1889 / 146 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 22 Jun 1889 18:00:01 GMT) scan diff

spänner Se. Majestät der Kaiser und König mit rer Majestät der Kaiserin und Königin.

e. Majestät der Kaiser und König trug die Uniform Seines 1. Garde-Regiments z. F. mit dem Bande und dem Stern des Schwarzen Adler-Ordens, sowie der Kette des Hohen- zollernshen Haus-Ordens; Jhre Majestät eine Toilette von tahlgrauer Seide mit einem in Gold gestickten7è elfenbein- farbigen Umhang und gleihfarbigen Hut, dazu Band und Stern des Schwarzen Adler-Ordens. Bald darauf nahte der Wagen mit der Prinzessin Braut. Jhre Majestät die Kaiserin und Königin nickte vom Fenster des Erdgeshosses aus der ankommenden Schwester lebhaft zu. Se. Majestät stand, umgeben von sämmtlichen Königlichen Prinzen, an dem Portal des Schlosses. Allerhöchstderselbe ging sofort an den Wagenschlag, begrüßte die Prinzessin Braut und ge- leitete Höchstdieselble zu dem Hohen Bräutigam. Jhre Majestät die Kaiserin und Königin kam der Durchlauchtigsten Schwester auf dem unteren U en‘gegen und geleitete Dieselbe sodann durch das Spalier der Obersten Hof- und A der General- und Flügel-Adjutanten zum ersten

todwerk, wo alsbald im Runden Saal im engsten Kreise der Königlichen Familie ein Frühstück zu 18 Gedecken statt- fand. Auf der Zinne des Schlosses weht die rothe Purpur- standarte des Königs von Preußen.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr und für Justizwesen, sowie die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr, für Eisenbahnen, Post und Telegraphen und für Justizwesen hielten heute Sißungen.

An Zöllen und gemeinschaftlihen Verbrau chs- fleuern sowie anderen Einnahmen sind im Reich für die Zeit vom 1. April 1889 bis zum Schluß des Monats Mai 1889, einshhließlih der kreditirten Beträge, zur Anschreibung Pra Zölle 53925984 M (+ 13353 671 M), Tabadsteuer 1149487 4 (+ 37595 l A 18129217 M (+4 11 808 495 46), Verbrauchsabgabe von Zucker 7 631 614 M (+ 7631614 46), Salzsteuer 4957 831 M (— 340910 M), Maischbottih- und Branntweinmaterialsteuer 2148 698

+ 1 819 896 a Verbrauchsabgabe von Branntwein und

eat zu derselben 17 551 027 4/6 (+ 192 939 M), Brau- steuer 4 237 255 M6 (4+ 356 421 M6), Uebergangsabgabe von Bier 476 485 M (+ 38423 M); Summe 73 949 164 M + 34898144 M). Spielkartenstempel 157 726 6 509 6), Wechselstempelsteuer 1 200 746 4 (+ 100 048 M),

tempelsteuer für a. Werthpapiere 2 804 898 (+1 845198 M), b. Kauf: und sonstige Anschaffungsgeschäfte 2 798 283 (+ 1 281632 6), c. Loose zu Privatlotterien 96 341 M (— 2379 A6), Staatslotterien 766337 M (+ 8125 M).

Die zur Reichskasse gelangte FJst-Einnahme ab- züglih der Ausfuhrvergütungen und Verwaltungskosten be- trägt bei den nachbezeihneten Einnahmen - bis Ende Mai 1889: Zölle 45210 671 M (+ 11 494 566 M), Tabasteuer 1136475 M (+ 61 481 A6), Sudermaterialsteuer 20551 388 M (— 27 233 238 4 Verbrauchsabgabe von Zucker 7 840 665 M, (+ 7840 665 6), Salzsteuer 6075 726 M (— 317 385 M), Maischbottih- und Branntweinmaterialsteuer 3 808 874 f,

ushlag zu derselben 15593035 M (4+ 7676929 M),

rausteuer und Uebergangsabgabe von Bier 4009171 (+ 336 370 M6); Summe 104 226 005 M (+ 2053 408 0). Spielkartenstempel 216 321 M (+ 10373 M).

_ Die aus 8. 266 Z. 1 des Strafgeseßbuchs zu be- strafende Untreue eines Vormundes 2c., welcher absichtlich um Nachtheile des Vermögens feines Mündels 2c. handelt, Fbt nah einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Strafsenats, vom 21. März d. J., nicht die Zufügung einer dauernden Vermögensbeschädigung, sondern nur die Verscchlechterung der Vermögenslage des Geschädigten voraus.

Auf Grund des §8. 1 Absay 6 des landwirthschaft lihen Unfallversicherungs8gesezes vom 5. Mai 1886 hat das Reichs-Versicherungs8amt unter dem 4. Juni d. J. (Nr. 714) nachfolgende Entscheidung erlassen: Torfgewinnungs- betriebe, welhe in enger Verbindung mit einer Land- oder Forstwirthschaft desselben Unternehmers im Wesentlichen zur Deung des cigenen Bedarfs beziehungsweise des Bedarfs der in der Landwirthschaft beschäftigten Arbeiter oder zur Ge- winnung kulturfähigen Bodens, jedenfalls niht rein gewerbs- mäßig betrieben werden, sind als landwirthschaftlihe Betriebe anzusehen. Dasselbe gilt von gleihgearteten Betrieben zur Gewinnung von Mergel, Sand und ähnlichen Stoffen.

