1889 / 151 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 28 Jun 1889 18:00:01 GMT) scan diff

der Rechtsanwalt Jaenisch in Groß-Wartenberg zum Notar für den Bezirk des Ober-Landesgerichts zu Breslau, mit Anweisung seines Wohnsißes in Groß-Wartenberg, er- nannt worden.

Aichtamlkliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 28. Juni. Die Kaiserlichen Majestäten wohnten gestern Vormittag um 11/4 Uhr in der Pfarrkirche zu Sigmaringen der Trauung Sr. Durchlaucht des Erbprinzen von Hohenzollern mit Jhrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Maria Theresia von Bourbon bei und nahmen demnächst an dem aus Anlaß dieser Feier stattfindenden Gala- diner im Schlosse Theil. Abends 10 Uhr traten Beide Kaiserlichen Majestäten, von der Fürstlih Hohenzollernschen Familie und den Höchsten Gästen auf den Bahnhof geleitet, die Rülreise von Sigmaringen an. O

Heute früh um 8 Uhr verabschiedete Se. Majestät der Kaiser Sich auf der Station Ebenhausen von Jhrer Majestät der Kaiserin, Allerhöhstwelche Sih von dort zum Kurgebrauche nach Kissingen begab, während Se. Majestät die Reise über Erfurt und Magdeburg nach der Wildparkstation bei Potsdam fortseßte, wo die Ankunft für heute Nachmittag 41/4 Uhr in Aussicht genommen ist.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin traf, wie „W. T. B.“ meldet, heute Morgen 8 Uhr 25 Minuten in Kissingen ein und wurde am Bahnhofe vom Regierungs-Präsidenten Grafen von Luxburg, sowie von den Spigen der Behörden der Stadt empfangen. Ferner waren Se. Königlihe Hoheit der Herzog von Edinburg und eine große Zahl der zur Zeit hier anwesenden Fremden gegenwärtig. Jhre Majestät fuhr alsbald unter Hochrufen der Spalier bildenden Menschenmenge dur ch die festlih geshmüdckte Stadt nah der Königlihen Saline.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin Augusta ist gestern Abend mit Umgebung im Residenzshlosse zu Koblenz eingetroffen. E

Den Kammerherrendienst hat der Königlihe Kammer-

herr und Schloßhauptmann Graf von Merveldt übernommen. -

Die vereinigten Ausshüsse des Bundesraths für das Landheer und die Festungen und für Eisenbahnen, Post und Telegraphen hielten heute eine Sigzung.

Durch die Bestimmung des Tarifs zu dem Reichs- stempelabgabengesez vom 29. Mai 1885 4B. Anmerkung : „Kauf- und sonstige Anschaffungsgeschäfte über im Julande von einem der Kontrahenten erzeugte oder her- gestellte Mengen von Sachen oder Waaren sind steuerfrei“ find nach einem Urtheil des Reichsgerichts, 1V. Civil- senats, vom 15. April d. J., die darin bezeichneten Geschäfte von jeder Steuer, auch von der Landessteuer befreit. Sie unterliegen in diesem Falle insbesondere nicht dem preu- bischen Werthstempel für Lieferungsverträge und für die diesen Verträgen gleihstehenden Werkverdingun gs verträge übex die Herstellung bewegliher Sachen.

Ein Bauschr einer, welcher als solher Mitglied einer

Holz-Berufsgenossens haft ist, führt im Nebenbetriebe (ver- gleiche 8. 9 Absay 3 des nere Himmer- arbeiten aus. Die Frage, ob dieser Gewerbetreibende, welcher in seinem Gesammtbetriebe nicht regelmäßig wenigstens einen Lohnarbeiter beschäftigt (vergleihe den Bescheid 721), mit Rücksicht darauf, daß die Zimmerer den Baugewerks-Berufs- genossenschaften zugetheilt sind, wegen der Ausführung von immerarbeiten von der örtlih zuständigen Baugewerks- Þ r e O zur Selbstversiherung nah §8. 2 Absay 2 des Bauunfallversicherungsgeseßes und beziehungsweise der auf Grund dieser Gesetesstelle erlassenen statutarishen Bestimmung S werden könne, hat das Reihs-Versicherung 8- amt (Nr. 722) in verneinendem Sinne beantwortet (zu ver- gleichen die Bescheide 536 und 652, „Amtliche Nachrichten“ des R.-V.-A.“ 1888 Seite 248 und 1889 Seite 119). Ein Gewerbetreibender der erwähnten Art, welcher mit seinem Hauptbetriebe einer anderen industriellen Berufs- enossenschaft zugehört, i} für seine Person weder bei der eßteren, noch bei der Baugewerks-Berufsgenossenschaft ver- siherungspflihtig und nur dann und insoweit zur Selbst- versicherung berechtigt, als das Statut derjenigen Berufs- genossenshaft, bei welher sein Gesammtbetrieb katastrirt ist, eine desfallsige Bestimmung enthält (zu vergleihen §8. 2 Absatz 2 des Unfallversicherungsgeseßes).

