m Beurlaubtenstande. 7. Juli. Graf v. Luckner, Pr Lt. der Res. a. D., die Erlaubniß zum Tragen der Uniform des L Ulan. Regts. Nr. 17 mit den vorgeschriebenen Abzeien ertheilt. 18. Juli. Vonhof, Hauptm. von der Res. des Train-Bats. Nr. 12; Beck, Sec. L. von der Inf. 2. Aufgebots des Landw. Bezirks 11. Dresden, diesem mit der Erlaubniß zum Tragen der Landw. Armee-Uniform, Mühlner, Sec. Lt. von der Feld-Art. 9. Aufgebots des Landw. Bezirks I. Dresden, E Sec. Lt. von der E 2. Aufgebots des Landw. Bezirks I. Leipzig, der Abschied bewilligt. j Sm Sanitätscorps. 18. Juli. Dr. Stobbe, Stabs- arzt der Landwehr 2. Aufgebots des Landw. Bezirks Baußgzen, der Abschied bewilligt. Ullrich, Assift. Arzt 2. KI. der Landw. 1. Auf- gebots des Landw. Bezirks I. Leipzig, zu den Sanitätsoffizieren der Reserve zurückverseßt.
JAiqchhtamtliches. Deutsches Reich.
Preusßzen. Berlin, 27. Juli. Ueber den weiteren Verlauf der Reise Sr. Majestät des Kaisers und Königs am 14. Juli und folgenden Tagen erhalten wir im Anschluß an die Mittheilungen in Nr. 169 des „Reichs- und Staats-Anzeigers“ folgenden Bericht:
Se. Majestät der Kaiser und König kamen am Sonntag, 14. Juli, nah einer guten Nacht gegen 8 Uhr Morgens an Deck. Die S war um 61/4 Uhr Morgens vor Trondjem bereits zu Anker gegangen. ch dem Frühstück empfingen Se. Majestät den deutshen Konsul Jenssen, welcher die Ehre hatte, zur Mittagstafel geladen zu werden. Um 10 Uhr Vormittags nahmen Se. Majestät die Jnspektion der Mannschaften vor und hielten darauf im Beisein des gesammten Gefolges und der Schiffsbesaßung den Gottesdienst auf dem Verdeck der Yacht Allerhöchstselbst ab. Am Nach- mittage ließen Se. Majestät Sih Vorträge halten und arbeiteten allein. Nach der Abendtafel gegen 71/2 Uhr begaben Se. Majestät Sih mit einigen Herren in Civilkleidung an Land und fuhren von der abseits der Stadt gewählten Lande- stelle mittelst Karriol nah der Domkirche, besichtigten dieselbe in Begleitung des deutshen Konsuls mit vielem Jnteresse und fuhren alsdann nach dem Landhause des deutshen Konsuls. Daselbst gegen 9N/, Uhr angelangt, begrüßten Se. Majestät die Familie, nahmen einige Erfrishungen ein und kehrten gegen 11 Uhr Abends an Bord zurück.
Am folgenden Tage, Montag, 15. Juli, empfingen Se. Majestät der Kaiser und König die mittelst Courier ein- getroffene Post gegen 71/2 Uhr und erledkgten die eiligen Sachen im Laufe des Vormittags, wozu wiederholt Vorträge gehalten wurden. Um 121/, Uhr lichteten die Yacht und der Aviso „Greif“ die Anker und steuerten nördlih auf der Route nah Bodòô. Die Fahrt war vom besten Wetter begleitet. Bu den Nachmittagsftunden arbeiteten Se. Majestät allein. Zu der um 6 Uhr stattfindénden Abendtafel wurde der Kommandant des Aviso „Greif“, Korvetten-Kapitän Flichtenhöfer, geladen. Ein gegen Mitternaht passirender norwegisher Passagier- Dampfer begrüßte Se. Majestät, Allerhöhfiwelher Sih noch an Deck befand, durch drei Hurrahs.
Ain Dienstag, 16. Juli, erschienen Se. Majestät der Kaiser und König bei köstlihem Wetter gegen 81/4 Uhr auf Deck im besten Wohlsein. Beim Passiren des Höhenzuges „Die sieben Schwestern“, auf nahe 66 Grad n. Br., Morgens 61/5 Uhr, hatten Se. Majestät Sih weden lassen, um denselben zu besichtigen. Gegen 101// Uhr Morgens wurde der Polarkreis passirt. Se. Majestät arbeiteten allein und ließen Sich einige Vorträge halten. Uw 33/4 Uhr Nachmittags erreichte die Yacht Bodöò, stoppte unmittel- bar unter der Stadt und erhielt durch den deutschen Vize- Konsul Jentoft die eingegangenen Depeschen und Briesschaften. Nachdem die S erledigt war, befahlen Se. Majestät gegen 41/4 Uhr die Weiterfahrt nah Tromsö. Zur Abendtafel waren der Kommandant S. M. Aviso tet Korvetten-Kapitän Flichtenhöfer, sowie einige Offiziere diejes Schiffes mit Ein- adungen beehrt worden.
_Am Mittwoch, 17. Juli, erschienen Se. Majestät der Kaiser und König gegen 8 Uhr Morgens im besten Wohl- sein auf Deck,. Das Wetter war trübe, leichte Regenschauer mit vorübergehendem Sonnenschein. Gegen 10 Uhr Morgens stoppten die beiden Schiffe bei Tromsö und chickten Boote an Land zur Empfangnahme der Post. Nach etwa einstündigem E empfingen Se. Majestät die eingegangen Depeschen und besahlen die Weiterfahrt nah dem Norden. Auf der Reise dahin ließen Se. Majestät Sih Vorträge halten und arbeiteten allein. Das Meer war ganz ruhig. Um 91/4 Uhr Abends wurde Hammerfest erreiht und nah etwa einstündigem Aufenthalt, nach Auswechselung von Depeschen, die Reise nah dem Nord- kap fortgeseßt. Auf der Weiterfahrt regte sh kein Lüftchen. Nah den in Hammerfest eingezogenen Nachrichten herrschte am Nordkap gleich stilles Wetter.
