1869 / 12 p. 6 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

190

lungsorts, als bei dem Gerichte, bei welchem der Beklagte seinen persönlichen Gerichtsstand hat, erhoben werden. Auf Grund dieser Bestimmung, welche die Praxis nur gegen Jnländer für anwendbar bält, wurde bei einem preußischen Gerichte, als dem Gerichte des Qahlungsorts, cine Wechselklage gegen einen Angehörigen des König- reihs Sachsen erhoben. Die sächsischen Gerichte verweigerten jedoch die Tnsinuation der gerichtlichen Verfügungen, weil die Zuständigkeit . des preußischen Gerichts nach der zwischen Preußen und Sachsen be-

i 16. Oktober : i stehenden Konvention vom TT. Dagaber 1839 §. 30 nicht vorliege.

Gegen einen preußischen Unterthan wurde bei der Justiz-Kanzlei zu Shwerin, als dem Gericht des Zahlungsorts, auf Grund einer ähnlichen Se Mmung eine Wechselklage erhoben ; dieses Gericht lehnte aber die Einleitung der Verhandlungen über eine Klage wegen der Qualität des Beklagten als Nicht-Mecklenburger ab, da nicht vorlag daß etne im Julande (Mecklenburg) \ich aufhielt oder Vermö- gen hatte. y i 4.

10) Hinsichtlich der Gewährung der Rechtshülfe in Civil- prozessen innerhalb des Bundesgebietes besteht eine wichtige Meinungs- verschiedenheit. A j

Von dem Königlich preußischen Staatsministerium wird hervor- gehoben: in Anschung der Gewährung der Rechtshülfe, namentlich für die Vollstreckung der Urtheile in anderen Bundesstaaten sei nicht der Artikel 3, sondern Artikel 4 Ziff. 11 der Bundesverfassung entschei- dend; die bestehenden Landesgeseße und die mit mehreren Staaten abgeschlossenen Jurisdiktionsverträge seien zur Zeit ausreichend und ein dringendes Bedürfniß zum Erlaß eines Bundes-Spezialgesebes sei nicht hervorgetreten, die definitive Regelung werde der gemeinsamen Civilprozeß - Ordnung zu Überlassen sein. Ueber die von den preußi- schen Gerichtsbehörden befolgte Praxis is nur mitgetheilt, daß einige Gerichte im Bezirk des Appellationsgerihts Cassel die Vollziehung der Urtheile sämmtlicher norddeutschen Gerichte in Folge des Artikels 3 der Bundesverfassung für geboten erachten, daß dagegen andere Gerichte jenes Bezirks annehmen, durch den Artikel 3 sei das Verhältniß der Gerichte der verschiedenen Bundesstaaten nicht berührt, und deshalb die furhessishe Verordnung vom 25. April 1826, die von ausländi- \hen Behörden begehrte Rechtshülfe betreffend, noch A Anwendung u bringen, daß ferner der Ober-Profkurator von Elberfeld, der leßteren Auffassung über die Wirksamkeit des Artikels 3 beipflichtend, die Re- quijitionen und Vollstreckung von Urtheilen der Gerichte anderer Bundesstaaten, mit denen Preußen Jurisdiftionsverträge nicht abge- chlossen hat, abgelehnt hat. j /

Die Regierung des Königreichs Sachsen erklärt: hinsichtlich der Gewährung der Rechtshülfe beständen die früher abgeschlossenen Kon- ventionen auch jeßt noch unverändert in Kraft ; die Verweigerung der zwangsweisen Ausführung des Erkenntnisses des einem Bundesstaat angehörenden Gerichts Seitens des von ihm requirirten Gerichts eines andern Bundesstaats werde, falls die Konvention die Kompetenz des requirirenden Gerichts nicht anerkenne oder cine Konvention zwischen den beiden Bundesstaaten überhaupt nicht bestehe, dem Artikel 3 der Bundesverfassung nicht widerstreiten; denn auch der Einheimische würde die Exckution des von dem für den betreffenden Rechtsstreit ge- wählten auswärtigen Gericht gesprochenen verurtheilenden Erkennt- nisses unter den angegebenen Vorausseßungen von dem Gericht seines Heimathlandes nicht erlangen können.