Ueber die Behandlung der von den Sektionen einer landwirthschaftlihen Berufsgenossenshaft für. die Heilung von Verxrleßzten innerhalb der ersten dreizehn Wochen nach dem Unfall aufgewendeten Kosten hat si das Reichs - Versiherungsamt unter dem 30. April d. J. (Nr. 723) dahin ausgesprochen, daß derartige Kosten, da sie durch die Sektionsverwaltung an ih nicht bedingt, vielmehr dazu bestimmt und im Allgemeinen auch geeignet sind, eine Ermäßigung der geseßlich zu leistenden Entschädi- gungen herbei n nicht als Verwaltungskosten, sondern nah den für die Aufbringung der Entschädigungsbeträge bestehenden statutarishen Bestimmungen umzulegen sind. Vergleiche Rundschreiben vom 18. März 1887 und vom 24. Oktober 1888, „Amtlihe Nachrichten des R.-V.-A.“ 1887, Seite 55 und 188 Seite 340), Nach §. 23 des Statuts der betreffenden Beruf8genossenschaft fallen die Entschädigungs- beträge zu 50 Proz. derjenigen Sektion zur Last, in deren Bezirk der Unfall eingetreten ist ; dentéhtf rehend muß auch die Vertheilung der in Rede stehenden eilungsfkosten bewirkt werden, auf welche daher der 8. 15 des L avg M4 statuts, wonah die Sektionen ihre Verwaltungskosten allein u tragen haben, keine Anwendung findet. Wenn in dem undschreiben vom 18. März 1887 angeordnet is, daß Auf- wendungen der in Rede stehenden Art als „laufende Ver- waltungskosten“ in den Rehnungsergebnissen zu „buchen“ sind, so kann durch diese formale Bestimmung die sachliche Natur der Aufwendungen niht abgeändert werden. ZONgens beruht jene Anordnung nur auf dem äußeren Grunde, daß die betreffenden Kosten der ersten dreizehn Wochen niht in eine Spalte der Rehnungse genie aufgenommen werden können, welche die Kosten nah Ablauf der ersten drei- zehn Wochen nahweist.

Der hiesige japanische Gesandte, Marquis Saïonzi, hat \sich auf einige Wochen nah Brüssel begeben. Während der Abwesenheit desselben von Berlin fungirt der erste Legations-Sekretär Jnouye als interimistisher Geschäfts- träger.

Der Commandeur der 2. Garde-Jnfanterie-Division, General-Lieutenant von Kaltenborn - tachau, ist aus dem Manöverterrain hierher zurückgekehrt.

Der Remonte-Jnspecteur, General-Lieutenant Freiherr von Troschke, hat sich auf Dienstreisen begeben.

Das Ablösungs-Kommando - für S. M. Kreuzer- Korvette „Carola“ ist unter Führung des Kapilän-Lieute- nants Hobein am 26. Juni cr. von Bremerhaven in See gegangen.

Kiel, 27. Juni. (W. T. B.) Jhre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Heinrich begaben sih heute Abend mit dem jungen Prinzen Waldemar nah Mainz, von wo Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich am Sonntag hierher zurückehren wird.

Sigmaringen, 27. Juni. (W. T. B.) Bei der heu- tigen Galatafel brahte Se. Majestät der Kaiser das Hoh auf das neuvermählte hohe Paar aus. Se. Hoheit der Für st von Hohenzollern dankte Sr. Majestät dem Kaiser für Sein und Allerhöchstseiner Gemahlin Erscheinen zu den Ver- mählungsfeierlihkeiten. Als sih die hohe Tischgesellshast nach Aufhebung der Tafel auf die Terrasse begab, brach ein starkes Gewitter los. Die Fürstlichkeiten zogen sich in Folge dessen zurück, blieben jedoh bei einander. Später machten Jhre Majestäten mit der Fürstin und der Erbprinzessin von Hohenzollern im offenen Wagen eine Rundfahrt durch die Stadt, von der Bevölkerung mit enthusiastishen Zurufen be- grüßt. Nach der Abendtafel um 10 Uhr begaben Sich Jhre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin, von allen anwesenden A begleitet, nah dem Bahnhofe. Se. Majestät der

aiser reist direkt nah Potsdam. Jhre Majestät die Kaiserin begleitet Allerhöchstdenselben bis nah Ebenhausen und geht von. dort nah Kissingen.

Württemberg. Stuttgart, 27. Juni. Während Se. Majestät der Kaiser gestern Vormittag Vorträge entgegen- nahm, besuhte Jhre Majestät die Kaiserin, geführt von Jhrer Kaiserlichen Hoheit der Herzogin Wera, die Olga-Heil- anstalt, die Krippe in der Kasernenstraße und die Diakonissen- anstalt. Jhre Majestät legte das größte Jnteresse für die Einrichtungen an den Tag und exrkundigte Sich aufs Ein- gehendste nah allen Einzelheiten. Hierauf machten Jhre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin Bejuche bei den Mitgliedern der Königlichen Familie und anderen Fürstlichkeiten und nahmen sodann an der Tafel Theil, zu welher Jhre Königliche Hoheit die Frau Prinzessin Catharine von Württemberg die sämmt- lihen Fürstlihen Besuhe Sr. Majestät eingeladen hatte. Nachmittags fand im Park Rosenstein und in der Königlichen Wilhelma ein Gartenfest statt, zu welhem auf Befehl Sr. Majestät das Oberst:Hofmeisteramt gegen 4000 Einladungen an Personen in allen Theilen des Landes und Angehörige aller Stände und Berufsarten hatte ergehen lassen. Um 4 Uhr fuhren die Majestäten zum Feste, wiederum, wie bei der Parade ,{ Se. Majestät der König mit Sr. Majestät dem Kaiser, Jhre“- Majestät die Königin mit Jhrer Majestät der ' Kaiserin: überall vom Volke mit end- losem Jubel ‘begrüßt. Ganz dem Charakter eines Garten- festes entsprechend, verlief das Fest in einer durhaus zwang- losen Weise. Unvermuthet erschienen die Majestäten da und dort unter der Gesellschaft, die sih rash zu beiden Seiten der Gänge und Wege aufstellte. Es war wohl ersichtlich, daß es Jhre Majestäten sich angelegen fein ließen, an diesem Tage durch sfreundlihe Ansprachen besonders auch solche auszuzeihnen, die nicht bei Hofe vorgestellt sind. Wo ganze Gruppen sih gebildet hatten, wie bei den bürger- lihen Kollegien, bei den Angestellten des Hoftheaters u. A., verweilten die Majestäten in längerem Gespräch. Fn den großen Festsälen beider Schlösser spielten Kapellen zu dem Tanze, dem troß des heißen Junitages eifrig gehuldigt wurde. Gegen 6 Uhr erfolgte der Aufbruch Fhrer Majestäten, der zugleih die Abreise der Hohen Kaiserlichen Besuche bedeutete. Wieder fuhren der König mit dem Kaiser, die Königin mit der Kaiserin durch die mit Tausenden beseßten An- lagen unter nicht endenwollenden Hochrufen. Die Wagen fuhren am Bahnhof in Stuttgart vor, wo Jhre Majestät die Königin sich von dem Kaiserpaare verabschiedete, während Se. Majestät der König mit dem Großherzog von Baden und dem Prinzen von Weimar bis zur Abfahrt des Zuges bei dem Kaiserpaare verweilten... Jm Laufe des Abends und der Nacht ist alsdann au die Mehrzahl der anderen Fürstlichen Gäste abgereist.