Mit dem Passiren der Jnsel Hjelmsös, um 1 Uhr Nachts, kam leichter östliher Wind durch, und mit dem Herankommen an das Nordkap auf der Jnsel Magerö trat mit östlihem Winde eine aus gleicher Richtung laufende Dünung auf, welche langsam zunahm. Se. Majestät der Kaiser und König kamen gegen 21/2 Uhr Nachts an Deck, um den in schöner Beleuchtung sih abhebenden und steil nah dem Meere abfallenden, graushwarzen Felsvorsprung von 300 m Höhe, welcher als nördlichste Spiße Europas gilt, zu sehen. Von einer Landung bei dem Nordkap wurde Abstand genom- men da die niht unbedeutende Dünung dieselbe sehr ershwert
ben würde. Se. Majestät befahlen gegen 3 Uhr die Rück- ahrt und langten (am Donnerstag, 18. Juli) gegen 9 Uhr Morgens im besten Wohlsein wieder in Hammerfest an, w0o- selbst Depeschen ausgewechselt und die Reise nah Süden alsbald fortgeseßt wurde. Das Wetter war bis 8 Uhr Morgens mit leihten Regenshauern trübe geblieben, dann flarte es {nell auf und eine warme Sonne leutete bald auf das spiegelglatte Meer. Während beim Nordkap das Thermometer auf 7 Grad C. herabgegangen war, erreichte es gegen Mittag den hohen Stand von 17 Grad C. im Schatten. Am Nachmittag lie Sih Se. Majestät Vorträge halten. Gegen 3 Uhr bog die Yacht in den schönen und gro S ngen-Fjord ein, lief ir denselben hinein bis in die Nähe des Ortes Lyngen, drehte alsdann um und nahm Kurs nah der Jnsel Karlsö, wogegen8 Uhr Abends geankert wurde. Se, Majestät begaben Sich sofort in Seeoffizier:Uniform an Land und unternahmen einen Spaziergang in Begleitung des Ge- folges auf die Höhe der Tafel, wo ein Steinmann zur Erinnerung an die Allerhöchste Anwesenheit errichtet wurde. Um 11 Uhr verließen Se. Majestät an Bord des Aviso „Greif“ den Ankerplatz, um die Mitternahtssonne zu bewundern. Das Schauspiel vollzog
]| rufe der
sich in \{önster Klarheit des Himmels und bei leichtem
nördlichen Winde. rigster beobahteter Stand der Sonne
O 19 8‘ 30“, Nach Mitternaht ließen Se. Majestät an Bord des Aviso „Greif“ Klar Schiff mit Salutmunition machen. Ein gerade anwesender und in den Lyngen-Fjord einsteuernder normeger Passagier:Dampfer „Capella“, welher zu Ehren Sr. Majestät Flaggenshmudck angelegt hatte, mit der deutschen Flagge im Großtopp, wurde dem Kommandanten als Zielpunkt gegeben. Mit hoher Geshwindigkeit wardas 12 Seemeilen laufende Dampfschiff bald erreicht, welches bei der Annäherung Kanonen- {üsse abfeuerte und die Flaggen senkte, worin sih die Jubel- Touristen mischten. Der Aviso „Greif“ pasfirte vor dem Bug des Dampfers „Capella“, andauernd seine Artillerie ausnußend, und nahm seinen Kurs nach dem Ankerplaß bei Karlsó alsdann wieder auf, wobei „Capella“ noch eine Zeit lang folgte, um unter denselben Ehrenbezeugungen wie beim Passiren \chließlich wieder seinen Kurs in den Lyngen-Fjord aufzunehmen. Um 11/ Uhr lag „Greif“ neben der „Hohenzollern“ wieder zu Anker. Gegen 101/2 Uhr Vormit- tags (Freitag, 19. Juli) wurde die Reise nah Tromsö ange- treten und daselbst um 11/2 Uhr zu Anker gegangen. Se. Majestät verblieben Behuss Erledigung der eingegangenen Depeschen an Bord, während der größte Theil des Gefolges eine Tour nah dem Lappenlager von Tromsdal unternahm. Am folgenden Tage, Sonnabend, 20. Juli, erschienen Se. Majestät der Kaiser und König gegen 8 Uhr Morgens im besten Wohlsein auf Deck und begaben Sih gegen 101/, Uhr zu einem etwa zweistündigen Spaziergang in See- offizier-Üniform an Land. Vor der Mittagstafel arbeiteten Se. Majestät allein und ließen Sih Vorträge halten. Um 4 Uhr Nachmittags gingen die Kaiserliche Yacht sowie der Aviso „Greif“ Anker auf und dampften südlih. Se. Majestät arbeiteten au auf der Fahrt wieder allein. Um 61/4 Uhr Abends erhielt „Greif“ die Ordre, nah Bodö voraus zu dampsen, um die Post abzuholen. Die Yacht passirte um 10%, Uhr die Insel Andö, woselbst auf einem Felsabhang einige Hundert Möwen niften. Beim Austritte aus der Enge bei Andö erstrahlte die Mitternachtssonne in hellstem Glanze und in den buntesten Farben. Die Yacht steuerte nördlih um die Jnsel Andö.
— Se. Majestät der Kaiser und König unter- nahmen am Donnerstag, 25. Zuli, am späten Nachmittag noh eine längere Spazierfahrt in Bergen.
— Heute Vormittag 11!/, Uhr sind Se. Majestät der Kaiser und Kn wie „W. T. B.“ aus Wilhelms- haven meldet, an Bord der Yacht „Hohenzollern“ im neuen Hafen daselbst wohlbehalten eingetroffen. Gleichzeitig traf auch der Aviso „Greif“ ein, der auf der Rhede vor Anker ging, während die „Hohenzollern“ an der Schleuse anlegte. Die Schiffe des in Wilhelmshaven befindlihen Geshwaders und die Strandbatterien salutirten, die aufgestellte Ehren- Compagnie präsentirte, die Musikkapelle spielte den Prä- sentirmarsch und die“ Nationaihymne. er kTommandi- rende Admiral Freiherr von der Golß und die Admirale Heusner, Paschen und v. Kall begaben sih zu Sr. Majestät dem Kaiser an Bord. Um 12 Uhr verholte die „Hohenzollern“ iein Werft mit großem Flaggenshmuck. Das Wetter war prächtig.
— Jhre Majestät , die Kaiserin und Königin Augusta empfing am Donnerstag in Koblenz dén Besuch Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin F riedrich, Allerhöhstwelhe in Begleitung Jhrer König- lihen Hoheiten der Prinzessinnen Victoria, Sophie und Margarethe sowie des Kronprinzen von Griechenland dort eingetroffen war und nach mehrstündigem Verweilen nah Homburg zurückehrte.
