als die Gefahr vorübergegangen, wieder ent- lassen worden seien, als eine jeder thatsächlichen Unterlage entbehrende Ce, Das Blatt fügt hinzu: zu der gedachten Zeit seien nur 30000 Mann, und ¿war t Grund eines bereits am 24. März d. J. er- lassenen Befehls des Kriegs-Ministers, zur Vornahme von Uebungen einberufen worden. Die Anordnung des Kriegs- Ministers sei demna zu einer Zeit erfolgt, wo man die Gefahr eines Angriffs auf Jtalien, von welhem der „Matin“ behaupte, daß er in Jtalien befürchtet worden sei, ficherlih nicht habe voraussehen können.
Spanien. Madrid, 4. November. (W. T. B.) Jn der Kammer besprach heute der frühere Minister Cosgayo n das Budget und sagte: die beständigen Defizits würden eine erheblihe Anleihe nothwendig machen. Der Finanz- Minister erwiderte: er erkenne allerdings die Nothwendigkeit einer Begleichung der s{webenden Schuld an, aber es müsse dies niht unbedingt durh Aufnahme eincr Anleihe geschehen. {:?
Niederlande. Luxemburg, 5. November. (W.T. B.) Die Kammersession ist heute ohne Thronrede eröffnet worden. Zum Präfidenten wurde Servais, zum Vize- Präsidenten Simons wiedergewählt.
WAEZ..
Türkei. Konstantinopel, 6. November. (W. T. B.) Die „Agence de Constantinople“ meldet: Die Nachrichten aus Athen, wonach Schakir Pascha mit drei Kriegsschiffen und einem Regiment abgegangen sei, um in Sphakia einer Meuterei der Truppen vorzubeugen, wird offiziell als un- wahr bezeihnet. Es sei zwar richtig, daß türkische Kriegsschiffe an den Küsten kreuzten und Schakir Pascha das Jnnere bereise, dies wären jedoch nur Voisichts- maßregeln. Die türkischen ELUpDeN eigten unausgeseßt die strengste Disziplin. — Der # eschluß der egyptischen Regierung, betreffend die Einschränkung des Taback- baues, wird als eine für die tinkishen Tabackbauer und die tünkishe Tabackregie günstige Maßnahme angesehen. Man erwartet eine beträchtliche Zunahme der Einfuhr türkishen Tabaks in Egypten.
Serbien. Belgrad, 5. November. (W. T. B.) Das heute der Skupschtina vorgelegte Budget hat einen sehr günstigen Eindruck gemaht, weil es zum ersten Male einen genauen Einblick in die Finanzlage Serbiens ‘ aieiée Der Finanz-Minister erklärte, Üeberschreitungen der
oransläge seien prinzipiell unzulässig und habe er diesbe- züglich alle Ressorts mit entsprehenden Ar. weisungen versehen. Außerdem brahte der Finanz-Minister einen Ges eß- entwurf, betreffend die Ausgleihung des Budget- jahres mit dem Kalenderjahre ein.
- Amorxrika. Mew-Yo k 6. Novembers - (W.- DoB.) Bei den gestern stattgehabten Staatswahlen haben die Demolraten in den Staaten New-York, Maryland, Virginia, Ohio und New-Yersey mit geringer, in dem -Staate Jowa mit großer Mehrheit gesiegt.
Afffien. Japan. Yokohama, 2. November. (R. B.) Sen Sanjeo, der Geheimsiegelbewahrer, wurde zum remier-Minister ernannt und wird beide Aemter gleich- zeilig bekleiden. Graf Kuroda, der frühere Minister-Präsi- dent, wurde zum Mitglied des Geheimen Rathes ernannt.