Baden. Karlsruhe, 26. Juni. (Karlsr. Ztg.) Heute Vormittag traf Se. Hoheit der Erbprinz Friedrich von Anhalt hier ein.

Hessen. Mainz, 28. Juni. (W. T. B) Jhre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Heinrich sind mit dem Prinzen Waldemar heute Mittag ier eingetroffen und wurden auf dem Bahnhofe von

r. Königlichen Hoheit dem Großherzoge von Hessen und Jhrer Großherzoglihen Hoheit der Prinzessin Alix empfangen. Auf der Fahrt nah dem Schlosse wurden die Herrschaften von dem zahlreihen Publikum freudigst be- grüßt. Heute Abend findet großer Zapfenstreich statt.

Oesterreich - Ungarn. Wien, 27. Juni. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung des Ausschusses der unga- rishen Delegation für auswärtige Angelegenheiten stellte der Referent Falk drei Fragen: „Wie verhält es sich mit den Unruhen in Novibazar?“ „Welche Form hatten die in der Thronrede erwähnten Wer O N der serbishen Regentschaft?“ „Dürfen die Bulgaren hoffen, daß mit der fortschreitenden Konsolidirung ihrer Verhältnisse der Zeitpunkt für die Anerkennung des Fürsten näher rüdckt?“ Nachdem sich verschiedene Redner über diese Punkte geäußert, ergrif}} Graf Käálnoky das Wort. Zunächst bemerkte er bezüglih der angeblihen Unruhen in Novibazar, das Ministerium habe keine direkte Nachriht aus dem Sandschak erhalten. Sofern die Nachriht von E O richtig sei, könne es sich in keinem Fall um eine jerbishe Bewegung handeln, allenfalls um eine muhammedanische, in Folge grund-

loser Gerüchte von der Abtretung des Sandschaks an Serbien. Der Minister trat weiter den jüngsten pessimistishen Auffassungen entgegen , Vergleiche aivtiten der heutigen Stellung Oesterreïih-:Ungarns bezüglih der Balkan-Staaten und jener im ersten Jahre nah dem Berliner Kongreß könnten nur einen befriedigenden Unterschied ergeben. Die Politik Desterreich Ungarns zu Gunsten einer stetigen Ent- widckelung und Kräftigung der Balkanstaaten aus ih selbst, sowie die Fernhaltung jeder fremden Einmischung könne nur langsame Resultate ergeben. Die Nachgiebigkeit der Regierun gegenüber wiederholten drängenden Jmpulsen- hätte s{hwerli bessere Erfolge erzielt. König Milan's lange gefaßter Ent- {luß der Thronentsagung sei bei der Willensstärke des Königs nicht bintanzußalien gewesen, die Regenten seien moralisch verpflichtet, das Land dem jungen König einst geordnet zu übergeben. Ristic vereine hohe Autorität mit Erfahrung und Klugheit. Was die Form der Zu- siherungen Serbiens betreffe, so handle es sich um feier- lihe Erklärungen, wie solche bei Thronwechseln und ähnlichen Anlässen vorzukommen pflegten. Die Zusicherungen hätten ungewöhnlich präzise gelautet und seien spontan erfolgt; dies flôóße Vertrauen ein. Die Aufregung in Serbien werde O hoffentlih bald legen. Was die Nachricht von einer serbi\ch- russischen Konvention angehe, so schenke er dem kategorischen Widerspruche der serbischen Regierung Glauben. Die beifällige Aufnahme des Passus der Thronrede über Bulgarien flöóße ihm Besriedigung ein; die Bulgaren be- währten die erforderlihen Eigenschasten zur Be- gründung eines geordneten vielversprechenden Staatswesens. Die ehrende Anerkennung ihrer Be- strebungen möge die Bulgaren in der Hoffnung erhalten, durch Ruhe und Ausdauer schli-ßlich aus der nicht ganz un- verschuldeten schwierigen Lage herauszukommen. Ob die vor- s{chnelle Wiederanregung einer shlummernden Frage den Bul- garen Vortheil bringen werde, möge dahin gestellt bleiben. Oesterreih:Ungarn etbebe keinerleiSchwierigkeiten gegen die Rege- lung der ostrumelischen Frage. Eine einseitige Anerkennung des Zu standes Bulgariens würde von problematischer Wirkung sein, ein prinzipielles Hinderniß sei hier niht vorhanden. Auf welcher Seite die Schuld des Scheiterns der Verhandlungen über den rumänischen Handelsvertrag liege, sei shwer zu entscheiden; man müsse sich jedenfalls vor Eng- herzigkeit in den ökonomishen Fragen hüten; auch die Rührigkeit der kaufmännishen Welt sei erforderlich, um die durch die Regierung hergestellten Verbindungen auszu- nüßen. Daß in Rumänien eine theilweise Animosität herrshe, sei unbestreitbar und sehr bedauerlih, die Rumänen seien indessen kluge Leute, welche allseitige Unab- hängigkeit wollten, was ja auch ODesterreih-Ungarn nur reh sein könne. Gleiches gelte von Serbien; das beste Mittel zur Zerstreuung der Oesterreih:Ungarn systematisch angedichteten Vergrößerungspliäne sei strenges Festhalten an einer uneigennüßigen und vertragstreuen Politik. Fluth und Ebbe wechfelten im Orient; aber das End- ergebniß des Entwickelungsprozesses werde zuverlässig die Gewinnung widerstandsfähiger Grundlagen für die Zukunft jener Staaten sein. Die bisherigen Ergebnisse in dieser Richtung seien befriedigend. Jn Bezug auf die Kriegs- und Friedensfrage stehe er (der Minister) dort, wo der mög- lihste Aufshub eines selbst für unvermeidlich geltenden Krieges gewünscht werde. Wer das tiefe Eingreifen heutiger Krieg? in die Lebensinteressen der Familien kenne, wer auf die Resultate des menschlichen Geistes und des bürgerlihen Fleißes in den leßten Jahr- hunderten blide, wer den Bildungsgrad der Gegenwart in Erwägung ziehe, der müsse wünschen, daß die Weisheit der Regierenden und der Regierten den Krieg vermeide. Besser sei die Fruchtlosigkeit enormer Heeresausgaben als deren Verwendung zu einem Weltkriege. Gehe die große Politik gut, so würden auch die momentan wichtig erscheinenden Episoden im Balkan ohne crheblihen Schaden bleiben; ein vorschnelles Eingreifen im Kleinen könne zum Schaden im Großen gereihen. Die mitteleuropäishe Lage der Monarchie müsse stets im Auge behalten werden. Der ungarische Minister-Präsident Tisza versicherte, Jedermann in Ungarn wünsche den rumänischen Handelsvertrag, nur wolle Ungarn nicht materielle Opfer aus politischen Gründen bringen. Hierauf wurde das Budget des Aeußeren an- genommen.