Dem entgegen wird von dem Appellationsgerichte in Eisena ch und dem Kreisgerichte in Weimar die Ansicht vertreten, daß in Folge des Art. 3 der Bundesverfassung die Gerichte der sämmtlichen Bun- desstaaten hinsichtlich der Vollstreckung der Civilerkenntnisse sich gegen- seitig Rechtshülfe in vollem Umfange gewähren müssen. Beide Ge- richte sind jedoch der Meinung, daß das in mehreren Konventionen ancrkannte, dem Art. 3 nicht widersprechende Verbot der freiwilligen Unterwerfung eines Unterthans unter die Gerichtsbarkeit eines ande- ren Staats auch jeßt noch in Geltung sich befinde. Sodann sind diese Gerichte mit dem Kreisgerichte in Arnstadt dahin einverstanden, daß, falls in einem Bundesstaate die Angehörigen eines anderen Bun- desstaats bei Handhabung der Rechtspflege ungünstiger behandelt wer- den als die eigenen Staatsangehörigen, die Retorsion unstatthaft, viel- mar u Wege der Beschwerde bei der Bundesgewalt Abhülfe zu uchen sei.

11) Die wesentlich dem Gebiete des bürgerlihen Rechts ange- hörende Frage, ob der in Schwarzburg-Rudolstadt und einem Theile von Schwarzburg-Sonder8hausen geltende Territorialretrakt (Land- losung) durch Art. 3 der Bundesverfassung in Betreff der Bundesan- N außer Wirksamkeit getreten sci, wird von den Landesgerichten

ejaht.

II. Strafrecht. Der §. 29 des preußischen Strafgeseß- buchs vom 14. April 1851 bestimmt: geses

»Is}t derjenige, gegen welchen die Stellung unter Polizeiaufsicht zu erkennen sein würde, ein Ausländer, so ist gegen denselben, an- statt der Stellung unter Polizeiaufsiht, auf Landesverweisung zu erkennen. «

Die Frage, ob auf Grund dieser Vorschrift gegen Angehörige anderer Bundesstaaten auf Landesverweisung oder Stellung unter Eau t zu erkennen sei, ist bei vielen preußischen Gerichten zur

ntscheidung gekommen. Die meisten Gerichte haben erkannt, daß gegen Bundesangehörige nach Art. 3 der Bundesverfassung die Landes- verweisung unzulässig sei und Stellung unter Polizeiaufsiht einzu- treten habe. Diese Ansicht ist auch von den beiden höchsten Gerichts- höfen Preußens adoptirt , nämlich vom Ober-Tribunal in einem Er- fenntnisse vom 18, Juni 1868 (Justizministerial-Blatt S. 283) und vom Ober-Appellationsgerihte in einem Erkenntnisse vom 24. Juni 1868. Folgeweise ist auch die Nichtanwendbarkeit des §, 115 des preußischen Strafgeseßbuchs Über die Bestrafung der Ausländer, welche, nachdem sie des Landes verwiesen sind, ohne Erlaubniß zurückkehren,

auf Bundesangehörige in zwei Fällen, vom Stadtgerichte in Berlin, beziehungsweise vom Landgerichte in Saarbrücken, anerkannt worden,

Das preußische Staats-Ministerium hat erklärt: das in Preußen geltende Strafrecht stelle die Ausländer den Jnländern im Allgemeinen gleih; die im Vorstehenden angegebenen Ausnahmen seien in Be- ziehung auf die Angehörigen anderer Bundesstaaten durch die jeßt all- gemein befolgten Rechtssprüche der obersten Gerichtshöfe beseitigt, \o daß zu einem legislativen Einschreiten keine Vecanlassung vorliege; wenn hinsichtlich der Ausführung der von preußischen Gerichten er- fannten Polizeiaufsicht Verschiedenheiten einträten, weil dieselbe in anderen Bundesstaaten (z. B. Sachsen-Altenburg) nicht oder im minderen Maße bestehe, so werde die Beseitigung dieses an \ih ge- ringen Uebelstandes dem zu erlassenden gemeinsamen Strafgefeßbuch

vorzubehalten sein.

