1889 / 223 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 19 Sep 1889 18:00:01 GMT) scan diff

sondern auch, was lange nicht dagewesen, eine Kleinigkeit mehr ex- Paras als importirt. S befinden sich die meiften unserer

xportartikel auf niedrigerer Basis als im vergangenen Jahre, und es dürfte sich auch wohl \{chwerlich, wenn nit gerade Krieg in

Europa auêëbräâche, das Ideal unserer Farmer Weizen ca. 1 Doll.

per Bushel und darüber verwirklichen; dafür sind aber die Ernten

jo vorzüglih ausgefallen, daß dieser Unterschied dur die großen

Erträge mehr als gedeckt werden dürste. Dazu kommt,

daß unsere Eisenindustrie, die im Allgemeinen einen

Maßstab für die Gesammt - Situation bildet, fort-

während in blühendem Zustande befindet. Wir werden wahrscein-

lih im Laufe der Zeit hier und da wieder eine Reaktion erleben

a healthy reaction, wie fie so häufig an der Aktienbörse erwünscht

ist indessen, Alles in Allem genommen, werden wir wohl \{chwerlich

dieses Jahr zu den sieben „mageren“ zu zählen haben. Den Um- he ac am Waaren- und Produkten-Markt if} es niht an-

j ehen, daß wir wegen des labor day diese Woche nur fünf Ge-

châftstage gehabt haben; dieselben sind in sehr vielen Abtheilungen von ganz bedeutendem Umfang gewesen, und namentlich hat der

Export wieder eine hübshe Zunahme erfahren. Von den einzelnen Artikeln hat zwar Baumwolle eine sehr ruhige Haltung gezeigt, dabei aber in Terminen den alten Stand gut behaupten - können. Loco - Waare is} indessen in Folge der überaus geringen Nachfrage F C. zurückgegangen. In Brod- stoffen hat sich das Geschäft, und zwar frei von jeder wilden Spekulation, in erfreuliher Weise weiter entwickelt. Die Export- verladungen weisen namentlich in Weizen und Weizenmehl eine hübsche Zunahme auf, wogegen die in Mais, obwohl der Schluß w'*eder animirter war, zurüdgeblieben sind. Der Metallmarkt bekundete im Ganzen ein reges Leben, und die Tendenz für Blei, Eisen und Zinn war eine steigende; Kupfer ift jedoch gegen Ende der Woche plöplih sehr {wah geworden. Von Provisionen konnten Schweinefleish- produkte, troß verzweifelter Anstrengungen, die Steigerung, welche sch dafür am Ende der Vorwoche einstellte, niht aufreht erhalten. ie Schweinezufuhren sind zu groß, um eine solhe für die Dauer zu er- möglichen. Uebrigens waren die Transaktionen in fast allen Artikeln von ansehnlihem aae. G war in guter Nachfrage und in einigen Sorten etwas höher. Raffinirtes Petroleum still und unver- ändert ; Pipe line Certificates fluktuirten lebhafter und schließen fest zu 985. Das Geschäft in einheimischen Manufakturwaaren ist fortwährend sehr befriedigend und au für fremde hat sich seit Anfang dieses Monats eine bessere Kauflust kundgegeben. Der I m- port fremder Webstoffe betrug für die am 5. September be- endete Woche 3 055 950 Doll. gegen 2 528 959 Doll. in der Vorwoche und 2 508 370 Doll. in der Parallelwoche des Vorjahres.

London, 18. September. (W. T. B.) An der Küste 1 We1: ens Tadung angeboten.

Die Regierung von Neu-Seeland hat kürzlih einen a mt- lihen Bericht über die Petroleumlager im Distrikt Taransaki veröffentliht, welhe wahrscheinliG noch eine große Zukunft vor sich haben. Das Oel kommt an vielen Orten bei New Plymouth an die Dberflähe und durhtränkt den Boden der Gegend so stark, daß die Farmer es aufgeben mußten, Brunnen zu graben. Der Ingenieur Gordon sagt in seinem erstatteten Bericht, daß „das Petroleum si über eine große Fläche erstreckt, und es fi nur darum handelt, tief genug zu bohren, um an die Quelle zu

gelangen.“ Submissionen im Auslande.

Niederlande.

I. 30. September Mittags. Ministerie van Kolonien (Technisch Bureau) im Haag.

Loos RRI. Eisenwerk 2c. für die Ueberdahung zweier Bahnsteige zum Dienste der Staatseisenbahnen auf Sumatra.

Bedingungen käuflich für 2 Fl. bei dem Buchhändler M. Nyhoff hi Haag, Einschreibung muß durch in Holland wohnhafte Personen erfolgen.

II. 1. Oftober, 2 Uhr. Maatschappy tot Exploitatie van Staatsspoorwegen zu Utreht im CGentralbureau: Loos Nr. 139. Liefer und Behauen von eihenen Querschwellen, in 32 Abtheilungen,

Bedingungen käuflich für 0,50 Fl. im genannten Centralbureau.

III, 3, Oktober Mittags. ‘s Ryks Magazyn van WMilitaire Kleeding, Uitrusting enz. zu Amsterdam:

Kleidungs- und Ausrüstungs\tücke für die Truppen, nah Muster.

, Bedingungen für 0,50 Fl, käuflich im genannten Magazin. Einschrcibung muß dur in Holland wohnhafte Personen erfolgen.

Verkehrs - Anstalten.

Der ea Nummer ‘des „Reichs-Anzeigers“ liegen die am 1]. Oktober d. J. in Kraft tretenden Winter-Fahrpläne für die Strecken der Königlihen Eisenbahn-Direktion Berlin und der Berliner Stadt- und Ringbahn bei. Die Pläne sind bei den Stationskassen zum Preise von 25 H (für Plakat-Fahr- plâne) und von 5 S (für Zeitungsbeilagen) zu haben.

Königsberg i. Pr, 19, September. (W. T. B.) In der heutigen Sißung der Korporation der Kaufmannschaft wurde der Antrag des Vorsteheramts der Kaufmannschaft; die von der Staatsregierung geforderte Garantieerklärung in Betreff des Baues einer Fahrrinne durhch das Frische Haff zwishen Königsberg und L abzugeben, angenommen.

amburg, 18. September. (W. T. B) Der Posft- dampfer „Colonia“ der Hamburg - Amerikanischen D a A engesellsQatt hat, von Westindien kommend, eute Lizard passirt.