Großbritannien und Jrland. London, 27. Juni. (Allg. Corr.) Jhre Majestät die Königin kehrte gestern, begleitet von Jhrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Victoria von Preußen und der Prinzessin von Leiningen, von Balmoral nach Windsor zurü. i

(W. T. B.) Die Königin hat ihre Einwilligung zur Verlobung der Prinzessin Louise, ältesten Tochter des Prinzen von Wales, mit dem Grafen Fife gegeben

(Allg. Corr.) Großbritanniens Staats§einkünfte in der Zeit vom 1. April bis zum 22. Juni beliefen ih auf 18 949 358 Pfd. Sterl. gegen 18 792 380 Pfd. Sterl. im entsprehenden Zeitraum des vorhergehenden Finanzjahres. Die Ausgaben in der gleichen Zeit betrugen 17 678 386 Pfd. Sterl. gegen 17 985 921 Pfd. Sterl. in der Parallelperiode des Vorjahres.

Frankreih. Paris, 27. Juni. (W. T. B.) Jn der Deputirtenkammer sprach sich heute Lamartinière miß- billigend über den häufigen Wechsel unter demBeamten- personal von Jndochina aus und verlas einen Bericht des verstorbenen Gouverneurs von Saigun, Richaud, welcher die Verwaltung Constans’ sehr scharf angriff. Jn Folge dessen entstand ein O Zwischenfall zwischen Constans und Dela- porte, dem früheren Unter-Staatssekretär der Kolonien. Con stan §s- warf Delaporte vor, Lamartinière den Bericht Richaud's mitge- theilt zu haben. Millerand (radikal) beantragte, den Bericht Richaud's in vollem Umfange der Kammer mit- zutheilen. Der Minister-Präsident Tirard bekämpfte diesen. Antrag und erklärte, es sei nur darauf abgesehen, die repu- blikanishe Regierung durch Verleumdung in Mißkredit zu bringen, aber die Regierung werde ihre Psliht bis zu Ende thun. Der Antrag Millerand's wurde darauf mit 304 gegen 208 St. abgelehnt. Jm weiteren Verlaufe der Sizung be- {loß die Kammer morgen den Antrag Rouviers, be- treffend die Unterstüßung der Panamakanal-Gesell- \ Men behufs Fortführung der begonnenen Arbeiten, zu be- rathen.

Ein heute veröffentlichtes Dekret ordnet die Wahlen, dur welche ein Drittel der Generalräthe erneuert wird, auf den 28. Juli an.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 28. Juni. W. T. B.) Anläßlih der Kossowo-Feier fand us der iesigen Kasanshen Kathedrale gestern ein Gottesdienst att, welhem die serbische Gesandtschaft, die hier ansässigen Serben und Montenegriner und die Mitglieder des slavischen Wohlthätigkeitsvereins beiwohnten. Leßtere richteten ein der S, diu Schreiben an den ferbishen Metropoliten

ichael.

Schweiz. Bern, 27. Zuni. (W. T. B.) Der National- rath hat ohne Diskussion und einstimmig den Bundesrath ermäch- tigt, im Bedürfnißfalle die für 1891 und 1892 vorgesehenen Anschaffungen von Kriegs- und Verpflegungs- material sofort vorzunehmen. Auch der Ständerath hat nunmehr einstimmig die bereits vom Nationalrath genehmigte Vorlage, betreffend die Wiedererrihtung der M ON Ss Ae Tee B Generalanwalts, angenommen und zwar unter Beifügung eines Passus, be- treffend die Pflicht zur Ueberwachung der E polizei.

Velgien. Brüssel, 27. Juni. (W. T. B) Jn der heutigen Sißung der Deputirtenkammer legte der Finanz- Minister Beernaert den Gesetzentwurf vor, welcher die belgische Regierung ermächtigt, sih auf dem Wege der Sub- \kription am Bau einer Eisenbahn am Congo zu be- theiligen, desgleihen auch einen Geseßentwurf, durch welchen die Konvention mit einer deutshen Gesellschaft genehmigt wird, Behuss Einrichtung einer deutshen Dampf- shiffslinie nach Australien mit Antwerpen als An- laufshafen.

Schweden und Norwegen. Christiania, 27. Juni. (W. T. B.) Jm Storthing brachte der Advokat Stange folgenden Antrag ein: Das Storthing hält es für seine Pflicht, vor seinem Auseinandergehen als seine Ansicht aus- zusprechen, daß der gegenwärtigen Regierung das er- forderliche Ansehen sowie die Unterstüßung der Nationalver- sammlung und der Bevölkerung fehle, um die Angelegen- heiten des Landes in einer glückbringenden Weise wahrzunehmen. Ueber den Antrag wird morgen berathen werden.