— Bei der am 24. d. M. vorgenommenen Re ch8s- tags-Ersagwahl im 14, Wahlkreise (Stadt- und Landkreis Meg) des Wahlbezirks Elsaß ift Abbé Dellès, Pfarrer von St. Segolena, von im Ganzen abgegebenen 10358 Stimmen mit 9583 Stimmen gewählt worden.
— Der Landrath von Schwartkopf, Landtags- Abgeordneter für den 3. hannovershen Wahlbezirk (Stolzenau, Neustadt a. R.), ist gestorben.
— Der Jnspecteur der 1. Fuß - Artillerie - Jnspektion, General-Lieutenant von Teichman und Logischen, ist von Dienstreisen zurücfgekehrt.
— Der Staatssekretär des Reihs-Marineamts, Contre- Admiral Heusner, hat sih in dienstlihen Angelegenheiten nah Wilhelmshaven begeben.
— Die im Reichs-Eisenbahnamt aufgestellte und in der Nummer vom 25. Juli im „Reichs- und Staats-Anzeiger“ enthaltene Uebersicht der Betriebsergebnisse deut- \her Eisenbahnen für den Monat Juni d. J. ergiebt für die 71 Ei welche auch hon im entsprehenden Monat des Vorjahres im Betrieb waren und zur Vergleihung ge- zogen werden konnten, mit einer Gesammtbetriebslänge von 34 907,78 km, nachstehende Daten: Jm Juni d. J. war die Einnahme aus allen Verkehrszweigen auf ein Kilometer Betriebslänge bei 61 Bahnen mit zusammen 34 405,70 km höher und 10 nen mit zusammen 502,08 niedriger als in demselben Monat des Vorjahres. Jn der Zeit vom Beginn des Etatsjahres*-bis Ende Juni d. J. war dieselbe auf ein Kilometer Betriebslänge bei 58 Bahnen mit zusammen 33731,81 km höher und bei 13 Bah- nen mit Wien 1175,97 km (darunter 3 Bahnen mit ver- mehrter Betriebslänge) geringer als in demselben Zeitraum des Vorjahres. Bei den unter Staatsverwaltung stehenden Erino ahnen, aus\cließlich der vom Staat r i eigene nung verwalteten Bahnen, betrug Ende ni d. J.
kapital 22 2 454 900 M ié ag é O I m Rapitai Streden , r welche as ital bestimmt ist, 116,83 km, sodaß 2e je 1 km 195669 M Maler Bei den unter Privatverwaltung stehenden Privat- bahnen betrug Ende Juni d. Ÿ: das gesammte konzessio- nirte Anlagekapital 585516829 (305 516 550 M Stammaktien, 79 381 650 # Prioritäts-Stammaktien und 200 618 629 #4 Prioritäts-Obligationen), und die Länge derjenigen Strecken, für welche dies Kapital bestimmt ift, 3831,54 km, sodaß auf je 1 km 152815 #4 entfallen. Eröffnet wurden am 1. Juni d. J. dic Strecken Ribniz—Rostock
De In konzessionirte Anlage- 860 000 M (15405100 E Stammaktien, Prioritäts-Stammaktien und 5 000000
die Länge derjenigen
28,54 km (Königliche Eisenbahn - Direktion zu Berlin), Won- growit— Jnowrazlaw 77,67 km (Königliche Eisenbahn-Direktion zu Bromberg) und Gögenhof—Bieberstein 12,87 km (König- lihe Eisenbahn-Direktion zu Frankfurt a. M).
Württemberg. Friedrihshafen, 25. Juli. Jhre Abniglas Pei die Prinzessin asen. von Bayern traf heute Nahmittag zum Besuch Jhrer Königlichen Majestäten hier ein, nahm an der Tafel Theil und kehrte gegen Abend wieder nach Lindau zurück. Gleichzeitig waren heute ine Durghlauchten der Fürst und die Fürstin von Wald- burg-Zeil-Trauchburg mit Sohn, dem Erbgrafen von Waldburg- Zeil, zum Diner bei Jhren Majestäten eingeladen.
Baden. Karlsruhe, 27. Juli. (W. T. B.) Bei dem Erbgroßherzog ist das Fieber seit gestern weiter zu- rückgegangen. Katarrh und Husten haben gleihfalls abge- nommen, sodaß die Nacht reht gut verlaufen ist.
Großbritannien und Veit i ‘London, 27. Juli. (W. T. B.) Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Hessen ist gestern hier eingetroffen und am Bahnhofe von E Prinzen Christian zu Schleswig - Holstein empfangen worden.
Das Unterhaus setzte gestern die Berathung der Apanagen-Vorlage fort. Morley kündigte für nächsten Montag die Einbringung eines Antrages an, in welhem erklärt wird, daß das Haus nicht geneigt sei, die Lasten des Volkes für Apanagen zu vermehren, ohne die Versicherung, daß keine weiteren Apanagen gefordert werden sollen. Hierauf wurde die Be- rathung über den Antrag Labouchère zuEnde geführt, welcher besagt, daß die zur Verfügung der Königin und der übrigen Mitglieder der Königlichen Familie stehenden Gelder ohne weitere Anforderungen an die Steuerzahler ausreichend seien. Der Antrag wurde mit 389 gegen 116 Stimmen abgelehnt.
— (A. C.) Aus Kalkutta, vom 23. Juli, wird den
„Daily News“ über die Lage in Sikkim berichtet : _ Mr. Hart ist nach Darjeeling zurückgekehrt, nachdem er eine Konferenz mit dem Ampan in Nichagong gehabt hat. Es ift etwas Hoffnung vorhanden, daß ein Abkommen erzielt ist, be- stimmte Naébricten sind aber nicht eingelaufen. Man redet davon, daß die britischen Truppen aus Sikfim zurückgezogen werden loben da man überzeugt ift, daß die Thibetaner nicht wieder fich in Sikkim einmishen werden. Die Pläne zur Eröffnung eines Winter - feldzuges, um eine Verbindung über das zwiswen Chitta- gong und Birma liegende Bergland herzustellen, werden ent- worfen. 4500 Mann Soldaten werden zu dem Zuge nöthig fein. Die größten Schwierigkeiten bereitet die Beförderung von Kriegs- material und Proviant.