London, 18. September. (W. T. B.) Der Castle-Dampfer «„«Grantully-Caftle“ hat heute Madeira auf der Ausreise passirt. Der Castle-Dampfer Duart-Castle ift beute von London auf der Ausreise abgecangen. Der Castle-Dampfer „Norham-Casftle*“ is gestern auf der Heimreise in London angekommen. Der Union-Dampfer „Athenia*“ ist heute auf der Heimreise von Madeira abgegangen.

19 Septembei:. (W. T. B.) Der Cafstle-Damv er „Taymouth Castle“ ist am Montag auf der Ausreise 1 Capetown angekommen. Der Castle-Dampfer , Warw. ck Caitle“ und der Union-Dampfer „Trojan“ sind am Mittwoch au, der Heimreise von Capetown abgegangen.

Theater und Musik.

Berliner Theater.

__Am Sonnabend, den 21. d. M., kommen zum ersten Male in dieser Spielzeit die drei Einakter „Sokrates und feine Frau“, „Ritter Blaubart“ und „Der zündende Funke“ zur Aufführung, die bei ihrer ersten Darstellung im Frühjahr einen Heiterkeitserfolg errungen hatten.

Lessing-Thÿeater.

Frl. Jenny Groß tritt auf Grund eines Ueberein- kommens mit dem Hrn. Grafen von Howberg {hon am heutigen Tage in den Verband des Lessing-Theaters und wird am nätsten Sonnabend in Franz von S{hönthan's neuem Bühnenwerk „Das leßte Wort“ zuerst auftreter.

Wallner- Theater.

Fr. Anna Schramm, von ihrem Urlaub zurückgekehrt, tritt morgen als Logensließerin in dem bereits im März sehr beifällig aufgeführten, aber wegen Saisonshluß nicht ausgenugßten Einakter „König Candaule“ zum ersten Mal wieder auf.

i Victoria-Theater.

Eine Nea für die Autoren des erfolgreihen Aus-

stattungé\tücks „Stanley in Afrika“ findet am Sonnabend statt. Residenz-Theater.

In der am Sonntag, um 12 Uhr Mittags, stattfindenden Wohl- ag tiven zu Gunsten der Opfer der Antwerpener Ka- tastrophe wi1ken folgende Darsteller mit: Jn „Die Barcarole* Frl. Frauendorfer, Hr. Brandt, Hr. Ludwig; in „Scylla und Charybdis* : Xr. von Poellnitz, Frl. Bertens, Hr. Jarno; in „Der Strafrapport“ : Frl. M. Kronau, Frl. Zipser, Frl. Wenk und die Herren Pagay, Reusch, Lebius und Seidler. Den Cellovortrag in dem Einakter „Die Barcarole“ hat Hr. Heinrih Grünfeld bereitwilligst über-

nommen. Mannigfaltiges.

Bei dem Rennen in Hannover wurden auf Befehl Sr. Majestät des Kaisers und Königs Brieftauben auf- gelassen, um den Verkehr mit Hildesheim und Braunschweig zu ver- mitteln. Als die Hildesheimer Tauben, die 19 Minuten zu ihrer Reise gebrauht hatten, um 3 Uhr 29 Minuten in Hildesheim ein- getroffen waren, wurden zwei Tauben, die nach Hannover gehörten, mit in einer Hülse verwahrter Meldung ver- sehen und fliegen gelassen. Gleichzeitig wurde auch auf dem Hildesheimer Telegraphenamte die aleihe Meldung auf- gegeben und als dringend bezeihnet. Die Tauben trafen, wie der eHannov. Kur.“ meldet, bereits 4 Uhr 10 Minuten in Hannover ein und wurden dann sofort zum Rennplaye gebracht Das als dringend aufgegebene Telegramm traf fast eine halbe Stunde später als die Tauben auf dem Rennplage ein.

Die Kaufmännische Fortbildungs\hule des Verein Berliner Kaufleute und Induftricller beginnt das Winter. Halbjabe am 1. Oktober. In dieser Schule wird den Handlungs- ehrlingen und Hn tuagelen Abendanterriht in den folgenden Lehrgegenständen ertheilt: Französisch und Englisch in Oberstufe, Mittelstufe und Unterstufe, Deutsch in Oberstufe und Unterstufe, Schreiben (Kaufmännishe Correspondenz), Kaufmännishes Rechnen in Oberstufe und Unterstufe, Buhführung, Handelslehre, Stenographie. Der Unterricht firdet am Montag Dienstag, Donnerstag und Freitag in den Abendstunden von 8—10 Uhr, Sebastianstraße 26 (Luisen- \tädtishes Realgymnasium) ftatt. Das Schulgeld beträgt für 1—2 Lehrgegenstände 6 # pro Vierteljahr, für 3 und mehr Lehrgegen- fände 9 M pro Vierteljahr. Das Kuratorium birtet die Prinzipale, ihren Angestellten den Besuh der Kaufmännischen Fortbiltungs\chule zu empfehlen und sie auf das fegensreihe Wirken derselben hinzuweisen. Meldungen nehmen der Leiter der Anstalt, Direktor Wassermann im Vereinsbureau, Brüderstraße 12 (Nahmittags 5—7 Uhr), sowie die Mitglieder des Kuratoriums entgegen.

Das englische Fachblatt „Jronmongery“ erzählt von einer neuen Erfindung in der Regen irm - Industrie. Dies soll ein durch- sihtiger Stoff sein, welher ebenso wie Seide und Alpacca der Nässe widersteht und außerdem auch den Vortheil hat, den Wanderer im Sturme vor unangenehmen Begegnungen mit Pfählen, Bäumen und dergl. zu beshüßen.

London, 17. September. (A. C.) Vor der Britischen Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft hielt gestern W. Preece einen Vortrag über die telephonishe Verbin- dung zwischen London und Paris. Sowohl die französischen, wie die englishen Elektriker hätten dieser Angelegenheit große Auf- merksamkeit gesenkt. Ueber 279 Meilen bin zu sprechen, bôte an und für sich keine Schwierigkeit. Hätte man einen oder zwei Drähte, welche von der Erde bis zum Monde reichten, so könnte man wahrscheinli auch mit den Bewohnern des Mondes sprechen, wenn es welche gäbe. Die Schwierigkeit entstände aus den Eigenschaften des gebrauhten Ma- terials und der Nähe unterirdisher oder unterseeischer Kabel. In Amerika habe man von New: York nah Chicago über eine Entfernung von fast 900 Meilen durch das Telephon gesprohen Zwischen London und Paris hâtte man aber das unterirdishe Telegraphensvystem in London, dann mehrere Tunnels und im Kanal die 21 Meilen Kabel, Der Redner ging dann auf die Frage ein, ob die Telephondrähte unterirdisch gelegt werden sollten, was von Vielen als unmöglich be- zeichnet wurde. „Zwei elektrische Faktoren seien zu überwinden : erst- li die Kapazität des Stromkreises und die Fähigkeit, Elektrizität auf- zuspeihern, zweitens der Widerstand, welchen der Draht dem Durt- gang des Stromes bietet. Der Redner gelangte endlih auf Grund von mathematischen Berehnungen zu dem Schlusse, daß eine telepho- nishe Verbindung zwischen London und Paris möglich wäre.

