1932 / 224 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 23 Sep 1932 18:00:01 GMT) scan diff

Zeitabsch{Gn ilt

und Staatsanzeiger Nr. 224 vom 23, September 1932,

B. Stärkfezuckerfabrikfen.

I. Es sind verarbeitet worden :

Kartoftelstärke in den Betrieben erzeugte

feubte | trodene

Maiéstärke angekaufte

feute |

trockene

[ck

Zer 4

trodckene

IL Es sind gewonnen worden :

Andere zucker- haltige

Stoffe

Stärkes zudcker- ablâäufe

D

Stärke- zucker in fester Form

Stärke- zuckersirup

Zudcker- farbe

i ugut 1982 „e 4 2 Ven erien c L eo s a ep eq Vom 1. September 1931 bis 31. August 1932

Vom 1, September 1930 bis 31. August 1931 ?)

Nübensaftfabriken !),

Verarbeitet

14 705 | 9 175 141683 | 111398 156 388 } 120 573 58 195 598 165 499

j 1 640 79 225 80 865 121.835

70

Gewonnen

Zeitabschnitt

Nobe Nüben

Rübensäfte mit einem Reinheitsgrade

von mehr | von 70 bis | von weniger als 95 vH 9% vH als 70 vH

dz

Melasse

Im August 1932 . é 05 Le Ti GIR) 0 60 e Vom 1. September 1931 bis 31, August 1932 ._. Vom 1. Septeinber 1930 bis 31, August 19319) ,

. . . s s E A 0 o o s s Ó . . s s . .

1 064 029 1 064 029 481 524

224 046 224 046 97 130

zu Nübensaft verarbeiteten ) ?) Berichtigte Ergebnisse. ?) Endgültige Ergebuisse,

1 524 43 10 903 8 224 12 427 8 267 21 258 13 542

24 874 302 625 327 499 406 377

1 303 12 451 13 754

2123

1 001 42 4129 43 430 45 399

1) Die in den Zuckerfabriken nit auf Zucker, sondern unmittelbar Nüben sind uyter C nadchgewie}en,

Berlin, den 22, September 1932. Statistishes Reichsamt.

Wagemann.

Versteuerte und steuerfrei abgelassene Zuckermengen im Monat August 1932 und im Betriebsjahr 1931/32.

In den freien Verkehr übergeführter versteuerter Zucker!)

Auf die Erzeugnisse der Spalten 3—8 entfallen an Zuckersteuer

Steuerfrei abgelassene Zuckermengen *)

G Nübenzuckerabläufe, Anderer | Nübensäste, andere kristalli- | Rübenzuckerlösungen sierter | und Mi)chungen dieser F r Srteaguise mit einem DeT- Reinheits8grad brauhs- E zuer)

Landes- Noh-

zucker

finanzamts- bezirke

| von mehr als 95 vH

von 70—95 vH

Stärke- zucker- firup

Nübenzudckerabläufe, Nübensäfte, andere Rübenzukerlösungen und Mischungen dieser Erzeugnisse mit einem Neinheitsgrad

von mehr als 9% vH

Noh- und Verbrau(s- zucker Spalten 8 u. 4

Fester Stärke- zucker

Stärke- zucker

von 70—95 vH

Zusammen Spalten 9 bis 12

Nübenzuckerabläufe,

Nübensäfte, andere

Nübenzuckerlösungen und Mischungen dieser Erzeugnisse mit einem Neinheitsgrad

Anderer kristallisierter Zucker

(Verbrauchs- zuder) |

Stärkezuctersirup ester Stärkezucker |

von | von mehr | 70—95 vH | als 95 vH | È

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A —— 19 Brandenburg . 159/ 20 521 Breslau . 1559| 119 808 Darmstadt . 2j 13 990 Dreéden . , 5 9 522 Düsseldorf . 7 99 703 Hannover 34| 158 870 Karlöruhe . 23 313 Kassel . 84 Köln 45 443 Königsberg 9 284 ‘eipzig 59 Magdeburg i 463 378 YNectlenburg-WÜübeck 18 072 München ¿ 2 Münster 7188 i E 37918 Ober|chlesien . 1 266 Oldenburg -—

Schleéwig-Holstein 38 729 Stettin e 144 874 Stuttgart . 28 698 Thüringen . 52 618 Unterelbe . 529 Cte 2 » os 7 11 Würzburg . 8 76 919

