1889 / 175 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 26 Jul 1889 18:00:01 GMT) scan diff

Oesterreih-Uugarn. Wien, 24. Juli. (Wien. Ztg.) Auf Grund der Entschließung vom 13. März 1889 und der nunmehr sanktionirten Delegationsbeschlü}sse wird mit 1. Ok tober 1889 in Mittel-Galizien ein neues Militär- Territorial-Kommando mit dem Sig in Przemysl errihtet, das 10. Corpskommando bei gleichzeitiger Auflassun des Brünner Militär-Territorialbezirkes von Brünn na Przemysl verlegt und dem entsprechend der Militär-Territorial- bereih des 1., 2., 10., 11. und 14. Corps neu abgegrenzt werden. Hiernach werden umfassen: der Militär-Territorialbezirk Krakau (1. Corps): die Ergänzungsbezirke Nr. 1, 13, 20, 54, 56, 57, 93 und 100; der Militär-Territorialbezirk Wien (2. Corps): die Ergänzungsbezirke Nr. 3, 4, 8, 49, 81, 84 und 99; der Militär - Territorialbezirk Przemysl (10. Corps): die Ergänzungsbezirke Nr. 9, 10, 40, 45, T7, 89 und 90; der Militär-Territorialbezirk Lemberg (11. Corps): die Ergänzungsbezirke Nr. 15, 24, 30, 41, 55, 58, 80 und 95; der Militär-Territorialbezirk Fnnsbruck (14. Corps): die Ergänzungsbezirke Nr. 14 und 59 sowie Tirol und Vorarl- berg. Ferner wird mit dem 1. Januar 1890 ein Kavallerie- R E E in Jaroslau errichtet werden.

Großbritannien und Jrland. London, 25. Juli. (A. C) Im Unterhause beginnt heute die Debatte über den Bericht des Apanagen - Ausschusses, welcher die Gs. des dem Prinzen von Wales vom Staate ausgeseßten Einkommens um 36 000 Pfd. Sterl. jährlich befürwortet, aus welhem Betrag die Apanagen für . die Kinder des Thronfolgers bestritten werden sollen. Die Debatte wird voraussihtlich zwei Abende in Anspruch nehmen und sich - wahrscheinli zu einer der wichtigsten und interessantesten der Session gestalten. Die Erörterung wird nämlih eine ganz heillose Spal- tung im liberalen Lager aufdecken.

Jn der gesirigen Sißung der Parnell-Kommission wurden verschiedene Zeugen bezüglih der Bücher und Belege der irischen Landliga vernommen. Der neuerdings viel genannte Moloney, welcher eine Zeit lang die Bücher der Liga irt, erklärte, den Angaben Parnell's zuwider, daß er keine Briefe oder Belege habe vernichten lassen. Soviel er wisse, seien die Gelder der Liga niemals zur Vorschubleistung von Verbrechen oder Ausschreitungen verwendet worden. Ein Angestellter der Nationalbank in Dublin bekundete, daß er auf Weisung des Vize-Direktors der Bank im Februar d. J. alle Bücher und Dokumente, betreffend die Angelegenheiten der Landliga vor dem Jahre 1883 vernichtet habe. Ein Aktuar, Mr. Hard- castle, weicher die vorhandenen Bücher der Liga prü}te, jagte aus, daß er in den Büchern eine Ausgabe von 93 871 Pfd. Sterl. unerklärt gefunden habe. :

25. Juli. (W. T. B.) Jn der heutigen Unterhau s- sißung erwiderte der Unter-Staatssekretär Fergus son auf eine Anfrage bezüglih Armeniens: DerKurdenhäuptling Moussa Bey habe an den Sultan ein Gesuch gerichtet und darin erklärt, daß der gegen ihn erhobene Vorwurf der Bedrückung und des Brigantenthums unbegründet sei; er sei nah Konstantinopel gekommen, um sich über die gegen ihn erhobenen Beschuldigungen zu beklagen; er sei bereit, mit seinen Anklägern vor Gericht confrontirt zu werden und sih dem Urtheil des Gerichts zu fügen. Der Sultan habe in einem Jrade verfügt: die Kläger müßten ihre Anklagen gegen Moussa Bey vor Gericht anbringen und zu diesem Behuf sofort nah Konstantinopel kommen. Die Gerüchte von der angeblihen Verhaftung der arme- nishen Deputation seien unbegründet. Jm Fortgange der Sigzung beantragte der erste Lord des Schaßes, Smith, die Königliche Botschaft, betreffend die Apanagen für den Prinzen Albert Victor und die Prinzessin Louise von Wales, in Erwägung zu ziehen. Labouchère brachte seinen Unterantrag ein.

Die Parnell-Kommission beendete heute das Zeugen- verhör und vertagte sich sodann auf Antrag des Anwalts der „Times“ bis zum 24, Oktober.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 26. Juli. (W, T. B.) Jn dem Zustande des Großfürsten Konstantin Nikolajewitsch ist gestern Abend eine erhebliche Ver- \chlimmerung eingetreten.

Dänemark. Kopenhagen, 25. Juli. (W. T. B.) Der König empfing bei seinem jüngsten Aufenthalt in Penzing den Fürsten von Montenegro, welcher ihm den höchsten montenegrinishen Orden überreichte. An dem- selben Tage wurden Fürst Nikita und der österreichische Minister des Auswärtigen, Graf Käálnoky, zu Rittern des Elephanten-Ordens ernannt.

Amerika. New-York, 24. Juli. (A. C.) Der Richter Miller vom obersten Bundesgericht shof hat entschieden, daß dem Transit von Chinesen, welhe vom Aus- lande nach China bestimmt sind, durch die Vereinigten Staaten kein geseßliher Einwand entgegenstehe. ine Anzahl amerikanisher Arbeiter-Delegirten, deren Reisekosten durch Privatzeihnungen bestritten werden, wird sh an Bord des Dampfers „City of Rome“ nach Europa begeben, um die industriellen Centren Europas sowie die Pariser Ausstellung zu besuhen. Die Gesellshaft umfaßt vier weibliche Delegirte.

Afrika. E pte n. Ein Telegramm des „Reuter'schen Bureaus“ aus Al uan, vom 24. Juli, meldet :

Es verlautet, 4 Maku-el-Nur's Streitkraft, welche ch längs des linken Nilufers ausdehnt, in Matuka gestern Abend sich mit Wasser versah. Es ist ermittelt worden, daß der Verlust der Derwische in den gent gen Scharmüzyeln sih auf 13 Todte belief. Oberst Kitchener reist morgen ab, um den Befebl über die in Toski ius mwengeloaeus II. Kolonne zu übernehmen. Das elfte egyptishe Bataillon ift in Affuan angekommen und marschirt

morgen nah Toski weiter.

an

Zeitungsstimmen.