Afrika. Zanzibar. Die bereits vom „W. T. B.“ im Auézuge mitgetheilte Depesche Stanley's, welche das Emin-Pasha-Entsaßcomité aus Zanzibar empfangen hat, ist dort am Sonnabend aufgegeben worden und lautet nach der Uebersezung der „Allg. Corr.“ wie folgt:
„Ich langte am Albert Nyanza von Vanalya, dem Plate, von welchem ih meinen leßten Brief an Sie richtete, zum dritten Male in 140 Tagen an. Ich ermittelte, daß Emin urd JIcphson beide Gefangene seit dem 18. Argust vorigen Jahres seicn, dem Tage, nach weldem ich die Ertdedurg machte, daß Major BVarttelot's Karawane verunglüdt sei. Die Truppen in der Acquatorial-Provinz empörten #sch und entledigten {G ihrer Lebnspfiiht; kurz darauf fielen die Mobdisten in voller Stärke in die Provirz ein. Nach der ersten S&lact ergaben sich von Ent- seßcn ergriffen viele Stationen, die Eingeborenen \{lofsen si den Eindringlingen an und leisteten Beistand in der Verheerung der Previrz; Flücktlirge wurden getöttet urd es ging viel Murition ver- loren. Der Feind erlitt eine Niederlage bei der Cinnahme von Oufile und cntsandte einen Dampfer nah Chartum um Verstärkungen. Unwéit des Albert Nyanza fand ich cinen Brief vor, der, nah Hinweis auf die gefährlide Lage der UÜUeberlebenten, die unmittelbare Noth- wer tigkeit meiner Ankunst vor Ende Dezember ketonte, ta es sonst zu \pât sein würde. Ich traf daseibst am 18. Januar ¿um dritten Male ein. Vom 14, Februar bis 8. Mai wartete ich auf Flücht- linge. Dann verlicß ih den Albert Nyanza, um den Hein. marsch anzutreten. Jch marschirte durch das Semliki-Thal über Awamba, Usongora, Toro, Uhaiyana, Uuyampaka, Anhori, Karagwe, Uhaiya (Ulbarza ?) ra dem sütliien Victoria Nyanza. Wir begegneten keinen fcindseligen Eingeborenen, seitdem wir Kabbarega verließen. Wir reisten längs des Fußes des \chnecebedeckten Rujenzorigebirges und drei Ufern des südlihen Nyoanza oder Nyanza von Usfongora. Er wird jeßt Albert Edward Nyanza genannt und is eiwa 900 Fuß böker als der Alk ert Nyanza. Er hat einen Auéfluß Namens Semliki, wcelcher von Ruwenzotri (Rujenzori) über 50 Strôme aufnimmt. Sáließlich ergickt er sich in den Albert Nyanza und matt den Albert Edward zur Quelle des sütwestlihen Armes tes weißen Nils urd den Victoria Nyanza zur Quelle des \südöstlichen. * / :
Das „Reuter'she Bureau“ verbreitet folgende Nachricht, sür welche jedoch eine weitere Bestätigung nicht vorliegt:
Zanzibar, 5. November. Gerüchtweise verlautet, daß Dr. Peters urd sein ganzes Gefolge mit Ausnal me eincs Europäers und eines Somalis von den Mafsais cder Scmalis niedergaemetzelt wortin sei. Die beiden UÜcberlebendcn, welde verwundet sind, jollen sich in Ngao befinden.
weld;e,
Parlamentarische Nachrichten.
gn der heutigen (9.) Sißgung des Reichstages, welcher die Staats-Minister Dr. von Boetticher und Herrfurth, sowie der Staatssekretär von Me chläger und andere Be- vollmächtigte zum Bundesrath nebst Kommissarien beiwohnen, wird die erste Berathung des Gesezentwurfs, betreffend die Abänderung des Gesetzes gegen die gemein- g L EN Bestrebungen der Sozialdemokratie, vom 21. Dfktober 1878, fortgesetzt.