Amerika. Washington, 27. Juni. (W. T. B.) Das Kriegsschiff „Adams“, welches gegenwärtig vor Honolulu liegt, ist zum Ersay des Kriegs\chiffes „Alert“ nah Samoa beordert worden.

Afrika. Egypten. Kairo, 27, Juni. (W. T. B.) Das erste Bataillon der egyptishen Armee wird am 29, d. M. mit einer Batterie nah Wady-Halfa abgehen. In der nächsten Woche soll unter Major Rundle ein Detache- ment Artillerie und eine Shwadron Kavallerie folgen.

Zanzibar, 27. Juni. (W. T. B.) (Meldung des „Reuter'shen Bureaus“.) Der Dampfer „Neera“ ist hier mit der Mannschaft eines von der englischen Kriegs- Schaluppe „Mariner“ weggenommenen Schiffes angekommen. Die Beschlagnahme des Dampfers „Neera“ fand bei Lamu statt. Die Maschine desselben wurde auf Befehl des englischen Admirals dienstunfähig gemacht.

Zeitung®ëftimmen.

Die „Conservative Correspondenz“ schreibt:

„Bezüglich der Ersaßwahl zum Reichstage in Halberstadt, die mehrfach den Gegenstand von Preßerörterungen gebildet hat, können wir auh unsererseits bestätigen, daß auf Grund einer Verständigung zwisden den Parteivorständen von konservativer Seite nah dem ge- nannten Wahlkreise die Mittheilung ergangen is, „daß cs der ganzen politischen Lage entsprehend und für eine niht abzuweisende Kon- sequenz der für die Reichstag8wahl von 1887 getroffenen Verabredungen erahtet werde, daß auch für diese Nahwahl thunlichst eine Verständigung mit den Nationalliberalen über einen dieser Partei angehörigen Ersaßmann für den verstorbenen Hrn. von Bernuth an- gestrebt würde und daß, falls wider Verhoffen eine Einigung in diesem Sinne nicht zu erzielen wäre, die Konservativen und die Nationalliberalen \sich auf alle Fälle gegenseitige Unterstüßung bei einer eventuellen Stihwahl zusihern und im Wahlkampf einer ent- sprehenden freundlihen Behandlung befleißigen sollten“.

Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ schreibt :

„Man begegnet nicht selten der Meinung, daß die Entwicktelung des Personenverkehrs auf den Eisenbahnen hinter dem Auf- schwunge, welchen der Güterverkehr genommen, erheblich zurückgeblieben sei, ja daß der erstere nahezu „stagnire“. Demgegenüber ift es nicht ohne Interesse, die Frequenz und die finanziellen Ergebnisse des Per- sonen- und Güterverkehrs auf den preußishen Staatsbahnen in. dem zuleßt abgerechneten Jahre 1887/88 mit denjenigen Ziffern zu ver- gleichen, welche auf den nämlichen, d. h. den das preußishe Staats- bahnneß jeßt bildenden Eisenbahnen zehn Jahre zuvor, im Jahre 1878/79, erzielt worden sind. Darnach ergiebt sich für den zehnjährigen Zeitraum vom 1. April 1878 bis dahin 1888 eine Zunahme der Personenkilom. der Tonnenkilom.

51 9% um 55 9/0

üb d 9 erbaupt um 923 9/0 um 26 %%o

auf 1 km Bahnlänge um. der Bruttoeianahme aus dem aus dem Güter- Personenverkehr um . .. 33% verkehr um 37 9% und eine Abnahme des Fahrgeld- bezw. des Frachtbetrages für ein Personenkilometer um 11,8 9/0, für ein Tonnenkilometer 11,7 9%.

Es zeigt sich hiernach auf den preußishen Staatsbahnen eine bemerkenswerthe Parallele sowohl in der Vermehrung der Frequenz und des Bruttoertrages, wie in der Verminderung des durhschnitt- lihen Fahrgeld- bezw. Frachtbetrages, sodaß \ih wobl die Annahme rechtfertigeà läßt, daß die bisher dort gewährten Verkehrserleihterungen dem Personen- wie dem Güterverkehr nahezu in gleihem Verhältniß zu Gute gekommen sind.“

Statiftische Nachrichteu.

Die Bevölkerung des Großherzogthums Medcktlenburg-Scchwerin.

Das erste Heft des elften Bandes der „Beiträge zur Sta- tistik Mecklenburgs* behandelt die Ergebnisse der Volkszählung vom 1. Dezember 1885 für das Großherzogthum Mecklenburg- Schwerin. Hiernach bezifferte sich am 1. Dezember 1885 die orts- anwesende Bevölkerung Mecklenburg-Schwerins auf 575 152 Personen, während tieselbe bei der 1880er Zählung 577 955 betragen hatte. Für die fünfjährige wischenzeit ergab sich hiernach eine Bevölkerungs- abnahme von 1903 Seelen oder von 0,33 9% der mittleren Bevölkerung, Und es belief sich also die De va Abnahme auf ungefähr 0,07 9/0. Diese Bevölkerungsabnahme hat ebenso wie die des Zeitraums 1871 bis 1875 ihren Grund in einem unverhältnißmäßig großea Wanderverlust. Es betrug nämlich für die Zeit vom 1. Dezember 1880 bis zum

Dezember 1885 die Anzahl der Geborenen 91 050, die der Ge- storbenen 63 517, mithin der E eburtenübershuß 27 533, welchem ein

Wanderverlust von 29436 Personen gegenüberstand. Dieser Wander- verlust jeßte sich aus 20963 überseeishen und 8473 anderweitigen Auswanderern zusammen.