Zu den revolutionären Kundgebungen des inter- nationalen Arbeiterkongresses in Päris bemerkt die „Berliner Börsen-Zeitung“:

Es läßt si kaum annehmen, daß bie Delegirten des Kongresses kein anderes Ziel verfolgt haben sollten, als die zeitgenössische Lite- ratur mit einigen Bänden \charf gewürzter Reden zu bereichern. Dazu finden sie_ja aller Orten reihlih Gelegenheit und brauchen ihren Parteigenofsen nicht erst kostspielige Reisekosten oufzurehnen. Der Hauptzweck und vielleicht der einzige Zweck ihres Tagens dürfte, neben dem befcheidenen Wunsch,“ wteder einmal ein bitchen

abgegangene Marr'’she Internationale in neuer und verbesserter Auf- lage wieder ins Leben zu. rufen und für ewige Zeiten einen Herzens- bund zwishen den Sozialisten aller Länder zu stiften. Jnwieweit dieses Ziel erreiht wurde, läßt sich nit beurtheilen; in den öffent- lihen Verhandlungen wurde darüber kein Wort gespro&en und über die geheimen Berathungen _dem Kongresse sind bisher feine Berichte in die Oeffentlichkeit gedrungen. Es liegen nur private Aeußerungen einzelner Parteiführer vor, die allerdings im Sinne einer bevorstehenden Wiederauferftehung der Internationale, die aus Mangel an Lebensfähigkeit dahingeschieden war, gedeutet werden können. Was daran Wahres ift, läßt fih niht genau entscheiden. . . . Verhalte es sih damit wie auch immer, jeien nur die winzigen Anfänge zu einer Internationale oder eine Inter- nationale in denkbarster Vollendung erschaffen, so ist dadur von dem Arbeiterkongreß wieder eine höchst überflüssige und höchst unüberlegte Kriegserklärung an die Gesellschaft ergangen. Die darin liegende War- nung wird vermuthlich weder bei den Regierungen noch- bei den parlamentarisben Parteien, die niht zu Umsturztheorien neigen, ohne Einfluß bleiben und entsprehende Gegenmaßregeln Gertioctntet. Die Sozialdemokraten bleiben doh ewig unverbefserlih! Sie besckchweren si über die gegen sie erlassenen Ausnahmegeseße und ruhen und rasten niht, um solche aegen si zu erzwingen. An einer wirflichen allmählihen Verbesserung der Lage des arbeitenden Standes liegt ihnen wenig, das ift ihnen ein zu mühsamer und anstrengender Weg, obgleich er der einzige ist, der je zum Ziele führen kann, die Agitation, die Aufregungen des Kampfes im Geheimen, der Ehrgeiz im Lichte eines Märtyrers zu erscheinen, das ift ihr wahres Lebens- element. So hat denn auch der Arbeiterkongreß in Paris weiter nichts bewiesen, als daß zwisheu der Gesel:shaft von heute und den Sozialdemokraten niemals ein Kompromiß mêglich fein wird. Glük- liherweise sind jedoch die Begriffe Arbeiter und Sozialdemokraten nit identisch und dur die Erfteren werden die Leßteren eines Tages besiegt werden.“

Zu demselben Gegenstande nimmt auch die Wiener

„Presse“ das Wort: .

„Wenn man auch annehmen muß, daß die anarchistiiche Revo- [utionsporiei in sffentlihen Sitßungen nicht ihre leßten Pläne ent- hú0t und der neugierigen Polizci keinen Einblick in ihre Kampf- mittel gewährt, so gab man bei diesen Verhandlungen doch aller Welt gcnug kund und zu wissen, um neuerdings die Gefahren erkennen zu lassen, welche für die bestchende Gesellshaîts- und Staaten- ordnung von dieser subversiven Partei drohen. Die Beschlüsse, welche gefaßt wurden, lauten allerdings ostentativ harmlos. ... Sie erinnern an die Taktik der deutshen sozialdemokratishen Führer, sowobl im Reicbêstage als außerhalb desselben ihren Bestrebungen eine \ckeinbar legale Maske vorzuslecken und ihre leßten Ziele den Bourgeois sowohl wie den Arbeitern, unter welchen sie vor Allem ihre Anhänger werben, als loyale, einzig eine Besserung des Loojes der Arbeiter bezweckende darzustellen. In Paris haben die Herren Bebel und Liebkneht und ihre anderen Genoffen sih zu den Grund- säßen der Commune bekannt und mit der anarFistishen Fraktion der Marristen getagt, welhe ganz unumwunden die Revolution, nicht die Reform, als den einzushlagenten Weg erklären. Neben den Marxisten hielten die größtentheils aus Franzosen si rekrutirenden Possibilisten ibre gesondertzn Versammlungen und Le- rathungen ab. In letzter Linie wollen beide Parteien datselbe, wie in den Sizurgsberihten zu lesen ist. Beide verlangen die Ein- seßung etner sozialitiscen Verwaltung, der gegenüber die Indi- vidualität des Staats- oder Städtebürgers vollständig vershwindet ; eine gesellsœaftlihe Einrichtung, in Welher die öffent- liden Gewalten alle und jede FInitiative haben, der einzelne Mensh aker zum unverantwortlihen Gliecde eines ver- widelten Mechaniêmus degradirt werden würde. Beide Parteien fordern \chlankweg die Unterdrückung des individuellen Snthums, die sirenge Abgrenzung der persönlihen Thätigkeit und die Einseßung öffentlicher Funktionäre, welche die Arbeitsaufgaben vertheilen und regeln und dementsprehend auch dem Einzelnen ihre En!lohnurg, ihre Portion an Genuß zumessen. Jene Kraftreden, in welchen die Wege und Mittel hezeihnet werden, in deren „das Wel:drama der Sozial-Revolution* in Szene geseßt werden foll, lassen sih aus Rüdsidt auf unscre preßgeseylihen Bestimmurgen nicht wiedergeben; unsere Lescr müssen sih mit der Versicherung begrügen, daß die nißilistishen und anarwistiswen Sprecher in ihren blut- rünstigen Tiraden die denkbare Möglichkeit noh überboten haben. Und mit diesen Leuten verbrüderten sich die sozialdemokratiscen Führer deutsher Zuige diese Thatjahe verdient konstatirt zu werden gegenüber ibren heuhlerischen Borspiegelungen, mit welchen sie jeden Zusammenhang der fsozialistishen Bewegung mit deë anar(iftishen nit ohne pathetishen Aufwand sittlicher Entrüstung zurückweisen, wenn dies ihnen zweckmäßiz ersheinen will.