Abg. Hartmann wendet jih zunächst gegen die gestrigen Ausführungen des Abg. Liebkneht. Das Sozialistengesez, das niht ein Geseß gegen die Sozialisten, sondern nur gegen die Sozialrevolutionáre sei, sei niht erst *durch die beiden Attentate im Jahre 1878 veranlaßt; hon bei dem Preßgeseh 1874 und bei der Strafgeseßnovelle 1875/76 hätten die
- Wif uiänn “, fergend
verbündeten Regierungen Maßnahmen gegen die offene, cynishe Verhöhnung von Gesez und Reht und Obrig- keit Seitens der Sozialdemokraten verlangt; der Reichs- tag habe aber damals sie nicht bewilligen zu sollen emeint. Die Sozialdemokratie vertrete nicht, wie der bg. Liebkneht meine, die Blüthe der deutschen Arbeiter; sie vertrete auch nicht einmal die Mehrheit, sondern nur eine vershwindende Minderheit derselben. Es sei ein Jrrthum, daß die sozialpolitishe Reformgesezgebung erst durch die sozialdemokratishe Agitation ins Leben gerufen sei. Der Ar- beiterstand verdanke vielmehr gerade so wie der dritte Stand seine politishe und seine sozialpolitishe Gleichberehtigung der Znitiative des Königthums. Die Deutschkonservativen seien für die Verlängerung des Geseßes, weil es si gegen die Umsturz- bestrebungen biéher bewährt habe; sie seien für das Geseg ohne Zeitgrenze, weil es dann in den Händen der Regierung eine größere Wucht habe. Die Vermehrung der Rechtsgarantien mache die bisher bestehende Kontrole durch den Reichstag ent- behrli®. Die Veränderung der Beshwerdekommission ver- diene Zustimmung; davon, an die Stelle derselben das Reichsgeriht zu seßen, sei kein Vortheil zu erwarten. Die Deutschkonjervativen hätten eine Abshwächung des Gesetzes nicht für angezeigt erachtet ; sie seien aber der Meinung, daß es nicht ihre Sadce sei, den verbündeten Regierungen größere Vollmachten gui prär gen, wenn dieselben mit geringeren auszukommen often. aber es sci dies eine Pfliht gegen das Vaterland, und diese e i die Konservativen erfüllen ohne Murren und ohne urt. Bei Schluß des Blattes spriht der Staats - Minister Herxrfurth.
(Weitere „Parlamentarische Nachrichten“, insbesondere den Schlußbericht über 7 gesirige s des Reichstages . Beilage.
Zeitungsstimmen.
Die „National-Zeitung“ weist auf das legte Tele- gramm des Reichskommissars Wißmann hin, mit welchem die dem Reichstag vorgelegten Aktenstücke aus Ost- Afrika schließen und welches lautet: s
„Zanzibar, den 2. November 1889. Eingegar.gen in Berlin am gleichen Tage
Heute an dcr Küste nach friedlidbem Rückmarsh eingetroffen.
Karawanensirafen sind für den Verkehr ofen. Wißmann.“
Hieran anknüpfend, bemerkt das genannte Blatt: „Wähiend der Reichekommissar die leßte Strecke seines etwa 50 1 A M E vin S E e zur Küste zurüclegie, spra r. Richter im Reichstag davon, da Ï : ad rene ini Lande Mhcrziebe nv, ras dort biéher von Kultur vorhanden war, zerstöre. Der Repräfen- tant dieser von dem deutsch - freisinnigen Fraktions - Chef unter fcine Protektion genommenen „Kultur“ ist Buschiri, welcher Gefongenen die Hände abhauen läßt, um sie dann dem feindlihen Befehlshaber mit LUöbnishen Grüßen zurüdckzu- senden. Bei solcher Auffassung ist es kein Wunder, daß Hr. Ritter, wie er Wifmann als Mordbrenner, so die an der Spitze der deutsh- ostafrikanishen Gesellschaft fetepden Deutschen als Wegelagcrer be- bhatidelt, welÉe von den vorüberzteh&1den Handelsleuten Zölle erpressen gicih den Steareifrittern des Mittelalters. Der zu Grunde liegende Thotbestand ist bekanntli, daß die Gesellschaft Zölle, welche der Sultan vo: Zanzibar immer erhob, von diesem gepachtet hat, um den größern Trkeil des Ertrags an diesen abzuführen uad aus ihrem An- 1leil die Kosten der nad Wiederherstellung der Ruhe wieder aufzu- rehmenden Kulturarkeit theilweise zu decken. : Die- Wifmann'she Expedition ist im nördlicen, wichtigeren Theil des deutsch-ostafrikanishen Gebietes erfolgreich dur- geführt worden. Vor einem Jahre jubelte ein deutsch-freisinniges Blatt, daß die leßten Deutsben in den Indischen Ozean gejagt seien ; heute ist die deutshe Herrschaft an der Küste sicherer begründet, als sie es vor dem Aufftande war, und der Reichskommissar hat bis zum
