1909 / 251 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 23 Oct 1909 18:00:01 GMT) scan diff

In der Liste der Rechtsanwälte sind gelösht: die Rechts- anwälte Justizrat von Coellen bei dem Oberlandesgericht in Cöln, Justizrat Baar bei dem Amtsgericht in Friedeberg i. N.-M., Dr. Wilhelm Engel bei dem Landgericht T in Berlin und Schnell bei dem Amtsgericht und dem Land- gericht in Nordhausen.

Mit der Löschung des Rechtsanwalts, Justizrats Baar lben Rechtsanwaltsliste ist zugleih sein Amt als Notar er- oschen.

In die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen: der Amtsgerichtsrat a. D. Viëtor bei dem Amtsgericht in Fürstenau, der Rechtsanwalt een aus Herzberg a. H. ei dem Amtsgericht in Liebenburg mit dem ohnsiß in ager, die Gerichtsassessoren Dr. Zentawer bei dem Landgericht T in Berlin, Dr. Josef Loewe bei dem Land- a IT in Berlin, Dr. Otto Ehrlich außer bei dem Amts- eriht in Hannover bei dem Landgericht daselbst, Lüdemann

ei dem Amtsgeriht und dem Landgericht in Hannover, Heumüller bei dem Amtsgeriht und dem Landgericht in Stade, Dr. Si Bea i bei dem Amtsgericht und dem S becridti in Cöln, Vossen bei dem A und dem Landgericht in S Dr. Siegmund Löwenstein bei dem Amtsgericht und dem Landgericht in Bochum, ehlert bei dem Amtsgericht und dem Landgeriht in Bromber Gramißky bei dem Amtsgericht in Wartenburg und Heinri Baer bei dem Amtsgericht in Culm.

Der Oberlandesgerichtsrat Böhner in Hamm und der ie ViaAE Geheime Justizrat Quarck in Coburg sind gestorben.

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Bei dem Berggewerbegericht zu Dortmund ist der Berg- meister Koepe in Oberhausen zum Stellvertreter des Vor- fißenden unter gleichzeitiger Betrauung mit dem Vorsiß der Kammer Oberhausen dieses Gerichts ernannt worden.

Ministerium“ der geistlihen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten.

Dem Privatdozenten in der medizinishen Fakultät und Oberarzt an der Chirurgischen Klinik der Universität Halle- Wittenberg Dr. Alexander Stieda und dem Privatdozenten in der philosophischen Fakultät der Universität zu Königsberg Dr. Max Lühe ist das Prädikat Professor beigelegt worden.

Bertanntmahung-

Gemäß § 46 des Kommunalabgabengeseßes vom 14. Juli 1893 (G.-S. S. 152) wird hiermit zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß der im laufenden Steuerjahre zu den Kommunal- abgaben einshäßbare Reinertrag aus dem Betriebsjahre 1908/09 bei der Stendal-Tangermünder Eisenbahn auf

94 200 M festgestellt worden ist. Magdeburg, den 21. Oktober 1909. Der Königliche Eisenbahnkommissar. Sommer.

Nichkamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 23. Oktober.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Zoll- und Steuerwesen und für Rechnungswesen, die vereinigten Aus- vedly für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr owie der Ausshuß für Zoll- und Steuerwesen hielten heute Sizungen.

Das Königliche Staatsministerium trat heute zu einer Sizung zusammen.

Die ‘sechste Ordentliche Generalsynode der evan- gelischen Landeskirche ist heute vormittag in Berlin durch den Präsidenten des Evangelischen Oberkirchenrats, Wirklichen Geheimen Rat D. Voigts mit der nachstehenden Ansprache eröffnet worden:

„HDochwürdige, hochgeehrte Herren! Seine Majestät der Kaiser und König, unser Allergnädigster Landesherr und oberster Inhaber des Kirchenregiments, hat Sie verfassungsmäßig entboten, zur \ech{sten ordentlihen Generalsynode unserer evangelischen Landeskirche hier zu- sammenzutreten. In meiner Eigenschaft als Präsident des Evan- elishen Oberkirhenrats habe ich die ehrenvolle Aufgabe, während der | ptlia der Generalsynode als Königlicher Kommissar zu fungieren, und Sie wollen mir gestatten, in dieser Eigenschaft und zugleich im Namen des Evangelischen Oberkirchenrats Sie ies Eintritt in Ihre Arbeit hier zu begrüßen und Ihnen ein herzlihes Willkommen auszusprechen. Lenken sich heute ganz von selbst unsere Blicke zurück auf den seit der leßten Generalsynode vom Jahre 1903 abgelaufenen sechsjährigen Zeitraum, fo werden wir es mit Dank gegen Gott erkennen, daß das kirhlihe Leben in unserer Landeskirhe sih während dieser Bei nach den verschiedenen Nichtungen in aufsteigender Linie bewegt hat, und ein Wachstum des inneren wie des außeren Lebens unserer Kirche erkennen läßt. Gewiß bieten die abgelaufenen Jahre kein überall ungetrübtes Bild. Es hat in ihrem Verlauf auch unserer in das gesamte geistige Leben einer großen und unruhigen Zeit verflochtenen Kirche nicht an sie tief bewegenden {weren Fragen, niht an Kämpfen und Wirren gefehlt, und wir wissen alle, daß die Zeit, in der wir leben, eine für unsere Landeskirche ernste ist. Aber stehen wir nur fest auf dem Boden des glaubensvoll erfaßten Evangeliums, auf dem unjere Kirche geschichtlich erwachsen ist, treu dem Herrn, unserem Gott, der uns führt und auch die Geschicke der Kirche lenkt, und Seinem Sohn, unserm Herrn und Heiland, der für uns gestorben und auferstanden ist und als das unsichtbare Haupt seiner Kirhe zur Rechten des lebendigen Gottes thront fo ist und bleibt für unsere teuere evangelishe Kirche die unverrückbare Grundlage gegeben, auf der sie die Stürme der Zeit überdauern und unbeirrt und fieghaft auch weiter ihrem höchsten Ziele, dem Bau des Reiches Gottes auf Erden, entgegen geführt werden wird. Und zu solher Färderung unferer Landeskirche haben Jhre Arbeiten, die Arbeiten der leßten ordentlichen, wie der außerordentlichen Generalsynode vom Jahre 1907, ganz wesentlich beigetragen. Auf den verschiedensten Gebieten unseres fir{chlichen Lebens nach seiner inneren, wie nah seiner äußeren Seite haben die von Ihnen beschlossenen Gesetze, wie die sonst gefaßten Beschlüsse und die von Ihnen gegebenen Anregungen den erhofften Erfolg gehabt und Früchte gezeitigt, die sih schon als segensreiche für unsere Landeskirche

