1889 / 251 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 21 Oct 1889 18:00:01 GMT) scan diff

Nach einem Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten können Eisenbahn-Schülerkarten, E Unterriht an einzelnen Wochentagen Vor- und Naqmittags ertheilt wird, fortan auch zu einer zweimaligen Hin- und Rückfahrt an den betreffenden Tagen ausgegeben werden. Bei Berechnung des Kartenpreises werden die Mehrfahrten zu den Einheitssäßen des 8. 4 der allgemeinen Bestimmungen über die Ausgabe von Schülerkarten in Ansay gebracht.

Der Kaiserliche Botschafter am Königlich großbritan- nischen Hofe, Staats-Minister Graf von Havfel dt-Wilden- bur g, ist von dem ihm Allerhöhst bewilligten Urlaub nah London zurückgckehrt und hat die Geschäfte der dortigen Bot- schaft wieder übernommen.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath, Herzoglich sachsen - coburg- und gothaischer Staats - Minister Dr. von Bonin und Fürstlih s{haumburg - lippisher Regierungs- Präsident Spring, sind hier angekommen.

___— Der Gesandte der \{weizerischen Eidgenossenschaft am E Allerhöchsten Hofe, Oberst Roth, ist vom Urlaub nah érlin zurückgekehrt und hat die Geschäste der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der hiesige türkishe Botschafter Tevfik Bey hat Berlin verlassen, um sich nah Constantinopel zu begeben. Während seiner Abwesenheit fungirt der erste Botschafts- Sekretär Salim Bey als Geschäststräger.

Der General - Lieutenant Sto ckmarr, Direktor des

Militär: Oekonomie-Departements im Kriegs-Ministerium, ist |

vom Urlaub hierher zurückgekehrt.

Der General-Lieutenant von der Mülbe, Kom- mandant von Danzig, hat sich nah Beendigung seines Urlaubs in seine Garnison zurückbegeben.

Dex General - Lieutenant von Köller, Commandeur der 9. Division, ist mit kurzem Urlaub hier angekommen.

_ Der Regierungs-Assessor Dr. jur, Adolf Schmidt ist anl Königlichen Regierung zu Wiesbaden überwiesen worden.

Die Schiffe des Uebungsgeshwaders, Geshwader-Che Contre - Admiral Hollmann, und zwar: Panzerschi „Kaiser“ (Flaggschiff), Panzershiff „Deutschland “, Kreuzer-Korvette „Jrene“, sind aus Genua, und Panzerschif L M Panzerschiff „Friedrich der Große“, Aviso „Wacht“ aus Spezia am 21. Oktober d. J. in See gegangen. - S. M. Kanonenboot „Zltis“, Kommandant Kapitän- Lieutenant Ascher, ist am 19. Oktober cr. in Nagasaki ein- getroffen und beabsichtigt, am 23. desselben Monats die Reise nah Shanghai fortzusegzen.

__— Jn der Ersten Beilage des „R.- u. St.-A.“ wird eine Uebersicht der Zuckermengen, welche in der Zeit vom 1. bis 15. ODftoher 1889 innerhalb des deutschen Zollgebiets mit dem Anspruch auf Steuervergütung abgefertigt und aus Niederlagen gegen Erstattung der R in den freien Verkehr zurücgebraht worden sind, veröffentlicht.

Sigmaringen, 20. Oktober. (W. T. B.) Se. Durch- laucht der Erbprinz von Hohenzollern begiebt sih heute mit dem Hofmarschall von Arnim und dem Kammerjunker Lit LmdraM zur Beisepung des. Königs Dom Luis nah

issabon.

__ Württemberg. Ueber ein Attentat auf Se. König- liche. E den Jen Wilhelm, den präsumptiven Thronfolger von Württemberg, meldet „W. T. B.“: „Stuttgart, 20. Oktober. Auf den Thronfolger Prinzen. Wilhelm, welcher derzeit in Viarienwahl bei Ludwigs-| burg sich aushält, wurde heute Vormittag 9 Uhr bei der D nah der Kirche von dem stellenlosen Sattlergesellen ermann Klaiber aus Ulm ein Revolvershuß abgefeuert, der aber glücklicherweise , fehlging. Der Uebelthäter wurde sofort dur eine. Schildwache verhaftet; bei seinem ersten Verhör gab er als Motiv seiner That an: es sei Zeit, daß ein L Lan auf den Thron Württembergs komme. Där 2c. Klaiber ist 31: Jahre alt und. scheint geistes- ede n sein. Der Prinz setzte hierauf die. Fahrt nah der irche. fort.

Sachsen - Coburg - Gotha. W. T. B.) Se. Königliche Hoheit Urg ist nah, Lissabon feierlihkeiten abgereist.

Elsaß-Lothringen... Straßburg, 19. Oktober. (Straßb. Post.) Se: Königliche Hoheit: der. Großherzog von Baden traf heute Nachmittag hier ein. n: seiner Be- gleitung befanden sih_ der zur V. Armee-Jnspektion komman- dixte: Major. im. Generglsiabe. Hugo und der lügel:Adjutant Major. Freiherr von Gagern, Se. Königliche Hoheit: fuhr mit. seinem, Gefolge direktznach Wolfisheim. zum Fort „Fürst Bismarck“’, um dort einem Nachtmanöver. der Garnison. beizu- wohnen. und, kehrte Abends: nah.-Baden zurück.

Dem. Staatsrath, der gestern- zusammentrat, ist der „Straßb. Corr.“ zufolge. ein Entwurf, betreffend die Ueber- gangs steuer: für. fremde: Biere, zugegangen.