1 2 3 4 H 6 7 &

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190 498

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307

434 270 2519 174 293 836 200 059

1 253 899 8 336 982 489 454 1777 954 864 194 969 1245

9 735 854 379 571 165

150 984 796 277 26 597

813 291

3042 374

602 653

1104975

22 835 228

8 709 292 1617 121

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531 191 2 929 994 294 399 216 923 289 134 348 569 489 454

975 705 194 969

9 876 742 401 669

1 167 121

153 281 796 277 26 597

813 291 3 077 208 602 653 1 104 975 87 906

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16 128 498 94

187 581 44 548 4 0966 1525

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| 387| 1 330 814 5112

Auguit 1932. %

Vom 1. September 1931 bis 31. August 19324)

[13 015 224 1337/5

916 643

3142 18 536/14 892 966 11 529 193 043

Dageg en:

Im August 1931 . 4 244

Vom 1. September 1930 i bis 31. August 19315) 56 173

718

143 956 1 386

!) Der aus dem Ausland eingeführte versteuerte Zucker ist mit nautishen Zahlen na@gewiesen. Die Mengen sind în den darüberstehenden

} Niederlagen, in Fueibezinke und in Freihäfen gebrahte Mengen eins{ließli4 Bedarf tür deutihe Schiffe. ®?) Davon nad h 4 d E Rübenzueckterablüufe mit einem Reinheitégrade von mehr als 9d pH und 203 dz Stärkezuckersirup. ‘) Einschließlih nacträglicher Berichtigungen. ®) Endgültige Ergebnisse,

zucker, 8 dz N

Berlin, den 22. September 1932.

Veranntmamun g

über den Londoner Goldpreis gemäß 8 1 der Ver- ordnung vom 10. Oktober 1931 zur O N der Wertberehnung von Hypotheken und jou tigen Ansprüchen, die auf Feingold (Goldmark) lauten (RGBl. I S. 569). Der Londoner Goldpreis beträgt am 23. September 1932 für eine Unze Feingold . « . ==118 sh 11 d, in deutshe Währung nah dem Berliner Mittel- kurs für ein englisches Pfund voin 23. Sep- tember 1932 mit NM 14,59 umgerechnet = NM 86,7497, e ein Gramm Feingold demnach. « + »« = pence 45,8791, n deutshe Währung umgerechnet « « « « = RNM 2,78907,

Berlin, den 23. September 1932.

Statistishe Abteilung der Reichsbank, Speer.

Auf Antrag des Reichsministers des Jnnern vom 16. September 1932 ist am 22, September 1932 die Zu- lassung dex Reklamebilder Nr. 11, 45, 46, 48 und 56 zu dem BVildstreifen: „Tannenberg“, auf denen der General von Hindenburg durch einen Schauspieler verkörpert dar- gestellt ist, widerrufen worden. Berlin, den 22, September 1932. Der Leiter der Film-Oberprüfstelle, Dr. Seeger.

396 170

27 982 242 46 641 | 265 502

273 738 700 | 1270 472 | 6649083 |3 292 055

19 259 493 27 193 42984 | 222732

46 281 929 784 | 461 633 12181914

216

181 730 760 I 133 |

Statistisches Reichsamt. Wagemann.

Kohlenpreise des Verbandes Rheinish=-Hessishex Kohlen- händler e. V.

Auf Grund der Verordnung des Herrn Reichspräsidenten ur Behebung finanzieller, Ee und sozialer Not- stände vom 26, Juli 1930 (RGBVl. Nx. 30 S. 311) V. Abschnitt & 1 sowie der nah § 4 Abs, 11 erforderlichen und erteilten Zustimmung des Herrn Reichswirtschaftsministers und des Herrn Preußischen Ministers für Handel und Gewerbe untersage ih dem Verband Rheinisch-Hessischer Kohlen- händler e. V. für das gesamie Verbandsgebiet, und zwar mit sofortiger Wirkung, die Durchführung der in dem Vertrag wischen dem Groß- und Plabhandel festgelegten Strafmaß- nahmen gegen solche Kohlenhändler, die die vom Verband estgeseßten Preise unterschreiten, Der Versuch, einen Ge- Fitüeraun zur Forderung höherer Parte zu zwingen, als er sie nach seiner eigenen gewissenhaften Kalkulation für notwendig hält, ist in der gegenwärtigen Notzeit und in der Zeit der r geg niht mehr angängig. Diefe Auf- fassung deckt sich mit dem Fnhalt des Aan 10 des Vor- läufigen Reichs8wirtschaftsrats vom 12. August 1930 (Druck- sache Nx. 371).

