1932 / 224 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 23 Sep 1932 18:00:01 GMT) scan diff

Neichs8- und Staatsanzeiger Nr. 224 vom 23, Sevtember 1932, S, 4

der Schachtanlage Dorstfeld benüßt würden, auf allen Schacht- anlagen, die im Bereiche des Preußischen Staates liegen, nicht mehr verwendet werden dürfen und durch Laschenverbindung zu erseßen sind. Durch die Bergbehörde soll angeordnet werden, daß dort, wo die Einführung der Laschenverbindung aus technishen Gründen nicht sofort möglich ist, Notfetten an den Förderkörben einzuführen sind, und daß die Produkten und Personenbeförderung erst dann wieder vorgenommen w@&cden dürfe, wenn nah erfolgter Reparatur an Förder- einrihtungen eine Kontrolle durch die Bergbehörde erfolgt und die Reparatur in Ordnung befunden worden ist, Durch die Bergbehörde soll eingehend geprüft werden, aus welchen Gründen die Fangvorrichtung auf der Schachtanlage Dorst- feld versagt hat, ob die Fangvorrichtung mit gezahnter Exzenterscheibe, wie sie in Dorstfeld vorhanden war, nicht ver- altet und durch einwandfreie, erprobte Fangvorrichtungen zu exseßen ist. Die preußischen Seilfahrtseinrichtungen sollen ganz allgemein überprüft werden. Den Angehörigen der am 14. Mai 1932 beim Grubenunglück auf der Schachtanlage Dorstfeld 1/2 zu Tode gekommenen Bergarbeiter soll im Hin- blick auf die besondere Notlage aus den Mitteln des Mini- steriums für Handel und Gewerbe sofort eine einmalige Bei- hilfe von je 1000 RM überwiesen werden. Beim Vorliegen einer Schuld sollen die Schuldigen der zuständigen Staats- anwaltschaft zugeführt werden.

Schließlich wird ein Zentrumsantrag angenommen, wo- rin das Staatsministerium ersucht wird, mit Nachdruck darauf hinzuweisen, daß die Zeche „Ewald-Fortseßung“ im Kreise Recklinghausen-Land wieder in vollen Betrieb genommen wird und die dort entlassenen Bergleute auf der Zeche wieder ein- gestellt werden. Die Gemeinde Oer-Erkenschwick soll durch geeignete Hilfsmaßnahmen vor dem völligen Zusammenbruch bewahrt werden. -

Das Haus sett hierauf die unterbrochene Aussprache fort.

Abg. Bugdahn (Soz.) empfiehlt den Antrag seiner Fraktion, wonah der Landtag das Verhalten des Landtags- präsidenten Kerrl mißbilligen solle. Der Landtagspräsident sei nicht berechtigt, im Namen des Landtags ohne seinen Auftrag politishe Verhandlungen zu führen. Er habe keinen Auftrag

ehabt, beim Reichspräsidenten die nachträglihe Billigung der Einletang des Reichskommissars in Preußen auszusprechen, den Erlaß einer Notverordnung zur Abänderung der Geschäftsordnung zu verlangen und bestimmte Vorschläge für die Reichsreform u unterbreiten. Die Nationalsozialisten beshwerten sih jest { stark über den Reichskommissar in Preußen. Dabei habe Herr Kube am Tage der Einsezung des Reichskommissars in Hamburg davon gesprochen, daß jeßt eine neue Epoche in Preußen beginne, nachdem der Reichspräsident sih entschlossen habe, die Herren Braun und Severing „abzuservieren“. Herr Kube habe auch gesagt: Jeßt kommen wir! Gekommen sei aber der Besuch des Herrn Kerrl beim Reichspräsidenten zur Einlegung einer Verwahrung gegen den Reichskommissar. Herr Lohse habe die eidesstattliche Versiherung abgegeben, er wisse nihts davon, daß Hitler und die Nationalsozialisten die Regierung Papen gebilligt hätten. Herr Steuer habe es heute aber sehr deutlich heraus- gesagt, daß die einzigen, die seinerzeit gefragt worden seien, die Nationalsozialisten gewesen wären. Wenn heute der national- sozialistishe Redner erklärt habe, von einem bestimmten Zeit- unkt an habe seine Fraktion niht mehr mit der Regierung Zapen zusammengehen können, so enthalte diese Bemerkung doch das Bekenntnis, daß sie es bis dahin getan habe. Jedenfalls scien die Nationalsozialisten Schuld, daß in Preußen jeßt Dr. Bracht regiere. Ohne Hitler kein Papen und ohne Kube kein Bracht! Zu den Konfliktsanträgen erklärte der Redner, die Erklärung des Abg. Dr. Nicolai (Nat. Soz.), man habe mit dem neuen Antrag eine Formulierung geben wollen, um eine mißverständliche Fassung zu erseßen, könne wenig. überzeugen, Die Nationalsozialisten hätten eben einen mißverständlichen Antrag überhaupt nicht zustimmen dürfen. Allerdings sei das, was jeßt vom Herrenklub und von der Reichsregierung aus diesem An- trag herauskonstruiert werde, an den Haaren herbeigezogen. Bezeichnend sei die Aeußerung der „Deutschen Tageszeitung“. Der angenommene Antrag exrschüttere die Staatsautorität und müsse vom Reichspräsidenten zum Anlaß genommen werden, den Landtag durch Notverordnung aufzulösen. Soweit sei man -ge- angen! Daraus erkläre sih auch jeßt die Sorge der National- sozialisten und ihr wenig rühmlicher Rückzug.

Abg. Koenen (Komm.) spricht von der Zuschauerrolle der S.P.D., die nichts anderes sei als die Schüßerrolle für die Papen- diktatur. Wenn die Nationalsozialisten immer noch nicht die Polizeipräsidentenposten in Händen hätten, so sei das dem Um- stande zuzuschreiben, daß die KPD. sowohl außerparlamentaris als auch parlamentarish die Massen mobilisiert hätte. Die Kom- munisten würden die von den Nationalsozialisten erzeugte Stimmung nicht nur ausnußen, sondern weitertreiben und den Massen zeigen, daß nicht die Salzsteuersoldaten gegen Papen kämpfen, sondern nur die Kommunisten. Die Mitglieder der Regierung Papen seien die übelsten Nachkommen mittelalterlicher Raubrittergestalten. (Der Präsident bittet dringend, solche Aeußerungen zu unterlassen. Einem so gewandten Redner sei es doch leicht, sih der Ordnung des Hauses anzupassen.) Die Nationalsozialisten shwenkten jeßt deutlih in die Front Hinden- burg-Papen ein, wie ihre gestrige Erklärung zeige. Das fapita- listishe System habe sih in den Nationalsozialisten seinen eigenen Totengräber herangezüchtet, denn die aufgestachelten Leidenschaften würden sih nicht abdämpfen lassen. Es handle sich hier um die zweite große Blamage der dabet und starken N. S. D. A.-P. (puruf: Präsidentenschicksal!) Es sei charafkteristisch, daß die Nationalsozialisten jedesmal vor einen Umfall den Reichspräsi- denten dex Eisernen Front aufsuchen. Zuerst hätten die National- sozialisten die Beamten aufgefordert, der kommissarishen Regie- rung keinen Gehorsam zu leisten. Wenn diese Partei jeßt ihren eigenen Beschluß widerrufen habe, dann werde sie von keinem Beamten mehr ernst genommen werden. Nur ein politischer Massenstreik, der das Ziel der K. P. D. sei, werde die Papen- Diktatur beseitigen. Die Nationalsozialisten hätten nur große Teile des Bürgertums für sich gewinnen können, an den Kom- munisten hätten sie sih aber die Zähne ausgebissen. Feßt, wo ihre Zahne hohl geworden seien, werde die K. P. D. zum großen Gegenschlag gegen den Faschismus ausholen (lebhafter Beifall bei den Kommunisten).