Coburg, 21, Oktober. t der Herzog von Edin- zur Theilnahme an den Beisezungs-

} Wi en, 20. Oktober. (Wien. Abdp#t. Se. Majestät der Kaiser traf geitern Vornaitog in M M 2 ein. Jm Bahnhofe wurde Se, Majestät von dem, Erzherzog ranz Salvator und den Spizen der Behörden empfangen. nter großem Jubel der ein amin, Bevölkerung und der Kürgäste b e n Se. Majestät zu Wägen nah dem Schlosse

l A er Zeitung“ veröffentlicht d E SIENer. Zeitung" veröffentlicht das nachstehende Allerhöchste Handschreiben an den gemeinsamen Minister des Auswärtigen, Grasen Käülno ky: | E Lieber Graf: Kälngly! Dem auh von Beinen Vorfahren befolgten Gebrauche ent-, spredend, laut welchêm die Benennung der Wehtmacht der Monarchie ch' jederzeit nah® dem ‘jeweiligen Titel ‘des! Obersten Ländes- und Kriéegößerrn; riejtete, häbe : Jh Mich. bewogen. gefunden, durch. ein. unter aon erlassenes Befehlschreiben, von welchem. Jh, Ihnen. eine, Abschrift sende, zu verfügen, daß, Meine Armee und Meine. 2 Ae Rei tion ou avo Anfialten, voE nun. an, L der vibhertgen, Tünslighii die Benennung, „Kgiserl ih un. E g lastegel und zu führen haben Werden | M

Oesterreich-Ungarn.

Diese. Maßregel, “welche zuglei. den mit. den einschlägigen Ges. seßen vom Jahre 1867" festgestellten \taatêrechtlichen Verbältnifsen entspricht, soll‘in keiner Weisé:die Einheit und Unzertrennbarkeit- des gemeinsamen Heeres und der Kriegs-Marine beeinträchtigen oder be-

Sanktion errihteten und hieraus abgeleiteten Geseße tes Jahres 1867 (Geseß vom 21. Dezember 1867 für die im Reichérathe vertretenea Königreiche und Länder Gesegartikel X11 1867 für Ungarn) grundsäßlich und endgültig festgestellt wurde. Jh beauftrage Sie, von diesem Meinen Handschreiben den beiden Minister-Prästdenten Kenntniß zu geben. Wien, den 17. Oktober 1889. Franz Ioseph m. p. Kálnoky m p.“ Die „Wiener Zeitung“ bringt ferner folgendes, an den Kriegs-Minister eeres Befehlsschreiben: Von nun an haben Meine Armee und Meine Kriegs-Marine, deren Theile, Orgare und Anstalten, statt der bisherigen, die Be- nennung „Kaiserlich und Königlich“ anzunehmen und zu führen. Hiernah haben Sie alles Erforderliche zu veranlassen. Wien, am 17. Oktober 1889, Franz Josep m. p.

Die Pester „Amtliche Zeitung“ E ebenfalls L ees Grafen Käálnoky gerichtete Kaiserliche Hand- reiben. Das „Armee-Verordnungsblatt“ Ge die auf eigenes Ansuchen wegen Krankheit erfolgte Beurlaubung des Corps- Kommandanten von Agram, Generals der Kavallerie, von Ramberg, welchem hierbei das Großkreuz des Leopold- Ordens verliehen wurde, sowie die Betrauung des Divisions- Generals FML. Josef Reicher mit dem Corps-Kom- mando in Agram. Heute wurde die V.

: l evangelishe General-Synode eröffnet. Der Präsident des evangelischen Ober-Kirchenraths, Franz, sprah den Wunsch aus, die beiden Synoden, der Augsburger und der helvetishen Konfession, möchten den evisionsentwurf für die Kirchenverfassung gemeinsam berathen. Die General-Synode der Augsburger Konfession wählte Haase zum Prä- sidenten und nahm den Antrag Kaiser, den Unterrichts- Minister und den Ober-Kirchenrath durch eine Deputation zu begrüßen, an. Die Synode helvetisher Konfession wählte zum Präsidenten, welcher der deutschen und der böh- mischen Sprache mächtig sein muß, den Superintendenten Szalatnay, zum Vize-Präsidenten S cha.

__Prag, 19. Oktober. (W. T. B,) Ja der heutigen Sißung des böhmischen Landtags richteten die Abgg... Graf Konnic und Gevossen eine Jnterpellation an den Statthalter Grafen Thun-Hohenstein wegen angeblicher Ueber- shreitung der Geschäftsordnung in der lezten Sitzung und wegen Verleßung der dem Landtage schuldigen Pflicht. Die Abgg. Krumholz und Genossen wünschen zu wissen, warum der Statthalter die Jnterpellation der Czechen nur in deutscher Sprache beantwortet N

__ Budapest, 19. Oktober. G: T. B.) Jn der heutigen Sigung des Finanzausshusses des Unterhauses er- klärte der Finanz-Minister Wecerle auf eine Anfrage, Betreffs der weiteren Durchführung der Konversion, daß die Option auf die gesammten Beträge angemeldet worden sei und auch die formelle Kündigung bereits fatlaeluuden habe.

21. Oktober. (W. T. B.) Jm Klub der liberalen Partei des Unterhauses \fizzirte gestern der Landesvertheidigungs- Minister, Baron Fejervary, den Jnhalt der Antwort, welche er auf die Jnterpellation in der Monoer Fahnen- affaire zu geben gedenkt. Jn derselben erklärt der Minister, das Dienstreglement der Landwehr müsse mit jenem der ge- meinsamen Armee übereinstimmend sein. Nachdem leßteres seit 1881 zehn verschiedene Signatfaynen anordnet, darunter als Signalzeichen der Kommandanten die shwarzgelbe Fahne, so sind diese Bestimmungen au für die Honved: Armee ver- bindlich. Niemand denke an eine Verleßung der Rechte oder Gefühle der ungarischen Nation, wovon \ih eben jeßt. wieder Jedermann; überzeugen körwae,

Die gesammte Presse begrüßt das Allerhöchste Handschreiben betreffs des Titels. der Armee als neuen Beweis der eht konstitutionellen Gesinnung. des Königs. Der „Pester Lloyd“ erklärt, nun, wo die Beshwerdepunkte in der Titelfrage aus der Welt geschafft seien, könne man die Armee- frage ruhen lassen. Agram, 19. Oktober. (Wien. Ztg.) Der Landtag nahm gestern den Gesezentwurf, betreffend den finan- ziellen Ausgleich mit Ungarn, in dritter Lesung an.

