Jahrgang 1889, 1888, 1887 am Montag, den 4. November, e 1880. «e Dien 185... , Mittwoch, , 6. ¿ 184 .. , . „ Donnerstag, „ 7. L E S STetas, 8: L 1877*) s Sonnabend, D 9, S *) Diejenigen Personen, welhe vom 1. April bis 30. S S E Wf 9 S S . Für die zier-Aspiranten der Provinzial-Infanterie : __ Jahrgang 1888, 1887, 1886 am Montag dea 4. November, Vor- A Uhr, “s abhrgang 1885, 1884, 1883, 1882 und 1877* i den 5. November, Vormittags 10 Uhr. * 0 Vas *®) Diejenigen Personen, welche vom 1. April bis 30. September a u _TII. Für die (wegen zeitiger Dienstunbrauchbarkeit 2c.) ¿ur Dis- position der S aDeporden entlassenen Mannschaften aller. Waffen mit den Namens- afangbuchstaben L—Z am Mittwoch, den 6. No- N E 10 S , ie vorbezeihneten Mannschaften werden aufgefordert, zu den festgeseßten Stunden pünktlich zu erscheinen, wobei bemerkt Mie daß die Beorderung nur dur die gegenwärtige Bekanntmachung erfolgt, und besondere Gestellungs-Ordres nicht erlassen werden. Wer die Kontrolversammlung versäumt, wird mit Arrest und Ti Grund L e mit Versetzung in i l Jungere Fahresflasse, woraus Verlängerung der t- dienstpfliht um ein Jahr folgt, besteaft, dds E Königliches Kommando des Landwehr-Bezirks Ul Berlin.
Vor- mittags 8 Ubr.
Angekommen: Se. Excellenz der Staats-Minister und Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal- Angelegen- heiten, Dr, von Goßler, aus Süddeutschland.
Personalveränderungen.
Königlich Preußische Ariaee.
Ernennungen, Beförderungen und BVersegungen. Im aktiven Heere. Hannover, 15, September. Prinzessin Albrecht von Preußen Köriglihe Hoheit, zum Chef des 1. Hannov. Infant. Regts. Nr. 74 ernannt. v. Frankenberg u. Prof li , Pr. Lt. vom Kür. Regt. Königin (Pomm ) Nr. 2, vom 1, Januar k. F. ab auf eiu Jahr zur Botschaft in Rom kommandirt.
Abschiedsbewilligungen. Im aktivenHeere, Han- nover, 15, September. v. Lucadou, Oberst-Lt. à la suite des 5. Thüring. Inf. Regts. Nr. 94 (Großherzog von Sachsen) und
Direktionsmitglied der Kriegs8akademie, als Oberst mit Pension und |
seiner bisherigen Uniform der Abschied bewilligt.
Im Beurlaubtenstande. Hannover, 15. September. Rheinen, Hauptm. a. D., zuleßt von der Inf. 1. Aufgebots des Landw, Bezirks Heidelberg, die Erlaubni zum Tragen der Uniform der Landw. Inf. Dffiziere tieses Landw. Bezirks ertheilt.
Nichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin , 21, September. Se. Mazestät der Kaiser und König begaben Sih gestern früh um 91/2 Uhr zu Wagen vom Jagdshloß Springe nah Voldagsen, stiegen dort zu Pferde und führten bei dem um 7 Uhr be- ginnenden Manöver das VII. Armee-Corps Allerhöchstselbst. Der Gegner, das X. Armee-Corps, wurde durch Ümfassung seines rechten Flügels auf Elze und Wittenburg zurückgedrängt. Gegen 11 Uhr wurde die Uebung unterbrochen. Se. Majestät ritten sodann O X. Armee-Corps hinüber, übernahmen das Kommando über dieses und führten es, die Truppen allmählih aus dem wiederbeginnenden Gefechte los- lösend, in die Stellung Wülfinghausen - Wülfingen zurück. Nachdem diese beritten und die nöthigen fortifikatoz ischen und sonstigen Anordnungen von Sr. Majestät befohlen waren, begaben Allerhöchstdieselben Sih nah Boigzum, nahmen dort im Zeit das Frühstück ein und kehrten demnächst zu Wagen nah dem Jagds loß S ringe urück. Hier hielten Se. Majestät G8 nachher noch eine urze Jagd ab und erledigten am ahmittage Regiccungs- E
Yeute früh um 51/2 Uhr begaben Se. Majestät Sih zu Wagen nach Wülfinghausen, beabsichtigten dort zu Pierbe Ü steigen, das R. Armee-Corps während des heutigen Manövers Allerhöchstselbst zu kommandiren und nah Schluß der Uebung mittels Sonderzuges von Elze über Hildesheim und Braun- shweig nah dem Neuen Palaie resp. Station Wildpark zurüc{zukehren, woselbst die Ankunft für 4 Uhr 40 Minuten Nachmittags in Auéfichi genommen ist,
— Jhre Majestät die Kaiserin und Königin ale am Donnerstag zur Frühstüstafel Einlabungen ergehen assen an Jhre Königlihe Hoheit die Frau Prinzessin L Leopold, sowie an Zhre Königliche oheit die Frau erzogin Wilhelm von Mecklenburg:Schwerin und an hre Boen U O a lags unternahm jhre at gemein]chastlih mit den Königlichen Pri eine längere Spazierfahrt. A
— Jhre Majestät die Kaiserin un!d Königin Augusta empfing im Verlaufe der leßten Tage in Schlangen- bad den Besuch Jhrer Königl ichen Hoheit der Prinzessin Christian zu Schleswig - Holstein und deren Prinzessinnen- bura sowie Jhre Durchlaucht die Prinzessin zu Schaum-
-Lippe.