Abg. Be rek (D. Nat.) betont, daß es sih für die Deutsch- nationalen darum handle, die Staatsautorität zu festigen, nicht darum, Demokratie und Parlamentarismus zu verteidigen. Ziel des kommunistishen Antrags war die Untergrabung der Staatsautorität. Es ist bedauerlih, daß die Nationalsozialisten dazu beigetragen haben, daß der Antrag angenommen verden konnte. Staatsgefüges, nationalsozialistische t Zentrumsantrag, da exr ein Braun-Severing bedeutet. flare Situation schafft. Landtagspräsident im Namen des Landtags politische lungen micht führen kann.

Antrag ist unannehmbar, ebenso der

zu lassen. Die Pflicht des Präsidenten ist

aufrehtzuerhalten. sißende des marxistenfreten Präsidiums in diesem Hause es nicht fertiggebraht hat, cinen nationalen Redner Ruhe zu verschaffen.

Das

Dadurch ist eine Unsicherheit in den festesten Hort des in die Beamtenschaft, hineingetragen worden. Der

Vertrauensvotum für die Regierung Unser Antrag ist der einzige, der eine Auch wix sind der Meinung, daß der Verhand- Er hat nicht das Recht, von sih aus irgendwie politische Meinungsäußerungen des Landtags verlauten es dagegen, nicht nur zu repräsentieren, sondern auch Ordnung und Ruhe in diesem Hause

Wir bedauern außerordentlih, daß der Vor-

(Zustimmung bei den Deutschnationalen.) Wir sehen darin eine grobe Pflichtverlezung des Präsidenten und stimmen deshalb dem Mißbilligungsantrag zu.

Abg. Stendel (D. Vp.) erklärt, daß der am 30. August an- genommene Antrag darum so ungeheuerlih gewesen sei, wei hier ein Urteil gefällt wurde, obwohl eine ganz andere Instanz, nämlich der Staatsgerichtshof allein, über Versassungsfragen zu entscheiden hat. Der Antrag der Nationalsozialisten will s{hließ- lich nur etwas absolut Selbstverständlihes herausstellen; denn dazu haben die Beamten ihren Eid geshworen, dem Volke zu leisten, was seine verfassungsmäßige Regierung anordnet. Nach ihrer Erklärung gestern wäre es zu wünschen gewesen, daß die nationalsozialistishe Fraktion offen von ihrem Beschluß am 30. August abgerückt wäre. (Sehr wahr! rechts.) Eine Aus- wirkung hat der Beschluß vom 309. August allerdings bei feinem Beamten gefunden. Die Beamten draußen waren klüger als die Antragsteller. Nachdem die Nationalsozialihen nun zum Aus- druck gebracht haben, daß sie auch nichts Verfassungswidriges von den Beamten verlangen, sollte auch die Regierung über die Ange- legenheit hinwegkommen können. Dem Landtagspräsidenten wäre jedenfalls das nicht passiert, was ihm bei der Unterhaltung mit dem Reichskanzler zugestoßen ist, wenn er den Gang zu diesem unterlassen hätte. Der Präsident kann sih niht darauf berufen, daß er für den Beschluß am 30. August nicht verantwortlich sei. Der Präsident hat den Antrag zugelassen und ihn auch auf die Tagesordnung geseßt. Man muß ihm auch zum Vorwurf machen, daß er Meinungen des Landtags mit Meinungen seiner Fraktion verkoppelt hat. Er hatte keinen Auftrag zu seinem Besuch. Der Präsident gibt überhaupt seiner Stellung, ähnlih wie der Reichs- tagspräsident Göring, eine Ausdehnung, die sich mit der Vers fassung nicht verträgt. Auch seine Forderung nach einer Notver- ordnung des Reichspräsidenten gegenüber der Geschäftsordnung des Landtags ist völlig unverständlich. Der Präsident hätte einen einfaherer Weg, wenn er die jeßige Geschäftsordnung für ver- fassungsmridrig hält. Er hätte die Wahl des Ministerpräsidenten hon lange auf die Tagesordnung seven sollen und hätte dann einmal abwarten sollen, ob die andere Seite gegen feine Auf- fassung von der Geschäftsordnung eingeschritten wäre. Sie hätte dann nachweisen müssen, daß die Aenderung der Geschäftsordnung niht verfossungswidrig ist. Jedenfalls müsse man entschieden Einspruch dagegen erheben, daß ein Präsident des Landtags selbst dazu auffordere, in die Befugnisse des Landtags einzugreifen. Wir müssen mehr Zurückbhaltung von dem Präsidenten verlangen. Man wird auch im Lande der Meinung sein, daß sein Vorgehen nihts eingebracht, sondern im Gegenteil der Nationalsozialistishen Partei nur zum Schaden gereicht habe,

Abg. Nu sch ke (Staatsp.) erklärt, das Chaos in Preußen würde vermehrt, wenn Präsident Kerrl den Vorschlägen des Abg. Stendel Folge leisten würde. Es stehe den Parteien ja frei, beim Staatsgerichtshof die Gültigkeit der Geschäftsordnungsände- rung über die Ministerpräsidentenwahl anzufehten. Sicher sei, daß Kerrl seine Präsidentenbefugnisse erheblich überschritten habe. Der Präsident habe nicht die Aufgabe, dem Landtag die Verant- wortung abzunehmen. Der Beamtenbeshluß des Landtags sei das betrüblihste Kapitel und zeige die Mißachtung der Mehrheit vor den Beamtenpflichten. Diese Angelegenheit fei nur durch klare Aufhebung des Beschlusses aus der Welt zu schaffen und seine Freunde würden daher dem deutshnationalen Antrag zustimmen.

