Ministerium für Handel und Gewerbe.
Dem Gewerbeassessor Meyenbörg ist. eine etatsmäßige Hilfsarbeiterstelle bei der Gewerbeinspefktion Osnabrück ver- liehen worden.
Die Gewerbereferendare Ritter aus Berlin, Cordes aus Oppeln, Blaudszun aus Spandau und Deubner aus Bonn sind nah bestandener Prüfung zu Gewerbeassessoren ernannt und den Gewerbeinspektionen Hannover, Niederbarnim-Südost in Berlin, Merseburg und Schweidnig als Hilfsarbeiter über- wiesen worden.
Die Lehrerinnen Elisabeth Scholz, Gertrud Skladny, Eugenie Hendewerk und Dora Stahl sind zu Königlichen Gewerbeschullehrerinnen an der Gewerbeschule in Thorn ernannt worden.
Evangelischer Oberkirchenrat.
Der in die Oberpfarx- und Ephoralstelle zu Egeln berufene Pfarrer und Superintendent Schmidt, bisher in Hohengöhren, ist zum Superintendenten der Diözese Egeln, Regierungsbezirk Magdeburg, bestellt worden.
Abgereist: Seine Exzellenz der Präsident des Reichsbankdirektoriums, MWirkliche Geheime Rat Havenjstein, in Dienstangelegenheiten nach Leipzig.
Nichtamtliches. Deutsches R ee i ch.
Preußen. Berlin, 29. Oktober.
Jn der am 2. d. M. unter dem Vorfiß des Staats- ministers, Staatssekretärs des Jnnern Delbrück abgehaltenen Plenarsitzung des Bundesrats wurde dem Entwurf eines Gesezes für Elsaß-Lothringen zur Ausführung des Ge- sezes über den Unterstüßungswohnsip die Zustimmung erteilt. Genehmigt wurden ferner die Vorlagen, be- treffend den Zollverwaltungskostenetat für Meklenburg- Schwerin und den Salzsteuerverwaltungskostenetat für Sachsen-Coburg und Gotha sowie die Vorlage wegen Zu-
lassung gemischter Holztranfitlager in Geestemünde und Bremer- haven. Schließlih wurde über die Beseßung einer Senatsprä}- denterstelle bei dem Reichsgericht, die Beseßung von Stellen bei den Disziplinarbehörden, über die Wahl eines Mitglieds des Beirats für Arbeiterstatistik und eines nichtständigen Mit- alieds des Kaiserlihen Aufsichtsamts für Privatversicherung, über die Wahl zweier Mitglieder des Neichsbankturatoriums sowie über verschiedene Eingaben Beschluß gefaßt.
ährend des Vierteljahrs vom 1. Juli bis 30. September 1909 haben 11373 Schiffe (gegen 10 098 Schiffe in dem- selben Vierteljahr 1908) mit einem Nettoraumgehalt von 1 788 106 Registertons (1908: 1712 672 Registertons) den Kaiser Wilhelm - Kanal benußt und, nah Abzug des auf die Kanalabgabe in Anrechnung zu bringenden Elblotsgeldes, an Gebühren 820 499 # (1908: 791595 M) entrichtet. Da- von entfielen auf den Monat September 4192 Schiffe (1908: 3955 Schiffe) von 650 801 Registertons (1908: 572 851 Ne- gistertons) und 292 560 M (1908: 263 328 E) Gebühren.
Der Kaiserliche Gesandte in Lissabon, Wirkliche Geheime Rat Prinz von Ratibor und Corvey ist vom Urlaub zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
Der Kaiserliche Gesandte in Christiania von Treutler hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. TBährend seiner Abwesenheit werden die Geschäfte der Gesandtschaft von dem Legationssekretär Freiherrn von Malzan geführt.
s M T Bil S.
M. Flußkbt. am 23. Of-
Laut Meldung taterland“ am 19. Oftober in Tschungschou, tober in Fongtu und am 26. Oktober in Fouchou am oberen Yangise eingetroffen.
M
es
S. M. S. „Condor“ ist am 21. Oktober von Suva (Fidjiinseln) nah Pleasant Jsland und Jaluit in See gegangen.
S M S. „Bremen“ geht am 4 November von St. Thomas (Westindien) nach Kingstown auf St. Vincent (Kl. Antillen) in See.
Sachsen.
Rei den Landtagsstihwahlen in Leipzig T, Il, V und VI sowie in Döbeln-Leisnig siegten, wie das U: Nee 5, meldet, die Nationalliberalen über die Sozialdemokraten, in Leipzig ITT wurde der Sozialdemokrat gegen die National- liberalen gewählt.
Oefterreich-Ungarn.
Bei Beginn der heutigen Sißung des österreichischen Abgeordnetenhauses veranstalteten die Tschechi}ch- Nadikalen, „W. T. B.“ zufolge, eine lärmende Kundgebung gegen den Präsidenten Pattai wegen dessen Teilnahme an der gestern im Rathause stattgehabten Konferenz der deutschen Parteiführer. Nachdem während der Rede des Aba. Renner über die Dringlichkeit der Anträge, betreffend die - Lebensmittelteuerung, einige Ruhe eingetreten war, er- neuerten die Tschechish-Radikalen ihre Kundgebungen beim Er- scheinen des Ministers des Innern Haerdtl und des Minister- präsidenten Bienerth.
Grefßzbritanuien und Frland.
In. der gestrigen Sißzung des Unterhauses fragte der Aba. Renwick (kons.) den Ersten Lord der Admiralität Mc Kenna, ob gewisse vertrauliche Zeichnungen, die den Unternehmern für den Bau eines der neuesten großen
Kriegsschiffe gelieferi worden seien und die jeßt wieder im
Besiß der Admiralität sein müßten, verschwunden seien, und ob die Admiralität diese Zeichnungen wiederzuerlangen hoffe.
Nach dem Bericht des / „W. T. B.“ beantwortete Mc Kenna die erste Frage in bejahendem und die zweite in verneinendem Sinne und fügte hinzu, daß das Schiff bereits einige Zeit in Dienst gestellt sei, sodaß die Zeichnungen viel von ihrem Wert verloren hätten. Das in Frage kommende Schiff ist vermutlich der „Indomitable“.
Frankreich.