Das Reichs-Versicherungsamt hat unter dem 6. Juni d. J. (Nr. 716) entschieden, daß gemäß 8. 1 Absay 4 des Bauunfallversiherungsgeseßes vom 11. Juli 1887 Stein- brüche und Gräbereien, welhe auss{hließlich zum Zwecke der Materialgewinnung für die dem Betriebe der Land- und Forst- wirthschaft des Unternehmers dienende Herstellung oder Ünter- haltung von Wegen, Dämmen, Kanälen und Wasserläufen betrieben werden, mit Wirkung vom Tage des Jnkrafttretens des landwirthschaftlihen Unfallversiherungsgeseßes ab als Theile des land- und forstwirthschastlihen Betriebes des Unternehmers und demgemäß als versichert bei den landwirthschaftlihen Berufsgenossenschaften beziehungs- weise dem Staat (8. 102 des landwirthschastlihen Unfall- versicherungsgeseßes) anzusehen sind, sofern die Wege- 2c. Bauten von dem Unternehmer des land- und forstwirthschaft- Es Betriebes ohne Uebertragung an andere Unternehmer auf seinen Grundstücken ausgeführt werden. Die ee eeh der betreffenden Anlagen als Theile des land- oder forstwirt schaftlihen Betriebes wird dadur, daß etwa gelegentlich und in ganz geringem A aNoe nebenher eine Ausbeutung des Steinbruchs oder der Gräberei zu Erwerbszwecken stattfindet, niht geändert. Sobald indessen diese Ausbeutung zu Erwerbs- eckden einen erhebliheren Umfang annimmt, sind die betref- enden Betriebe als ausschließlich bei der Steinbruchs- erufsgenossenschaft versicherte Anlagen anzusehen. Der ebergang der einzelnen Betriebe auf die land- und forstwirthschaftlihen Berufsgenossenschaften vollzieht n mit den Wirkungen des 8. 32 des Unfallversicherungs- ge)eves, also unter gleichzeitigem Uebergang der aus den be- treffenden Betrieben etwa erwachsenen Rentenverpflichtungen. (Vergleiche Rundschreiben vom 20. Dezember 1888, „Amtliche Nachrihhten des R.-V.-A.“/ 1889 Seite 6).

Se. Hoheit der Erbprinz von Sachsen - Mei- ningen, Commandeur der 4. Garde-Jnfanterie:Brigade, ist vom Urlaub nah Dresden hierher zurücgekehrt.

gu 2 194 020 6), Verbrauhsabgabe von Branntwein und

-ch -

Der Königlih sächsishe Gesandte am hiesigen Aller- höchsten Hose, Graf von Res. und Bergen, ift von kurzem Urlaube nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der Großherzogli mecklenburgishe Bevollmächtigte zum Bundesrath, Ober-Zolldirektor Oldenburg ist hier an- gekommen. :

Der General - Lieutenant von Krosigk, Chef des Militär-Reit-Jnstituts, welher zum Ehrendienst bei Sr. König- lihen Hoheit dem Prinzen S Leopold von Preußen kommandirt worden, ist von Hannover hier eingetroffen.

Bayern. München, 20. Juni. (Allg. Ztg.) Se. Königliche Hoheit der Prinz Ludwig begiebt sih im Aller- Ms Austrage am nächsten Montag zu den Jubiläums- eierlihkeiten nah Stuttgart.

Sachsen. Dresden, 21. Juni. Das „Dresd. Journal“ E nachstehenden Armeebefehl Sr. Majestät des öónigs: ö Jh will diese denkwürdigen Tage der erhebenden Feier des Jubelfestes Meines Hauses niht vorüber gehen lassen, ohne der Huldigungen zu gedenken, welhe Mir Meine Armee in allen ihren Theilen in diesen unvergeßlihen Tagen zu Meiner hohen Freude und Genugthuung in so mannigfader und hin- gebender Weise dargebracht hat. Meiner Armee entbiete Ih hierfür Meinen Königlichen Dank und bleibe überzeugt, daß dieselbe jederzeit in alter Treue, Hingebung und Tapferkeit zu Mir und zu Meinem Hause stehen wird. Ich beauftrage das Krieg s- Ministerium das Vorstehende zur allgemeinen Kenntniß der Armee

zu bringen. Dresden, den 20. Juni 1889,

An das Kriegs-Ministerium.

Se. Kaiserlihe und Königliche Hoheit der Erzherzog Otto von Oesterreich ist gestern Abend nah Wien, Jhre Königlichen Hoheiten die Prinzen Fohann Georg und Max sind nah Freiburg im Breisgau abgereist.

Württemberg. Stuttgart, 21. Juni. Se. Majestät der König empfing heute den zum Königlich spanischen außer- ordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister am Königlichen Hofe ernannten Grafen von Rascon in Audienz, um dessen Beglaubigungsschreiben entgegenzunehmen.

Heute Mittag trafen Se. Königliche Hoheit der Herzog und Jhre Kaiserliche Hoheit die Herzogin Philipp von Württemberg mit der Prinzessin Fsabella und den Prinzen Robert und Ulrich zur Theilnahme an den Jubiläumsfestlichkeiten hier ein.

Baden. Karlsruhe, 20. Juni. (Karlsr. Ztg.) Die Nachrichten über das Befinden Jhrer Hoheit der Herzogin von Anhalt lauten fortdauernd sehr günstig, indessen wird Höchstderselben niht möglich sein, den Vermählungsfeier- lichkeiten hierselbst anzuwohnen. Se. Hoheit der Herzog von Anhalt hat den Wunsch geäußert, es möge der 2. Jul i als Vermählungstag festgehalten werden, obgleich Jhre Hoheit die Herzogin bis dahin noch niht genügend her- gestellt sein wird, um reisen zu können.

Hessen. Darmstadt, 21. Juni. (Darmst. Ztg.) Die Erste Kammer der Stände wird Dienstag, den 2. Juli d. J., zu mehreren -Sißungen zusammentreten.

Sachsen - Weimar - Eisenach. Weimar, 21. Juni. (Weim. Ztg.) Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog hat \sih gestern von Dresden nah Stuttgart begeben, wo- selbst Höchstderselbe im Auftrage Sr. Königlichen Hoheit des O DNVELIOBA den Jubiläums- Feierlichkeiten anwohnen wird.

Sachsen-Coburg-Gotha. Coburg, 21. Juni. (Cob. Ztg.) Se. en der Herzog ist gestern aus Dresden hier wieder eingetroffen.