London, 17. September. Die Zahl der Schiffsunfälle an den Küsten des Vereinigten Königreichs belief \sich in dem Jahre vom 1, Juli 1887 bis zum 30. Juni 1888 auf 6806. Völlig verloren gingen 573 Fahrzeuge. Jhr Leben verloren bei Schiffsbrühen von Swiffen des Vereinigten Königreihs 1543 Personen oder 382 weniger als im Borjahre. -

_ Antwerpen, 18. September. (W. T. B.) In der heutigen Sigzung des Gemeinderaths gelangte cin Bericht des Shöffen- Kollegiums über die Katastrophe vom 6, d. M. zur Ver- lesung. Der Bericht schildert die Entstehung und die Einrichtung des Patronen-Etablissements und spricht die Meinung aus, daß vor Allem in der mangelhaften Art, mit welcher die Arbeiten ausgeführt worden seien, die Gefahr gelegen habe. . Die von der permanenten Deputation angeordneten Sicherheitsmaßnahmen seien durch die Stadt den verschiedenen Verwaltungsdienft- zweigen zur Ausführung überwiesen worden. Der Bericht sagt, das einzige Mittel, die Katastrophe zu verhüten, würde gewesen sein, daß man die fraglihe Industrie überhaupt absolut verboten hätte. Eines Urtheils über die unmittelbaren ÜUrjachen des Unglücks, sowie darüber, an welcher Stelle die erste Explosion stattgefunden habe, enthält {ih der Bericht. Die Zahl der Todten wird auf 53, die der Vermißten wird auf 42, die der in ärztliher Behandlung befindlihen Ver- E A 62 E A L A Me richtete aden wird -inf&l[feflih der Yetroleum-Lagershuppen au 324 450 Fr. geshät:t. / d

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Wettecberi vom 19. September,

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haus. 3 Akten von

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Stationen. Wind. | Wetter.

Theater - Anzeigen.

Böniglihe Schauspiele. 180, Vorstellung.

mit Benugzung „Wilhelm Meister's Lehrjahre“, von Michel Carré

Vorher: König Caudaule.

Opern- Oper in Dichtung Romans :

Freitag:

Mignon.

Ambroise Thomas. des Goethe'\chen

Vorher: König Candaule.

Victoria-Theater. Afrika.

Pofse in 1 Akt von H. Meilhac und L. Halevy. Anfang 74 Uhr. trud Sonnabend u, folgde. Tage : Madame Edouard.

Freitag: Zeitgemälde in 12 Bildern von Alex.

Hrn. Hermann Brachmann (Berlin). Frl. Ger- amfköhler mit Hrn. Ernst von Lshammer (Waßmannsdorf b. ahlow). Frl. Hedwig von Zy@linska mit Hrn. Prem.-Lieut. Erich aus dem Winckel (Freienwalde a. O.) Frl. Hedwig Bieneck mit Hrn. Hugo von Schmidt (Moschüz).

Stanley in ul y Frl. Käthe Schoen mit Hrn. Ernst Broese

in - Celsius

Temperatur 5°GC.

WNW SSW

6 bededckt 2 beiter SW 4Regen SW 2/Dunst Stodckholm . SSW 2 |bedeckt aparanda . S 4'bedeckt t. Petersbrg. SSW 1wolkenlos Mosfau . .. 1ibededckt

Mullaghmore Aberdeen Chriftiansund Kopenhagen .

Cork, Queens- town ... Cherbourg . D

pd ck

|

4 Regen 2\wolkig Nebel wolkig heiter wolkenlos beiter wolkenlos

Pia 7. Pun

amburg ..

winemünde Neufahrwasser Memel

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R e i Sn O pi DO I D

wolftenlos wolkenlos wolkenlos wolkenl.1) Nebel

wolkenl.2) wolkenlos bedeckt

Paris . Münster. .. Karlsruhe . . Wiesbaden . München Chemnitz Berlin. Wien ..….. Breslau. .. | 764 2\bedeckt

2 C5 bak pmk S emb pak fpmck

Ao RAAIWLWNNPRNS

Ile d’Air. . | 763 4 wolkenlos Nizza .….. | 761 4 halb bed.

1) Reif. 2) Reif, Nachtfroft. Uebersicht der Witterung.

Ein tiefes Minimum liegt nördlich von . Schott- land, in Süd-Norwegen stürmische südliche und \üd- westlibe Winde „verursawend. Das barometrische Maximum liegt über Süddeutschland. Bei hwacher Luftbewegung is das Wetter über Deutschland kalt, heiter und trocken. Im mittleren und südlichen Deutschland kamen vielfah Nachtfröste vor. Auf den A Inseln, in Norwegen sowie in Südost- Europa fanden aurgerednte und stellenweise starke Regenfälle statt : Skudesnäs 32, Lemberg 25, Odessa

22, Kiew 21 mm. Ä Deutsche Seewarte.

pu

und Jules Barbier, deutsch von F. Gumbert. Ballet

von Paul Taglioni. Anfang 7 Uhr. Schauspielhaus. 192. Vorstellung. Zum 1. Male:

Natalie. Schauspiel in 4 Akten von Iwan

Turgenjew. Nach dem Russischen für die deutsche

Bühne bearbeitet von Fugen «Abel, In Scene

geleyt vom Direktor Dr. Otto Devrient. Anfang

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Sonnabend: Opernhaus. 181, Vorstellung. Der Trompeter von P URgas, Oper in 4 Akten nebst einem Vorspiel von Victor E. Neßler. Dich- tung mit autorisirter theilweiser Benußung der Idee und Super Original-Lieder aus J. Victor von Swheffel's Dichtung, von R. Bunge. Ballet von Charles Guillemin. Anfang 7 Uhr. ;

Scauspielhaus, 193. Vorstellung. Zum ersten Male wiederholt: Natalie. Schauspiel in 4 Akten von Iwan Turgenjew. Nach dem Russischen für die e ati Bühne bearbeitet von Eugen Zabel. Anfang

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Deutsches Theater. Freitag: Die Journalisten. Sonnabend: Faust’'s Tod.

Sonntag; Fark I. Theil.

Montag: Faust’'s Tod.