_ Am Montag, den 23., Jährlich, Allerhöchstsich zum Herbst aden zu begeben.
gedenkt Vote Majestät, wie all-
ufenthalt nah Baden-
— An Zöllen und gemeinschaftlihen Verbrauchs- steuern sowie anderen Einnahmen sind im Reich für die Zeit vom 1. G 1889 bis zum Schluß des Monats August 1889, einshließlid er kreditirten Beträge, zur Anschreibung gelangt :
ölle 148534071 Mé (+4 37 131 108 46), Tabadsteuer 3277567 M + 61 859 B , Huckermaterialsteuer — 47 977 353 M (-+ 41 677 976 46), Verbrauchsabgabe von Zucker 15 719 233 46 +15 717 991 A), Salzsteuer 14 396 939 M (+ 4541 M6), e - und Branntweinmaterialsteuer 1973 156 Á + 2891 896 A), Verbrauchsabgabe von Branntwein und ushlag zu derselben 43 151 405 M (+ 1 071 779 M), Brau- teuer 10 834 084 /6 (+ 1 441 041 M4), Uebergangsabgabe von
tf 100 159 242 A6). —- Spielkartenstempel 381034 M +11 666 A6), Wechselstempelsteuer 3022 212 M (+ 235 281 M), Stempelsteuer für a. Werthpapiere 5016325 M (+2061 581 M4), b, Kauf- und sonstige Anschaffungsgeschäfte 5 704 896 46 Un 1 152730 S), c. Loose zu Privatlotterien 279916 M + 86 874 A), Staatslotterien 2517912 M (+ 140 453 M). _ Die zur Reichskasse gelangte Jst-Einnahme abh- züglih der Ausfuhrvergütungen und Verwaltungskosten be- trägt bei den nachbezeihneten Einnahmen bis Ende August 1889: Zölle 134 389 902 M6 (+ 37 974237 M), Tabasteuer 2 990040 M6 (+ 164 831 M), Budermaterialsteuer 11645 597 M (— 3814 197 6), Verbrauhsabgabe von Zucker 16 487 298 M4 (+ 16 486 106 6), Salzsteuer 14534 333 M (— 247 608 M), Maischbottich- und Branntweinmaterialsteuer 8616 973 + 3591 736 M), Verbrauhs8abgabe von Branntwein und
ushlag zu derselben 36 710970 A (4 9945673 M),
rausteuer und Uebergangsabgabe von Bier 10238358 M, (+- 1363 256 6); Summe 235 613 471 M (+ 65 464 034 M). — Spielkartenstempel 469 411 4 (+ 32 318 M).
Om Einverständniß mit dem Finanz-Minister hat der Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten die bestehenden Bestimmungen über die Erhebung von Auditoriengeldern an der Friedrih-Wilhelms-Universität dahin abgeändert, daß vom Winter-Semester 1889,90 ab niht mehr für jede einzelne Vorlesung im Semester ein Betrag von 50 *§ bezw. 1 M, sondern von jedem Studirenden für alle von ihm während eines Semesters anzunehmenden Vorlesungen ein Gesammt- betrag von 5 Á# an Auditoriengeld bei der Belegung auf der Quästur zu entrichten ist.
— Der Jnspecteur der 1. Fuß-Artillerie-Jnspektion, General-Lieutenant von Teihman und E von Dienstreisen hierher zurückgckehrt.
… — An Stelle des zum 1. Oktober 1889, als kommissa- rischer Hülfsarbeiter in das Ober-Landeskulturgeriht ein- berufenen Regierungs-Raths Wesener zu Hanau ist von da ab dem als Spezialkommissar daselbst angestellten Negierungs- Assessor Dr. Holtermann die weitere Verwaltung der Spezialk ommission zu Hanau übertragen worden.
— S. M. Kreuzer-Korvette „Jrene“, Kommandant Kapitän zur See Prinz Heinrich von Preußen, Königliche Hoheit, beabsichtigt, am 25. d. M. die Weiterreise von Gibraltar fortzuseßen. — S. M. Kreuzer „Möwe“, Kom- mandant Korvetten-Kapitän Riedel, ist am 20. September cr. in Malta eingetroffen und beabsichtigt, heute die Heimreise fortzusetzen.
_ Kiel, 20. September. Nach amtlicher Mittheilun wind das englische Kanalgeshwader, N Ven Kriegsschiffen „Northumberland“, „Anson“, „Monarh“, „Fron Duke“ und „Curlew“ unter dem Befehl des Admirals Baird am 10. Oktober hier anlaufen.
(Allg. Ztg.)
Bayern. München, 20. September.
Se. Königliche Hoheit der Prinz Rupprecht folgte de Einladung seines erlauchten Vaters zur Jagd in der Näbe von Pfronten und ist gestern in Begleitung seines Adjutanten, Freiherrn von Horn, dorthin abgzreist. — gJZhre Kaiserlich Königliche Hoheit die Kron- prinzejsin- Wittwe Stephanie von Oesterreich kommt auf ihrer Reise von Belgien nach Wien am nächsten Sonntag hier ah und erstattet ihren hohen Schwägern, dem Punzen und der Prinzessin Leopold, einen mehrlägigen Besuch. Die hohe Frau reist im strengsten Jncognito. Se. Königliche Hoheit der Prinz Leopold wird der Sinladung seines Kaiserlichen Schwiegervaters zur «Jagd bei Gödölló Folge leisten und am nächsten Montag Abend in Begleitung des Majors Harimann dorthin reisen und etwa vierzehn Tage abwesend sein.