Gotha, 20. Juni. (Goth. Ztg.) Auf der Tagesordnung der gestrigen Sitzung des Landtages des Herzogthums Gotha stand die Berathungüber den Etat der Staats- kasse für die Zeit vom1. Fuli 188 bis 30. Juni 1893. Die Kommission beantragte, die sämmtlichen Etatskapitel in Ausgabe und Einnahme mit geringen Abänderungen nach der Regierungsvorlage zu bewilligen. Kap. T und Il wurden darauf mit den Anträgen der Finanzkommission an- genommen ; ebenso ohne Debatte die Kap. IIT und IV. Zu Kap. V 1. und 2. Grundsteuer, Einkommen- und Klassen- steuer lagen folgende Anträge vor: Ein Theil der Kommission, bestehend aus den Abgg. Crusius, Schäfer und Strenge, be- antragt, den Betrag von 589 000 # an zwölf Terminen Einkommen- und Klassensteuer einzustellen, dagegen den Gemeinden zwei Termine der in ihren Gemeindebezirken auf- fommenden Grund- und Gebäudesteuern zu überweisen, welche mit rund 57000 M in Ausgabe zu ftellen und an die Gemeindekassen abzuführen sind. Die Minorität der Kommission, bestehend aus den Abgg. Berlet und Jacobs, beantragt den Betrag von 526 400 M. unter Freilassung der 13., 14. und 15. Klassen- steuerstufe nach der Regierungsvorlage einzustellen. Eine weitere Minorität, bestehend aus dem Abg. Döbel, beantragt den Betrag von 545 000 # einzustellen, unter Erlaß von wei Terminen der Klassensteuer, also Erhebung der Klassen- feuer mit 10 Terminen. Nach längerer Debatte verwies der Landtag Kapitel V 1 und 2 an die Kommission zurüdck. er Rest des Einnahme- Etats, und ebenso der Ausgabe-Etat, mit Ausnahme des Kap. R, dessen Berathung zunächst ausgeseßt wurde, wurden mit geringen Abänderungen genehmigt. Jn der heutigen Sitzung wurde Kap. V 1. und 2. der Einnahmen nah dem Kom- missionsantrage (Erlaß von zwei Terminen Klassensteuer) ein- stimmig angenommen, ebenso der Antrag der Kommission, in welcher die Regierung ersucht wird, eine Reform der Klassen- und Einkommensteuer, sowie der Grund- L vorzubereiten und dem Landtag darüber Vorlage zu madhen. f

_ Anhalt. Dessau, 21. Juni. Der „Anh. St.-A.“ ver- öffentliht folgendes Bulletin : Die Besserung im Befinden Ihrer Hoheit der Frau Herzogin macht weitere erfreulihe Fortschritte. Der Schlaf ift meist ungestört. Die Hohe Patientin bringt bereits seit gestern mehrere Stunden im

Freien zu. Schloß Ballenstedt, 20, Juni 1889. Sanitäts-Rath Dr, Haring. Leibarzt Dr. Böttger.

Elsaß - Lothringen. Straßburg, 21. Juni. (Lds.- tg. f. Elf.-Lothr.) Der Kaiserliche Statthalter, Fürst zu ohenlohe-Schillingsfürst, ist gestern Abend hier

wieder eingetroffen.

Albert.

Die bei der diesjährigen Etatsberathung im Landez- aus\chuß ausgesprochene Hoffnung, daß auch das Finanz- jahr 1888/89 einen Ueberschuß ergeben werde, hat sich au zutreffend erwiesen. Bei dem am 10. d. M. bei der Landes: Hauptkasse stattgehabten Finalabshluß des am 31. März 1889 zu Ende gegangenen Etatsjahres hat s\ich ein effektiver Uebershuß von 1377133 # ergeben, welcher dem in der N Tagung des Landesaus\hussez vorzulegenden Etat für 1890/91 zu Gute kommt. Dieses Er: gebniß ist um so günstiger, als im Etatsjahr 1888/89 neben Zahlung der geseßlichen 1 proz. Schuldentilgungsquote noch 936 821 f für einen Schuldentilgungsfonds zurückgelegt worden sind.

Oesterreich - Ungarn. Wien, 21. Juni. (W. T. B) Das sozialdemokratishe Blatt „Gleichheit“ ist heute be- hördlih sistirt worden. Die Maßnahmen dürften mit den jüngsten Vorgängen in Steyr zusammenhängen.