Unter den beim Landta Je eingegangenen Anträgen be- findet sih- auch der der Opposition, die Reïnkorporirung Dalmatiens betreffend, welcher einer Kommission von 11 Mitgliedern überwiesen wurde.

Großbritannien und Jrland. London, 19. Oktober. (A. C.) Die amtliche „London Gazette“ macht bekannt, daß M E das Parlament bis zum 20, Dezember ver- agt ha Lord Salisbury begab sich nah seiner Ankunft in London gestern Abend direkt nah seiner Besizung C Cd _ General Sir Francis Grenfell, der Befehlshaber der britishen Besagungsarmee in Egypten, reiste gestern von Engiand f: G

er Sprecher des Unterhauses, Sir Arthur Peel, stellt: die Nachricht in Abrede, daß er von seinem often zu- a ta gedente ; N Portsmouth sollen im näâchsten Jahre umfaf ende Schießversuche. mit Dynamit-Kanonen B haltene um festzustellen, ob. dem Zalinski'shen oder. dem Graydon'schen Modell der Vorzug zu geben. ist. Es heißt, daß‘ die Flugbahn des Graydon shen Projektils 3 englishe Meilen beträgt, während das Zalinéki'she nur 1 Meile weit Treffsicherheit besißt. Lieutenant Graydon wendet bei seinem System. einen Druck von 5000 Pfd. auf den Quadratzoll an, während Lieutenant Zalinski den Druck auf 2000 Pfd. beschränkt, Jn Tra n foll in der nächsten Zeit

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ein 15 ¿êlliger Graydon’\cher rpedowerfer fertiggestellt werden.

/ Ns Paris, 19, Oktober. (Köln. Ztg.) Der Kriegsrath j einstimmig sein Urtheil dahin abgegeben, daß Laisant. durch die [rede, in der; er das: Heer auf- p ordert hatte, einer opportunistischen Neglérung, die Gefolg- haft zu wéigern, sih eines. {weren Verstoßes-. gegen die Mannszuht schuldig gemaht habe. Auf Beschluß des Ministerraths und auf den Bericht des Kriegs-Ministers hat daher Präsident Carnot den Erlaß _ unterzeihnet, dex ver- kündet, daß Laisant, Major der Territorial Armee aus den Reihen der Territorial - Armee zu streichen sei.

Präsident Carnot hat heute Vormittag die Ernennung Nisards, zum Direktor der politishen Angelegen- heiten im Ministerium des Auswärtigen vollzogen,

Rußland und. Polen. St. Petersburg, 20. Oktober. (W. T. B.) Das. amtliche: Blatt des Finanz Ministers Vver-

rühren, wie diese, kraft der auf den Grundprinzipien der Pragmatischen

Aus dem:

nahmen und Ausgaben im Finanzjahr 1888. f Ueberschuß der Ein:

selben ergiebt , daß der nahmen 34171000 Rubel beträgt, die Ausgabe aber um 13413000 Rubel hinter dem Voranschlag: zurüdckgeblieben sind. Das „Journal de St. Péter bourg“ erblidt in diesem Ergebniß einen Beweis dafür daß die vom Finanz-Minister ausgesprochenen Grundsäße gena befolgt worden jeien, und wünscht, daß dies noch lange fort: dauere und die Finanzlage sich noch weiter verbessern möge

Dem „Grashdanin“ wird aus wohlunterri teter Quelle mitgetheilt, daß die von der Kais erbegegnung in Berlin zurückgekehrten Persönlichkeiten sich über den ihnen dort zu Theil gewordenen Empfang in hohem Maße he. friedigt ausgesprohen und überaus [Pm pa tht Gi NRügck- erinnerungen an denselben mit zurückgebraht hätten. F, Meldungen auswärtiger, namentli französischer lätter, daß die Zusammenkunft einen kalten Charakter getragen habe erwiesen sih als vollständig unbegründet. /

__ Jtalien. Brindisi, 21. Oktober. (W. T. B.) Dr König und die Königin von Dänemark sind heute Nacht mit ihrem Gefolge hier angekommen und von den Prinzen Waldemar und Georg, fowie von den Behörden empfangen worden.

Portugal. Se. Majestät der König Ludwi Portugal is am Sonnabend Vormittag 11 Ubr p Cascaes seinen Leiden erlegen. Die Minister, der Nuntius der Patriarh und andere hohe Würdenträger umgaben, wie ¿W. T. B.“ meldet, das Todtenbett des Königs. Jhre Majestät die Königin, welhe die lezten 12 Stunden daz Sterbezimmer nicht verlassen hatie, hielt die Hände ihres Gemahls zwischen den ihrigen bis zu dessen legtem Athem- zuge. Um 1 Uhr Nachmittags verkündeten Kanonenschüsse von den O RIET und der Festung sowie Glockengeläute der Hauptsiadt Lissabon das Ableben des Königs. Sämmt: lihe Läden und Magazine wurden sofort geschlossen und überall erschienen Trauerinsignien. Die Korvetten „Bartolomego Diaz“ und „Vasco de Gama“ erhielten Ordre, si nah Cascaes zu begeben. Die Lei he des Königs wird heute Abend 10 Uhr nah dem Kloster Belem übergeführt werden und morgen früh um 2 Uhr dort eintreffen. Nur die Mitglieder der Königlichen Familie und die Minister werden die Leiche begleiten. Jm Kloster Belem bleibt die Leiche bis nächsten Sonnabend ausgestellt und wird alsdann: nah der Königlichen Gruft in der Klosterkirhe San- Vicente de Fora zu Lissabon gebracht werden, woselbst die Beisetzung erfolgt,

(König Ludwig I. von Portugal war als Sohn des König- Gemahls Ferdinand aus tem Hause Sachsen-Coburg-Kohary und der Königin Maria II. da Gloria, Tochter des Kaisers Pedro T. von Brasilien, am 31. Oktober 1838 geboren. Er folgte seinem älteren Bruder Pedro Y., om 11. November 1861, Vermählt war er seit dem 6. Oktober 1862 mit Maria- Pia, Tothter des Königs Victor Emanuel von Italien Er hintér- läßt zwei Söhne, Karl und Alphons. Der nunmehrige König Karl ist am 28. Sepiember 1863 geboren und seit dem 22. Mai 1886 mit Amélie, Tocter d:s Grafen von Paris, vermähit. Von den Geschwistern des Köni;s Ludwig, Antoria, Fürstin von Hohenzollern (geb. 1845), und Prinz August, Herzog von Coimbra (geb. 1847), war as ihm erst vor Kurzem (am 26. v. M.) in den Tod voran-

ngen.

