1889 / 210 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 04 Sep 1889 18:00:01 GMT) scan diff

R IVWIC.

Aichtamlíliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 4. September. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute Vormittag einen längeren Vortrag des Unter-Staatssekretärs Grafen von Berchem ent- gegen und arbeiteten darauf noch längere Zeit mit dem Chef des Civilkabinets, Wirklihen Geheimen Rath Dr. von Lucanus.

Am Nachmittage beabsihtigen Se. Majestät, Sich zu Herrn von Benda nach Rudow zu begeben, um daselbst eine Hühnerjagd abzuhalten.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin besuhte gestern Nachmittag gegen 4!/2 Uhr in Begleitung der fünf kleinen Prinzen Jhre Königlihe Hoheit die Frau Prinzessin Friedrih Leopold in Glienicke und wurde später E Jhrer Königlichen Hoheit zum Neuen Palais zurück egleitet.

Der Kaiserlihe Gesandie in Brüssel, Wirkliche Geheime Rath von Alvensleben, hat einen ihm Aller- höchst bewilligten Urlaub angetreten. Während der Abwesen- heit desselben von seinem Posten fungirt der Legations-Rath Graf Metternich als Geschäftsträger.

Der General der Jnfanterie, Freiherr von Meer- sheidt-Hüllessem, kommandirender General des Garde- Corps, hat sich geftern in das Manöver-Gelände begeben, um den Divisions-Manövern beizuwohnen.

Der General-Lieutenant von Teihman und Logischen, Jnspecteur der 1. Fuß-Artillerie:Jnspektion ist in M Angelegenheit nach dem Schießplay bei Jüterbog abgereist.

S. M. Kreuzer-Korvette „Olga“, Kommandant Korvetten-Kapitän Freiherr von Erhardt, ist am 3. Sep- tember cr. in Plymouth angekommen und beabsihhtigt, am 4. September cr. die Reije nah Kiel fortzusezen.

R B R Coburg, 2. September. (Cob. Ztg.) Jhre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Philipp von Sachsen-Coburg-Gotha sind gestern von Schloß Oberhof hier eingetroffen.

Schwarzburg - Sondershausen. Sondershau})en, 2. September. (Schw.-Rud. Lds.- Ztg.) Se. Durchlaucht der Fürst Günther, Vater des regierenden Fürsten, welcher am 24. d. M. sein 88. Lebensjahr zurücklegen würde, ist \chwer erkrankt. Schon seit längerer Zeit haben die Kräfte des Hochbetagten in Besorgniß erregender Weise abgenommen; in den leßten Tagen zeigten sich Symptome der Wassersucht. Die Fürstlihe Familie hat heute in Gemeinschaft mit dem Sterbenden das heilige Abendmahl genommen.

Elsaß-Lothringen. Met, 3. September. (W. T. B.) Der Statthalter Fürst Hohenlohe vollzog heute Vor- mittag die Grundsteinlegung zu dem Neubau dex evangelischen Kapelle des eine halbe Stunde vor dem deutschen Thor zu Lesbordes gelegenen Rettungshauses „Fohannes- stift“ und kehrte mit dem Nachmittags-Schnellzuge nah Straßburg zurü.

Oefterreich-Ungarn. Wien, 3. September. (W. T. B.) Der Kaiser ist heute Vormittag mit dem Statthalter von Galizien, Grafen Badeni, in Jaroslau einge- troffen. Auf der Reise wurde derselbe in Krakau, Bochnia, Tarnow, Rzeszow überall feierlichst begrüßt. Fn Krakau wurde er durch den Statthalter, die Spißen der Behörden und die Geistlichkeit empfangen. Der Kaiser danfte für den Empfang und sagte, er besue Galizien gerne, weil er dort immer eines herzlihen Empfanges sicher sei. Der Kaiser fuhr durch die festlih ges{chmüdten Straßen von Jaroslau nah Pawlosiow, wo bis zum 6. September das Hauptquartier sein wird. Dort waren die oberste Geistlichkeit, die höheren Würden- träger, der Adel, sowie Abgeordnete zum Empfang versammelt. Der Landmarschall Graf Tarnows ki begrüßte im Namen des Landtages und des Adels den Kaiser mit einer Ansprache, in welcher er den Monarchen der unerschütterlihen Treuz beider Volfsstämme von Galizien versicherte. Wenn der Kaiser im Auslande eine solche Ehrerbietung und Begeiste- rung wachzufe, so müsse die Verehrung seiner Völker nur um so größer sein, insbesondere seien die Polen, welche dem Monarchen Alles verdankten, von Dank erfüllt. Der Kaiser betonte in seiner Antwort, daß er dem Wohl Galiziens, dessen Vertreter stets opferwillig für die Machtstellung des Reiches einständen, seine volle Sorgfalt widme.

Brünn, 2. September. (Prag. Abdbl.) Der mährishe Landesaus\chuß beschloß, den vom Landtage für die Frage der Aufnahme eines Landes-Anlehens eingesezten Beirath für die nähste Woche einzuberufen, um gemeinschaftlih mit dem Landesausshuß die Vorschläge festzustellen, welhe in der Anlehensfrage dem Landtage zu unterbreiten sind. Es handelt sich um ein Landes-Anlehen in der Höhe von 10 bis 12 Millionen Gulden. Der Zusammentritt des mährischen Landtages dürfte nah dem 3. Olktover erfolgen.

Budapest, 2. September. (Wien. Abdp.) Der neu- ernannte Minister für Kroatien und Slavonien, von Josi- povic, beabsihtigt, morgen die Leitung seines Ressorts zu übernehmen. Seit dem Tode des Ministers von Bedekovic hatte der Finanz-Minister Wekerle provisorisch das verwaiste Ressort verwaltet.

Fiume, 2. September. (Wien. Abdp.) Fürst Niko- laus von Montenegro ist mit dem Erbprinzen Danilo hier eingetroffen und hat die Reise an Bord der Yacht „Sibylle“ fortgeseßt.

Großbritannien und Jrland. London, 3. Sep- tember. (A. C.) Der Herzog von Cambridge ist gestern vom Kontinent nah London zurückgekehrt.

Das Kriegs-Ministerium hat beshlofssen, ein neues Fort zum Schuße der Themse- und Meadway- Einfahrt bei Sheerneß zu bauen. Das Fort soll mit zwei 10zölligen, 30 Tonnen {weren Kanonen und zwei 6zölligen, 5 Tonnen schweren Geschüßen ausgerüstet werden.