Unter den 26 Staaten des Deutschen Reihs nimmt das Groß- herzogthum seiner Volkszahl nach die ahte Stelle ein. Seine orts- anwesende Bevölkerung mate 1871 1,36 9%, 1875 1,309%/o, 1880 1,28 9% von derjenigen des Reichs aus. Jn Folge des Wachsthums der leßtern, sowie ihres cigenen Rückgangs betrug die Bewohnerschaft Medcklenburg-Schwerins am 1. Dezember 1885 nur noch 1,23% von jener. DementspreGend hat auch die Dichtigkeit der Bevölkerung im Großherzoathum abgenommen. Sie hbe- zifferte sich im Jahre 1880 auf 43,8 und im Jahre 1885 auf 43,7 Personen. Jm Deutschen Reih entfielen dagegen auf die- selbe Flächeneinheit im Jahre 1880 83,7 und im Jahre 1885 86,7 Personen. Die Volksdihtigkeit des Großherzogthums ift also nur halb fo groß als die, des Deutshen Reichs, und nimmt das- selbe unter den Einzelstaaten des lehteren in Bezug auf Volks- dichtigkeit ‘die vorleßte Stelle ein. Hinter ihm folgt nur noh Medcklenburg-Streliß, welches auf dem Quadrat-Kilometer nur 34,2 Einwohner aufzuweisen hat.

Die Bevölkerung im Großherzogthum Mecklenburg - Schwerin vertheilt fich ferner tolgendermaßen: Gezählt wurden 1880 bezo. 1885 im Domanium (42,5 %% der Gesammtfläche) 194 315 bezw. 191 726, in der Ritterschaft (46,0 9/0) 140 309 bezw. 134053 und in den Städten (11,5 %/c) 242 431 bezw. 249 373 Personen. Mithin entfielen von der Gesammtbevölkerung 1880 bezw. 1885 auf das Domanium 33,7 bezw. 33,3 9/0, auf die Ritterschaft 24,3 bezw. 23,3%/9 und auf die Städte 42,0 bezw. 43,4 % Für den Zeitraum 1880—1885 betrug also die Bevölkerungsabnahme für das Domanium 1,33 9%, für die Ritterschaft 4,46%, die Bevölkerungszunahme für die Städte dagegen 2,86%. Die ortsanwescnde Bevölkerung des Groß- herzogthums bestand 1880 aus 284479 männlichen und 292576 weiblichen Personen, 1885 aus 284241 männlichen und 290911 weiblichen Personen. Es kamen somit auf 100 männ- libe Personen 1880 102,8, 1885 104,3 weiblihe Personen, während im Deutschen Reih 1880 103,9 und 1885 104,3 weibliche Personen auf 100 männlihe entfielen. Im Großherzogthum findet {i auf- fälliger Weise beim weiblihen Geschleht eine größere Abnahme als beim männlichen, wogegen im Deutschen Reich das erstere ein größeres Wachsthum als das leßtere aufzuweisea hat,

Der Religion nach vertheilt sih die Gesammtbevölkerung des Großherzogthums am 1. Dezember 1885 folgendermaßen : 568 480 oder 98,8 % Evangelische, 3961 oder 0,7 9% Katholiken, 289 oder 0,1 9% sonstige Christen, 2347 oder 0,4 9/o Juden und 75 Bekenner anderer Religionen. Seit dem Jahre 1867 haben die Katholiken stets zu-, die Juden stets abgenommen. Die ersteren zählten damals 1195 oder 0,2 9/0, die leßteren 3064 oder 0,5 9% der Gesammtbevölkerung.

Im Jahre 1880 bezw. 1885 waren dem Familienstande nah von der männlichen Bevölkerung: 16,23 bezw. 16,12 9/6 ledig, 36,51 bezw. 36,72 9/0 verheirathet, 3,00 bezw. 3,16 9/0 verwittwet und 0,08 bezw. 0,07% geschieden; von der weiblichen Bevölkerung : 20,71 bezw. 20,07 % ledig, 35,97 bezw. 35,87 %/9 verheirathet, 9,03 bezw. 9,41 % verwittwet und 0,10 bezw. 0,13 °%/% geschieden.

Die österreihischen Sparkassen im Jahre 1887.

Dem Märzheft der vom Bureau der K. K. statistischen Central- Kommisston herausgegebenen „Statistishen Monatsschriit“ entnehmen wir, daß es in Desterreih Ende 1887 im Ganzen 397 Gemeinde-, Vereins- und Bezirks\parkassen gab, bei welchen 2089 924 Spar- kassenbücher mit einem Einlagebestand von 1 091 201 620 Gulden im Umlauf waren. Schon diese wenigen Ziffern lassen einen der haupt- sächlihsten Gegensäte der österreichischen gegen die preußishen Spar- kassen erkennen, welch leßtere Ende 1887 bezw. am 31. März 1888 sih auf 1340 beliefen und 4 742 009 Bücher mit einem Gesammt- bestande von 2672597422 im Umlauf hatten. Während näâmlih hiernach in Desterreih das Durchschnittsguthaben auf den Kopf der Gesammtbevölkerung niht unerheblich geringer war, als gleichzeitig in Preußen, nämlich 46 54 Fl. gegenüber 93,01 4, war das Konto eines Sparkassenbuhs im ersteren Lande mit durchschnitt- lih 522,18 Fl. ungleich größer als in Preußen mit 563,60 46 Es zeigt sih also, daß in Oesterreih ein weit größerer Theil der Ein- lagen aus Kapitalistenkrei)en und von wohlhabenden Leuten herrührt als in Preußen, wo verhältnißmäßig die Zahl der Einleger \owohl wie der Antheil der kleinen Konten viel größer ist, indem in Oester- reih auf die Konten von weniger als 100 Fl. 40,12 9/0, in Preußen hon auf die Konten bis zu dem erheblich niedrigeren Betrage von 150 M 46,40 %/% säâmmtliher Sparkassenbücher, ferner auf diejenigen über 500 Fl. in Desterreich 25,76, auf die- jenigen über 600 #4 in Preußen dcch nur 23,05 9% entfielen, obgleich diese höchste Kontenklasse der preußischen Statistik hon bei einem viel geringeren Ei: lagebetrage einsegt als jene der österreici- hen (100 Fl. = ca. 170—175 M4). Einen auffälligen Gegensaß bieten beide Staaten hinsihtlich der Einlagebewegung im Jahre 1887. Während dieselbe nämlich in Preußen die höchste bisher beobachtete Zunahme der Einlagen 201 323200 #, wovon 69 296478 M auf Zuschreibung von Zinsen und 132 026 722 4 auf den Uebershuß der Neueinlagen über die Rückzahlungen entfallen, ergeben hat, sind in Oesterreich die Neu- einlagen um 95395017 Fl. hinter den Rückzahlungen zurück- geblieben, und lediglih durch Zuschreibung von Zinsen erfuhr der Einlagebestand einen Zuwachs, sodaß er im Ganzen um 37 179 718 Fl. = 3,93 9/0 gegen das Vorjahr zunahm. Die Ursate dieser Erschei- nung erblickt unser Gewährsmann weniger in ungünstigeren wirth- shaftlichen Verhältnissen, als in den von einer Reihe von Sparkassen eingeführten Zinsherabseßungen, namentlich für größere Einlagen, wodurch ein Theil derselben den Sparkassen entfremdet und anderweit untergebracht worden ist. So haben in der That die Einleger ins- gesammt \sih um 71 229 oder um 3,52 9%, diejenizen mit weniger als 100 Fl, sogar um 6,42 9%/o vermehrt, die Einleger mit 10000 Fl. und darüber aber um 402 oder 6,90 9/0 vermindert. (Stat. Corr.)