In der gestrigen Sizung der Deputiertenkammer wies der Abgeordnete Charles Benoist bei der Verhandlung über die Reform des Wahlrechts auf die Vorteile der Proportionalwahl hin, die vom ganzen Lan verlangt werde. Der Ministerpräsident Briand erklärte hierauf laut Bericht Des L. D: :
Die Regierung glaube aus praktishen Gründen gegenwärtig die Art der Befragung des Landes nit ändern zu sollen. Gegenwärtig bätten alle volitishen Nuancen die Möglichkeit, in der Kammer ver- treten zu sein, nehme man aber morgen die Proportionalwahl an, so fönnten infolge des unvbvollständigen Mechanismus der ver- frühten Reform verschiedene Schattierungen der Majoritäts- parteien, namentli die unabhängigen Sozialisten, aus der Kammer vers{winden. Im weiteren Verlaufe seiner Ausführungen wies der Ministerpräsident auf eine Reihe bereits angenommener oder in Vor- bereitung befindlicher Gesetze hin, um zu zeigen, daß die Wabl nah Bezirken es sei, die das heutige Ergebnis der republifauishen Staats- form hervorgebracht habe: indessen erkenne er an, daß diefes Wahl- \vstem für die Verwaltungsreform nicht günstig fei. Der Minister bat die Revublikaner der äußersten Unken, fih nicht zu gefährlichen Koalitionen verleiten zu lassen.
Das Haus nahm die Rede Briands mit Beifall auf und beschloß, sie anshlagen zu lassen.
— Der Bericht Deschanels zum Etat des Ministeriums des Aeußern stellt, obiger Quelle zufolge, mit Bezug auf das deutsch-französische Abkommen vom 9. Fe- bruar fest, daß internationale Gesellschaften in der Bildung begriffen sind, die sih zum großen Teile aus französischen und deutschen Elementen zu})ammen)eßen und dem Geiste des Abkommens entsprechend besonders den Zweck ver- folgen, die Bodenschä he Marokkos zu heben. :
i Da von den Bischöfen der Gebrauch bestimmter Bücher in den Schulen verboten wurde, hat der Unterricht s- minister den Lehrern an öffentlichen Schulen vorgeschrieben, sich jeder fremden Einmischung in den Unterricht zu widerseßen. Kinder, die die Benußung der in den Schulen eingeführten Bücher verweigern, sollen bestraft werden.
Spanien. Im Amtsblatt wird ein Erlaß veröffentlicht, durh den ein Kredit von 68 Millionen Pesetas zur Deckung der Kosten des marokkanischen Feldzuges angewiesen wird.
Schweiz.
Im Nationalrat wurden gestern von dem schweizerischen Handelsvertragsunterhändler Frey - Zürich die Verhandlungen mit Deutschland über die Beilegung des Mehlzoll- fonflifts zur Sprache gebracht. -
Nach dem Bericht des „W. T. B.“ führte Frey aus, er halte den Zeitpunkt für gekommen, diese Verhandlungen als fruchtlos auf- zugeben. Der gegenwärtige Zustand könne nicht länger andauern, wenn die i neizécishe Müllerei. nt& untergehen solle. Die vereinigten Zoll- fommissionen des Nationalrats und des Ständerats erwarteten einen baldigen Bericht des Bundcsrats über das, was weiler zu tun Jei. — Der Bundesrat Scho binuger, der Chef des Handelsdepartements, ent- gegnete, der Bundesrat prüfe die weiteren Maßnahmen zum Schuße der Müllerei. Die Vorarbeiten über die Einführung eines Getreide- und Meblmonovols seien abgeschlossen. Man könne aber mit Schußz- maßnabmen nit warten, bis die Entscheidung über die Einführung dieses Monovols gefallen sei. Der Bundesrat werde die Angelegenheit weiter aufmerksam verfolgen, die Näte auf dem Laufenden erhalten und jedenfalls nicht zugeben, daß die inländif{he Müllerei zugrunde gehe.
Mit dieser Erklärung war die Angelegenheit erledigt.
Belgien.
Der Kolonialminister Renkin hat der Kammer gestern das Budget der Kolonien für 1910 sowie ein Exrposé über die im Congo einzuführenden Reformen unterbreitet.
Wie das „W. T. B." meldet, verteidigt der Minister in dem Ervosé die Kolonialverwaltung gegen den Vorwurf der Grausamkeit
daß der Wohlstand der Kolonie bei der Angliederung Bei den Reformen gehe die Regierung von. dem daß unbebautes Land Eigentum des Staates sei, be- willige aber den Eingeborenen Handelsfreiheit, indem fie in dret Etapvpen das Land zur Ernte freigebe. Die erste Etavpe beginne am 1. Juli 1910, die zweite am 1. Juli 1911 und die dritte am 1. Juli 192. Alles Land bis auf 600 000 ha, die si der Staat für die Be- vflanzung vorbehalte, werde alsdann zur freien Ausbeute den Ein- geborenen zur Verfügung stehen. Auch das Steuersy\tem erfahre eine Surdbareifende Reform, wodurch der Landerwerb erleichtert werde. Für die Ernte werde der Staat eine kleine Gewichts\teuer erheben, andererseits aber die drückende Verpflichtung der Eingeborenen, für die Europäer Träger zu sein, aufheben. Auch für die Einführung von Schulen werde Sorge getragen werden. Der Kolonialminiîster stellt ließli fest, daß die Reformen kaum größere finanzielle An- forderungen an den Staat stellen werden, wenn sie auch zu Anfang eine Depression herbeiführen dürften.
Türkei. ° Ein neues Komitee, das den Namen Magdurin, das heißt die politisch Bedrückten, führt, ist, „W. T. B.“ zujöige; leßthin in Konstantinopel gegründet worden. Jn dem Komitee, dem u. a. der Prinz Sabah Eddin angehört, sind die Ueber- bleibsel der Partei der liberalen Union vertreten.
gewachsen Grund]aß aus,
Bulgarien.
Die ordentlihe Session der Sobranje ist gestern vom König Ferdinand mit einer Thronrede eröffnet worden,
in der es, „W. T. B.“ zufolge, heißt: i;
Die Negierung habe alle ihre Bemühnngen darauf gerichtet, eine rade Konfolidierung der internationalen Stellung Bulgariens her- beizuführen. Nachdem dieses Ziel erre?!cht fei, gehe die Regierung daran, die Finanzen des Landes zu festigen. Die Thronrede erinnert daran, daß Rußland als erstes Land die Unabhängigkeit Bulgariens anerkannt habe, und gibt der Hoffnung Ausdruck, daß Volk und Parlament die Symvathien Rußlands würdigen würden; sie beteuert sodann den Dank Bulgariens gegen die Mächte, die zur Anerkennung der Unabhängia- feit beitrugen, stellt fest, daß Bulgarien sich allgemeiner Sympathien erfreue, und hebt insbesondere die freundschaftlichen Beziehungen ¿wischen der Türkei und Bulgarien hervor, deren weitere Festigung die Negierung aufrichtig wünsche, damit starke politiihe und wirt- \haftlihe Bande geknüpft würden, die für das Gedeihen der beiden Nachbarnationen so notwendig seien.
