1909 / 243 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 14 Oct 1909 18:00:01 GMT) scan diff

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des Kaiserlih Oesterreichishen silbernen Verdienst- kreuzes mit der Krone:

dem Leibjäger Engelbrecht,

den Kammerlakaien Turke und Tüllner, dem Kellereidiener Purßel und

dem Silberdiener Frank;

des Kaiserlih Oesterreichischen silbernen Verdienst- kreuzes: dem Küchendiener Fähnrich und dem Hoflakai Wien: der Kaiserlih Oesterreichischen Elisabeth-Medaille: den Garderobefrauen Heyer und Schade; des Großherrlich Türkischen Medschidieordens zweiter Klasse: den Geheimen Hofräten Buro und Waldmann; des Großherrlih Türkischen Osmaniéordens dritter Klasse: dem Hofstaatssekretär Knauff; des Königlich Großbritannischen Viktoriaordens vierter Klasse: dem Geheimen Hofrat Buro; der fünften Klasse desselben Ordens: dem Hoffstaatssekretär Neumann; der Königlich Jtalienischen goldenen Medaille: dem Mundkoh Brandt und dem Silberverwalter Grella; jowie der Königlich Jtalienischen silbernen Medaille:

dem Leibjäger Engelbrecht, dem Silberdiener Frank und dem Kanzleidiener Grüner.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

infolge der von der Stadtverordnetenversammlung zu Radevormwald getroffenen Wahl den Bürgermeister Johann Hochstein daselbst in gleiher Amtseigenschaft auf fernere zwölf Jahre, s j

infolge der von der Stadtverordnetenversammlung zu Barmen getroffenen Wahl den Kaufmann Eduard Schäfer daselbst als unbesoldeten Beigeordneten der Stadt Barmen für die geseßzlihe Amtsdauer von ses Jahren und |

infolge der von der Stadtverordnetenversammlung zu Kleve getroffenen Wahl den Obersten a. D. Nütten daselbst als un- besoldeten Beigeordneten der Stadi Kleve auf fernere sechs

Jahre zu bestätigen.

Finanzministerium. Das Katasteramt Vreden im Regierungsbezirk Münster ist zu besetzen.

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Der Bergrevierbeamte, Bergrat Best zu Oberhausen ist nah Saarbrüen verseßt und mit der Verwaltung des Berg- reviers Ost-Saarbrücken betraut worden.

Ernannt sind: i

der Revierberginspektor Koepe zu Bochum unter Bei- legung des Titels Bergmeister zum Bergrevierbeamten für das Bergrevier Oberhausen, i : E

‘die Bergassessoren Hoenig im Bergrevier Wattenscheid und Spinn bei dem Steinkohlenbergwerke König O.-S. zu

Berginspektoren.

Bekanntmachung.

Gemäß §8 46 des Kommunalabgabegeseßes vom 14. ul 1893 wird zur öffentlichen Kenntnis gebraht, daß aus dem Betriebe der auf Königlich preußishem Staatsgebiet belegenen Strecken der Pfälzischen Eisenbahnen für das Betriebsjahr 1908 für Ebernburg (Mitte Nahebrücke) bis Bad Münster a. St. ein Reinertrag von 6287 25 H erzielt worden ist.

Mainz, den 12. Oftober 1909. A

Der Königliche Eisenbahnkommissar.

Roes ler.

Nichtamtliches. Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 14. Oktober.

Der Bundesrat versammelte sih heute zu einer Plenar- fizung; vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für Handel

und Verkehr und für Justizwesen eine Sizung.

Der Regierungsassessor Nirrnheim aus Beckum ist der Königlichen Regierung in Potsdam, der Regierungsa}e}jor wanziger aus Wanzleben der Königlichen Regierung in Danzig vorübergehend, der Regierungsassessor Dr. Zorn aus Posen der Königlichen Regierung in Arnsberg, der Regierungs- aïsesor Castan aus Eschwege der Königlichen Regierung in Oppeln, der Regierungsrat Dr. Graf von Wartensleben in Berlin der Königlichen Regierung in Gumbinnen, der Negierungs-

asseïsor Genzmer aus Blumenthal, z. Z. in Arolsen, der Königlichen Regierung in Posen, der Regierungsa)e})or Dr. Backhausen aus Ragnit der Königlichen Regierung in Trier und der Regierungsassessor Reininghaus aus Posen der Königlichen Regierung in Schleswig, der neuernannte Re- gierungsassessor von Löwis of Menar aus Cassel der König- lichen Regierung in Stettin zur dienstlichen Verwendung über- wiesen, der Regierungsassessor Has hüde aus Brilon dem Land- rat des Kreises Hörde, der neuernannten Regierungsa})e))or

Schwetz und der Regierungsassessor Dierig aus Gelsenfirchen dem Landrat des Kreises Hameln zur Hilfeleistung in den land- dies Geschäften zugeteilt worden. Un

ie Regierungsreferendare Goedecke und Firnhaber aus Oppeln und Windels aus Breslau ‘haben die zweite Staatsprüfung für den höheren Verwaltungsdienst bestanden.

Braunschweig.

Auf Schloß Blankenburg is gestern, wie der „Braun- \hweigischen Landeszeitung““ gemeldet wird, die Verlobung Jhrer Durchlaucht der Prinzessin Sophie Renata Reuß j. L. mit Seiner Durchlaucht dem Prinzen Heinrih XXXIV. Reuß j. L. veröffentlicht worden.

Rußland.