Württemberg. Friedri{shafen, 19. September. Der Kaiserlich rusfise Botschaster in London, von Ea
rede hielt, trugen 12 Unteroffiziere des 71. Regiments den Sarg hinaus zu dem sechs\pännigen Leichenwagen, dessen Pferde von Reitknehten géführt wurden. Die Zipfel des Bahrtuches wurden von Kammerherren und Offiziere getragen und die Unteroffiziere umgaben die Seiten mit den großen Palmen- wedeln. Die Militärkapelle spielte „Jesus meine Zuversicht“ und auf dem Thurm der Stadtkirhe begann das Glocken- geläut. Vor dem Leichenwagen gingen der Hoffourier, der Träger des Kreuzes in der Mitte zweier Assistenten, die Hof- fapelle, geführt vom Hofkapellmeister , die Kapelle des B Thüringischen Infanterie-Regiments Nr. 71, ein Traucr- marschall, die beiden höheren Klassen der Knaben-Bürgerschule, des Seminars, der Realshule und des Gymnasiums unter Führung ihrer Lehrer, die Livreediener, die Hofoffizianten, die Beamten des Hofmarschallamts, der Leibarzt, die anwesenden und nicht im Dienst befindlichen Kammerherrn, die zum Tragen der Orden bestimmten Offiziere und der Hofmarschall mit Marschallstab. Unmittelbar vor dem Leichen- wagen ritt der Fürstlihe Stallmeister und dicht hinter dem- selben schritten Fhre Durchlauchten der regierende FÜrst, der Fürst von Shwarzburg-Rudolstadt und Prinz Leopold, deren Gefolge und die Abgesandten frem- der Höfe. Dann schlossen fih an das Gesammt-Ministerium, das Landtags-Präsidium, die Offiziere des 3. Thüringischen Jnfanterie-Regiments Nr. 71, fremde höhere Offiziere und Herren, die vortragenden Räthe und die Landtags-Abgeordne- ten, die Landräthe, deren Stellvertreter, der Ober-Bürger- meister und der Stadtverordneten-Vorsteher, die Mitglieder der Amtsgerichte und der Staatsanwalt, alle übrigen Beam- ten incl. der Forstbeamten, der zweite Bürgermeister und der Gemeinderath der Residenz, die verschiedenen Korporationen , Genossenschaften und Vereine sowie Leid- tragende aus der Bürgerschaft und von auswärts. Der Zug bewegte sih über den Lustgarten durch die Hauptstraße und die Pfarrstraße bis zur Stadtkirche. Nachdem der Sarg auf dem vor dem Hochaltar aufgerichteten Katafalk aufgestellt war, sprah Hosprediger Zahn den Segen über die Leiche, worauf unter Vortritt des Hofmarschalls die Beisegung in der Fürsten- gruft erfolgte.
Oesterreich - Ungarn. Wien, 20. September. (W. T. B!) Eine Deputation des 14. russischen Dragoner-Negiments, bestehend aus dera Oberst Baron Krüdener, dem Kapitän Prinz Hymschiew und einem Wacht- meister ist hier eingetroffen, um den Jnhaber des Regiments, Erzherzog Albrecht, zu seinem 40 jährigen Jubiläum als Inhaber des Regiments zu beglückwünschen.
— 21. September. (W. T. B.) Nach einer Meldung des „Vaterland“ hat Prinz Aloys von Liechtenstein seine Stelle ais Obmann des Centrumsklubs niedergelegt unter Hinweis auf den Sieg der extremen Elemente bei den böh- mischen Landtagewahlen und die hierdurch völlig veränderte, muthmaßlih längere Zeit andauernde parlamentarische Lage.
__ Pest, 20. September. (W. T. B.) Die heutigen M a- nIver der Truppen des IV, Armee-Corps, we'che bei D u-
vollsten Zufriedenheit des Kaisers, Schluß beiwohnte.
Großbritannien und Jrland. London, 19. September. (A. C) Der Ausschuß des Londoner Dock- und Werft-Trusts beschloß gestern, in der nächsten Session das Parlament um Erlaß eines Gesetzes anzugehen zur Grün- dung eines Trusts, welcher alle bezüglichen Jnteressen in sich vereinige.
Nußland und Polen. St. Petersburg, 21. September- (W. T. B.) Wie das „Journal de St. Pétersbourg“ be- stätigend meldet, beträgt der Uebershuß der Neichs- eir.nahmen über die Reihsausgaben des Jahres 1888 über 30 Millionen Rubel.
der denselben bis zum
mit Gemahlin und Tochter, sowie Frau von Tatistchef f, welche längere Zeit zum Besuch bei Jhren Majestäten dem König und der Königin hier weilten, sind heute abgereist.
Vaden. Karlsruhe, 19. September. (Karlsr. Ztg. Se. Königliche Hoheit der Großherzog begab si A Nachmittag nah dem N und empfing dort Höchst- seine Großkin:er, Jhre Königlichen Hoheiten die Prinzen Gustav und Wilhelm von Shweder, welche von dem Hofmarschall von Lilliehöök begleitet sind. Der Großherzog geleitete die Prinzen nach dem Schlosse. Morgen früh werden n J Ania die h e der Mainau fort-
en. — Se. Komgliche Hoheit der Großherzog reiste u 4 Uhr 40 Mipyuten nach S ab. A M Jhre Königliche Hoheit die Großherzogin begab si e A Doi M un ee daselbst das Pfründner-
2, Jowle die Wessenberg'she Rettungsanscalt für \ittli verwahrlcste Kinder und das Spital. E Dic Herbstübungen des 14. (badischen) Armee- Corps sind mit dem gestrigen Tage beendet worden, und die meisten Truppen haben schon gestern mit der Eisenbahn die Rückrxeise nah ihren Garnisonsorten angetreten.
Schwarzburg - Sondershausen. Sonders ausen 20. September. (Schwzb.-Rud., Lds.-Ztg.) Die feicrlia Bei- ¡ePUng des verstorbenen Fürsten Günther fand gestern dem ausgegebenen Programm gemäß statt. Um 11 Uhr er- schienen im Vestibül des Schlosses, in welchem die Leiche auf: Ce war, Se. Durchlaucht der regierende Fürst, Jhre i 4 die Fürstin, Se. Durhhlauht der Fürst von warzburg- Rudolstadt sowie Jhre Durclauchten die Prinzessinnen Elisabeth und Marie und der Prinz Leopold, welche links vom Katafalk Play nahmen. Als Vertreter Sr. Majestät des Kaisers war der komman- dirende General des IV. Armee-Corps, General der Infanterie von Hänisch, erschienen, serner waren die Vertreter der ver- wandten und befreundeten Fürftenhöfe anwesend, Vom IV, Armee-Corps waren zugegen der Commandeur der 8. Division, General-Lieutenant von Blume, der Commandeur der 15. Infanterie-Brigade, General-Major von Stwolinsky, und an der Spiye der Deputation des 3. Thürin- Men Infanterie-Regiments Ne. 71, dessen Chef der erstorbene gewesen, erwies dem fürstlichen Chef die leßten Ehren der Oberst Bachholz. Als Ordonnanz-Offizier des hoch- seligen Fürsten fungirte der Lieutenant von Kamedcke. An der Spige der auéêwärtigen bez. preußischen Beamten von der Verwaltung, der Justiz, der Steuec, der Post u. \. w. erschien der oberste Beamte der Provinz Sachsen,
Jtalien, Rom, 20. September. (W. T. B.) Am eutigen Jahrestage des Einzuges der italienischen ruppen in Nom hatte die Stadt fesilihen Flaggenshmuck angelegt. Um 11 Uhr wurde zur Erinnerung an die Stunde, in welcher vor 19 Jahren der Einmarsch erfolgte, die große Glode des Kapitols geläutet. -— Auf ein dem König von dem hiesigen Bürgermeister über- mitteltes Telegramm erwiderte Se. Majestät: „Der 20. September 1870 is ein unvergeßliher Tag. Jhr Ver- trauen auf die Eintracht der Ztaliener in der Stunde der Gefahr ist für mich cine niht zu ershütternde Gewißheit. Es giebt heute keinerlei Gefahren für unsere Einheit; gäbe es deren aber, so würden alle Jtaliener streng ihre Schuldig- keit thun, denn in loyalen Herzen können solchenfalls keine Parteiunterschiede bestehen.“ — Der Bürger- meister und eine Deputation von Offizieren legten heute im Pantheon einen Kranz am Grabe Victor Emanuel's nieder und begaben sich dann nach der Porta Pia, wo der Bürgermeister in Anwesenheit zahlreicher libe- raler Vereine und einer großen Menschenmenge die oben mit- getheilte Antwort des Königs auf das an ihn anläßlich des heutigen Gedenktages gerihtete Telegramm unter roßem Beifall der Anwesenden verlas. — Die C für die bei der Erstürmung Roms Gefallenen war heute fesllich mit Kränzen geshmückt.