Asien. Nach einer vom „W. T. B.“ übermittelten Mitteilung der japanischen Botschaft in Berlin meldet ein Telegramm des japanishen Generalfonsuls Rawafami in Charbin folgende
Einzelheiten zur Ermordung des Fursten Z10:
Zur Reise des Fürsten Ito hatte ihm die Ostchinesische Eifen- babngesellshaft einen Salonwagen, in dem sich der Generatmajor Afanasief, Chef der Zivilverwaltung, der Oberst Feodorow, Chef des achten Militärbezirks, der BetriebsGef Gintsueshi und fünf oder sechs andere Herren befanden, die der Person des Fürsten als Gefolge attachiert sein sollten, am 24. d. M. entgegengesandt. Während der Fahrt unter- hielt fich Fürst Ito mit diesen rusjishen Beamten. Bei der Ankunft in Cbarbin um 9 Uhr früh stattete der russische Finanzminister Kokowzow dem Fürsten in dessen Wagen einen Besuch ab. Nach dem Verlassen des Wagens schritt der Fürst, von Kokowzow begleitet, die Front der russischen Ehrenkompagnie ab, die dur eine besondere Aufmerksamkeit des Finanzministers auf dem Bahnsteig aufgestellt war, und begrüßte die auf dem Bahnhofe zu seinem Empfang versammelten Vertreter der fremden Mächte, . der russisch-chinesi}chen Behörden und der Korpo- rationen. Als der Fürst darauf an der russishen Kompagnie vorüber- schritt, streckte ein europäish gekleideter Koreaner eine Pistole pi einen Zwischenraum in dex Srontgul eung der Rufien hindur und feuerte mehrere Schüsse auf ihn __ ab. Der Fürst erhielt einige {were Wunden und sank auf der Stelle nieder; mit Hilfe des umberstehenden Gefolges wurde er in ein Wagenabteil hineingetragen, wo japanische Aerzte und russische Beamte ihm den ersten 5 eistand leisteten. Ein durch die Nieren gegangener Schuß war tödlich; der Fürst verschied ungefähr 15 Minuten nach der Verwundung. Unter Begleitung eines russishen Arztes fowie mehrerer Offiziere wurde die Leiche - unter Erweisung Fürstliher Ehren mit einem Ertra- zuge, der Charbin gestern vormittag verließ, nach Chan-Chun transportiert. Von dem Gefolge wurde der Generalkonsul Kawakami \{wer, der Privatsekretär Mori und der Direktor Tañaka von der Südmandschurischen Eisenbahngesellschaft leiht verwundet... Der russishe Finanzminister, die Ostchinesische Eisenbahngesellschaft, das Amurktorvs und der Magistrat von Charbin haben je einen Kranz an dem Sarge niedergelegt; die Gebäude der fremden Vertreter und andere Häuser haben Halbmast geflaggt.
Statiftik uud Volkswirtschaft.
Der Kohblenverkehr im Ruhrbezirk und sein Anteil am Gesamtgüterverfehr im Jahre 1908.
Fn dem soeben erschienenen II. (statistischen) Teil des „Jahres- berihts des Vereins für die bergbaulichen Interessen im Oberberg- amtébezirk Dortmund für 1908" finden sich u. a. auf Grund amt- licher Angaben zusammengestellte Üebersichten über die Entwicklung des Gesamtgüter- und des Kohlenverkehrs auf den Eifenbabnen Deutschlands und insbesondere auf denen des Ruhrbezirks sowie auf dem Rhein und dem Dortmund-Ems-Kanal seit 1885 bezw. 1900. Aus diesen geht hervor, daß die Einnahmen aus dem Koblenverkehr auf den Staatseisenbahnen der. vreußisch - hessishen Betriebsgemeinschaft von 3374 Millionen Mark im Rechnungsjahre 1906 07 auf 352 Millionen Mark im Etatsjahre 1907/08 gestiegen find. Von der Einnahme aus dem gesamten Güterverkehr der vereinigten preußischen und hessischen Staatsbahnen machten sie imNRechnungsjahre 1906/07 27,319%/0, im Etats- jahre 1907/08 27,18 9/6 aus, von deren Gesamteinnahme (ausschließ- lich von Pachtzinsen) 18,08 bezw. 18,03 %/o. Der Anteil des Koblenverkebhrs an dem Gesamtgüterverkehr auf den deutschen Eisenbahnen erhöhte sich von 414 auft 43 9%; ebenso. stieg der Anteil des Koblenversandes auf den Eisenbahnen des RNuhrbezirfks an dem Gesamtgüterverkehr dieses Bezirks. von 60,8 auf 63,7 9/0. An dem ge- samten Koblenverkehr im Deutshen Reih war der Ruhrbezirk im leßten Jahre mit 42,7 9/6 beteiligt.