König Carlos hat eine Proklamation erlassen, in welcher es heißt: die Regierung seines Vaters werde in der Geschichte ortugals als eine Periode des Friedens , der Toleranz, der Freiheit, der moralishen und ökonomischen Ent- widelung Rene bleiben. Was ihn selbsi anbelange, der zur Nachfolge seines Vaters berufen sei, so werde er streng die politischen Znstitutionen des Landes beobachten und sih stets bemühen, die Größe und das Gedeihen Por- tugals zu fördern, indem er nah dem Beispiele seines Vaters bestrebt sein werde, sih- die Liebe des Volkes zu verdienen. Der König verspriht ferner, die römisch- tatholische Religion zu \ irmen, die Jntegrität des Königreichs aufrecht. zu erhalten, für die Beobachtung der politischen Verfassung der Nation, sowie der Geseze des Königreichs zu sorgen und überhaupt auf das allgemeine Wohl der Nation bedaht zu sein. Schließlih erklärt der König, daß die ide ihre gegenwärtigen Funktionen beibehalten

en.

Die gestern im ganzen- Lande vorgenommenen N eu- wahlen zur Kammer abon eine beträhtlihe Mehrheit für die Regierung ergeben.

„Velgien. Brüssel, 21, Oktober. (W. T. B.) Der Präsident der Southern-Pacific-Railway, Huntington, ist am Sonnabend hier angekommen und gestern vom Könige empfangen worden. Derselbe- wird an den Konferenzen des Kongresses zur Bekämpfung der Sklaverei theilnehmen.

Türkei. Konstantinopel, 20. Oktober. (W. T. B.) Der Fürst von Montenegro hat die Pforte ersucht, den 1200 E Familien, die wegen der in Montenegro herrschenden Hungersnoth nah Serbien aus- wandern wollen, den Durchzug- durch die Türkei zu gestatten. Wie die „Agence de Constantinople“ erfährt, hat die türkische Regierung daraufhin 2000 erwachsenen Montenegrinern den Durchzug durch die Türkei gestattet.

__ Die Meldung der „Agence Havas“, wonach 4 Regi- menter vor Canea revoltirt hätten und Shakir Pascha hätte flüchten müssen, wird von der „Ag. de Const.“ als. ein- fah erfunden bezeihnet. Der Minister des Aus- wärtigen, Saïd Pascha, habe aus- Anlaß der „Havas- hen Meldung“ ein Telegramm an die Vertreter der Türkei im Auslande gerihtet, in welchem das Gerücht formell dementirt werde. Das Ge- rüht sei wahrscheinlich dadurh entstanden, daß einige Soldaten des Smyrnaer Regiments, welhes kürzlich behufs Entsendung nah Kreta- gebildet worden, ihre Ent- lassung in die Heimath zu. Erntearbeiten nachgesuhht hätten, welchem Ersuchen auch entiprohen worden . sei. Die tür- tische ogrevung sel von der Sachlage auf Kreta und dex Aktion Schakir Pascha's andauernd befriedigt.

Griecheulaund. Athen, 20. Okiober., (W. T. B.) Der Großfürst-Thronfolger von Rußland ist heute Nach- mittag hier eingetroffen.

Rumänien. Bukarest, 20.- Oktober. resse.) Se. Majestät der König Carol hat sih in Bit des Erbprinzen Ferdinand nah dei Schlu dhor Manöver nah Focsani begeben, wo ihm ein enthusiastisher ‘Empfan bereitet war. Nach Besichtigung der Festungswerke begab si der König nah Bakau, wo die ‘Truppen konzentrirt waren.

öffentlicht einen Auszug aus. O des Reichs- Cont roleurs über... das_.ordentliche udget der Ein-

Die Haltung der Truppen war troy der 9tägigen Uebung ausgezeihnet. Der König sprach denselben seine An-

exfennung aus und begab sich hierauf nah Jay. Die Reise dorthin ging unter steten Ovationen der Bevölke- g vor sich. Längs der Eisenbahnstrecke stellten si die Ein- wohner auf, um den König zu begrüßen. Die Eisenbahn- tionen waren festlich dekorirt. Zahlreihe Deputationen

Bauern, Vertreter der Behörden, die Geistlichkeit und die Gutsbesißer begrüßten den Herrscher und den Thron- folger herzlich. Der Empfang in Jassy war glänzend. Die Stadt war festlih geschmüdckt, sämmtlihe Behörden sowie der Retropolit Josef mit dem Klerus der Diözese empfingen den König und den Thronfolger mit enthusiastishen Rufen. Der König nahm in dem Palais Rosnovano Absteigequartier. Jn der Suite des Königs befinden sich der Minister-Präsident Catargiu und der Kriegs-Minister Manu. : : :

Der Minister des Aeußeren, Lahovary, ist wieder hier eingetroffen.

Serbien. Belgrad, 20. Oktober. (W. T. B.) Jn der gestrigen Sißung der Skupschtina wurde Pasitsch mit 34 von 98 Stimmen zum Präsidenten, Katitsh und Bulkovitsh sodann zu Vize-Präsidenten gewählt. Jn seiner Antrittsrede erwähnte Pasitsch, daß das Anschen und der Kredit des Landes in Folge der Mißwirthschaft des Fortschrittsregimes eine arge Schädigung erfahren haben.