_ Uever das Befin den des Minister-Präsidenten Crispi wird aus Neapel, von heute, gemeldet: Nach der Entfernung der leßten Nadeln aus der Wunde ercab si, daß die Wunde vollständig normal und ohne alle Eiterung vernazbt. Weitere Bulletins werden niht mehr ausgegeben.
Dänemark, Kopenhagen, 21. September. (W. T. B) Jhre Majestät die Kaiserin Friedrich nebst Prin- zessinnen-Töchtern ist heute früh 9 Uhr 20 Minuten mittels Sonderzuges von Schloß Fredensborg hier einge- troffen. FJhre Majestät wurde auf dem Bahnhof von dem englischen Gesandten und dessen Gemahlin empfangen und trat alsbald die Weiterreise über Gjedser und Warnemünde nah Berlin an.
Amerika. New-York, 19. September. (R. B.) Der Staatssekretär Blaine hat von dem Gier ita Ren Konsul in Kingston, Jamaica, eine Depesche erhalten, welche mittbeilt, daß ein Aufstand auf der kleinen, zwischen e und Jamaica liegenden Jnsel Navassa ausgebrochen ist.
ie Jnsel gehört einer Guanogesellschaft. Eine Anzahl Amerikaner
Bier 1 222 839 4 (+ 161 091 6); Summe 191 131 941 4
Ober-Präsident von Wolff. Nach einem Trauergottesdienst,
wobei der Hofprediger Konsistorial-Rath Zahn die Gedächtniß- |
wurde getödtet. Auf Ersuchen des Konsuls wurde ein brit isches Kriegs schiff von Jamaica nah dem Schauplatze der Un- ruhen entsandt. Auch das amerikanische Kriegsschiff
nckesz stattfanden, verliefen ebenfalls sehr glänzend und zur *
„Galena“ hat Befehl erhalten, nah Navassa zu segeln. Die in den Vereinigten Staaten domizilirte Guanogesellshaft hat bisher keine Nachricht erhalten und glaubt niht an die Wahr- heit des Berichts. :
Die amerikanischen Sozialisten haben keinen Erfolg gehabt auf der nationalen Konvention des Gewerkvereins der Cigarrenmacher. Als sie versuchten, dex üblichen Erklärung der Grundsäße ein sozialistishes Gepräge zu verleihen, wurden ihre Anträge mit starker Mehrheit verworfen. Die Amerikaner uin eben die Blutthaten der Chicagoer Anarchisten nicht vergessen.
Afrika. Marocco. Tanger, 19. September. (R. B.) Der Sultan von Marocco ist hzute von Tetuan abgereist und wird am nächsten Sonntag hier eintreffen.
— Aus Zanzibar, vom 21. September, meldet ein Telegramm des „Reuter'shen Bureaus“: Von dem Kutter des englischen Kriegsschiffes „Reindeer“ wurde in der Nähe der Jnsel Pemba ein Sklavenschiff aufgebracht, auf welchem sich 131 Sklaven befanden.
Zeitungsstimmen.
Die von Neuem im Gange befindliche Agitation gegen die Schutzollpolitik giebt der „Deutschen volkswirthschaft- lihen Correspondenz“ Anlaß zu folgender Betrachtung:
„Das Gebahren der freihändlerishen und sozialdemokratischen Presse läßt darauf \chließen, daß für die nägerkommende Reichstags- fession ein „Ansturm“ gegen die Wirthschaft: politik geplant ist. Schon die vorige Session sollte einen solchen „Ansturm“ erleben, von dem man ruhmredig genug vorausgesagt hatte, er werde mindcstens die Getreidezôlle, wahrscheinlich die ganze Schußzollpolitik hinwegfegen. Damals waren die Sozialdemokratea an die Tête gestellt und die Freisinnigen hatten denselben nur \}o viel Unter- schriften für ihren Antrag zur Verfügung gestellt, als erforderlich waren, um ihm überhaupt die Chre einer Besprehung im Hause verschaffen zu können. Fürchterlichcs hatte \{chon vorher in der Presse der Alliirten über das geradezu haar- \sträubende „Material“ verlautet, welches der Abg. Bebel hinsichtlich der Brodvertheuerung durch die von ihm veranstaltete Privai-Enquete gesammelt habe. Als am 31. Januar und 4. Februar die Sache zum klappen kam, f\tellte fich heraus, daß das, was Hr. Bebel und seine Freunde eine Privat-Enquete nannten, nihts weiter ivar, als cine Reihe gänzlich unkbeglaubigter und werthloser, ihm von seinen Parteigenossen gemahter Angaben, welche, wenn lie Üübahaupt Etwas bewiesen, jedenfalls nicht be- wiesen, daß die unter Beweis gestelte Brodtheuerung eine Wirkung der Getreidezölle war, da man die frag: lihe Enquete erft 6 oder 7 Monate na ch dem Inkrafttreten der legten Zollerhöhung begonnen hatte. Die Herren Bebel und Broemel, der spiritus rector der „Freihandelscorrespondeïz“, fonnten bei etner so shönen Gelegenheit narürlih ebenso wenig fehlen, wie Herr Riert ; fie hatten den Reichstag so vollständig von der Verderblichkeit der Getreidezölle „überzeugt“, daß sie es selbst vorzogen, jeder Abstimmung Über den Antrag auf Authebung derselken sorgfältigst aus dem Wege zu gehen Im weiteren Verlaufe der Session ergaben sih Situationen genug, in denen es den Antragstellern möglich gewesen wäre, die weitere Behandlung ihres Schmerzenskindes zu erzwingen ; aber keinem E R iît es cingefallen, hierüber auch nur eine Silbe vcrlauten zu lassen.
