1869 / 118 p. 1 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

Friedrich von Diergardt.

Der am 3. Mai d. J. auf seinem Landsiße Morsbroich bei Schlebusch verstorbene Freiherr von Diergardt war der Sohn des evangelischen Konsistorial-Präsidenten und Predigers Johann Heinrich Diergardt und am 25. März 1795 zu Moers geboren. Nachdem er in feiner Vaterstadt und in Düsseldorf jeine Schulbildung erhalten, widmete er sih der kaufmännischen Laufbahn und trat als Lehrling in die Seidenwaaren-Manu- faktur des Kommerzien-Rathes Deussen , seines nachmaligen Schwiegervaters , in Süchteln. * Bereits am 1. Januar 1813 gründete er mit seinem Schwager Känteler zusammen in St. Tönis bei Crefeld eine Sammet- und Sammietband- fabrik, welhe er am Schlusse des genannten Jahres nach Süchteln und im November 1816 nach Viersen verlegte, wo er dieselbe nah dem im Jahre 1821 erfolgten Tode seines Affsociés selbständig fortführte. Scinem Eifer und seiner Thä- tigkeit gelang es, diese Fabrikation zu einer so bedeutenden Höhe zu erheben, daß er durch dieselbe die rheinische Seiden- industrie als Weltindustrie begründete. Von dem Umfang und der Bedeutung, welche sein Fabrikationsbetrieb nach und nach erreichte, giebt der Umstand einen annähernden Begriff , daß derselbe in dem Kataloge der leßten pariser Ausstellung (1867) mit einem, in 40 größeren und kleineren Orten vertheilten, in den verschiedensten Branchen Beschäftigung findenden Personal von über 3000 Arbeitern und Arbeiterinnen verzeichnet war, und daß das Absaßgebiet dieser Fabrikation über alle Theile der Erde, wohin überhaupt europäische Manufakte gelangen, verbreitet ist.

Neben den materiellen Erfolgen seiner fabrikativen Thätig- keit, welche von den kleinsten Anfängen ausging , erhielt Dier- gardt auch vielfache Zeichen der allseitigen Anerkennung seines Wirkens. Jm Jahre 1827 wurde ihm auf der Ausstellung in Berlin wegen seiner Verdienste um die Hebung der rheinischen Industrie Seitens der Regierung die silberne Medaille zu Theil. Auf allen größeren Ausstellungen in den Jahren 1842—1867 trug er die ersten Preise der Klasse seiner Produkte davon. Im Jahre 1853 empfing er außerdem noch die große goldene Medaille für Verdienst um das Gewerbe, und bei der leßten pariser Ausstellung 1867 für seine Bestrebungen um das Wohl seiner Arbeiter (er hatte u. A. für die kranken Arbeiter eine Unterstüßungs8-, für alte und schwache cine Alters-Pensions- Kasse gegründet) zwei große Ehrenpreise, bestchend in einer gol- denen Medaille im Werthe von 1000 Frs. und einem Geld- preise von 9000 Frs. Jm Jahre 1836 wurde ihm der Titel Kommerzien-Rath verliehen , dem 1842 die Ernennung zum Geheimen Kommerzien-Rath folgte. Nachdem er {hon im Jahre 1832 die lil. Klasse desRothen Adler-Ordens erhalten, wurde ihm bei der Ausstellung in München der Verdienst-Orden vom h. Michael zu Theil. Seine Thätigkeitals Juror und Vertreter des Joll- vereines bei der Ausstellung in Paris im Jahre 1855 brachte ihm das Offizier-Kreuz der Ehrenlegion und den Rothen Adler- Orden I1, Klasse mit Eichenlaub, die gleiche Thätigkeit in London 1862 den Kronen-Orden 11. Klasse, zu welchem er 1863, als er das o0jährige Bestehen seines Fabrikgeshäftes feierte, den Stern dieses Ordens erhielt, während ihm Jhre Majestät die Kö- nigin bei dieser Gelegenheit eine von einem huldvollen Schrei- ben begleitete prachtvolle Vase übergeben ließ.