Darmstadt, den 16. September 1932.

Dex Hessische Minister des Fnnern (Arbeit und Wirtschaft).

J. V.: Karche r.

—— —_—

28 401 658 278 956 130 19 5562 402

184 904 091

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3) 2 504 136

736 057 4 938

656 024 10 864 35

20996282| 1646470 | 13905 1 061

iffern mitenthalten. ® Ausgeführte Zuckermengen,

Freihafen Hamburg: 2504 dz Rohzucker, 22 924 dz Verbrauchs-

Zliehungder Auslosungsrechte der Ablösungsanleihe des Hamburgischen Staates.

Die Ziehung der Auslosungsrechte der Ablösungs- anleihe des Hamburgischen Staates für das Fahr 1932 findet am Montag, dem 10. Oktober 1932, 9 Uhr, öffentlih in dem Dienstgebäude, Gänsemarkt 36, statt.

Hamburg, den 12. September 1932,

Die Finanzdeputation.

Preußen.

General-Direktion dex Preußish-SüddeutshenStaatslotteris

Das Einschütten und Mischen der 400 000 Losnummer- röllchen für bie 40. Preußish-Süddeutsche (266. Preußische) Klassenlotterie und dex 10 000 Gewinnröllchen für die 1, Tue dieser Lotterie erfolgt am Donnerstag, dem 20. Oktober 1932, 13 Uhx, öffentlih im Zichungssaal des Lotteriegebäudes, hier, Viktoriastr. 29. Am Einschüttungstage in der Zeit von 9 bis 12 Uhr kann sih jeder Spieler persönlich oder dur einen Be- auftragten die von ihm gespielte Losnummer vorzeigen lassen und davon überzeugen, daß seine Losnummer in das Nummernrad gelangt. Beausftragte, die diese Nachprüfung

Ne ich3-

und Staatsanzeiger Nr. 224 vom 23, September 1932, S. 3

für die Spieler gewerbsmäßig besorgen, werden nicht zu- gelassen.

_ Die Ziehung der 1. Klasse 40./266. Lotterie beginnt plan- maßig am Freitag, dem 21. Oktober 1932, morgens 8 Uhr, in dem genannten Ziehungssaal.

Berlin, den 23. September 1932. General-Direktion der Preußisch-Süddeutshen Staaisloitterie. Dr. Feulner.

A E P E P I A: al: P 7 ‘5 M I B TEN P I E t OVE TUBQ E E E Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Ausfallgarantie sür Düngekalkliefe-

rungen.

Aus der vom Reich für die Herbstdüngung bereitgestellten Ausfallgarantie für Düngemittellieferungen stehen auch Be- träge für Düngekalklieferungen zur Verfügung. Diese Be- träge können jedoch nur zugunsten derx Händler und Ge- nossenschaften von denjenigen Kalkwerken in Anspruch ge*- nommen werden, die von sich aus entsprehende Garantie- summen übernehmen. Kalkwerke, die sich an diesem System der Ausfallgarantie beteiligen wollen, wenden sih zweck- mäßig sofort an uns. Kalkwerke, die niht bis zum 1. Oftobex 1932 ihre Beteiligung angemeldet haben, können später niht mehr berücksichtigt werden. Händler und Genossenschaften, die bei Düngekalklieferungen die Ausfall- garantie in Anspruch nehmen wollen, seten sih am besten

schon heute mit ihrem liefernden Kalkwerk in Verbindung. Berlin, den 16. September 1932, Deutschex Kalk-Bund G. m. b. D. Berlin W 35, Schöneberger Ufer 35.

Breußischer Landtag. Sißung vom 22, September 1932, (Bericht d. Nachrichtenbüros d. Vereins deutscher Zeitungsverleger.)

Auch zur heutigen Plenarsitzung des Preußischen Land- tags sind Regierungsvertreter nicht erschienen.

Das Haus überweist zunächst an den Ausschuß für Leibes- übungen einen Zentrumsantrag, wonach die Neue Frank- furter Versicherungs-A.-G. zur Erfüllnng ihrer Pflichten bei Durchführung der Jugendfürsorge angehalten werden soll, Ur Begründung dieses Antrages sagt ein Zentrumsredner, nah der neuerlichen Praxis sei der Versicherungsshuß der c«Fugendlichen bei Wanderungen usw. nicht als ausreichend zu bezeichnen.