Heute fand die Eröffnung der Skupschtina durh

die Verlesung einer Thronrede Seitens des Regenten Ristit\ch statt. Darin wird zunächst ein Rückblick auf die seit der leßten p Seen eingetretenen Ereignisse, die neue Verfassung, die Thronêntsagung, die Einsezung der Regenten und die Salbung des Königs geworfen und die Thronentsagung als ein Akt patriotisher Opfer- willigkeit des Königs Milan bezeichnet. Die Nation habe diesen Akt als den Beginn eines vorge- \hritteneren parlamentarischen Regimes begrüßt, da dieselbe in dem Könige Alexander den Träger einer neuen und glüdliheren Aera erblickde. Die Thronrede konstatirt so- dann mit großer Befriedigung die großartige Betheiligung der Bevölkerung an der Salbungsseier, bei welcher die Nation die Gefühle inniger Dankbarkeit für die verdienst- volle nationale Dynastie und ihre Liebe zu dem jungen Könige zum Ausdruck gebracht und sih beeilt habe, dem- selben ihre Glückwünsche darzubringen. Jn der Rede wird weiterhin den fremden Herrshern und Staatsoberhäuptern, welhe den König beglückwünschten, Dank ausgesprochen, und es werden die Schwierigkeiten erwähnt, welche der Skupschtina arren, besonders die Bestrebungen auf finanziellem Ge- ficte; als Ziel wird hervorgehoben, bei möglichster Sparsam- keit eine Steigerung und Sicherstellung der Einnahmen zu be- wirken. Hierzu werden einshlagende Maßregeln, wie die Ueber- nahme des Tabacksmonopols und des Bahnbetriebes in die Staatsverwaltung angekündigt, ferner Geseßentwürfe betr. die Heeresorganisation, die Reform der Nationalmiliz unter Bei- behaltung des jeßigen Cadres-:Systems, sowie die Regelung des Verhältnisses zwishen Kirche und Staat, indem gleichzeitig der Befriedigung über die Wiederherstellung der Ordnung in der Kirt,e Ausdruck gegeben wird. Endlih werden noch die durh die Verfafsung vorgesehenen Gesezentwürfe erwähnt. Die Thronrede spricht die Ueberzeugung aus, daß die Reform- arbeiten den Frieden sowohl im Jnnern als nah Außen erheishten, konstatirt freundshaftlihe und normale Be- ziehungen zu den Nachbarstaaten und den übrigen Staaten und hebt hervor, daß es gelungen sei, die hon bestehende reundshaft mit den Mächten nicht nur weiter zu entwickeln, ondern dieselbe auch durch neue und werthvolle Errungen- haften zu vervollkommnen. Es wird endlich der feste Wille ausgedrückt, Eintracht und Frieden auf der Balkan- halbinsel zu Mea und eine \ A Entwickelung der Völker der Halbinsel anzustreben und zu fördern.

Bulgarien. Sofia, 19. Oktober. (W. T. B.) Ein von Stambulow als Regierungs-Verweser gezeichnetes Dekret beruft die Sobranje auf den 27. Oktober ein.

Asien. Persien. Teheran, 20. Oktober. (W. T. B.) Der Schah ist heute hier wieder angekommen. Die Cholera ist in Persien in der Abnahme begriffer:

Japan. Yokohama, 20. Oktober. (W. T. B.) Gesiern wurde gegen den Minister des Aeußern, Grafen Ofuma Sigenobu ein Attentat verübt; der Minister erhielt nur eine leihte Verlegung. Der Mörder nahm \ih auf der Stelle das Leben.

Afrika. Aus Zanzibar vom 19. Oktober meldet ein Telegramm des „Reuter'shen Bureaus“: Der Sultan gab dem englishen General-Konsul Portal das \chrif tli he Versprechen, daß alle Kinder von Sklaven, die nah al! 1. Januar nächsten Jahres geboren werden, frei sein ollen;

Zeitungsstimmen.

Veber die Aufgaben des Reichstages bringt der „Düsseldorfer Anzeiger“ folgende Betrachtung: ,_ „Am Dienñiag tritt der Reichstag zur leßten Tagung während dieser Gefetzgebungsperiode zusammen. Seine Aufgaben sind diesmal bon doppelter Wichtigkeit. i : „Einmal hantelt es \sich darum, verschiedenen dringenden Be- dürfnissen der Gesetgebung: Réhnung zu tragen. Hierzu gehört zu- nâdst die Feststellung des -Reichshausbalts-Etats, der, wie verlautet, wieder wie vor zwei Jahren den Betrag einer Milliarde übersteigen Wénn- aber auch der Etat, wie üblich, zu allerhand Erörte- lungen; selbst übèr ferner liegende Gegenstände, Gelegenheit geben wird, so werden“ sich s{chwerlich daran große Kämpfe nlpsen, weil die“ gegenwärtige Majorität cine sichere Gewähr für die sachlid/e- Prüfung und \{chnelle Erledigung der aufge- ten Forderungen“ bietet. An Versuchen freilich wird es auf Seiten der Opposition nicht fehlén, ihr Steine in den Weg zu werfen und aud diesen: oder jenen Forderungen Käpital zu {lagen : vielleiht wird les namentlih, wenn“ man“ aus der Haltung. ihrer Presse {ließen datf, beiden Mehrbedürfnissen für militärische Zwecke der Fall sein, Uer deren Natur und Höhe vorläufig noch nichts bekannt ist, An iner zuftiedenstellénden Lösung der mit dem Etat verbundenen Auf- Wen ist aber jedenfalls nicht’ zu zweifeln. | i Als weitere Ausgabe-der eseigebung- wird- dem Neihstage die Mit obliegen, bei Zeiten für einen Ersaß des mit tei 30. Sep- h ‘ember 1890 ablaufenden Sozialistengeseßes zu sorgen. Die Ueber- gung von der Nothwendigkeit, der Regierung und dem Staat von pem Mittel zur Bekämpfung der sozialdemokratischen Umsturzbestre- Ungen in die Hand zugeben, ift eine so allgemeine, daß man darauf renen Un, daß die nationale Majorität in dieser Frage ernstlih bemüht sein Di e, mit den verbündeten Regierungen e in Hand zu gehen. t Spekulationen, welche in dieser Beziehung auf einen Mißerfolg Det, sind unseres Erachtens völlig werthlos. Wie sich die gelep vedenden Faktoren einigen werden, darüber enthalten wir uns ebenjo

aller Kombinationen, wie über den Inhalt der zukünftigen Vorlage. Nur das Eine f{eint uns gewiß, daß eine Einigung erzielt werden wird, weil sie erzielt werden muß. Ferner wird dem Reichstage ein arles wegen weiterer Regelung der Verhältnisse der Reichsbank zu- ehen.