In cinem Zeitpunkte, in welchem die UArbeiterbiwegung eine fo weitgehende Ausdehnung erhalten hat, wie die Arbeit: rausftärde in Oesterreih und Deutschland seit Monaten darthun, darf man nitht blind fein gegen die Folgen, welwe ein Herüberspielen solcher anarcistishena Acitation in die soziale bringen kaan. und kann niht racdrüdlich genug auf das verderbliche Treiben jener gewissenlosen Wgitatoren hinweisen, rwoelhe sih der Lohn- fämpfe urd äâhnliher Bewegungen zu bedienen sehen, um ihre Giftsaat auszustreuen. Cine unmittelbare Gefahr haben Vorgänge, wie sie sih in den Versammlungen der Kommunarden und internationalen Anarchisten in Paris abgespielt baben, allerdings nit, aber ihre symptomatishe Bedeutung darf deshalb niht unter- schäßt werdea. In ibren liegt für dic \taatserhaltenden Ge- walten eine dringende Mahnung, einerseits in dem Kampfe gegen die Umsturzpartei mit der gleihen Thatkraft und Umsicht auszuharren, die bisher sih so ersprieß- lich erwiesen, und andererseits niht zu erlahmen in den Be- wühungen, auf dem Wege legislativer Reformen jene Beschwerden der Arbeiter zu beseitigen, welche bisher den revolutionär- sozialistishen Agitatoren die Handhabe geboten haben, mit denen sie die breiten Massen zu fassen wifsen.“

Gegenüber dem von der Manqesterpartei gegen die Sozialreform geltend gemachten Haupteinwand, daß die „Einmischung des Staates in das freie Spiel der Kräfte und in den natürlichen Kampf ums Dasein das Gefühl der Selbst- verantwortlihkeit des Einzelnen herabdrücken und das Jnteresse an den Werken der freien Selbfthülfe abschwähen werde“, führt der P oiules Laa Anzeiger“ in einem Artikel : „Ein Werk sozialer Hülfsthätigkeit“ Folgendes aus :

„Wir sehen, daß die soziale Hülfsthätigkeit von Vereinen, Genoffenschaften, Stiftungen 2c. keineswegs im Schwinden begriffen ift, sondern vielmehr immer neue Gebiete aufsuht, auf denen sie heilkräftige Werke am sozialen Körper des Staats vollbrincen kann. ie Beobachtung der Folgen der Winterkälte für Erwär- mung und Ernährung der ärmeren Bolksschihten in den Großftädten hat z. B. zur Ecrichtung von Volks-Kaffee- und Speisehallen geführt ; zur Erholung und Kräftigung der Kinder armer Leute sind mit bestem Erfolge Ferienkolonien entstanden, und ein weiterer Schritt in derselben Richtung führte zur Ocffnung von Zuflu(tsstätten, in denen Kinder, deren Eltern am Tage der Arbeit nachaehen müssen, dauernd g pre ldi Zeit Unterweisung und. Beschäftigung in Arbeit und piel finden. In letzterer Beziehung ift der kürzlih erstattete Bericht des Vereins „Kinderbort* in Königsberg sehr lehrreih. Vor fünf Jahren waren unter lebhafter Fördervng des damaligen Regierungs-Präfidenten Studt in der verrufensten Eegend Königsbergs ein Volkskinder- garten und ein Knabenhort für 250 Zöglinge eröffnet worden mit dem Zweck, die armen Kinder den Gefahren des Alleinfeins und der Verwahrlosung zu entreißen. Bald folgte tie Errichtung eines Mäd(chenhortes nach und die hohberzige Schenkung eines Bankhauses gestattete die Errichtung eines weiteren Hortes für 130 Knaben und

Lärm zu machen, wohl der Versu gewesen sein, die selig mit Tod

Mädchen.

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-3 353 934 Fr. gehoben.

In den Anstalten, die unter der Aufsicht von Lehrern und Er- zieherinnen stehen; wechselù regelmäßig *Spiel- und Arbeitszeit, ftets wird darauf Bedacht ger:iommen, daß fi die Kinder körperlid mög- lihît kräftigen. Zur Pflege“ der Gemüthsbildung dienen Mufik und Gesang. Während sih die Mädchen mit Anfertigung von Sachen für sich und ihre Zingeörigen beschäftigen, fertigen die Knaben Stroh- hülsen, Bürsten, Laubsägenarbeiten und dergl. an und betreiben Garten- bau. An die Knaben wurden in der einen Anstalt im verflossenen Jahre 531 #4 Arbeitslohn ausgezahlt, einzelne konnten fich von ihrem Verdienst porn Ee Anzüge anschaffen; in der anderen Anstalt erzielten die Knaben mit Buchbinderarbeit 382 # Einnahme. Eine große Wohlthat für die armen Kinder ift es, daß für ordentlibe Be- kleidung gesorgt und ihnen in der Winterszcit, meist vor dem Schul- gange heike Milch und Brod verabreicht wird. Die Kiñdeë verweilen gera in den Arbeitsstätten, und bei der Mehrbeit der Eltérn hat sich immer mehr Verftändniß und Dankgefühl für die Ziele dieser Zu- fluhtsstätten gegen Verwabrlosung herausgebildet.

Wir zweifeln niht, daß das Königsberger Beispiel in anderen Orten Nachahmung finden wird. Gegner wie Freunde der staatlichen Sozialpolitik haben in der Erziehung der Kinder zu einem gesitteten und gesunden Geschlecht da, wo fie von den Eltern nit ausgeführt werden kann, ein sehr fruhtbares Feld, auf dem sie das Gute ter sozialen Privathülfe bewähren können.“

Statiftik und Volkswirthschaft.

Der Bericht über den Handel und die Jnduftriè von u 2 Berlin im Jahre 1888

nebst der Uebersi&t über die Wirksamkeit des Acltesten - Kollegiums vom Mai 1888 bis Mai 1889, erstattet von den ‘Aeltesten der Kauf- mannschaft von Berlin® ift soeben ershienen. Derselbe sagt in der vorangeshickten „ollgemeinen Charakteristik der wirtbshaftliden Lage Deutschlands im Jahre 1888": „Die wachsenden Bürgschaften für einen gesicherten Welifrieden gaben die Grundlagen her für einen namhaften Aufschwung der wirthscaftliGen Thätigkeit im Laufe des Jahres 1888. Dieser Aufshwung machte sih bemerklih son in den ersten Monaten des Jahres, konsolidiurte sich mehr und mehr und gewann im zweiten Semester fowohl an Umfang als an Lebhaftigkeit. . . . Die gewerbliche Thätigkeit hat im Jahre 1888 in wichtigen und umfangreichen Branchen einen unverkennbaren Aufshwung genommen, und ift nun wenigen zurückgegangen Auch lebrea die Thatsachen in der zweiten Hälfte des Jahres unv in den ersten Monaten des neuen Jahres, daß das Kapital wvermehrtes Zatrauen zur Anlage in industriellen Unternehmungen gefaßr hat. Die Umwandlung privatlicher Unternehmungen in Alktiengesellshaften, welde zur Zeit in großem Moßstabe vor \sih geht, dürfte zum Theil ihre Veran- lassung in dem Umstande haben, dcr in den Berichten vieler Industrie- Gesellsaften hervortritt, daß der Geschäftsbetrieb ausgedehnt wird, um die Generalfosten entsprebend zu verringern, was nur von sehr ausgedehnten, mit großem Kapital ausgestatteten Unternehmungen durhgefübhrt werden fann. . ..

