Stücks vortreffliß, und nicht minder lobend muß der rirag der Fr. Staudigl (Waltraute) sowie der Gesang der Rheint öchter (Frl. Leisinger, Frl. Herzog und Fr. Lammert) hervorgehoben werden, Die Vorstellung war eine in jeder Beziehung gelungene. ‘Se. Majestät wohnte ihr von An- fang (64 Uhr) bis zum Sg@tluß (114 Uhr) bei und gab nah den Aktshlüssen wiederholt seiner Besriedigung dur B eifallflatshen Ausdruck. Das dicht beseßte Haus rief die Haupt- darsteller na jedem Akt wiederholt vor die Rampen.

Königliches Schauspielhaus.

m Königlichen Stauspielbause gab gestern Abend Frl. Burska vom Königlichen Landes-Theater in Prag als erste Gastrolle die Luise in „Kabale und Liebe“. Vie junge Künstlerin ist von ihrem früheren Auftreten in Berlin ber als eine begabte Darstellerin bekannt und bat in der Zwischenzeit erkennbare Forte schritte in Bezug auf die Freiheit der Bewegung und allgemcine Bühnensicherheit gemacht, wenn ibr auch noch zuweilen vielleiht als Folge des Unbehagens eines ersten Auftretens etwas anfänger- hafte Unbeholfenheit anhaftete. Die Stimme is angenehm und klang- voll, wenn sie mit weiser Mäßigkeit angewendet wird, doch erschien sie in einigen Momenten der Ueberanstrengung weniger \{ön. Troß diefer kleinen Ausstellungen war die Gesammtleistung eine recht erfreuliche

Oeffentlicher Anzeiger.

. Steckbriefe und Untersuchungs-Sachen.

, E N A Aufgebote, Vorladungen u. dergl. Verkäufe, Verpachtungen, Verdingungen 2c. :

. Verloosung, Zinszahlung 2c. von öffentlichen Papieren.

und erwarb der Künstlerin mit Ret die ungetheilte Sym- pathie des Publikums durch die Innerlihkeit und warme Empfin- I des Spiels, welche einfa und {licht zum Ausdruck gelangten. Als Lady Milford sahen wir Frl. Poppe zum erften Mal, welche diese Rolle in den ruhigeren Momenten mit ergreifen- der Leidenschaft, geistvol und überzeugend wiedergab. In der Auffassung des Charakters machten \sich allerdings noch einige Schwankungen bemerkbar, welche erkennen ließen, daß die Künstlerin in dieser Beziehung noch nit zu vollkommener Klarheit durhgedrungen is. Hierdurch gewannen die Bewegungen zuweilen etwas Unsicheres und Hastiges; aber das in allen Momenten feurige Temperament, die Gluth der Empfindungen, welcher die Künst- lerin stets den entsprehenden Ausdruck zu geben wußte, gaben aufs Neue Zeugniß von dem \chauspielerishen Talent und Geschick derselben. Die Rolle des Ferdinand gab_Hr. Matkowsky und riß die Zuschauer dur sein jugendlihes Feuer und die Kraft der Darstellung oft zu lautem Beifall hin. Einer besonders lebhaften Anerkennung erfreute sich wieder Hr. Dehnicke als Hofmarschall von Kalb. Das glatte und verständnißvolle Zusammenspiel wurde vom Publikum durch häufigen und verdienten Beifall gewürdigt.

Victoria-Theater.