Iust so wie damals verhält cs sih jeßt. Auch heute donnern die Organe der Herren Richter und Broemel tagtäglih gegen die „Tieuerung“ und nit nur die sozialdemokratischen, sondern auv die Centrumsorgaie beten ihnen pflihtshuldigst nah, Dieses Mal scheint man jedoch gleih aufs Ganze gehen zu wellen; verkündet doch die eDanziger Zeitung“ frank und frei; „Und sie bewegt \sih doch — nämlich die Soa:e der Schutzzollpolitik nähert sich ihrem Unter- gange!“ Neugierig sind wir ¿war, wie man die „Theuerung*, über welche man jeden Tag si entseßt, mit der SchugzoUp- litik in Be- ziehung zu bringen gedentt. Drei Artikel sind es speziel), welche für die Theuerungsaktion herhalten müssen: Brod, Fleisch und Kohlen. Kohlen haben zwar gar fkeiren Zollshuß; schadet aber nicht, das Steigen der Kohlenpreise im OQetailverkehr komm: doch von der Schutzollpolitik her. Vielleiht von dem Mangel eines shüßenden Zolles? Warum sollte man nicht zur Ab- wechselung cinmal versuchen, mit dieser Behauptung sein Ziel zu er- reichen; hat man doch, als die Getrcidepreise troß der Zölle niht steigen wollten, fondern immer tiefer sanken, in den Freihandels- organen lesen können, da könne man sehen, wie die agrarischen Zölle, stait ihr zu helfen, unsere eigene Landwirthschaft ruinirten.
Was die Getreidepreise anbelangt, so sind dieselben, wenigstens für Roggen, keineswegs höher, sondern eher niedriger als im vorizen Jahre um dieselbe Zeit. Hat man schon im vorigen Jahre mit der so schön geplanten Brotvertheuerungsaktion Schiffbruch gelitten, so wird man in diesem Jahre den so heiß begehrten Beweis der Ver- O Erotpreise durhch die Getreidezölle noch viel weniger
affen können.
Drittens aber die Fleish- und speziell die Schweinefleischpreise anlangend, so wird man, bis die Aktion im Reichstage beginnen kann, selbst im freisinnigen Lager kaum noch eine arme Seele finden, die daran glaubt, daß das Schweine-Einfuhrverbot und nicht die Händler- spekulation diese Preise in die Höhe geshnellt habe. Hat dech sogar \chon die „Danziger Zeitung“ erklärt, cs sei Unsinn, zu behaupten, daß jenes Verbot allein diese Wirkung gehabt hätte — eine un- finnice Behauptung, die man freilid) im Organ des Herrn Richter seit Wochen jeden Tag in neuen Variationen lesen kann.
Man wird also dem freihändlerishen „Ansturm*“ sehr rubig
extgegensehen können, und zwar um so ruhiger, als die Stürmer dieses Mal einen altbewährten Kniff unbeachtet gelassen haben. Sonst cperirt der Freihandel stets unter der Devise: divide et impera, indem eine Gruppe, die agrarishe oder die industrielle, als das ruinirende Element denunzirt wird. Da man aber jeyt gegen Alles zu Felde zieht, was nationalwirthschaftlihes Interesse heißt, jo haben die Freihändler dankenswerther Weise selbst dafür gesorgt, daß vie Jnieressenten der einzelnen Gruppen an die Gemeinsamkeit ihrer Sache rechtzeitig erinnert wurden.“
Ueber die morgen stattfindenden Neuwahlen in Frankreich bringt die „Nationalliberale Correspon- denz“ folgende Erörterung:
„Am nächsten Sonntag finden in Frankteih die Kammerwahlen statt, und die Aufregung und Spannung tort im Lande ist begrei)- liher Weise eine sehr g1oße, am so mehr, als über das Ergebniß durchaus entgegengeseßte Muthmaßungen und Berehnungen im Umlauf find. Eine Shwächung der republikanishen Partei in der Kammer wird wohl mit Sicherheit angenommen werden dürfen; bei dem bis- herigen starken Uebergewicht derselben aber werden ihre Einbußen \{chwer- lich so weit gehen, daß sie in ihrer Gesammtheit in die Minderheit gegen- Über den monarhistisch-klerikalen Parteien kommt. Es verlohnt sich nicht, weitece Spekulationen darüber anzustellen, wo die Entscheidung so unmittelbar bevorsteht. Außerhalb Frankreihs und zumal in Deutschland sieht man dem Ereigniß mit kühler Gelassenheit ent-
egen, und man thut wohl daran. Gewiß ziehen diese für die Ge- chide unseres großen Nachbarlandes so bedeutsamen Wahlen auch diesseits der Vogesen das Interesse und die Aufmerksamkeit auf sich; aber von jener ängstlihen Spannung, von jenem Gefühl, daß in Paris zuglei über die fernere Entwidelung der europäischen Dinge entschieden werde, daß von dort ein maßgebender Rückschlag auch auf die deutschen Geschide ausgehe, einem Gefühl, mit dem man in früheren Jahrzehnten alle kritishen Vorgänge in Frankreich zu begleiten pflegte, ist jeßt in Deutschland nichts mehr zu bemerken. Man sieht der