Die durbscnittlihe Wagengestellung an 1 Arbeitstage war im letzten Jahre mit 22 772 um 396 Wagen größer als 1907; dies entspricht einem täglichen Mehrversand von annähernd 4000 t. Die höcbste arbeitstäalide Gestellung weist 1908 der Monat Februar mit 23 976 Wagen auf. Ueberhaupt hatte der Koblenverkehr im Rubhr- bezirk in den ersten 5 Monaten von 1908 einen größeren Umfang als im Vorjahr, während von Juni ab mit einigen Schwankungen die Gestellung geringer war als 1907 und im Dezember mit 21 291 Wagen den tiefsten Stand erreichte. Eine in dem genannten Jahresbericht gegebene Uebersicht über die Wagengestellung in den größeren Koblenbezirken Deutschlands läßt erkennen, daß mit Aus- nabme von Nieders(lesien die Gestellung in allen Bezirken größer war als im Vorjahr; im ganzen hat sie sich um rund 300 000 auf 13,7 Mill. Wagen erhöht. Im Gegensaßg zu Niederschlesien, dejjen Gestellung schon im Ho&bkonjunkturjahr 1907 die von 1906 niht wieder zu erreichen vermocht hat und im Berichtsjahre auf 399 000 Wagen zurückgegangen is, wurden im Nachbarbezirk Oberschlesien mit 27 Mill. Wagen rund 160 000 Wagen mehr als im Vorjahr, d. i. mehr als die Hälfte der Zunahme aller Bezirke, zugeführt. Die Gestellung des Ruhrbezirks ist dagegen mit 6,8 Mill. Wagen nur um rund 45 000 Wagen gestiegen ; sein verhältnismäßiger Anteil an der gesamten Wagengestellung ist daber auc gesunken, und zwar von 950,3 auf 49,6 9/6. Oberschlesien erhielt 18,4 9/9 der ganzen Gestellung gegen 17,7 9% im Jahre 1907, der Saarbezirk 7,8 9/9 und Niederschlesien 2,99%. Ueber den Umfang des Wagenmangels wird berichtet: Seit 1903 hat der Koblenbergbau, was den unge- hinderten Versand seiner Förderung betrifft, kein fo günstiges Jahr zu verzeihnen gehabt, wie das leßte. Die Zahl der nicht gestellten Wagen machte im Ruhrbezirk mit 5251 nur 0,23 9% der Anforderung aus, und noch günstiger war das Verhältnis in den übrigen Be- zirken: in Oberschlesien konnte die Anforderung ogar vollständig bes friedigt werden. l i) S S J
Der Gesamtgüterverkehr auf dem Rhein stellte sich 1907 auf 41x Mill. Tonnen; der Koblenverkebr war daran mit 17,8 Mill. Tonnen = 42,9 9/6 beteiligt. Von dem Gesamtgüterverkehr in den Duisburg-Nuhrorter Häfen in Höhe von 17,3 Mill. Tonnen entfielen 1908 10,3 Mill. Tonnen = 59,8 9/9 auf den Kohlenverkehr. Der Koblenverkehr in den Nheinhäfen Ruhrort, Duisburg und Hoch- feld bat wesentlih zugenommen. Die Koblenzufuhr auf der ECi]en- bahn is mit 11,05 Mill. Tonnen um fast 2 Mill. Tonnen größer gewesen als 1907 und übersteigt die bisher höchste Ziffer des Jahres 1903. Die Abfuhr zu Schiff hat dagegen die von 1903 nicht er- reicht; gegen 1907 ist sie um annähernd 15 Mill. Tonnen ge- stiegen. Mehr als 4 der abgefahrenen Menge von 10,7 Mill. Tonnen ging über die bolländishe Grenze. Der Cisenerzverkehr in den Nubrhäfen hat eine merkliche Abschwächung erfahren. Die Anfubr zu Schiff ist mit 2,1 Mill. Tonnen um 20,4 °/o, die Abfuhr durch die Eisenbahn mit 1,7 Mill. Tonnen um 8,9 9/9 zurückgegangen. Der Verkehr auf dem Dortmund-Ems-Kanal hat auch im ver- gangenen Jahre wieder einen erfreulichen Aufs{wung genommen und mit 2,3 Mill. Tonnen das vorjährige Ergebnis um rund 15 9% über- troffen. Der bewegte Schiffsraum erhöhte ih von 4,2 auf 4, Mill. Tonnen.
Zur Arbeiterbewegung.
Aus Elberfeld berichtet die „Köln. Ztg.“ : Eine vom Gewerk- verein der städtischen Arbeiter (Ortsgruppe Elberfeld) einberufene BYersammlung besprach die Frage der Verbesserung des jetzigen Lobn- tarifs. Es wurde ausgeführt, daß durch die Berteuerung mancher Lebenêmittel, die Verteuerung der Wohnungen usw. die Existenz möglihkeit der Arbeiter ]o erschwert fei, daß der eßige Lohntarif einer Verbesserung bedürfe. Die Gehälter der städti]cken Beamten und der Lehrer seien erhöht worden, die Arbeiter habe man aber nit bedacht. Beshlossen wurde, der Stadtverwaltung einen neuen Lobntarif vorzulegen, der fünf Lohnklassen vorsieht mil Löhnen von 2,50 A bis 6/20 14. Zudem soll beantragt werden, sobald wie möglich einen aus allen Betrieben zusammenge]eßzten Arbeiteraus\{uß einzuführen, zur Prüfung allgemeiner Wünsche un Beschwerden.
Wohlfahrtspslege.
Die Vermittlung von Lehrstellen durch die Breslauer Handwerkskammer. |
In den großen Kulturstaaten hat ein sehr beträchtlicher Teil de Grwerbstätigen den Beruf verfehlt. Würde es eine Statistik des Berufs- und Erwerbswechsels geben, so erlebte man eine ganz außerordentlihe Ueberraschung. Es würde sich dann zeigen, daß der Kampf um das Fortkommen, hier der Drang na höheren Zielen, dort die Not um das tägliche Brot, geren eine Umprägung der Erwerbstätigkeit vornimmt. Das
eben vershiebt bei dem einzelnen die ursprünglich abge- steckten Linien des erlernten Berufs ganz erheblich. So wird der Offizier oder auch der Ingenieur oder der Kaufmann mit besserer Bildung Journalist oder Maler, der Handwerker wird Kaufmann usw. Den Bätergesellen und Müller findet man vielfah als Arbeiter, den Uhrmacher als Knecht, den Handwerksgesellen als Briefträger wieder. Die Beispiele könnten, wie wohl kaum versichert zu werden braucht, unendlih vermehrt werden. Jeder Berufswechsel bedeutet nun aber in den meisten Erwerbszweigen im gewissen Sinne einen Verlust. Lange und harte Lhrjahre sind in manchen Erwerbszweigen sehr oft in der Hauptsache umsonst aufgewendet; in den böberen wissenschaftlichen und künstlerishen Berufen wird neben der langen Schulzeit und den Jahren des ursprünglichen Fachstudiums auch noch unendlich viel Geld ganz unnötig aufgewendet. Oft sind die besten Jahre des Lebens, die zur gründlichen Vorbereitung für den Kampf um das Fortkommen hätten dienen sollen, in ganz falscher Nichtung aufgebrauht. Das ist bitter; die spätere Cnttäuschung hâtte sich jedech in unzähligen Fällen vermeiden lassen, wenn bei der Beuteidrall Vorsicht geübt worden wäre. In ärmeren Volkskreisen ist man vielfa froh, den Jungen nah der Konfirmation vom Tische loszuwerden. Man will thn vielleiht niht gerade in die Fabrik geben und möchte ihn Handwerker werden lassen. Aber man prüft bei der Wabl des Berufs nicht vorsichtig, ob der Beruf in diesem besonderen Falle Aussichten bietet, um in ibm später ein wirtschaftlihes Aus- ommen zu finden. So werden heute viele junge Lute Bäcker, Fleischer, Uhrmacher usw. und bekanntlih auch Kaufleute, die niemals in diesen Berufen selbständig werden können und die vielfach, hon nachdem sie kaum ausgelernt haben, durch den starken Mitbewerb um offene Stellen gezwungen werden, sich auf einem anderen Wege ihr Brot zu suchen. Oft stellt sih au bereits während der Lehrzeit heraus, daß der Lehrling für den gewählten Beruf zu s{chwach oder fonst Förperlich und geistig nicht geeignet ist. Gerade in dieser Hinsicht wird von Eltern und Vormündern außerordentlich viel gesündigt. Ein Berufswechsel wird selten während der Lehrzeit vorgenommen, und oft wird ein verpfushter Mensch erzogen.