Die gestern erfolgte Aufführung des „Zriny“ durch den akademish-dramatishen Verein nahm einen wohlgelungenen Verlauf. Die freudige Begeisterung, mit welcher die Darsteller an ihre Aufgabe herangingen, verdient in erster Linie anerkannt zu werden; ihr is es zu verdanken, daß die einzelnen Rollen zu einer Wirkung gelangten, die ihnen bei toeniger feuriger Hin- gabe wohl versagt sein dürfte. Da es Dilettanten sind, welhe hier auf den weltbedeutenden Brettern sich in der Sqcauspielkunst versuchten, so hat der Rezensent leihteres Spiel und darf niht den Maßstab anlegen, wie an Bühnenkünstler von Fach Aber doch verdienen einige der gestern gebotenen Leistungen sehr gut eine \chärfere Beurtheilung, da die betreffenden Darsteller offenbar über Talent verfügen. Hr. stud. Rauh als Zriny bewies, daß er Alles gut durchdacht hat und über die ersten dilettantishen Anfänge doch schon so weit heraus ist, daß er künftlerisches Maß zu halten ver- eht. Vor dem bohlen Deklamiren nahm er s|ch wohblweislich in Acht und legte das Hauptgewiht auf das Hervorkehren der feeli|chen Borgänge. Die Auffassung, welche er von dem ungarischen Helden hatte, war eine richtige und entsprach durhaus dem Bilde, wie wir cs uns von Zriny machen. Sein Gegner Soliman fandi in Hrn. stud. Eichholz einen niht minder begabten Vertreter. Auch dieser wußte das Heldenhaste in der Gestalt des Großfürsten rihtig wiederzugeben und auch den Stich ins Tyrannische zu treffe; am besten gelang ihm die Dar- stellung in den leßten Scenen. Mit diesen beiden Herren schließt die kurze Reihe derjenigen Darsteller, deren Leistung als künstlerish betrachtet werden muß. Hr. stud Erler als Juranitsh war zu stürmisch in Be- wegung und Redez anerkannt soll jedenfalls der Eifer werden, welchen er an den Tag legte. Von den kleineren Partien heben wir lobend her- vor Hrn. stud. Werckmeister, der den gefangenen Ungarn vor dem Sultan äußerst wirkungs8voll darstellte, ferner den Großvezier des Hrn. stud. Manning und den Alapi des Hrn. stud. Becker. Die Rolle der Helene wurde von Frl. Berry recht angemessen dargestellt ; die junge Dame verfügt über ein ansprehendes Talent; au Frl. Becker als Gräfin Zriny war recht sympathisch, obwohl sie viel zu jugendlih für die Partie spielte. Die Eiustudirung der Tragödie war eine fleißige und zeugte von feinem künstlerishen Verständniß; das Verdienst hierfür kommt Hrn. Grube vom Königlichen Schauspiel- haus zu, welcher die Regie übernommen hatte. Die Dekora.ionen wie die gesammte Inscenirung waren wücdig, und der Schlußeffekt ein wohlgelungener. Alles in Allem genommen verdient der akademish- dramatische Verein Anerkennung für diese Leistung.

Berliner Theater.

Wochen-Repertoire vom 23. bis 30. Juni 1889: Sonntag, 23. : „Sokrates und fcine Frau“ „Ritter Blaubart“ „Der zün- dende Funke“ „In der Kinderstube“ ; Montag, 24.: „Feenhände“ ; Dienstag, 25.: „Cornelius Voß“; Mittwoch, 26.: wie am Sonntag; Donnerstag, 27.2: „Othello“; Freitag, 28.: 41. Abonnements-Vor- stellung: „Feenhände“; Sonnabend, 29.: wie am Mittwoh; Sonn- iag, 30.: „Demetrius“.

Das Berliner Theater beschließt die Saison Sonntag, den 30. d. M, und zwar mit einer Aufführung des „Demetrius“, des- jenigen Stückes, mit welhem es am 16. September v. J. die erfolg- reiche Saiscn so glanzvoll begonnen hatte.

Mannigfaltiges.

Deutshe Allgemeine Ausstellung für Unfall-. verhütung, Berlin 1889, unter dem Allerhöchsten Protektorat Sr. Majestät des Kaisers und Königs. Zur Verhütung des Durchgehens der Pferde hat man auf mannigfache Vorsichts- maßregeln gesonnen, deren einigen wir auf der hiesigen Aus- stellung begegnen. Es is zunächst Jaenel's automatisce Moment-Bremse, deutshes Reihs-Patent Nr. 47 587, Diese Bremse besteht nur aus einem an der Vorderachse des Wagens an- gebrahten Hebel mit einer Zugstange, welhe die Bremsbacken an die Räder preßt. Dieselbe hat drei Betrieb8vorrihtungen: als Hand- bremse eine Kurbel auf dem Kutscherbock und einen Nothzug nah dem Hinterwagen, als selbstthätige Bremse nur die Deichsel, die dur die bloße Verschiebung auf die Bremse selbstthätig einwirkt. Die ganze Vorrichtung ist demnach nur eine auch selbstthätig wirkende Hand-