Durh das Anerbieten der einheimishen indischen Fürsten, bei der Grenzvertheidigung mitzuwirken, wird das indishe Heer um 27000 Mann Jnfanterie und

Md 500 Kameele zählendes Transport - Corps verstärkt roerden.

_— Ueber den weiteren Verlauf der Strike-Bewegung berihtet die „Allg. Corr.“:

Gestern, zum ersten Male seit dem Beginn des Ausstandes, hielten die strikenden Dockarbeiter keinen Umzug, sondern be- shâftigten fi tamit, mit SammelbüGsen von Haus zu Haus zu geben und vor den Dos zu „picketiren“, d. h. zu verhindern, daß die Dodtgesellshaflen Arbeiter werben. Da Iohn Burns bei der Kund- gebung im Hyde Park am Sonntag geäußert hatte, daß die Docks von „blacklegs“ gesäubert werden müßten, wandten sich die Direktoren der Dodtchgesells{©aften an dén Polizei-Präsidenten sowie an den Minister des Innern um den nöthigen Schvß. G-stern Abend hieß es in der City, daß 800 ftrikende Hafenarbeiter in die Albert-Dock eingedrungen seicn und die dort beschäftigten Arkeiter gezwungen kEätten, die Ärbeit einzustellen. Es sei jedod fein Schaden angerihtet worden. Mehreren Vertretern der Presse gegenüber äußerten die Direktoren, doß sie fest entschlossen seien, den Forderungen der Strikenden nicht nahzugeben. Sie crklärter auch, daß fie mit Burns und Tillett nicht weiter unterhandeln wollten, dagegen bereit scien, irgend einen ihrer früheren Angestellten als Wortführer seiner Kameraden zu empfangen. Nathmittags cmpfingen die Direktoren eine Abordnung von Schiffseignern unter der Führung Sir Donald Currie's, welche an die Direktoren d28 An- finnen stellte, den Londoner Schiffseignern zu gestatten, Arbeiter auf eigene Faust Behufs Ausladung und Befrachtung ihrer Schiffe zu engagiren, aber gleihzeitiz der Dockgesellshaft ihre üblichen Gebühren zu entrichten. Die Direktoren behielten sich ihre Entscheidung für heute (Dienstag) vor. DieWerftbesitzer hielten gestern eine Ver’ammlung, in welcher einstimmig nachstehende Resolution gefaßt wurde: „Da die Dos ibre Bereitwilligkeit erklärt haben, anstatt der Kontrakt- arbei1 die Stückarbeit einzuführen und den Minimallohn von zwei Schillingen zu zahlen, sowie ferner alle Besc&werden ibrer Angestellten zu erwägen, so ist die Versam:rlung der Ansicht, daß die Bedingungen von den Arbeitern angenommen we!den sollten.“ An diesem Beschluß ist die Mehrheit der Londoner Werftbesißer betbeiligt, sodaz von einer Meinungsverschiedenheit zwischen den Dockgesellshaften und den Werftbesißern niht länger die Nede sein kann. Unter den Arbeitern bertsht Unscchlüssigkeit, und viele würden die Arbeit zu den Bedingurgen der Dock-Direktoren sofort wieder auf- nehmen, wenn sie nit fürchteten, daran verhindert zu werden. Die Lichterschiffarbeiter find ebenfalls geneigt, die Arbeit wicder auf- zunehmen, da die Aussicht auf Erlangung höherer Arbeit:löbhue boff- nungelos ift. :

Der Queenéland: Postdampfer „Merkara* licf am Sonntag in Plymouth ein und sdiffte daselbst Post und Fahr- gâste aus, Die Letzteren wurden mit der Eisenbahn nah London befördert. Wahrscheinlih) wird die Ladung des S{iffe3 in Plymouth

gelöst und dort neue eingenommen werden. Der Dampfer „India“ von der British India Gesellschaft, eler am Donnerstag in London eintraf, wird nach Plymouth zum Löschen zurückfahren. Der Dampfer „Liguria“ von derselben Gesellschaft nimmt {on daselbst Ladung und Koblen ein.

Der Ausstand unter den Ablegern und Bogenfängern in den Londener Druckereien dauert nicht allein fort, fondern gewinnt an Umfang. Die Arbeiter bestehen auf einem Wocenlohn ven 20 Swillirgen und 6 Pence pro Stunde für Ueberzeit, Der Auëschuß der Schneidergebülfen im Osten Londons bes@{@lcß gestern, cinen allgemeinen Strike eintreten zu lassen, der haupt- \äblih gegen das „Schweißsystem“ cerichtet ist. Es feiecn bercits 10000 Swneider, und in wenigen Tagen dürfte idre Zah! um das Doppelte gewachsen sein. Die Tagelöhner im Dienste der Unternehmer, wel§e die neue Strecke der Südwest-Eisenbahn zwischen Westminster Bridge-road und Wantswortl-road kauen, strikten gestern Behufs Erzielung eines Lobnes von 6 Pence pro Stunde; gegen- wärtig erhalten sie nur öt Pence. Dem Beispiel der Londoner Dotdarbeiter folgend, haben auch die Werftarbeiter in Chatham und Rocbester Vehufs Erlangung höherer Lohne einen Ausstand begonnen.

Die Angestellten der North Eastern-E isenbahn veran- stalteten vorgestern cine Kundgebung in Darlington, Ver- treter von Tyneside, Stockion, Middlesborough, Sunderland urd anderen Orten waren crsc&tienen, Dec Zwcck der Versamm- lung war, üter die Einfübrurg cines zebnstündigen Arbeité- tagcs, Sonderbezahlung für Ueberzeit und Sonntagsarbeit zu berathen. Es wurde beschlossen, daß die Angestellten nur mit den Direktoren verhandeln sollten. Sellten die Leuteren die Forderungen niht bewilligen, so wird namertlih abgestimmt werdez, ob ein Strike zu beginnen ist. s . _

Jm „W. T. B.“ sind ferner folgende Telegramme über den Dock-Arbeiter-Aus stand eingegangen:

London, 3 September. Die Direktoren der Dodck- gesellshaften lehnten beute die von den Rhedern gestern gestellten Forderungen ab, bcrsprahen jedo, die Mözüchkeit einer Vereinbarung sofort in Erwägung zu ziehen. Die Zahl der Strikenden beläuft sih jeßt auf ungefähr 180070, Vcr Führer der Sirikender, Burns, erklärte, daß wenn die Rheder ihre Schiffe nah Southampton senden sollten, un dort L:dungen einzunehmen oder zu lôs{hen, er dorthin gehen würde, um den Sirike zu pro- flamiren. Yus den Kolonien ist den Strikenden cine Summe von 3900 Pfd. Sterl. zugezangen

Liverpool, 3. September. Untec den biesigen Arbeitern ift ebenfalls der Strike autgebrohen. Die Schiffe mit Getreide und Mehl-Ladungen sind außer Stande, die Ladungen zu lösen, Heute Vormittag verhinderte cine etwa 200 Mann zähiente Schaar strikender Arbeiter géralisam die Löschung von zwei Schiffen.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 3. September. (W. T. B.) Die Herzogin von Edinburg ist heute in Peterhof eingetroffen.