Auf nationalsozialistishem Antraq wurde der vom Gez schäftsordnungsausïhuß vorgeschlagene Forstaus\{chuß, be- stehend aus 15 Mitgliedern, ohne weitere Debatte vom Prâsi- denten für eingeseßt exklärt.

Nach Erledigung weiterer kleiner Vorlagen beschließt das Haus, den auf Verlangen der Nationalsozialisten eingeseßten Untersuchungsausschuß zur Nachprüfung der Gewährung von Staatsmitteln für Unterstüßungen von Zeitungen der Zentrumspartei, Staatspartei und Sozialdemokratischen Partei aus 29 Mitgliedern zu bilden.

Ferner wird auf deutshnationales Verlangen die Aus- dehnung der Untersuchungen des Klepper Untersuchungs8- ausschusses beschlossen sowie bestimmt, daß der Untersuchungs- aus[huß zur Nachprüfung der Vorwürfe gegen die Berliner Lagerhallen-A.-G. (Behala-Aus\chuß) gleichfalls aus 29 Mit- gliedern bestehen soll.

Dann wird über die Anträge der Nationalsozialisten, Deutschnationalen und des Zentrums beraten, die zu dem Landtagsbeshluß gegen die Gehorsamspflichi derx Beamten gestern vorgelegt worden waren. Verbunden mit der Aussprache ist der sozialdemokratische Mißbilligungs- antrag gegen den Landtagspräsidenten Kerrl wegen seiner Verhandlungen mit dem Reichspräsidenten.

Zuerst erhält Abg. Steuer (D. Nat.) das Wort zur Begründung des Antrages seiner Fraktion, wona der Land- tagsbeshl1:ß vom 30. August gegen die Gehorsamspflicht der staatlichen Beamten und Angestellten als geseßwidrig auf- gehoben werden soll. Der Redner wendet sich zu Beginn seiner Ausführungen gegen die Nationalsozialisten. Diese verlassen darauf unter lebhaften Unruhekundgebungen zum größten Teil den Sißungssaal. Die im Sitzungssaal ge- bliebenen Nationalsozialisten und die Kommunisten führen laute Unterhaltungen und machen dem Redner lärmende ZUrufe, so daß dieser seine Ausführungen nicht verständlich machen kann. Nachdem Präsident Kerrl wiederholt vergeblich um Ruhe ersucht hat, verläßt ex seinen Plat, womit die Sitzung für kurze Zeit unterbrochen ist.

Nach wenigen Minuten wird die Sizung dur den Präsi- denten Kerrl wieder eröffnet. Abermals erhält Abg. Steuer (D. Nat.) das Wort und abermals lassen ihn die National- sozialisten durch fortgeseßte lärmende Zurufe und laute Ziiegespräche niht dazu kommen, seine Ausführungen zu machen. Abg. Steuer spricht erregt auf den Präsidenten Kerrl ein, der jedoch mit den Achseln zuckt. Die fortgeseßt wieder- holten Ermahnungen des Präsidenten, den Abg. Steuer anzu- hören, fruchten nichts. Fedesmal, wenn Herr Steuer auch nur „Meine Damen und Herren“ sagt, seßt großer Lärm bei den Nationalsozialisten ein, wobei sih an den Zurufen gegen den Abg. Steuer auch der Landtagsvizepräsident Haake be- teiligt, der an der Spiße des nationalsozialistishen Sektors steht. Schließlich verläßt der Präsident wiederum seinen Play. Die Sihung isst erneut unterbrohen. Während der Unter- brehung bleibt Abg. Steuer demonstrativ am Rednerpult stehen.

Nachdem Präsident Kerr l die Sizung erneut eröffnet und Abg. Steuer wiederum das Wort erhält, verlassen die National- sozialisten zum größten Teil den Sizungssaal. Abg. Steuer (D. Nat.) kann nun seine Begründungsrede halten. Er erklärt, er müsse feststellen, daß die Nationalsozialisten ihr Schreikonzert begonnen hâtten, a er auch nur seine sahlihen Ausführungen angefangen habe. Wenn die Nationalsozialisten auch nux einige Sicherheit dafür hätten, daß ihre geistigen Argumente irgendein Gewicht hätten, dann würden sie Taldbe Szenen hier niht auf- führen. (Sehr wahr! bei den Deutschnationalen.) Gerade er,