Gegen diesen Uebelstand will die Breslauer Handwerks- kammer eine Einrihtung schaffen, die größte Beachtung verdient. Sie ist mit Recht davon überzeugt, daß die vielfach in Veutschland bestehenden öffentlihen gemeinnüßigen Einrichtungen zur Vermitt- lung von Lehrstellen im Handwerk ihre Aufgabe nicht tief genug fassen. Gewöhnlich glauben sie, diese sei gelöst, wenn sie Lehr- herrn und Lehrling zusammenbringen. Das ist jedoh der leihteste Teil ihrer Pflicht. Sie sollen vielmehr \cchon vor der Schulentlassung des zukünftigen Lehrlings die an sie berantretenden Fälle gewissenhaft nah der individuellen Seite prüfen. Sie follen Eltern und Vormünder beeinflussen, daß nur ein Beruf gewählt wird, für den der Knabe nach den ganzen Verhältnissen paßt und. für den er auch die erforderlichen Gigenschaften mitbringt. Dies kann jedoch nur geschehen, wenn auch die Schule zu dieser Für- forge herangezogen wird. Auch auf diesem sozialen Gebiete müßen die Lehrer mitarbeiten. Ihnen muß genügender Einfluß auf die Vermittlung gewährt werden. Das ist eine neue und eine der wichtigsten Aufgaben, die von der Schule für das spätere Leben über- nommen. wird. Die Breslauer Handwerkskammer steht nun im Begriff, eine Stelle zur Vermittlung von Lehrlingen zu gründen, in der allen diesen Gesichtspunkten entscheidender Einfluß eingeräumt werden soll. Es wird jedenfalls eine vorbildliche Einrihtung werden, die überall Nachahmung finden sollte. Die deutschen Lehrer, die schon beute ein wihtiges Werkzeug unserer Sozialgeseßgebung geworden sind, werden auch hier ihre Mitarbeit sicher nit versagen.
Kunst und Wissenschaft.
Die physikalis{-mathematische Klasse der Königlichen Akademie der Wissenschaften hielt am 21. Oktober unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Waldeyer eine Sizung, in der Herr Warburg „Zur thermodynamishen Behandlung photo- chemischer Wirkungen“ las. Folgender Saß wird thermo- dynamish begründet: Die photochemishe Zerseßzung eines Gases muß aufbören, wenn die Konzentrationen der ZerseßungEprodukte bis zu thermischen Gleichgewichtskonzentrationen für die Temperatur der an- gewandten Strahlung fortgeschritten sind.
Fn der an demselben Tage unter dem Vorsiß ihres Sekretars Ferrn Vahlen abgehaltenen Sißung der philosophisch- historischen Klasse spra zunächst Herr Seler über „Historische Lieder der alten Mexikaner“. In der alten Bibliothek der Universität von Mexiko hat sich ein Manuskript erhalten, in dem 66 mexifanische Gesänge, die teils aus der vorspanischen Zeit, teils aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts stammen, ent- balten sind. Eine vollständige Ausgabe der Handschrift in auf phototypishem Wege hergestellter Faftsimilewieder- gabe ist im Jahre 1904 im Auftrage der merikanischen Negierung von Dr. Antonio Peñafiel besorgt worden. Der Vortragende über- reichte ein Exemplar dieser Ausgabe und besprach einige dieser Lieder, die ih auf geschihtlihe Vorgänge teils der alten Zeit, teils aus der Zeit der Eroberung beziehen. — Herr Erman legte einen Aufsaß des abwesenden Herrn Eduard Meyer vor: Der Diskus von Phaestos und die Philister auf Kreta. Der Verfasser weist na, daß unter den Hieroglyphenzeichen dieser kretensishen Inschrift ein menschlicher Kopf vorkommt, der eine Federkrone trägt. Eine folhe Federkrone ist aber im Mittelmeergebiet nur bei den Philistern und ihren Genossen bekannt, die nach israelitischer Angabe von Kaftor, vermutlich der Insel Kreta, herstammen follten. — Herr von Wilamowitz-Moellendorff legte eine Mitteilung des Dr. H. Wegehaupt in Hamburg vor: Die Entstehung des Corpus Planudeum von Plutarchs Moralia. Nicht nur in dem Kodex arif. 1671 und seiner nächsten Sipve, sondern in einer ganzen Anzahl anderer Handschriften läßt ih die Tätigkeit des Planudes für den Text der Moralia verfolgen; feine Aenderungen ind noch mehrfach als Eintragungen zweiter Hand kenntlich. Das wird an den Schriften 20 und 28 seiner Sammlung gezeigt. — Vor - gelegt wurde die als Handschrift gedruckte Bloaravbie Theodor Benfeys von M. Benfey; ferner Inscriptiones (Giraecae XII, 8: Inscriptiones insularum maris Thracici ed. C. Fridrih, und Inscriptiones Graecae XII, 5, Pars altera: Inscriptiones Teni ingulac et totius fasciculi indices ed. Fridericus Hiller de Gaertringen. Berolini 1909.