Kundgabe der politishen Gesinnung und Stimmung des französischen Volks als einem interessanten, aber für uns im Grund gleihgültigen Ereigniß entgegen. Wir wissea viel zu gut, daß alle fianzösishen Staatsformen und Parteien Deutschland gegenüber die gleiche feind- selige Gesinnung hegen und sih auch in dem Grad der Stärke, womit sie dieselbe zum Ausdruck bringen, nicht sehr erheblih unterscheiden. Wir haben uns durch unsere Vündnisse urd durh unsere eigene Kriegsbereitshaft in eine Lage verseßt, in der wir mit Ruhe und Vertrauen allen Wendungen der Zukunft ent- zegenschcn können. Es hat sich auch in Deutschland nirgends, weder in den Kreisen unserer Regierung, noch in der öffentlichen Pteinung, eine besondere Vorliebe und Gunst für irgend eine Staats- form oder Partei in Frankreich herausgebildet. Wenn man im All- gemeinen einer auf die mittleren bürgerlihen Klassen sich stütenden Republik mit freisinnigen Zielen und besonnenem Charakter den Vor- zug giebt, so geschieht es in der Annahme, daß unter einem solchen Regiment der äußere Frieden und die Herstellung eines leidlichen nB bag Ben Verhältnisses noch am meisten rerbürgt sei, daß die Republik ihrem Wesen und den Bevölikerungeschihten gemäß, auf die sie sid stüßt, ncch am meisten auf eine ruhig: Entwickelung des politishen Lebens und auf Pflege friedlihen Geschäfts und Erwerbs angewiesen sei, während eine monarchishe Restauration gar zu leich! in die Versuchung gerathen müßte, sih der innern Schwierigkeiten durch auswärtige Abenteuer zu entledigen und den Thron womözlih durch kriegerische Erfolge zu befestigen. Jndessen auf besonders festem Boden tuuht diese Nehnung keirieawegs; wenn sih die europäischen Verkältnisse und Kombinationen in einer Weise gestalten, daß sich für Frankreich Ausficht auf cinen erfolgreichen Krieg eröffnete, würde auch die Republik keinen Augenblick zögern, zum Schwert zu greifen, und darum haben wir in Deutschland wenig Ursache, urs für irgend eine franzésishe Staatéform besonders zu ereifern Wir beobachten die Dinge in Ruhe und halten für alle Fälle unfer Pulver trocken.“
Die Kaiser-Manöver in Haunover.
Ueber das gestrine Manöver, bei welhem Se. Majestät der Kaiser und König Allerhöchstselbst das Kommando des VII. Armee-Corps übernommen hatte, wird dem „Hannover'schen Courier“ berichtet :
Springe, 29, September. Das heutige Manöver war eine Fort- seßung der gestrigen Aufgabe. Das VII. Armee Corps hatte gestern in Folge ükterlegenen Artilleciefeuers des Gegners von der Durch- führung des Angriffs Abstand nehmen und seine vorges{chobenen Truppen zurüchziehen müssen; das X. Armee-Corps war nah Zurückweisung der feindli&en Têten in seiner Stellung verblieben und hatte Vorposten in der Linie Südostecke des Osterwalde3s—Benstorf—Heinsen aus8gesett, während die gegnerishen Vorposten auf der Linie Kannstein—O|t- auszang von Hemmendorf—Forsthaus Haide nach der Kammhöhe des Osterwaldes nordöstlich Dörpe standen.
Das X. Armee-Corps batte auch heuie noch die Bahn Hannover- Alfeld zu deckden, das VII. Corps secinen Auftrag durchzuführen, ten Gegner zurückzuwerfen. :
Der Kaiser pecsönlih latte das Kommando über ras VIT Arwmee- Corps, roelhes schon seit gestern Morgen um eine kombininte Brigade ftärker war, als das X. Corps, Übernommen. In dem Corpsbefehl war çesagt, daß Se. Majestät den Feind anzugreifen beabsichtige. Der kommandirende General des X. Armee-Corps, welcher über die feindlihe Vorpostenlinie genau unterrichtet war, gab den Corpsbefehl aus, daß seine Fußtruppen in den Stellungen, in welchen die Gros ihrer Vorposten liegen, um 7 Uhr bereit zu stehen hätten, um einem etwaigen Angriff zu begegnen. Dex Kavallerie-Division Versen wurde an Stelle der 20, Infanterie-Division der direkte Shuyz der Bahn- "trete Dehnsen—Elze übertragen, zu welchem Zweck sie eine Beceit- \chaftsstellung zwischen dem Soanenberg und Eime zu nehmen hatte. Die Kavallerie-Brigade Groote hatte. wie am Tage zuvor, gegen Springe und über den Saupark und Osterwald fort gegen Altenhagen und Koprenbrüggae aufzuklären und die Pässe zu verschließen.
Schon kurz nah 7 Uhr Morgens entspann sich zwischen den ron den beidersciticen Vorposten zur Ruffklärung abgesandten Abtheilungen ein Vorpostengeplänkel, wel hes bald wieder beendet war. Von 8 Uör ab aber hôrte man in Osterwald immer lebhafteres Gewehrfeuer und \{loß daraus, daß die Kavallerie-Brigade Groote bei ihrem Vorgehen auf Widerstand gestoßen sei. Wie \ich später herausstellte, war die vorgesandte Kavallerie X, Armec-Corps, welcher das Jäger-Bataillon zugetheilt worden, im Osterwald mit feindliter Favallerie und einem Batailion 57. Regiments sowie dem 7. Jäger-Bataillon zusammen- gestoßen. Einen Durchbruch durch den Osterwald und Saupark nach Springe konnten die Sichervigsabtheilungen des R. Armte-Corps wohl verhindern, nit abcr dem Vordringen der 14 Infanterie- Division durch den Oste:wald gegen Mehle mit Erfolg entgegen- treten. Hier gewann ker Gegner immer mehr Terrain, und nah hartem Feuergefecht 1-ußten die Truppen des X. Ccrps \ih aus dem Walde zurülziehen.