__ Frankreich. Paris, 26. Zuli. (W. T. B) Der König von Griechenland ist heute Nahmittag nach London abgereist. ,
Gegen die Ueberführung der sterblihen Reste von Latour d’'Auvergne nah dem Pantheon ift von den Nachkommen des Generals bei der französishen Regierung Protest erhoben worden mit dem Hinweis, daß es für einen bescheidenen Helden wie Latour d'Auvergne keine Grab- stätte gebe, welh? dem Schlachtfelde, auf dem er gefallen, vor- zuziehen sei.
Die Kandidatur Boulange1's für die General: rathswahlen ist in 92 Bezirken aufgesiellt worden.
land und Polen. St. Petersburg, 26. Juli. ) Der Herzog von Edinburg itt hier ein:
(W. T. getroffen.
Jtalien. Rom, 27. Juli. (W. T. B.) Der König ist heute Vormittag in Monza eingetroffen.
Der russisheSpezial-Gesandte beim päpstlichen Stuhl, Jswolstki, ist gestern mit Urlaub von hier abge- reist; derselbe wird in einigen Wochen Behufs Wiederaufnahme der Verhandlungen mit dem Vatikan zurückerwartet.
Der „Agenzia Stefani“ wird aus Coni, vom gestrigen Tage, gemeldet: Am 22. d. M. verhaftete ein Sicherheits- beamter einen Fremden, welcher sich dur sein Benehmen verdächtig gemacht hatte. Bei dem Verhafteten wurden drei italienische topographische Karten, sowie Aufzeichc- nungen über italienishe Grenzforts gesunden. Bei seiner Vernehmung gab der Fremde an, daß er einem franzöfischen Alpenklub angehöre, und daß die er- wähnten Aufzeinungen von ihm herrühren. Die eingeleitete Untersuhung hat ergeben, daß der as Beziehungen zu französischen Grenzkommissaren hatte. Auch ist Grund zu der Annahme vorhanden, daß der Verhaftete ein Lieutenant im 24. französishen Chasseur-Regiment ift.
Schweiz. Bern, 27. p (W. T. B.) Wie das „Berner Tageblatt“ meldet, ist die Zahl der Unterschriften, dur welche ein Referendum gegen das von der Bundesver- sammlung erlassene Bundesgesez über das Beitrei- bungs- und Konkursverfahren verlangt wird, auf bei- nahe 50 000 gestiegen. Es wird in Folge dessen die Volks- abstimmung stattzufinden haben. :
Afrika. Egypten. Kairo, 24. Juli. (A. C.) Ali el Kourg, ein bekannter Kaufmann, dessen Haus General Wolseley während der früheren Nil-Expedition als Haupt- quartier benußte, wurde heute in Kairo auf Befehl des Sirdars wegen Connivenz mit Wad-el-Njumi verhaftet. Er war früher des heimlihen Einverständnisses mit den Ein- dringlingen verdähtig, aber bestimmte Beweise gegen ihn hat man erst jeßt erhalten.
Innerhalb weniger Tage erwartet man eine entscheidende Schlacht am Nil zwischen den Derwischen und den vereinigten egyptishen und britishen Truppen. Das Gefecht bei Arguin, am 2. Juli, bildete dazu das Vorspiel. Die Streitmacht des Feindes wird sehr verschieden geschäßt; der Sekretär von Njumi's bedeutendstem Emir sagt , daß sie 14000 Personen zählte, als fie die Grenze überschritt, darunter 5000 sftreitbare Männer; der Rest seien Sklaven oder dem Heerzuge nachlaufende harmlose Leute. Nach den britischen
ekognoscirungen kann man die Truppenmaht der Derwische auf 2800—3000 Kämpfer s{häßen. Die bis zum Tage der Schlacht ankommenden Verstärkungen mögen immerhin auch 1—2000 Mann betragen. Das ihnen gegenüberstehende britisch:egyptische Kontingent wird als ausreichend betrachtet. Die nunmehr vom General-Major de Montmorency befehligten egypti- hen Schwarzen sind vortrefflihe Soldaten, wie sie es des Oefteren bewiesen haben, und bei ihnen fehten 3 britische Bataillone, welhe von Kairo an die Front vorgeschoben worden sind.
— 25. Juli. (R. B.) Den neuesten Telegrammen aus Assuan zufolge hat sich Wad-el-Njumi's Stellung nicht
verändert. Jn Scharmüßgeln unweit Bellana am
n Tage wurden mehrere Derwishe getödtet und 90 angene und Flüchtlinge nah dem Lager gebracht. Maku's Streitmaht soll nah einem langen Umwege durch die Wüste, den fie machte, um die egyptischen befestigten Posten längs des Nils zu vermeiden, ganz in der Nähe von Njumi's Lager angelangt sein. Die Flüchtlinge entwerfen furhtbare Schilderungen von der Grausamkeit der Derwische und der von ihnen verübten Gräuelthaten. Oberst Kitchener begab fih heute Morgen von Affuan nach Toski. Das 90. Husaren-Regiment und eine Abtheilung britischer Artillerie kamen heute in Assuan an. Der Sirdar hat die egyptische Streitmacht in zwei Kolonnen eingetheilt, welhe von den Obersten Wodehouse und Kitchener befehligt werden. Der E stieg gestern bei Wady Halfa um 60 und heute um cem,
HZeitungsstimmen.