Ftalien. Venedig, 3. September. (W. T. B.) Der „Tempo“ veröffentliht ein Schreiben Menelik's, welches der Chef der Shoa-Kommission, Maconnen, heute empfing und welches die Veldung enthält, daß Menelik als König N o prens von allen Ländern, ausgenommen einen kleinen Theil von Tigre, welhen man aber Ende September unterwerfen werde, anerkannt worden sei; alsdann soll die offizielle Krönung Menelik's erfolgen. Dem Schreiben ist noch hin- zugefügt, daß Wenelik bei Debra-Tabor eine Zusammen- kunft mit dem König von Gogiam gehabt habe, dessen Herrschaft er bestätigte. Die Unterredung wäre sehr herzlich gewesen, und der König von Gogiam hätte sh nah vier- tägigem Aufenthalt daselbst in das Land der Gallas begeben.

Serbien. Belgrad, 3. September. (W. T. B.) Wie verlautet, hat anläßlih der jüngsten Rüstungsgerüchte ein Austaush friedliher Versiherungen zwischen Serbien und Bulgarien stattgefunden. Der \serbische Agent in Sofia Gries Stambulof, daß Serbien den Standpunkt freundschaftliher Solidarität zu allen Balkan- staaten annehme. ,

Dänemark. Kopenhagen, 3. September. (W. T. B.) Der Königliche Dampfer „Danebrog“ ist heute Abend nach Travemünde abgesegelt, um die Herzogin von Cumber- land abzuholen, welche dort am Mittwoch Abend eintrifft und hier am Donnerstag Nachmittag erwartet wird.

Kavallerie, 16 Kanonen, 2 Maximgeschüße und ein 1000 Ponies

Zeitungsstimmen.

Natträglich bringen wir noch die Aeußerung der „Landes - zeitung für Elsaß-Lothringen“ zum 2. September:

„Der 2. September ift für Deutschland ein nationaler Gedenktag. Kein lautes Siegesfes begeht das deutshe Volk an diesem Tage, sondern ein Fest das Gedächtnisses daran. daß die deutshen Fürsten und Stämme, unüberwindlih \tark tur ihre Einigkeit, groß und glänzend Das erringen konnten, was Generationen vergeblih ersehrt und erstrebt batten.

Und mit dem Gedächtriß an diefe gewaltige Zeit eint sh das Gelöbniß, in dieser Einigkcit treu und fest zu beharren, treu und feft zu stehen zu Kaiser und Rei. 2 ;

Wie der 2, September vom deuts{Wen Volke, ohne Selbji- überbebung, in ernster Selbstprüfurg als der Tag der Grundstein- legung des Deutschen Reichs gefeiert wird, des Reiches, welche3 den Mittelpunkt bildet jenes aroßen Bundes, der Europa den Frieden sichert: so hat diescr Gedenktag fr keine Nation, für kein Land etwas Herausforderndes oder Verletendes, und Alle, denen der Friede und die Wokblfahrt ibres Landes, des Reiches und Europas am Herzen E die Feter dieses Tages mit sympathishem Verständniß egleiten.“

Zu dem Artikel der „Pall Mall Gazette“ über die Strike- bewegung in London (siche Nr. 207 des „R. u. St.-A.“) bemerkt das „Chemnißer Tageblatt“:

„Au in Engeland scheint die Erkenntniß allmähliG zum Durch- bru ¿u gelangen, daß cin starkes Königthum der einzige Faktor ift, der die bohgebenden Wogen des Klafsenkampfes zu besänftigen den Widerstreit der Interessen in gesunder Weise zu lösen und die Arbeiter - bewegung in einem sicher gewahrten Bett zu halten vermag, daß einc starke Monarchie aegen Umfturzbestrebungen den festesten und zuver- lâssiafen Damm bildet. Ein starkes Königtbum ift aber nur ein solches, welhes in Wirklichkeit die Herrschaft ausübt und nit bloß den ornamen- talen Schinuck eines varlamcntarishen Verfassungsgebäudes bildet. Das wahre und cchte Königthum ift dasjenige, weldes den tragenden Pfeiler cines in organisher Entwikelung entstandenen Staatëgebäudes bildet und, in entscheidenden Momenten den Ausschlag zu geben, befähizt und allein berufen ist. Ein solches Königthum ist das deuts@e. Wohl unserem Volke, daß es die Zeiten glücklich überwunden bat, wo politisbe Ideologen in der Nahabmung erglisher Staats- einridtungen das Heil erblicktea und in jedem Duodezfürstenthum eine Parodie der englishen Verfassurg aufzuführen bemüht waren. Dem deuts@en Volke ift fein Getheiltsein in viele Stimme, die unter eberso vielen wirklih regierenden Fürsten steben, mit einem Kaiser über Allen, der den Frieden im Innern wahrt und des Meiches Einigkeit naŸH außen vertritt natürli; weil aus seinem (harakter und seiner Verbältnissen hervorgegangen. Dank deshalb einem aütigen Ges@ick, welches in dem reuen Deutschen Reiche und seiner Verfassung unser Volk nah vielen im Laufe einer zweitausend- jährigen GesWichte cemahten Versuen endli die naturgemäßen Grundlagen cines den Bedingungen seines Daseins entsvrehenden staatlicen Organismus bat finden lassen, der die Bürgscaften dauernden Bestandes und eines gesunden Fortschritts zu wahrer Frei- heit, Wohlfahrt und Gesittung in si trägt. Fort darum mit allen Bestrebungen, die an Stelle des starken deutshen Königthums, das als ein Hort des Friedens 1nd cia Hort des Nets und ein starker Rôcher jedes Frevelmuths dasteht, cin von weGselnden Majoritäten abhängiges varlamentarisches Regiment setzen wollen.“

____JIn einem Artikel der „Deutschen volk®wirth- fchastlihen Correspondenz“ über die Beziehungen des deutschen Handels zu den Swiffahrtseverhält- nissen in den italienischen Häfen heißt es:

„Dadurch, daf Italien vermittelst der Gotthartbakn und dann dur das regelmäßiz2ec Arlaufen sowohl der deutscken fubventionirten Postdampfer, wie anderec Uebersecelirten nach Ost-Asien und Australien in Genua in eine wesentli nähere HandelSsverbintung zu Deutshland getreten ift, baben die italienifchen Schifahrtsverhältnisse und Hafen- einridtungen eine crheblich böbere Bedeutung als früber für die deutschen Ausfuhrktestrebungen aewonnen. Wexn nun aub die Eisen- bahntarife aus Deutschland nach Italien immer no& verhältnißmäßig bobe sind, namentli im Vergleich zu der billigen Wafsserfracht, so ist doch die Zeitersparniß, wel®e dur eine Eisenbahnversendung aus unseren Industriecentren nach den italicnischen Häfen gewonnen wird, wohl in Anschlag zu bringen gegenüber dem Zeitverlust, ter dur die Um- ïciffung West-Europas entsteht. Auf Grund dessen bat namentli Genua als Eirschiffungéplaß von Personen und Gütern aus Deutsch- land nad dem Orient, Ost-Aäen, Aufiralien, Afrika bedeutend ge: wonnen; voraussihtli® wird f dies - in Zukunft aber immer mehr geltend machen, sodaß es nüßli criceint, sich die Schiffsbewegung in den italieaisden Häfen überhaupt und Deuts@lands Betheiligung an derselben im Besonderen einmal genazrer zu vergegenwärtigen, . ..

Besitzt die italienisbe Flag„e felbstverständlih den größten An- theil an dem Swiffêverkehr in den Häfen Italiens, so stehen dech auch die fremden Flaggen in einem sebr regen Verkehr mit diesen Häfen; die diesbezüglihe Betheiligung stieg von 18 478 Swifen mit 6 156 842 Neg.-Tonnen im Jahre 1871 auf 21534 Swtiffe mit 16 422 831 Reg.-Tonnen im Jahre 1887.

In dén zehn Jahren 1878—87 hat G nun die Anzahl der in den italienishen Häfen verkebreaden deutshen Schiffe, äbhnlih wie diejenige der britischen. verdoppelt; der crfteren Tonnengehalt stieg Fierbei aber auf das Fünfsahe. Im Jahre 1878 waren nämli von deutshen Schiffen in den italienisck:en Häfen ein- und ausgelaufen 522 Schiffe mit 281 608 Reg.-Tonnen, 1887 dagegen 1030 Schiffe mit 1028 199 Tonnen.

Genua ftebt allen andercn Hafenpiäßen weit voran; hat fein Stiffsverkehr in den legten 10 Jahren um 1400 Swife zugenommen und decen Tonnengehalt sid verdeppelt, fo trat im Iabre 1888 eine weitere Vermehrung der Schiffe um 358, also auf 11652, und des Raumgehbalts um d1 945 t, also auf 5 998 904 Reg.-T. ein. Nächst der italienishen Nationalität wzr am fstärkilen vertreten die britishe mit 1900 Schiffen und 2097 404 t, dann die fran- zofisde mit 529 Schiffen und 501 843 t, dann die deutsHe mit 182 SHiffen und 316 953 t. Nicht nur daß Deutschland hierbei seit Jahren den vierten Rang behauptet hat, war auch sein Fortschritt der britischen und französishen Swhiffahrtsbetheiligung gegenüber sebr bedeutend. Seit dem Jahre 1880, wo die deutshe Sttffahrt mit 115 Fahrzeugen von 79 930 Reg.-T. an Genuas Scbiffahrtéverkebr Theil nahm, kat si diesclbe im Tounengehalt vervierfz&t. Es darf wohl erwartet werden, taß dieser Aufs{wung bei dcr allgemeinen Anerkennung. welche tie Leistungsfähigkeit der deutswhen Stiffabrt in den italienishen Gewäßern findet, h noch weiter entwickeln werde,

Statistik und Volkswirthschaft.

Die Ein- und Ausfuhr von lebendem Vieh war, nach den im Juliheft des Jahrgangs 1889 der Monatzbefte zur Statistik des Deutschen Reichs enthaltenen Nachweisungen in der Zeit vom 1. Januar bis Eade Juli 1889, folgende: Eingeführt wurden von Rindvieh 88 165, Borstenvieh (eins{l, der Spanferkel) 197 163, Schafvieh 797 Stücck, im Vergleich zu dem entsprechenden Zeitraum des Vorjahres 11 082 Stück Rindvieh und 50661 Stü Borstenvich mebr, 2837 Stück Schafvieh weniger. Ausgeführt wurden dagegen 12912 Stück Rindvich, 16 499 Stück Borstenvieb und 498 230 Stückt Scafviehß, gegen den entsprechenden Zeitraum des Vorjahres 73 803 bezw. 273 177 urd 310051 Stück weniger.

Die Zunahme der Einfuhr von Rindvieh beruht zum großen Theil auf einer vermehrten Einfuhr von Zuchtvich aus den Niederlanden und der Schweiz. Bei ter Einfuhr vonScchweinen ist die Zunahme der Einfuhr aus den Niederlanden bemerkens- werth (20171 Stü gegen 13 302 Stüdck). Diese Einfuhr erseßt

zum Theil die frühere Einfuhr ron Schweinen aus Dänemark, Der

üudckgang der Ausfuhr von lebendem Schaf- und E ted ist im Wesentlihen durch die Maßregeln, welche Großbritannien, Belgien und Frankrei zur Verbinderung der Einschleppung von Seuchen ergriffen haben, hervorgerufen. Dagegen beruht die Abnahme der Ausfuhr von Schweinen im Wesentlicken darauf, daß Hamburg und Bremen seit 15. Oktober 1888 dem Zollgebiet angeschlc}sen sind, eine Ausfubr dahin also nit mehr nabgewiesen wird. Aus der Statistik der Schweine-Ausfubr für die Zeit vcm 1. Januar bis Ende Juli 1888 nah den Ländern der Bestimmung ergiebt sich nämli, daß von der für diefen Zeit- raum nachgewiesenen Auéfuhr von Schweinen im Betrage von 270 297 Stüd allein na% den früberen Zollauëssblüfen Hamburg und Bremen 244 234 bezw. 9848 Stück auétgeführt worden waren. Der Avsfall in der Auëfubr von lebendem Vieh findet im übrigen meér oder minder dur die Zunahme der Ausfuhr von Fleis und ges@lachtetem Vieh eine Ausgleichung, wie sich aus dem Verglei der Statistiken ter Fleisbautfuhr für die Zeit vom 1. Januar bis Exnde Juli 1888 und 1889 entnebmen läßt. In dem bezüglien Zeitraum des Jabres 1888 betrug nämlich diese Ausfubr 70 728 D.-Ctr. Darunter befanden sich aber 45 173 D.-Ctr. Fleis, welche nah Hamburg, Brumen und den übrigen Zoll- aus'dlüsfsen an der Weser (Bremerhaven, Geeftemünde, Brake) aufgeführt und in der Hauptsae für den Konsum da- selbst bestimmt waren. UngeaGtet nun der betreffende Theil dieses Verkehrs seit dem Zollans{luß der bezeihneten Städte und Landzebiete in den Nachweisungen über die Waarenausfuhr des deutshen Zollgebiets niht mehr erscheint, beträgt doch die Auëfuör von Fleis und ges{hlabte:em Vieh in der Zeit vom 1, Januar Lis Ente Juli 1889 zusammen 94816 D.-Ctr., also 24088 D.-Citr. mekr als in dem entsprehenden Zeitraum des Vorjahres. Von dieser Axsfuhr gingen 41 4€5 D.-Ctr. (in der Hauptsache halbe Schweine {Seiten] aus den kamburgisœen Schwcine-Exrportichläcbtereien) nah Großbritannien und 29 136 D.-Ctr. (if der Hauptsacte ges(lactete Hanmel) nach Frankreich.