Der vom Finanzministerium aufgestellte Voranschlag für das Staatsbudget des Jahres 1910 beziffert nah einer Meldung des „W. T. B.“ die ordentlichen Einnahmen auf 2535,8 Millionen Rubel, die ordentlichen Ausgaben auf 9510 Millionen Rubel, die außerordentlichen Einnahmen auf 10 Millionen Rubel und die außerordentlichen Ausgaben auf 120 Millionen Rubel. Jndiesem leßten Posten sind 50 Millionen vis Ausgaben des Kriegsressorts und 64,8 Millionen für Eisenbahn- bauten enthalten. Die außerordentlichen Ausgaben werden gedeckt durch den Uebershuß von 25,8 Millionen der ordent- lihen Einnahmen und durch 10 Millionen außerordentliche Einnahmen; der Rest im Betrage von 84,2 Millionen Rubel soll durh Kreditoperationen beschafft werden i Der Finanzminister Kokowßow hielt gestern in der Moskauer Börse in Erwiderung auf eine an ihn gerichtete Ansprache des Präsidenten des Börsenkomitees eine längere Rede, in der er, „W. T. B.“ zufolge, zunächst seine Genug- tuung darüber aussprach, daß die Moskauer Kaufmannschaft, die wichtigste Rußlands, anerkannt habe, daß die Finanz- und Kreditilage des Reichs sih wesentlih gebessert habe, und dann darauf hinwies, wie es troß des Krieges und der Unruhen im Jnnern möglich gewesen sei, die Goldwährung zu erhalten und auf die Einführung neuer Steuern zu ver- zichten. L A i Die Finanzlage, fuhr der Minister fort, late fich jeßt gar nit mit der vor drei Jahren vergleichen. Die meisten Staatspaptere seien um 21 ja um 23 9/6 gestiegen, und zwar, wie die Kaufmannschaft bezeugen könne, ohne jegliche künstliche Maßregel. Er habe ein Recht, zu erflären, daß fünstlihe Maßregeln zur Hebung des Kredits nie ergriffen worden seien und nie ergriffen werden würden, so lange er an der Spiße der Finanzverwaltung stehe. Die Herstellung des Kredits sei nur das einfahe Ergebnis der natürlichen Entwicklung. Jeßt werde das ordentlihe Budget ohne Defizit, ja sogar mit einem Ueber- {uß von 25,8 Millionen abgeschlossen. Das Ministerium habe dabei alles getan, um eine Ueberbürdung der Steuerpflichtigen zu verhüten. Die einzige neue Steuer, die Steuer auf Zigarettenbülsen, bringe nur gegen fünf Millionen Rubel ein. Der Minister wies weiter darauf hin, daß in anderen Ländern die Budgetshwierickeiten unvergleihlich größer seien als in Rußland. Deutschland. habe 420 Millionen neue Steuern votiert, das Budget Frankreihs sei mit einem Defizit von fast 200 Millionen Francs eingebracht worden, in England seien wegen des Budgets Schwierigkeiten entstanden, dje sogar die Stabilität der Staatsordnung gefährden önnten. Noch ‘nie sei es vorgekommen, daß der Bou in St. Petersburg und Moskau niedriger gewesen sei als in Berlin. Heute sei er um ein halb Prozent niedriger als in Berlin. Dieses Ziel sei nur dadur erreicht worden, daß Rußland seine Goldwährung aufre{chterhalten habe. Deutsche Mark könnten beute zum Kurse von 46,08 statt 46,30 gent werden. _ Der Minister ging \ch{ließlich auf die von ihm beabsichtigte Reise na dem fernen Osten über“ und sagte, daß fie hauptsächlich der Ost-Chinabahn gelte. Die Politik der Regierung in der Frage dieser Babn sei ganz klar. Früher hätte die Bahn auch politischen nteressen dienen müssen, jeßt blieben nur kommerzielle Aufgaben : die Einfuhr russisher Waren nah der Nordmandschurei, der möglichst billige Transport russisher Waren nach den Grenzprovinzen, ein be- quemer Einfuhrweg chinesisher Rohprodukte nah Rußland, die Zu- fubr möglichst großer Mengen hinesisher Waren nach dem eisfreien Hafeu von Wladiwostock. /

Spanien.

Der als Urheber der Unruhen in Katalonien vom_ Kriegs- gericht zum Tode verurteilte ehemalige Direktor der freien Schule in Barcelona Fer rer ist nah einer Depesche des „W. T. B.“ gestern vormittag erschossen worden. Gegen die Urteilsvollstreckung wurden im Ausland, namentlich in Paris, Marseille, Brüssel, Gent, Rom, Turin, Genua und verschiedenen anderen Städten Rrotestkundgebungen veranstaltet.

Schweiz.

Gestern sind in Bern, „W. T. B.“ zufolge, die von der Internationalen Gotthard-Konferenz im Monat April vereinbarten neuen Verträge von den Gesandten Deutschlands und Italiens und einer Delegation des Bundesrats unter-

zeichnet worden. E Türkei.

Einer vom „W. T. B.“ verbreiteten Mitteilung der Pforte zufolge hat der bulgarische Minister des Aeußern dem türkischen Gesandten in Sofia eine Note übergeben, in der er sich gegen die Unterstellung wendet, daß Bulgarien die Bildung von Banden auf seinem Gebiet unterstüge. :

Nach einer weiteren Mitteilung der Pforte hat die bulga- rishe Regierung den von der Pforte vorgeschlagenen Entwurf einer türkisch- bulgarischen Konsularkonvention an-

genommen. Griechenland. Jn der gestrigen Sißung der Deputiertenkammer erklärte der Finanzminister, nach einer Meldung des E E Ag die dur das Budget eingeführten Ersparnisse und andere Maßnahmen würden eine Minderausgabe von zehn

Millionen Drachmen zur Folge haben.

Amerika. Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Managua

Estrada, die si vorgestern gegen den Präsidenten Z erhoben haben, die Stadt Blue Fields eingeschlossen.

Ö Afrika.

(Nicaragua) haben die Anhänger des Kriegsministers een elaya

Seit einigen Tagen treffen, laut Meldung des „W. T. B.“ in Adis Abeba Nachrichten ein über {were Kämpfe zwischen dem Dedgas Abate, der das Kommando über die Tigriner antreten sollie, und dem Dedgas Abraha, der

einem Kampfe am 9. Oktober besiegte Dedgas Abate, unter- stüßzt durch den Ras Olie und die Tigriner des Ras Sebat, den Dedgas Abraha, der leicht verwundet samt seinen Brüdern und zahlreichen Kriegern gefangen genommen wurde.

Statistik und Volkswirtschaft.

Ergebnisse der Berufszählung vom 12. Juni 1907 in den Großstädten des Deutschen Reichs.

Das soeben erschienene 1. Heft vom 207. Bande der „Statistik des Deutschen Reichs“ enthält die grundlegenden Ergebnisse der Berufsstatistik für die Gesamtheit der Großstädte des Reiches und für jede einzelne der 42 Großstädte, d. h. der Gemeinden mit 100000 und mehr Einwohnern, Uebersichten über die Gesamtbevölferung der Großstädte nach Haupt- und Nebenberuf mit Ordnung nah Berufsabteilungen, -gruppen und -arten und mit Scheidung der nahgewiesenen Berufe nah der sozialen Stellung darin als Selbständige, Angestellte oder Arbeiter. Die Ergebnisse für die Großstadtbevölkerung werden somit in ent- sprechender, jedoch gekürzter Weise wie die für dle Bevölkerung des Reichs im ganzen mitgeteilt, die im 1. Heft vom 202. Bande der „Statistik des Deutshen Reichs“ veröffentliht wurden.