Abg. Veidt (Chr. Soz.) bedauert das gesiörte Verhältnis zwischen Regierung und Landtag. Dafür trage aber die Land- tagsmehrheit dur ihre Beschlüsse und die Unfähigkeit, eine Re- gierung zu bilden, selbst die Verantwortung. Der Redner ver- langt, daß die Regierung ihre wirtschaftlichen Maßnahmen einer gründlichen Prüfun unterziehe. Andererseits sei anzuerkennen und zu begrüßen, daß die Regierung den Parteien die starke Hand gezeigt habe. (Aba. Kube: Fhr geist[iches Kleid sollte rFhnen ver- bieten, unvershämt zu werden!) Der Redner stimmt der Auf- hebung des Beamteabeschlusses zu.

Abg. Bie st e x (Dit. Hann. P.) erklärt, die Nationalsozialisten seien um die Rolle, die sie jeßt spielen, niht zu beneiden. Die Wahlen am 6. November würden manche Verschiebungen bringen. Die Deutsch-Hannoversche Partei gehe mit guten Aussichten in diesen Wahlkampf.

Abg. Kube (Nat. Soz.) wendet stch des Abg. Nuschke (Staatsp.) und fragt, | Herr Nuschke erlaube, hier Belehrungen zu erteilen, nachdem die Partei, deren Trümmer ex vertrete, die Zersezung der Staats- gesinnung in Deutschland in den leßten vierzehn Fahren in un- erhörtester Form betrieben habe. Wenn das deutsche Volk außen- politisch und innenpolitish vor dem Ruin stehe, dann sei das auf die Katastrophenpolitik dieser Partei zurückzuführen (Beifall bei den Nationalsozialisten. Lebhaste Zwischenrufe des Abg. Nuschke). Wenn man die volfszerseßende Tätigkeit der Berlinér Judenpresse in den leßten Fahren beobachtet habe, dann gehöre eine eiserne Stirn dazu, wenn Herr Nuschke ein Kolleg über Staatsgesinnung und Staatseinstellung halten wolle. Der Reichs- finanzminister Dietrich derselben Partei habe für sich ein Maß von Steuershonung beansprucht, das er den deutschen Bauern nicht zugebilligt habe (stürmische Zwischenrufe des Abg. Nuschke Staatsp.]: „Das ist unwahr!“ Gegenrufe rechts: „Halts Maul !“) Der Redner polemisiert dann in Zusammenhang mit dem Beamtenbeshluß erneut gegen die Reichsregierung und den Reichskommissar und erklärt, daß Dr. Bracht, vor den sich die Deutschnationalen stellten, beim Abbau der Parteibuchbeamten keineswegs grundsäßlih vorgegangen sei. Er verweist auf die Beibehaltung des Oberpräsidenten Noske in Hannover, ‘des sozial- demokratishen Polizeipräsidenten Zörgiebel in Dortmund und andere Fälle. Damit erschüttere man selbst die Staatsautorität, die man von den unteren Beamten verlange. Der Redner lehnt dann nochmals den deutschnationalen Antrag ab. Sollte, so er- flärt der Redner, Dr. Bracht glauben, Folgerungen aus dem heutigen Abstimmungsergebn1s ziehen zu müssen, so werden wix auch das mit Humor zu ertragen wissen. Der Nationalsozialismus verlangt vom Berufsbeamten absolute Wahrung der Gesebve und der Verfassung, solange diese Gültigkeit haben. Darüber hinaus verlangen wir von der Regierung, daß auch sie Verfassung und Geseße zur Grundlage aller Handlungen macht. Der Reichs- fommissarx ist eingeseßt mit dem begrenzten Auftrag, für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Er hat nicht den Auftrag, das ver- fassungsmäßige Etatreht des Landtags zu übergehen und seine Beschlüsse als unverbindlih anzusehen. “Er hat die Pflicht, sich dem Mehrheitswillen zu beugen. Fe stärker wir das Recht auf unserer Seite haben, um so stärker wird der siegreihe Vormarsch der Freiheitsbewegung am 6. November sein. Wer sih Hitler ent- gegenstellt, ist Reaktion und über den geht die Freiheitsbewegung zur Tagesördnung über (stürmischer Beifall bei den National- sozialisten).

Als Abg. Steuer (D. Nat.) das Wort nimmt, verlassen die Nationalsozialisten zum größten Teil wiederum den Sibßungs- saal. Nach seinen ersten Worien wird ihm von der äußersten

Rechten zugerufen: „JFudenjunge!“ (Große Heiterkeit.) Der Abgeordnete Kube, so erklärt der Redner, hat Fragen gestellt, deren Beantwortung er ausdrücklih wünsche. Fett aber ist er und seine Parteifréunde vershwunden. Die Einstellung des Ab- geordneten Kube zu Herrn Dr. Bracht hat sih schr beträchtlich geändert. Unmittelbar nah der Wahl des neuen Landtags, als das große Rätselraten begann, wen die Nationalsozialisten als Kandidaten für die Ministerpräsidentenwahl j

würden, hat mir ein sehr maßgebendes Mitglied dieser Partei

gegen die Ausführungen mit welhem Recht sich

erausstellen

gesagt: Wir haben nicht die Absicht, einen Parteimann heraus-

zustellen, sondern einen sehr hervorragenden Oberbürgermeister einer westlihen Großstadt. (Lebhaftes Hört, hört! bei den Deutsche nationalen. f shlecht (zu den Nationalsozialisten) eigener Fraktionsführer. (Heiterkeit.) Von diesem selben Dr. Bracht sagt man nun kurze Zeit darauf, er stände in seiner JFutelligenz klaftertief unter Herrn Severing. Wenn die Nationalsozialisten den deutshnationalen Antrag ab- lehnen und von einem faudinishen Joh reden, so muß man doch feststellen, daß sie seit gestern im Dauerlauf durch das kau- E Joch des Eingeständnisses ihrer Fehler gehen. (Heiter- eit.) ist falsch, und sie werden selbst einmal die Rechnung bezahlen

Zuruf bei den Nationalsozialisten: Der war

orientiert!) Dieser \{lecht informierte Mann war Fhr

Der Weg des Nationalsozialismus, so shließt der Redner,

müssen. Abg. Loh e (Nat. Soz.) beantragt Schluß der Debatte, was jedoch gegen die Nationalsozialisten abgelehnt wird. _ Abg Nuschke (Staatsp.), mit Gelächter und Rufen der Nationalsozialisten empfangen, bleibt troy Lautsprecher fast un- verständlich, da auf der Rechten laute Unterhaltung einseßt, die auch der Präsident nicht beseitigen kann. Präsident Kerr l verläßt shließlich seinen Plaß, und die Sitzung ist damit abermals unterbrochen. Nach Wiedereröffnung der Sißzung erklärt Abg. Leinert (Soz.), daß der Präsident heute shon zum dritten Male seinen Play verlassen habe, weil seine eigene Partei die Redner, die ihr unangenehm sind, niht reden lasse. (Lärm bei den National- sozialisten.) Die Einhaltung der Verfassung werde gegenwärtig im Hause von niemanden me h r verlangt als dem Abgeordneten Kube. Es sei das verfassungsmäßige Recht eines Abgeordneten, seine Rede zu halten; ebenso sei es verfassungswidrig, wenn ihm eine Partei absichtlich daran hindere. Der Redner beantragt, die Sitzung zu unterbrehen und den Aeltestenrat einzuberufen, damit Vie über Maßnahmen beschließen könne, die es unmöglich machen, daß dieser Skandal von einer Partei weitergeübt werden fönne. (Großer Lärm bei den Nationalsozialisten; Beifall bei den Sozialdemokraten.)