G Wenn vielleicht l iermit auch die geseßzeberishen Aufgaben noch niht ershöpft sein werden, so kennzeihnen schon die erwähnten zur Genüge die Wichtigkeit der kommenden Session. Diese gewinnt aber dadurch noch an Bedeutung, daß sie die leßte vor den Neuwahlen ift. Hieraus erstehen dem Reichstage weitere Aufgaben. j

Es darf schon iegt als siher angenommen werden, daß die ver- einigte Opposition À es darauf anlegen wird. um dem Kartell und der Wirthschafte politik bei den Wahlen eine Niederlage zu bereiten. Alles, was hierfür ausgenutßt werden kann, wird sie hon im Reis- tage zu verwerthen wissen, die Ausgaben für militärische Zwecke, das Sozialistengeses, die „Vertheuerung“ der Lebensmittel, das sind die Trümpfe, welche sie auszuspielen gedenkt. Die nationale Majorität wird darauf bedaht sein müssen, die Angriffe bei Zeiten zu pariren und der JIrreführung der Massen und der politishen Brunnen- vergiftung energisch vorzubeugen. Möge sie die bevorstehende Session hierzu eifrig benußen! Die Geoner werden es sicherli& thun, also mögen auch die nationalen Parteien \ich dessen bewußt sein, daß sie die Ernte son jeßt vorbereiten können. Je größer die Rührigkeit ist, welche sie {hon im Parlament entfalten, um so geringer wird die Mühe sein, der agitatorishen Thätigkeit der Opposition das Wasser abzugraben. O L ;

Der Reichstag kann auf seine bisherige Thätigkeit mit Stolz und Geaugthuung zurückbliden: möge er in der Zeit der leßten Tagungsperiode nihts versäumen, was dazu beitragen kann, die pee auch über die Gestaltung der parlamentarischen Zukunft zu eruhigen.“

Aus dem Ergebniß der sächsishen Landtagswahlen zieht die „Danziger Allgemeine Zeitung“ folgende Schlußfolgerungen : : . i

„Der freisinnigen Begeisterung über den Ausfall der Reibstags- Ersaßwahl in Dshcg-Wurzen, wo die freisinnigen Stimmen wesentli zugenommen hatten, ist mit dem Ergebniß der sächsischen Landtags- wahlen cin starker Dämpfer aufgeseßt worden, Was die freisinnigen Parteikläiter zur Entschuldigung der Niederlage vorbringen, sind nur Ausflückte der Verlegenheit. Man sagt, das Ergebniß wolle bei dem sächsischen Landtagswablrecht nichts in Bezug auf die Stimmung des Volkes besagen. Dieses Wahlrecht ift in Sachsen allgemein, glei, direkt und geheim; von dem Reichstag8wahlreht unterscheidet es sich nur dadurch. daß es an eine jährliche Steuerzahlung von mindestens 3 M. gebunden ist. daß feraer relative Mehrheit entscheidet, alio keine Sticbhwahlen stattfinden, und daß endlih Stadt und Land in befon- deren Wahlkreisen wählen. Was den ersteren Unterschied betrifft, den Census, so mag er gegen die Sozialdemokraten, die in den untersten am wenigsten bemittelten Schichten den meisten Anhang haben, ins Sewicht fallen; unter den Leuten, die noch keine 3 4 Steuer zahlen, wird. der Fréisinn nit mehr Anhänger zählen, als die Kartellparteicn. Was den zweiten Unterschied vom Reihstagswahlre@t betrifft, so wissea wir nicht, ob der Freisinn viel s{lechter fahren würde, wenn auch bei den Reichstagswahlen die relative Mehrheit entschiede. Jn Berlin z. B. hat er den 2. Wahlkreis inne, obglei er hier im ersten Wahlgang 3000 Stimmen weniger auf sich vereinigte als die Kar! ell- parteien. Wie hier, so war au in einem weiteren Dußend von Wahl- reisen die sozialdemokratishe Hülfe bei den Stihwaklen für ihn ent- sheidend, in einem Theil diefer Wahlkreise waren ibm aber shon im ersten Wahlgange relativ die meisten Stimmen zugefallen. In Bezug endli auf die Trennung der Wählershaften nah Stadt und Land ist der Trost der Freisinnigen ganz s{chwäch, wenn man die dürftigen Minderheiten betrachtet, welhe ihre Kandidaten in Land und Stadt erhalten haben; beispielsweise brachten die beiden städtischen Wahl- kreise Leipzigs noh keine 350 freisinnige Stimmen auf. :

Zeigen somit die säckchsischen Landtagtwahlen einen erfreulihen Rückschritt der freisinnigen Partei, der gute Aussihten für die Reichs- tagswahlen troß des durch Konzentration der Agitation auf einen einzelnen Wahlkreis erzielten relativen Erfolges in Oschaß-Wurzen eröffnet, so erregt andererseits das Wachsthum der Sozialdemokratie Bedenken. Sie hatte bisher fünf Vertreter in der zweiten Kammer und wird in Zukunft sieben habèn. Wie {hon erwähnt, dürfen die Sozialdemokraten für ihren Erfolg geltend machen, daß sie ihn errungen haben troß des bestehenden Zensus, dessen für sie ungünstige Wirkung niht ganz durch Massenanträge ihrer An- hänger um Aufnahme in die Steuerrollen beseitigt werden konnte. Nimmt man noch hinzu, daß man bei den Reichstags-Stichwahlen voraussihtlid den Freisinn im Bunde mit der Sozialdemokratie sehen wird, so ergiebt sih daraus die erneuete Mahnung an die Kartellparteien, ohne falshe Siegesgewißheit ihre Reihen fest zu- same zu \chließen und alle Mann gefechtsbereit zu

alten.“

Unter der Ueberschrift „Der deutsche Freisinn und das reiche England“ erörtert die „Deutsche volkswirth- \haftlihe Correspondenz“ die Hinweise der fortschritt- rh Ae auf die angeblich günstigen Wirkungen des

reihandels :