bremse. Die Handbremse auf dem Kutsherbock ift mittelst Schnecke und Zahnrad auf festgelegten Druck eingerihtet. Das lästige Nahbremsen während der Fahrt ist also überflüssig Die selbstthätige Bremse hat eine Feslstellvorrihtung, aus einem Einfallhaken bestehend, der herunter- gelassen in Zähne der Deichsel eingreift und fo die Verschiebung der Deichsel hindert, wodur die Funktionirung der selbstthätigen Bremse aufgehoben werden kann. Die beiden auf Zug eingerihteten Betriebs- vorrihtungen der Handbremse sind im Drehpunkt des Vordergestells des Wagens mit dem Bremshebel verbunden, der Zug vom Kutscher- bock nach der Feststellvorrihtung führt dur dieselte Stelle des Wagens hindur, die Deichsel befindet sich in dem drehbaren Untertheil des Bordergestells, und können demnach sämmtlihe Betriebsvorrihtungen funktioniren, gleihviel ob der Wagen in geraden Linien oder in Kurven fährt. Die vom Kutscherbock aus zu betreibende Handbremse fann in jedem beliebigen Fall Anwendung finden wie alle anderen Handbremsen. Dieselbe wird si hier jedo nur als Ersaß für die beiden anderen Betriebsvorrihtungen als nöthig erweisen, wenn eine derselben \chadhaft werden sollte. Der Nothzug dient im Fall der Gefahr zur - nellen Hülfe, da die Insassen des Hinterwagens in der Lage find, mit diesem den Wagen sofort und kräftig zu bremsen, ehe dies in manchen Fällen dem Kutscher möglih sein wird. Durh den Nothzug können al)o viele Unglücksfälle verhütet werden, die sich sonst er- eignen, wenn die Pferde, {heu geworden, ohne jedes Hinderniß davon- laufen. Die selbstthätige Bremse bringt den Wagen ferner fo schnell zum Stillstande, als es mögli ist, die Pferde in ihrem eigenen Lauf aufzuhalten, da die in das Vordergestell eindringende Deichsel beim Anhalten der Pferde sofort auf die Hebelbremse drüdckt und die Bremsbacken an die Räder preßt. Die selbstthätige Bremse ver- hindert außerdem noh das Zurückdrücken des Wagens, wenn die Pferde in Folge Scheuwerdens zurückweichen, da die Deichsel vor der Rük- bewegung des Wagens auf die Hcbelbremse drückt und dadur so stark bremst, daß derselbe sich nicht zurückbewegen kann. Die selbst- thätige Bremse hemmt ferner den Wagen in seinem Lauf bergab von dem Augenbkblick an, wenn sih derselbe von selbst in Bewegung seßt und die Pferde zu einer dieser Bewegung nicht folgenden Gangart angehalten werden, da die Deichfel hierbei ebenfalls in das Vorder- gestell des Wagens eindringt und dieselbe Bremsvorrihtung hervor- bringt wie oben erwähnt. Die Druckraft der Bremse regelt \ich hierbei von felbst nach dem Erforderniß, da mit der Zunahme des Falles der Fahrftraße und der Last des Wagens der Druck auf die Bremse dem entsprechend stärker wird. So wie die Pferde den Wagen wieder zu ziehen beginnen, hört die Bremse auf zu wirken, da gleih- zeitig die Deichsel in ihre ursprüngliche Lage wieder hervorgezogen wird, wodurch die Bremébacken von den Rädern wieder abgezogen werden.