Die Unterbrechung der Sißung wird mit allen Stimmen gegen die der Nationalsozialisten beschlossen. Nach etwa einstündiger Unterbrehung wird die Sißung wieder eröffnet. Abg. Nuscchke (Staatsp.), der das Wort erhält, um seine vorhin unterbrochenen Ausführungen fortzuseßen, erklärt: Jh habe nicht die Absicht, auf das Niveau des Herrn Kube herab- zusteigen. Bei den Nationalsozialisten entsteht bei diesen Worten wieder große Unruhe. Man hört Rufe: Das ist eine neue Provokation! Unerhört! Unverschämtheit!! Abg. Kube (Nat.-Soz.) droht dem Redner mit der Faust. Der Präsident schließt den Abg. Nuschke von der Sitzung aus. Da weitere Wortmeldungen nicht vorliegen, beginnen die Abstimmungen über die Anträge, die sih mit der Gehorsamspflicht der Beamten gegenüber der fommissarischen Staatsregierung befassen. : Zunächst wird namentlich abgestimmt über den deutsch- nationalen Antrag, den Landtagsbeshluß vom 30. August 1932, durch den die Beamten und Angestellten von ihrer dienstlihen Gehorsamspflicht entbunden werden sollen, als geseßwidrig aufzuheben. Während der Abstimmung erschien der von der Sihung ausgeschlossene staatsparteiliche Abg. Nuschke auf der Presse- tribüne. Dies wurde im Hause bemerkt und vief lebhafte Erregung hervor. Der deulschnationale Antrag wird mit 208 gegen 35 Stimmen bei 45 Stimmenthaltungen abgelehnt, Für den Antrag stimmten nur die Antragsteller und die Deutsche Volkspartei sowie kleinere Gruppen, während das Zentrum sich der Abstimmung enthielt und die Sozialdemokraten sich niht daran beteiligten. Gegen den Antrag stimmten Nationalsozialisten und Kommunisten.

Es folgt die namentliche Abstimmung über den nationa!- sozialistishen Antrag, wonach der Landtag beschließt: „Soweit die Reichsverfassung und die Verfassung des Landes Preußen von der am Ruder befindlichen Regierung gemäß dem von ihr beshworenen Eid geachtet und durchgeführt wird, ist es Pflicht der Beamten und Staatsangestellten Preußens, die Verfassung ebenfalls zu achien und zu schüßen.“

Für den Antrag stimmen die Nationalsozialisten, da=- egen u. a. die Kommunisten, Deutschnationuale und die

eutsche Volkspartei. Vom Zentrum werden Enthaltungs- farten abgegeben, während sih die Sozialdemokraten wiederum nicht an der Abstimmung beteiligen.

Der nationalsozialistishe Antrag wird mit 156 gegen 86 Stimmen bei 45 Enthaltungen angenommen.

Es folgt die Abstimmung über den Antrag der Zentrums3- raktion. Der exste Teil des Antrages, in dem davon die Rede

ist daß die Beamten troy shwerer Gewissenskonflikte in- olge des verfassung en Vorgehens der Reichsregierung ihre Amtspflichten gewissenhaft erfüllen, wird abgelehnt. Für diesen Teil des Antrages stimmen lediglich das Zentrum und ein Teil der Sozialdemokraten.

Der zweite Teil des Antrages wird in folgendem Wort- laut angenommen: „Der Landtag spricht den Beamten Dank und Anerkennung aus. Gleichzeitig gibt er der Erwartung Ausdruck, daß die preußischen Beamten auch fernerhin ihre dienstlichen Obliegenheiten getreu der bewährten Berufss tradition des preußishen Beamtentums zum Besten von Staat und Volk unparteiish und gewissenhaft erfüllen werden.“

Für den Antrag stimmten Nationalsozialisten, Zentcum und Deutsche Volkspartei.

Der sozialdemokratische Mißbilligungsantrag gegen, den Präsidenten Kerrl wird dem Verfassungsausschuz übers wiesen.

Das Haus vertagt sich auf Freitag, 10 Uhr.

Auf der Tagesordnung steht u. a. die zweite und dritta Lesung des nationalsozialistischen Antrages auf Vorverlegung dex Gemeindewahlen.

(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Verantwortlich für Schriftleitung und Verlag: Direktor Mengering in Berlin-Pankow.

Druck der Preußishen Druckerei und Verlags-Aktiengelell schaf, Berlin, Wilhelmstraße 32.

Fünf Beilagen (einschließl Börsenbeilage und zwei Zentralhandelsregisterbeilagen)

zum Deutschen NeichSanzeiger und Preu

ITr. 224. Nichtamtliches.

(Fortseßung aus dem Hauptblatt.) Parlamentarische Nachrichten.

c N si 2 9 . 5 I Fm Reichstag trat, nah einem Bericht des Nachrichtenbüros

des Vereins Deutscher Zeitungsverleger, am Donnerstagvormitt cir ur Wahrung der Rechte der Belberirotians 8 è Silzung in seiner neuen Gestalt 3