Die Gesamtbevölkerung der 42 Großstädte des Reiches betrug am 12. Juni 1907 11,79 Millionen gegen 7,03 Millionen bei der vorhergehenden Berufszählung von 1895. Das ist eine Steigerung des Anteils der Großstädter an der Bevölkerung des Reiches von 13,58 v. H. auf 19,11 v. H. Von den 11792019 Einwohnern der Großstädte waren 4 982 563 hauptberufliche Erwerbstätige und 701 584 Berufslose, zusammen 5 684 147 Erwerbstätige und Berufslofe, denen fd 6 107872 Angehörige ohne einen Hauptberuf und bâusliche Dienende im Haushalt der Selbständigen angliedern. An Berufs- zugehörigen (d. h. Erwerbstätigen mit . den von ihnen ernährten Dienenden und Angebörigen) entfielen in den Großstädten insge]amt nach der neuesten Zählung 6 089 282 Perfonen auf die Industrie einsdließlih von Bergbau und Baugewerbe, 3 065 381 auf Handel und Verkehr, 1142230 auf die Klasse der Berufslosen, 1020 898 auf die den öffentlihen und freien Berufen ein- \c{liezlich von Heer und Flotte zugehörigen dersonen , fodann 334 154 auf Lobnarbeit wechselnder Art und als kleinste Gruppe 140 074 auf Landwirtschaft und Gärtnerei. Werden die groß- städtishen Berufszugehörigen jeder Berufsabteilung in Beziehung

eseßt zu den Berufszugehörigen der einzelnen Berufsabteilungen im Nei e, so zeigt sich, daß in den Großstädten ermittelt wurden : 93 v. H. der von der Industrie ernährten Reichsbevölkerung, 37 v. H. der vom Handel lebenden, 42 v. H. der zu Lohnarbeit wechselnder Art und persönlicher Dienstleistung gehörenden Personen ;

für die Schicht der zu den öffentlihen und freien Berufen gehörenden

Personen beträgt der Anteil der Großstädte 30 v. H., für die Klasse der Berufslosen 22 v. H.

Zur Arbeiterbewegung.

Eine am Dienstag in Hanau abgehaltene Versammlung der Arbeiter der Edelmetallindustrie erklärte ih, wie die „Köln. Ztg.“ berichtet, mit dem Ergebnis der Einigungsverhand- lungen (vgl. Nr. 242 d. Bl.) einverstanden. In der getroffenen Vereinbarung heißt es u. a.: Das Arbeitsverbältnis der in der Edel- metallindustrie von Hanau und Umgegend beschäftigten Arbeiter wird dur eine Arbeitsordnung, die einen integrierenden Bestandteil dieser Vereinbarung bildet, geregelt. Zur Beseitigung etwa auftauchender Streitigkeiten wird ein Schlichtungsausschußz eingeseßt: dieser 1st varitätich zusammengeseßt aus je fünf Mitgliedern des Arbeitgeber- und Arbeitnebmerverbandes. Die Dauer diefer Vereinbarung wird von beute ab bis auf den 30. Juni 1912 bestimmt. : Eine Massenkündigung von Tabakarbeitern hat, wie die „Rb.-Westf. Ztg.“ mitteilt, am 11. d. M. in der Mannheimer Tabakindustrie stattgefunden. Es sind von einer Anzahl der größeren Firmen insgesamt über 1800 Arbeiter vorübergehend entlassen worden, die voraussihtlich mehrere Wochen obne Beschäftigung bleiben verden. Das Anschwellen der Lager obne auch nur halbwegs annehm- baren Absag bat den Fabrikanten die Entlassungen mit zwingender Notwendigkeit aufgedrängt. Sie sind erfolgt nach Rücksprache mit den beteiligten Arbeitern, die diese Art der vorübergehenden Betriebs- einstellung der Halbtags- oder Halbwochenarbeit vorziehen.

Infolge der Weigerung der Minenbesißer, die Löhne der Arbêèiter der Eisenerzminen Westcumberlands zu erhöhen, beschloß, wie „W. T. B.“ aus London meldet, die Bergarbeiter- vereinigung, am 19. Oktober über die Frage eines General- streifs unter allen Arbeitern der Eisenerzgruben Westcumberlands eine Abstimmung veranstalten zu lasen.

Kunft und Wissenschaft.

Die Ausstellung \chleswig - holsteinisher Kunst, die gestern mittag unter dem Protektorat Ihrer Königlichen Hobeit der Prinzessin Friedrich Leopold von Preußen und Ihrer Durchlaucht der Prinzessin Feodora von Schleswig-Holstein in den Räumen der Firma Neiner und Lewinsky (Lennéstraße 2) eröffnet wurde, bietet einen sebr interessanten Ueberblick über die Entwicklung des \{leswig- bolsteinischen Kunstgewerbes. Wie Direktor Brinkmann im Vorwort des Katalogs hervorhebt, . gibt es besonders drei große Gebiete hand- werkliher Arbeit, in denen s{leswig-holsteinishe Eigenart sich zu hoher Blüte entfaltet hat: Die Schreinerei und Schnißkunst, deren Entwicklung durch ein Vierteljahrhundert zu verfolgen, uns die über- lieferten Denkmäler getatten, die Töpferkunst, die mit der Herstellung der Favence um die Mitte des 18.-Jahrhunderts ein aus der Fremde bierber vervflanztes Reis rasch zu bewundernswerter Blüte treibt, und die Webekunst, die aus uns noch dunklen Anfängen in rein handwerk- licher Uebung und ganz unabhängig von den in anderen Gegenden Deutschlands zur selben Zeit schon entwickelten Industrien während des 18. Jahrhunderts die Wohnung des Bauern und Kleinstädter® mit Geweben von föstliher Eigenart {chmüdckt. Auch die Metallkunst lieferte in den für das 18. Jahrhundert in Form und Zweck so über- aus carafkteristishen berzförmigen Riechdosen einen originellen landes- tümlichen Beitrag. Von Werken der Schnißkunst sind neben einigen prachtvollen gotishen und Renaissancetruhen und Schränken besonders die sogenannten Mangelbretter, Liebesgaben der jungen Männer an ihre Zukünftige oder an threjunge Frau, beachtenswert. Die Ausstellung enthält eine reihe Auswahl dieser liebenswürdigen Schnitereien, die meist mit allegorishen Frauengestalten und Engelsköpfen in Neliefschnigzerei ges{müdckt sind, und gewöhnlich bemalt und ver- goldet waren. Stühle, von der später durch Chippendale ver-