der Redner, habe 1928 als erster der zur Antragstellung aus eigener Kraft zu {wachen Nazigruppe seine Unterschrift zur Verfügung für einen Antrag gestellt, daß das Redeverbot gegen Adolf Hitler aufgehoben werde. (Lachen bei den Kommunisten.) Wenn er das damals getan habe, dann ohne eine moralische Wer- tung des Verhaltens der nationalsozialistischen Fraktion im Land- tag. Hinsichtlich des Antrages gegen die Gehorsamspfliht der Beamten hätten die Nationalsozialisten einen völligen Umfall vollzogen. Die Deutschnationalen könnten aber weder für den nationalsozialistischen Rückzugsantrag stimmen, noch für den Zentrumsantrag. Der leßtere, der das Vorgehen gegen Preußen als verfassungswidrig bezeichne, enthalte indirekt ein Vertrauens- votum für die Regierung Braun. Man könne gespannt sein, wie die Nationalsozialisten si zu diesem Zentrumsantrag stellten. Dec nationalsozialistishe Antrag aber wolle jedem einzelnen Be- amten die Entscheidung darüber überlassen, wann er seine Gehor- samspflicht zu erfüllew habe. Das vertrage sih natürlich absolut nicht mit der im Staatsinteresse notwendigen Disziplin. (Sehr wahr! bei den Deutschnationalen.) Der deutshnationale Antrag da- gegen wolle ohne jede Verklausulierungen den der Staats autorität schädlichen Landtagsbeshluß wieder beseitigen. Nur blinder Parteifanatismus könne die Nationalsozialisten ver- anlassen, jeßt die Deutschnationalen anzugreifen und zu ver- gessen, daß noch im lebten Landtag die Deutschnationalen es gewesen seien, die sich s{chübßend vor alle vom Kabinett Braun Verfolgten und Unterdrüten, auch vor alle zur NSDAP. ge- hörenden stellten. Fm Verlaufe jenes Landtags habe noch der Nationalsozialist Kube der deutshnationalen Fraktion ein Dank- shreiben geschickt, worin ex sich für die Ritterlichkeit bedanft habe, mit der die Deuitschnationalen der damals schwahen Gruppe der Nationalsozialisten geholfen hätten. (Lachen links.) Herr Kube habe in jenem Schreiben der Hoffnung Ausdru gegeben, daß der Augenblick kommen möge, wo er diese Ritterclichkeit zurückerstatten könne. (Große Heiterkeit links und Zurufe: Fett haben Sie den Dank vom Hause Harzburg.) Jhre (nach links) Schadenfreude wendet sih an die falsche Adresse, wenn sie gegen uns gerichtet ist. Ein solhes Verhalten der Kationalsozialisten wird nur die Wähler stubig machen, die parteipolitisch nit fest gelegt waren und ihre Stimme den Nationalsozialisten gaben, weil sie sih eine ganz andere Haltung dieser Partei versprachen, als sie sih z. B. heute

n Preußen haben heute drei Auffassungen jede füc si einen politishen Sinn: Entweder hält man den Reichsfommissar fül verfassungswidrig: Dann stellt man sich damit hinter Braun und Severing. Oder man begrüßt Brauns Ab seßung, will aber einen vom Landtag gewählten Ministerpräsi denten: Dann muß man die Wahl eines solchen fertig bringen. Oder man gibt zu, daß man diese Wahl nicht zustande bringt: Dann darf man aber ni cht auf den Reihskommissar \chimpfen Die [