suhungsaus\s{chuß *ausainmen. Da die Sitaga e E suhungsausschusses öffentlich ist, hat man sie in den großen Haus- haltsaus\shußsaal verlegt. Für Presse und Publikum sind be- sondere Pläve zur Versügung gestellt. Während die Presse zahl- re ch erschienen ivar, ivar das Publikum zu Beginn der Sivung nur durch eine Person vertreten. Jm Rahmen der Untersuchung soll auch die Uber die Reichstagssißung vom 12. September auf- genommene Schallplatte vorgeführt werden; zu diesem Zweck ist in einer Ecke des Saales ein großer Lautsprecher angebracht Zu der Ausshußsibung haben alle Fraktionen ihre Vertreter ‘ent- Lur s Auch einige Ländervertreter sind zu der Sißung erschienen. Nach Eröffnung der Sibßung durh den Vorsizenden, Aba. Löbe erhält zunächst vor Eintritt tn die Tagesordnung Obe1 regierungs. ga: Dr. Radla u er zu einer persönlichen Erklärung das Wort. Er führte aus: Es wird den meisten von Jhnen bekannt sein, daß ih jeit 12 Fahren als Delegierter der Presseabteilung der Reichs- regierung „Jur den Reichstag die offizióse Presseberichterstattung Uber die Sißungen der Reichstagsaus|chüsse ausgeübt habe Da jedoh der politische Kurs der jeßigen Reichsregierung meiner politischen Ueberzeugung widerspricht, habe ih mi entschlossen daraus die Konsequenzen zu ziehen und meine vorgesebte Be- hörde gebeten, mi zur Disposition zu stellen. Sie können sich denken, „daß mir der Entschluß sehr shwer gefallen ist; denn die Arbeit in Jhrem Kreise war eine sehr interessante, und ih habe sie von Herzen gern getan. Sie war allerdings nicht immer ohne Schwierigkeiten; handelte es sih doch um eine möglichst objeftive Berichterstattung, die über den Parteien stehen mußte Wenn ih diese Schwierigkeiten überwinden fonnte, jo verdanke ih das in erster Reihe Fhrer Mithilfe und Fhrem Wohlwollen Meine Damen und Herren, ih bitte Sie, mir ein freundliches Andenken f bewahren. Vorsißender Löbe: Jch bedaure das Aus- heiden des Herrn Dr. Radlauer und kann ihm nur den Dank dafür aussprechen, daß er seine Kraft lange Jahre hindurch den Ausschüssen des Reichstags in vorbildliher Weise zur Verfügung gestellt hat. Alle Parteien können bezeugen daß er sich dabei größte Mühe gegeben hat, um objektiv über die Arbeiten der lusshüsse zu berichten, An der Tatsache selbst können win leider nichts, ändern. Vorsißender Löbe stellt dann fest, daß sich der Auss{huß auf Grund des Beschlusses in der leßten Sibuna als Untersuhungsausshuß konstituiert hat. Zur Untersuchung stehen gwei Fragen: 1. Jn welchem Zeitpunkt ist die Wortmeldung des Reichskanzlers exfolgt, vor oder nah Eintritt in die Abstimmung? 2. Zu welcher Zeit und in welcher Form erfolgte die Uebergabe der Urkunde über die Auflösung, und welches war das Verhalten des Präsidenten bei der Entgegennahme der Urkunde? Als Heugen, jo fahrt der Redner fort, waren zunächst geladen der Reichskanzler, der Reichsinnenminister, Staatssekretär Planck, der Reichstagspräsident und die amtierenden Schriftführer des Reichs

tages, Jh habe die Vorladung den erstgenannten Herren mündlich überbracht zur Vermeidung gewisser Weiterungen und zur Klärung der Frage des Er- scheinens, ‘und weil ih wußte, daß Bestrebungen ein- e waren, eine Einigung zwischen den Hauptistreitenden erbeizuführen. Der Reichskanzler gab bei diesem Besu der

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Vermutung Ausdruck, die Zeugenvorladung könne geschehen sein um die staatsrehtlichen Bedenken zu umgehen, die die Regierung gegenüber der Teilnahme am Ausschuß so lange habe bis ihre rehtmäßige Amtswaltung von den Reichstagsinstanzen anerkannt sei. Handele es sich aber wirklich um die Feststellung des Tat- bestands über die Vorgänge in der Sißung, so bitte sie, ehe die Beteiligten selbst, die Streitenden sozusagen, vernommen werden, zuerst ' unbeteiligte Beobachter, Zuhörer und Zuschauer zu ver

nehmen, bei denen die Gefahr einer unbewußt gefärbten Dar-

tellung weniger besteh2. Der Einwand entbindet die Mitglieder

der Reichsregierung niht von der geseblihen Pflicht, vor dem Aus[huß zu erscheinen. Der Vorschlag über die Reihenfolge der

Bernehmungen entbehrt niht einer gewissen Berechtigung, und

ih würde von mir aus vorschlagen, danach zu verfahren daß zu nächst andere Beobachter der Szene vernommen werden, da eine

absolute Weigerung der Reichsregierung, zu erscheinen nicht VoYr=- Tiegt. Wir würden dann zu entscheiden haben, ob auch ‘der Reichs- tagspräsident von dem gleihen Recht der späteren Vernehmung

Gebrauh macht. Einer der geladenen Schriftführer, Herr Kauf- mann, hat sih entschuldigt. Der Abg Torgler hat eine Reihe

von weiteren Zeugen für ‘die Vernehmung angegeben die in die Kategorie der Beobachter fallen würden. Es handelt sich um die Herren Walter Oehme, Kurt Caro, Chefredakteur der „Volkszeitung“, Dr. Paul Friedländer Chefredakteur der „Welt am Abend“, und zwei Tribünenbesucher. Ferner haben wir die Shallplatte, die von der Funkstunde aufge-

nommen worden ist, herbeishaffen können, auch sie kann als Beuge vernommen werden, Löbe schlägt s{chließlich noch vor, die Beeidigung der vernommenen Zeugen vorläufig zurückzustellen Abg. Frank Il (Nat. Soz.) fragt, ob der Reichskanzler und die Mitglieder des Reichskabinetts in der in der Strasprozeß- ordnung vorgeschriebenen Form geladen worden sind. Vor- fißender Löbe: Sie sind in aller Form geladen, aber nicht in der in der Strafprozeßordnung vorgeschriebenen Form. Jch habe den Herren erklart: Fch überreihe Fhnen hiermit die Vorladung des Ausschusses als Zeugen. Abg. Frank Il (Nat. Soz.): Be- steht die Absicht, die Ladung zu wiederholen? Vorsibender Löbe: Jh habe die Absicht, nah Schluß der Zeugenvernehmung eine kurze Pause eintreten zu lassen und dann in einer ordent- lichen Sitzung des Ausschusses über das weitere Verfahren beraten öu lassen. Abg. Frank I1 (Nat. Soz.): Wir haben ein Jnter- esse, festzustellen, wie sich Herr von Papen zu den Vorschriften der Strafprozeßordnung stellt. Wir haben in leßter Zeit wieder- holt festgestellt, daß das Kabinett Verfassungsbrüche leicht hin- nimmt. Vorsißender Löbe unterbriht und erklärt daß alle diese Auseinandersezungen in die ordentliche Sißung ‘des Aus- {usses vertagt werden müssen und daß der Úntersuhungsauss{chuß keine politischen Debatten führen könne. Abg. To raler (Komm.): Wir müssen aber zu der Art Stellung nehmen, wie die Vorladung erfolgt ist. Die vier Hauptbeteiligten sind nicht uach den üblichen Grundsäßen geladen. Der Aus\chuß hat bent Borsißenden ein Mandat zu dieser Art Ladung nicht erteilt Es Jane sih um eine Aktion, die der Vorsizende von si aus in die Wege geleitet hat. Wir können nicht einsehen, daß irgendein SUERLGReE gemacht wird. Auch der vorgeschlagenen Reihenfolge der Zeugenvernehmung können wir uns nicht ansc{ließen. Der Ausschuß hatte in erster Linie die Zeugenvernehmung der Regie- rungsmitglieder" beschlossen und erst auf unseren Zusaßautrag hin den Kreis der Zeugen ausgedehnt. Wir sind nicht damit ein- verstanden, daß maun der Regierung noch Möglichkeiten weiteren Kuhhandels gibt. Vorsißender L 0b e stellt fest daß ein Unter- es zwischen den Zeugen nicht gemacht worden ist. Die gericht- ma ce MN Nene Form sei keinem Zeugen gegenüber geübt , [ondern überall sei eine Einladung in loserer Form er-