Die russishe Industrie in den Jahren 1885—1887.

__ Das Departement für Handel und Gewerbe in Rußland hat kürzlih eine fstatistishe Zusammenstellung von „Daten über die Fabrikthätigkeit in den Jahren 1885—1887“ heraus egeben, die ein lehrreihes Bild der Entwikelung der russischen SFndustrie und gewerb- lichen Produktion bietet. Der „Hamburgische Correspondent“" entnimmt dieser Zusammenstellung nachstehende Angaben :

Die Zahl der Fabriken und gewerblichen Anstalten im europäischen Rußland und im Czarthum Polen, welche der Oberaufsicht des Departements für Handel und Gewerbe unterstehen (zu denen also weder die dem Finanz-Ministerium uge iten, Accise zahlenden WiCerral aren, Spiritusfabriken und Bierbrauereien, noch die dem

epartement für Bergwerke unterstellten Shachte und Minen ge- hören), betrug:

Rubel

im Jahre 1885 999 529 000 1886 18749 , , ü 1004 579 000 1887 189683 , i » 1074 967 000 Nimmt man hierzu für die zwei leßtgenannten Jahre die Zahl der Fabriken und gewerblichen Anstalten im ganzen Reich, den Kau- kasus, Sibirien und Turkestan mit eingeschlossen, so erhält man folgende Angaben:

19 343 mit einer Gesammtproduktion für

Zahl der Fabriken: Summe der Gesammtproduktion : 1886 20 847 1 043 997 900 Rubel 1887 “A8 247 1120252000 ,„ Im europäishen Rußland und in Polen hat \i, wie vorstehende Zahlen lehren, die Zahl dec Fabriken und gewerblihen Anstalten im Verglei zum Jahre 1885 vermindert, dafür ist aber die Summe der S S A al in diesen Fabriken und gewerblichen Anstalten im Jahre 1886 um 0,69% und im Jahre 1887 um 7,59%/9 gewachsen.

Die durhshnittlihe Produktion einer Fabrik, welhe 1885 den Werth von 51 674 Rubeln erreichte, stieg 1886 bis zu 53 580 Rbl , also um 3,6 9/0, und 1887 bis zu 56687 RbLl., also um 9,7%. Betrachtet man die Daten für das gesammte Reih im Jahre 1887, so hat sowobl eine Vermehrung der Anzabl der vorhandenen Fabriken und gewerblihen Anstalten als auch ein Anwachsen der Gesammtproduktion um 7,3 %% stattgefunden. Eine stetige Zunahme zeigt auch die Anzahl der in den Fabriken und gewerblichen Änstalten beschäftigten Arbeiter. Sie betrug im europäishen Rußland und in Polen 185 ..,, , 709037 Köpfe G 4, E971 j I, 0 TORO im ganzen Reich (d. h. mit Einschluß des asiatishen Rußland) 186... , , 759495 Köpfe 1B 080022 __ Außer den bisher in Betracht gezogenen Fabriken und gewerb- lihen Anstalten sind im gesammten Reih noch an kleinen in- dustriellen und gewerblichen Unternehmungen mit einer durhschnitt- lihen Jahresproduktion von weniger als. 1000 Rubeln gezählt worden: i, J. 1886 44882 mit 77 887 Arbeitern und i. J. 1887 94 468 mit 91 681 Arbeitern. : Es liegt nahe, aus vorstehenden Angaben den S{luß zu ziehen, daß cinerseits sowohl das große als auch das kleine Fabrikgewerbe in Rußland in \tetem Wachsen begriffen ist, und daß andererseits au das Arbeiterelement, das ih von der landwirthschaftlihen zur Fabrik- thätigkeit wendet, von Jahr zu Iahr zunimmt. Nach Produkten geordnet, zeigt die ru\sishe Industrie in den Jahren 1886 und 1887 folgendes Bild: Produkte. Zahl der Fabriken u. gewerbl. Anstalten. 1886 1887

7613 oder 36,5% T7869 oder 37 °% 432E „207, 4420. 208. 29900 M4 206 L G

i a E 2808 Lb. 2/380 114 5) Gegenstände aus Metall 1 350 D Tor ; 6) Gegenstände aus Holz . 1/220 0 L098 ; 7) Chemische Produkte. . 566 2 588 ; 8) Verschiedenes 387 B 419 # 20 847 21 247 Interessant sind ‘die Daten bezüglih des Geschle{ts und des Alters der Fabrikarbeiter, die indessen nur für das Jahr 1887 an- gegeben sind. Von der Gesammtzahl von 789 322 Arbeitern in dem genannten Jahre waren 1) erwahsene Männer = 577 834 oder 73,2 9% 2) ü Weiber =18414 „, 233, 3) minder jährige Knaben= 1903 „, 24 , g 4 Mäd = 830 5 Weibliche Arbeiter waren am meisten in den Webereien (Ver- arbeitung von Faserstoffen) mit 36,8% von der Gesammtzahl aller in diesen Gewerben beschäftigten Arbeiter in Thätigkeit. Die Minder- jährigen sind hauptsächlich in den Glas-, Krystall- und chemischen Fabriken beschäftigt worden.