Berliner Theater. Freitag: 3. Abonnements- Vorstellung. Der Kaufmaun von Venedig. Sonnabend: Socrates und scine Frau. Ritter VBlaubart. Der zündende Funke. Sonntag: Demetrius.

Tessing-Theater. Freitan: Der Fal Clémenceau. Schauspiel in 5 Akten von A. Dumas R L \cch Ein

onnaberd: er s{chwarze leier. Schau- spiel in 4 Akten von Oheoe Blumen t: Sonntag: Der s{chwarze Schleier. Schauspiel

in 4 Akten von Oscar Blumenthal. Aafang 74 Uhr.

Wallner-Theater. Freitag: Erstes Wieder- auftreten der Frau Anna Schramm nah ihrem Urlaub. Zum 9. Male. Madame Edouard. Schwank in 3 Akten von G. Feydeau und M.

Desvallières, frei bearbeitet von Franz Wallner.

Mos;kowski und Rich. Nathanson. Musik von C. 7 aa Ballet von C. Sei Anfang r. Sonnabend: Dieselbe Vorftellung.

Jriedrich - Wilhelmfstädtishes Theater.

Freitag: Zum 232, Male. Voccaccio. Komische Operette in 3 Akten von F. Zell und R. Genée. Musik von Franz v Suppé. Dirigent: Hr. Kapell- meister Federmann. Anfang 7 Uhr.

Sonnabend: Der Mikado.

Residenz-Theater. Direktor: Sigmund Lauten- burg. Freitag: Feruande. Pariser Sittenbild in 4 Akten von Victorien Sardou. Deutsch von Eduard Mautner. Jn Scene geseßt von Sigmund Lauten- burg. Anfang 7# Uhr.

Sonnabend u. folgde. Tage: Dieselbe Vorstellung.

Sonntag, Mittags 12 Uhr: Wohlthätigkeitsvor- stellung zum Besten der Opfer der Antwerpener Katastrophe. Zum 1, Male. Die Vaccarole. Scylla und Charybdis. Der Strafrapport.

Central-Theater. Direktion: Emil Thomas. reitag: Zum 37, Male: Leichtes Vlut.

Gesangsposse in 4 Akten von W. Mannstädt.

Musik von G. Steffens. Jn Scene geseßt vom

Direktor Emil Thomas. Anfang 7{ Uhr. Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.

Adolph Ernst-Theater. Dresdenerstraße 72.

Gretas: Zum 30. Male: Flotte Weiber. Gesangsposse in 4 Akten von Leon Treptow. Couplets von Gustav Göôrß. Musik von Franz Roth. Anfang 74 Uhr.

Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.

Urania, Anstalt für volksth. Naturkunde.

Invalidenstr. 57/62 und Ausftellungs-Park, geöffnet von 12—11 Uhr. Freitag, Abends 71 Uhr: Vou der Erde bis zum Moude.

I Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Hedwig Wrede mit Hrn. Lieut. von Dewiy (Berlin). Frl. Elisabeth Gruner mit

(Barby a. E.). Frl. ‘Marie Hayn mit Hrn. Rechtsanwalt Walter Kalau vom Hofe (Speichers- dorf—Königsberg). Frl. Marie Hesse mit Hrn. Geh. Sekretär Albert Behrendt (Willenberg—

Königsberg).

Verehelicht: Hr. Lieut. Hugo Schickert mit Frl. Helene Keller (Mainz). Hr. Medizinal-Rath Dr Sendler mit Frl. Margarethe Voigt (Magde- burg). Hr. Georg Belian mit Frl. Anna Rosa Cg Sob 9 F eboren: Ein ohn: Hrn. Franz Ebert (Leipzig). Hrn. Lieut. Friemel (Neisse). Hrn. Staatsanwalt Adolf Wendelstadt (Köln), Hrn.

. Grünbaum (Berlin). Eine Tochter:

rn. Dr. Richard Langerhans (Berlin). Hrn. Prem.-Lieut. Wolf vou Wurmb (Kassel). Hrn. Def “Assessor Grube (Heiligenstadt). Hrn. m tor Tank (Kuschlin), Hrn. Lieut. Prestien Umultowo bei Posen). Hrn. Alb. Tiensh (Hannover).

Gest.orben: Hr. Superintendent a. D. Georg Wilbelm Theodor Fischer (Posen). Hr. Reg.- Assessor Richard Bluhm (Dierdorf b. Wester- wald). Frau Kammer-Rath Therese Sönksen,

eb. Berg (Ploen). Hr. Reg.-Referendar Ruccios (Ballenstedt). Hr. Amtmann Adolf Theilkuhl (Blankenburg a. H.). Hr. Kammer- herr Hans Henning von Arnim (Dresden). Verw. Freifrau Emma Taets von Amerongen, geb. Dill (Nar NuDen Frau Lucie ven Melbeh _geb. Cleve (Altenplathow). Hr.

aler Jürgen F. Westphal (Berlin). Frau Marie Kozuszek, geb. Tit (Berlin). Hr, Rentier Karl Müller (Berlin). Frau Bankvorsteher Siering, geb. Arnold (Erfurt).

Redacteur: J. V.: Dr. H. Klee.

Berlin: Verlag der Expedition (S ch olz).

Druck der Norddeu Buchdrudckerei und Verlags- Anstalt, B O Wilbelftege Me aas Vier Beilagen (einshließlich Börsen - Beilage),

und die Winter - Fahrpläne für die Vezirke der Königlichen El seubabn Dicottton zu Berlin und der Berliner Stadt- und Ringbahnu.

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

M 223.

Statistik und Volks8wirthschaft.

Trinkerheilanstalten.