Der „Hannoversche Courier“ zieht aus dem Verlauf des internationalen Arbeiterkongresses folgende Sclußfolgerungen :
„Von Reformen sei wenig zu hoffen, es lebe die soziale Revolution! das war der immer wiederkehrende Refrain in fast allen Reden. Und in dieser fast verblüffenden Offenheit, mit welcher die leßten und eigentlichen Ziele der Sozialdemokratie verkündet, mit der die Thaten der Kommune gepriesen und als nahahmungêwecrth gescil- dert wurden, liegt für uns die Hauptbedeutung dieses Kon- gresses. Den deutschen Arbeitern, welwe von der Sozialdemokratie eine Verbesserung ihrer sozialen Lage erbofften und gläubig den Worten der Führer vertrauten, daß solches nur auf dem Wege der Reform, der geseßlihen Umgestaltung gesheben werde, brauht man künftig nur die Akten des Kongresses vorzulegen, um sie über die wahren Ziele dieser Volksmänner zu belehren, und wenn die Vertreter der deutsden Sozialdemokratie im Reichstage es wieder in Abrede stellen, die Leiter ciner revolutionären Partei zu sein, den
ewaltsamen Umsturz der jeßigen Gesellsshaftsordnung vorzubereiten, jo wi1d eine Verweisung auf die Verhandlungen ihres Pariser Ar- beiterkongre}ses ausreichen, um sie von der Wahrheit dieser Anschuldigung zu überführen. Bei den Berathungen über den Ersaß des Sozialisten- geseßes wird man niht umbin können, \sich der Pariser Vorgänge zu crinnern; wenn die Sozialdemokratie sich iwmer ernster auf den Tag der Entscheidung vorbereitet, immer entschiedener die revo- lutionâre Propaganda betreibt, so wird man den Staat nicht obne außerordentlihe Mittel einer solchen Gefahr gegenüber lassen dürfen, und selbst diejenigen Fraktionen, die bislang vor dieser Gefahr dem Vogl Strauß glei den Kopf in den Sand gesteckt haben und turch einfahe Beseitigung des Sozialistengeseßes den Staat wehrlos gegen dieselbe machen wollter, werden Angesibts der Enthüllungen des Pariser Kongresses doch wobl niht umhin können, ihre Stellung zur Frage des Sozialistengeseßes und feines Ersaßes einer erncuten Prü- fung zu unterziehen, es könnte sonst sein, daß die Wäbler sie kräftig daran erinnern.*
Zu dem gleihen Thema äußert fih die „D eutsche volkswirthschaftlihe Correspondenz“:
„Nicht umsonst hat Karl Marx, der ceiftige Vater nicht nur der deutshen Sozialdemokratie, sein „Proletarier aller Länder, ver- einigt Euch!“ an die Spitze seiner Manifeste gestellt. Seit die alte Internationale (1877) in Serben ging. hat vor Allem die deutsche Sozialdemokratie fortgesest dana geftrebt, eine neue {on deshalb zu gründen, damit ihren Häuptern als den Chefs eines Weltbundes ein Machtshimmer zuwahse, der die Massen zu blenten im Stande sein möge. Verschiedene Male glaubte man dem neuen Bunde sehr nahe gekommen zu sein, besonders nahdem vor zwei Jahren beim Lumter Kongresse die englishen Trades unions den Auftrag bekommen und übernommen hatten, einen Weltkongreß zu berufen. der zwar nur wirthshaftliche
. Fragen, Arbeitershut 2c. berathen sollte, aber doch den Angelpunit
eines neuen Weltbundes der sozialreoolutionâren Partei-n abzugeben in Ausficht stellte. Dieses aber scheinen gerade die englishen Gewerk- vereinler niht gewollt zu haben; deshalb ftellten sie die Forderung auf und bielten daran fest, das Mandat zu dem von ihnen berufenen Kongresse solle nur durch von Arbeirerorganisationen gewählten wirk- lichen Arbeitern ausgeübt werden.
Hiermit sahen sih die Führer urserer Sozialdemokratie als aus- ges{lossen an und der Lontoner Kongreß ging obne sie vor si. Dasselbe Schicksal bedrohte sie, als die französishen Possibilisten den Auftrag, den sie in London erhalten, ausführten und zur Fort- seßung der dort nit abgeschloffenen Verhantlung über A einen Kongreß nach Paris beriefen. Auch von diesem betrachteten si unsere Sozialdemokratie und ihre französishen Gesinnungsgenoffen, die Marxisten, von vornherein als ausges{lossen, da die VMandats- bedingungen ibnen unerfüllbar waren. Dem gegenüber versuchte man den Pariser Kongreß der Possibilisten zu sprengen und batte hiermit insofern Erfolg, als man einen zweiten fozialrevolutionären Kongreß durch die französishen Marxisten zu demselben Tage nah Paris berufen ließ, zu welhem die Possibilisten den ihrigen berufen hatten.
Aus den „Ergebnissen“ dieser Kongresse ift nur Eines von Interesse: der Umstand nämli, daß deren Vershmelz;ung zu einem troß marcherlei darauf abzielenden Bemühungen nicht gelungen ist. Das Marx’she Hauptziel der Vereinigung der Proletarier aller Länder ift also nit erreicht worden, vielmehr der dazu genommere Anlauf wieder einmal gescheitert. Zwar haben die Herren „Delegirten“ bei demKongrefse gemeinsam einen von derStadtParis ihnen gebotenen, Ehren- trunk* im Stadthause gethan, aber das große Verbrüderungsfest, welches die Herren Liebkneht und Bebel für dies Proletariat aller Länder sym- bolisch feiern wollten, ja nicht einmal die „Volks“verbrüderung von Deutschland und Frankrei ift zu Stande gekommcn. Der eigent- lihste Zweck des ganzen Unternehmens, welches denjenigen deutschen Arbeitern, die thôriht genug waren, über 89 Delegirte mit Reisegeld As auszustatten, ziemlich theuer gekommen ift, wurde also verfehlt.
Wenn man lieft, was die deutshen Blätter über diese Vorgänge urtheilen, so bemerkt man, taß keines derselben so recht weiß, was es aus denselben machen soll, und so treten die vers{iedensten Urtbeile zu Tage. Von der einen Seite lobt man die beim Marxistischen Kongreß — von dem anderen hat man noch weniger als von diesem erfabren — beobabtete „Mäßigung“, von anderer weist man jedoh und offen- bar mit Recht darauf hin, daß die öffentlichen Vorgärge, über welche die dürstigen Berichte naturgemäß \ih allein verbreiten, bei der ganzen Veranstaltung sehr nebensählich waren. Von dem aber nicht ôffentlih Verhandelten weiß man bisher nichts; von welcher Couleur es sein mag, kann man aber vielleiht daraus s{ließen, daß der nare der Marxisten unter Gegenwart und Billigung der deutschen „Delegirten“ eine Ehren-Sy mpathiebezeugung?für die Mörder, Diebe. und Brandstifter der Pariser Kommune von 1871 beshloß. .