Die Galerie Eduard Schulte eröffnet am 30. d. M. ihre Novemberausstellung mit einer Darbietung von ganz besonderem Interesse: dem Lebenswerke Eduards von Gebhardt. — Zur Feier des 70. Geburtstags des Künstlers sind, mit Ausnahme der Wand- emälde, fast alle bedeutenden Werke des Meisters vereinigt worden, odaß die Ausstellung ein nahezu lückenloses Bild seines Werdeganges bietet. Etwa 100 zum Teil sehr umfangreiche Werke aus allen Schaffensperioden des Künstlers bilden die stattlihe Schau, die aus dem Besiß vieler öffentlichen und privaten Galcrien zu Chren des Meisters dargelichen wurden und nun sämtliche Hauptsäle der Galerie Schulte füllen. Außer dieser Sammlung sind noch neu ausgestellt Sammlungen und einzelne Werke von Sulius Bergmann- Karlsruhe, Arnold Böcklin {, Lucy du Bois-Reymond-Potsdam, Aenny Loewen- stein-Berlin, Dr. Müller-Kurzwelly-Berlin, Kurt Müller-Wolkenstein- Sebnitz, Max Uth-Berlin und anderen.
Technik.
Im Ar chitektenverein zu Berlin sprach am Montag, den 25. Oktober 1909, der Dr. Hermann Beck, Direktor des Inter- nationalen Instituts für Sozialbibliographie in Berlin, über „Die Schaffung einer Zentralstelle für technische Auskünfte“. Der Redner gab einleitend einen Ueberblick über die auf anderen Wissensgebieten bestehenden Auskunftsstellen und literarischen Hilfs-
Die deutsche Reichsregierung subventioniert zwei solcher inter- nationalen Ünternehmungen, die auch in Berlin Bureaus haben, das naturwissenschaftliche (Enkeplaß 3) mit jährlih 40000 Æ, das sozialwissenshaftlihe mit 15 000 4. Auf technishem Gebiete ist das im Vorjahre begründete Internationale Institut für TeGnd-BibliograpPie berufen, als Zentralstelle für technische Auskünfte zu wirken. Das Institut ermittelt mit Hilfe ausländischer Bureaus die gesamte neuerscheinende Weltliteratur, Bücher, Broschüren und Aufsätze aus über 1000 Fachzeitschriften. Ueber diese wöchentlich über 1000 Neuerscheinungen werden in 6 verschiedenen Zweiwochen- schriften, die auch in englischer und französisher Sprache erscheinen, von Fachmännérn kurze Berichte erstattet. In Deutschland allein teilen si 6 Redakteure mit 30 Mitarbeitern in diese ungeheure Arbeit. Das Institut vermittelt aber auch die Beschaffung dieser Literatur selbst, ferner
erteilt es technish-literarishe Auskünfte, beschafft technische Zeichnungen
und Bilder und liefert Zeitungsausschnitte auf technisch-industriellem Gebiet. Dem Institut ist neulich noch eine Zentralstelle für technische Auskünfte angeschlossen, die unter Mitwirkung von vielen Hundert Spezialisten \{wierige technishe Fragen aller Art be- antwortet. Die Auskunftstelle ist in der Art der Kreditauskunfteien eingerihtet. Sie gibt Scheckhefte für 25 4 aus, die 10 Anfrage- scheine enthalten. Nähere Mitteilungen über das Institnt versendet dessen Geschäftsstelle, Berlin W. 50, Spichernstraße 17.
Land- und Forftwirtschaft. Ernteergebnisse in Dänemark.
Der Kaiserliche Generalkonsul in Kopen hagen berichtet unterm 90. d. M.: Die diesjährige Ernte ist eine der langwierigsten gewesen, die Dänemark seit vielen Jahren erlebt hat. Noch jeßt steht auf einzelnen Feldern Korn draußen, und die vielen Regengüsse, welche in den lezten Wochen stattgefunden haben, werden bewirken, daß das Korn, welches nicht frühzeitig etngefahren ist, an Wert verloren hat, oder wertlos geworden ist.
Es ift unter diesen Umständen {wer anzugeben, wie die Ernte ausgefallen ist. Die darüber aus den einzelnen Landestieilen eingehenden Berichte lauten fehr verschiedenartig. An sich standen sowohl Roggen und Weizen wie auch Hafer und Gerste recht gut und das Korn, welches frühzeitig und vor dem Regen der leßten Wochen geborgen ift, dürfte auch einen guten Ertrag geben. Man wird im ganzen wobl kaum auf eine Mittelernte rechnen können, aber es hat fich früher bisweilen gezeigt, daß bei sc{lechtem Erntewetter der Ertrag \chließlih doch besser war, als man erwartet hatte.
Ernteergebnisse in den VereinigtenStaaten von Amerika.
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Der Kaiserlihe Konsul in St. Paul, Minnesota, berichtet unterm 12. d. M.: Nach dem Septemberberiht der Bundesregierung übertrifft die Ernte der Körnerfrühhte in den Vereinigten Staaten diejenige des Vorjahres um 58 529 000, die des Jahres 1907 - um 959 947 000 Bushels. Mais und Flachs haben fi weiter verschlechtert, dagegen hat sih die Schäßung der voraussichtlichhen Sommerweizen-, Hafer-, Gerste- und Roggenernte als zu gering herausgestellt. Näheres ergibt die nachfolgende Tabelle, worin die Mengen in Tausenden von Bushels angegeben sind.
907 1908 Aug. 1909 Sept. 1909
409 442 437 908 433 000 224 645 226 694 283 523 . 9592000 2668651 “2 602 000
754 443 807 156 878 000
[93 S1E 166 756 163 000 Noggen . 32 556 31 851 31 000 Flachs 24 000 25 805 26 561
Sofern die Schäßung si vollkommen
Winterweizen . Sommerweizen Mais
Hafer
Gerste
291 849 2 520 000 983 618 164 636 31 066 26 262 j g ih nicht als unzutreffend berausstellt, werden die Vereinigten Staaten über eine außerordent- lih große Weizenernte verfügen. Was besonders dabei auffällt, ist die Zunahme des Durchschnittsertrages vom Aker. Dies \cheint die Ansicht des Botanikers der landwirtschaftlichen Versuchsstation des Staates Nord-Dakota, wonach der Rückgang des Ertrages nicht sowohl auf die Weizenmüdigkeit des Bodens als auf das zeits weilige Auftreten eines Pilzparasiten zurückzuführen is, der Wurzel- fäule sowie Rost und Mehltau erzeugt, zu bestätigen. Freilich darf niht außer acht gelassen werden, daß in diesem Fahre nicht unbeträhtlihe Mengen Neuland, das si besonders für den Weizenbau eignete, mit dieser Frucht bestellt worden, und daß vor allem die Witterungsverbältnisse günstig gewesen sind: vielleicht haben auch die hohen Weizenpreise den Farmer veranlaßt, mehr Sorgfalt auf die Kultur zu verwenden als sonst. Beim Winterweizen steigt der Durchschnittsertrag vom Aer von 14,2 Bushels im Jahre 1908 beziehungsweise 14,6 im Jahre 1907 und 13,9 des zehnjährigen Durchschnitts auf 15,5 Bushel.