An disponiblem Kapital für Handels- und industrielle Unter- nebmungen hat es Deutsbland im Jahre 1888 nicht gefehlt. | Die Gelegenheit, sein Geld zu höheren Zinfen anzulegen, als die sichersten Papiécre des Inlandes noch gewähren, wurde vom Publikum mit großem Eifer ergriffen; unter der Theilnahme detf.lben entwickelte 1h seit dem Juni eine Periode der Haufse, namentlih ia Dividendcn-Papieren. Gründungen neuer Gesellschaften, Umwand- lung von zabsreihen Privatunternehmen in Aktiengesellschaften, Uebernahme von Anleihen überseeischer Staaten, Aussihtea auf Kapitalvermehrungen der deut|chen Emissionsbanken ließen den in den leßten Jahren üblichen kauptsächlihen Verkehr in Rertenpapicren weit zurücktreten. Mit einigen Unterbre{hunger, namentlih nach der September-Liquidation, dann auch im November, als die Goldbewegungen, Folgen großer arg:ntirisher Anleihen, Er- hôöhungen der Vankraten in allen europäis#en Ländern herbei- führten, seßte si diese Hausse-Tendezz und die Theilnahme des Publikums bis zum Jahresende und auch in das neue Jahr fort. Geldüberfluß trat roh mehr hervor als_in den voran- gegangenen Zeiten. A der Zinsen für Schulden, welche Staaten, Gemeinden und öffentlihe Inzjtitute gemaht, nahmen leb- haften und leichten Fortgang. eit

„Daß sich die Lage der arbeitenden Klassen im vorigen Jahre verbissert hat theils durch Erhöhung der Löhne, tkeils dur ver- mebrte Beschäftigun2a in vielen Betrieben und dutch wesentliche Zunabme der Arbeitsgelegenheit, dürfte keinem Zweifel unterliegen.“

Die allgemeine Laage von Handel und Industrie. Die Handelskammer des Kreises Landeshut faßt ihr Urtheil über die wirthschaftlichen Ergebnisse des Jahres 1888 in ihrem Jahres- bericht, wie folgt, zusammen:

„Wie wir bereits in unserem vorigen Bericht von ciner Besserung der Hauptindustrie unseres Kreises, der Leinenspinnerei und -Weberei, sprechen konnten, freut es uns, e'ne allgemeine Befriediguag diefer Branche für das Rakr 1888 fonftatiren zu können. Wenn auch die überaus schwzren Verluste, welhe unfer deutsches Vaterland dur den Heimgang des_Gründers und Mitbegründers der teutschen Einheit erlitt, zeitweise Stocckungen in den Verkehr brachten, wurden diese doch bald ausgeglichen durch die Zuversicht auf Erbaltung friedlicher Verhältnisse, hervorgerufen durch die Reisen unseres j-gendlichen Kaisers zu den befreundeten Monarchen Rußlands, Desterreihs und Italiens. Die Flahsgarn-Spinnereien konnten in Folge sehr ausgiebiger und billiger Flochse, troy recht niedriger Garnpreise, wieder mit Nuyen arbeiten, was seit vielen Jahren nicht mehr der Hall gewesen ist. Die mechanischen Webereien waren, obgleich eine neue Weberei errichtet und diverse Vergrößerungen älterer Etablissements vorgenommen worden, voll beschäftigt. Im hiesigen Bezirk, und zwar in fast _ unmittelbarer Nähe der Statt werden jet ca. 17€0 mechanishe Stühle aut Leinen und Halb- leinen arbeiten, eine gleich große Anzahl dürfte zur Zeit kaum an einem Ort in Deutschland im Betriebe sein! Auch. die Hand“ weberei, welde durch viele Jahre s{hlcchten Erwerbs sehr zurüdck- gegangen ift, hatte wieder bessere Na(hfrage in verschiedenen der Hau?- indusirie noch immer verbl. ibenden Artikeln. Mit der Leinenindustrie eng verkunden sind Bleicherei, Appretur und Färberei, aud dieser Zweig der Industrie war gut beschäftigt, wenn au zu no sehr gedrücten Preisen, zumal für verschiedene Chemikalien höhere Preise bezahlt werden mußten.“

Konkurrenz Deutschlands, Frankreihs und Englands 5 _ auf dem belgischen Markt. ; Während einer langen Zeit hat Frankreih auf dem belgischen Markt eine Stellung eingenommen, welhe jede Konkurrenz bon Anfang an vnmöglih zu machen schien ; diese Lage der Dinge ift aber in neuerer Zeit, wie die „Hamb. Börsenkballe“ ausfübrt, eine völlig andere geworden, und wenngleih die Versorgung mit sranzösischen Fabrikaten au noch cine hervorrager.de Rolle spielt, so haben do die Axrstrengungen, weile Großbritannien und Deutschland: neuerdings gemackt haben, dahin geführt, daß der Absay Frankreis. nah Bel- gien si garz rambaft verringerte, während von deutsben und eng- lischen Waaren beträhtlihe Mengen aufgenommen worden sind. Beispieleweise ist die See EN Frankreihs vom Jahre 1874, wo sie 775 735 Fr. betrug, auf 581168 Fr. im Jahre 1887 zurückgegangen, diejenige von England hat sich von 193 793 Fr. auf 683 690 Fr., diejenige von Deutschland von 710 207 Fr. auf 3 Die Einfuhr lertiger Kleidungs“ stüde aus Franfkreich fark“ in den bezüglihen Jahren von 3441 887 Fr. auf 2672817 Fr., die von England ftieg von 1370 452 Fr. auf 2002 107 Fr, diejenige von Deutschland hob fi von 833 587 Fr. auf 2 646 066 Fr. j Lierzu bemerkt die „Hamburger Börsenhalle* : Die Ursache dieser Wandlung ift in der Thaisacwe zu finden, daß Frankrei in, der Konfektions- Industrie wie früher so au noch jht das Kunstmäßige

in dea Vordergrund \chiebt. Ez hat damit aber wenig Erfolg gehabt, denn neuerdings hat man dem Praktishen in Hërstellung, ‘Form und Farbe den Vorzug gegeben, was denn wieder dem Handel Englands und Deutschlands zu Gute gekommen is. Die Konfektions-Industrie Berlins und anderer deutscher Pläge bat sih zu ihren zahlreichen transatlartis{en Abnehmern au neuerdings noch Belgien hinzu- gesellt, wie sih aus den vorstehend aufgeführten Zahlen ergiebt.

um Berliner Bäckerstrik e.