Das Hausirerwesen. Die Handeltkammer von Zittau klagt in ihrem Bericht von

1888 über das Ucberhandnehmen des Hausirerthums, indem sies

{reit : „Es kann niht daran gedacht werden, das Hausirwesen gänzli beseitigen zu wollen; stellt do auch der Katmnmerbezirk felbst eine niht unbedeutende Anzahl von Hausirern. Es muß aber als eire ebenso bedauerlice als bekämpfenswerthe Thatsache an- geseben werden, daß dem Hausirerthum sh mehr und mebr Elemente zuwenden, welche, nur um auf bequeme und leiw1e Weise ibren Lkenéunterhalt ¡u. verdienen, in gewissenlosec Weise die Leicht- gläubigfeit und Unkenntniß des Publikums ausbeuten. Es twerden au von den Hausirern Artikel feilgeboten, für welche diese Ver- triebsart kein Ecforderniß ist, Die Kammer betheiligt sich mit dem deutschen Bewerbekammertage an der Ergröndung der S&ritte, welche getban werden können, um der unglücklihen Entwwickelung des Hausir- wesens Einhalt zu thun.“

Kunft und Wissenschaft.

In den unteren Sälen seiner „Anstalt für Perspektive® in Charlottenbura (Luiseaplaß 2, neven dem Köuiglilen Slo}se) hat der Ingenieur Weeser-Krell gegenwärtig eine Ausstellung versciedener seiner Arbeiten veranstaltet, Darunter befindet sch auch die von ihm aufaenommene große Ansicht der Peterskirchec mitdem Vatikan in Rio'm, welche in ter vorjährigen Kunstausstellung Auf- schen mahte und von uns eingebend besprochen wurde. Die Aus- stellung ist täglidz von 10—6 Uhr geöffnet. Photographien nah dem Bilde der Peterskirbe und des Vatikans sind in Größen von 152 cm bis 115 cm Bildfläcte Länge in der Kunsthandlung von Améêler uv. Ruthardt bierselbst ausgestellt und fäuflih zu baken.

Der ordentliche Professor Dr. Heinrich Thorbedcke an der Universität Halle ist zum ordentlihen Professor der orientalischen Sprachen an der Universität Heidelberg ernanut worden.

Im Akademiepalast zu Brüssel wird am 10. d. M. der internationale astronomische Kongreß durch den Direktor des Stocholmer Objervatoriums, Hrn. Evlden, eröffnet werden. Die gelehrten Gesellshaftcn Belgiers, die Akademie der Wissenscaften, die astronomishe Gesellschaft u. |. w. nehmen an dem Kongresse Theil. Von ausländischen Astronomen sind 60 angemeldet, der Mehrzahl nach aus Deutsch{land, u. a. die Direktoren der Okservatorien in Kiel, Bonn, Straßburg, München, Gotha; ferner sind die-Nieder- lande, England, Frankreih, Rußland, Sc&weden und Amerika vertreten. Am 10., 11. und 12. d, M. tagt der Kongreß in Brüfsel, am 13 in Lüttich, woselbst das Observatorium besucht wird und auch en E Empfang der Kongreßthcilnehmer im Rathhause statt- inde?

Stodckholm, 4. September. (W. T. B) Zu Ehren der aus- ländischen Theilnehmer am Orientalisten-Kongreß fand gestern Abend im Grard Hôtel cine von dem EGeneral-Sefkfretär deë Kon- gresses, Grafen Carlo Landberg, veranstaltete Festlichkeit statt, welcher auch der König, der Kronprinz, die Staatsräthe, die Mitglieder des diplomatiswen Corps und die Spitzen der Militär- und Givil- betörden beiwohnten.

Land- und Forftwirthschaft.

Wein-Ausstellung in Trier,

Bei Gelegenheit der Abbaltung des XI, Deutschen Wein- bau-Kongresses in Trier vom 21, bis 25 September 1889 findct au eine Wein-Autstelung, umfassend Weire aus dem Gekiete der ganzen deutsWen Mosel und ibrer Nebenflüsse, sowie Schaumweine von sfämmtlihen Schaumweinfabriken Deutschlands siatt. Hinsichtlich derselben sind, wie das Lokalcomité mittkeilt, folgende Bestimmungen géetroften: 2

1) Diese Ausftellung soll umfassen :

a. die sâmmtlihen noch vorhandenen Jahrgänge der ganzen deutichen Mosel und ihrer sämmtlichen Nebenflüsse, damit ein mög- list treues Bild der ron den dortigen Weinbergen erzeugten Natur- weire geschaffen wird. Selbstredend darf nur reiner Naturwein, too- möglich eigenen Wachsthums, autgestellt werden.

b, Schaumweine voa sämmtlichen deutscen Fabriken.