„England i} seit Aufnahme des Freihandels zu großer Blüthe gelangt! Englands Produktion hat sich riesig vermehrt! Englands Volkseinkommen hat in großartiger Weise zugenommen! Englands Auéwanderung ift stetig zurückgegangen! England beherrsct mit seinen Erzeugnissen jeßt den gesammten Erdkreis! So unsere Freisinnigen, welche daraus schließen, dies habe Alles der Freihandel zu Wege gebracht, ergo sei der Freihandel au für Deutschland die einzige und nüßliche Wrrthschaftsforin- Es ist höchst bedauerlico, daß der nun {hon zehn Jahre dauernde Kampf zwischen den beiden wirthschaftlichen Parteien in Deutschland nicht eininäl derartige Ungereimtheiten unmöglich

emacht hat, wie“ sie in den’ vorstehend s\küzzirten Ausführungen noh

fortgesest behauptéèt' werden. Daß der Freihandel allein Gnglands Produktion und Absay so auferordentlih gesteigert haben soll, wird selbst der eifrigste wissenshafilihe Vertreter der Mancester- partei nicht behaupten wollen, denn nur ein Ignorant s{limmster Sorte kamn die für“ die englische Industrie bei Weitem wichtigeren tehnishen Erfindungen der Neuzeit, die hierdurch bewirkte großartige Entwickelung dcs mechanischen Betriebes, die große Ver- vielfältigung und Vervollkommnung der Verkehrsmittel und die An- sammlung des Kapitals in ihren Wirkungen hinter den Freihandel rangiren, der noch dazu in England nie ein voUständiger gewesen ist. Was die günstige e Ge Lage Englands, wenn dieselbe über- haupt in einem so übershwänglihen Maße vorhanden ist, für den Freihandel beweisez soll, wird jedem: denkenden Menschen daher'ein Râäthsel sein, denn für die großen Cxportindustrien Englands, welche die wirthschaftlihe Blüthe des Landes auämacben, ist doch nicht der Freihandel in England maßgebend, sondern der Freihandel in den anderen Ländern, nachdem die englis§e Induïtrie selbst erst unter einem Schugzoll der strengsten Sorte, ja zum Theil mit Mitteln groß gezogen ist, die heute jede Regierung sogar weit von si weist. Dadur(h ist Englands Industrie von vornherein mit großen Vorzügen ausgestattet worden und niht durch, sondern troy des späteren Freihandels empor“ gekommen, und sie würde heute sogar eine Alles beherrschende Stellung einnehmen, wenn nicht die anderen Länder in weiser Fürsorge für ihre eigene Gewerbsthätigkeit die englishe Konkurrenz möglichst beschränkt und beschnitten hätten“

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

In Bochum wurde am Sonntag die Generalversammlun Verbandes zur Wahrung der bergmännishen Interessen nach urzer Debatte über den zu wählenden Vorstand von der Polizei aufgelöst. Die Auflösung erfolgte nah den Reden der Bergleute Schröder,

des

Bunte, Siegel, Brodem u. a. auf Grund des Sozialistengesetzes,

Ueber neue Arbeitseinstellungen wird aus Gbemutge 20. Oktober, berihtet: „Nachdem {hon seit einiger Zeit die Arbeiter der größten hiesigen Strumpffabrifk \triken, ist nun auch, tr der bereits erfolgten, nicht unergeblihen Erhöhung der Löhne, in mehreren Wirkwaarenfabriken der Umaegend die Arbeit eingestellt worden. In Limba%H sind seit mehreren Tagen auch Ruhestörungen vorgekommen, welche zunahmen, sodaß geftern von hier militärishe Hülfe erbeten wurde. Eine Compagnie des hier garnisonirenden Infanterie-Regiments ist gestern Abend nah Limbach abgegangen. In Folge der daselbst vorgekommenen Wider'cßlichkeiten wurden mehrere Verhaftungen vorgenommen.“ Nach einer neueren Mittheilung is der Strike in der Chemnißer Strumpfwaaren- fabrik von Esche inzwischen beendigt.

Kohlenvorräthe.

Die „Nordd. Allg. Ztg.“ \chreibt: „Um der in einem Theile der Presse verbreiteten Behauptung entgegen zu treten, daß die Staats- eisenbahnen von dem in den Kohlenlieferungsverträgen vorbehaltenen Rechte, einen Theil des Winterbedarfs für Kohlen chon in den Sommermonaten zu beziehen, einen „rigorosen Gebrau“ gemacht und durch WVerdoppelung thres Kosums zur Erhöhung der Preise für die Ubrigen Kohlenverbrauher wesentlih beigetragen hätten, hatten wir vor einigen Tagen mit- getheilt, daß die diesjährigen Bezüge der Staatseisenbahnen an Kohlen und Kokes in den Monaten Juli bis September die Bezüge im gleihen Zeitraum des vorigen Jahres nur um 10,12 % überstiegen bâtten, um welchen ungefähren Prozentsaß auch der allgemeine Ver- kehr und damit der laufende Bedarf der Staatseisenbahnen an Kohlen und Kokes gewachsen sei, und daß daher von einer überstürzten Beschaffung großer Kohlenvorräthe keine Rede sein könne. Auf diese Ausführungen is von einigen Blättern entgegnet worden, daß das Mehr, welches die Bahnverwaltungen zur Be- \cchafung des vcr cinigen Monaten angeordneten sechswöchigen Be- standes bezogen bätten oder noh bezögen, sih auf mindestens 10 % ihres ganzen Kohlenbedarfs beziffere. Diese Einwendung würde annähernd zutreffend sein, wenn die Staatseisenbahn-Verwal- tuncen bisher außer dem für militäris&e Zwecke zu haltenden Be- stande keine Vorräthe von Bedeutung gehabt hätten. Eine solche Unterstellung ift aber unrichtig; die Eisenbahn-Verwaltungen halten \{on seit Jahren sehr erheblihe Vorräthe. selbft bis zu aht Wochen und darüber, wenn au die Bestände in den einzelnen Bezirken ungleih waren. Durch di- vorerwähnte Anordnung ist ja nicht eine erhebliche Erhöhung der bisherigen Bestä. de, sondern ledigli eine gleihmäßige Regelung derselben in ten einzelnen Bezirken vorgeschrieben worden. Um hierüber jeden Zweifel auszuschließen. bemerken wir, daß nach zu- verlässiger Quelle die Beschaffungea auf Vorrath im Vierteljahr Juli-September des laufenden Jahres 190376 t und im gleichen Zeitraum des vorigen Jahres 108 550 t betragen haben, mithin im laufenden Jahre nur um 10,79%, also annähernd in demselben Maße wie der allgemeine Verkehr, aestiegen sind. Für das Viertel- jahr Oftober-Dezember sind Vorrathsbeshafffungen in nennenswerthem Umfange überhaupt niht in Aussicht genommen. Hiernach wieder- holen wir, daß der Vorwurf einer überstürzten Beschaffung großer Vorräthe thatsählich unbegründet ift.“