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Ycattonal sozialisten spekulieren aber auch auf das kurze Gedächtnis der Zeitungsleser bei ihren neuerlichen s{härcfsten {ngriffen gegen die Reichsregierung von Papen. Tatsächlich sei es erst wenige Wochen her, daß die Nationalsozialisten das Kabinett von Vaven freudig begrüßt hätten als die erste zentrumsfreie Reichsregierung. Und die Nationalsozialisten seien ja auch die einzigen, mit denen vorher Fühlung genommen wurde, ehe der neue Kurs mit Brünings Sturz und der Ernennung des Kabinetts von Papen begann (Stürmisches Hört, hört links.) Damals hätte der „Völfische Be- obachter“ und andexe nationalsozialistishe Zeitungen (aus denen der Redner eine Reihe Zitate verliest), unter heftigen Anariffen gegen das Zentrum das Kabinett von Papen begrüßt und sogar verlangt, daß nah Preußen nun auch für Bayern eit fommissar ernannt wecde. (Hört, hört! bei dew Deutschnationale1 Und während die Nationalsozialisten heute nur von der Herren- flubregierung und der Regierung dex Barone \präd en, habe da- mals Herr Dr. Goebbels verlangt, die Regierung solle doch end- lih mit Strafmaßnahmen eingreifen gegen diezenigen, die sie immer Kabinett der Barone nennten, Damals hâtten die Natio- nalsozialisten noch schärfste Angriffe gegen das Zentrunt gerihtet, ihm geistigen Separatismus vorgeworfen und im „Völkischen Be- obachter® verkündet: Mit der Entlassung Brüninas sei die Herr- schaft des Zentrums für immer beseitigt. Bald darauf hätten die Nationalsozialisten die Koalitionsbesprechunagen mit demselben Zentrum begonnen. (Hört, hört! bei den Deutschnationalen.) Es sei Sache der Nationalsozialisten, warum sie es am 13. August ab- gelehnt haben, einen bedeutenden Anteil an derx Macht zu erhalten. Aber auch von den gestrigen Freunden und Mitbeschübern des Parlamentarismus wolle ja niemand, daß die Nationalsozialisten die alleinige Macht bekommen, Der Redner wendet sich dann gegen die Klassenkampftaktik der Nationalsozialisten, die er als unhaltbar bezeihnet, So täten jeßt die Nationalsozialisten so, als ob der Adel vom Baron an aufwärts etwas besonders Verab sheuenswürdiges und Schlimmes sei, insbesondere bei ihren Angriffen gegen die Reichsregierung. Fn der Tat aber gehörten von den neun adligen Mitgliedern des Preußischen Landtags, die vom Baron an aufwärts rangierten, allein dexr national- sozialistishen Fraktion ein Prinz, ein Graf und vier Fretherren an, zivei Grafen seien beim Zentrum, die D. N. V. P. habe nur einen Baron. (Hört, hört! und Heiterkeit.) Weitec spricht der Rednex von einer in wenigen Wochen fünstlich aufgemachten ¿-Proletarischen“ Einstellung der N. S. D. A.-P. und weist entschie- den die Angriffe zurück, die gestern der Abg. Lohse gegen den Stahlhelm und besonders gegen Duesterberg erhoben habe. (Hände- klatschen bei den Deutschnationalen.)

Abg. Dr. Nicolai (Nat. Soz.) begründet sodann den An- trag seiner Fraktion, der besagt: Soweit die Reichsverfassung und die Verfassung des Landes Preußen von der am Ruder befind- lichen Regierung gemäß dem von ihr beschworenen Eid geachtet und durchgeführt wird, ist es Pflicht der Beamten und staatlichen Angestellten Preußens, die Sayung ebenfalls zu ahten und zu En Der Redner erklärt, daß seine Fraktion dem bekannten ommunistishen Antrag zugestimmt habe als Warnung an die Regierung auf dem Wege der Abweichung von den staatsrechtlichen Gepflogenheiten weiterzuschreiten, nahdem der stärksten Fraktion wicht die politishe Fühcung im Reiche und in Preußen übertragen wurde und die den Ministerialvertretern verboten hatte, das Land- tagsgebäude zu betreten. Zu keiner Zeit, weder vor noch nach 1918, sei es in Teutschland Rechtens gewesen, daß ein Vorgeseßter einem Beamten etwas befehlen dürfte, was gegen Gese und Verfassung geht. Auch die Vorgeseßten der Beamten bis zum Minister hinauf jeien verpflichtet, den Eid auf die Verfassung zu halten und die Geseye dem Geist und Buchstaben nah zu beachten. Diese Auf- fassung sei erst dur die Herrschaft der Sozialdemokraten und des Zentrums ins Wanken geraten, als man bei uns das Partei- beamtentum hohgezüchtet hatte und als der Gedanke aufgekommen Bi daß sih die Preinatinà in erster Linie als Funktionäre ihrer Partei zu fühlen hätten. Zu erinnern sei an das verfassungs- widrige Verbot für die Beamten, ihrer politischen Veberzeugung Ausdruck zu geben. Die s dgn enne gas n sih ver- pflichtet, mit threm Antrag zum Ausdruck zu ringen, daß im Staatsleben das Prinzip Geltung habe, daß die Beamten in erster Linie Geseß und Versassung zu achten hätten und nur in diesem En verpflihtet seien, Een Vorgeseßten Gehorsam zu er- weisen. Wenn die Regierung Papen sih an dieses Prinzip halte, dann könne es nicht zu einem Konflikt zwischen ihr und den Be- amten kommen. Wenn der deutschnationale Redner erklärt fee die Nationalsozialisten hätten einen Rückzug gemacht oder seien umgefallen, so treffe das nicht zu. Dex vorliegende Antrag bedeute nur den Versuch, eine Fassung, die zu Zweifeln Anlaß geben konnte, durch eine Formulierung zu erseßen, die keinen Zweifel mehr zulasse. (Lachen links.) Unzutreffend sei auch die Be- hauptung, die Nationalsozialisten hätten das Kabinett Papen toleriert. Das sei niemals derx Fall gewesen. Sie hätten lediglih