Das Strafrecht des Königreihs Sachsen kennt die Landesper- weisung nicht. Die dort der Polizeibehörde im Verwaltungswege zu- stehenden Ausweisungen stehen, wie die sächsische Regierung bemerkt, hier nicht in Frage. ; E

Das Großherzoglih mecklenburg - s{chw erin sche Ministerium des Jnnern hat die nah §. 12 der revidirten Landarbeitshaus - Ord- nung gegen die in dieser Anstalt detinirten Ausländer , deren Verkehr im Lande mit Gefahr für die öffentliche Sicherheit verbunden ist, von ihm zu verfügende polizeilihe LandesSverweisung gegen An- Ne anderer Bundesstaaten bisher eintreten lassen , weil diese Maßregel der Fremdenpolizei- angehöre, in deren Handhabung nach den bestehenden Landesgeseßen durch die Bundesverfassung Nichts geändert sei. Jedoch hält das Ministerium des Jnnern die Zulässig keit dieser Maßregel gegen Bundesangehörige für nicht zweifellos.

Das Appellationsgericht in Eisenach is mit mehreren wcima- risch en Kreisgerichten einverstanden, daß gegen Verbrecher, welche einem anderen Bundesstaate angehören, nicht die Landesverwweisung, sondern nur, wie gegen Inländer, Stellung unter Polizeiaufsiht verhängt werden könne. Das Appellationsgericht findet eine Bestätigung für diese Ansicht im §. 12. Abs. 1 des -Bundesgeseßes Über die Freizügig- feit vom 1. November 1867.

Die oldenburgischen Gerichte haben die Frage der Zulässigkeit der gerichtlichen Landesverweisung gegen Angehörige des Norddeutschen Bundes verschieden beurtheilt. Das Ober-Appellationgericht in Olden- burg hat neuerdings (d. h. vor Ende Juli 1868) entschieden, daß der Erkennung der Strafe der Landesverweisung in den Fällen, in welchen das Straf aefclbinG dieselbe zulasse, der Art. 3 der Bundesverfassung nicht entgegenstehe. Die früher bestandenen Zweifel hinsichtlich der polizeilichen Landesverweisung sind, wie das oNDenLurgiiÓa Staats- Ministerium bemerkt, durch die Bestimmungen der §§. 3 und 12 des Bundes-Freizügigkeitsgeseßes vom 1. November 1867 nunmehr beseitigt.

Das braunschweigi\sche Obergericht in Wolfenbüttel hat im Oktober 1867, in Uebereinstimmung mit dem dortigen Kreisgerichte, die Bestrafung eines aus dem Lande verwiesenen Bundesangehörigen wegen dessen Rückkehr in das Herzogthum für zulässig erklärt, davon ausgehend, daß Art. 3 der Bundesperfassung vorerst nur ein, zu #0- fortiger strafrechtlichen Anwendung noch nicht geeignetes, spezieller Be- stimmungen bedürftiges, allgemeines Prinzip enthalte, und daß einst- weilen noch das bestehende Recht anzuwenden sei,

Dagegen hat das Kreisgericht in Wolfenbüttel in einem Urtheile vom 1. September 1868 ausgesprochen, daß, nachdem das Bundes- geseß über die Freizügigkeit vom 1. November 1867 erschienen, die Landesverweisung gegen Angehörige des Norddeutschen Bundes un- Ra g gegen dieselben auf Stellung unter polizeiliche Aufsicht zu erkennen sci.

Dieser leßteren Ansicht ist auch das Untergericht in Lübe ck, und ebenso wird die Unzulässigkeit der Landesverweisung gegen Bundes- angehörige vom Ober-Landesgerichte von Anhalt anerkannt. Das Appellationsgericht von Meiningen hält dagegen die Landesverwei- sung gegen Bundesangehörige für statthaft. Dieselbe Ansicht befolgt das Obergericht zu Bremen.