In einer Berliner Correspondenz des „Hannoverschen Courier“ lesen wir folgende Betrahtungen über das Ende und die Ergebnisse des Bäckerautstandes: _

„Der Ausstand der hiesigen Bälergesellen hat ein für dieselben recht wenig erfreulihes Ergebniß gehabt. Im Grunde genommen war er son beendet, als er begann, einmal weil rur ein Theil der Ge- szlen die- Arbeit niederlegte und gerade in der jeßigen stillen

eit die meisten Bäckereien sehr leiht einen oder mehrere Sefellen entbehren fonnten, sodann weil, wie in den leßten Versammlungen der Bäergesellen felbst zugestanden werden mußte, der Zuzug an Bäckern von außerhalb fo groß war, daß ein Nothstand nirgends entstand und also auch kein aus- reihender Druck auf die Bäcker und das bei dem Ausstande so sehr betheiligte Publikum ausgeübt werden konnte. In der Versammlung der Bäergesellen am Dienstag wurde daher der allgemeine Ausstand für beendigt erklärt und jedem überlaffen, Arbeit da zu nehmen, wo und unter welchen Bedingungen er sie erbalten könnte. Gar viele aber mögen wohl dur die zugewanderten Fremden ihre Stelle besetzt finden und dürften lange genug an den Folgen des Ausstandes zu zehren haben, ganz abgesehen von denjenigen, welhe sih gegen die nickt an dem Ausstande theilnehmenden oder die neu zugezogenen Kollegen Gewaltthätigkeiten haben zu Schulden kommen lassen und nun ftrafrehtliher Abndung entgegenseben. Daß es in der Dienstag Versammlung der ausständishen Bäkergesellen Angesichts des kläg- lihen Endes der Lohnbewegung zu mance!lei gegenseitigen Beschul- digungen kam und \{ließlich keiner es gewesen sein wollte, der die Sache in die Wege geleitet, die sie genommen, war_nidt anders zu erwarten; wie sehr au bei dieser Bewegung die Sozialdemokraten im Hintertreffen standen, geht daraus hervor, daß 1chließlich unter allgemeinem Beifall anerkannt wurde, die Schuld an dem ganzen Misßlingen des Ausftandes trage die ungenügende Aufklärung und Einsit der meisten Gesellen; um diésein Mangel abzuhelfen, wurde die Lektüre und Verbreitung des Fachorgans und des sozialdemokratishen „Volksblattes* aufs Dringendste empfoblen. So wird man gewiß niht mit Unrecht auh in dem Vätckerausftande eine sozialdemofratische Kraftprobe erblicken. dürfen, die freilih mit so ungenügenden Mitteln und fo planlos ins Werk geseyt wurde, daß sie in unerwartet kurzer Frist zu Schanden gehen mußte. Aber was {ümmert das die eigentlihen Heßer und Maher des Ausstandes. Sie halten \sich wokblweislich hinter der Scene und haben von dem Scheitern des Auéstandes keinen Nachthcil; ihnen gerügt es, daß der Saverteig soziaidemokratischer Unzufriedenheit in immer weitere Kreise getragen wird. Im Allgemeinen scheiterte der Autstand der Bâtergesellen havptiählid an der Verquicung disfkutirbarer For- derungen mit solchen, die mit dem eigentlichen Zwecke des Ausstandes, der Verbesserung der Arbeitsbedingungen, gar nichts zu téun haben, offfenbar auch ein Beweis der bei dem Ausstande si geltend madchen- den sozialdemokratischen ames da durch solhe Forderungen den Meistern klar gemacht werden sollte, daß nit se, sondern die Herren Gesellen und Arbeiter das entscheidende Wort in dem Gewerke zu reden hâtten.“

Ueber Putz- und Del Ge ans in den Arbeiter- assen bemerkt der Jahresberiht der Chemnitzer Handels- und Gewerbe- kammer Folgendes: Die Arbeiter verhältnisse würden noch bessere sein, wenn niht eine ins Ungebührliche gesteigerte Puy- und Vergnügungs- sucht sich breit mate. Daß die Viädben und jungen Männer, wern sie die Woche über gearbeitet haben, den Sonntag in angenehmer freier Weise verbringen wollen und sich ¿u dem wed auch hübsch zu fleiden trahten, ist ganz natürli. eider scheint aber der Genius des guten Geshmadckes gar feine Rolle dabei zu spielen, Der Aufpup namentli des zarten Geschlehts besteht häufig nur in einem Nachäffen, bezw. ungeschidckten Uebertreibez der vershiedenen Mcden, die für den woblgespickten Geldbeutel wohlbabender Leute berehnet sind. Diese Puß- und Ver- gnügungésucht ist höchst bedenkli@, insbesondere im Hinblick auf die spätere Gründung eines Hausstandes. Wie nöthig erscheint es doch, daß die bezcichneten Personen daran dächten zu \paren, sich mit einer einfa geschmadvollen Kleidung begnügten und ihr Vergnügen bezw. ibre Erholung nicht nur darin suchten, daß sie Sommer wie Winter nah dem näbsten Tanzlokal stürzten. Ein ordentlicher Spaziergang in die siärkente Luft der nahen Birgwälter würde in leßterer Bezichung zeitweise bessere Dienste thun. Wird ja einmal ein Auéflug gemacht, so besteht diefer meistens darin, daß mit der Eisenbahn ein halbes Stüntchen gefahren wird, im Auéflugêorte an- gcfowmen, wird getanzt und dann mit der Eisenbahn Abends wieder zurückgefahren. Das nennt man Ausflug! Hierin läge auch noch ein Stüûck „Selbsthülfe“ des Arbeiterstandes, das aber leider Seitens vieler Arbeiter nit die ihm gebührerde Beachtung findet.

: Deutsche Kammgarnspinnerei \

Die Beschäftigung der deutshen Kammgarnspinnereien ist, wie

der „Hann. Cour.“ schreibt, in diesem Jahre ohne Auëenahme eine

vorzügliche. Troudem die Saison sich ihrem Ende nähert, sind doch

fast sämmtlihe Spinner bis zum Ende des Jahres und zum Theil noh weiter hinaus mit ihrer Produktion verschlossen.

è Statistik der Bierproduktion in Bayern für das Jahr 188.