die selbstverständliche Verpflichtung gefühlt, dem Kabinett Papen die Möglichkeit zu geben, erst einmal zu zeigen, was es machen würde. Die Aufhebung des Uniformverbots sei auch nit etwa, ivie Herr Steuer gesagt habe, ein Geschenk gewesen, sondern lediglih die Erfüllung einer rehtlihen Verpflihtung. Maßs nahmen, wie die Verwoltungsreform in Preußen und das Wirt- shaftsprogramm der Regierung Papen, hätien die National» jozialisten gezwungen, die Regierung Papen anzugreifen. Auch den Staatskommizjjar in Preußen habe seine Fraktion nicht ge- socdert, andernfalls sie sicher nit Herrn Dr. Bracht genommen hätte. Die Nationalsozialisten hätten lediglih verlangt, daß dem Mißbrauh der Polizeigewalt und der Staatsgewalt durch die Regierung Braun-Severing ein Ende gemacht würde. Die Durch- führung hätten sie si allerdings anders gedaht. Dank gebühre den Beamten für ihre Pflichterfüllung. Dem Zentrumsantrag könne die nationalsozialistishe Fraktion nicht zustimmen, da er eine Anerkennung der Regierung Braun-Severing bedeute. (Beifall bei den Nationalsozialisten.)

_ Darauf werden die Verhandlungen zur Vornahme von Abstimmungen unterbrochen. Entsprehend dem Vorschlag des Geschäftsorbnungsausshusses wird die beantragte Auf- hebung der JFmmunität zwecks Strafverfolgung von Ab- geordneten in fünf Fällen versagt.

Ueber den Antrag des Rechteanwalts Frank 1]1-München auf Aufhebung der Jmmunität des Abg. Dr. Braun (Soz.), des früheren preußischen Ministerpräsidenten, zur Ducch- führung einer Privatklage Adolf Hitlers wird auf national- sozialistishen Antrag hin namentlich abgestimmt. Der Ge- shäftsordnungsausschuß schlägt die Aufhebung der Jmmunität vor. Der Antrag des Geschäftsordnungsausschusses wird mit 200 gegen 197 Stimmen abgelehnt.

Das Haus stimmt dann über zahlreiche Anträge über Bergwerksfragen ab. Zunächst wird angenommen ein An- trag des Handelsausschusses, worin das Staatsministerium ersucht wird: 1. die zuständige Demobilmachungsbehörde zu veranlassen, den Betrieb dec Borsig-Werk-A .-G. in Ober- schlesien mit allen Sachen und Rechten gemäß § 4 Ziff. 2 der Stillegungsverordnung vom 15. Oktober 1923 zu beschlag- nahmen und zugunsten des Landesfiskus zu enteignen; 2, ums- gehend dahin zu wirken, daß die vom Preußischen Staat fons- trollierte Oberhütten-A.-G. wegen Uebernahme des Hütten- und Walzwerks der Borsig-Werk-A.-G. mit diesex und dec Mitteldeutshen Stahl-A.-G. erneute Verhandlungen auf nimmt; 3. den Anspruch der Pensionäre des Werks auf Zah» lung der Pensionen aus der bestehenden Pensionskasse und das Wohnrecht der Pensionäre in ihren bisherigen Wohnungen sicherzustellen.

Nach einem weiteren angenommenen Untrag des Handels- ausschusses wird die Regierung ersucht, auf die Reichsregierung einzuwirken, daß einzelnen Unternehmungen des Blei- und Zinkbergbaus, falls dies notwendig erscheint, für die Ueber- gangszeit Subventionen zur Aufrechterhaltung ihrer Betriebe gewahrt werden, und zwar nicht nur in Privathand befind- lichen Unternehmungen, sondern auc solchen, die \sich im Staatseigentum befinden; auf die Reichsregierung einzu- wirken, sofort Kredite bereitzustellen, um die Stillegung der Hütten- und Erzbergwerke der Stolberger A.-G. und der Werke im Harz zu verhindern; auf die Reichsregierung fernex dahin- gehend einzuwirken, daß durch angemessene Zollmaßnahmen ck+ eine dauernde Grundlage der Blei- und Zinkproduktion ges sichert wird.