Für die politishe Welt wird also als Ergebniß dieser Mani- feftationen nur festzuhalten sein, daß die neue Internationale zwar niht zu Stande gekommen, wohl aber angestrebt wurde und daß unsere sozialdemckratishen Matadoren zwar nicht als Chefs des neuen internationalen Bundes zu uns zurückebren, wohl aber sih im Aus- lande dadur läterlih gemact haben, daß sie in der Kommune von 1871 ein Verbrechen feierten, für welhes Frankreih zwar seinen mißrathkenen Söhnen Amnestie gewähren konnte, welches aber für die Kulturmenschheit defsenungeahtet doch immer ein Schandfleck in der Weltgeschichte bleiben wird.“
n der „Kölnischen Zeitung“ lesen wir: b Scimpfwort „Angstprodukt“, welches der Führer der deutshfreisinnigen Partei auf der parlamentarishen Rednerbühne der
Mebrheit des jeßigen Reichstages anzubeftea versuhte und welches unter endlosem Gewitzel über Pikrinïäure, Melinitbomben, Gren-z baradcken, die alle dem Gebiet der Märchen angehören sollten, von der deutschfreisinnigen und der ultramontanen Presse eifrig aus- gebeutet wurde und wird, — dieses Schimpfwort erhält heute aus der freisinnigen Preffe selbst eine merkwürdige Beleutung, auf welche hingewiesen zu haben das-Verdienft der „Konservativen Correspondenz“ ist. Diese hebt aus einem die Anklage gegen Boulanger behandelnden Leitartikel des „Berliner Tageblatts* vom 23. Juli folgendes offene, wenn auch vom freisinnigen Parteistandpunkte äußerft unbedahte Eingeständniß hervor :
„ „Es kam die Melinitwuth; um die Kammern zu bethören, lud der brav’ général fic zu den Versuchen mit den neuen Ge- \{üten und Geshofsen ein, und um die Armee in fkriegslustige Stimmung zu versetzen, begann der Déroulède-Patrioten-Schwindel, womit Hand in nd die stärkere Grenzbelegung, der Lokomotivenbau und Magazinbau im Osten gingen; dann war dem brav’ général flar, daß er sein Protektorat am besten durch eine „petite guerre“ cinleiten kêônne. Indem er sfich Rußlands Bundesgenofsenschaft zu sihern gedachte, glaubte die „Welt“, vor allen Dingen aber die französishe Armee, der Tag der Rache sei gekommen, und Boulanger war thatsählih eine zeitlang — der König der Armee! Man weiß heute, wie nahe wir damals einem Kriege waren.“ “ / :
Urd die umfassende Art der französischen Kriegsvorbereitungen wird an einer anderen Stille des Artikels, in der von den Boulanger zur Last gelegten Veruntreuungen die Rede- ist, wie folgt geschildert : ¿ N
„ «Leben doch die Besatungen in den Ostfestungen noh heute von den Kriegsvorräthen Boulanger's aus dem Winter 1886/87! Und kann man do in französischen Journalen lesen, daß die Mannschaft das Brot und die Pferde den Hafer nit nehmen wollen, welche 1887 als Magazinnahrung für die Feld- armee dienen sollten und von Boulanger in Massen angekauft wurden. Hier hat es sih wahrlich nicht um Bagatellen, sondern um Millionen gehandelt. Daß Boulanger feinen Krieg rit fand, war die Ursache seines Falles und seines moralischen Bankerotts.“
Und nun follen die deutsche Regierung und die Kartellparteien jene Kriegsgefahr erfunden haben, um von den dur bloße Sreckgespenster geängstigten Wählern einen gefügigen Reichsta zu erprefsen! In dem damaligen Wakhlkampf aber is nahweiéli nur ron dem Septern2at und den von ciner sehr bedenklichen äußeren Lage geforderten Maßnahmen die Rede gewesen; von unserer Seite wurde bchauptet, daß eine Kriegsgefahr vorläâge, von der Oppositionépresse wurde dies bestritten. Die Mehrheit Ricter- Windthorst-Grillenberger erlitt damals ihre wohlverdiente Nieder- lage, weil das deutshe Volk den nationalgesinnten Männern glaubte und das Gefühl hatte, daß das Schidfal des Vaterlands urter kritishen Verbältnissen besser bei den Vertretern der Kartellparteien aufgeboven wäre als bei einem maßgebenden Einfluß von Politikern wie Eugen Richter und-Windthorst. Abec selbst wenn der Freisinn zur Zeit der leßten Reichstags8wahl nur leichifertig gebandelt und wirkli niht an eine unmittelbar drohende Kriegsgefahr geglaubt hat. würde das deutshe Volk nah der jeßt gemachten Erfahrung wissen, von welher Seite es Jrreführungen und von welcher es ein richtiges Urtheil und wohlbegründete Rathschläge zu erwarten hat.“
Centralblattfürdas Deutsche Rei. Nr. 31. — Inhalt: Marine und S(iffahrt: Bekanntmachung, betreffend die Prüfung der Maschinisten auf Seedampfscifffen. — Konsulatwesen: Ernennun- gen. — Ermähtigungen zur Vornahme von Civilstands-Akten. — Eisenbahnwesen: Druckfehler-Berichtigung. — Zoll- und Steuer- wesen: Schiffsbau-Regulativ (Zollfreiheit der Schiffsbaumaterialien). — Polizeiwesen: Ausweisung von Auéländern aus dem Reichsgebiet.
Statiftik und Volkswirthschaft.