22, Juni. (W. T. B.) Die Vorlagen, welche heute den Delegationen vorgelegt werden, umfassen: das gemein- same Budget von 1890; die Vorlagen des Auswärtigen Amts, betreffend die Nachtragskredite für 1889 zum Ankauf des neuen Botschasterpalais in Berlin (750 000 Fl.) zur Deckung der ersten Rate, Reparaturkosten für Wi Palazzo Venezia in Nom; die Nachtragsforderungen des Kriegsamts zum Ordinarium von 1888, das Ordi- narium und Extraordinarium von 1889 und die für Fort: sezung der 1887 begonnenen militärishen Vorsichtsmaßregeln bewilligten außerordentlihen Kredite, ferner Vorlagen, be- treffend die Erstreckungs- und Verwendungsdauer der legt: erwähnten und anderer militärischer Kredite, endlih die Schluß- rechnung pro 1887. Laut Voranschlag beträgt für das Ministerium des Auswärtigen: das gesammte Netto-Erforderniß pro 1890 4358500 Fl., gegen das Vorjahr um 159110 Fl. größer; für das Kriegs-Ministerium: das ordentliche Netto- Heereserforderniß 98 360 820 Fl., gegen das Vorjahr um 643165 Fl. größer; das Extraordinarium des Heeres 13 358 948 Fl. S das Vorjahr um 7 605 718 Fl. geringer, Das gesammte Netto-Erforderniß des Heeres 111 719 768 Fl, gegen das Vorjahr um 6962553 Fl. geringer; das gesammte Netto:Erforderniß der Kriegs:Marine 11 144 077 Fl,, gegen das Vorjahr um 74150 Fl. geringer; das gesammte Netto-Erforderniß des Kriegs - Ministeriums beträgt sona 122 863 845 FL., gegen das Vorjahr um 7 036 703 Fl. geringer. Gemeinsames Finanz-Ministerium: das gesammte Netto: Erforderniß beträgt 2000 963 Fl., gegen das Vorjahr um 5191 Fl. größer; für Rechnungskontrole Netto-Erforderniß 128 400 Fl., gegen das Vorjahr um 770 Fl. geringer. Das gesammte Brutto-Erforderniß pro 1890 beträgt 132 224339 Fl. Das gesammte NettoE-rforderniß beträgt 129 351 708 Fl., hiervon gehen ab die zunächst zur Bedeckung bestimmten mit 39953850 Fl. präli- minirten Zollübershüsse; es bleibt demnach ein Er- forderniß von 89397 858 Fl., hiervon gehen ab 2 Proz. zu Lasten Ungarns, bleibt Erforderniß 87 609 901 Fl., wovon 61 326 931 Fl. auf Desterreih und 26 282 970 Fl. auf Ungarn entfallen. Es ist somit der Quotenbeitrag Oesterreihs um 4 890 294 Fl., derjenige Ungarns um 2 095 840 Fl. geringer als 1889; die von Ungarn zu leistenden 2 Proz. sind dem- nach um 142 574 Fl. geringer. Das Netto:Erforderniß für die Truppen und Anjtalten in Bosnien und der Herzegowina beträgt 4570 000 Fl, also um 53 000 Fl. geringer. Es fommen zu Lasten Ungarns 2 Proz. mit 87 400 Fl., verbleiben also 4282 600 Fl., wovon auf Desterreih 2997 820 Fl., auf Ungarn 1 284 780 Fl. entfallen. Die verlangten Nachtrags- kredite betragen: Für das auswärtige Amt 800 000 Fl., für das Heer 3 761 386 Fl., zusammen 4 561 386 Fl., wovon nah Abzug von 2 Proz. zu Lasten Ungarns 3129 111 Fl. auf Oesterreih und 1341047 Fl. auf Ungarn entfallen. Die Steigerung des Heeres:-:-Ordinariums s haupî- sählich der Aufstellung von vierzehn {weren Batterien, wofür pro 1889 440 909 Fl. gefordert sind; das Eisenbahn- Regiment erhält ein drittes Bataillon. Die Hauptposten des Extra-Ordinariums sind die diesjährige Rate für die Repetir- gewehre, 6 000 000 Fl., einmalige Kosten; für obenerwähnte vierzehn {were Batterien 2020 000 Fl., für Kompletirung von 27 Jnfanterie-Regimentern auf normalen Friedensstand werden 693 000 Fl. gefordert, und zwar mit der Motivirung, daß die Verhältnisse, welhe im vergangenen Jahre zu der gleichen Maßregel drängten, unverändert fortbestehen; das Gleiche gilt von der Forterhaltung überkompletter Kavallerie und Artilleriepferde und Mannschaften. Für die diesjährige zweite und legte Rate für die Unterkunftsbaracken in Przemysl werden 662 100 Fl. gefordert. Der Hauptposten des Nachtragskredits des Kriegs - Ministers, 2674 000 Fl, wird für Barackenkasernen in Galizien verwendet, deren Gesammtkosten 7372200 Fl. betragen. Die Zoll- erträgnisse pro 1888 per 39 356 553 Fl. blieben hinter dem Voranschlag mit 2153 843 Fl. zurück. Der Voranschlag für Bosnien pro 1890 weist ein ordentlihes Erforderniß von 8 369 479 Fl., ein außerordentlihes von 1317162 Fl. auf. Total 9 686 641 Fl., hierfür Bedeckung von 9736 150 Fl, mithin ein Uebershuß von 49 509 Fl.

Kladno, 21. Juni. (W. T. B.) Die Gemeinde- behörde ordnete die Schließung aller Branntwein- shänken an und ersuhte um Errichtung einer ständigen Garnison. Eine Bekanntmachung der politishen Behörde untersagt jegliche Ansammlung von Menschen auf das

Strengste. Die Aufregung ist um so rofe, weil der Bürger-

meister abwesend ist; die Fahl der Verhafteten hat bereits vierzig überstiegen. Die Gerichtskommission nimmt unter militärishem Beistand Haussuhungen in Kladno, Drin und Motycin vor. :

21. Juni, Abends. (W. T. B.) Die Ruhe is} heute hier nicht gestört worden. Von den 55 verhafteten Personen sind 16 dem Prager Strafgericht eingeliefert worden.

Großbritannien und Jrland. London, 21, Juni. (Allg. Corr.) Der 52. L der Thronbesteigung der Königin wurde gestern in London und Windsor dur Beflaggung der öffentlihen Gebäude, Salutschüsse, Glocken- geläute 2c. festlih begangen.

Frankreih. Paris, 20. Juni. (Köln. Ztg.) Der Ministerrath beschloß, die Deputirtenkammer aufzu- fordern, nach dem Budget an erster Stelle das Militär- gese auf die Tagesordnung zu seßen und die Vorlage in der Fassung des Senats zu genehmigen.

22. Zuni. (W. T. B.) Dié konservativen Journale veröffentlichen ein Manifest der Deputirten der Rech- ten, in welchen sie ihre Beschwerden gegen die republikanische Majorität aufzählen und den Wählern anrathen, \ih im Namen Frankreihs und der Freiheit gegen die parlamenta- rishe Feudalität zu vereinigen.

Angoulême, 21. Juni. (W. T. B.) Jn der Pro- zeßverhandlung gegen Laguerre, Laisant und Dé- roulède sind heute die Plaidoyers beendet worden. Die Verkündigung des Urtheils wurde auf nähsten Mon- tag vertagt.

e a und Polen. St. Petersburg, 21. Juni. (W. T. B.) Ein vom 6./18. Juni cr. unterzeihhneter Kaiser- [iher Ukas stellt den Artikel 142 des Reihs-Grund- geseß-Codex, Ausgabe von 1857, wieder her und bestimmt, daß die Ehe eines Prinzen des Kaiserlichen Hauses, welcher das Recht auf die Thronfolge haben könne, mit einer, einem anderen Glauben Angehörigen nicht anders vollzogen werden dürfe, als nachdem Leßtere die orthodoxe Konfession ange- nommen habe.

talien. Rom, 21. Juni. (W. T. B.) Der König, die Königin und der Kronprinz sind nah Monza abgereist. Die Deputirtenkammer genehmigte in geheimer Sißzung das Budget des Ministeriums des Aus- wärtigen mit 153 gegen 32 Stimmen.