reiteten und nach ihm benannten Form, waren hier im 18. Jahr- hundert landesüblih. Eine bodenständige Keramik seßte erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts, von auswärts angeregt, ein, um eine zwar furze, aber hohe Blüte zu erreichen. An verschiedenen Orten entstehen Fayencemanufakturen, die si zu einer in Deutshland unerreihten fkünstlerishen Leistungs- fähigkeit erhoben. Schleswig, Rendsburg, Flensburg, Kiel, Eckern- föórde und Stocelsdorf beteiligten sch an dem Wettbewerb. Vielfarbige Fayencöfen, Potpourrivasen mit Figurenmalerei, Tafel- aufsäße, Jardinieren, Uhrgehäuse, Speiseservice mit Blumen oder Landschaften, durhbrochene Körbe, Tintenzeuge, Wandbrunnen, endli große Bowlen in Gestalt von Bischofsmüßen wurden hergestellt. Alle diese Manufakturen, die für den bürgerlichen Geshmadck arbeiteten, überdauerte die Kellinghusener, die, dem Bauerngeshmack entgegen- kommend, jene mit E, grün und wenig blau und violett wirkungé- voll dekorierten Teller lieferte, die noch B âcte in vielen Bauernhäusern nördlich der Elbe die Borden am Herde {chmüdcken. Die Weberet lieferte außer den Knüpfteppihen, deren Herstellung bié

Dr. Alfred Meyer aus Münster dem Landrat des Kreises

dem Dedgas Abate nah Süden entgegengezogen war. Jn

heute ein Zweig s\{leswig\{her Hausindustrie geblieben ist,

besonders die als Beiderwand bekannten farbigen Vorhänge der Wandbetten. Diese Stoffe waren halbschihtig aus Leinen und Wolle gewebt und zeigen das Muster gegenständig in naturfärbigem Leinen auf einfarbigem Wollgrund. In den Mustern lassen si drei Gruppen erkennen: eine geometrische, eine vflanzlih-ornamentale und eine figür- liche. Den Clou der Ausstellung bildet ein Pesel aus Flensburg, ein vollständiges Interieur vom Ende des 18. Jahrhunderts, dessen Wände mit Delfter Kacheln und mit geschnißten Eichenholzpaneelen bekleidet find. Er ist mit Möbeln, Fayencen, Geräten und Zieraten einheitlich ausgestattet und enthält einen Byleggerofen, eines der sehr seltenen Eremplare, die heute noch existieren. Dr..ND.

Das Institut für Meereskunde veranstaltet auh in dem fommenden Winterbalbjahr, in der Zeit vom 5. November 1909 bis zum 4. März 1910, neben den mit der Universität verbundenen wissen- \chaftlihen Vorlesungen und Uebungen öffentlihe Vorträge, und zwar sowobl Einzelvorträge als auch zwei Vortragsreihen. Diese Vorträge sollen Sinn und Verständnis für das Meer und seine Er- \cheinungen, den Reichtum seines Lbens und dessen wirtschaftlichen Wert fowie für die volkswirtschaftlihe und staatliche Bedeutung von Schiffahrt, Seeverkehr und Seemacht in weiteren Kreisen der Be- völkerung unserer Neichshauptstadt anregen und verbreiten. Die Vor- träge sind öffentlich und für einen allgemeinen Hörerkreis, Herren und Damen, bestimmt. Sie finden in der Regel Dienstags und Freitags in dem großen Hörsal im Gebäude des Instituts und Museums fuür Meeeskunde Georgenstraße 34—36, in den Abendstunden statt. Ein großer Teil der Vorträge wird durch Lichtbilder oder Demonstrationen erläutert werden. Für den Zutritt zu den Einzelvorträgen find Ein- laßkarten erforderli, die in den Geschäftsräumen des Instituts, Georgenstraße 34—36, wochentäglich in den Stunden von 12 bis 3 Uhr und an den -Vortragsabenden selbst von 6 Uhr ab gegen Entrichtung eines Entgeltes von 025 F für den einzelnen Vortrag entnommen werden können. Dauerkarten für sämtliche Vorträge sind ebendort zum Preise von 6 # zu haben. Für die in Aussicht genommenen zwei volfstümlihen Vortragsreihen sind besondere Karten zu lôsen. Von den gehaltenen Vorträgen erscheint eine Sammlung von 12 mit Jllustrationen im Druck und wird den Käufern von Dauerkarten unentgeltlich verabfolgt, während die Vorträge fonst einzeln zum Preise von 0,50 M und gesammelt zum Preise von 5 Täuflich sind.

Der erste Vortrag findet am 5. November statt. Der Vor- tragende an diesem Abend ist der Professor Dr. Linde-Hamburg. Sein Thema lautet: Die Niederelbe.

Technik.