1) Nahrungsmittell 2) Verarbeitung thierisher

Produkte. ., s 3) Verarbeitung von Faser- ofm S 4) Kalk-, Glas-, Stein- 2c. Fabrikate

Kunft und Wissenschaft.

Für den achten internationalen Orientalisten-Kon- greß, der vom 2. bis 13. September d. I. in Stockholm und Christiania abgehalten werden wird, sind bereits die umfassendsten Vorkehrungen getroffen worden, Die Seele des Unternehmens ist König Oskar von Schweden und Norwegen selbst, welhem Graf Carlo Land- berg, der ausgezeihnete Kenner des Orients und der Orientstatistik, als gewandter General-Sekretär zur Seite steht. Für eine gastfreie Aufnahme, die sich auch auf die Eisenbahnfabrten und Koften der Ausflüge erstreckt, sorgt der Protektor des Kongresses, König Oskar, in reichlihster Weise.

__— Am 24. Juni wurde auf der Sternwarte des Mount Ha- milton (Lick Observatory) in Kalifornien von Herrn Barnard ein neuer Komet entdeckt. Nach der Beobahtung um 4 Uhr Mor- gens, als es in Greenwih {on Mittag war, stand der als {wach bezeichnete Komet nahe in der Mitte zwischen den Sternen # und y der Andromeda. Seine täglihe Bewegung wird 19% 6' nach Often und 09% 34‘ nordwärts angegeben.

Literatur.

Genealogishes Handbuch bürgerliher Familien. Erster Band. Charlottenburg, Verlag von F. Mahler. Der Herausgeber bezweckt mit diesem Handbuch die Anregung zu familicn- geschichtlihen Aufzeihnungen zu geben, ferner Sicherung dieser Auf- zeihnungen gegen Verlorengehen zu bieten und die Stammesfolge, die Verzweigungen und die Gliederung der einzelnen Generationen er- fihtlih zu macen, Ferner beabsihtigt er, zur Aufkläcung und Aus- füllung von Unklarheiten und Lücken in cinem Stammbaume durch die Aufzeichnungen anderer in dem Buch aufgenommener Familien die Möglichkeit zu bieten, sowie den Nachweis zu ermöglichen für die Verwandtschaft mit einer anderen Familie, der bei Stiftungs- und Erbansprühen von Wichtigkeit sein kann. Ferner soll dur die Orts- und Zeitangaben Erleichterung der so oft nothwendig werdenden Beschaffung von Familienpapieren ermöglicht werden, des- gleichen leihte Fortführung der Aufzcihnungen, durh welche jedem Familienmitgliede ein dauernderes Gedächtniß als durch irgend ein anderes Denkmal gesichert und den Forderungen der Pietät leichter entsprohen werden kann. Die wesentlihste Bedeutung des Buches soll aber darin liegen, eine Centralstelle für alle ani aufzeichnungen und mit jedem Jahr mehr eine undstelle für weitere Forshungen, ein wirklihes Familien - Archiv zu werden, das nicht nur für bürgerlihe Familien und den mit diesen vielfah verschwägerten Adel, fondern vielmehr einen allgemein historishen, heraldishen und genealogischen Werth haben würde. In dem vorliegenden Bande ist nur das von den Familien den Herausgebern direkt zugegangene, also als verbürgt geltende hiftorishe wie genealogishe Material aufgenommen worden und zwar vollständig, wie es auch in Zukunft geschehen soll. Bei der Bearbeitung wurde besonders darauf gesehen, die Mannesfolge wie den Anschluß der einzelnen Zweige an die- selbe hervorzuheben, im Uebrigen in den einzelnen Generationen die Anciennetätsfolge der einzelnen Glieder festzuhalten. Die Heraus- geber haben ihre ursprüngliche Absicht, alljährlih rur einen Band ersheinen zu lasen, aufgegeben, da das reihlich eingehende Material sih auf diese Weise niht würde bewältig-n lassen. Es sollen nun die einzelnen Bände von annähernd gleichem Umfange und in der- selben Ausstattung zu dem für den vorliegenden Band bestimmten Preise je nah dem Stande des Materials zwanglos ersheinen. Jeder olgende Band wird die früher aufgenommenen Familien unter Hin- weis auf den betreffenden Band zusammenstellen; auch werden die in- zwischen eingetretenen Personalveränderungen wie au weitere genea- logische und historishe Zusäße, endlih auch etwaige Berichtigungen angegeben werden. Als Leiter der Redaktion fungirt der Königliche Bibliothekar und Lector im Handels-Ministerium G. A. Seyler.

„Der zoologishe Garten.“ Zeitschrift für Beobachtung, Pflege und Zucht der Thiere. Organ der zoologishen Gärten Deutschlands. Herauszeaeben von der Neuen Zoologischen Gesellschaft in Frankfurt a. M. Redigirt von Prof. Dr. F. C. Noll, Ober- lehrer am Sonata, XXKXR. Jahrgang. Frankfurt a. M. Verlag von Mahlau u. Waldschmidt. Die uns vorliegende Nummer hat folgenden Inhalt: O. oon Loewis bringt Mittheilungen über die Kreuzotter. Ueber Bieegrapbie und Zoologie läßt ih der Herau?- geber aus und fügt 2 Abbildungen hinzu. Von dem Aufsaß: Zur Geschichte der Mollusken, von Dr. med, Wilh. Stridter, erscheint Fort- seßung und Schluß aus dem Jahrgang XRIXR. Heft X1. Dr. F. Helm schreibt über die Verbreitung der Eiche durch den Eithelheher