Drucksachen bereits zugegangenen. und- noch weiter zugehenden Mit- teilungen und Denkschristen ersehen und daraus zugleich die Ueber- zeugung gewinnen, daß der Evangelische Oberkirchenrat, getragen wie immer von dem Wunsche, mit Jhnen gemeinsam zu arbeiten, seiner- seits bemüht gewesen ist, Ihren aus den beiden Tagungen hervor- egangenen Anträgen und Anregungen, soweit das irgend möglich er- Fhien. Folge zu geben. War Ihre Arbeit besonders e und bedeutungsvoll auf dem Gebiete der firhlichen Geseßgebung, so ge- reiht es mir zur Genugtuung, feststellen zu können, daß bis auf eine noch zu erwähnende Ausnahme alle von Ihnen in beiden Ta Len beschlossenen Gele in den mp v Men Instanzen nit eanstandet sind und die Allerhöchste Sanktion erhalten haben ; au sind, mit der bereits gedahten einen Ausnahme soweit das erforderlih war, überall ergänzende Staatsgeseße hinzugetreten. Ein wesentlicher Teil dieser Geseze war dazu bestimmt, die wirtshaftlihe Lage unserer GaNE, in umfassender Weise zu verbessern, und da mag ih nit unterlassen, s jeßt und an dieser Stelle der herzlichen Freude darüber Ausdruck zu geben, daß es dank der überaus wohlwollenden Mitwirkung der Königlichen regieruug und dank dem bereit- willigen Eintreten beider Häuser des Landtags für unsere n A gelungen ist, auch dieses große und bedeutsame Geseßz- ebungswerk zum gedeihlihen R zu bringen. Und atten wir, was ich besonders erwähnen möchte, bei den Beratungen der Generalsynode gewiß alle {weren Herzens davon absehen müssen, au gleich die Lage der Pfarrwitwen finanziell zu_ verbessern, so hat der zu einem Bestandteil des bezüglichen Staats- gelepes gewordene Beschluß des Landtags auf Gewährung einer be- onderen dauernden Rente zur Erhöhung der Witwenbezüge, in Ver- bindung mit der auch von dem Vorstand und dem Verwaltungs- aus\{chuß des Pfarr-Witwen- und Waisenfonds geleisteten finanziellen

ilfe die erwünshte Folge gehabt, daß für einen großen Teil der farrwitwen eine ansehnliche n ihre Bezüge in die Wege ge- eitet werden konnte. Die \{chwierige Ausgabe der Ausführung dieser

neuen, am 26. Mai d. I. mit rückwirkender Kraft auf den 1. April

1908 erlassenen Gesege is durch die unermüdlihe und Pa nde rbeit aller beteiligten Stellen in allen Punkten ewirkt. Der Verabschiedün harrt noch das von der

O General\ynode besGlo} ene Gesetz, betreffend Pfarr- besetzungsrecht. Das Gefeß wurde Ld auf den beiden, im Herbst v. I. zu außerordentlihen Tagungen versa ugauE versammelt gewesenen Synoden der Rheinprovinz und der Provinz Westfalen an- enommen, und es ist danah wegen des zu seiner Geltung erforder- igen ergänzenden Staats8geseßes in Verhandlungen mit der König- lichen Staatsregierung eingetreten. Hierbei sind gegen die Ein- schränkung der Patronatôre te durch eine kirchengeseßlihe Regelung innerhalb der Königlichen Staatsregierung rechtlihe Bedenken ge- äußert. Der Evangelische Oberkirchenrat ist mit der Erwägun befaht, ob und inwieweit er, unter Wahrung feines bisherigen prunbss lichen Standpunktes, in der Lage is, die staatlihe Auffassung ard eine Zusagbestimmung mit dem Entwurfe des Kirchengeseßes zu vereinigen. Der Evangelishe Oberkirhenrat hofft, Ihnen noch während Ihrer gegenwärtigen Tagung eine abschließende Mitteilung über das Ergebnis seiner Erwägung machen zu können.

abe i dann auf die Aufgaben S kurz einzugeben, die der 6. ordent- ichen Generalsynode harren, so bitte ich auch hier auf die Ihnen bereits gangenen und noch zugehenden Vorlagen Bezug nehmen und nur einzelnes hervorheben zu dürfen. Von weittragender Bedeutung ist der Geseßentwurf, betreffend die Beanstandung der Lehre von Geistlichen. Seit geraumer Zeit maht sih in weiten evan- gelishen Kreisen, namentlich auch auf den os in den Pfarrervereinen und in der Presse eine ewegung geltend zu unsten einer Neugestaltung der Behandlung kirchliher Lehrfragen.