In Staats- und Gemeinde-Angelegenheiten war Diergardt unausgeseßt thätig, Er fungirte 25 Jahre als Präsident des auf seine Anregung gegründeten Gewerbegerichtes in Gladbach und bis zu seinem Tode als Stadtverordneter in der städtischen Verwaltung Viersens. 1843 und 1845 war er Mitglied der Provinzial-Landtage zu Düsseldorf und Coblenz und 1847 des ersten vereinigten Landtages der Monarchie. Später war er thätig als Mitglied des Hauses der Abgeordneten , bis er im Jahre 1860 in den Freiherrnstand erhoben und zum lebens- länglichen Mitgliede des Herrenhauses berufen wurde. Außêr- dem widmete er, neben seinen eigenen Geschäften, seine Thätigkeit und Geschäft8erfahrung auch der Förderung der ver- shiedensten anderen Jndustriezweige. Er hat zahlreiche in- dustrielle Unternehmungen ins Leben gerufen und als Haupt- mitglied ihrer Verwaltung fungirt. So war er der Haupt- gründer der Gladbacher Spinnerei und Weberei (des größten Baumuwoll-Etablissements des Yollvereins), und seit der Grün- dung derselben (1836) Präsident des Verwaltungsraths bis zum Jahre 1861. Ebenso war er Mitglied des Verwaltungsrathes verschiedener Banken , Druckereien, Bergwerksvereine , Maschi- nenbau-Gesellschaften, Eisenbahnen 2x. Von seiner Neigung für die Landwirthschaft und der Würdigung ihres Zusammenhanges mit allen andern Produktionszweigen zeugen die auf den von ihm angekauften bedeutenden Güterkomplexen ausgeführten großartigen Meliorationen, Waldkulturen, Entwässerungs- und Bewässerung8anlagen und die von ihm mit Vorliebe gepflegten Wiesenanlagen. In seiner Vaterstadt Moers gründete der Verstorbene das Krankenhaus Bethanien, in Viersen ein

Hospital, in Düren die Elifabethstiftung für Blindenunterricht und an der Gewerbeschule zu Viersen 24 Freistellen für Schüler beider Konfessionen. Jn Anerkennung seiner Berdienste errich- teten rheinishe Jndustrielle ihm zu Ehren die »Diegardtsche &ortbildung8ansftalt«. N

Die Kunde, daß der Tod am 3. Mai seinem Leben und damit einer so seltenen und für die weitesten Kreise ersprieß- lichen Thätigkeit ein Ziel geseht, erregte allgemein {merzliches Bedauern, und Jhre Majestäten der König und die Köni- gin, so wie Se. Königl. Hoheit der Fürst zu Hohenzollern- Sigmaringen geruhten, den Hinterbliebenen die Allerhöchste und Höchste Theilnahme ausdrücken zu lassen.

Johann Daniel Erdmann Preuß. (S. die: Bes. Beilage zu Nr. 112d. Bl.) Il

Unker der Regierung König Friedrih Wilhelms IV. war es vor Allem die unter dessen Auspicien erscheinende neue Originalausgabe der Werke König Friedrichs 1L,, welche Preuß Jahre lang beschäftigte. Bereits im Jahre 1837 hatte er in seiner [chon erwähnten Schrift: »Friedrich der Großé als Schriftsteller« auf eine nothwendig gewordene Ausgabe der sämmtlichen Werke König Friedrichs 11, hingewiesen. Am 9. Oktober 1840 ordnete König Friedrih Wilhelm 1V. durch einen Befehl an den Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal - Angelegenheiten die Publikation der sämmtlichen Werke seincs Königlichen Ahnen in einer monumentalen Pracht- ausgabe an und genehmigte einen minder kostbaren für den Buchhandel und das Publikum bestimmten gleichzeitigen Wieder- abdruc derselben in Royal-Oftav aus eigenen Mitteln des Rechtsnachfolgers der früheren Verleger. Die Hauptredaktion des Werkes, mit dessen Ausgabe die Akademie der Wissen- schaften auf Königlichen Befehl. betraut war, fiel unter der Oberaufsicht der leßteren dem Professor Preuß zu, welchem bei der Korrektur der Gelehrte E. Wilh. Ackermann und nach dessen 1246 eingetretenen Tode der Professor C. de la Harpe an die Seite gegeben wurden. Die drei ersten Bände beider Ausgaben der Werke nahm König Friedrich Wilhelm IV, in feierlicher Audienz am 6. Mai 1846 aus den Händen der beauf- tragten Kommission, unter welcher sih auch Preuß befand, entgegen und unterzog sie einer eingehenden Würdigung. Gleich darauf veröffentlihte Preuß die kleine Schrift: »Des motivs et du mode d’exécution de la nouvelle édition des Oeuvres de Frédéric le Grand, Berlin, imprim, royale. 1846«, deren deutscher Urtext bereits 1844, jedoch nur in wenigen Exemplaren anonym als Manuscript gedruckt, erschienen war.