2) Es wird au sehr gewüns{t, daß Weinhandlungen sich bei der Ausstellung betbeiligen. Dieselben werden jedoch nit prämiirt, vielmehr erhalten die Produzenten der betreffenden Weine, deren Namwen bci der Auéstellung anzugebten sind, die Prämie unter Nennung der Namen der Aussteller. E

8) Da avßer der Probe zur Prämiirung auch von den Mit- gliedern des Kongresses eine Kostprobe vorgenommen werden fol, müssen mindestens 2 Flaschen von jeder Probe und, wenn eine öffent- lite Auéstellung gewünscht wird, eine ebenso etiquettirte Flasche, mit „Wasser“ bezeiwret, zur Einsendung gelangen. Diese Proben sind bis zum 15, September an den Vorsitzenden der Weinprobe- Kommission, Hrn._ Rentner Hubert Kiesgen in Trier, frankirt ein- zusenden und müssen auf der Emballage die Bezeichnung eWein- probe“ tragen. Nur grüne Weinflascwen sird statthaft. Eine AussteQungsgebübr wird nit erhoben, dagegen verbleiben dic Rest- flaschen Eigenthum des Kongresses und findet eine Nücktsendung nit statr. Größere Kollektionen von Schaumweinen, auf cigenen beson- pen e nalen aufgestellt, verbleiben Eigenthum der betreffenden

uésteller.

4) Die eirgeherden Proben werden von dem Vorsißenden und zwei anderen Herren, von denen aber keiner zu den Mitgliedern der Weir prüfungs-Kommission gehört, ausgepackt, sofort mit fortlaufenden Nummern versehen und in ein Buch eingetragen, welhes unter Ver- {luß des Vorsitzenden verbleibt. Sodann' werden die Probeflaschen ihres äußeren Abzeichens entkleidet, am Probetage nach Jabrgängen und Produktiocnëgruppen geordnet, zur Probe aufgestellt, das Empfangs-

bu von den mit dieser Arbeit betrauten Herren unters{rieben und von dem Vorsitzenden unter Siegel auf den Probetish niedergelegt und darf von dem Botsiunndan den Preisri{tern erft geöffnet werden, wenn die Prämiirung vollendet ist.

Die Preisrihter vertheilen sich{ auf das ganze Flußgebiet der deutshen Mosel; etwa von denselben ausgestellte Weine cigenen Wacsthums sind von der Prämiirung ausgeschlossen; niht aber von der Kostprobe.

5) Um dem verschieden größeren Lagenunterschiede gerecht zu werden, theilt sh die Wein-Ausstelung in folgende 4 Gruppen : I. Gruppe: Saar-, Ruwer- und Fellerthal ; IT. Gruppe: Obermosel, von Trier aufwärts und Sauer, die Moselbrücke als Grenze; ITI. Gruppe: Mittelmosel, von Trier bis Trarbach und IV. Gruppe : Untermosel, von Trarbach bis Koblenz.

6) Das Königlihe Ministerium für Landwirtb\chGaft, Domänen und Forsten in Berlin hat das Unternehmen durch Verleihung von 10 silbernen und 20 broncenen Medaillen unterstüßt. Mit diesen Prämien und 50 Chbréendiplomen sollen thunlichst alle Qualitäten, auch diejenige des Kleinbesitzers bedabt werden.

Es findet ferner au éire Ausftellung von Trauben sowte neuerer Apparate und Utensilien für Weinbau, Wein- behandlung und Kellerwirtbschaft statt

Eine Ausstellungégebühr wird auc bier nicht erboben, die Aus- steller haben ihre Ausstellungs-Gegenstände franko etnzusenden. Etwaige Kosten für die Aufstellung und Einvakurg werden, falls die Aus- E dies nit selbit besorgen, bei der Rücksendung per Nachnabme erhoben.

Es wird gebeten die Anmeldung der autzustellenden Gegenstände bis zum 5. September an Hrn. Rentner Hubert Kiesgen in Trier zu machen, an dessen Adresse au die Gegenstände spätestens bis zum 15. September zu \{icken sind.

Die Ausstellung der Weine, Schaumweine, Trauben, Axparate und Utersilien ist in dem Kaufhautsaale, größere Kelter werden auf dem Kcrnmarkte aufgestellt. : /

Ueber die auégefstellten Weine, S&aumweine, Apparate und Utensilien wird cin Katalog den Kongreßmitgliedern gratis übergeben, betreffs Inserate für den Katalog wende man si an die Fr. Lintz'\ch? Buchdruckerei in Trier.

Sanitäts-, Veterinär- und Quarantänewesen.

Niederlande.

Durch eine im „Nederlands{e Staats-Courant* verêffentlibte Verfügung des Königlich niederländishen Ministers des Inn:rn vom 22, August 1889 ift die unterm 24, Dezember 1887 erlassene Ver- fügung, durch welche der Hafen von Havanna als vom geiben Fieber verseuckt erklärt wurde, wieder aufgehoben werden. (Vcrgl. „Reihs- Anzeiger“ Nr. ò vom 6, Januar 1888,)

Handel und Gewerbe.

Der Diskont der Reichsbank ist heute auf 49%, der Lombardzinsfuß für Darlehne gegen auëscließli®e Verpfändung von Sc@&uldverschreibungen des Reichs oder eines deut’chen Staats auf 43 %%o, gegen Verpfändung sonstiger Effekten und Waaren auf 5 9/6 erhöht reorden.

Die persische Regierung hat für die Provinz Gilan am Kaëpischen Meere wegen ungünstigen Ausfalls der dortigen Ernte e am 23. August in Kraft getretenes Getreide-Ausfuhrverbot erlatjen.

Wien, 3. September. (W. T. B.) Ausweis dcr Karl-Lud- wigsbahn (cefammtes Net) vom 21. bis 31. August: 255 778 Fl., Mindereinnahme 6152 Fl., die Einnahmen des alten Netzes betrugen in derselben Zeit 194 610 Fl., Mindereinnahme 7780 Fl.

London, 3, September. (A. C) In Blackburn haben in Folge der ankaltenden Stockung in der Baumwollindustrie drei der Firma Harrison gehörige Spinnereien, 32000 Spindeln und 17C0 Webfüble umfassend, den Vetrieb eingestellt. Die der Firma Leversey in Blackburn gehörige George-street West Mill sowie die Crossfield Mill, Eigenthum der Firma Coddington, sind ebenfalls ge\{lossen worden, sodaß jeßt im Ganzen 3000 Webstühle feiern. Lagegen haben zwei Spinnereien in Blackburn (Waterfall und Primrose Mills) den Betrieb wieder aufgenommen.

London, 3, September. (W, T, B.) An der Küste 3 Weizen- ladungen angeboten. :

Manchester, 3. September. (W.T. B.) 12r Water Taylor 7è, 3Cr Water Taylor §3, 20r Water Leigh £F, 30r Water Clayton £F, 32r Mot Brooke Lk, 4ôr Mayoll 9}, 40r Medio Wilkinson 10%, 32r Warpcovs Lees 83, 36r Warpcops Rorcland 92, 40r Dovbie LBeston 10, 60r Double courante Qualität 135, 32“ 116 yds 16 X 1E grey Printers aus 32r/46r 176. Fest.