Ueber die allgemeine wirthshaftlihe Lage im Jahre 1888 / spriht \ich der Handelskammerberiht von Halle a. S. folgender- maßen aus: -
„Die allgemeine Geschäftslage für Induftrie, Handel und Ge- werbe hat im Jahre 1888 eine nicht unwesentlihe Aufbesfe- rung erfahren. Denn es waren nicht nur die verschiedenften Zweige der genannten wirthshaftliben Nährstände im Großen und Ganzen während - des Berichtsjahres — mit Ausnahme der Saison- und Campagnebetriebe, welche naturgemäß ihre Thätigkeit nur eine bestimmte Zeit hindurch entfalten können, — vollauf beshästigt sondern es fand auch eine entsprechend größere Nachfrage nah den in unserem Bezirk erzeugten Artikeln ftatt, sodaß die Lager zum Schluß des Jahres nicht nur keine Vermehrung aufwiesen, fordern vielfah geräumt worden waren. Außerdem entwickelte sich ein so reger Umsay in Gütern, daß die Eisenbahnen den an sie berantretendea Anforderungen nicht vollständig genügen konnten, sondern während zweier Perioden des Berichtsjahres sih außer Stand geseßt sahen, die für den Versandt nothwendigen Güterwagen in bisher übliher Weise zu stellen. Es entfaltete sich nit nur ein lebhafter Geschäftsverkehr mit den meisten Theilen des Deutschen Reichs, sondern es wurden au die biéher angebahnten Export- beziehungen zu faft allen europäishen wie vielen über- secishen Staaten und Gebieten weiter gepflegt und gefördert, fo daß der Handel und die Industrie unseres Bezirks in erfreulicher Weise auf dem Weltmarkt hervorgetreten sind. Der überseeische Verkehr war im Allgemeinen so lebhaft, daß sogar bemerkers- werthe Transporterhöhungen für Seefrachten durchgeführt werden konnten.“ Der Bericht klagt aber darüber, daß das Ergebniß troßdem nit so günstig gewesen sei, weil die fertigen Waaren fast nirgends der meist dur Kartellfonventionen bewirkten Preissteigerung der Rohstoffe und Halbfabrikate hätten folgen können. Weiler er- wähnen wir aus dem allgemeinen Theil des Berichts noch Folgendes :
„In Bezug auf die Arbeitsverhältnisse sind besondere Veränderungen während des Berichtsjahres nicht Wu verzeihnen. Im Allgemeinen gestalteten sich dieselben normal. ie Löhne konrten als mittlere charafte:isirt werden, sie waren im Dur{schnitt, nah den uns zugegangenen Berichten zu urtheilen, weder zu hoh, um cine Benachtheiligung von Industrie, Handel und Gewerbe herbei- zuführen, noch zu niedrig, um eine Schädigung der arbeitenden Bevölkerung in sh zu schließen. Sie befanden sh demnach dur- weg höher, als der Standpunkt des nothwendigen Lebensunterhaltes auémachte Im Einzelnen mag noch bemerkt werden, daß in folhen Gegenden, woselbst neue Bahnbauten vorgenommen oder sonstige größere Unternehmungen ins Leben gerufen wurden, über Arbeitermangel Klage geführt wurde. ‘Von anderen Seiten, jedo nur ganz vereinzelt, wurde betont, daß die Verwendung der Arbeiter eine geringe Einschränkung erfahren habe. Im Großen und Ganzen spriht man sich über die Leistungen und über das Verhalten der Arbeiter Seitens der Arbeitgeber befriedigend aus. Die sozial- politisheGeseßgebung des Deutschen Reichs findet mehr und mehr die Anerkennung und Zustimmung weiterer Kreise, indem Arbeitgeber und Arbeiter dieWohlthatderKrankenkassenundÜUnfallversiherung immer vollständiger zu \ckäten lernen und die ihnen aufgelegten Beiträge gern bezahlen. Auch wird es von verschiedenen Seiten besonders ge- 1übmt, daß die weiblichen Arbeiter mit in das Krankenkafsengeseß ein- begriffen sind und somit an den Segnungen desselben Antheil haben. Jedoch mußte es mehrfach als eine Härte empfunden werden, daß für die ersten 3 Tage der Erkrankung auch bei länger andauernden Krank- beiten und bei Unfällen feine Unterftüßungsgelder zur Auszablung gelangen. Da die Karenztage doch nur Simulationen verhindern follen, könnte es angebracht erscheinen, bei länger andauernder Krank- beit au für die erften drei Tage die bezüglichen Entschädigungen zu entrihten. Sehr \{chlecht fügen sih in den Rahmen der Krankenkassen
die bevorzugten freien Hülfskassen ein, weshalb deren Besei- tigung, nachdem die Leistungen dec Krankenkafsen erhöht sind, als wünschenswerth bezeichnet wird.“
Statistisbe Beweise für die Hebung der Volks- wohlfahri. ;
Aus dem soeben von dem Königlih sähsisben ftatistischen Bureau berausgegebenen ftatiftishen Jahrbuch mit Kalender für 1890 macht die Böbmert'she „Sozialcorrespondenz“ interessante Mit- theilungen. welhe als Beweise von der Zunahme der Volkswohl- fahrt im Königreih Sachsen gelten können. Das gebt zunächft aus den Ergebnissen der Einkommensteuer hervor, die in feinem Staat so ausgebildet ift und \tatistish so vielseitig be- arbeitet wird, wie in Sachsen. Das Einkommen der sähsishen Bevölkerung hat sich nach Abzug der Schuldzinsen von 1886 bis 1588 wiederum - von 1236 Mill. auf 1337 Mill. Mark vermehrt. Die Zabl der eingeschäßten Personen ift in derselben Zeit von 1267 866 auf 1 327 771 gestiegen. Von dem Gesammteinkommen des Iabres 1888, das si ohne Abzug der etwas über 105 Mill. betragenden Sculdzinsen äuf 1442 Mill. Mark belief, entfielen nah den Einkommensquellen rund 247,4 Mill. auf Einkommen aus Grund- besig, 167,8 Mill. auf Renten, 583,8 Mill. auf Gehalte und Löhne und 443,7 Mill. auf Handel und Gewerbe. :
Unter den Beitragspflichtigen des Jahres 1888 waren 1 322 650 pbysishe Personen mit einem cingeshäßten Einkommen von 1293 Mill. Mark und 5121 juristishe Personen mit einem eingeschäßten Einkommen von 44 Mill. Mark.
In dem Zeitraum von 1879 bis 1888 ist die Zahl der ein- geschäßten Personen von 1 088 002 auf 1 327 771 und ihr eingesbägtes Einkommen von rund 959 auf 1337 Mill. Mark geftiegen, während die Zahl der Einwohner von 1880—1885 nur von 2972805 auf 3182 003 gestiegen ift. /
Das Gesammtrermögen der sächsisden Sparkassen betrug 1851: 17,8 Mill. Mark, 1861: 59,9 Mill., 1871: 137,8 Mill, 1881: 368,5 Mill. und 1886: 494,8 Mill. Mark. Die Zakbl der Sparkafssenbüher war in derselben Zeit 1851: 110438, 1861: 298 918, 1871: 507 248, 1881: 958 549 und 1886: 1339720 Im Jahre 1886 gehörte also {on mehr als ein Drittel der Bevölkerung zu den Sparern. Auf ein Sparkafsenbuch kamen dur{schrittlih 2,38 Köpfe der Bevölkerung.
Einer der besten Gradmesser des Wohlstandes ist der Fleis{- verbrauch. Der Verbrauch von Rindfleish ist in Sachsen von 1880 bis 1887 durchschnittlich auf den Kopf der Bevölkerung von 22,2 auf 26,2 Pfd. gestiegen, .und der Verbrauch von Schweinefleish in der- selben Zeit von 36,2 auf 43,5 Pfd.
Es sind dies erfreulide Beweise der Woblstandszunahme.