Das Vorgehen der 14. Division, welhes unterstüßt wurde durch cine nördlih der Saale rorgchende Brigade, ge\chah in dem {hwierigen und durch die Nässe noch weniger praktikablen Wald mit erstaunlicher Schnelligkeit; das Gefühl, unter dem direkten Befehl des Kaisers zu kämpfen, mag niht wenig dazu beigetragen haben, den Eifer ver Truppen noch mehr anzuspornen. Na Verlau? einer Stunde tat die feindliche (14.) Division, nachdem sie durch kolossales Schütßen- und Artilleriefcuer — letzteres aus den Batiecien zwishen Tilly- Linde und Osterwald — den Angriff vorbereitet, bei den Glashütten und an noch mehreren anderen Punkten gleichzeitig aus dem Osterwald heraus, zwar stark belästigt, aber niht aufgchalten durch starkes Feuer der Shüten am Quanthof und der Divisions-Artillerie bei Esbek, Inzwischen war auch eine zweite Kolonne vom VI1I. Corps bei Gr.- Oldendorf im Anmarsh auf Benstorf T geworden, doch ver- hielt diese ihre Voiwärtsbewegung, ersichtlih um die 14. Division zunächst in der Flanke der Aufstellung des X. Armee-Corps \chneller Terrain gewinnen zu lassen. Es gelang dies in solhem Maße, daß erst die Artillerie westlih Esbek, dann die Corps-Artillerie von ihrem Bereitsschaftsposten jüdöstlih Mehle abzufahren ih gezwungen sah, und auch die Jnfanterie der 19, Division allmählich aus ihren be- festigten Stellungen am Quanthof und westlich Esbeck abziehen mußte.
Der Rückzug richtete sich auf die Dörfer Sehlde und Mehle. Am leßteren Ort wurde cine neue Aufstellung an den nordöstlih ge- legenen Bergabbängen und am Walde genommen, während eine Auf- nahmestellung westlih Elze bereitet war. Die Corps- Artillerie X. Armee- Corps war mit großer Beschleunigung in eine Stellung südöstlih Elze gerüdckt, von wo aus sie die nun ebenfalls vorrücktenden Colonnen des Gegners bei Schlde beshoß. Die Kavallerie-Divisionen der beiden feindlihen Corps standen sich beim Sonnenberg bezugsweise bei Stein- lage gegenüber. Ob es dort vorher zu einer größeren Aktion ge- kommen, blieb bei der großen Entfernung und der lange Zeit voll- ständig verhüllten Fern\iht der Anschauung und Beurtheilung ent- zogen. Als die Uebung endete, hatte das angreifende Armee-Corps unter dem Befehl Sr. Majestät das X. Armee-Corps aus den am Morgen innegehabten Positionen verdrängt und die Ortschaften Sehlde und Mehle in seinem Vesiß. Beide Armee - Corps bezogen wie in der vorhergegangenen Naht Bivouaks, nachdem der Kaiser das Kommando des VI1, Armee-Corps wieder an den General von Albe- dyll abgegeben hatte. j
Von großem Interesse war bei der vom Wetter keineswegs be- günstigten Uebung — Regen wechselte mit Hagelshlag und großer Berfinsterung — ein Vergleih zwischen dem alten und dem soge- nannten rauchlosen neuen Pulver.
Außer den einheimischen Zuschauern verfolgten au die fremd- ländishen Offiziere die heutigen Versuche wit lebhaftem Interesse.
Se. Majestät der Kaiser, welcher heute Generals- Uniform trug, ritt nah beendigtem Manöver noch an einzelne Truppentheile heran und wurde von diesen mit Hurrah begrüßt. Ganz gleihe Be-
grüßungen erhält der Kaiser, wenn erx auf seinem Ritt über das
Manöverfeld einer größeren Vereinigung von Zuschauern begegnet. Morgen wird der leßte Manöverkampf unter den Augen des
Kaisers und wahrscheinlih auch unter seiner Führung ausgefochten.
— Vom heutigen Manövertage meldet „W. T. B.“:
Die beutige Scblußübung der Kaisermanöver verlief aufs Glänzendste; ale Waffengattungen kamen zur außsgiebigsten Berwendung. Se. Majestät der Kaiser stand mit dem von ihm geführten X. Armee-Corps in Vertheidigungsstellung, verstärkt durch 8 Schumann’she Panzerthürme mit je einezr Revolverkznone. Heute kam auch bei diesem Corps das neue Pulver zur Verwentung. Se. Majestät, welcher die Uniform ter Königs - Ulanen trug, leitete tas Manöver von einer das Terrain beherrschenden Höhe aus. Das gegnerische VII Armee - Corps, um 6 Bataillone und 2 Batte:ien stärker, mate einen Angriff auf den rechten Flügel des X. Corps und dräagte denselben zurück; ein Offensivitoß des Centrums des X. Corps warf jedoch das VII. Corps vollständig, während die Kavallerie- Division des X Corps die Stellunz der feindlicen Artillerie angriff und diese außer Gefecht seßte. Um 102 Uhr war das Manöver zu Ende. Bei der Kritik sprah Se. Majestät dec Kaiser beiden Corps un- getheiltes Lob und Anerkennung für die Leistungen der leßtea Tage aus.
Um 12 Uhr reiste Se. Majestät der Kaiser, von Seinen Fürstlihen Gälten begleitet, nah Hannover, um von dort die Heimreise nah Potsdam fortzuseßen.
Submissionen im Auslande.
Rumänien. :
13. Oktober. Verwaltungékommission des 11, Calaraschi- Regiments, Regimentékanzlei in der Kaserne Papäuti zu Botuschani:
Lieferung von 430 Kravatten,
600 Paar Leinwandfußfetzen. L
600 Handtücher, 544 Pädtchen klciner Ausrüstungsgegensiände, 520 Striegel und 360 Futtersäcke für Gerste
Näheres an Ort und Stelle.
Verkehrs - Anstalten.
Die feit längerer Zeit geplante Dampfschiffsl inie einer direkten Verbindung zwischen Hamburg und Marokko wird Ende November durch die Afrikaniiche (Woermann'she) Dampf- \chiffsgesellschaft bergestellt werden, indem, wie die „Wes -Zta.“ meldet, cinige Dampfer zunächst Tanger und drei andere Häfen an- [laufen werden.
Büchen, 21. September. (W. T. B) Der hier Morgens 3 Uhr 55 Minuten fällige ErpreßzugBerlin—Hamburg mußte nah Bozzenburg zurücksahren, um ein anderes Geleise zu gewinnen, da das rechte Geleise durch Entgleisung eines Güter- zuges vor dem hiesigen Bahnhof: gesperrt war. Der Eipreßzug erlitt eine Verspätung von 2 Stunden.