Auf der Danziger Hauptversammlung des Deutschen Vereins egen den Mißbrauch geistiger Getränke erstattete Pastor Hirsch- Äintorf, der Begründer der ecsten deutschen Trinkerheilanstalt, einen Bericht über ihre Wirksamkeit. In der Berathung über die von ihm aufgestellten Säße wurde auch die von den westpreußishen Enthaltsamkeitsvereinen, welche unter der Leitung von P. Rind eish- Trutenau stehen, beabsichtigte Errihtung einer Trinkerheilanstalt bei Danzig berührt. Namentlich wurde hervorgehoben, daß die reihs- geseßlihe Regeluna der aden Fragen, besonders die auch {on vom Juristentag ewpfohlene Entmündigung von Gewohn- heitstrinkern, zuu wünschen sei. Die von Sr PN auf- gestellten, von der Versammlung angenommenen Säße über die Er- rihtung und Einrichtung von Trinkerheilanftalten lauten : Allgemeines. 1) Es ist eine hocerfreuliche Thatsadhe, daß vor allen anderen Ländern in Deutschland Fürsorge für die Heilung unbemittelter Trinker getroffen ist, theils in eigentlihcn Trinker- Asyley, theils in besonderen Abtheilungen der Arbeiter-Kolonien. 2) Da jedoch die geseßlihe Grundlage zu einer weiteren Entwickelung und ausgiebigen Benußung, sowie zu einer erfolgreichen Thätigkeit der Asyle fehlt, so wäre ein deutsches Trinkergeset resp. die geseßliche Entmündigung der Gewohnheitstrinker sehr willkommen zu heißen. 3) Es würden die geseßlich entmündigten Trinker in den bestehenden und event. zu erweiternden Anstalten mit den freiwilligen Patienten weilen können, während die zur Unterbringung auf bestimmte Zeit ver- urtheilten Trinker am besten in besonderen Anitalten resp. in Verbindung mit den Arbeiter-Kolonien unterzubringen wären. 4) Bei derEinrichtung der Asyle sind drei ncthwendige Faktoren ins Auge zu fassen: a. der er- fahrene Arzt, b, der geeignete Ortsgeistlihe und e. die in der An- stalt wohnenden Hauseltern, welche für die Hausordnung, Arbeits- vertheilung, Küche und Wäsche zu sorgen haben. 5) Die Errichtung von Trinkerbeilanstalten durch Private empfiehlt sich nicht, da das Geldinteresse leiht dem Zweck der Anstalten hindernd in den Weg tritt. 6) Dagegen empfiehlt es \ih sehr, daß der Staat einen In- spektor sämmtuicher dur freie Vereinsthätigkeit zu errihtenden Trinker- heilanstalten anstellt, der dieselben jährlich zu revidiren und au darauf zu schen hätte, daß die für alle aufzustellenden statistischen Tabellen pünktlih auêgefülit würden. 7) Da die Trinkerheilanstalter, welche nicht mehr als 30—40 Patienten haben dürften, fich {chwerlich durch Pensionen und Arbeitserträge ihrer Insassen erhalten können, so wäre eine Unterstüßung zur Gründung und Erhaltung derselben durch die betreffenden kommunalen Verwaltungen sehr erwünscht. 8) Die Ortsbehörde hat streng darauf zu sehen, daß den Patienten von den Wirthen gegen Geld, Kleider oder Borg keine geistigen Getränke verabreicht werden, und im betreffenden Falle s{char! gegen dieselben einzuschreiten. 9) Eine Anstalt für Woblbabende und Arme, für Gebildete und Ungebildete, wenn au in einigermaßen getrennten Abtheilungen, empfiehlt sich niht, ebensowenig eine Anstalt, in welcher Männer und Frauen zusammen weilen. : Besonderes. 10) Landwirthschaftlite und Garten-Arbeiten bieten die beste und gesundeste Beschäftigung für die Trinker, wobei event. auf die verschiedenen Handwerker genügende Rücksicht zu nehmen wäre. 11) Mit dem Eintritt in dic Anstalt enthalten sich die Pa- tienten, welhe ihr Geld abzugeben haben, unbedingt aller geistigen Getränke (es sei denn, daß der Arzt den Genuß derselben zeitweise als Arznei verordnet) und habea sih die Beamten der Anstalten dieses Genusses auch zu enthalten. 12) Der Hausvater weist den Patienten nach dem Maß ihrer Kraft und ihres körperlihen Befindens die Ar- beiten im Hause und draußen an, wobei immer im Auge zu behalten ist, daß die Beschäftigung nur das Mittel ¿um Zweck der Heilung ist. 13) Aufnahme und Entlassung hat der Vorsteher der Anstalt, niht der Paubvater zu bestimmen. Den bleibend renitenten Patienten hat der 1

ausvater dem Vorsteher zuzuführen. 14) Jeder Pätient verpflichtet

ch dur seinen Eintritt in die Anftalt, die Hau8ordnung püntilih zu beobachten. 15) Wo s gewünscht wird, hat der Vorsteher der Anstalt dem zu entlassenden Patienten wo möglich zur Erlangung einer Stelle behülflich zu sein, auch ihm ein Zeugniß zu geben. 16) In der Regel haben die Patienten ein Jahr in der Anstalt zu verbleiben. 17) In den ersten drei Monaten darf kein Patient allein ausgehen; später ist es ihm mit Wissen des Hausvaters gestattet, doch tritt das Verbot wieder sofort in Kraft, wenn er si einer groben Uevertretung \{chuldig macht. 18) Herzlihes Mitleid, Geduld und Liebe, verbunden mit ernster Zucht, wirken am besten zur Genesung der Patienten, do ist alles methodistishe Treiben streng zu meiden.

Die Freiburger Zusammenkunft der Strafanstalts- beamten und Scchußztvereine.

In Freiburg i. B. war vom 3.—6, September der Verein deutscher Strafanstaltsbeamter versammelt. Gleichzeitig tagte die Landesversammlung der badischen Schutvereine für entlassene Se- fangene und endlich traten Vertreter der deutshen Vereine zum Schuß Strafentlassener zu einer Besprehung einiger auf die Schußfürsorge bezüglichen Fragen zusammen. Es war das erste Mal, daß die letzt- genannten fo segensreich wirkenden deutschen Vereine zur Besprehung ihrer gemeinsamen Aufgabe zusammentraten. Aus den Verhandlungen des Vereins deutsher Strafanstaltsbeamter, die zum Theil innere Vereinsangelegenheiten betrafen, seien hier einige wihtige Punkte hervorgehoben. Zur Frage, welches Haftsystem sih für jene besonderen Anstalten oder Räume empfehle, die nah dem Reichsstrafgeseße zur Verbüßung von Strafen jugendlicher Personen bestimmt sind, lagen zwei Gutachten vor: von Köstlin-Stuttgart und von Möbius-Sachsen- burg, während Krauß-Freiburg Über den Gegenstand mündlichen Be- richt erstattete. Zwei der genannten Herren und mit ihnen nahezu die ganze von 195 Strafanstaltsbeamten besuhte Versammlung er- klärten sih für Einzelhaft bei jugendlihen Verbrebern. Die gemein- \haftlihe Haft mit erwachsenen, in vielen Fällen unverbesserlichen Gefangenen sei für den noch im jugendlihen Alter {stehenden Sträf- ling mit einer Reihe s{werer s\ittliher Gefahren verbunden. Bei längerer Freiheitsstrafe könne unter Umständen der leßte etwa dritte Theil der Strafzeit in gemeinschaftliher Haft verbracht werden, doh sei auch hier Vorsicht zu gebrauchen. Die Bedenken über die Nachtheile der Einzelhaft für die körperlihe und geistige Gesundheit des jungen Gefangenen wurden durch sehr lihtvolle Ausführungen des Sanitäts-Raths Baer - Berlin zerstreut. Veber den „Sonntag im Gefängniß“ referirte der evangelische Haus- geistlihe am Landesgefängniß Freiburg, Hr. Bauer. Es wurde in einer größeren Anzahl von Thesen als noth@æendig erklärt, daß der pflihtmäßige Besuh des Gottesdienstes dur die Strafgefangenen eingeführt werde, daß geistige Erholung durch passende Lektüre am Sonntag möglich gemacht und der körperlihen dur Zulassung möglichst ausgedehnter Bewegung im Freien Rechnung getragen werde. Außerdem wurde für den Sonntag Wechsel in Kost und Kleidung verlangt und als wünschenswerth bezeichnet, daß der \rift- lihe Verkehr der Gefangenen mit ihren Angehörigen möglichst auf den Sonntag verlegt werde. Von Interesse ist ein vom Pastor Scherr-Brucsal eingebrahter und von der Versammlung berük- sichtigter Antrag, wonach dem Seelsorger auch die Ausschließung eines Gefangenen vom Gottesdienst freigestellt werden möge und zwar in solchen Fällen, in denen die Störung des Gottesdienstes verhütet werden muß. Scherr erzählte einen Fall aus seiner Praxis, in