Denselben Zweck, wie Jaenel's Bremse verfolgt Kimmich's Moment-Ausfpanner. Der Apparat bezweckt, beim Durhgehen oder Stürzen der Pferde die Leßteren vom Wagen vollständig zu trennen und diesen, sowie seine Insassen somit in Sicherheit zu bringen. Dur das Gewicht eines Hebels, welcher sih an einer mit 4 Haken versehenen Stahlwelle befindet, werden 4 Stränge der Pferde an die aus Eisen hergestellte Sprengwage geschlossen. An dem vorderen Theil der Deichsel befindet sich eine auf beiden Seiten mit einem Sé&liy versehene Stahlhülse, in welche vermittelst eines mit einer Feder versehenen Bolzens die beiden Anhalter der Pferde ge[chlossen werden Dieser Bolzen i durch eine Stahlstange mit dem an der Welle befindlichen Hebel verbunden. Wird nun vom Kutscher oder den Insassen des Wagens an den Riemen, welche vom Hebel aus dur eine Oeffnung im Boden in den Wagen führen, gezogen, so senken si die 4 Haken an der Spreng- wage und die Stränge fallen gleichzeitig mit den Aufhaltern, welche durch das Zurückgehen des Bolzens frei werden, heraus. Der Vor- gang ist somit das Werk eines Augenblicks. Auch an dem von dem Hoflieferanten L. Rühe im Stadtbahnbogen 21 ausgestellten Wagen ist eine augenblicklich wirkende Bremsvorrichtung für Sturz oder Durch- gehen der Pferde angebracht ; sie wird durch den Fuß des Fahrers in Thätigkeit gesetzt.

Ausgrabungen in Corcyra. In Corcyra unternahm an der Stelle, wo die alte Stadt der Corcyräer stand, Karapanos Aus- grabungen. Dieselben leitet Hr. Leclat vom französishen arhäologi- \hen Institut. Sie brachten zu Tage Ueberreste von alten Grund- mauern, eine cylindrishe Säule und eine große Menge von Terra- fottafiguren, ähnlih den Tanagräishen. Sie stellen Frauen dar, mit einem Diadem um den Kopf und solche, die einen Vogel an die Brust drücken, oder an der Seite einen Hirs oder ein anderes Thier halten, oder Pfeil und Bogen tragen (also wohl Leda und Artemis); alle cheinen Weihgeschenke eines alten Tempels zu sein. Sechs sind be- sonders werthvoll nah Technik und Erhaltung.

London, 21. Juni. (W. T. B.) Nach einer Meldung des „Standard“ aus Shanghai, vom 20. d. M., ist die Stadi Lachan in der Provinz Setshuan dur eine Feuersbrunst fast gänzlich zerstört worden, wobei 1200 Menschen umgekommen und 10 000 Familien obdachlos geworden sein sollen.

_— Parts, 21 Juni, (V. D B) Verx Orient-Erxpreßzug stieß gestern im Bahnhof von Epernay auf einen von Reims kom- menden Personenzug. 5 Waggons sind zertrümmert; 5 Reisende und 2 Beamte sind verwundet.

. Kommandit-Gesellshasten auf Aktien u. Aktien-Gesellsch. . Berufs-Genossenschaften.

. Wochen-Ausweise der deutschen Zettelbanken.

. Verschiedene Bekanntmachungen.

m

1) Steckbriefe und Untersuchungs - Sachen,

[16642] Steckbriefs-Erneuerung.

Der binter dem Bättermeister Leopold Eiding von Königsberg, geboren am 30. März 1899 zu Scakuhnen, Kreis Heydekrug, unterm 5. Dezember 1888 erlassene, am 11, Dezember 1888 Nr. 312 ad 1 inferirte Steckbrief wird erneuert,

Signalement: Alter: 34 Jahre, Größe: 1,78 m, Statur: groß und kräftig, Haare: blond, Stirn: hoh, Bart: beschnittener Vollbart, Augen: blau, Augenbrauen: blond, Nase: gewöhnlih, Mund: breit, Zähne: vollzählig, Kinn: länglih, Gesicht : länglich und voll, Gesichtsfarbe: blaß und gesund, Sprache: deutsch. i

Aktenzeichen: I. Ta. 262/88 K, 1/89,

Justerburg, den 5. Juni 1889,

Der Königliche Erste Staatsanwalt.

[16643] :

Der unterm 6. Dezember 1887 hinter den Ar- beiter Johann Joachim Heinrih Eggert, geb. den 21, Mai 1848 zu Grambek (Lauenburg) erlassene Steckbrief (Stück Nr. 44 116/87) wird hierdurch er- neuert.

Altona, den 17, Juni 1889,

Der Erste Staatsanwalt.

[16853] Steckbriefs-Erledigung. Der gegen den Kunstgießer Otto Salbach wegen Diebstahls unter dem 3. Juni 1884 in den Akten

genommen.

[16852]

[16854]

(16647]

J, IIT E. 333. 84. erlaffene Steckbrief wird zurück-

Verlin, den 17. Juni 1889, : Staatsanwaltschaft bei dem Königl. Landgericht I.