Erste Beilage

Verlin, Freitag, den 23. Geptember

Stßung ein, um zunöchst eine Einigung über das Verfahren herbeizuführen. Fn diejer ordentlichen Ausschußsißung, die dann unter Ausshluß der Oeffentlichkeit vor sih ging wurde unter Annahme eines Antrags des Abg. Dr. Frank 11 (Nat. Soz.) be- schlossen, die heute anwesenden Zeugen zu vernehmen, ins- besondere den _Reichstagspräsidenten Göring. Der Reichs- kanzler, der Reichsinnenminister und der Staatssekretär Planck sollen unter Einhaltung der in der Strafprozeßordnung vorgeschriebenen Formen und Fristen zum nächstmöglichen Termin geladen werden. Gegen den Antrag stimmten die Deut|chnationalen; das Zentrum hatte erklärt, sih der Stimme zu enthalten. Vann wurde die Veffentlichkeit wiederhergestellt Nah Wiederherstellung der Oeffentlichkeit witd in die Zeugen- vernehmung eingetreten. Abg. Laverrenmz (D “Nat. exklärt, er habe noch am Abend des 12. Septembec ‘zunächst für seinen privaten Bedarf, aber auch in der Annahme “dak er darüber vielleiht einmal gehört werden könne, eine \hriftlihe Aufzeihnung über die Ereignisse gemaht. Fn der von ihm ver- lesenen Auszeihnung heißt es: Fn der Reichstagssißung am 12, September hat sich nach meiner Erinnerung der Reichskanzler ziveimal zum, Wort gemeldet. Zwischen beiden Wortmeldungen lag die Bemühung des Staatssekretärs Planck, der den Reichs- tagspräsidenten auf die erste Wortmeldung des Reichskanzlers auf- merksam machte. Nachdem die Sißung um 3,46 Uhr wieder er- Ene ivar, bemerkte der Reichstagspräsident einleitend, daß Widerspruch gegen die neue Tagesordnung nicht geltend gemacht ware und daß jeßt zur Abstimmung über die Anträge Toraler geigritiek wr Noch während dieser Worte erhob sih de SEYNaNer zur Wortmeldung. Es erfolgte dann der Zuruf de Abg. Torgler: „Namentlih, Herr Präsident!“ Nach ‘der Fest- stellung, daß die Abstimmung namentli sein solle machte Staats- jekretär Planck darauf aufmerksam, daß der Kanzler zu sprechen wünsche. Nachdem der Reichstagspräsident über die abzugebenden Harten eine erläuternde Feststellung getroffen hatte, machte der Reichskanzler zum zweiten Male den Versuch, zu Wort zu fommen, Es geshah dies, noh bevor der Reichstagspräsident die Worte aus]prach: „Vie Abstimmung hat begonnen Unmittelbar darauf begao si der Reichskanzler zum Präsidententish und iverreite die Auflösungsverordnung, die der Reichstagspräsi- dent, ohne einen Blick darauf zu werfen, beiseite {ob. Vors.: Löbe: Nah Jhrer Meinung ist die Wortmeldung des Reichs- fanzlers vor dem Antrag auf mamentliche Abstimmung und vor den Worten: „Die Abstimmung ist eröffnet“ erfolgt? Zeuge Abg. Laverrenz: Ja, und wenige Augenblicke später übergab

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gangen. Der Ausschuß tritt dann in eine nichtöffentliche

der Reichsfanzlex _die Auflösungsorder. Abg, Dr, Marum (Soz): Woher wissen Sie, daß der Reichskanzler ih zum Zweck der Wortmeldung erhob? Hat er ausdrücklich zu erkennen gegeben daß £1 das Wort zu erhalten wünshe? Zeuge L ü 0x rrenz: Der Reichskanzler hat sich vom Plab erhoben, nah dem Prâstdententish herausgeblickt und auch den Avm erhoben. Uuf weitere Fragen der Abgg. Berndt (Dnat.) und D Frank Il (Nat.-Soz.) erklärt „A Zeuge, daß er einen Ruf d Reichskanzlers: „Amtlich!“ nit gehört habe. Der Rei stags prastdent habe ostentativ nah links gesehen. Dr. F1 1nf 1: p N E r Zeuge; Das war mein Eindruck. O . L0be: Es ergibt nch aus den Photographien, daß der Reichstagsprästdent nach links geschen hat. Die Frage eines national]ozialistischen Abgeordneten, ob er den Eindruck gehabt habe, daß der Reichskanzler gn und für sich der Handhabung der Gescha\tsordnung unschlüssig wax und erst darauf aufmerksam gomacht werden mußte, daß er sich zum Wort melden solle vermag Geuge Laverrenz niht zu beantivorten. Er hat auch nicht esehen daß der Reichsaußenminister den Reichskanzler durch Anstoßen darauf aufmerksam machte, sich zum Wort zu melden, Nächfter Zeuge 1st der Schriftführer Abz, Schwa z (Zentr.) der links vom Reichstagspräsidenten saß. Der Zeuge hat gehört, wie gesagt wurde, wir stimmen ab, ebenso den Zuruf des Aba Torgler: namentlih!, Nachdem dann der Präsident nochmals namentliche Abstimmung festgestellt hatte, hat der Zeuge gesehen, daß irgend- wer zum Präsidententisch Herantrat und étwas mit dem Prâäsi- denten besprah. Nachher sah ex, daß ein Schriftstück auf den Tisch des Präsidenten gelegt wurde und daß der Reichskanzler sich er- hoben hatte und mit der einen Hand ein Zeichen machte Ob das eine Wortmeldung war oder nicht, konnte er nicht feststellen. Auf Fragew bestätigt der Zeuge, daß dieses Zeichen ntach der Fest- itellung, daß namentlich abgestimmt würde, erfolgt war Eine ziveite Wortmeldung hat er nicht beobahtet, Abg Linder (Nat.-Soz.), der ebenfalls Schriftführer war, erklärte als Zeuge daß in dem Augerblick, als der Reichstagsprästdent erklärt, es verde namentlich abgestimmt, ex dew Kopf nah rechts wandte und den Reichskanzler stehen ah. Er sah nicht, daß der Kanzler die Hand erhoben hatte. Vas jet nach seiner Erinnerung erst später er- solgt. Db das Wort amtlich gefallen ist, kann er niht bezeugen. Er glaubte jedenfalls nicht, daß sih der Kanzler selbst zum Wort meldete, er hatte vielmehr den Eindruck, daß er nur ein ganz kurzes Wort gesprochen hatte. Nach Auffassung des Zeugen hat sih der Kanzler erst zum Wort gemeldet, nachdem der Reichs- tagSpräsident erklärt hatte, daß jeßt abgestimmt werde, und zwar nachdem er {hon festgestellt hatte, daß die Abstimmung naments- lih ist. Als Zeuge wird dann Reichstagspräsident Göring vernommen. Er schildert den Vorgang folgendermaßen: Als ih die zweite Sißung eröfnete, wartete ih, bis die Regierung Plat Ci wanzaa hatte, obwohl die Sißung bereits begonnen haite, als Ae eeserung einmarsGierte. _Jch sagte dann: Nachdem sih kein Widerspruch ergeben hat, bn ih gezwungen, die Anträge Torgler jeßt abstimmen zu lassen. Wir stimmen ab. Jn diesem Augen- blick rief Herr Torgler: namentlich! Jch sagte: Jawohl namentlihe Abstimmung. Das war selbstverständlich. nachdem «s eine Fraktion beantragt hatte, die mehr als [Unfzig Mitglieder gählt. «m übrigen wäre s _quUS y [hon -ein Vorgang der Abstimmung - gewesen. In ei Augenblick saß unter mix der Staatssekretär der Reichs- anzlei mit ‘dem Blickfeld vollklommen herumgedceht in Richtun