Berlin, Donnerstag, den 19. September

welchem eine Gefangene, die \sich stets im Gottesdienst unanständi benahm und die er deshalb vom Besuch der Kirche auss{loß, na

einem halben Jahre reumüthig zu ihm kam und ihn um Wieder- zulafsung zum Gottesdienst bat.

In der Versammlung der badishen Schußvereine wurden Mittel zur Hebung des Interesses an den Schugtvereinen bezeichnet und be- schlossen, die Schußthätigkeit in Zukunft auh auf weiblihe Gefangene, sowie auf die Familien der Sträflinge auszudehnen. In den Ver- handlungen der Vertreter deutscher Schußvereine wurde festgestellt, daß das Bedürfniß nah einer Centralstelle der Schußvereine vor- handen sei. Ferner wurde in dieser Versammlung anerkannt, daß es empfehlenswerth und durchführbar sei, eine engere Verbindung unter den verschiedenen verwandten Bestrebungen der Verbrecher-Prophylare (Schußwesen, Zwangserziehung, Arbeiterkolonien, Antibettelvereine u. f. w.) anzubahnen, gegenüber der bisherigen Zersplitterung des Vercinslebens.

Kunst und Wissenschaft.

In der Sitzung des Vereins für Geschichte der Mark Brandenburg vom 11. September besprach Hr. Amts- rihter Dr. L den neuerdings von dem Staats-Minister Dr. von Friedberg veröffentlichten umfangreichen ela über den Abenteurer Cleement, welcher den König Friedrich Wilhelm I. durch lügenhafte Enthüllungen über ein gegen ihn von dem Dresdener und dem Wiener Hofe geschmiedetes Komplott beunruhigte und nach Entdeckung des Betruges im Jahre 1720 zu Berlin am Galgen endete. Der um ersten Male unter Benußung der noch erhaltenen Akten klar gelegte Prozeß is nicht nur für den Jaristen hoch interessant, sondern es werden auch viele neue Lichter auf die Personen ge- worfen, deren sich Cleement bediente, um eine Rolle am Ber- liner Hofe spielen zu können, Hr. Gymnasiallehrer Dr. Bolte machte Mittheilungen über eine Reihe von Handschriften, welche in den Bibliotheken zu St. Petersburg und Dorpat aufbewahrt werden. So besißt die Akademie der Wissenschaften zu St. Peters- burg ein Tabulaturbüchlein der Prinzessin Luise Charlotte, einer älteren Schwester des Kurfürsten Friedrih Wilhelm von Branden- burg, welche den Herzoa Jakob von Kurland heirathete. Das aus dem Jahre 1632 stammende Buch enthält 40 Lieder, welche zum Theil von Heinrih Albert und von Walter Roe komponirt sind. Auch zwei andere an derselben Stelle aufbewahrte Liederbücher mögen aus dem Besige der Prinzessin stammen. Viele Eintragungen nam- hafter Personen, welhe am Berliner Hofe in den ersten Jahren des 17. Jahrhunderts lebten, enthält das Stammbuch des im Jahre 1615 verstorbenen Markgrafen Georg Albert von Brandenburg. Die Kaiserliche öffentlihe Bibliothek zu St. Petersburg besitzt hand- {riftli verschiedene märkishe Chroniken, darunter zum Beispiel die des Hafftißz, und eine vou M. F. von Seidel angelegte Samm- lung von Resormatorenbriefen. Jn der Universitätsbibliothek zu Dorpat werden den märkishen Forsher am meisten einige Briefe interessiren, welche die Musiker Graun und Agricola an den Ham- burger Komponisten Telemann gerihtet haben. Derselbe Herr machte fodann auf das im Dome zu Riga befindlihe, vor Kurzem restaurirte Denkmal des leßten Erzbischofs von Riga, des Mark- grafen Wilhelm von Brandenburg, aufmerksam und entwarf eine kurze Schilderung des Lebensganges dieses im Jahre 1563 verstorbenen jüngeren Bruders des Herzogs Albrecht von Preußen. Hr. Professor Dr. Fischer berihtete über eine Sammlung von Bildnissen höherer kursächsischer Offiziere, welche sich früher auf dem Königstein befand und jeßt die Festräume des Königlichen Kadetten-Corps zu Dresden s{chmüdckt. Es sind in derselben au) viele für die preußishe Geschichte wichtige Persönlichkeiten, unter anderen: Rüdiger von der Golß, Hans Adam von Schoening, Friedrih Wilhelm von Kyau und Jean de Bodt. Veber leßtgedahten fügte Hr. Legations-Rath von Lindenau hinzu, daß es auf Grund der vom Professor Dr. Stehe neuerdings in der Bibliothek des Königlih sächsishen Pionier-Bataillons zu Dresden entdeckten Baupläne des Berliner Zeughauses nunmehr feststehe, daß de Bodt der Erbauer desselben gewesen, und daß die vor einigen Jahren auf dem Hofe angelegte Prachttreppe \{chon von ihm beabsichtigt gewesen ist.