Die Eisenbahnen im Großherzogthum Baden.
Am Jahres\{luß 1887 betrug (nach den im neuesten Heft [4, 1889] des „Archivs für Eisenbahnwesen® mitgetheilten amtlichen Angaben) die Länge der vom badishen Staat betriebenen Bahnen 138341 km. Davon kamen: auf die badíishen Staatsbahnen 1256,09 km (abzüglih 1,64 km verpahteie Strecke), auf die ge- pahteten Strecken 24,48 km, auf die mitbetriebenen Strecken 4,89 km, auf Privatbahnen 97,95 km, zusammen 1383,41 km. Davon waren doppelgeleisig 326,36 km. Im Nebenbetrieb befanden sh: von den badishen Staatsbahnen 164,01 km, von den Privatbabnen 42,63 km, dazu Nebenbahnen für den Güterverkehr 7,06 km, ergiebt zusammen 213,70 km. Die Betriebslärge im Jahresdurchshnitt war 1351,95 km. Die volle Eigenthumslänge der Staatsbahnen betrug 1257,73 km. Die Ge- sammtlänge der am Schluß des Jahres 1887 im Großherzogthum Baden gelegenen Eisenbahnen war 1401,08 km, nämlich 1285,50 km badische Bahnen (einschließlid 38,28 km badishe Strecke der Main- Necktar-Bahn) und 115,58 km auswärtige Bahnen auf badischem Gebiet. In auswärtigen Staaten liegen 137,83 km badischer Eisenbahnen.
Das Anlagekapital betrug bei den ¿Staatsbahnen 420 566 681 4, bei den Privatbahnen im Staatébetrieb"10 313 845 4, zusammen also 430880526 Æ; auf 1 km kommen demnach 317 834 M (bei den Staatsbahnen 334 386 , bei den Privatbahnen 105 297 M). Das der Rentenberehnung zu Grunde liegende Anlage- kapital bezifferte sich auf 424433119 Æ 24 4 (für die Staats- bahnen auf 414131700 A 52 S, für die Privatbahnen auf 10311418 M 72 S).
Die finanziellen Betriebsergebnifse des Jahres 1887 waren: Einnahme 38 844 530 M gegen 36 7716985 4 im Vorjahre (davon aus dem Personenverkehr 12543 857 #4, aus dem Güterverkehr 21 476 734 Æ), d. \. pro Kilometer Bahnlänge 28 732 gegen 27 844 6 im Vorjahre; Ausgabe 21 546 590 4 gegen 22771440 #, d. f. pro Kilometer Bahnlänge 15 937 K gegen 17243 4A im Vor- jahre. Der Einnahmeüberschuß betrug demnach für 1887 17298 140 4 gegen 14000256 4A im Jahre 1886 oder auf 1 km Bahnlänge 12 795 Sé gegen 10 601 im Vorjahre. :
Im Verglei mit dem Vorjahre bat im Jahre 1887 die Zahl der beförderten Personen um 10,80 9/6, die Tonnenzahl der beförderten Güter um 8,98 %o und die Gesammtecinnahme um 5,64 °/9 zugenommen, die Gesammtausgabe um 5,38 °/5 abgenommen, der Ginnahme-Ueber- \{chuß urm 23,56 9/o zugenommen, das Renten: Anlagekapital um 2,02°%/6 zugenommen. Die Anlagekapitalien rentirten sich bei den Staats- bahnen mit 4,05 %/o, bei den Privaibahnen mit 5,20 °/o, zusammen also mit 4,08 9/6 (gegen bezw. 3,32 °%/0, 5,01 9/0, zusammen aljo 3,37 °% im Jahre 1886).
Von dem badishen Antheil der Main-Neckar-Bahn betrug für 1887 das Baukapital im Ganzen 8 529 306 M4 54 A, im Jahres- mittel § 221 310 M 72 , der Einnahme-Uebershuß-Antbeil 831447 M 56 A. Es verzinste sh demnaw das Anlagekapital im Jahre 1887 mit 10,11% gegen 9,13 9% im Jahre 1886,
Kunft und Wissenschaft.
Das Comité für die Errihtung cines Denkmals für Carl Maria von Weber in Eutin hat, wie das „Dts. Tgbl.“ berihtet, das von dem BVildbauer Peterih nunmehr vollendete Denkmal abgenommen, sodaß dasselbe zur Herftellung des Gusses, der in Bronze ausgeführt werden soll, abgegeben werden fann. Das Denkmal wird im Laufe des Herbstes vollständig fertig werden, jedo ift mit Rücksickt auf die zu Festlihkeiten ungünstige Jahres- zeit davon abgesehen, die Aufstellung und die damit zu verbindende Enthüllungsfcierlibkeit noch in dem laufenden Jahre vorzunehmen.
— Dem Bildhauer Werner Stein in Leipzig ist obne vor- ausgegangene Wettbewerbung die Ausführung des dort zu errichtenden Mendels\sohn-Denkmals übertragen worden. Werner Stein ist in Braunshweig geboren und batte seinerzeit sich auch an dem Wettbewerb für das Braunschweiger Abt - Denkmal betheiligt. Sein Entwurf kam in engere Wahl mit dem jeßt zur Ausführung be- stimmten Viodell von Professor Eht:rméier. .
Literatur.
„Dislokationskarte der russischen Armee“_ im europäischen Reichstheile nebs tabellarishec Uebersicht der Ordre de Bataille und der Armeeverhältnisse im Frieden, in der Mobilisirung und im Kriege und der wichtigen Veränderungen im Jahre 1888 und Anfangs 1889. Nach dem -offizielen russishen Truppenverzeihniß „Rospisanie“ bearbeitet vom K. K. Ober-Lieutenant Eugen Schuler. Maßstab 1 : 4 500 000. Wien, Verlag und Eigenthum von Artaria u. Co. Berlin, Simon Swropp'\whe Hof-Landkartenhandlung. — Von dieser Karte ift soeben die zweite Auflage erschienen, welche gegen die frühere wesentlihe Veränderungen aufzuweisen hat. Eine Tabelle giebt einen Ueberblick über die Organisa:ion der russishen Armee, eine zweite Tabelle vermerkt die wichtigen Veränderungen in derselben im Jahre 188 und Anfangs 1889. Nach den bier gebotenen, offiziellen Quellen entnommenen An- gaben beziffert sich der Friedensstand der rufsishen Armee gegen-