Hamburg, 20, September. (W. T. B) Der Shnell- dampfer „Columbia“ der Hamburg - Amerikanischen Padcketfahrt- Aktiengesellschaft i beute Mittag von Southampton abgegangen.
London, 21. September. (W.T. B.) Der Union-Dampfer „Merican“ ist gestern von Southampton auf der Ausreise abgegangen.
Theater und Musik.
Königliches Schauspielhaus.
Gestern Abend gelangte Iwan Turgenjeff's einaktizes Schauspiel „Natalie“, für die deutsde Bühne bearbeitet von Eugen Zabel, zur Aufführung und hatte sich beisälliger Aufnahme zu erfreuen.
Wer Turzenjef's Romane gelesen, wird nur mit einer gewissen Voreinoenommenheit sich dazu entschließen, der Aufführung eines von diesem Romancier verfaßten dramatishen Werkes beizuwohnen, denn er erwartet eines jener düsteren Bilder, wie sie Turgezujeff so meister- haft, aber auch so abschreckend in seinen Prosfaarbeiten zu entwerfen verstand. Aber die „Natalie“ untersherdet fich wesentlich von seinen Tendenzromauen, vor allen Dingen hat dieses Schauspiel, obwohl auf russishem Boden spiclend, doch niht einen \pezifisch russishen An- firich und könnte ebenso gut in anderen Ländern sich zugetragen haben als in der Heimath des Dichters.
Slkizziren wir kurz die Handlung. Natalie Petrowna, eine Guts- besiterfrau, lebt auf dem Lande in den glücflichsten materiellen Ver- bâltrissen. Jhr Mann ist eingefleishter Landwirth, den fie geistig bedeutend überragt, der sie aber aufrihtig liebt und glüdlih zu machen sucht ; er ist so wenig cifersüchtig, daß er ihr, welche der geistigen Aaregung bedarf, gestattet, mit seinem besten Freunde Rafkitin eine Art Wahlverwandt\chaft einzugehen, deren Lauterkeit von dem Dichter wiederholt betont wird. Dieses glückliche Leben erfährt eine Störung durch den Eintritt Lorin's, eines jungen Hauslehrers, der für Nataliens fleinen Sohn Kolja engagirt wurde. Er wird der Anlaß zu heftigen Seelen- kämpfen, in welche nah und nah sämmtlihe Mitglieder des Hauses hineingezogen werden. Natalie, eine leidenshaftlih angelegte Natur, welche die etwas engen Schranken ihres geselligen und geistigen Lebens auf dem Gute schr wohl empfunden und nach Abwechselung begierig ist, beginnt \ih für den jungen Hau?lechrer Lorin zu interessiren; ihr Interesse steigeri sich um so mehr zuc blinden Leidenschaft, als fie die Wahrnehmung zu machen glaubt, daß Lorin und Wera, ihre Pflegetochter, in einander verliebt seien. Mit all der Grausamkeit, welcher ein eifersüchtiges Weib fähig ift, tritt sie trennend zwischen heide, vergißt die Klugheit sowei1, daß sie ihre wahren Empfin- dungen beiden verräth, und erhält die Gewißheit, daß ihre Liebe zu Lorin von diesem auf das Heftigste erwidert wird. Sie ist im Be- griff, ¿ur Ehebrecherin ¿u werden, als ihr alter Freund Rakitin, die edelste und sympathischste Gestalt des Sthauspiels, als Rctter auf- tritt, indem er ihr sowohl wie dem Hauslehrer Lorin das Verwerf- liche dieser Neigung zu Gemüth führt. Lorin ist cin {hwacher Cha- rakter; eben noch îtolz auf scine Errungenschaft, versinkt er nah dem ernsten Zwiegespräh mit Ratitin in Verzweiflung und löst den Knoten durch Selbstmord, 7
Dieser gewaltsame Ausgang ist der \{chwächste Punkt in dem Turgerjeff’ hen Werk, Die Lösung ist zu unvermittelt und zu bequem. Wer aber den von dem Dichter in dem Hauslehrer Lorin gezeichneten (Lharakter aenau in seiner Eigenart siudirt, wird zugeben müssen, daß jene gewaltsame Handlung doch eine naheliegende und natürlihe Folge war, wie sie bei einem wankelmüthigen, von cinem Extrem ins andere fallenden leidenscafilihen Menschen wohl zu erklären ist. Gewiß hat das Werk in der vorliegenden Form no eine Rcihe anderer Schwächen, so eben das Hinausschieben der Lösung des Konsflikts bis auf den leßten Theil des vierten Aktes; aber der La liegt in der feinen psychologishen Arbeit, welche
urgenjeff} mit diesem Schauspiel liefecte. Er war ein genauer Kenner des menschlichen Herzens und hatte es bei Männern und Frauen gründlich studirt, kannte seine geheinsten Regungen, die guten und die bôsen, und verstand sie treffflih in seinea Romanen und auch in diesem dramatishen Werk zu \childern. In der Charakteristik der Personen und der realistishen Schilderung erinnert Turgenjeff zuweilen an Ibsen; aber, wo lepterer mit Behagen das Häßliche uns vor Augen sührt, es unverblümt aus\prehen läßt und gewissermaßen zum Geseß erhebt, da verfährt der russishe Dichter feiner, er läßt ahnen und befürchten, aber er hütet sich, allzudeutlih zu werden und hilft uns so über das Unerquidckliche und Peinliche man@er Situationen hinwez. Wie viel an diesem vortheilhaften Eindruck die recht gute deutshe Uebersezung von Eugen Zabel betheiligt ist, vermögen wir nicht zu beurtbeilen, jedenfalls muß. man dem Ueberseger danken, daß cer uns aufs Neue die Bekanntschaft mit dem Dramatiker Turgen}eff vermittelt hat. i ;
Turgenjef\'s „Natalie“ würde gestern kaum einen so tiefen Ein- druck gemacht haben, wenn sie nidt eine Beseßung und Durchführung erfaren hâtte, die mit zu den besseren gehören dürfte, welche in neuester
i