ehe ich von einer in der Oeffentlichkeit Piat und da vertretenen, mit dem Wesen unserer Landeskirhe \{lechthin unvereinbaren Auf- fassung ab, nah welcher rechtliche Ordnungen zum Schu der Kirche überhaupt zu verwerfen oder für Entscheidungen in Lehrfragen lediglich die beteiligten Kirhengemeinden zuständig sein sollen, so be- wegen fi die etBobenen orderungen - in einer doppelten Richtung: einmal wird verlangt, daß die Behandlung von Lehrabweihungen jedes disziplinarischen Charakters zu entkleiden sei, und dann, daß die Ent- scheidung über e einem zu diesem Behufe neu zu bildenden, neben der fkirchlihen Aufsfihts- und Verwaltungsbehörde stehenden Organe übertragen werde. Nachdem auch die Eisenacher Konferenz der deutschen evangelischen Kirchenregierungen sich mit der Frage ein- s beschäftigt, und weiter der Generalsynodalvorstand um die Vorlage eines bezü e Geseßentwurfs [Eon für die Generalsynode dieses Jahres ersucht hatte, arbeitete der Evangelische Oberkirchenrat mit dem Generalsynodalvorstand den Geseßentwurf aus, der Ihnen jeßt zur verfassungsmäßigen Prüfung und Beschlußfassung vorgelegt wird. Der Entwurf verfolgt den Zweck, für den der Kirche unent- behrlihen und ihr jeßt {on rechtlich zustehenden Schuß gegen Lhr- irrungen das Verfahren und die Zuständigkeit in einer dem gegen- wärtigen Nechtsbewußtsein entsprechenden, die beteiligten Geistlichen moralisch und finanziell s{onenden Weise -umzugestalten. Eine neue materielle Regelung der kirchlihen Lehrfreiheit ist nicht Gegenstand des Entwurfs. Unter Mitteilung der Grundzüge der beabsichtigten Negelung _sind die Synoden der Rheinprovinz und der Provinz Westfalen verfassungsmäßig über die dur diese Regelung bedingten Aenderungen ihrer Kirchenordnung gutachtlih gehört; beide Synoden haben si je einstimmig mit den Aenderungen einverstanden erflärt und nur einzelne E geäußert, die zum Teil bei der Fest- stellung des Entwurfs Berücksichtigung gefunden haben. Der zweite der Ihnen vorgelegten Geseßentwürfe betrifft die Abänderung einiger Bestimmungen des Kirchengeseßzes vom 7. Juli 1900 ber das Nukhegehalt der Organisten, Kantoren und Küster und die Fürsorge für ihre Hinterbliebenen. Er bezweckt, diese Versorgung mehr in einer den Grundsäßen der einschlägigen neuesten Geseßgebung für die Staatsbeamten und Geistlihen näher kommenden Weise zu regeln. Wie dabei zahlreiche Wünsche aus den Kreisen der beteiligten Kirchenbeamten zu erwägen waren, so auch Ihr auf bei Ihnen ein- gegangene Petitionen gefaßter Beshluß vom 10. Dezember 1907 jedoch mit der für dringend geboten erahteten Maßnahme, daß eine Verbesserung der Lage der in Betracht kommenden Kirchenbeamten nur insoweit ins Auge zu fassen war, als das ohne einen Anspruch auf Bereitstellung staatlicher Mittel und neuer Kirchensteuern geschehen fonnte. Aus den in nicht geringer Zahl gemachten

anderweiten Vorlagen an Denkschriften, Mitteilungen usw. wollen Sie ersehen, wie großen Wert auch für die ¿ Begéu, wärtige Tagung der Ebvangelishe Oberkirhenrat darauf legt,

tunlihst überall sich in Fühlung mit der Generalsynode zu halten und thr einen orientierenden Einblick in die verschiedenen Zweige seiner Verwaltung zu gewähren. Gestatten Sie mir, aus dieser Zahl hervorzuheben die Denkschriften und Mitteilungen über die seit 1903 neu errihteten Kirhengemeinden, geistlichen Stellen und Kirchenbauten, die gewiß ein erfreulihes Fortschreiten ertennen laffen, über die, ih glaube sagen zu dürfen, mit großer Sorgfalt aus- geführte Arbeit des Evangelischen Oberkirchenrats auf fozialem Gebiet unter Verwendung des dafür zur Verfügung stehenden neuen sozialen Fonds, über die stetig wachsende deutsche evangelische Diaspora des Auslands und die kirchliche Versorgung der Evangelischen in den deutschen Schußzgebieten, über die nach Ihrer außerordentlihen Tagung im Jahre 1907 zur endlihen Erledigung gebrachten Streitfragen, betreffend die deutsche evangelische Gemeinde in Rom, und über die dortige Kirchbau- angelegenheit.

Auch lassen Sie mich Ihre Aufmerksamkeit besonders lenken auf die Mitteilung über die Entwicklung und Arbeit des Deutschen Evangelischen Kirchenaus\chusses. Die Erwartungen und Hoffnungen, die auf den im Jahre 1903 bewirkten engeren Zusammens{luß der deutschen evangelishen Landeskirchen, auf das für sie dadurch geschaffene neue Cinheitsband gerade auch bei Ihren Verhandlungen im Jahre 1903

erwiesen haben. Sie werden das des näheren aus den Ihnen als

geseut wurden, sind nicht getäusht. Das in dem Deutschen Evangelischen Kirchenaus\huß verkörperte Bewußtsein der Zusammengehörigkeit der

deutschen evangelischen. Landeskirhen hat- \{chon manche gesunde und POrRgande Frucht gezeitigt, und fo ee sih- das angefangene erk immer mehr als ein für die P verheißungsvolles dar.

_ Groß und bedeutungsvoll sind die Aufgaben, vor die Sie Sich bei der gegenwärtigen Tagung gestellt sehen. Aber an die uns be- fohlene gemeinsane Arbeit 0 wir heute im Aufblick zu unserm N und Gott herangetreten und haben Seinen Segen für unsere

rbeit erfleht. Er, der einer jeden treuen Arbeit in Seinem Dienste Seinen Segen E hat, wolle auch das Werk unserer Hände fördern und es zu reichem Segen werden lassen für unsere teuere evangelische Landeskirche !“

Der Königlich Sehe Gesandte, General Nikypharoff ist nah Berlin zurückgekehrt und hat die Leitung der Gesandt- schaft wieder übernommen.

Der Königlih fiamesishe Gesandte Phya Sridhama- sasana ist A8 Berlin zurückgekehrt und hat die Leitung der Gesandtschaft wieder übernommen.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Viktoria Louise“ vorgestern in St. Thomas (Westindien) eingetroffen.

Jn der Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs- und Staatsanzeigers“ werden im Kaiserlihen Statistischen Amt O E Nachrichten über den Stand der Herbstsaaten und der Kartoffeln im Deutschen Reiche um die Mátte des Monats Oktober 1909 veröffentli

Sachsen.