Die 290. Versammlung des Berliner Vereins für Luft- \c{chiffahrt wurde nach Verlesung des Protokolls der vorigen am 11. Oktober dur die saßzungsgemäße Aufnahme von 44 neuen Mit- gliedern eröffnet. Aus dem vom Vorsißenden, Geheimrat Busley gemachten geschäftlichen Mitteilungen ist von allgemeinerem Interesse, daß nah Beschluß des Vereinsvorstandes der Lanz - Preis von 40 000 4 auf dem Flugplaß Johannisthal zum Austrag gebracht werden soll. Die Vereinsmitglieder haben bei solchen Gelegenheiten freien Eintritt, au hat die Deutsche Flugplaßz-Gesellschaft sich bereit erklärt, einen Teil der Nettoeinnahme an den betreffenden Flugtagen dem Verein zu überweisen. Um die Luftshiffer mit der astronomischen Ortsbestimmung nach der von ihm ausgearbeiteten Methode vertrauter zu machen, wird Professor Dr. Marcuse vom 25. Oktober ab bis auf weiteres an jedem Mittwoch zwishen 6—7§ Uhr im Institut für Meereskunde Vortrag darüber halten. Der Wftschiffertag hat fich jüngst, nah Anhörung eines Vortrags von Prödfessor M., ein- mütig dahin ausgesprochen, daß die Einübung der Ballon- und Luftschifführer auf diese zuverlässige und in vielen Fällen allein mögliche Form der Orientierung sehr wünschenswert sei. Geheimrat Busley erstattete Bericht über den 7. ordentlichen Luft\chiffertag zu Frankfurt a. M. am 18. und 19. September. Von zurzeit vorhandenen 41 deutshen Vereinen für Luftschiffahrt waren 37 mit 145 Stimmen vertreten. Der von Dr. Stade erstattete Jahresbericht und die von Herrn Mar Krause vorgelegte, die Aus- gaben nur eben durch die Einnahmen ausgleihende Jahresre{nung ergaben die Notwendigkeit von Aenderungen der Organisation des am 28. Dezember 1902 mit nur fünf Vereinen be- gründeten, bis Schluß des laufenden Jahres voraussichtlich auf 50 Vereine anwachsenden Verbandes und zugleich die Unaufschieb- barkeit einer Erhöhung der Beiträge. Die chon früher beschlossene Anstellung eines besoldeten Geschäftsführers hat noch keine befriedigende Erledigung gefunden. Der hierfür engagierte Herr, dessen Gehalt zu F vom Berliner Verein, zu 4 vom Verband getragen wurde, trat bald wieder aus. Seitdem sind die Vereins- und Verbandsgeshäfte im Ehrenamt geführt worden, was bei der täglich sich mehrenden Ge- schäftslast, namentlih des Verbandes, aber niht mehr angeht. Es wurde deshalb dem Vorschlag zugestimmt, einen entsprehend höher besoldeten Geschäftsführer mit der Führung der Geschäfte des Ver- bandes und des Berliner Vereins mit der Maßgabe zu betrauen, daß der Verband #, der Verein § der Kosten trage. Zugleih wurde der Verbandsbeitrag auf 50 # für die Stimme erhöht. Der aufs vor- sichtigste aufgestellte Voranshlag für 1910 wurde hierauf ge- nehmigt. Von ferneren Verhandlungen und Beschlüssen des Lust- \chiffertages seien erwähnt: Die Vorlage und Annahme einer Normalsazung für neue Liftschiffervereine, die indessen nur empfohlen, nit als verpflihtend angesehen werden soll, die Er- gänzungswahl des Verbandsvorstandes, der künftig neben dem Ersten Vorsißenden (Busley) aus 2 stellvertretenden Vorsitzenden (Neu- reuther, Hergesell), einem Beisizer (Graf Sierstorvff) und dem Schriftführer (Stade) bestehen wird, während der Beirat nah wie vor aus 9 Herren bestehen soll und entsprehend durch Zuwahlen er- gänzt wurde, die Neuwahl zweier getrennter Sportkommäissionen, einer siebengliedrigen für Freiballons, einer vierzebngliedrigen- für Luftschiffe und Flugmaschinen. Ueber die Wettfahrten in 1910 konnte man sich noch nicht s{lüssig machen, die internationalen Wettbewerbe sollen jedenfalls bis Ende Dezember gemeldet werden, da am 10. Januar in Paris eine Konferenz von Vertretern der einzelnen Landesverbände stattfinden foll, um die Termine zu verab- reden. Als Ort des nächstjährigen Luftschiffertages wurde Dresden, für 1911 Breslau erwählt. Ein Bericht über den Fortgang der Herstellung aëronautisher Landkarten wurde mit Dank entgegengenommen, ebenso ein Bericht über Bestrebungen, um die deutschen \chifahrt zu vereinheitlihen. Das Deutshe Museum für Wissenschaft und Technik in München ersuhte um Zusendung im AUIO befindlicher alter Veröffentlihungen , Vorschläge, Ab- ildungen, auch solche phantastisher Art, Ballons und Lustvehikel aller Art betreffend. Die Museumsverwaltung ist gegebenen Falls auch einverstanden, daß die Einsender ihr Besizreht vorbehalten und wird über die leibweise Ueberlassung Bescheinigungen ausstellen. Zu Gunsten des Museums hat der Luftschiffertag sich dahin ausgesprochen, daß der Stadt Frankfurt a. M. von. ihrer Absicht, einen großen Teil der Ausstellungsgegenstände der „Ila“ als Grundstück. für ein in Frankfurt anzulegendes Luftschiffahrts- museum zu erwerben, zurücktreten und der Angliederung einer solchen Sammlung an das Münchener Museum nicht hinderlih sein möge. In gleichem Sinne hat auch Graf Zeppelin gewirkt und dringend vor einer Berns gewarnt. Endlich darf noch anerkennend bervorgehoben werden, daß der Luftschiffertag einem Vorschlage die Zustimmung versagt hat, die Kosten des Jahrbuchs durch Auf- nahme von Inseraten zu verringern, womit wenigstens das Buch vor einer für die Gebraucher immer lästiger werdenden Ueberwucherung des eigentlihen Inhalts durch seinen Zwecken fremde Ankündigungen geshüßt wurde.

8s berihtete sodann der Oberstleutnant Moedebeck über die 5. ordentlihe Konferenz der Fédération Aéronautique Internationale zu Züri am 30. September und 1. Oftober. Die Vertreter von Deutschland und Frankreih waren dazu voll-