111. Strafprozeß. 1) Es ist fraglich geworden, inwiefern die Untersuchungshaft gegen Bundesangehörige, als Ausländer, zulässig sei, wenn sie gegen Jnländer nicht gerechtfertigt wäre. :

Ueber die in Betreff dieser Frage von den preußischen Gerichten befolgte Praxis liegen folgende Nachrichten vor: 5 __ Ein Gericht im Bezirke des Appellationsgerichts Cassel verfügt in Untersuchungen gegen Personen, welche nicht preußische Unterthanen sind, in allen Fällen deren Verhaftung. Das Appellationsgericht in Naumburg hält die Verhängung der Haft gegen Angehörige des Norddeutschen Bundes, welche wegen Verbrechen oder Vergehen zur Untersuchung gezogen werden, nur unter denselben Vorausseßungen wie gegen preußische Unterthanen für zulässig; es is} ferner der Ansicht, daß die Verhaftung der Angehörigen anderer Bundesstaaten bei Uebertretungen der Steuergeseße und bei Polizeiübertretungen; welche in dem Heimathsstaate nicht bestraft werden würden; nicht ausgeschlossen sei. Ein Amtsgericht im Appellations- gerichtsbezirk Cassel hat von den einer Uebertretung beschuldigten Un- U des Großherzogthums Hessen die Bestellung einer Kaution gefordert.

__ Von dem preußischen Staatsministerium is erklärt worden: die preußische Gesebgebung stelle hinsichtlich der Verhaftung keinen Unterschied zwischen Inländern und Ausländern auf; ob die in den Geseßgebungen einzelner anderen Bundesstaaten enthaltene Vorschrift, daß die Eigenschaft eines Ausländers ein genügender Grund zur Ver- haftung sei, durch Artikel 3 der Bundesverfassung für Bundebangeh“ rige aufgehoben sei, erscheine zweifelhaft; bei Uebertretungen könne auch nah preußischem Strafrecht eine wirksame Verfolgung gegen den Uebertreter nicht stattfinden, sobald derselbe sich niht mehr in Preußen aufhalte; die Ansicht der Gerichte, welche in diesem Falle Kaution wegen der verwirkten Strafe von dem Uebertreter fordern oder den-

191

selben verhaften, sei daher nach allgemeinen Grundsäßen»des Straf- prozeßrechts gerechtfertigt. /

Die Strafprozeßordnung des Königreichs Sachsen kennt einen prinzipiellen Unterschied zwischen Jn- und Ausländern in Betreff der Verhängung der Untersuchungs8haft gleichfalls nicht.

Das Appellationsgericht in Eisenach (Weimar 2c.) und mehrere u dessen Bezirke gehörende Kreisgerichte nehmen an, daß die Eigen- haft eines einem anderen Bundesstaate Angehörigen, also eines Aus- änders im bisherigen Sinne, jeßt niht mehr ein Grund der Vor- frorans und Verhaftung des Angeklagten sei; jedoch werde voraus- ge evi! daß der betreffende andere Bundesstaat den gleichen Grundsaß anerkenne.

Die Ansicht des Appellationsgerichts von Meiningen geht da- din daß die Eigenschaft eines Ausländers, ohne Rücksiht auf das f undesindigenat, die Vorführung, beziehungsweise Verhaftung recht-

ertige.

Ebenso hält das Ober-Landesgericht von Anhalt die Verhaftung eines Nichtlandes8angehörigen, wenn derselbe im Landesgebiete betroffen wird, für statthaft. j i

Das Untergericht in Lübeck nimmt an, daß die Vorschrift der dortigen Strafprozeßordnung, wonach die Verhaftung eines als Aus- länder der Flucht verdächtigen Angeschuldigten zulässig ist, durch Art. 3 der Bundesverfassung nicht geändert sei.