Der Landtag ist nah einer Meldung des „W. T. B.“ auf den 9. November einberufen worden.

Vaden. Seine Königliche Hoheit der Großherzog von E ar ist, R T. B.“ zufolge, gestern zu einem offiziellen Besuche bei den Großherzoglichen Herrschaften in adenweiler eingetroffen.

Oesterreich-Ungarn.

Das österreihishe Abgeordnetenhaus hat gestern, „W. T. B.“ zufolge, Dr. Pattai mit 266 von 408 Stimmen zum Präsidenten wiedergewählt. Dr. Pattai nahm die Wahl an, erklärte, er werde die Geschäfte mit derselben Objektivität wie bisher führen, und bat um die tatkräftige Unterstüßung des Hauses im Hu Bie einer ersprießlichen Arbeit, die das Volk erwarte. Zu Vizepräsidenten sind die Abgeordneten Dr oren Pogacnik, Dr. Ritter von Starzynski,

r. Stehrwender und Zázvork a gewählt worden.

Jm Einlaufe befinden sih die in der letzten O ein- gebrahten Regierungsvorlagen, darunter eine, betreffend die Abänderung des Geseßes über die Geschäftsordnung des Reichsrats , ferner vierzehn Dringlichkeitsanträge. Das Haus nahm einen Antrag an, alle Ausschüsse der vorigen Session wieder zu wählen und einen Unter- richtsaus\chuß neu zu wählen. Jm weiteren Verlaufe der Sizung protestierten mehrere Abgeordnete gegen die vom Zentraldirektor Kestranek gegen die Gesammtheit der Abgeordneten vorgebrachten Verdächtigungen, insbesondere gegen die Behauptung, daß Abgeordnete ihr Mandat zu selbst- süchtigen Zwecken mißbrauhten. Der Präsident chloß sid diejem Protest an und sprach die Forderung aus, daß Kestrane Namen nennen möge. Zum Schluß brachte der Abg. Breiter einen Protest gegen die Hinrichtung Ferrers vor. (Beifall bei den Sozialdemokraten, Widerspruch der Christlih-Sozialen.) Die nächste Sizung findet am Dienstag statt.

Großbritannien und Frland.

Aus Anlaß der Verhandlungen über die Finanzbill im Unterhaus hat der E E Lloyd George gestern den Voranschlag des Ertrags der Steuern unterbreitet, wie er infolge der Aenderungen, die an dem Geseßentwurf vorgenommen worden sind, und im Lichte der im Laufe der leßten ses Monate gemachten Erfahrungen revidiert worden ist. Nach dem Berichte des „W. T. B.“ führte der Schaßkanzler aus:

Die Zugeständnisse, die in bezug auf die Wertzuwachssteuer und die Steuer für unbebautes Land gemaht worden seien, würden durch die veranschlagten Erträgnisse aus den neuen Abgaben von den Bergbauregalen mehr als ausgeglichen. Mit Ausnahme der Brannt- weinabgabe entwidelten sih alle Einkünfte gut, und die Postanstalten machten infolge der Besserung im Handel gute Geschäfte. Die Stempelsteuer bringe erhebliche Mehreinkünfte. Seit Ein- ung des Budgets habe es einen „Boom“ auf der Börse gegeben. (Lachen bei der Opposition, Beifall bei den Ministeriellen.) Er habe den Mehrertrag aus der Branntweinsteuer auf 1 600 000 Pfd. Sterl. geshäßt und {äße ihn jeßt auf 800 000 Pfd. Sterl., sehe aber einen Mehrertrag von 1 300 000 Pfund über die ursprüng- lihe Schäßung des Ertrages aus den Erbschaftssteuern voraus. Die revidierten, von ihm jeßt unterbreiteten Voranschläge zeigten einerseits eine Zunahme von 1 850 000 Pfund über den ursprünglichen Budgetvoranschlag und andererseits eine Abnahme von 2 100 000 Pfund, sodaß eine Differenz von 250 000 Pfd. Sterl. verbleibe. Er habe ursprünglich für eine Ausgleihssumme von 488 000 Pfund Vorsorge getroffen, aber im Hinblick auf die Nachtragsetats von 200 000 Pfund zur Unterstützung der Arbeitslosen und' für andere kleine Bedürfnisse schlage er jeßt vor, noch 500 000 Pfund aus dem Sc{huldentilgungs-

fonds zu entnehmen. Frankreich.

Am 3. November werden, wie das „W. T. B.“ meldet, deutsche, englische, spanishe und französishe Techniker als Delegierte ihrer Regierungen in Paris zusammentreten, um den Entwurf einer in der Algecirasakte vorgesehenen Bergbau- ordnung für Marokkc in technischer Hinsicht einer Prüfung zu unterziehen. Der Entwurf der Bergbauordnung ist mit Zustimmung Mulay Hafids von dem durch den Machsen an- gestellten französishen Ingenieur Porché ausgearbeitet worden, Nach vollzogener Prüfung soll der Entwurf gemäß der Algecirasafkte dem diplomatischen Korps in Tanger zur Genehmigung vorgelegt und dann durch den Sultan veröffent- licht werden. Diese Vorprüfung der Bergbauordnung durch Techniker soll die Prüfungsarbeiten durch das diplomatische Korps vereinfachen. Der Entwurf Porchés s\tüßt ih auf die Bergbaugesetze in den verschiedenen Ländern.

E

pr

E Spanien.

Der Herzog von Tovar ist, „W. T. B.“ zufolge, zum gjuverneur von Madrid und der frühere ir garmier Aguilera neuerdings zum Bürgermeister von Madrid ernannt

orden. E au Am Schlusse des gestrigen Ministerrats wurde der

e eine Note mitgeteilt, die, obiger Quelle zufolge, besagt, die Regierung beabsichtige eine umfassende Politik der Be- ruhigung und der Freiheit. Die Armee in Melilla werde die- jenige materielle und moralische Unterstüßung erhalten, die zur Erfüllung ihrer Aufgabe nötig sei.