Antwerpen, 3. September (W. T. B) Wollauktion. Angeboten 1620 B. Buenos- Aires, tavon verkauft 1223 B., 362 B, Montevideo, davon verkauft 248 B, 154 B. Ulgerien, davon ver- kauft 154 B.

Washington, 3. September. (W. T. B.) Die Schuld der Vereinigten Staaten hat im Morat August um 6 076 692 Doll. zugenommea, im Staatsschaß befanden fsich ult, August 633 275 215 Doll.

New- Vork, s. Septcmker. (W. T. B.) Weizen-Ber- \chHiffungen der leßten Woche von den atiantishen Häfen der Vereinigten Staaten na Großbritannien 99 000, do. na Franireich 24 000, do. na® anderen Häfen des Kontinents 22 000, do. von Kalifornien und Oregon nach Großbritannien 32 000, do. na“ andéren Häfen des Kontinents Qrts.

3 September. (W. T. B) Der Werth der in der ver- gangenen Woche ausgeführten Produkte betrug 7 876 301 Doll,, gegen 7 250 568 Doll. in der Vorwote.

5. September, (W. T. B) Visible Supply an Weizen 14 396 000 Bushels, do. an Mats 11755 000 Bujhels.

Submissionen iun Ausiande.

Niederlande.

18. September, 11 Uhr. Ministerie van Waterstaat, Handel en Nyverbeid im Paag im Ministerialgebäude: Loos Nr. 151. Licferung des eisernen Oberbaues für sieben Drebbrüten und cinc bohe Fußgängerbtüde über den Kanal zwischen Nigteveht und der Schußschleuse im Westen von Utrecht (gehörig zu den Arbeiten, betreffend den Kanalbau Amsterdam—Merwede). Sc&ätzungswerth : 92109 Fl. Bíidirgungen käuflih bei den Buchbändlern Gebr. van Cleef im Haag

Verkehrs - Anstalten.

Hamburg, 3. September, (W. T. B) Der Postdampfer „Bohemia“ der Hamburg-Amerikanishen Padcketfahbrt- Aktiengesellschaft ist, von New-Yzrk kommend, heute Nach;- mittag auf der Elbe eingetroffen.

4. Scptember. (W. T. B) Der Postdampfer „RNhätia“ der Hamburg- Amerikanischen Padcketfahrt- AktiengesellschGaft hat, von New-York kommend, gestern Abend 11 Uhr Lizard passirt.

Theater und Musik.

Deutsches Theater.

Die ersie Auffübrurg von „Faust's Tod“, wie ihn Adolph L’Arronge aus dem zweiten Theil von Goecthe's „Faust“ zusammen- gestellt hat, fand gestern im Deutschen Theater eine so glänzende Auf- nahme, wie rach dem glüdlihen Verlauf der Generalprobe anzu- rehmen war. Der Bearbeiter hat {hon durch den Titel „Faujt's

Tod” deutlih die Richtung gekennzeihnet, wel{che er verfolgt hat Der zweite Theil des „Faust“, an welchem Goethe bis in sein spätestes Alter gearbeitet bat, bestebt aus einer überwältigenden Menge großer diterischer Einzelleisffungen und philosovhisber Probleme in symbolishem Gewande, welche eine innere Einbeit des Gedanken-

ganges {wer erkennen laffen. Nur ein äußeres Banck kält sie zu- sammen; ift doch der dritte Akt der Tragödie unter dem Titel „Helena“ seinerzeit als selbftändiges Gedicht veröffentli&t worden. Alles, was nun nit mit dem persönlihen Geshick Fauften's, ins- besondere mit der Erfüllung der Todesbedingung, wie sie im crften Theil des „Faust“ in ten bedeul!samen Worten ausgesproven ift:

e Werd? ich zum Augenblicke sagen :

Verweile do! du bist so \{ôn!

Dann magst Du mich in Fesseln schlagen,

Dann will ih gern zu Grunde gehn!“ im eagercn Zusammenhange steht, hat L'Arronge in seiner Be-

arbeituag geitriden. So feblt gänzlich der zweite Aft mit den Scenen zwishen Mepdbisto, dem Baccalaureus,