2) Es sind die Fragen verschieden beantwortet, ob die Angehörigen eines Bundesstaates an die Gerichte eines anderen Bundesstaates wegen eines in dem Gebiete des leßteren verübten Verbrechens und Vergehens auszuliefern, ob das Strafurtheil des Gerichts eines Bun- desstaates auch in den anderen Bundesstaaten vollstreckbar , und ob die von einzelnen Bundesstaaten früher abgeschlossenen Konventionen über die in Strafsachen zu gewährende Nechtshülfe auch jeßt noch maßgebend seien.

Ueber die Praxis der preußischen Gerichte sind folgende Mit- theilungen gemacht worden.

Von den Appellationêgerichten Cassel und Naumburg, und vom Kammergericht in Berlin wird angenommen, die Konventionen seien auch jeßt noch in Geltung; die Auslieferung eines preußischen Unter- thanen an die Gerichte eines anderen Bundesstaates finde nicht statt, und die Vollstreckung der Strafurtheile solcher Gerichte gegen preu- Fische Unterthanen könne nur insoweit geschehen; als dieselbe nach jenen Verträgen zulässig sei. Das Appellationsgericht Wiesbaden ist dagegen der Ansicht, daß die Straferkenntnisse der Gekichte eines Bundesstaates in sämtlichen Bundesstaaten unbedingt zu voll- strecken seien. /

Von dem Ober - Prokurator zu Aachen is} die Requisition um Vollstreckung der von einem meiningenschen Gerichte erkannten Ge- fängnißstrafe gegen einen meiningenschen Unterthan, welcher sich zeit- weise im Bezirk des Landgerichts Aachen aufhielt, abgelehnt worden, weil auf diesen Fall nicht der Art. 3, sondern Art. 4 Ziffer 11 der Bundesverfassung yasse. i

Nach §. 39 Ziff. 1 der Strafprozeßordnung für die neuen Lan- desthcile Preußens vom 25. Juni 1867 i} der Gerichtsstand des ver- übten Verbrechens, wenn dasselbe im Auslande begangen is, bei demjenigen inländischen Gerichte begründet, welches dem Orte der That zunächst belegen ist. Das Kreisgericht in Hanau hält diese Vorschrift gegenüber andern Bundesstaaten noch für anwendbar, während andere Gerichte im Appellationsgerihts-Bezirk Cassel dieselbe in Folge des Art. 3 der Bundesverfassung als beseitigt ansehen.

Ueber die hiernach streitig gewordenen Fragen aus dem Gebiete des Strafprozeßrechts hat das preußische Staats-Ministerium sich dahin geäußert: die Bestrafung von Angehörigen anderer Bundes- staaten in Preußen und die Bestrafung von preußischen Unterthanen wegen der in anderen Bundesstaaten begangenen Verbrechen und Ver- gehen richte sih zunächst nah den Konventionen und in Ermangelung derselben nah den Vorschriften des §. 4 des preußischen Strafgeseß- buchs; die von einigen Gerichten im Bezirke des Appellationsgerichts Cassel aufgestellte Ansicht , daß der im _ §. 39 der Strafprozeßordnung vom 25, Juni 1867 bestimmte Gerichtsstand für im Auslande verübte strafbare Handlungen gegenüber anderen Bundesstaaten aufgehoben sei, könne nicht gebilligt werden; da diese Frage jedoch in den höheren Instanzen noch nicht entschieden sei, so liege zur Zeit zu einer legis- lativen Regelung keine Veranlassung vor; die Auslieferung preu- Fischer Unterthanen an die Gerichte anderer Staaten behufs strafrechtlicher Verfolgung finde grundsäßlih nicht statt; auch würden Strafurtheile, welche gegen preußische Unterthanen von einem nicht preußischen Gerichte erlassen seien, in Preußen nur auf Grund der bestehenden Kon- ventionen und nur dann vollstreckt, wenn der preußische Unterthan im Auslande ergriffen und gegen Kaution freigelassen oder nach der Dee von dort entflohen sei und wenn zugleich die Handlung, wegen derea die Strafe erkannt worden, auch nach preußischen Geseben mit Strafe bedroht und nicht blos gegen polizei- und finanzgesebliche aen gerichtet sei; abgesehen von den durch die Konventionen bestimmten Ausnahmen erkenne die preußische Gesebgebung (Y. 4 des Strafgeseßbuchs) das Recht nichtpreußischer Gerichte zur Bestrafung preußischer Unterthanen nicht an, also auch nit die Pslicht preußischer Gerichte, die von den ersteren gegen preußische Unterthanen gefällten Strafurtheile zu vollstrecken; andererseits sei die Mitwirkung der preu- ßischen Gerichte Behufs Vollstreckung der von Gerichten anderer Staaten egen ihre Unterthanen gefällten Urtheile gestattet; in diesen Grund- äßen sei durch den Art. 3 der Bundesverfassung eine Aenderung nicht eingetreten, denn dieser Artikel ordne lediglich die Gleichstellung der Unter- thanen der sämmtlichen Bundesstaaten in Beziehung auf den echts\{chuß und die Eer gund any berühre also nur diejenigen Vorschriften der Landesgeseße, welche gegen Ausländer nachtheiligere Bestimmungen als gegen Inländer festseße, und beziehe sih nicht auf „die Kompetenz der Gerichte und die Vollsireckung der gerichtlichen Strafurtheile.