Griechenland,

Der Kriegsminister hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ §ei der Einbringung des Heeresergänzungsgeseßes in der Deputiertenkammer die Erklärung abgegeben, er könne der Armee eine Aktivreserve von 200 000 Mann schaffen und eine zweite Reserve von 88 000 Mann. Mit der Reserve der National-

arde in Stärke von 143 000 Mann mache dies zusammen 331 000 Mann.

Serbien.

Der Skupschtina ist gestern der Etatsvoranschlag für 1910 vorgelegt worden. Wie das „W. T. B.“ meldet, find danah für das nächste Jahr an Einnahmen 112 800 000 Dinars und an Ausgaben 111 500 000 Dinars vorgesehen. Der Etat des Kriegsministeriums beläuft sich auf 26 Millionen Dinars gegen 27 Millionen im laufenden Jahre,

Dänemark.

Das Folkething hat in der gestrigen Sißzung nah Ab- Tehnung der von der Partei der Rechten und den Sozialdemo- traten eingebrachten Mißtrauensanträge, „W. T. B.“ zufolge, mit 49 gegen 44 Stimmen den von den Radikalen einge- brachten Antra angenommen, wodurch dem gesamten Mini- sterium Holstein das Mißtrauen ausgesprochen wird. Dafür stimmten die Radikalen, die Sozialdemokraten und acht Mitglieder der Rechten, dagegen die Gruppen der Linken. Der Rest der Rechten enthielt sich der Abstimmung. Der Minister- präsident erklärte hierauf, daß das Ministerium de- missioniere. i

Der König hat heute vormittag den Grafen Holstein empfangen, der die Demission des gesamten Kabinetts überreihte. Der König ersuchte, obiger Quelle zufolge, den Grafen Holstein, die Geschäfte bis auf weiteres fortzuführen.

Asien.

Nach Meldungen des „W. T. B.“ aus Täbris zirkulieren dort alarmierende Gerüchte über lünderungen in Ardebil. Post-, Karawanen- und Telegraphenverbindungen sind seit einer Woche unterbrochen. Die Vorbereitungen zu dem Feldzuge gegen Rakhim Khan schreiten infolge Geld- und Patronenmangels nur langsam fort. Aus Teheran sind 200 persische Kosaken und 400 irreguläre Reiter ein etroffen, die nah Ardebil zum Entsaz des belagerten Sattar Khan entsandt werden.

Bei Sabia im Sandschak Assyr haben nach einer Meldung der „Sabah“ blutige Kämpfe der Regierungs- truppen mit den Arabern stattgefunden, die unter Zurück- lassung von 400 Toten geflohen sind.

Parlamentarische Nachrichten.

Das vollständige Ergebnis der Reichstags stihwahl im Wahlkreise Coburg ist nah einer Depesche des „V. T. B.“ folgendes : Zietsch (Soz.) 7060, Quarck (natl.) 6646 Stimmen. Zietsch ist somit gewählt.

Das Mitglied des Hauses der Abgeordneten Kom- merzienrat Koenig (nl.), Vertreter des Stadt- und Landkreises Guben, des Kreises Sorau und des Stadtkreises Forst im Regierungsbezirk Frankfurt, ist nach einer Meldung des W. D. B. am 22 Oktober in Guben gestorben.

Statistik und Volkswirtschaft.

Die Bevölkerung Algeriens.

Nach einer kürzlih veröffentlihten amtlichen Statistik beträgt die Zahl der Einwohner Algeriens 5 231 850; hiervon entfallen auf die Nordterritorien 4785 759 (darunter 459 280 französishe und 215 620 nicht französische Europäer) und auf die Südterritorien 446091 (darunter 7987 Franzosen und 1346 Angehörige anderer Nationen). Die Nordterritorien, bestehend aus den Departements Algier, Oran und Constantine, bilden das eigentlihe Algerien; ihr Flahenraum beläuft \sih auf 199 970 qkm. Das Departement Algier (53 688 gkm) zählt 1 619 892, das Departement Oran (60 764 qkm) 1222 538 und das Departement Constantine (85 518 qkm) 2 043 379 Bewohner. E :

Die Akerbau treibende europäische Bevölkerung beziffert \sih auf

ungefähr 200 000 Seelen bei einer europäishen Gesamtbevölfkerung bon 600 000 Seelen. Die muselmännishe Bevölkerung beträgt 4540 000 Seelen. Hiervon leben etwa 3 760 000 auf dem Lande, während sich der Nest in den verschiedenen Städten aufhält. Auch in Algerien zeigt fich, wie überall, ein starker Drang der Landbevölkerung nah den Städten. DieEinwohnerzahl der Hauptstädte Algeriens (Algier, Oran und Constantine) hat sih seit 1872 verdoppelt. Sie stieg seit dem genannten Jahre in Algier (einschließlich von Mustapha) von 55 000 Einwohnern auf 137 000, in Oran von 40000 Einwohnern auf 100 000 und in Constantine von 29 000 auf 55000 Einwohner. In gleicher Weise hat die Bevölkerung der Städte Böne, Tlemcen, Vlida, Médéa, Mascara, Philippeville usw. zugenommen, bei einigen bon ihnen hat sih die Bevölkerungszahl sogar verdreifacht. : . Nach der Nationalität seßt sih die Bevölkerung Algeriens lolgendermaßen zusammen: Einheimische 4 447 149, in Algerien ge- orene Franzosen 167 575, in Frankreich geborene Franzosen 101 401, urch Dekret naturalisierte Franzosen 21 696, nach dem Geseße von 1889 naturalisierte Franzosen 97 950, Spanier 149 838, Italiener 9374 im Jahre 1870 naturalisierte Juden 17 200, Nachkommen nturalisierter Juden 47 355, Malteser 10 933, Angehörige anderer furopäisher Staaten 10 861, Marokkaner 25 27, Zunehter 3083, niht besonders benannte Einheimische 2279, die Armee 55 000. In den Hospitälern usw. befanden sich 18 799 Personen. Hiernach sind sür die Bevölkerung Algeriens zwei Hauptgruppen zu unterscheiden, namlih 1) die muselmännischen Eingeborenen französischer und nicht- sranzösischer Nationalität und 2) die Europäer, Franzosen und An- ebörige anderer Nationen. Die französische Einwanderung in jetien wird im Durchschnitt für das Jahr auf 2000 Personen êredmnet.