Niederlande. Haag, 22. Juni. (W. T. B.) Der Schah von Persien und sein Gefolge verweilten gestern Nachmittag hier ; bei dieser Gelegenheit fand offizieller Empfang statt. Bei dem Galadiner am Abend brachte der Präsident des Hohe Adelsraths, Graf Schimmelpenninck, im Namen des Königs und der Königin auf den Schah aus, welchen dieser mit einem Toast M die Gesundheit des Königs und der Königlichen Familie beantwortete. Nach dem Diner besuchte der Schah Scheve- ningen. Auf der Rückfahrt von dort gingen die Pferde des Königlichen Wagens, durh ein Feuerwerk ershreckt, dur ch, wurden aber glücklicherweise bald zum Stehen gebraht. Der Schah verließ den Wagen und seßte die Fahrt in der Equipage des Bürgermeisters fort.

Amsterdam, 22. Juni. (W. T. B,) Der Shah von Persien ist heute Nahmittag 12 Uhr 30 Minuten nah Belgien abgereist.

Serbien. Belgrad, 21, Juni. (W. T. B.) Nach einer Meldung der „Polit. Corresp.“ betont die Note des Minister- Präsidenten und Ministers des Auswärtigen, Gruic, an die serbischen Vertreter im Auslande, daß das serbische Volk die 500. Wiederkehr des historisch bedeutsamen Gedenktages der Schlacht auf dem Amselfelde feiern mußte. Die Gedenkfeier entbehre völlig eines politischen Hintergrundes und politisher Absichten. Weiter tritt die Note der Auffassung entgegen, daß dem Metropo- liten Michael eine politische Rolle zuzuschreiben sei, und hebt hervor, daß alle Kundgebungen Michael's einen aus\cließ- lih kirhlihen Charakter hätten. Schließlih wendet fich die Note gegen die Kombinationen, welche bezüglih Serbiens an den Toast des Kaisers von Rußland auf den Fürsten von Montenegro geknüpft worden seien. Die Annahme einer Rückwirkung dieses Toastes auf die dynasti¡che Gesinnung des serbischen -Volks oder maßgebender Kreise sei völlig unzulässig. Es sei shwer begreiflih, daß im Aus- lande die Verdrängung der gegenwärtigen Dynastie durch das montenegrinische Fürstenhaus in Erwägung gezogen werde. Betreffs der gestern beshlagnahmten Proklamation dauert die Untersuhung noch fort; dieselbe wird aufs Strengste geführt, und liegen erneute Beweise vor, daß die Sache von Fortschriltlern inscenirt ist.

Zeitungsstimmen.

Das jüngst veröffentlihte Programm über die von den Vehörden eingeleitete Untersuhung der von den westfäli- shen Bergleuten über ihr Arbeitsverhältniß erhobenen Beschwerden wird von den Blättern mit Beifall begrüßt. So sagt die „Deutsche volkswirthschaftlihe Cor- respondenz“:

„Da in dem betreffenden Fragebogen jede Einzelheit auf das fingueite berüdcksihhtigt ist, so wird diese Untersuchung ein ungetrübtes Vild der that\ählihen Zustände ergeten. Bekannte „Arbeiterfreunde“ ließen ihre Blätter {hon allerlei über das aus dieser Untersuhung gewonnene Malerial berichten, obwohl dieselbe noch nicht abgeschlossen ist, ja kaum begonnen hat. Dieser Schnellfertigkeit steht die Gründ- lihkeit und Genauigkeit sehr wohlthuend gegenüber, mit welcher die Staatsorgane vorgehen, und man darf erwarten, daß dieses Vorgehen zu allseitig befriedigenden Löfungen der dur die Beschwerde der Bergleute aufgeworfenen Fragen führen wird.“

Die „Weimarsche Zeitung“ äußert sih über den- selben Punkt: E

._. , . »Die Vernehmung der Arbeiter i so sorgsältig gesichert, daß man bestimmt erwarten kann, die Besbwerden derselben werden kräftig zur Geltung gebraht werden. Jedenfalls ist es erfreulich, daß die so dringend gewünschte und von maßgebender Stelle zu- N Untersuhung in so gründliher Weise in Angriff genommen wird,“

Und die „Weser- Zeitung“ schreibt zu derselben An- gelegenheit : i „Man wird zugestehen müfsen, daß die bei der Anordnung der Untersuchung ertheilte Weisung. gewissenhaft und gründlich bei den Ermittelungen zu verfahren, getreulich Beachiung gefunden hat. Auch von Seiten der Arbeiter wird cingeräumt werden, daß nihts verab- sâumt worden, um ein klares und wahres Bild von den thatsächlichen Verhältnissen zu gewinnen. Den Arbeitern selbst ist reihlich Gelegen- heit geboten zur Begründung der von ihnen erhobenen Klagen und Beshwerden, und indem ausdrücklih bestimmt ist, daß zu den zu vernehmenden Arbeitern auch die Delegirten der Belegschaften i dem Strike gehören sollen, zeigt sich, wie die Behörden ohne jede Voreingenommenheit an die ihnen übertragene Aufaabe herantreten. Eben weil es darauf ankommt, die thatsählihen Ver- hältnisse festzustellen, ist in erster Linie Gewicht auf die Vernehmung der Männer gelegt, die während des Ausstandes als Vertrauens- männer der Arbeiter fungirt haben. Auch is durch die Bestimmung, daß die Vernehmung der Arbeiter nicht auf den Gruben selbst statt- zufinden hat, Sorge getragen, daß dieselben frei von allen Rücksichten und unbefangen ihre Ansichten aussprehen können, Das Schema, das aufgestellt ist für die einzelnen Punkte, auf welche si die Unter- suhung der Lohnverhältnisse, der Schichtdauer u, st. w. zu erstrecken hat, bekundet, daß man si auf ein umfangreihes Material gefaßt mahen muß, dessen Zusammenstellung und Bearbeitung einige Zeit in Anspruch nehmen wird.“

den Toast |

Die „Kölnische Zeitung theilt als ein Zeichen von dem Bestreben wohldenkender Arbeitgeber, nähere Fühlung mit den Arbeitern herzustellen, folgende Bekanntmachung einer

großen Lederfabrik in Worms mit:

„An unsere Arbeiter! Die derzeit bestehende Fabrikordnung ist nicht mehr zeitgemäß. -Wir haben daher eine neue Fabrikordnung entworfen, welhe wir mit einem Ausschuß, zusammengeseßt aus Werkführern, Aufsehern und Arbeitern, berathen wollen. Dieser Aus- {uß soll bestehen: 1) aus den vier ältesten Werkführern der ver- schiedenen Fabrikations;weige, 2) aus vier von. uns ernannten Auf- sehern, 3) aus aht Arbeitern, welche von den mindestens fünf Jahre in unseren Fabriken beshäftigten volljährigen, männlihen Arbeitern aus deren Mitte zu wählen sind. Der auf diese Weise gebildete Ausschuß tagt unter dem edt eines der Fabrikinhaber. Schrift- führer ist der Vorstand des Bureaus für Arbeiterangelegenheiten. Die Wahllisten werden alsbald aufgestelt und der Tag fowie die Form der Wahl noh näher bekannt gegeben. Die von den Arbeitern ewählten aht Personen bilden sofort einen Arbeiteraus\{chuß, welcher ch, so oft es nôthig erscheint, mindestens aber alle vierzehn Tage, unter dem Vorsiß eines der Fabrikinhaber oder eines Stellvertreters versammelt, um innere Angelegenheiten zu besprehen. Indem wir unseren Arbeitern hiervon Kenntniß geben, erwarten wir eine rege Betheiligung an der Wahl. Worms, am 15, Juni 1889, Dörr und Reinhart.“

Die Wahl fand inzwischen unter Betheiligung sämmtlicher in der Fabrik auwesender Wähler statt, womit die Arbeiterschaft den Beweis geliefert habe, daß sie volles Verständniß für das Gebotene hat. Die beiden Aus\{chüs}se sind gebildet. Der Arbeiterauéshuß tritt noch im Laufe dieser Woche zusammen. Im Verein mit den Fabrikinhabern werde es seine vornehmste Pflicht sein, das seitherige ungetrübte Ver- hältniß voc Störung zu bewahren. Dur die Bildung des Arbeiter- aus\chu}ses finde selbnivecständlih in dem persönlihen Verkehr mit den Fabrikinhabern, wie dieser von lange her gepflegt wurde, keinerlei Unterbrehung ftatt.

Statistische Nachrichten.

Vermögensrechtlihe Prozesse.

Hinsichtlih der in den Jahren 1886 und 1887 und der im Jahresdurchschnitt 1881/85 in erster Instanz anpngig gewordenen vermögensrechtlichen Prozesse entnehmen wir der im Reichs-Justiz- amt bearbeiteten „Deutschen Justiz-Statistik“ Folgendes:

Es sind anhängig geworden bürgerliche Rechtsstreitigkeiten in erster Instanz bei den Amtsgerichten, und zwar :

Anboua Arreste und

Durch- ordentlihe Wechsel- , einstweilige \hnitt Prozesse Prozesse e Ver-

fügungen

1881/85 957736 93973 7613 78 166

1886 999 932 105 776 4570 58 426

1887 1005705 106988 4255 55 693 bei den Landgerichten (Civilkammern und Kammern für Handels-

sachen), und zwar: Arreste und

Durch- ordentliche : er: \ c einstweilige shnitt Prozesse Viifügungen 1881/85 109 874 11101 1886 107 824 30 847 2978 9948 1887 107 166 30 382 2498 10 287 bei den Amtsgerichten und Landgerichten zusammen, und zwar:

; dere Arreste und Durch- ordentlihe Wechsel- an ; : N ‘nitt Prozesse vrozesse Urkunden einstweilige

prozefse Verfügungen

1881/85 1067610 124359 11 837 89 267 1886 11077566 136623 7 548 68 374 1887 1112871 137 370

andere Urkunden- prozesse 4224

Wehsel- Prozesse 30 386

6 753 65 980 Die Zahlen der vermögensrehtlichen Prozesse während der Jahre 1886 und 1887 zeigen gegen den Durchschnitt 1881/85 eine geringe Abnahme, die sih auf 0,3 bezw. 0,9 %/o belief. Die einzelnen Ober- Landesgerichtsbezirke weisen erheblihe Verschiedenheiten auf. Es hat gegen den Durchschnitt 1881/85 die Prozeßzahl viel stärker als nämlih um mehr als oder doch nahe an 10% in beiden Jahren abgenommen in Kassel, Karlsruhe, Oldenburg und Stettin, Schwächer, aber doch er- heblih über dem Reichtdurchschnitt, war die sih um 5 9/0 bewegende Abnahme in beiden Jahren in Augsburg, Bamberg, Celle, Köln, Frankfurt und Hamm, im Jahre 1886 in München und Stuttgart, 1887 in Darmstadt und Kiel. Abweichend vom Reiche haben in beiden Jahren die Prozesse, und zwar um mehr als 5 9/0 zugenommen in Berlin, Braunschweig, Breslau, Königsberg, Nürnberg, Posen und besonders in Zweibrücken. Bei Vergleichung mit den einzelnen Jahren seit 1881 findet sich, daß im Reiche in den Jahren 1886 und 1887 die bis dahin anhaltend absteigende Bewegung nicht fortgedauert hat ; ihre Zahlen stehen zwishen denen von 1883 und 1884, Es be- tragen nämlich die Unterschiede der Zahlen : i von 1882 gegen 1881: 459147 oder 1,4 9/0 des Vorjahres 1988. 1882) 324600 O s « 1884 „, 1883: —69639- „2, s y 185 „, 1884: —15408 0, s s «„ 186 „, 1885: 466691 2, é A «e 187 „, 1886: —17336 0,6 è ü Es zeigt daher gegenüber tem Jahre 1881, dem prozeßreichsten der ganzen Reibe, das Jahr 1886 nur eine Abnahme von 3 °/o, 1887 eine jolhe von 3,5%. Von den einzelnen Bezirken haben mehrere sogar eine höhere Prozeßziffer als im Jahre 1881, nämlich in beiden Jahren Berlin, Breslau, Dresden, Königsberg, Naumburg, Nürnberg, Posen und Zweibrücken, im Jahre 1887 Jena und München. Von befon- derem wirthshaftlihen Interesse ist die Zahl der Wechsel.prozesse, welche im wesentlichen als übereinstimmend mit der der anhängig ge- wordenen Ansprüche aus Wechseln angenommen werden darf. Indeß ist nit ohne Weiteres aus einer Vermehrung der Wechselklagen auf cine Vershlehterung der wirthscaftlicben Lage zu \{ließen. Sie kann auf bloßer Steigerung des Wechselverkehrs und diese niht nur auf einem lebhafteren Umsay in Hantel und Gewerbe, sondern auch auf einem vermehrten Gebrau des Wechsels in anderen Kreisen der Be- völkerung beruhen. Die Zahl der Wecbselprozesse hatte 1882 gegen 1881 um 10% ab-, von da ab allmählih zugenommen. Diese Steigerung hat 1886 und 1887 angedauert, sodaß die bisher nicht erreihte Zahl des Jahres 1881 im Jahre 1886 übertroffen ist und das Jahr 1887 gegen 1881 eine Zunahme um 3 0/0 aufweist, Bei Vergleihung mit dem Jahresdurhshnitt 1881/85 steht im Jahre 1886 der Abnahme der Rechtestreitigkeiten überhaupt um 0,3 9/0 eine Vermehrung der Wechselprozesse um 12 264 oder 9,9 9%/ gegenüber ; im Jahre 1887 i die Zahl gegen 1886 nur um 747 oder 0,59% gestiegen. Diese Steigerung fällt allein auf die Amts- gerihte. Die Landgerichte zeigen gegen den Durchschnitt 1881/85 im Jahre 1886 nur eine- geringe Zunahme (+ 1,19/0), an deren Stelle 1887 eine Abnahme (— 1,19/) tritt. Beide Jahre bleiben wie hinter 1881, so au binter 1885 zurück. Bei den Amtsgerichten dagegen beträgt die Vermehrung gegen den Durhschnitt 1881/85 im Jahre 1886 12,59% und im Jahre 1887 13,8 "/0; die Zahl von 1881 ift 1887 um 5,7 9/0 übertroffen. Hiernach tritt, sofern man unter Ausschluß des Jahres 1881 die 0B von 1882 bis 1887 überblidt, bei den Wechselprozefsen überhaupt und in nech höherem Grade bei den amtsgerihtlihen die Tendenz zur Siearuna hervor, während in den Schwankungen bei den Landgerichten si eine Neigung zur Beharrung geltend mat. Diese Erscheinung ist um so beahtens- werther, als gerade im Wechselprozeß die Einklagung höherer Streit- H ci dem au sich unzuständigen Amtsgericht, sowie auch eine solche von Theilbeträgen der gann Mare in erheblihem Umfang niht an- zunehmen, auch die Möglichkeit des Mahnverfahrens ohne praktische Bedeutung ist, somit der Scheidung der Wechselprozessc in amts- und landgerichtliche die Anzahl der zur Einklagung gelangten Wechsel bis