(Aus dem Jahresbericht der Handelskammer für Pa,

Nach den Seitens der Königliven General-Direktion der Zölle und indirekten Steuern veröffentlichten ftatistishen Uebersichten über die Bierbrauereien und den Malzverbrauh beftanden im Jahre 1888: 4718 Privat-, 52 Aktien- und 536 Kommunbrauereien, in Summa 5306 oder 15 weniger als im Vorjahre. Der Malzverbrauh dieser Brauereien bezifferte sih bei den Privatbrauereien auf 4621221 hl, bei den Aktienbrauereien 1 048 161 bl und bei den Kommunbrauereien 342 876 b], in Summa 6 012 458 hkl, d. h. 48 277 h1 weniger als im Jahre 1887. Die Menge des erzeugten Bieres betrug 13 306 403 hl (weniger 155 383 h1). Weißbierbrauereien ftanden in Betrieb : 1625 mit einem Malzverbrauch von 51446 h1 und einer Menge erzeugten Bieres von 213 757 h1 Der Gesammt-Malzverbrauch der sämmt- lichen Brauereien erreichte die Höhe von 6 063 904 þ1 und blieb dem Vorjabre gegenüber um 52535 h]1 zurück. Für das Brauwalz wurde ein Aufschlag von 36 506 245 4 gegen 1887 mit 36 522 584 #, also 16 339 M weniger erhoben. Die Biereinfuhr aus den Staaten des deutshen Zollgebiets betrug 40 013,72 b1 (40 012,67 in 1887), aus dem Zollauslande 2389 kl (gegen 1647 þl im Jahre 1887). Mit Anspruh auf Rückvergütung des Malzaufshlags wurden ausgeführt 1857 778,36 kl oder um 181 170,36 bl mehr als im Vorjahre und betrug der rückvergütete Malzaufschlag 4719 517,93 Ohne sl us iee O des Malzaufschlags gelangten 2737,13 b ur Ausfuhr.

Nah Mittheilung des Statistishen Amts der Stadt Berlin sind bei ben biefigen Standesämtern in der Woche vom 14. Juli bis inkl. 20. Juli cr. zur Anmeldung gekommen: 227 Gbeschlicßungen, 892 Lebendgeborene, 40 Todtgeborene, 142 Sterbefälle.

Berichtiguns. S i:

Durch eine Neibe von Blättern geht augenblicklich ein angebli

m En iQA Verei s: cninowmenee Ansaß: tber bie Koblen- ann s* entnommener Au

förderung und den Kohlenverbrauch in Deutschland. Wir

. von der Futterverwerthung: Prof.

konstatiren hiermit, f Staats-Anzeiger* stammt und in

halten war. Kunst. und Wissenschaft.

An der Universität Göttingen werden im Winter-Semester 1889/90 folgende Vorlesungen für das landwirthschaftlich'e Studium gehalten: e i ; : a. In der Fahwissenschaft. Einführung in das landwirthschaft- lihe Studium: Prof. Kirhner. Allgemeine Alerbaulehre: Der- selbe. Betriebslehre: Dr. Rümker. Die Ackerbausysieme: Prof. Griepenkerl. Spezielle Züchtungslehre: Prof. Kirchner. All- gemeine und spezielle landw. Züchtungslehre: Prof. Griepenkerl. Racenkunde: Ders. Molkereiwesen: Prof. Kirchner. Die Lebre Henneberg. Uebungen in Futterberehnungen : Ders. Landw. Baukunst : Königlicher Regie- rungs-Baumeister Wever. Landw. Maschinenkunde: Kulturingenieur Luedecke. Kulturtechnik : Ders. Landw. Praktikum; Ueburgen im lantw. Laboratorium: Prof. Kirhner. Ucbunrgen im agrikulturchemis{en Laboratorium: Prof. Tollens, Dr. F. Mayer. Demonstrationen in der Maschinen- und Geräthe-Sammlung: Kulturingenieur Luedecke. Ueber Anbau und Verwerthung des Obstes: Landes-Bauin'pektor Parisius. Demorstrationea urd Exkursionen : Professoren Kirchner, Henneberg, Tollens,

b. In den Grund- und Hülfe-Wissenschaften. Die inaeren Krank- beiten der Hausthiere: Prof. Esser. Anatomie und Physiologie ter Haustbiere: Ders. Klinishe Demonstrationen im Thier- hospital : Ders. Deécenderzlehre und Darwinismus: Dr. Hamann. Allgemeine Morpkologie ur.d Entwickelungsgeschihte der Pflanzen : Prof. Peter. Anatomie und Entwickelungsgeshihte der Pflanzen: Prof. Berthold. Tägliche Arbeiten im pflanzen- pbysiologischen Institut: Ders. Mikroskopisch-botanisher Kursus : Ders. Geologie: Prof. von Koenen. Mineralogie: Prof. Liebisch. Experimental-Physik; praltishe Uebungen im physikali- \ckœen Laboratorium : Prof. Riecke. Allgemeine Chemie: Prof. Walla. Grundzüge der Chemie Il.: Dr. Pfeiffer Agrikultur- chemishe Urtersuhungsmethoden: Ders. Technishe Chemie für Lantwirtbe: Prof Tollens. Praktisch-chemische Uebungen: Prof. Tollens, Dr. #F. Mayer. Praktische Nationalökonomie und Volks- wirthscaitspolitik: Prof. Leris. -—— Nationalökonomie, grundlegender Theil: Prof. Cobn. Finanzwissenschaft: Derselbe. Ueber 10 gad Prof, Müuboff. Landwirthschaftêreht: Pref

tebart

ce, In Rücfsiht auf allgemeine Bildung insbesondere für Stu- dirende höherer Semester. Bezüglich der Vorlesungen über Physio- logie, Philosophie, Anthropologie, Mathematik, historisbe und Staatswifsenshaften, über Erd- und Völkertunde, Literärgescichte und Sprachen wird auf das (durh jede Bubbandlung zu bezichende) Verzeichniß der Vorleiungen auf der Universität Göitingen während des Winterhalbjahrs 1889/90 verwiesen. L L

d. Körperliche Uebungen : Reiturterrici: Universitäts-Stallmeister Rittmeister Schweppe. Fechikunst: Universitäts - Fehtmeister Grüneflee. Í

Beginn des Semesters am 15. Oktoker, der Vorlesungen am 24. Oktober. A :

Nähere Auskunft über alle das landwirtbschaftlide Studium an der Universität betreffenden Verbältniffe erfolgt durch Dr. Kirchner, ordentl. Professor und Direktor des landwirthschaf!liben Instituts der Uriversität Göttingen.