Beim Sommerweizen wird der Durchschnitts8ertrag auf 15,9 Bushels ges{chäßgt. Im Vorjahre betrug er 13,2 Bushels und im zehnjährigen Durchschnitt 13,5 Bushels. Die Qualität“ wird mit 90,5 gegen 882 v. H. im Jahre 1908 und 83,5 v. H. im zehn- jährigen Durchschnitt angegeben. Minnesota, nicht wie in all den lezten Jahren Nord-Dakota, nimmt in diesem Jahre die erste Stelle unter den Sommertweizen produzierenden Staaten ein, während Washington den höchsten Durchschnittsertrag mit 20,6 Bushels vom Acker, also 138 kg vom Ar aufzuweisen hat. Auch was die Qualität anlangt, übertrifft Minnesota mit 92 v. H. Nord-Dakota, wo die Qualität der Ernte nur auf 89, und Süd-Dakota, wo sie auf 88 v. H. geschägt wird. Andererseits steht Washington mit 94 v. H. vor Minnefota. — Bei Hafer wird die Ernte auf durch\hnittlich 30,4 Bushels (1908 25 Bushels, zehn- jähriger Durchschnitt 29,4 Bushels) vom Aer geschäßt. Die Qualität steht mit 9149/6 sowohl über dem Vorjahre (81,3 9/9) wie über dem zehnjährigen Durchschnitte. Die Aussichten der Mais ernte haben ih gegen den leßten Bericht allerdings nur um 0,8 v. H, ver- \hlehtert. Aber das Gesamtergebnis (73,8 v. H.) bleibt weit hinter dem zehnjährigen Durchschnitt (79,2 v. H.) zurück. Nach der Schätzun( der Regierung ist nur auf 2520 000 000 Bushels zu rechnen, ivo cheint Neigung zu bestehen, die von der Regierung angenommenen Verluste im Hinblick auf die größere Anbaufläche dieses Jahres für übertrieben zu halten. — Die Es der Flachsernte scheint zu niedrig zu sein. Die Witterungsverhältnisse sind nämlich der Flachs- saat günstig gewesen, und au das Erntewetter hat{nichts zu wünschen gelassen. Allerdings ist vielfach über Arbeitermangel geklagt worden. Das Fehlen von Arbeitskräften soll Verluste an der ausgereiften Frucht verschuldet haben.
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs- maßregeln.
Niederlande. Durch Königliche Verordnung vom 11. Oktober, veröffentlicht im „Niederländischen Staatscourant* vom 23. Oktober, Nr. 248, sind, wie in den leßten Jahren, die folgenden außerord entlihen Ma ß- nahmen zur Verhütung einiger ansteckender Krankheiten und zur Abwehr ihrer Ausbreitung und Folgen mit Gültig- feit für ein Jahr angeordnet worden :
Artikel 1.
Die Ein- und Durchfuhr und Beförderung von Lumpen, ge- brauchten Kleidungsstücken und ungewaschener Leib- [und Bettwäsche
sind verboten aus Lindern oder Orten, die durch unsere Minister
mittel, die Institute in Brüssel, Paris, London und Washington. .
Die Be- Tag vor dem „Niederländischen
des Innern und der Finanzen bezeihnet werden. zeihnungen werden jedesmal mindestens einen Inkrafttreten durch Veröffentlihung im Staatscourant“ zur allgemeinen Kenntnis gebraht. Unsere vorgenannten Minister sind befugt, die Bezeichnungen zu verändern, so oft die Umstände es gestatten oder nötig machen, sowie zu bestimmen, ob und inwieweit das durch Reisende mitgebrachte Gepäck unter das Verbot einbegriffen sein soll. Die Verfügungen über diese- Punkte werden gleichfalls im „Niederländishen Staats- courant“ veröffentlicht. i Artilel- 2,
Dient das Verbot zur Verhütung. der Einschleppung der Asiati- \{en Cholera oder der Pest, dann richten fich Unsere genannten Minister bei den Bekanntmachungen, betreffend die Ein- und Durch- fuhr aus Ländern, die der am 3. Dezember 1903 in Paris ab- geschlossenen und durch das Gesez vom 31. Dezember 1906 (Staats- blatt Nr. 370) genehmigten internationalen Sanitätsübereinkunft bei- getreten sind, nah den Bestimmungen dieser Uebereinkunft. Artikel 3.
¿Die gegenwärtige Verordnung, die während eines Jahres in Kraft bleibt, tritt in Wirkung am zweiten Tage nah dem Datum des Staatsblattes und des Staatscourants, in denen sie veröffentlicht worden ist. Unsere Minister des Innern und der Finanzen sind mit der Ausführung dieser Verordnung beauftragt, die im Staatsblatt und gleichzeitig im Staatscourant veröffentliht und von der Abschrift an den Staatsrat gesandt werden soll. (Vergl. „Reichsanzeiger“ vom 27. Oktober 1908, Nr. 254.) i;
_ Königsberg, 28. Oktober. (W. T. B.) In Andreischken (Kreis Niederung) und in Skirwiethell (Kreis Heydekrug) ist neuerdings je ein Fall von Cholera bakteriologis festgestellt worden.
Konstantinopel, 28. Oktober. (W. T. B.) An der Küste von Adalia, Wilajet Konia, sind zwei Pestfälle vorgekommen.
Verkehrêanstalten.
__ Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Archangelsk ist die Schiffahrt geschlossen worden.
Theater und Musik. Neues Theater.