Zur Arbetterbewegung.

Die Dppelner Tabakindustrie, die mehrere tausend Arbeiterinnen und Arbéiter beschäftigt, hatte, wie die „Voss. Ztg.“ be- rihtet, infolge der Tabaksteuer An E Oktober die Arbeitszeit um ein Viertel gekürzt und beschloß jeßt, Anfang: November eine weitere ebenso hohe Einschränkung, sodaß die Löhne alsdann um die Hälfte vermindert werden. i

Eine Zusammenkunft von Vertretern der Arbeiter und Arbeit- geber der Offenbach - Frankfurter Shuhindustrie (vgl. Nr. 249 d. BL.) hat, der „Frkf. Ztg.“ zufolge, zu keinem endgültigen Grgebnis geführt, da die Arbeiter vor allen weiteren Abmachungen auf der O des Stundenlohnes bestanden, während die Ver- treter der Arbeitgeber es ablehnten, sich auf diefe Bedingung ein- zulassen. Es wird nun eine weitere Erklärung der Arbeitervertreter erwartet, die den Gegenstand einer zweiten gemeinschaftlihen Beratung bilden wird. /

Etwa 900 Arbeiter der Zuckerraffinerie Tangermünde sind, wie die „Köln. Ztg." erfährt, wegen Lohnstreitigkeiten in den Ausstand getreten. |

Der Ausstand im Mansfelder Revier (vgl. Nr. 250 d. Bl.) hat sich, wie ,„W. T. B.* aus Eisleben meldet, je t au auf den Hermann-, den Otto- und Klothild Pas ausgedehnt. Die gestern früh in Eisleben eingetroffenen Manns aften des Füsilierregiments Nr. 36 sind auf die einzelnen Shächte in der Umgegend verteilt worden. Auf den in der Nähe von Eisleben gelegenen Schächten ist die Zahl der Ausständigen heute auf 2200 geftiegen, sodaß die Gesamtzahl der Ausständigen auf 8000 angewachsen ist. Der Schicht- we 12,06 unter polizeilihem und militärishem Schuß überall glatt vonstatten.

Die Arbeiter der Net ames in Kiel beschlossen, wie der „Köln. Ztg.“ berihtet wird, bei dem Oberwerftdirektor eine Besserung der Lohn- und Arbeitsbedingungen zu beantragen. Gs wurde ein Ein- stellungslohn von 45 9 für gelernte und ungelernte Arbeiter, steigend auf 60 und 53 4, die dreiteilige Schiht für alle stationär MIGfliGen Arbeiter, sechs8 Tage Ferien nach zweijähriger, zehn Tage nah zehnjähriger Tätigkeit, ferner die Ein- stellung der Arbeiter durch das Arbeitsamt, nicht durch die Arbeitsnahweise, und die Einführung der achttägigen Lohnzahlung ge- wünscht. Die Werftverwaltung ließ sich in einer Sißung, an der der Arbeiteraus\{uß teilnahm, Erläuterungen über die geplante Eingabe der Arbeiter geben. Die Oberwerftdirektion betonte gegenüber den Vertretern der Arbeiter, daß die Form und die Höhe der Anträge als zu weitgehend angesehen werden müßten.

Nach einer Mitteilung der Zahlstelle des Verbandes der Mühlen- arbeiter ist, wie die „Lpz. Ztg.“ mitteilt, ein vor einigen Tagen aus- gebrohener Ausstand der üller und Mühlenarbeiter in Wahren zugunsten der Ausständigen beendet worden. Dagegen seien in einigen anderen Mühlenbetrieben von Leipzig und Umgebung noch ernste Streitigkeiten zu erwarten, da die Prinzipale auf die Forderungen der Arbeiter nur einige Zugeständnisse machen wollen, die diesen niht genügen.

(Weitere „Statistishe Nachrichten" \. i. d. Zweiten Beilage.)

Wohlfahrtspflege.

Der Berliner Zentralverband zur Bekämpfung des Alkoholismus (Geschäftsstelle : gau Nubensstraße 37) hält am 30. d. M., Abends 8 Uhr, im Landeshaus, Matthäikirchstraße 20, seine Generalversammlung. Nach Erstattung des Geschäfts- und des Kassenberichts wird Herr R. Burckhardt über Alkohol und Lebenskunst |prehen. Gäste find willkommen.

Der Deutsche Werkmeisterverband (mit dem Sitze in Düsselderf), der jeyt Bee 50 000 Mitglieder zählt und ein Vermögen von 10 Millionen Mark befißt, bisher über 7 500 000 4 Sterbegeld, 1 900 000 4 Unterstüßungen, 2500000 4 Witwengeld, 35000 M Brandentschädigung ausgezahlt hat, leitete in der vor einigen Tagen abgehaltenen Plenarsißzung seiner Verwaltungsorgane wieder be- merkenswerte Fortschritte der Verbandseinrichtungen ein. Die Sterbekasse, die über 100000 Versicherte mit einem Ver- sicherungskapital von 50 Millionen Mark, eine Prämienreserve von fast 10 Millionen und § Million Mark Iahresleistung auf- weist, erfährt eine Verbesserung dahin, daß künftig in der. Höhe des zu versichernden Sterbegeldes, in der efreiung von Beitrags- zahlungen usw. eine weitgehende Auswahl gestellt wird. Der Nechts- \chuß des Verbandes erfährt eine Erweiterung, indem sämtliche Mitglieder in allen Nechtsfragen kostenlos Auskunft und Nat erhalten, alle Dienstverträge und Geschäftsabshlüsse auf Wunsh geprüft werden, bei Streitigkeiten der Verband vermittelt und in Fällen, in _ denen einem Mitgliede Unrecht geschieht, ihm vor Gericht zu seinem Rechte verhilft. Mit der Gemeinnüßigen Vereinsversicherungsbank für Deutschland ist ein Abkommen fertiggestellt, das allen Werkmeistern und auch anderen Betriebsangestellten eine sehr günstige Gelegenheit zur Pensions- versicherung unter Berücksichtigung einer etwa kommenden staat- lichen Privatangestelltenversiherung gewährt. Für die bevorstehenden Tagungen des Hauptaus\{husses für die staatliche Pensionsverficherung der Privatangestellten und des Sozialen Ausschusses von Vereinen technischer Privatangestellten wurden Anträge vorbereitet.