auf die Regierungsbant. Auf der Regierungsbank selbst sah ich einen Augenblick Unruhe. Daun erhob sich der Reichskanzler kurz

sagte ein Wort, was den Bruchteil einec Sekunde nach dem Ruf des Abgeordneten Torgler „namentli“ erfolgte und was ih au als namentlich verstanden häbe. Es joll der Zuruf „amtlih“ ge- iesen sein. Daraufhin hat sich der Reichskanzler scheinbar noch e'nmal érhoben, das habe ih nicht genau gesehen. Der Reichs- fanzler hat mir weder gesagt: Fh bitte ums Wort!. noch soust etivas, jondern nun ging der Staatsfekretäc der Reichskanzlei zum Reichskanzler hin und kam zurück und stellte sil vor mich hin U 1d sagte: Der Herr Reichskanzler bittet ums Wort. Jh laus: Sa. wohl, selbsivecständlich, wenn die Abstimmung vorbei ist. Er oa sid einen Moment zurück und ging dann wieder rüber. Fn diesem Augenblick war ein Zweifel über die Abstimmungsmodalitäten fta Aus den jozialdemokratischen Reihen wurde gerufen: e oder so ähnlich, wocauf ih sagte: Beide Anträge e E, und nomal zur Bekräftigung den Abgeordneten t Ee frag e. Daraufhin erst echob sih die Regierung. Der Jeichs anzler fam an meinen Siß heran, sprach kein Wort, sondern schob mit zitierndec Hand das Dekret auf meinen Tisch : Fch be- tone ausdrücklih, es war mit der weißen Seite nach oben Fh habe das Dekret danit weggetan, weil es zunächst in der Abstim- mung nichts zu besagen hatte, und nun hat, glaube. ih, der Schrift- führer Lavercenz mir das Dekret wieder hingelegt. Fh kann in