die des Reiches im Ganzen,

zu 300 # und von mehr als 300 Æ entspriht. Wenn sonach cin ftärkeres Umsichgreifen des Verkehrs mit kleinen Wechseln nit zu verkennen ist, so kann dies auf einem stärkeren Gebrau des Wechsels im kleinen Handels- und gewerblihen Verkehr, aber auch auf einer zunehmenden Neigung beruhen, den Wechsel über seinen nähsten Zweck hinaus für Schulden des allgemeinen bürgerlichen Verkehrs als Form der Verpflihtung zu benüßen. Die Zahl der anderen Urkunden- prozesse ist gegen den Durchschnitt 1881/85 im Reih zurüdck- gegangen, und zwar bei den Amte- und Landgerihten zusammen im Jahre 1886 um 36,3 9/0, 1887 um 43,0%; gegen 1881 hat das Sahr 1887 eine Abnahme von 57,9%. Die mit dem Jahre 1882 beginnende Abnahme ist bei den Amts- und bei den Landgerihten

eine stets fortschreitende geblieben; nur das Jahr 1884 macht hinsiht-

lich der Amtsgerichte eine Ausnahme. Bei den Arresten und

einstweiligen Verfügungen hat die in früheren Jahren als

ein günstiges Anzeihen der wirthschaftlichGen Lage sih fkenn-

zeihnendz Abnahme fortgedauert. Sie belief #sich gegen-

über dem Durchschnitt 1881/85 1886: bei déèn Amtsgerihten auf 25,3 9/0, bei den Landgerihten auf 10,4%, überhaupt auf 23,5 %%o;

1887; bei den Amtsgerihten auf 28,8 9%, bei den Landgerichten auf 7,4 9/0, überhaupt auf 26,1 %/. Abnorm gegenüber dem Gesammt-

verhältniß des Reichs erscheint Kiel, woselbst 1886 eine Zunahme und

1887 nur eine sehr aeringe Abnahme zu finden ist. Im Uebrigen baben wie im Reich so auch in den meisten Bezirken die Zahlen von

1886 gegen den Durchschnitt und 1887 wieder gegen 1886 abgenom-

men. Eine Zunahme im Jahre 1887 gegen das Vorjahr, doch so,

daß die Zahlen hinter dem Dur{schuitt zurückbleiben, ift zu bemerken

in Braunschweig, Colmar, - Darmstadt, . Frankfurt, Karlsruhe, Posen

und Stuttgart. Hierunter sind Bezirke, in denen 1886 eine Zunahme,

und solche, in denen cine Abnahme der vermögensrechtlichen Prozesse

gegenüber 1886 stattgefunden hat. Ueber 30 9/9 betrug die Abnahme

in beiden Jahren in Augsburg, Bamberg, München, Stuttgart und

ga Diesen Bezirken {ließen sich an Karlsruhe, Nürnberg,

Zweibrücken und Hamburg. Von den übrigen hat. nur noch Darm-

stadt den Prozentsaß des Reichs übertroffen. Dagegen betrug die Abnahme

weniger als 10 9% in Breslau und Kiel, 1886 auch in Kassel, Naumburg

und Rostock, während die Abnahme in Berlin, Köln, Dresden, Marien-

werder und Stettin nur wenig hinter der des Reichs zurückblieb. Eine fortschreitende Abnahme seit 1881 zeigen nur noch Augsburg, Bam-

berg, Köln, Dresden, Hammin München, Naumburg, Nürnberg, von

1882 an Celle und von 1883 an Stettin.

Kunft und Wissenschaft.