Wagner, dem Homurculus, und mit der sich daran’ch{ließenden flassiswen Walpuraisnaht auf den Pharfalishen Feldern ; ebenso fällt der driite Akt vollständig fort, welcher der Helena-Episode im Palast zu Sparta, in Fauïten's Vurg und in den arkadisben Wunder- aârten gewidmet ist; die ¿weite Hälfte des vierten Aktes die Kaiferschiact, die Begegnung zwiscben dem Kaiser und Er:bis{of im Zelte ift ebenfalls geîstrihen. Was dann von der tragishen Dit- tung übrig bleibt, bat L'Arronge beinabe veliständig in das neue Bühnenwerk übernomwen. Wenn der Vorhang zum ersten Male in die Höbe gebt, ruht Faust auf blumigem Rasen. Eifen ums{webcin ihn und Ariel träufelt ifm mit mitden Worten Vergessen des alten Leides in das Herz und erweckt die Schnsuht nah thätigem Handeln, als das kötbste Grstrebenswertbe; der Tag bricht az; die Vögel zwit\chern itn Walde, als Fauît ter neuen Sonne entgegenwaht. Das zweite Bild führt 115 in des Kaisers Prunksaal, in welhem M-pbiïto als allgemeiner Helfer aus der Noth sein Wesen treibt; dadur drängt er sich an den Thron des Kaisers und zieht seinen Begleiter Faust mit in dieselben Kreise. In nächtlichem Dunkel liegt die stolze Galerie, in welcher Mephisto dem Faust den Weg zu den Müttern verkündet; mit dem leuctenden, Vlize sprühenden SÞlü}sel fäbtt Faust ins „Unkectretne nicht zu Betretende“. Die nähste Scene ist der gespenftishen Helena: Erscheinung gewidmet. er Kaiserlibe Herr jammt seinem Hofstaat siten erwartungêvell im kostbaren Saal vor einer erhöhten Lühne, zu welcher ¿wei Seitentrevpen führen. Mepbisto stellt fih auf der einen auf, ur seine Erklärungen und Besbwörungen von dem erbéhiea Standpunkt aus kfundzuthun, während Faust, nach seinem Aufsteigen aus der Tiefe, auf der anderen Treppe Platz nimmt. Ein unterirdiscc® Zischen und Brausen, aufstcigende Dämpfe künden die Erscheinung des Paris und der Helena anz ein griebis{er Tempel mit \{lanken Säulen bildet den barmonis{hen Hintergrund. Ein Donnershlag mat der ganzen gespenstishen Herrlichkeit, welcke urploulich in Nat versinkt, ein Ende. Der nun anshließzerde Akt spielt im Hockgebirge. Wolken ziehen in seltsamen Geialten über die Berge2gipfel, und aus den feuchten Gébilden, dem vearwandelten Martel der göttlichen Helena, lft sich die Gestalt Faust's ab. In wunderbaren Formen und farbenprächtigem Séhimmer zichcn die Wolken largfam weiter, bis sie ten Himmel kfiar und rein zurüdlassen, ein entzückendes, stimmun ¡svolles Bild, Dem sinnenden Faust gefelit id Mepbisto zu, tessen satanisck&e Gestalt si auf dem Bergetgipfel {arf von dem bellen Hintergrunde ab- bebt. Alle Reiche und Herrlickciten der Welt können Fausten's Begehren nicht rei:en, in ihm regt sih wieder tie tiefe Sehnsucht nach thatkräftiger Arbeit für die Menschheit, wie sie Ariel in feine Brust gesenkt bat. Ein so mä@&tiger Geist braucht aber cin unbegren¡tes Arbeitsfeld zu sciner Befriedigung, und ein solches soll ihm der Kaiser zuertheilen, welchem er, mit Hülfe der drei gewaltigen Mänrer, zum Siege über seine Feinde verhilft. Wir kbören aus dem jenseitigen Thale den Swlachtruf der Trompeten und sehen Faust mit den mephistopbelishen Genoffen hinuntersteigen zum Kampfe. Den fünften Akt giebt L'Arronge fast voliständig. Das köstlihe Idyll des Philemon und der Baucis, mit dem Hüttben und der Kapelle im Hintergrunde, liegt unversehrt da Darn sehen wir Faust als Greis, als allgewzltizen mäHtigen Herrn. Sein Palast mit Altanen, Thürmen, Treppen erbebt fich links in berückender Schönheit. Doch ihm fehlt die Zufciederbeit, da er das kleine Hüttcn des Philemen nit für si zu erwerben vermag; als dann baid ein leuhternder Feuershein ibm ten Untergang sciner barmiosen alten Nachbarn berictet, wendet er sich mit Abscheu von scinen wilden Genossen, Um Mitternaht naben si vier graue Ge- staiten sciner Thür, von denen rur die Sorge zu ibm einzudringen vermag. Faust will ißre Mabt nit anertennen; selbiît als fic ihn dur einen Hauch erblinden läßt, leuGtet ihm dafür im Innern cin belleres Licht. Er will sein begonnenes Werk zu Ende führen und ferdert zu neuem Schaffen auf. Urter Mephisto's Leitung, na den Befehlen des erblir deten Faust, wird von den näctlihen Geistern weiter gearbeitet, Fausten's ringender Geist bat die Arbeit für die Menschheit als die höchste Weisheit, welche auch die Glück!elizkzit im Gefolge hat, erkannt :

„Das ift der Weisheit letter S{luß:

Nur der verdient ih Freibeit und das Leben,

Der tägli sie erobern muß.“ Damit tritt der Zeitpunkt ein, in welchem er inmitten regen Schaffens dea böten Augenktlick genießt und in Erfüüung seines Versprechens todt nieder sinkt, Der Kampf der dämonischen und himmlishen Ceister um Faust's Seele beginnt; links öffnet fic ein glübender Höllenrachen, während von rechts her die himmlishen Heerschaaren heranschweben. In wallenden Gewändern zieben diese Gestalten langsam näber ; von entzücken- der Wirkung find die Engelköpfcen über den Wolken und die Erschei- nung der Himmelékönigin, wie sie in überirdishem Glanze in böchster Höhe über dem All \{chwebt. Man ersieht aus der Inhaltsangabe dcr DarstelUvng, daß L'Arronge kühn vorgegangen ist; er hat sebr viel streiden müssen, um das Ganze in die Zeit eines Theaterabends zu- sammenz:udrängen, er hat sehr viel fortgelassen, was Manchem als das Schönste in poetisher Beziehung erscheint, wie z. B. die Helena- Gpisode des driticn Aktes; es werden Viele bedauernd Dieses oder Ienes vermisjen, was ihnen besonders lieb gewesen ift. Doc zu allseitiger Zufriedenheit wird wobl \{werlich Jemand je das Probieimn löôsen, den zweiten Theil des Faust auf die Bühne zu bringen. L'Arronge bat sich die Aufgakte gestellt, der großen Meng? die Goethe’sche Dichtung näber zu bringen, indem er das dramatische Ziel begrenzte und dadurch klarer hervortreten ließ. Man mag wünfchen, daß ibm dieser große Wurf gelungen sei; aber {wer wird es immer bleiben, im flüchtig gesprohenen Wort die \{wierigen Gedankenreiben dem Zuhörer voll begreifli zu machen. Nur der wird init dauerndem Gewinn die Vorstellung genießen, ter das Werk vorber aründlic kennen gelernt bat. Ueber die Darstellung ist nur Gutes zu berichten. Hr. Somnuccfioiff als „Faust“ vertiefte den mächtigen Eindruck, welchen er im ersic:: Theil der Tragödie hervorbrahte. Eine cdle, verständige Empfinduna, eine klare Spre{weise traten überall bedeutungsvoll hervor. Den Mepkbisto gab Hr. Pobl mit beißendem Spott und scarfer Satire; die Hofschranzen, die drei gewaltigen Männer, die Elfea und bimmlischen Heershaaren, alle waren von tüchtigen Kräften dargestellt, welden man die Freude an dem Gelingen des \{chönen Unternehmens anmerkte. Aus den Episodenrollen sind noch besonders die Leistungen der Fr. Carlsen und des Hrn. Mertens als Philemon und Baucis hervorzuheben, Die Musik von Philipp Séharwenka hielt sich sehr diskret in den ihr angemessenen Grenzen und diente hauptsächlich zur Begleitung der Elfen- und Engelsprache. Hr. Direktor L'Arronge wurde nach dem vorleßten Aufzuge so sange und stürmis{ gerufen, bis er vor der Gardine erschien, um den Auédruck der Anerkennung Seitens des überfüllten Hauses entgegen- zunehmen.

: . Kaiserfestspiel in Görlitz. __ Die großartigen Vorbereitungen zu dem Volksbübnenspiel „Hohenstaufen und Hohenzollern“ sollen den Bewohnern der Oberlausig klar und deutli zeigen, was cine kunstsinnige, füc

alles Edle und Schöne einmüthig si begcisternde, keinz Opfer an