Sportausdrücke auf dem Gebiete der Luft-"

ständig erschienen, die übrigen Staaten ließen zu wünschen übrig, neu vertreten waren die Niederlande, auch Dänemark war angemeldet. Da sich die Beteiligung nach dem Gasverbrauh der Länder für aëronautishe Zwecke bestimmt, ist es von Interesse, zu erfahren, daß Deutschland mit einem Gasverbrauch in 1908 vom 1 120 800 cbm obenan steht, an zweiter Stelle folgt Frankreich mit 790 000, an dritter England mit 320 000 cbm. In ‘ihrem Bericht drückten die französishen Delegierten das einmütige Bedauern über die Prohibitiv- maßregeln ihres Ministeriums gegen die fremden Luftschiffer aus und ver)prachen, alles daran zu setzen, daß diese Hindernisse wieder beseitigt würden. Deutscherseits wurde die foeben fertiggewordene erste aëronautishe Karte von Deutschland im Maßstabe von 1 : 300 000 vorgelegt. Sie erntete Beifall. Hauptgegenstände recht langwieriger Erörterungen waren die bei dem schnellen Fortschreiten der Luftschif- fahrt notwendig gewordenen Aenderungen der Saßungen der Föderation und ihres Reglements. Gegen die Bestimmung eines dreijährigen Ortswechsels des Bureaus der Föderation an Stelle von dessen bisherigen ständigen Siß in Paris machten die Franzosen mit Entschiedenheit Front. Es blieb infolge davon beim alten; aber es wurde die Möglichkeit einer zukünftigen Aenderung wenigstens durch Ginfügung der Bestimmung gewonnen, daß Siß der Fédération die Stadt sein soll, in der der Schriftführer wohnt. Ünter den Aenderungen der tunli\ kurz gefaßten Reglements ist von Interesse, daß künftig für jedes Land für alle Zweige der Luftschiffahrt nur eine einzige Sportmaht anerkannt wird, daß die Höchststimmen- zahl eines Landes auf ‘36 beschränkt, der Beitrag für die Stimme auf 100 Francs festgeseßt ist, daß man sich um ein Fübrerpatent nur in dem Lande bewerben dürfe, wo man seinen Wohnsiy hat, daß zu Konferenzen 2 Monate vorber einzuladen, die Vereine 30 Tage vorher davon zu verständigen seien 2c. Von den 6 Vizepräsidentenämtern der Fédération soll eins an Amerika abgegeben werden. Schneller als über die Organisationsfragen kam die Versammlung über Technisches zur Ver- ständigung, vor allem über die Fragen, wem bei Wettbewerben er- haltene Preise gebühren. Sie wurden bei Freiballons und Flug- maschinen dem Piloten, bei Luftschiffen dem Eigentümer zugesprochen, wogegen Rekorde in allen Fällen dem Piloten zukommen sollen. Die Sportkommission wurde aus je einem Deutschen (Moedebeck), einem Franzosen (Comte Castillon de St-Victor), einem Belgier (Jacobs) und einem Italiener neu gebildet und bei dieser Gelegenheit des einem Unfall erlegenen französishen Hauptmanns Ferber, der früber dieser Kommission angehörte, ehrend gedaht. Bei Feststellung des Reglements für Luftschiffer zeigten fich die Franzosen, in Anerkennung der Tatsache, daß die Deutschen im Punkte der „Dirigeables“ ihnen voran seien, sehr entgegenkommend. Es wurden die vom Kaiferlihen Aero- flub vorgeschlagenen Fen Ee Bestimmungen für Wettbewerbe angenommen. Danach wird es fünferlei Formen der Wettbewerbe épreuve geben: SGnelligkeits-, Dauer-, Entfernungs-, Höhen- und Manöverflüge. Leßtere Form, die verschiedene Aufgaben in sich vereinigen soll, war von Moedebeck vorgeschlagen; der Höhenflug fand anfänglich Gegner, wurde s{ließlich aber gutgeheißen. Bei Fest-

stellung des Reglements für Flugmaschinen machten die Franzosen mit teht ihre derzeitige Ueberlegenheit auf

diesem Gebiet geltend. Nah ihrem Vorschlag wird es sechserlei Epreuves geben: Weitflug, Dauerflug, Schnelligkeitsflug, langsamer Flug, Höbenflug, Manöverflug. Das hierfür angenommene Reglement lehnt fih an die von den Franzosen ausgearbeiteten Be- stimmungen an, nur sind alle den Bau der Flugmascbinen beschränken- den Bestimmungen zugunsten völliger Freiheit in diefem Punkte ge- striben worden. Sogar die Flugmaschine ohne Motor und die Drachen baben Berücsichtigung gefunden. Allen Sißungen der Fédération hat ihr Präsident Prinz Roland Bonaparte beigewohnt. Bei der am Schluß stattfindenden Neuwahl des Vorstands wurden an Stelle von Besancon der Amerikaner Bijhop und neu die Herren Comte Castillon de St. Victor und Moedebeck gewählt. Als nächster Ort der Tagung der Fédération wurde Bordeaux unter der Bedingung der Vorzug gegen andere Anerbietungen gegeben, daß bis dahin die eingangs Zetolhitkn Beschränküngen der Lustschiffahrt in Frankreich aus der Welt geschafft seien. Es folgte, nach einer Kundgebung der Versammlung zu Ehren von Oberstleutnant Moedebeck, dessen Wirken in der anstrengenden Züricher Konferenz zugunsten Deutshlands Geheimrat Busley hervorhob,