Veber Bilder-Erwerbungen des Goethe-Hauses in une a. M. berichtet Otto Donner von Richter in der „Kunst ür Alle* Folgendes: Das freie deutshe Hochstift in Franttue! a. M. hat durch die Gunst zweier Gönner, der Herren Konsul Beer und Victor Mößinger als Geschenke für das Goethe-Haus zwei Gemälde erhalten, welche ihre Entstehung dem kunstliebenden Grafen Thorane verdanken, der bekanntlich im Goethe'schen Hause einguartiert war und ein Maler-Atelier in demselben einrihten ließ. Die beiden Gemälde sind Landschaften von ca. 70 cm Länge und entsprechender Höhe. Beide stellen Waldlandschaften vor mit etwas Wasser im Vordergrunde, einzelnen Baumgruppen, wie wir sie am Rande eines Waldes finden, den Blick ins flache Land ofen lassend. Die cine ist in Morgenbeleuchtung, die andere in Abendlicht gehalten, beide, namentli die erstere, in An- lehnung an die alten Niederländer, von ganz vortrefliher, gewifsen- hafter Ausführung und sehr s{höner Farbenwirkung, Leistungen, wie sie Shüß nit häufig zu Stande brachte, sodaß man wohl fühlt, daß er sih hier bemühte, sein Bestes zu thun. Zahlreiche Kühe und Ochsen, Schafe und Ziegen bewegen sh in den Landschaften, theils zur Tränke gehend, theils sich im Walde zerstreuend. Die Figuren dagegen sind nur in geringer Zahl angebracht. Aaf der Morgenlandschaft sit nur am Rand die Hirtin mit einem Buben, auf der Abendlandschaft jagt im Vordergrunde ein Iunge mit erhobenem Stock einige Thiere weg, und im Hintergrunde sieht man noch einige kleine Figuren. Diese Gemälde sind wahre Illustrationen jerer Mittheilungen, in welchen Goethe voll Humor erzählt, wie Graf Thorane auf den Einfall kam, die verschiedenartigen Talente der Künstler, die für ihn arbeiteten, wie der Landschaftsmaler Schüß, der Thiermaler Hirt, der Figuren- maler Seekatz, innerhalb eines und desselben Rahmens zu verwenden. Man malte in fertige Landschaften noch schône Heerden hinein, die aber so umfangreich waren, daß bald die weiteste Landschaft zu eng reard. Da aber der Menshenmaler auch noch Hirten und Wanderer hineinzeihnen mußte, so nahmen si diese wiederum die Luft. Diese von Goethe gegebene Schilderung paßt auch zu den oben erwähnten beiden Gemälden. Nicht minder entspriht die Technik jener der muthmaßlichen Autoren: des Thiermalers Hirt und des Figuren- malers Seekatz, welche hier Alle offenbar ihr Bestes leisteten. Das Mittelzimmer des zweiten Stockwerks, welches zwischen dem Arbeitszimmer des alten Herrn Rath und dem Schlafzimmer des Ehepaars lag, war das sogenannte Gemäldezimmer, und in diesem wurden die beiden, für das Goethe-Haus so werthvollen Gemälde aufgehängt; zugleih mit ihnen einice von der Auéftelluncékommission erworbene kleinere Ge- mälde von Schütß, Seekatß und Trautmann, sodaß der Besucher des Goethe- Hauses nunmehr ein Stück der Iugendgeschichte des Knaben Wolfgang in demselben zur Anschauung gebracht findet.

Literatur.

Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten nebst den ergänzenden und abändernden Bestimmungen der Reichs- und Landesgeseßgebung. Mit Erläuterungen von den Reichs- gerihts-Räthen Rehbein und ReinckDe. 4 Auflage. II. Band. Verlag von H W. Müller in Berlin. Dem vor wenigen Wochen veröffentlihten ersten Bande if der zweite {nell nachgefolgt. Die Vorzüge des Werkes: knappe übersihtlihe Zusammenstellung des massenhaften Rechtsstoffes in den Gesetzestexten, reihe Belehrung und Anregung in den beigegebenen Erläuterungen, die überall den inncren Zusammenhang der landrechtlihen Bestimmungen hervor- heben, das Eingreifen der neueren und neuesten Gefeßgebung scharfsinnig erörtern, sowie die Quintessenz der höchstgerihtlichen Entscheidungen in präziser Form bieten, werden von Juristen und Verwaltungsbeamten, wie von allen Anderen, denen es um die Kenntniß des vaterländischen Rechtes zu thun ist, gewiß anerkannt und gewürdigt werden.

Land- und Forstwirthschaft.

Die Holzverwerthung hat!e in den leßten drei Monaten im Regierungsbezirk Königsberg im Ganzen günstige Ergebnisse, und es fd namentlih für die in den Fernhandel gelangenden werthvollen Eichen- und Kiefern-Lang-Nußhölzer höhere Preise als je zuvor erzielt. Dem Wildstande hat der leßte s{hneereihe Winter bier wiederum bedeutenden Abbruch gethan, sodaß derselbe nur bei einer mehrere Jahre dauernden Ermäßigung des Abschusses wieder auf seine ursprüngliche Höhe wird gebraht werden können.

Gewerbe und Handel.

Berlin, 22. Juni. Amtliche Preisfeststellung für Butter, Käse und Shmalz. Butter: Hof- und Genossen- \chaftsbutter Ia. 97—100 Æ, Ila. 93—96 M, IIlla. 89—92 M, do. abfallende 85 AÆ, Land-, Preußishe 80—83 #4, Nehbrücher 80—83 Æ, Pommer})che 80—83 4, Polnishe 80—83 H, Bayerische Sennbutter —, do. Landbutter &Æ, Schlesishe 80—83 K, Galizishe 72—75 4 Margarine 45—70 4 Käse: Schweizer Emmenthaler 85—90 #, Bayerischer 60—70 „#, do. Ost- und Wests preußisher Ia. 60—65 Æ, do. Ila. 45—60 M B 75—85 Æ, Limburger 32—38 H, Quadratmagerkäse 16— M Schmalz: Pri:na Western 17 9% Ta. 42,50 4, reines, in Deutsch- land raffinirt 46,00 46, Berliner Bratenschmalz 48,50—51,50 4 Fett, in Amerika raffinirt 42,00 4, in Deutschland raffinirt 44,00—