Beim Hauptaus\chuß für staatlihe Pensionsversicherung der Privatangestellten, dem fast die Gesamtheit der Angestellten- verbände mit mehr als 600 000 Mitgliedern angeschlossen ist, hat der Deutshe Werkmeisterverband zur Neichsversicherungs- ordnung folgenden Antrag eingebracht: „Der Hauptausschuß wolle als wichtigste Forderung zur NReichsversicherungsordnung den *Wunsh aussprehen, daß in allen Ser [averungtweigen die Gehaltsgrenze für die Versicherungspfliht der Angestellten be- feitigt und die Gesamtheit der Privatangestellten, ohne Rücksicht auf Beruf und Einkommen, der Kranken-, Unfall-, Invaliden- und Hinterbliebenenversihèrung unterstellt werde.“ Material über die Frage der Pensionsversicherung der Privatangestellten bieten einige der „Schriften des Deutschen Werkmeisterverbandes“ zu Düsseldorf, Heft 1: „Die staatliche Pensionsversicherung“, Heft 3: „Die amtliche Denkschrift“, Heft 5: „Vor der Entscheidung (27 Gut- achten)“, Heft 11: „Der Deutsche “Werkmeisterverband und die Pensionsversicherung“. Alle 4 Hefte zusammen können von dem Ver- bande zu 80 bezogen werden. : ;

Zur Frage der Stellenlosenversiherung erschien ein neuer Beitrag als Heft 13 der „Schriften des Deutschen Werkmeister- verbandes" zu Düsseldorf. Aus der Feder des Direktors des Statistischen Amts der Stadt Düsseldorf Dr. Otto Most erfahren hier die bisherigen Vorschläge und praktischen Versuche zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit auf dem Wege der genossenschaftlichen Selbsthilfe, dur städtishe oder staatlihe Einrichtungen eine Schilderung und Kritik, die in einem eigenen Programm des Verfassers endet. Fast noch interessanter ist der zweite Teil der Schrift, eine Zusammen- stellung der Einrichtungen aller Verbände von Privatangestellten zur Unterstüßung stellenloser Mitglieder und eine Schilderung der vom Werkmeisterverband geplanten Stellenlosenfürsorge. Den Schluß bildet ein Literaturnahweis. Das Hefthen wird allen Jnteressenten als ein knapper, aber vollständiger Ueberblick über die wichtigsten Vorgänge auf diesem Gebiete willkommen sein.

Literatur.

Einen zuverlässigen UPeberblick über die gegenwärtigen Dienst- alters- und Beförderungsverhältnisse im Offizierskorps gewährt die am 5. Oktober abgeschlossene und soeben bei E. S. Mittler u. Sohn in Berlin SW. erschienene „Dienstaltersliste der Offiziere der Königlich Preußischen Armee und des XII. Königlich Württembergischen) Armeekorps". Die diesjährige Ausgabe ist unmittelbar nach den Herbstübungen abgeschlossen worden und

enthält somit den Stand bei Beginitt des Winterdienstes. Im An- {luß und als Ergänzung der amtlicheu Rangliste herausgegeben und na den Dienstgraden und Waffengattungen geordnet, zeichnet sie sih wiederum durch sorgfältigste Durchbearbeitung von sahkundiger Hand aus und gibt ein vollkommenes Bild der Dienstaltersverhältnisse im Offizierkorps. Dur Aufnahme der in etatsmäßigen Stellungen be- findlichen Offiziere z. D. hat die Dienstaltersliste eine vielseitig ge- wünschte, wertvolle Erweiterung erfahren. Der Preis beträgt 4 2,50 für das geheftete und X 3 für das gebundene Exemplar.

Im Verlage von Brockhaus in Leipzig wird demnächst ein zweibändiges Werk (Preis 20 #4) erscheinen, in dem Sven von Hedin ine leßte Sti ungoreie unter dem Titel „Trans-

imalaya, Entdeckungen und Abenteuer in Tibet“ schildert. - Hedin besißt niht nur als mutiger Forschungsreisender einen Weltruf, sondern wir wissen aus seinen bisherigen Schriften auch, daß er ein fesselnder, anshaulicher Schilderer seiner gefahrvollen Reisen ist. So wird man dem Erscheinen seines neuesten Werkes in weiten Kreisen mit obe Interesse entgegensehen.

Eine zweite Publikation dürfte das gleiche Interesse JranlpruGen. In ihr schildert E. H. Shackleton unter dem Titel „21 Meilen vom Südpol* seine vielbesprohene Forshungsreise nah dem Süd- pol. Das Buch erscheint in 40 Lieferungen zu je 50 4 im Verlage von Wilhelm Süßerott in Berlin. Beide Werke sind reich dur Originalaufnahmen illustriert. Wir behalten uns vor, nah ihrem VesSkeinen näher auf sie einzugehen.

Eine freie Woche von Frit Pistorius. Verlag von Trowißsh und Sohn in Berlin. (3 4.) Der gute Ruf, den der Verfasser als anregender uge iite er, der den Stoff für seine Schriften vornehmlih dem Schulleben entnimmt, bereits besißt, wird durch das vorliegende Buch wieder D Pistorius bringt in ihm Schilderungen aus dem Berliner Schulleben, die so naturwahr ge- zeihnet und so frisch wiedergegeben sind, daß sie e mit Recht sicher des größten Beifalls ihrer jungen Lser erfreuen werden. Auch der Erwachsene wird das Buch gern zur Hand nehmen und bei seiner Lektüre an ferne Jugendtage freundlich erinnert werden. Neben der humorvollen Unterhaltung sorgen die zwanglos eingestreuten gelt iden und heimatkundlichen Hinweise zugleich für eine nüßliche Bi Das Buch verdient in Schülerbibliotheken einen guten

laß.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs- maßregeln.