r. Elias mit einem Bericht über die von der Deutschen Flugplatz- gesellshaft zu Johannisthal bei Berlin vom 26. September bis 3. Oktober abgehaltene Erste Deutsche Flugw oche. Was wir davon gelernt haben, in Kürze darzulegen, nahm sich der Redner ein- leitend vor und begarin die Erörterung dieses Themas mit Vorführung und Erklärung einer großen Reihe treffliher Lichtbilder, die wohl- geordnet erst den Flugplay, seine Tribünen und Flugmaschinenshuppen, den Startplay und die Signalstation, dann die verschiedenen Apparate in threr Bereitschaft zum Aufstieg, also in Nahsicht, endlih diese im Fluge zeigten. Auch in die Bekanntschaft der bervor- ragendsten unter den Aviatikern wurde man durch deren Portraits eingeführt. Dr. Elias verheblt niht, daß die Erfahrungen in und mit dieser ersten Flugwoche keineswegs vollbefriedigend sind. Ebenso- wenig ist es die Summe ihrer flugtehnischen Erfolge, als das wirtschaftliche Ergebnis, ja der Redner weiß von Unannehmlich- feiten verschiedener Art zu berichten, die Unternehmer wie bestellte Leiter der Veranstaltungen zu beklagen batten. Er sieht die Ursachen bierin teils in dem Berliner Publikum, dessen \keptische und kritishe Veranlagung zunächst immer Mißerfolge voraussieht und ih lieber fernhält, um dann nicht zu den leihtgläubigen Loren ge- rechnet zu werden, wenn der zweifellose Fehlishlag eintritt, zum andern in der überaus furzen, für die Vorbereitungen verfügbaren Zeit. Andere Hindernisse eines durchs{chlagenden Erfolges lagen in den Akteurs, den von auswärts unter Aufgebot großer Geldbeträge eingeladenen Aviatikern, die zu einem Teil“ niht das vorausgeseßte, ihre Tätigkeit auf dem Flugfelde anfpornende Interesse an den Wettbewerben zeigten, sondern sch und der Welt genug geleistet zu haben glaubten, wenn sie ohne rege Teilnahme an den Wettbewerben wenige kurze Flüge unternahmen, um fo über die für ihr Engagement erhaltenen großen Beträge zu quittieren. Das find im Grunde die ärgerlihsten Erfahrungen, .und aus ihnen ift zu lernen, daß man bei weiterer Verwertung des s{önen Johannistaler Flugplazes lieber auf die Professionals, die Berufsflieger, verzichtet, dagegen die Sportleute, die Amateurs, zu fesseln sucht. Abgesehen von diesen Verdrießlichkeiten, die auch vom Publikum durch die meist überaus spät und dann spärlich erfolgenden Aufstiege empfunden wurden, muß man gerechter Weise doch zugeben, daß auch sehr ausgezeihnete und befriedigende Leistungen gezeigt worden sind und daß Iolcbe veranlaßt und vermittelt, hiermit auch unseren deutshen Flugtechnikern Anregung und Gelegen- heit zum Lernen gegeben zu haben, einen Anspruch der Unter- nehmer an den Dank ihrer Landsleute rehtfertigt. Eine Fortsezung dessen, was - die Deutsche Flugplatgesellshast hier be- gonnen, ist jedenfalls zu wünschen. Sie dürfte auch nicht ausbleiben ; denn die deutshe Aviatik is in hoffnungsvoller Entwicklung; für fie ist das Vorhandensein eines solchen Flugfeldes eine Lebens\rage, und sie wird sih niht gleih den Ausländern bitten lassen, davon aus- giebigen Gebrauh zu machen. Schon eine nahe Zeit , dürfte hierfür den Beweis liefern.

In der dem Vortrage von Dr. Elias folgenden Erörterung sah ih Justizrat Eshenbah durch die Bemerkungen eines Herrn veranlaßt, einiges von den Erwägungen zu sagen, die dem Unternehmen voran- egangen, ebenso der mit größter Beschleunigung getroffenen Vor- bereitannen. Die drei an der Spiße des Unternehmens stehenden Herren: der Redner, Kapitän zur See von Pustau und Rentier Müller, waren sich ihrer Verantwortlichkeit wohl bewußt, als sie, von Reims zurücgekehrt; erfüllt von der Ueber- zeugung des großen Vorsprunges, den die Franzosen und Amerikaner auf dem Gebiet der Aviatik erreiht, sich sagten, es müsse ohne allen Verzug den Deutschen gezeigt werden, was vor- geht und wie sie zu besorgen haben, überflügelt zu werden. Das mußte unter allen Umständen vor Winter noch geschehen und in einer die breitesten Kreise fesselnden Form, in imposanter Entfaltung. Die Schwierigkeiten waren dreifah: 1) troß der noch in Rechnung zu ziehenden politishen Antipathie eines großen Teils der in Betracht

fommenden fremden Aviatiker, diese mit Erfolg einzuladen, 2) eine Organisation in kürzester Zeit zu hafen, 3) das Publikum zu inter- esfieren und es für eine neue Art sportliher Leistungen zu erwärmen. Der Aufgabe zu 1 konnte nur durch große Geldmittel genügt werden. Für die Aufgabe zu 2 waren nur drei Unternehmer vorhanden, die ih eine große Arbeitslast aufbürdeten, für die Aufgabe zu 3 mußte auf die Presse als Unterstüßung gerechnet werden; ihr gebührt, soweit sie die Absichten der Unternehmer richtig erkannt und gewürdigt hat, deren Dank. Was in 19 Tagen zur Herstellung des Flugfeldes ge- heben ist, das möge die Tatsache bekunden, daß in dieser Zeit 180 Morgen Wald gerodet, das Holz fortgeschafft, - der Boden tunlihst eingeebnet, Zäune um 800 Morgen Land errihtet, Wege angelegt, eine Start- bahn befestigt, die 13 Flugmaschinenschuppen gebaut, eine Sißnal- station und große Tribünen errihtet werden mußten. Nicht vorausgesehen haben die Unternehmer die ärgerlihen Vor- fommnisje mit mehreren der für die Teilnahme an den Wettflügen engagierten fremden Aviatiker, worüber die Gerihte ja noch zu sprechen haben werden. In dieser Beziehung haben die Unternehmer ih keinen andern Vorwurf, als den der Vertrauens- seligkeit zu mahen: Die Andern waren ihnen im Raffinement der Vertragsauslegung überlegen. Troy alledem blicken die Unternehmer mit Befriedigung auf den Erfolg. Was sie als eine nationale Tat gewollt, haben sie erreiht. Sie haben breiten Schichten der Bevölke- rung vorgeführt, was ist und was noch nit ist, und hoffen ein Vorbild hergestellt zu haben als Ansporn für die erfinderishen Köpfe und die intelligenten Unternehmungs[lustigen, deren wir nicht weniger baben als andere Nationen. Das war, so endete Justizrat Eschenbach, unser Ziel; das haben wir erreiht. Dank gebührt auch den Behörden, die uns die Ausführung erleichtert haben ; Dank vor allem Seiner Majestät dem Kaiser, dessen Interesse an unseren Absichten der Sache äußerst förderlich war. Von Oberleutnant Moedebeck wurde noch darauf hingewiesen, daß auch die Sportkommission mit ganz neuen Verhbält- nissen zu tun und Schwierigkeiten -zu überwinden hatte, die künftig von darin geübten Startern mit Leichtigkeit bemeistert werden würden.