Ueber die sog. Tanagrafiguren wird der „Vofs. Ztg.“ geshrieben: Die kleinen Figuren aus gebranntem Thon, gewöhnli Tanagras genannt, sind mit wenig Ausnahmen nur handwerkliche Töôpferarbeiten, welche mafsenhaft hergestellt wurden, indem man ein von Künstlerhand herrührendes Modell als Form zu tausendfacher Reproduktion vermittelst Prefsung benußte, wie das schon bei den Ezyptern der Fall war, welche solche thônerne Shmudckgegenstände für Frauen und Mädchen, namentlich allerlei Zierratben zu vergoldeten Ha!8- bändern verwandten. Dies geht aus einem Funde hervor, welchen kürzlich Karaganos auf seinem Grundstücke auf der Insel Korfu, dem Korcyra der Altgriehen, gemacht hat. Derselbe berichtet an die „Akademie der Inschriften“, daß auf scinem Grundstück an einer und derselben Stelle gegen tausend joler Figürchen aufgefunden wurden, welch{e alle in einer und derselben Form gepreßt sind, darstellend eine Artemis oder Diana mit der Hirs{kuh. Der Grund, daß gerade an dieser Stelle diese tausendfä!tigen Artemis-Figurinen_ gefunden worden sind, liegt einfa darin, daß hier eine Artemis-Statue mit einem Altar stand und diese Thonfigürchen nichts Anderes sind, als wie Opfergaben oder Weihegeschenke des Volkes, welche es an diesem Altar niederlegte. Solce Thonfigürchen, als Prefsung eine wie die andece, kosteten zu ihrer Zeit nur einige Kupfermünzen; heute werden sie mit vielen Goldstücken bezahlt, falls fie antik find. Solche Kunsttöpfer gab es keineswegs nuc in Tanagra, vielmehr waren solche in ganz Grieceuland und auf seinea Inseln verbreitet. Gegen die aus freicr Hand von dem Nürnberger Kursttöpfer Hirsc- vogel in der ‘Mitte des 16. Jabrhunderts modellirten und emaillirten Gefäße, Krüge und Vasen, die meist nur in einem Exemplar vor- handen find, und gegen die Statuetten, Gruppen, Basreliefs und Vasen in Terre cuite von Klodion und Marin steben diese tausendfach vorhandenen, fabrikmäßig in Formen gepreßten altgriehishen Thon- figuren an Kunst- und Geldwerth weit zurü. i ;

Se. Majestät der Kaiser Franz Joseph hat, wie „W D B. aus Wien, W. Juli, meldct, die Wahl des Direktors des Chemischen Instituts der Berliner Universität, Professor Dr. Hofmann, zum Ehrenmitglied der Akademie der Wissenschaften ge- nehmigt.

daß diéser De aus tem „Reih3- und r. 145 vom 21. Juni ent-

Land- und Forstwirthschaft.

Ernte-Ergebnisse und -Aussichten in Ungarn.

Ueber den Stand der Saaten und der Ernte in der Zeit vom 16. bis 22. Juli wird der „Wiener Ztg.“ aus Peft gemeldet:

„Der Schnitt mit Ausnahme des Hafers ift in den unteren Gegenden fast überall bereits beendet; die Einführung ist im Quge, die Druscharbeiten haben im AUgemeinen begonnen. Die Druschvroben bestätigen im Allgemeinen die Ernte-Aussichten. Die Ergebnisse sind mit Abrechnung einzelner kleiner Territorien, man könnte fast sagen, zumeist schwach unter mittel. j

Weizen liefert folgenden Ertrag: Auf dem linken Ufer der Donau durchshnittlih schwah mittel ; stellenweise sind die Saaten noch grün und gelangen eist im Laufe dieser Woche unter die Sense, doch ift ein gleiches Resultat zu erwarten. Rechts der Donau sowie zwischen der Donau und der Theiß fteht ein gleiches Resultat in Aussiht. Auf dem rechten und linken Ufer der Theiß war mit Ausnahme von einer oder zwei Gegenden die Ernte \{chwach, d. h. unter mittel. Stellenweise hat die Ernte selbst den Samen niht ergeben. Zwischen der Theiß und der Maros war das Er- trägniß s{chwach mittel und mittelmäßig, in Siebenbürgen nur unter mittel. Es ergiebt ih der Umftand, daß die Weizenernte des Landes im großen Durchschnitt keinem größeren als einem {wachen Mittetertrage entspricht. Hinsichtlih der Qualität ändert fich das Verhältniß nah den Gegenden und Komitaten. Stellenweise ist der Weizen von guter Qualität, stellenweise nur mittlerer Qualität, aber im Allgemeinen ift dieselbe unter mittel geblieben.

Die überaus grofe Dürre und Hiye sowie der vorausgegangene und stets zucenommene Roft waren für die Körnerbildung von st{châd- licher Wirkung. Die Körner sind zum größten Theile gedrüdckt, zu- sammengeshrumpft, klein, dünn, daher leiht, und kann die Frucht auch nit annähernd mit dem normalen Weizen verglihen werden ; sie gehört daher zur minderen Qualität. 2 :

Rog en ist mit geringer Ausnahme fast überall geschnitten ; der Drusch ist im Zuge. Der Ertrag ist ein divergirender, der Dur- schnitt läßt sich nur als {chwach mittel bezeichnen, obzwar stellenweise auch eine gute Mittelernte zu konstatiren ift. Yehnlich wie beim

Weizen sind au beim Roggen viele gedrüdte Körner zu finden.

Ergebniß wartungen ; zumeist ift nur eine zur Fütterung geeignete Qualität zu verzeichnen.

eine bedeutendere Aenderung divergirende Resultate, im Durchschnitt ein {waches Mittelerträgniß, hie und da mit guter Qualität. Der Schnitt hat zum Theil be- gonnen.

leiden. fidhten würden ih jedoch bei Eintritt von Regen bessern.

Gerste bat zumeist nur eine Ernté unter mittel geliefert. Das entspri6t weder qualitativ, noch quantitativ den Er-

Hafer hat sih etwas gebessert, nit aber in dem Maße, um herbeizuführen. Die Ernte verspriht

Mais beginnt unter dem Eindruck der andauernden und zum

s untecbrohenen Hite und Trockenheit stellenweise bereits zu welken. wie sie jeßt noch in Aussicht steht, gegenwärtig um fo dringender des Regens ais die Körnerbildung gegenwärtig nur langsam fortschreitet.

Die Frucht bedarf, um wenigstens eine Raccolta zu liefern,

Garten- und Hülsenfrüchte erfordern Regen. Hanf und Flachs liefern einen guten Mittelertrag. Kartoffeln erheisken Regen und beginnen bereits zu welken,

wodur Lbefürdtet wird, daß der Ertrag den Erwartungen nit ent- spreben wird.

Die Tabackpflanze wird, wenn in kurzer Zeit kein Regen

eintritt, den an sie geknüpften Erwartungen ni@t entsprechen.

Zutdcker- und Futterrübe fteht fo ziemli, stellenweise fogar

mittelmäßig, erfordert aber ebenfalls Regen.

Der Weinstock beginnt in Folge der andauernden Dürre zu Die Trauken \{chrumpfen stellenweise zusammen. Die Aus-

O bft wird mit geringer Ausnahme nur wenig sein.“

Sanitäts-, Veterinär- und Quarantäneweseu.

i / __ Egypten. : : Der interrationale Gesundbeitsrath zu Alexandria hat bes&lofsen,

vom 13. Juli 1889 ab gegen Ankünfte von der Küste der Provinz Assyr zwis&en Lith und Loheya das zur Verhütung der Einshleppung der Pest bestimmte Reglement in Kraft zu setzen.

Gewerbe und Handel.