Rudolf Herzog, dem beliebten Erzähler, gelüstet es nah den Lorbeer des Dramatikers ; hon einmal griff er vergebens danach, als er sein Renaissancedrama schrieb, und mit seinem Drama ¿Der leßte Kaiser", das gestern ebenfalls im Neuen Theater die hiesige Erstaufführung erlebte, tat er wiederum einen — und diesmal einen weit ärgeren — Feblgriff. Man vermutet zunächst in diesem wortreichen Zu- funftsmärchen ein Tendenzstück, denn der Verfasser seßt den Falll, die monarchishe Staatsform sei überall abgeschafft und bestehe nur noch in diesem einen Reiche, das dem Zuschauer vorgeführt wird. Hier {ißt der leite entartete Sproß eines kühnen Herrscherge]chlechts auf dem Thron und wird von der in Permanenz tagenden Volksvertretung gezwungen, abzudanken. In diesem Augenblick erscheint der alte Kaiser, “der vor Fahren zugunsten seines Sohnes von der Regierung zurückgetreten war, wieder auf dem Plan und ergreift noch cinmal das Steuer des gefährdeten Staats\chiffs. Kurzerhand läßt er eine Anzahl Volks= vertreter erschießen, obwohl ihm gemeldet wird, daß sein Sohn in der Hand der Revolutionäre sei und in demselben Augenblick fallen werde, in dem die Volksvertreter füsiliert werden. Aber diese blutigen Opfer fruhten nihts, die Truppen gehen ¿u den Aufrührern über und stürmen mit ihnen das Schloß; der alte Kaiser fällt und das Stück {ließt mit der Aussicht auf die Diktatur des Führers der Gegenpartei, des Volkstribunen, der sich später die Krone auf das Haupt setzen wird. Bewegt genug nimmt sich der er- zählte Inhalt des Dramas aus, in Wahrheit aber bekommt der Zu- börer nur Worte und immer wieder Worte zu hören, in deren Fülle mancher gute und kluge Gedanke untergeht, deren tiefere Bedeutung aber völlig unklar bleibt. Das dröhnende Pathos dieser Reden drohte sogar stellenweise ungewollt komische Wirkungen hervorzurufen ; doch gewann \{ließlich die Höflichkeit vor dem geahteten Nomandichter die Oberhand. Um die Darstellung machte sih vor allem Rudolf Werner als alter Kaiser verdient, aber er kämpfte sowohl als Herrscher wie als Darsteller auf verlorenem Posten und mit ihm die Damen Nabitow und Rentier, die Herren- Stoeckel, Schmidthäßler u. a. Schade um die aufgewandte Mühe und die gediegene Ausstattung, die der Direktor Dr. Schmieden dem Drama hatte zuteil werden lassen.
Konzerte.
Der jugendliche Violinkünstler Mischa Elman hat bisher die auf ihn geseßten Hoffnungen erfüllt. Seine außergewöhnlih weit fortgeschrittene Technik und der ihm eigene musifali\{e Sinn, ver- bunden mit blühendem Ton und lebendig gestaltender Vortragskunst, zeigten sih auch bei seinem Konzert am Montag im Blüthner- saal in erfreulicher Entwiéklung begriffen. Wenn ihm auch in dem A-Moll-Konzert von Dvokák nicht immer alles nah Wunsch gelang, so zeigte er in der darauf folgenden „Schottischen Phantasie“ von Sud, namentlich in seiner herrlihen Kantilene, ein hervorragendes Können. Den Schluß bildete Beethovens anspruchsvolles Konzert in D-Dur. Das Blüthner-Orchester bewährte sih wieder unter Ferdinand Neissers Leitung als begleitender Instrumentalkörper. Die zahl- reiche Zuhörerschaft dankte dem beliebten jungen Künstler enthusiastish für feine Darbietungen. — Die Mezzosopranistin Katarina Deyk, die gleichzeitig im Beethovensaal sang, nennt zwar eine umfang- reie Stimme ihr eigen; den Absichten der Sängerin will sih das Organ jedoch nicht immer erfolgreich fügen. Die Vortragskunst ist zudem meist auf Aeußerlichkeiten aufgebaut, die einem reinen Genuß hindernd im Wege stehen. — William R hatham, der sih an demselben Abend im Saal Bechstein hören ließ, verfügt zwar noch nicht über eine ausgereifte Gesangsfkunst, aber feine frishe Stimme, sein warmherziges Gefühl gewannen ihm sofort die Sympathien der Hörer. Der gesunde musikalishe Sinn, der in seinen Vorträgen lebte, ließ die fleinen Mängel seiner Gesangskunst fast vergessen.
Ein Liederabend, den Dr. Piet Deutsch am Dienstag im Saal Bechstein veranstaltet hatte, überzeugte von des Sängers ernstem fünstlerishen Streben. Obwohl ihm der bedeckte Klang des Organs und seine mangelnde Biegsamkeit hindernd im Wege stehen, erzielt der Künstler doch tiefere Wirkungen durch die ruhige Kraft des Gefühls, die in seinen Vorträgen zu verspüren ist. — Die bekannte Sängerin, Fräulein Marie Berg, gab, gleichfalls am Dienstag, im Klindworth-Scharwenkasaal cinen Liszt-Uederabend. Ihre in Höbe und Tiefe gleih ansprehende klare Sopranstimme sowie die empfindsame und ges{chmackvolle Vortragsweise \hufen ein gutes Ge- lingen, das nur durch ein niht ganz mühelos klingendes Piano bis- weilen etwas beeinträchtigt wurde. Die Klavierbegleitung führte Herr Friedrich Weigmann befriedigend durh. Der lebhafte Beifall war woblverdient. — Der „Verein zur Förderung der Kunst“ brachte an demselben Abend im Ch oralionsaal Kammermusik aus dem 17. und 18. Jahrhundert zu Gehör. Das Unternehmen bot mancherlei künstlerishe Anregungen, da die Violin- sonaten dieser alten deutshen und italienishen Meister durch Nudolf Melzer mit klarem Verständnis und auch technisch ge- \chickt wiedergegeben wurden. Am Klavier zeigte sich Lotte Kauf- mann nit nur als tüchtige Begleiterin, sondern au als beachtens- werte Solospielerin. Einige Menuette von A. Fischer gelangen sauber und formshön.
Zum hundertsten Geburtstag Frédéric Chopins ver- anstaltet der bekannte Hofpianist Raoul von Koczalski einen vier Klavierabende umfassenden Chopin-Zyklus, von denen der erste Abend am Mittwoch im Blüthnersaal vonstatten ging. Der vortragende Künstler, der sih rühmen darf, Karl Mikuli, einen Schüler Chopins, zum Lehrer gehabt zu haben, is längst als einer der begabtesten Chopinspieler hohgeshäßt. Der Geist und die Grazie der Chopinschen Muse können kaum gefälliger und formvollendeter wieder-