Innungsverbände.

Der Centralaus\{huß der vereinigten Innungsverbände hatte zum S v. W. eine Reihe von Vorständen der sogenannten aemischten nnungea nah Berlin zu einer Sizuïig geladen, um die Gründung eines Berbandes der gemischten Innungen anzuregen. Deutschland zählt z Z. 24 Innungsverbände, welche eine einhbeitiiche Organisation über weite Gebiete des Handwerks geschaffen haben. Einer centralen Organisation entbehrten aber bisher noch die- jenigen ca. 4000 Innungen, welche als gemischte oder als Inrungen verwandter Gewerbe vorhandeu waren und die der geringen Zahl der Innungen des betreffenden Gewerbes wegen außer Stande sind, cinen selbständigen Haupt-Inzungsverband bilden zu können. Alle diese Innungen sollen nun auf Grund der am Freitag gefaßten Be-

\chlüsse zu einem gemeinsamen Innungsverbande vereinigt werden.

Kunft und Wissenschafh

Von dem Lutherforsher Diakonus Lic. Dr. Buchwald sind fürzlih in der Zwidauer Raths-Bibliothek abermals einige interefsante Lutherfunde gemaht worden. Es sind dies, wie der „Frankf. Ztg.* ceschrieben wird, 2 Bücher, welche von Luther's Hand mit zahlreichen Randbemerkungen versehen sind, nämlih die Sentenzen des Petrus Lombardus und die Predigten Johann Tauler's. Die zur Aufstellung im afrikanishen Saale des hiesigen Museums für Völkerkunde bestimmte ste des Afrikareisenden Dr. Nachtigal ift, wie der „T. R.“ geschrieben wird, nunmehr von dem Berliner Bildhauer Büchting im Modell vollendet worden. Der Künstler hat dieselbe genau nach der von ihm_früher für die hiesige Geographishe Gesellichaft angefertigten Büste ausgeführt, jedoch in einundeinhalbfaher Größe von jener ersten lebensgroßen. Dér charakteriftische Kopf mit seinen energischen Zügen und dem, man könnte fast sagen, etwas verwitterten Aeußeren hat durch diesen ver- größerten Maßstab natürli an Lebenswahrheit noh gewonnen. Die etwa 1 m hohè Büste soll in Marmor ausgeführt werden und ihren Play auf ciner granitnen, ctwa 2 m hohen Herme finden.

Sanitäts-, Veterinär- und Quarantänewesen.

: Egypten. j Die gegen Ankünfte aus Bombay verbängte Cholera-Quaran- täne (vergl. „R.-A.“ Nr. 180 vom 1. August 1889) ift durch Beschluß des internationalen Gesundbeitsräthes zu Alexandrien vom 5. Oktober d. I. ab wieder aufgehoben worden.

Submissionen im Auslande.

Rumänien.

15. November. Ministerium für öffentlihe Arbeiten. Bukarest:

1) Unternehmung für den Umbau dreier amerikanischen Brüdcken über den Fluß Bistriciora an den Stellen Lißka, Lunci und Grasu.

Kostenvoranshlag 57488 Lei. a

2) Bau zweier amerikanishen Brücken über den Fluß Bistrißza an den Stellen Secu und Bukhalnita.

Kostéenvoranschlag 70 420 Lei. ; :

Näheres in der Präfektur des Bezirks Niamy zu Piatra.

Verkehrs - Anstalten.

Tie Post von dem am 21. September aus Shanghai ab- gegangenen Reichs-Postdampfer „Bayern“ sowie die mittels des Reichs - Posttrampfers „Habsburg“ beförderte Post aus Australien (Abgang aus Sydney am 14, September) sind in Brindisi eingetroffen und gelangen für Berlin vorautsihtlih am 23, Oktober Vormittags zur Ausgabe.

Theater und Musik.

Berliner Theater. _

«„Montjoye, der Mann von Eisen“, ein älteres und lange Zeit hier niht gegebenes Schauspiel von Octave Feuillet, ge- langte am Sonnabend im Berliner Theater zur ersten Aufführung. Der durchgreifende Erfolg, welhen die Vorstellung erjielte, und der den hohen an die Wiederaufnahme [dieses Stückes geknüpften Erwar- tungen entsprah, war wohlverdient. Dieser Erfolg batte seinen Grund aber in erster Linie niht sowohl in dem literarischen Werth des Schauspiels, als vielmehr in der ihm hier zu Theil gewordenen Darstellung. Den großen Vorzügen seines dramatishen Talents, welmwe Octave Feuillet hier entfaltet, stehen in die Augen fallende Mängel, namentlich in der __infonsequenten Charaktertührung der Hauptfigur, gegenüber. Er weiß den von ihm geshaFenen Bühnen- gestalten mit gleicher Lebenswahrheit bösartige Grundstimmung der

Seele wie naive Empfindung und tiefe, bis zur Leidenschaft ge-