Steckbriefs-Erledigung.

Der gegen den Handelsmann Louis Wassermann wegen Betrugs unter dem 5. Januar 1889 in den Akten J, 1V d. 1165 88, erlassene Steckbrief wird zurückgenommen.

Verlin, den 19, Juni 1889,

Staatsanwaltschaft bei dem Königlichen Landgericht I.

Steckbriefs-Erledigung.

Der unterm 16. Februar 1889 hinter den Bäcker- gesellen Gottwerth Rhode, geb, den 25. 12, 1865 zu Hannover erlassene Steckbrief (Stück Nr. 62 030 de 1888) ift erledigt,

Altona, den 19. Juni 1889,

Der Erste Staats-Anwalt.

Offeues Strafvollstrecknungs-Ersuchen. Der Friedrich Wilhelm Fronhöfer, zuleßt in Königsberg N. M., geboren daselbst am 31. April 1366, ist durh vollstreckbares Urtheil der Straf- kammer bei dem Königlichen Amtsgericht in Küstrin vom 9, Mai 1889 wegen Verleßung der Wehrpflicht | Die zu einer Geldstrafe von 160 4, im Unvermögens- falle zu 32 Tagen Gefängniß verurtheilt worden.

den Acten M.2 24/88 ersucht.

[16646]

Geldstrafe von 160 M,

[16856]

Der Angeklagte

der Wehrpflicht zu einer Geldstrafe hundert ein und fünfzig Mark v

wird.

Es wird um Strafvollstrekung und Nachricht zu

Landsberg a. W., 12. Juni 1889, Königl, Erster Staatsanwalt.

Offene Strafvollstreckungs-Requisition.

Der Schiffer Otto Emil Fichtmann gus Falken- walde N.-M., geboren am 7. Januar 1865 in Posen, ist durch rechtskräftiges Urtheil der Strafkammer bei dem Königl. Amtsgericht in Küstrin vom 9. Mai 1889 wegen Verleßung der Wehrpflicht zu einer im Unvermögensfalle zu 32 Tagen Gefängniß verurtheilt worden. L

Es wird um Strafvollstrekung und Benachrihti- gung hierher zu den Akten M2 51/88 ersucht.

Landsberg a. W., 13. Juni 1889.

Königl. Erster Staatsanwalt.

In der Strafsache gegen Aller hat die I. Straf- kammer des Königlichen Landgerichts zu Neuwied E am 1. Mai 1889 für Recht erkannt: Ludwig Aller, 6. August 1866 zu Maxsain, wird wegen Entziehung

rurtheilt, welcher im Unvermögensfalle ein Monat Gefängniß substituirt

dur Beschluß der Strafkammer vom 18. Januar 1889 ausgesprochene Beshlagnahme des Vermögens wird gegen den Angeklagten bis zur

Höhe von 300 ODreihundert Mark aufrecht erhalten, im Uebrigen aufgehoben.

Die Kosten werden dem Anaeklagten auferlegt.

Neuwied, den 15. Juni 1889.

Der Erste Staatsanwalt. [16809] K. Staatsanwaltschaft Tübingen.

Die am 12. Auguft 1885 wegen Verleßung der Wehrpflicht verfügte Beshlagnahme des Vermögens des am 17. Oktober 1862 geborenen Sattlers Georg Friedrih Klink von Hornberg, O.-A. Kalw, ist durh Beschluß der hiesigen Strafkammer vom 17. Juni 1889 wieder aufgehoben worden.

Den 18. Juni 1889.

H.-St.-A.: (Unterschrift.)

2) Zwangsvollstreckungen, Aufgebote, Vorladungen u. dgl.

[16876]

Die Zwangsversteigerung des Grundstücks Band 63 Nr. 2865 von Niederbarnim (Thurm- und Beufsel- straßen Eke) und die Termine am 24. Juni d. J.. werden aufgehoben.

Verlin, den 19. Juni 1889.

Königliches Amtsgeriht I. Abtheilung 51.

[16667] Aufgebot.

Es ift zu Verlust gegangen ein Depositions\chein der K. Filialba rk fan vom 8, Oktober 1888, wornach „Fräulein Anna Pöllmann hier“ bei der

geboren am

von 151 Ein-