L es

Bischen StaatS3anzeiger

1932

nah oben lag. Jh habe es erneut weggelegt, weil es die Abstin mung nit stören sollte. Und im Anschluß daran hat die Rex gierung das Plenum verlassen und wir sind in dec Abstimmung fortgefahren. Abg. Berndt (D. Nat.): Sie haben dee eine Erklärung an die Presse herausgegeben, und da sollen Sie selbst zugegeben haben, daß der Reichskanzler den Arm zur Wort meldung erhoben hat, bevor Sie das Wort „2 bstimmung“ ugs gesprochen hatten. Präsident Göring: Fch habe ledigli 96s lagt, daß der Reichskanzler hinterher seinen Arm echoben hat. berg N Be r wdt (D. Nat.): Fn der Presse war von einem Essen s ede, das nah der Reichstagssißung stattgefunden hat, und bei em Sie die Aeußerung getan haben jollen, dáß Sie die Absicht hatten, eine Wortmeldung des Kanzlers auf jeden Fall zu ignos rieren. Sie haben dann ein Dementi herausgegeben wonach Sie das weder dem Sinn. noch dem Wortlaut nach gesaat ‘hätten Was E denn nun: positiv, gesagt? Präsident ring "E53 gee: sich da im eine Privatunterhaltung. Jch habe ‘diese Zeuperung weder dem Sinn noch dem Woctlaut nah gemacht. Es ist auch ein Frrtum, daß es sich um ein Essen gehandelt habe : 3h kam erst um 12 Uhr nachts verspätet in eine Gesellschaft, und in diejer Gesellshaft wurde sehr kurz nuc über die Sache hinwe: s gegangen. Fh bitte alle dort Anwesenden als Zeugen zu vern Cam Es wäre interessant, den Zeugen zu laden, der die Kenkzei überbraht hat. Alle Herren der Gesellschaft haben mir bestätigt, daß ih die Aeußerung niht gemaht habe. Unter eigenartigen Umständen ist nämli plößlich in dieser Gesellschaft ein Vertreter der Scherl-Presse erschienen, der sagte, er sei angerufen worden daß er stch sofort dorthin begeben fjolle. (Rufe rechts: Also ein Spigel,) Anders kann ih mir die Dinge nicht erklären. Abg. Berndt (D. Nat.): Jch stelle fest, daß die Aussage des Zeugen so zu verstehen ist, daß er über diesen Punkt bei dieser Gelegenheit nicht gesprochen hat. Präsident Göring: Nicht dieje Erklärung! Selbstverständlih haben wir über die ‘Ereig- ] L ht Sise gar mcht3 an, Herr Berndt. Vorsißender Lobe : ha nicht die Zeugenvernehmung in dieser Weise üunterbrechen. Prasident Gortng: Es wurde nur in wenigen Worten über diese Vorgänge ge]prochen, und ih habe sie dort kurz niht anders geschildert als eben hier. Abg. Berndt (D. Nat): In Gegen- wart von Ausländern und zu Ausländern! “Präsident Göring: Nein, zu den Herren, die ih dort von iner Partei zum erstenmal wieder getroffen habe. Aba. i: P fleger (Bay. Vp.): Jn der Pressebesprehung sollen Sie gesagt haben Se hatten das Wort zur Abstimmung noh nicht ausgesprochen ge- habt, als Herr von Papen zunächst nur de Hand erhob, während aus dex gleichen Richtung das Wort „namentlih“ kam so daß Sie annehmen „mußten, daß Herr von Papen namentlich gerufen hâtte. Prasident Göring: Das stimmt nicht, das ist voll- fommen falsch! Auf Fragen des Abg. Dr. Högne r (Soz.) be- stätigt der Zeuge, daß er nur einmal den Versuh des Reichsz fanzlers zum Wort zu kommen gesehen habe. Er bestreitet, daß er absichtlich dem Reichskanzler das Wort vorenthalten habe. Abg. Dr. Fra n k (Nat. Soz.): Haben Sie ostentativ nah links geshaut? 2 Zeuge: Es gibt da eine Photographie, und die ist E einem Augenblick aufgenommen, wo ih auf den Zuruf des Vg. 20rgler von Unks her eingegangen bin, oder in einem Moment, wo ¡h nohmals die Modalitäten der verbundenen An- träge feststellte. Es kann keine Rede davon sein, daß ih absicht- lih nach links gesehen hätte. Abg. Dr. Frank: Sie hätten also dem Reichskanzler das Wort vor der Abstimmung gegeben? Zeuge: Jh habe ja betont, daß der Reichskanzler sih vor dem Eintritt in die Sizung shon zum Wort melden konnte. Er brauchte nur semand zu mir zu shicken. Und wenn er zum mindestens den Finger erhoben hätte, als ih sagte, ih sei, Qüe zwungen abzustimmen, dann hätte ih ihm selbstverständlich das Wokt gegeben. Es iheint hier eine kleine Verwechjlung vorzu- liegen. J habe wiederholt erklärt, daß es nah meinem Eins druck der Regierung darauf ankam, unter allen Umständen eine Abstimmung zu verhindern, und daß ih hingegen selbstverständlich verpslichtet war, eine beantragte Abstimmung durchzuführen Abg. Dr. Fra n | (Nat. Soz.): Wann haben Sie von dem Jn- halt des Papiers Kenntnis genommen? Zeuge: Erst nah Verkündung _ Abstimmungscesultats. Abg. Schmidts- Hannover (D. Nat.): Zur Aufklärung widerspruhsvoller Dar- stellungen möchte ih noch fragen, ob Sie sich erinnern, das Blatt in derjelben Form wieder zurückgegeben zu haben oder ob es da- bei umgedreht worden ist. Zeuge : Es ist mir mit der weißen Seite nah oben übergeben worden. Jch habe es weggeschoben und daraufhin hat mir Herr Laverrenz das Blatt wieder Hinge- reiht. Bei dieser Ueberreichung ist es möglich), daß die Schrift ¡eite nah oben war. Jh _habe das Blatt abec niht angesehen und es wioder hingelegt. Ob es dabei umgedrcht worden ift oder wicht, iveiß ich niht. Abg. Bu ch (Nat. Soz.) bittet den Vore even, ULage die außerbalb der Sache liegen, wie sie der A bg. Berndt gestellt habe, nicht zuzulassen, worauf Vorsißender L 0b e erwidert, daß der Zeuge ja das Recht habe, falshe Be- hauptungen richtigzustellen. Auf weitere Fragen ecwidert der Zeuge noch, daß die Regierung noch nicht anwesend war, als er sich im Saal schon mit dem Abgeordneten Dr. Fri unterhielt. Er habe absichtlich gewartet, bis die Regierung erschien und Play genommew hatte. Er hätte ebensogut sofort anfangen können. Abg. Dr. Goebbels (Nat. Soz.): Hatte Herr Laverrenz über- haupt das Recht, ein Fhnen überreihtes Schriftstück dem Reichs« tag vorzuweisen? He uge: Der Schriftführer hat sicher zunächst das Recht und die Pflicht, mich auf ein Schriftstück aufmerksam zu machen, wenn ex der Auffassung ist, der Präsident habe die Ueber- reihung nicht beobachtet. Darüber hinaus würde ih es in Zu- kunft ablehnen, daß Schriftstücke, die mir überreiht wevden, vom Schriftführer weggenommen und in dem Saal gezeigt werden. „Zch habe es nicht gesehen, sonst hätte ih es unterbunden. Vore- sivender Löbe teilt mit, daß Herr Harnish als Zeuge vorge, [lagen sei darüber, ob das Wort „amtlich“ gefallen ist. Abg. Berndt (D. Nat.) behält sih vor, den Antrag zu stellen, daß ein Teil der Herren der Abendunterhaltung zu den in der Presse wiedergegebenen Behauptungen als Zeugen vernommen werdet Zeuge Göring: Nachdem hier die Tatsache, daß diese Unter- haltung in Gegenwart von Ausländern stattgefunden habe, so hervorgehoben worden ist, möchte ih betonen, daß es sich hier unt einen Vorgang handelt, der sih in voller Oeffentlichkeit, also auhch in Gegenwart von Ausländern ereignet hat. Nachdernit die Regie- rung die ausländische Présse informiert hatte, habe ih noch ‘am selben Tage ebenfalls vor den Ausländern sofort meine Stellung dargelegt. Fh könnte nicht das Geringste darin erblickcn, ‘daß ih darüber auch in Gegenwart von Ausländern gesprochen hätte, Abg. Dr. Högner (Soz.): Es ist erzählt worden, der Reichs- kanzler habe den Reichstagspräsidenten an der Tür erwartet durch die der Reichstagspräsident sonst bei Eröffnung. der Sißung fommt, und der Reichstagspräsident habe absichtlich, nahdent er davon verständigt war, den Weg durch die Fraktion genommen um auf diese Weise der Wortmeldung zu entgehen. Zeuge Göring: Jh wäre dankbar, wenn der Zeuge gefunden werden könnte, der mich darauf aufmerksam gemacht hat: Durch diese hohle Gasse muß er kommen!, ebenso der Zeuge, der mir gesagt haben soll, daß der Reichskanzler auf mich warte. Jch kann aufs bestimmteste versichern daß daran kein wahres Wort ist. Jh ging durch die Fraktion, weil ih mit Herrn Dr. Frick noch {nell etivas zu besprechen hatte. Abg. Schr e ck (Soz.): Haben Sie beobachtet, daß der Reichskanzler mit der roten Mappe aus-

nile {4 s J D - d nie gejsprohen. Abg. Dr. Frank (Nat. Soz.): Das ck

des

diesem Augenblick nit genau sagen, ob es jeßt mit der Schrift

gerüstet in den Saal trat? Zeuge: Jh habe es nicht gesehen,