Aus Baden wird der M. „Allg. Zt1.“ u. d. 13, September geschrieben: Auf Anregung des Stadtraths in Freiburg haben gestern die Hrrn. Ober-Baurath Denzinger aus München, Ober - Baurath von Schmidt aus Wien, Ober-Baurath von Egle aus Stuttgart und Baudirektor Durm aus Karlsruhe den Thurm des Münsters in Freiburg baulich untersucht und gefunden, daß ein Theil der Münsterpyramide, etwa 15—18 m, abgetragen werden müsse, da ‘der obere Theil dur Alter und Blißschläge shadhaft geworden. Auh müsse statt des alten hölzernen ein eiserner Glocken- stuhl angebracht werden, und es sei das Münster nah der Oft- seite hin freizulegen. Der Kostenaufwand werde si auf 2—3 Millionen Mark belaufen. In etwa drei Wochen werde das Gutachten der Sachverständigen veröffentlicht, auf welches man natürli in Freiburg sehr gespannt ist. Soüte eine so große Summe nöthig werden, so denkt man bereits an Bewilligungen Seitens des Landtages und an Münsterbaulotterien, Jedenfalls wird alles gethan werden, das s{öne E im fsüdlihsten Theil des Vaterlandes vor Verfall zu be- wahren.

Am Sonnabend erstatteten in der Versammlung des gegen- wärtig in Straßburg tagenden Deutschen Vereins für öffentlihe Gesundheitsp flege Dber-Bürgermeister Miquel (Frankfurt) und Professor Baumeister (Karlsruhe) ihre Berichte zu dem von einem Ausschusse vorgelegten Entwurf von Grundzügen für reich8geseßlihe Vorschriften zum Schuße des gesunden Wohnens. Es handle si hierbei niht um eine Reihs-Bauordnung, für welche das Reich niht zuständig ist, sondern um Mindestanforderungen an die Herstellung und Benußung von Wohnräumen in gesundheitlicher Hinsicht, zu deren Erlaß die Reichsgesezgebung verfassungsmäßig berehtigt sei. Es handele sich wesentlih darum, die kleinen Woh- nungen zu verbessern und zu vermehren; England und Belgien seien uns mit solchen Gesetzen erfolgreich vorangegangen. Aber neben den gescßlihen Vorschriften zur Abwehr ungesunder Woh- nungen müßten die Bestrebungen der Gemeinden, Arbeitgeber und Vereine gehen, gute und billige Arbeiterwohnungen zu schaffen, wenn das Privatkapital dieses Bedürfniß niht hinreichend be- friedige. Miquel's Darlegungen wurden mit großem Beifall begrüßt und die neu beginnende Durhberathung der Einzelvorschriften ergab nah mehrstündiger Verhandlung \chließlich die fast einstimmige und unveränderte Annahme der von dem vorbereitenden Ausshuße ent- worfenen „Mindestanforderungen*, welhe dem Reichskanzler als Material für eine bezüglihe Geseßgebung überreiht werden sollen. Diese reihsgeseßlihen Mindestanforderungen sollen si beziehen auf : 1) Straßen und Pläye, 2) Neuherstellung von Gebäuden, 3) Neu- herstellung der zu längerem Aufenthalt von Menschen dienenden Räume, 4) Benuzung der genannten Räume. Sicherung von Licht und Luft und Verhinderung der Ueberfüllung sind die pg e, punkte; weitergehende Anforderungen durch Landes- und Ortsver- ordnungen sollen nit ausgeschlossen sein. Abends versammelten sich die Theilnehmer an dem Kongresse in dem städtischen Concert- saale, der Aubette, an festliher Tafel. Bei derselben brachte zu- nächst der Vorsißende des Vereins, Ober-Ingenieur M eyer (Ham- burg), das Hoch auf Se, Majestät den Kaiser aus, in welches die Versammlung begeistert einstimmte. Ober-Bürgermeister Dr. Miquel 's Trinkspruch galt der Landesregierung, wobei der Redner

1889,

in warmen Worten die Verdienste derselben hervorhob. Unter- Staatssekretär von Schraut erwiderte darauf folgendermaßen :

„Im Auftrage des Kaiserlihen Statthalters sage ih dem Herrn Vorredner den besten Dank für die freundlihen Worte, welche er auszusprechen die Güte hatte. In der That befindet sich unser öffent- liches Leben im Reichslande gewissermaßen in einem Gesundungs- prozesse. Die Diagnose ist einfach : Konstitution kerndeutsh und kern- gesund; es gilt wunde Punkte zu heilen und Auswüchse zu beseitigen. Die Heilmittel sind gleichfalls einfach: eine gerechte, wohlwollende, die geistigen und materiellen Interessen der Bevölkerung fördernde lieben8würdige, aber energische Verwaltung in Verbindung mit der Alles heilenden Kraft der Zeit. Wer sich frei weiß sowohl von Optimiêmus als von Pessimismus, wird beobatten, daß troß einiger Sieberanfälle der Gesundungsprozeß langsam, aber normal verläuft ; ja, meine Herren, es wird voller Frühling werden im Reichslande, langsam zwar, aber so sicher, wie es Frühling geworden ist in den deutschen Landen seit der Wiederaufrihtung von Kaiser und Reich. Und hier ist der Punkt, an welhem wir Ihnen lebhaft dafür danken, daß auch Sie hier Ihr Banner für das allgemeine Wohl aufgerihtet haben, und zwar, wie mit Genugthuung zu be- merken ist, unter lebhafter Betheiligung altelsässisher Kreise. Die Bevölkerung beobahtet hier genau und begrüßt \ympathish, was das allgemeine Wohl fördert. Die alten Freunde werden befestigt, neue treten hinzu. Daher dürfen Sie auh das Bewußtsein tragen, daß Ihre Versammlung hier im Reichslande nicht nur Ihren gemeinnüßigen Zwecken, sondern auch dem Gesammtinteresse unseres heißgeliebten Vaterlandes förderlih is. Diesen Gefühlen möhte ih Ausdruck geben, indem ich Sie bitte, Ihre Gläser zu erheben, und einzustimmen in den Ruf: der deutsche Verein für öffentliche 0 id der Segen s\pendet und daher auch Dank erntet, ebe hoch!“

Die Rede wurde von den Anwesenden mit lebhaftem Beifall aufgenommen. Ober - Bürgermeister Böttiher dankte der Stadt Straßburg für die entgegenkommende Aufnahme, sein Hoch galt der Stadt und ihrem Bürgermeister Bak. Leßterer erwiderte mit einem Hoch auf den Verein. Der Vorsitzende des letzteren, Ober-Ingenieur Meyer, sprach \sich darauf anerkennend über die Stadterweiterung Straßburgs aus, sowie über die großen Fortschritte der Stadt im leßten Dezennium; dem Reichslande und seiner Hauptstadt brachte er ein Ho.