__ Die Königlich \ächsi\che Regierung hat erklärt : die Vollstreckung nicht inländisher Strafurtheile fönne auf Grund des Art. 3 nit verlangt werden , da dieser Aktikel nur auf die Fälle zu beziehen ci, in denen es sich um die Verfolgung oder um den Schuß eines den Nichtlandesangehörigen für seine Person zustehenden Rechts in einem Bundesstaate handele, dem derselbe niht angehöre; die zwischen den einzelnen Bundesstaaten Se nenes onventionen über Ge- O gegenscitiger Rechtshülfe scien unverändert in Kraft ge- Das Appellationsgeriht von Meiñningen erachtet die Konven- tionen, welche eine Auslieferung nit gestatten oder beschränken, eben- falls für fortbéstehend.

Von dem Ober-Landesgerichte von Anhalt wird angenommen, daß an den bisher bestehenden Vorschriften über Gestellung von Un- terthanen vor nit einheimische Strafgerichte und über die Voll- streckung nit inländischer Strafurtheile zur Zeit nichts geändert sei. Ebenfo betrachtet das Untergeriht von Lübeck das frühere Recht hin- Ls der Rechtshülfe und der Auslieferung ale in Geltung ge-

Das Appellationsgeriht für Weimar in Eisenäch is dagegen

der auch von mehreren Untergerichten seines Bezirks festgehaltenen Ansicht, daß die Konventionen insoweit nicht mehr anwendbar seien, als sie die Gleichstellung der Angehörigen des Norddeutschen Bundes mit den Jnländern nicht durchführen, insbesondere als sie die Ge- stellung des Unterthanen des einen Bundesstaats vor das im einzel- nen Falle kompetente Gericht des andern Bundesstaates zur Unter- suchung und Strafverbüßung beschränken oder ganz ablehnen, es seien die Gerichte der verschiedenen Staaten des Norddeutschen Bundes nach Artikel 3 der Bundesverfassung verpflichtet, sih gegenseitig auf allen Gebieten der Rechtspflege die volle Rehtshülfe zu leisten. __ Von dem Staats-Ministerium von Sachsen-Coburg-Gotha ist der Erlaß eines Bundesgeseßes befürwortet, welches die Gewährung der Rechtshülfe im ganzen Bundesgebiete anordnet, so daß die in den Konventionten enthaltenen Beschränkungen dieses Grundsaßes beseitigt werden ; die Sistirung und Auslieferung der Bundesangehsrigen an jedes Gericht im Bundesgebiete und die Vollstreckung der Strafurtheile von allen Gerichten des Bundes8gebiets, in gleicher Weise wie seitens der Gerichte desselben Bundesstaates, erfolge.