Türke i.

Der internationale Gesundheitsrat in Konstantinopel hat be- stimmt, daß die ärztlihe Untersuchung, welche für die aus Rußland ohne Passagiere «ankommenden Shiffe an- geordnet ist, im Hafen von Rizeh durch den Munizipalitätsarzt der Ortschaft erfolgen kann.

Königsberg, 22. Oktober. -(W. T. B.) Im Kreise Niederung ist bei einem sech8 Wochen alten Kinde Cholera bakteriologish festgestellt worden.

Amsterdam, 22. Oktober. (W. T. B.) In Jaaresveld (Provinz Utrecht) wurde ein Todesfall an Cholera festgestellt.

Verkehr®sanftalten.

Das im amtlichen Auftrage vom Geheimen Rechnungsrat im Reichseisenbahnamt Otto Schmidt herausgegebene Viehkursbuch: Kursbuch für die Beförderung von Vieh und Vfetden auf den deutschen Eisenbahnen (E. S. Mittler u. Sohn in Berlin SW. 68), ist in 15., die Winterfahrpläne enthaltender Ausgabe erschienen (Preis 2 M). Das den Bedürfnissen der Militärbehörde, der Landwirtschaft und des Viehhbandels entsprehende Werk hat sich in seiner Neugestaltung als praktishes Hilfsmittel bewährt, denn es ermögliht den Stations- und Abfertigungsbeamten eine zuverlässige Auskunfterteilung. Die vor- liegende Winterausgabe, in der die von den Eisenbahnverwaltungen für die Beförderung von Militärpferden festgeseßten Zugverbindungen besonders gekennzeichnet O umfaßt 564 Druckseiten im Format des Reichskursbuchs und enthält die Fahrpläne aller Vieh- und Eilgüter- züge, der gemischten Züge, der für den Viehfernverkehr in Betracht kommenden Güterzüge und der zur Viehbeförderung freigegebenen Personenzüge auf den Haupteisenbahnen ; ferner eine Zusammenstellung der wichtigeren Bestimmungen für den Viehverkehr, Beförderungs- vorschriften der Eisenbahnen, die Verkehrsbes{ränkungen infolge veterinärpolizeilißher Anordnungen und die Beförderungspreise der Staatseisenbahnen; endlih ein Verzeichnis der wichtigeren, zwischen den Eisenbahnverwaltungen vereinbarten Zugverbindungen für die Be- förderung von Vieh in Wagenladungen und für die Beförderung von Militärpferden, ein Verzeichnis sämtlicher Nebenbahnen, ein alpha- betisches Stationsverzeihnis und eine Uebersichtskarte der deutschen Eisenbahnen. Wichtigere Aenderungen werden durch Nachträge bekannt- gegeben.

Theater und Musik.

Berliner Theater.

Ein romantisch - komishes Märchen nennt \sich Ferdinand Naimunds „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“, das gestern im Berliner Theater wieder auf die Bühne gebraht wurde. In der Aufführung war auf das „komi|ch“ der Nachdruck gelegt, das sogar öfter bis ins Possenhafte vergröbert wurde. Das „Romantische“ kam dabei etwas zu kurz, zumal die Vertreter der märhenhaften Geisterwelt nicht gerade geisterhaft aus\sahen; namentli in der ersten Szene mußte jeder mit dem Stück Unbekannte den Alpenkönig mit seinem Geistergefolge für einen Jagdherrn halten, der mit Bauernbuben auf die Gamspirsch geht. Bei dieser Gesamtauf- fassung des Stückes kam der gerade in dieser Dichtung Raimunds fein mitklingende ernste Unterton, der Humor als Träger eines weh- mütigen Ernstes, nicht zum Ausdruck. Aber auch fo bewährte „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“, einst das Entzücken unserer Groß- eltern, durch seine frische Ursprünglichkeit die alte Anziehungskraft, und die Aufführung fand reihen Beifall. Man hätte sih dessen, da er doch diesem Stücke gegenüber ein gewisses Maß erfreulicher Naivität zur Vorausseßung hat, das man dem Theaterpublifkum von heute abzusprechen pflegt, aufrichtig freuen können. Die Freude wurde aber einigermaßen dadurch beeinträchtigt, daß die einzige Geshmack- losigkeit des Abends, einige von Josefine Dora als Kammermädchen Liesl zugegebene Coupletverse, den lautesten Beifall fanden. Unter den Darstellern is in - erster Linie Albert Heine zu nennen. Als Alpenkönig kam zwar nur seine schöne Sprache zur Geltung, in den Szenen aber, in denen er in der Verwandlung als Nappelkopf auftrat, konnte er sein reiches Charakterisierungstalent entfalten, und da zeigte es sih, daß der Pseudorappelkopf dem wirk- lichen, den Carl Meinhard spielte, durhaus überlegen war. Daß die hübscheste, dichterish feinste Szene des Stückes, in der der Menschen- feind durch das Anschauen feines Ebenbildes geheilt wird, zu voller Wirkung kam, war în erster Linie Herrn Heines Ver- dienst. Sehr gut war auch die Rolle Habakuks durch Oskar Sabo beseßt. Die Malin Mitspielenden füllten ihre Rollen aus. Die szenische Einrichtung und .die Regie verdienen, abgesehen davon, daß man sih die Geister geisterhafter gewünscht hätte, volles Lob. Es gab sehr \stimmungsvolle Bilder zu sehen. Nawufentlich die Köhlerhütte der Familie Glühwurm im Innern wie in ihrer Umgebung war ausgezeihnet. Das in Einzelheiten fehr an- sprechende Hochgebirgstal der ersten Szene wirkte etwas gedrückt und unperspektivisch, mehr wie eine enge Schlucht, in der die üppigen Alpenrosenpolster uvmöglih gedeihen konnten ; das ließe sich vielleicht noch abändern. Nach dem im ganzen wohl verdienten reihen Beifall, den die erste Aufführung fand, zu s{ließen, wird sich das Stück für die Bühne in der Charlottenstraße als ein Zugstück erweisen.