Ueber Alterthümer Lothringens entnimmt die „Lothr. Ztg.“ einem von Hrn. Pfarrer Paulus von Puzieux gehaltenen Vor- trage Folgendes: Inmitten des Seillethales, rings um die kleinen Städte Marfal, Vic und Moyenvic existiren großartige Bauwerke, die in jeder Hinsicht verdienen, das Interesse des Alterthumsforschers zu erregen. Diesen Bauwerken, welche die ehrwürdigsten Ueberreste unseres Landes aus den ältesten Zeiten bilden, wurde der Name Backsteinmauerwerke oder richtiger Backsteinlager des Seille- thales beigelegt. Sie haben schon die Alten viel beschäftigt und sind auch von ibnen vielfah beschrieben worden. Ungeheure Lager von Backsteinen sind es, verschiedenartig in Form und Größe. Sie wurden nit in Formen gegossen oder gepreßt, jondern frei mit der Hand geknetet und tragen auch meistens Eindrücke von Frauen- und Kinderfingern. Die einen davon haben die Form eines -Langecks mit abgerundeten Kanten, die anderen, welche etwa zwei Drittel der ganzen Masse bilden, sind mit Gliederknochen zu vergleichen, d. h. sie sind cylinderförmig mit einer Verdünnung in der Mitte; ein weiterer Beweis, daß man es hier mit einer Handarbeit zu thun hat. Ihre Größe \{chwankt zwischen 10—30 Centimeter in der Länge, 3—7 in der Didte, viele davon sind niht größer wie Finger- gelenke. Alle diese Steine und Steinchen wurden geknetet, gebacken, er- hielten ihre Form aus freier Hand und wurden einfach durceinander in den Sumpf geworfen. Der Ausdruck „Baksteinmauerwerk“ ist folglich nit ganz rihtig, da er aber die einzig passende Uebersetzung des Wortes „briquetage“ ift, sei er au an diesec Stelle gebraucht, ob- {hon der Ausdruck „Baksteinlager“ den Vorzug verdient. Diese Steine hat kein Mörtel mit einander verbunden und dennoch bilden sie heute eine so feste Masse, daß man nur mit vieler Mühe einige Stück davon loszutrennen vermag. Ihre unregelmäßigen Formen, die ver- \chiedenartigen Stoffe, die damit vermischt sind, das Durcsikern des Schlammes, ihr eigenes Gewicht u. f. w. haben zu diesem erstaun- lihen Ergebniß geführt. Dieses Steinlager hat ursprünglih höchst- wahrscheinli die Oberfläche des Bodens bedeckt, ist aber im Laufe der ia allmählich gesunken, sodaß man sie heute an verschiedenen Stellen in einer Tiefe bis zu 5—6 Meter suchen muß. Wie die Bestandtheile desselben an Form, Größe und Farbe sehr verschieden sind, so ist auch die Ditke der Schiht bei Weitem nicht überall dieselbe. In Vic hat man sie auf 60 Centimeter, in Marsfal und Moyenvic auf 1 Meter bis 2 Meter 30 Centimeter abge\chäut. In Burthecourt beträgt dieselbe sogar 44 Meter Man glaubte in früheren Zeiten, dieses ungeheure Lager dehne sih ohne Unter- brehung von Dieuze nach Moyenvic aus. Verschiedene Nach- forshungen haben jedoch ergeben, daß zwischen Dieuze und Marsal solhe Backsteinwerke fehlen. In einer Tiefe von 5, 7 oder 9 Fuß stößt man auf einen Kies, der hart ist wie der Fels. Eine Viertel- stunde vor Marsal bis zu leßterem Ort aber ist der Sumpf boden- los. Von Marfal bis Moyenvic is der Sumpf derselbe. Ba- steinlager finden sich nur in Marsal, Moyenvic und Burthecourt vorz; andere Forscher haben auch solche bei Vic, Salonnes und Chatry (eine ehemalige, aber längst vers{chwundene Saline zwishen Moyenvic und Vic) entdeckt. Von allen diesen Lagern ist das von Marfal das wichtigste, es ift folglich auch am meisten durchforscht worden. Es erstreckt sich unter der ganzen Oberfläche des Städthens und bis etwa 300 Meter weiter gegen Westen. Der Gelehrte Lasauvagère {äßt die oberflählihe Ausdeh- nung auf 72 Hektar 13 Ar 50 Centiar und die ganze Masse auf 1 066 150 Kubikmeter. In Moyenvic beträgt die Ausdehnung 41 Hektar 78 Ar 61 Centiar. Die Masse kann 610 000 Kubikmeter betragen. Das Lager bei Burthecourt ist bedeutend kleiner und erstreckt sich nur über 8 Hektar 71 Ar in der nächsten Umgebung der Schloßgärten und bildet eine feste Masse von etwa 260000 Kubikmeter, Die Lager von Vic, Salonnes und Chatry sind bis jeßt noch nicht näher untersuht worden. Die Gesammtoberfläche der 3 Lager in Marsal, Moyenvic und Burthe- court beziffert sich folglich auf 122 Hektar mit einer Gesammtmasse von 2 Millionen Kubikmeter. Fürwahr, wir befinden uns hier vor einem großartigen Unternehmen, vor dem großartigsten Baudenkmal Lothringens, aber aud dem am wenigsten erforshten, dem geheimniß- vollsten. Die Frage ist nun, welchen Ursprungs diese Steinlager sind und zu welhen Zwecken sie konstruirt wurden. Die Ansichten darüber gehen ziemlih auseinander; die einen Forscher schreiben sie den Römern zu, andere den Franken, andere den Keltenz; Redner ist der Ansicht, daß wenigstens der Anfang derselben den Ureinwohnern des Seillethales zuzuschreiben sei. Ihre Nach- folger, die Kelto-Gallier und die Gallo-Römer, hätten die Arbeit einfach fortgeseßt und vollendet. Das bewiesen u. A. die verschiedenen organishen Reste, Humana Gatten u. st. w., die den Steinmassen bei- emisht wurden. ezüglih ihrer Bestimmung glaubt Referent, es sei möglich, daß Ausbeutungszwecke der Salzwasser in erster Linie in Betracht gezogen wurden. Zu einem Schlusse kommt er aber nicht, und die Frage wird voraussihtlich noch längere Zeit eine ofene bleiben. Vielleicht werden die Korrektionsarbeiten der oberen Seille, die dem- nächst in Angriff genommen werden sollen, es ermöglichen, weiteres Licht in die Angelegenheit zu bringen.