Die Großherzoglich hessishe Negierung hat die Anfrage gestellt, ob ein Angehöriger des Norddeutschen Bundes, welcher in einem deut- hen, aber nicht zum Norddeutschen Bunde gehörenden Staate, z. B. in Baden delingquirt und in Hessen auf Requisition des badischen Ge- richts zur Haft gebracht werde; dem requirirenden Gerichte auf Grund des Bundesbeschlusses vom 3. April 1854 ohne vorgängige Einholung der Einwilligung des Heimathsstaates8 auszuliefern sei.

Verkehrs- Anstalten.

(Wes. Z.) Das Norddeutsche Lloyddampfschif| »Weser«, welches am 28. Dezember in New-York ankam, hatte eine sehr stür- mische Fahrt. Von der Naht vom 19. auf 20. Dezember bis zum 22. Déezernber Mittags herrschte cin starker Sturm aus Nordwest; is p 21, seinen Höhepunkt erreichte. Die Seen liefen ungewöhn- ih ho.

Hechingen, 13. Januar. Nach den »Hohenz. Bl.« wird die Er- öffnung der Hohenzollerbahn ers im nächsten Juni vor si gehen.

Friedberg, 10. Januar. (Darmst. Z.) Heute Morgen verun- glückte der Güterzug der Main - Weser Eisenbahn bei Ginnheim in Folge eines Achsenbruches. Drei Güterwagen wurden zerstört. Men- \chenleben sind keine zu beklagen. E

London, 14. Januar. Heute begann die Einschiffung des fran- zösisch-atlantischen Kabels auf den »Great Eastern«:

Bis gestern waren im Ganzen 971 Meilen angefertigt.

Telegraphische TWitterungsberiehte v. 15. Januar,

St. Bar. |Abw|Temp.|Abw by Ort. (P R v. M Wind. Memel .…..342,4|+5,5|— 1,2|+2,7/S0., stark. Königsberg |342,3;+5,2|— 2,1¡+71,8 S0., stark. Danzig 341,314, 1|— 0,7/+1,6 SO., stark. Cöslin ..|339,0/+3,s| 0,0 +3,0/80 , schwaech. Stettin …. ./339,6/+2,3|— 0,1/+2,8/080., mässig. Putbus... .1337,3|+26| 0,4+2,1!/S0., schwach. Berlin +2,4— 2,4|40,1/80., schwach. 1337,7[42,3/— 1,7 42,5 S., müssig. Ratibor .….!3322 +1,9|— 0,5 ¡19,0 S0., mässig, Breslau .…./334,4/+1,9 1 9/+2,0/8., sehwach. Torgau .…..1335,51+1,4|— 2,7, 0,1,S0., sehwach. Münster .…..1335,4|+0,5|— 1,2/—0,780., schwach. Cöln 335,7|+0,6 1,4 +1,4S80., schwach. Trier 331,4|—0,8'— 1,4—1,0|NO0., schwach, Flensburg *|339,0| |— 0,5 |S0., lebhaft. Brüssel. ...1335,4 0S0., mässig. Haparanda .|345,0 SW., schwach,- |bedeekt. Riga ......1343,9 SO., stark. bedeckt. Stockholm . [343,2 0S0., schwach. |bedeckt.?!) Sknudesnäs .|338.2 080., frisch. halb bedeckt.?) Gröningen .|337,4 080., schwach. [wenig bewölkt. 336,3 SS0., mässig. heiter. Hernösand . 1343.6 Windstille. bedeckt. Christians. . 337,5 Windstille. heiter, ruhig.

1) Gestern Abend Wind OSO. schwach, Schnee, am 14, Max, + 1,8, Min. + 0,2. ?) Gewöhnl., SSO, frisch,

emeine Himmelsansieci t, bedeckt. bedeckt. bedeckt. bedeckt. bedeekt. bewölkt. heiter. heiter. bedeckt. heiter, Reif. ganz heiter. [sternhell. zieml. heiter. bewölkt, Reif. bewölkt. bewölkt.

i U MIU U NANDAD

244°