Auch der ‘Antrag des Handelsausschusses wurde anges nommen, der das Staatsministerium ersuht, Maßnahmen zu ergreifen, um die Stillegung des Steinkohlenbergwerks „Diclsche Heide“ der Niederrheinischen Bergwerks-A.-G. zu verhindern. Es soll dafür gesorgt werden, daß die Ueber- tragung der Förderquote dec einzelnen Schächhte und Konzerne auf andere Schächte und Konzerne verboten wird.

n weiteren angenommenen Anträgen des HSandels- ausschusses wird das Staatsministerium exsucht, darauf hin» zuwirken, daß eine Beschäftigung der Angestellten und Be- amten des Bergbaues mit Verrichtungen, die im allgemeinen der Arbeiterschaft obliegen, während der Feierschichten ver- boten wird; da, wo besonders s{werwiegende Notfälle vor- liegen, sind Abweichungen zuzulaf‘en, wenn die Genehmigung der Aufsichtsbehörde eingeholt ist: die zuständigen Aufsichts=- behörden anzuweisen, daß kaufmännische Ängestellte und Be- amte und Arbeitnehmer, die vorwiegend Büroarbeiten ver- richten, zu technischen Arbeiten, die von Arbeitern ausgeführt iverden, nicht herangezogen werden dürfen; die zuständigen Aufsichtsbehörden anzutoeisen, das Vollseßen an den Arbeits- tagen, an denen wegen Absaßmangels gefeiert wird, zu ver- bieten; die zuständigen Aufsichtsbehörden anzuweisen, cin „Drinbleiben“ von Bergarbeitern über ihre nocmale Vflicht- zeit hinaus nicht mehr zu gestatten. Weitex wird die Re- gierung ersucht, zur Verhütung weiterer Bergarbeiter- entlassungen im deutschen Bergbau auf die Reichsregierung dahingehend einzuwirken, daß die Arbeitszeit im europäischen Bergbau durch überstaatliche Vereinbarungen angemessen ver- kürzt wird, damit die ungesunden Konkurrenzverhältnisse auf dem Kohlenmarkt ausgeschaltet und dadurch gesunde wirtschaft- liche und soziale Verhältnisse herbeigeführt werden. Die Re- gierung soll sich dafür einsebßen, daß die Werkwohuungsmieten der gesunkenen Kaufkraft der verminderten Löhne angepaßt werden. Die Regierung wird. ersucht, sofort die nötigen Maßnahmen zu treffen, um die Fortführung der Notstands- arbeiten an der Wenzeslausgrube bei Neurode (Schlesien) sicherzustellen, um ein Ersaufen der Grube zu verhindecn, da- mit die Grube als volkswirtschaftlißhes Gut erhalten bleibt; damit sofortige Hilfe geleistet wird, zunächst 20 000 RM zux Verfügung zu stellen; die Versuche zur Erkennung und Be- seitigung der Gefahren fortzuseßen; die Bemühungen der Re- gierung, die arbeitslosen Bergleute anzusiedeln, fortzuseßen; das Staatsministerium wird ersucht, bei der Reichsregierung darauf hinzuwirken, daß diese sofort ausreihende Mittel zur Verfügung. stellt, die der Ausführung wgre Notstands- arbeiten dienen sollen; in Verbindung mit der Reichsregierung die Bemühungen auf Ansiedlung der durch Stillegung der Wenzeslausgrube arbeitslos gewordenen Bergarbeiter mit aller Energie fortzuseßen. Das Staatsministerium wird ferner ersucht, auf die Reichsregierung dahin einzuwirken, daß die Bergarbeiter, Angestellten und Beamten des Untertage- sowie auch Uebertagebetriebes von der Beitragspflicht zur Erwerbslosenversicherung rückwirkend ab 1. Funi befreit werden. Die Werkbesißer sollen in gleicher Weise von dex Beis tragspflicht zux Ertverbslosenversicherung entlastet werden.

Das Staatsministerium wird weiter ersucht, durch die Bergbehörde anzuordnen, daß Zwischengeschirre, wie sie auf