Nach 13 Jahren, am 4. März 1857, ging der leßte Bogen der Prachtausgabe aus der Presse hervor, während der lehte der Oftavausgabe bereits am 20. April vollendet wurde. Die 30 Bände der Prachtau8gabe enthalten zusammen 202 Holzscbnitte , darunter 60 Bildnisse historischer Personen , meh- rere Ansichten von Bauwerken Friedrichs 1x. und zablreiche Vignetten, ferner zahlreiche Porträtkupfer, 8 Facsimiles und 29 Pläne. Die leßten 15 Bände des Werkes nahm am 15ten März 1860 der damalige Prinzregent , des jeßt regierenden Königs Majestät, von der Kommission entgegen, welche mit der Herausgabe beauftragt gewesen war. Im Zusammen- hang mit dieser Publikation stand auch, daß Preuß bei der Errichtung des Denkmals Friedrichs 11, dem Professor Rauch als historischer Beirath diente.

_Auch für das »Militär-Wochenblatt« hat Preuß werthvolle Na geliefert. Jn der berliner militärischen Gesellschaft, zu deren Ehrenmitglied er am 23. Februar 1855 ernannt wurde, hat er drei Mal dur Festreden die Bedeutung des Geburts- tages Friedrichs 11, gefeiert. Bis in sein Alter blieb Preuß geistig rüstig Und vielfach àuf dem Felde der vaterländischen Geschichte thätig, wenn auch nur in kleineren Arbeiten. So half er noch im Jahre 1864 die »Zeitschrift für preußische Geschichte und Landeskunde«, deren Aprilheft für 1869 wir die vorstehenden Mittheilungen über ihn entlehnt haben, begründen. Er lieferte für sie manchen interessanten Beitrag , von denen namentlich der umfangreiche »Zur Beurtheilung des Staats- Ministers von Wöllner« und »Finck v. &inckensteins Geschichte des vor der Neumärkischen Regierung geführten Arnold - Gers- dorffshen Prozesses« hervorzuheben sind. Fast alle Schriften von Preuß wurden ihrer Zeit sowohl von der Kritik als auch vom Publikum günstig aufgenommen. Er stand mit den be- deutendsten Männern seiner Zeit in freundschaftlihem Verkehr, und sein Streben wurde auch Allerhöchsten Orts durch Aus- zeihnungen belohnt: am 25. Juni 1851 erhielt er den Rothen Adler-Orden dritter Klasse mit der Schleife und am 28. August 1858 den Adler der Ritter des Hohenzollernschen Haus-Ordens.

Das Abonnement beträgt f Thlr. sür das Vierteljahr:

qusertionspreis für den Raum einer Druckzeile 24 Sgr.

Flo of Anfetien des In- uslandes nehmen Sestellun für Berlin die Ervedition des fbnigl’ Preußischen Staats - Anzeigers: Behren - Straße Nr. Aa, Ecke der Wilhelmsftraße.

Berlin, Montag den 24, Mai Abends :

e S P D D L E T T R ETTTE

1869.

je, Majestát der König haben Allergnädigst geruht:

Dem Advokaten, Justiz-Rath Bonnet zu Saarbrücken und m fatholischen Pfarrvikar Grüttorfer zu Uerdingen im eise Crefeld den Rothen Adler - Orden vierter Klasse, dem chulzen Barths zu Kerkow im Kreise Angermünde das All- meine Ehrenzeichen, sowie dem Stabs- und Bataillons - Arzt , Ewald beim 4. Oberschlesischen Infanterie-Regiment Nr. 63 Rettungs-Medaille am Bande zu verleihen ;_

Den Regierungs-Rath Meerkag in Posen zum Ober- gierungs-Rath und Abtheilungs-Dirigenten ; sowie

Das dritte technische Mitglied der Königlichen Direktion der verschlesischen Eisenbahn zu Breslau, Baurath Schultze; und

Das zweite technische Mitglicd der Königlichen Eisenbahn- rektion zu Hannover, Baurath Grapow, zu Regierungs- d Bau-Räthen zu ernennen ; ferner ; Der Wahl des Oberlehrers Dr. Brunnemann an der idreasshule in Berlin zum Direktor der Realschule in Elbing Allerhöchste Bestätigung zu ertheilen. :

| Ihre Majestät die Königin haben Allergnädigst ge- l dem Damenkleidermacher Carl Friedrich Herrmann 1 bit das Prädikat Allerhöchstihres Hoflieferanten verleihen.

Verlin, 24. Mai.

Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Karl von (ußen ist vorgestern aus Landsberg zurückgekehrt und heut der nah Guben abgereist.

Norddeutscher Bund.

rordnung, betreffend die Einberufung des Jollparlaments. Vom 23. Mai 1869.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c., ordnen, auf Grund der nah dem Vertrage zwischen dem rddeutshen Bunde, Bayern, Württemberg, Baden und Hessen f 8. Juli 1867 Uns zustehenden Präsidial - Befugniß, was

Das Zollparlament wird berufen, am Donnerstag, den Juni d. J. in Berlin zusammenzutreten und beauftragen ! den Vorsißenden des Bundesrathes des Deutschen Zoll- ins mit den zu diesem Zwecke nöthigen Vorbereitungen. : Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift beigedrucktem Königlichen Jnsiegel. ; Gegeben Schloß Babelsberg, den 23. Mai 1869.

(L, S.) 28 ilhelm.

Gr. v. Bi8marcck-Schönhausen.

tinisteriuum für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten. 0 Der Baumeister Schnißtler zu Wiesbaden ist zum König- n Land-Baumeister ernannt und demselben die technische atze ini bei der dortigen Königlichen Regierung ver- orden. i Der Königliche Eisenbahn-Baunreister Göring bei der verschlesisch-Märkischen Eisenbahn in Berlin ist in gleicher nshaft zur Ostbahn nah Schneidemühl verseßt und mit ommissarischen Verwaltung der dortigen Betriebs-Juspektor-

Ministerium der geistlichen, Unterrichts - und Medizinal: Angelegenheiten.

Der Privatdocent Dr. Hermann Munk hierselbst ist zum außerordentlichen Professor in der medizinischen Fakultät der biesigen Königlichen Universität ernannt worden.

Dem ordentlichen Lehrer Dr. Julius Milde an der Realschule zum heiligen Geist in Kre8lgu ist das Prädikat »Professor« verliehen worden.

Preußische Bank.

Wochen-Uebersicht der Preußischen Bank vom 22. Mai 1869.

Atti va 2 Geprägtes Geld und Barren 89,410,000 2,293,000

2) Kassenanweisungen, Privatbanknoten und Darlehnskassenscheine.

3 elbestände. 68,538,000

17,273,000

Wechs

G Lombardbestände 9) Staatspapiere , verschiedene Forderungen

¿ 14,764,000

Thlr. 142,136,000

Paf} a.

Und Ha s ¿ires S » 7) Depositenkapitalien 21,058,000

8) Guthaben der Staatskassen, Institute und Privatpersonen mit Einschluß des Giroverkehrs 1,423,00/

Berlin, den 22. Mai 1869. Königlih Preußisches Haupt-Bank - Direktorium. von Dechend. Kühnemann. Boese. Rotth. Gallenkamp. Herrmann. von Koenen.

) Banknoten im Umlauf

Tagesordnung.

45. Plenarsfißung des Reichstages des Norddeutschen Bundes

am Dienstag, den 25. Mai 1869, Vormittags 11 Uhr.

1) Erste und zweite Berathung über die Uebereinkunft zwischen dem Norddeutschen Bunde und derx Schweiz wegen gegenseitigen Schußes der Rechte an literarischen Erzeugnijjen und Werken der Kunst. 2) Dritte Berathung über den Ent- wurf einer Gewerbe-Ordnung auf Grund der Zusammenstellung der in zweiter Berathung über denselben gefaßten Beschlüsse des Reichstags.

Angekommen: Se. Exceilenz der General-Lieutenant und

Inspekteur der 3. Artillerie-Jnspekhion Herkt, von Breslau.

Abgereist: Se. Excellenz der Staats- und Minister für

s a MANIGEn Angelegenheiten von Selchow, nach olgast. i

Der Erste Präsident des Kammergerichts, Wirkliche Geheime

Ober-Justiz-Rath Dr, von Strampff, nach Neustadt E. W.

_Verlíiu, 24. Mai. Se. Majestät der König haben Aller- gnädigst geruht, den nachbenannten Beamten die Erlaubniß zur Anlegung der von des Königs von Schweden Majestät ihnen verliehenen Insignien zu ertheilen, und zwar: des Groß- kreuzes des Nordstern-Ordens: dem General-Post-Direk- tor von Philipsborn; des Commandeurkreuzes des St. Olas-Ordens: dem Geheimen Ober-Postrath Stephan und des Ritterkreuzes des Nordstern-Ordens: dem

* betraut worden.

200

Rechnung®srath Zumbrunn.