Den leßten Punkt der Tagesordnung bildeten die „Fahrt - berichte für September“. Wie Dr. Bröckelmann mitteilte, war das Interesse an Fahrten in diesen lezten Wochen durch die aus- wärtigen sportlihen Ereignisse in Frankfurt und Zürich stark ab- gelenkt. Deshalb if nur von wenigen diesseitigen Fahrten zu be- richten, u. a. als von einem ungewöhnlichen Ereignis von einer Nacht- fahrt, die mit dem Ballon „Ernst“ von Bitterfeld aus zwei Damen aus- führten, das Fräulein MargaretheGrosseaus Meißenals Führerin mit ihrer Schwester. Eine stark verregnete 8 stündige private Wettfahrt unter- nahmen leßten Sonntag von Schmargendorf die Herren Oberleutnant von Selasinsky, Dr. Brinkmann und Referendar Sticker mit den Ballons „Groß“, „Tschudi“ und „Hildebrandt“. Der an zweiter Stelle genannte Herr ging daraus als Sieger hervor, der an erster Stelle Genannte aber entwarf von der trostlos öden Fahrt im Regen eine recht launige Schilderung. Man fam in 8 Stunden bei einem Winde, der nicht stärker wehte als mit 8 Stunden-Kilometer Geschwindigkeit, über den Scharmüßel-See nur bis über die ungeheure Gubener Forst, kämmte in niedriger Fahrt stundenlang die Wipfel der Kiefern, hatte einmal nach einem ge- waltigen Plaßregen den Korb auszushöpfen und war \{ließlich glücklich, im Gemüfegarten eines Landmanns, ohne allzu großen Schaden dort anzurihten, in dichtester Finsternis zu landen. Der Regen hat es auch Dr. Bröckelmann auf seiner Gordon- Bennett-Fahrt angetan. Man fuhr am Sonntag, den 3. Oktober, unter den Tröstungen der Meteorologen ab, daß man eine s{öône Fahrt bei frishem West haben und nah Ungarn gelangen werde. Üeber Böhmen aber werde in der Nacht große Windstille herrschen, weshalb man gut tun werde, boch zu geben, um oben rechtsdrehenden Wind zu finden. Dr. Bröckelmann befolgte diese Empfehlung nicht, um nicht zuviel Ballast opfern zu müssen; allein ein zwölfstündiger Regen zwang ihn \{ließlich doch zu solhem Opfer, in der Hoffnung, er werde sich über die Negenwolken erheben fönnen. Aber felbst in 2000 m Höhe war man noch in den Wolken, und“als man die obere Grenze der Wolkenschiht bei 4500 m erreicht hatte, war der Ballon im Nu mit Eis bedeckt. Es war 1 Uhr Mittags, und unter dem Einfluß der Sonne fielen ebenso schnell die Eiszapfen wieder ab, der Ballon aber wurde innerhalb 20 Minuten bis auf 7000 m in die Höbe gerissen. Jett ents{loß man si, das Ventil zu ziehen und fiel in 20 Minuten dur die Wolkenschicht hindur zur Erde, aber so unglücklich, daß man sich oberhalb einer Stadt sah und gleich darauf an einem Fabriks{ornstein hing, von dem ein Abkommen auf ein nahes Glasdach nicht allzu {wer war. Bei der Bergung des Ballons leistete die -tichechische Bevölkerung nur widerstrebend Beistand. Als der Ballon sich nur langfam entleerte, froch, ohne daß es bemerkt wurde, ein Arbeiter hinein und konnte nur durch \{leunigst angewandte künstlihe Atmung am Leben erhalten werden. Die Frau des Verunglückten verlangte Schadenersaßk. Dr. Bröckelmann erklärte sich dazu bereit, wenn der Mann auch den Schaden erseße, den er am Ballon angerichtet, in den er ein großes Loch gerissen hätte. Darüber gab \ich die Frau zufrieden. Ueber die Ergebnisse des Gordon Benmnett-Wettfliegens kann erst in einigen Wochen berichtet werden. Der wahrscheinlihe Gewinner ist nach Amerika, seiner Heimat, zurückgekehrt. Dagegen lagen die Ergebnisse der in den beiden ersten Ofktobertagen geleisteten Ziel- und Weitfahrten vor. Zum S{hluß wurde noch mitgeteilt, daß der Fahrtenausschuß si fortan zusammen]seßt aus den Herren Dr. Bröckelmann, Oberleutnant von Selasinsky und Dr. Brinckmann. Den technischen Beirat bilden die Herren Herwarth von Bittenfeld, Mar Krause, A Quiante und Unverdorben.

Land- und Forftwirtschaft.

Ausstellung und Preisbewerb für Gerste und Braus- weizen in Berlin vom 18. bis 22. Oktober, unter Mitwirkung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft veranstaltet vom Verein „Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin“. Die im Aus- \tellungsgebäude des Instituts für Gärungsgewerbe, Berlin N., See- straße, stattfindende Ausftellung ist auch in diesem Jahr wieder reih beschickt. Fast 300 Gersten und Brauweizen deutscher Herkunft werden um die Erlangung der ausgeseßten Geld- und Ehrenpreise im Gesamtbetrage von etwa 7000 Æ in Wettbewerb treten, die von Staatsbehörden und Korporationen der Landwirtschaft und des Brau- gewerbes gestiftet sind. Eine Reihe von Landwirtschaftskammern und landwirtschaftlihen Vereinen hat \sih auch dieses Jahr unter Ver- anstaltung von Vorprüfungen in dankenswerter Weise bemüht, in den droben aus ihrem Bezirk nur das Beste zu zeigen. Nicht nur die Angehörigen des Braugewerbes, denen der Besuch der Gerstenschau wertvolle Fingerzeige für den direkten Bezug heimisher Brauware bietet, sondern au die an deren Anbau beteiligten Landwirte werden die Ausstellung mit Interesse in Augenschein nehmen, zumal sie mit der Tagung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft zusammenfällt. Der Zutritt zu der täglich von 9 bis 5 Uhr geöffneten Ausstellung ist kostenlos.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs- maßregeln.

Oesterrei ch. __ Die K. K. Seebehörde in Triest hat die für Herkünfte von Notterdam angeordneten Quarantänemaßregeln wieder auf - gehoben. (Vergl. „R.-Anz.“ vom 5. d. M., Nr. 235.)

Nußland.

e russishe Kommission zur Bekämpfung der Pestgefahr hat erklärt :

a. als choleraverseucht: die Städte Astrahan, Wladiwostok und Kowno, Stadt und Kreis Nowoalexandrowsk im Gouvernement Kowno, Kreis Nerehta im Gouvernement Kostroma, die Kreise Twer, Kortschewa und Nowotorshok im Gouvernement Twer sowie die Kreise Orscha und Ssenno im Gouvernement Mohilew;