Im Verlage der Königlihen Hofbuchhandlung von Ernst Siegfried Liittler und Sohn in Berlin ist das „Jahrbu der Berliner Börse“, welches von der Redaktion des „Berliner Aktionärs* (F. Neumann und E Freystadt) herausgegeben wird, tin elfter, für das Jahr 1889/90 bestimmter Ausgabe erschienen. Das Werk behandelt die an der Berliner Börse gehandelten Wertbvapiere in eingehender Weise und gewährt alle Informationen, welche demBankier und Karitalisten wünschenswerth und nüßlich sei. können, in knapper aber dur(aus verständliher und ausêreihender Form. Die Vorrede weist mit Recht darauf hin, daß die weite Verbreituna des Buches und seine Förderung und Unterstüßung durch die betheiligten Behörden und Gesellschaftsrorstände eine Gewähr für seine Nügli(keit und Zuverlässiakeit biete Die vorliegende Ausgabe ift bis auf die rcueste Zeit vollständig und einkeitlic zusammen- gestellt und enthält z. B. bereits die Kündigungen und Neu- Emissionen der Kursk-Charkow-A:ow-, der Orel-Griäsi- und der Koslow-Woeronesch-Rostow Eisenbahn-Gesellshaften, die neuesten Emissionen von Industricvapieren 2c. Das Jahrbuch, welches übrigens auch die Aeltesten der Kaufmanvschaft von Berlin, die Mitglieder dér für die Börse wihtigen Kommissionen aufführt und ein Verzeichniß der vere deten Makler enthélt, wird den Kreis seiner Freunde auch mit der neuen Ausgabe erweitern. :

Essen a R., 25. Iuli. (W. T. B.) Die Bruttobilanz des Bochumer Vereins für Bergbau- und Gußstahlfabri- fation läßt der „Rkeinish-Westfälischen Ztg.“ zufolge 11 9/0, bei verringerten Abschreibungen 12 9/0 Dividende erwarten. :

Frankfurt a. M., 25. Juli. Getreidemarfktberiht von Joseph Strauß. Am hiesigen Markt kam für Weizen etwas mehr Frage zum Vorshein und wurde in loco vom Lager russische Sorten zu geheimem Preis, wahrscheinlich zu ungefähr 205— 214 #& je nah Qualität genommen. Ab unserer Umgegend 17I— 181/10 #4, frei hier 184/10—184 M, neuer hiesiger in Posten noch nicht am Markt, Kleinigkeiten 19}4—194 #4. Roggen erfuhr nam- hafte Preissteigerung; bhbiesiger neuer 152— A, russische Sorten 15}—16 Æ# Gerste, alte umfaßlos, in neuer noh nis gethan. Hafer feit, 143—16 bezahlt, exquisiter darüber, auf Herbstlieferuug fehlen Ve! käufer. Mais (mired) prompt 112 #4, per November-Dezember 12} M bezahlt. Raps 33—34 S bezahlt. Mehl. Hiesiges Weizenmehl Nr. 0 31— 32 #, Nr. 1 29—20 4, Nr. 2 241—254 AÆ, Nr. 3 231—24} #, Nr. 4 19—20 M, Nr. 5 16—17 « Milchbrot- und Brotmehl im Ver- bande 54—56 4, Norddeutshes und westfälishes Nr. 00 25—? #. Hiesiges Roggenmehl Nr. 0 254—26 #, Nr. 0/1 234—244 4, Nr. 1 224—23 Æ, Nr. 2 17—19 \ Weizenkleie 8 Æ Roggenkleie 9—+ A Spelzspreu 2,40 « Rüböl im Detail 70—72 4. Obige De verstehen fich per 160 kg ab hier, häufig auch loco auswärtiger

tationen.

Oldenburg, 23. Juli. (Wes.-Z.) In dér Generalversammlung der Genossenschafter der hiesigen Gewerbebank ist eine Kommission ernannt zur Prüfung der Bücher und der Geschäftéfübhrung der Bank Behufs Untersubung der Frage ciner etwaigen Inanspruchnahme des Vorstandes und des Aufsichtsraths wegen Ersaßes des der Bank durch den Azenten Kleine zugefügten Schadens. Es ist die Auflösung der Gesell\haft beschlossen worden, und wird die Liquidation durch den Vorstand erfelgen. s

Í (W. T. B.)

London, 25. Juli. ladungen angeboten. | Î s

Lond on, 24, Juli. (A. C,) Die drei großen Londoner Buchhändlerfirmen Simpkin, Marshall & Co, Ha- milton, Ädams & Co. und W. Kent & Co. werden zu einer Afktiengesellshaft vershmolzen werden, welhe den Namen tragen wird: „Simpkin, Marshall, Hamilton & Co“

Bradford, 2. Juli. (W. T. B.) Wolle sletig, p 1D fene Ko! onialwolie, ATpacca anzichend, Garne und Stoffe ruhiger.

S t. Peiersburg, 25. Ivli. (W. T. B.) Die Statuten der neuen „Odessaer Bank für Handel und Industrie* haben gestern die Bestätigung des Finanz-Ministers erhalten. Das Stamm- favital beträgt 3 Millionen Rubel. Die Gründer des neuen Urters nehmens sind in Odeffa: O. Chayes, Cowis, Th. Raffalovich und G. Sußmann, in St. Petersburg J. E Günzburg.

New- York, 25. Juli. (W. T. B.) Die hiesige Han dels- fammer jafßte heute einen Beschluß zu Gunsten der Abhaltung einer Welt-Ausstellung in New-York im Jahre 1892 und wählte eine Kommission, welhe mit anderen geetgneten Persôn- lichkeiten zur Förderung dieses Vorhabens in Verbindung treten soll.

%. Juli. (W. T. B.) Die Manufakturwaaren-Firma Lewis Brothers u. Co. bat ihre Zahlungen eingestellt. Die Pafsiva betragen 4 Millionen Dollars.

Verkehrs - Austalteu.

Aus Lissabon wird dem „Reuter'shen Bureau" unterm 24. d. emeldet, daß die portugiesische Regierung einen Kontrakt für den Ausbau der Delagoa-Bay-Eisenbahn nah der Grenze von Transvaal mit Mr. Sawyer, einem englischen Ingenieur, der von der Eisenbahngesellshaft nah Delagoa Bay gesandt worden war, geschlossen habe. :

Hambur g, 25. Juli. (W. T. B.) Der von der Deuts- australishen Dampfschiffahrts-Gesellshaft abgesandte erste Dampfer „Elberfeld“ isi gestern Abend via Antwerpen nach Atelaide, Melbourne und Sydney expedirt worden.

Triest, 25. Iuli. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Vorwärts“ ist, von Konstantinopel kommend, heute Nachmittag hier eingetroffen. i

London, 26. Juli. (W. T. B.) Der Union-Dampfer eMoor* ift am Mittwoch von Capetown auf der Heimreise abe gegangen.

n der Küste ) Weizen-