westlihsten Punkte des von ihm zur Ordrung zurückgebraHten Gebietes der Autorität des Reiches Anerkennung ver- {af}. In dem Lande, welches Gravelotte unt Sedan in
seine Annalen verzeihnet hat, wird man selbstverständlih nicht die Besiegung von arabiscen und Negertrupp3 als militärishe Groß- thaten feiern; aber wer nicht im Bannkreis der Anschauungen von Richter und Genofien lebt. der wird doch von Genugthuuxrg darüber erfüllt sein, daß deutsche Energie und Tüchtigkeit sich hier auh an einer uns bisher fremden Aufgabe bewährt hat. Hauptmann Wißmann und seine Gefährten haben die Anerkennung ihrer Lands- leute verdient. Es if nur billig, hervorzuheben, daß unter diesen seinen Gefährten auch jene Beamten der ost-afrikanischen Gesellschast sind, denen, als sie vor der ungeheuren Uebermacht des Aufstandes hatten weihen müssen, keine Schmähung Seitens der deutsch-freisinnigen Presse erspart wurde. Und auch daran ift heute zu erinnern, daß über die angebliwe Unmöglichkeit der Dur&führung des Wifmann'schen Plancs vom ersten Augenblick seiner Erörterung im Reichstage bis auf die leßten Tage von derselben Seite die
Weit mit höhnishen Prophezeiungen erfüllt wurde. Erst sollte die Wißmanrn'she Truppe nichts taugen, namentlich auch dem Klima nicht widerstehen können; als die Küste zurückcrobert
war, sollte dieser Erfolg nihts bedeuten, Wißmann vielmehr dem sichern Untergang entgegengehen, wenn er sich in das Innere wagte; jeßt ist er nach Mpwapwa und zurück marschirt, ohne auch nur ernst- lihen Widerstand zu finden — da blieb freilich nihts Anderes übrig, als ibn wegen des nothgcdrungenen Niederbrennens von Negerhütten, die in aht Tagen wieder aufgebaut werden, in der deutshen Volk3- vertretung als Mordbrenner zu brandmatrken und die Buschiri'sche Kultur“ zu beklagen. L
Auch in absehbarer Zukunft wird man in Ost-Afrika nicht mit der Sicherbeit, wie in der Leipziger Straße in Berlin, Geschäfte treiben können; man wird noch manchmal von der Nothwendigkcit hôren, Widerstand von Eingeborenen brechen zu müssen. Sie ist von kolonialen Unternehmungen nicht zu trennen. Aber eines der zukunfts- reichsten Gebiete Afrikas ist für die wir1hschaftlide Bethätigung Deutsccer gesichert. Der deutsch-freisinnigen Partei ist bereitwillig zu bezeugen, daß sie es zu verhindern gesucht, daß sie, lediglich in der Gesellihaft der Sozialdemokraten, die Geldmittel für die D mann'’sckche Expedition Anfangs dieses Jahres verweigert hat ; möge sie sich in der Redeweise des Hru. Richter ans der Etatsdebatte dieses Verdienstes vor den Wählern rühmen! JInj¡wishen wird es nunmehr darauf ankommen, die durch den Aufstand unterbrochene Kolonial- arbeit — jeßt in der Sicerheit wirklichen Schußes des. Reichs — encrgisch wieder aufunehmen.“
Ueber die Nothwendigkeit des Sozialistengeseßes N die „Schwarzburg-Rudolstädtishe Landes- zeitung“:
„Segcnüber den fortgeseßten Irreleitungen der Ansichten über die Wirkungen des Sozialistengesezes von Seiten der Gegner desselben ist es rüßlih, immer wieder daran zu erinnern, worin die Voraus- seßpurgen und der Zweck der Maßregel bestanden har und besteht. Das Sozialistengeseß s\tellte sich als ein nothwendiges Kampfmittel gegen die revolutionäre Form der Sozialdemotratie dar und sein Zweck bestand nicht in der Heilung der sozialen Schäden der Zeit, sondern darin, die öôffentlihe wilde Verheßung der Massen zu ver-
Eine Freude sei es nit, dieses Gese zu verlängern, |
S
hindern und damit die erste Vorbedingung für eine Sozialreform auf friedlihein Wege zu \{chaffen. j j i
Dieser Zweck ist vollständig erreicht, die aus de: sozialdemokratischen Bewegung für den Frieden und die éffentlice Ordnung entspringenden Gefabren sind niedergehalten worden. Widerrillig oder nickt, that- sählich hat si die Gesammtheit der Partei unter den Sranken des Gesetzes in eine taktishe Mäßigung fügen müssen, die ihrerseits wilde leidenscbaftlide Ausbrüche einer fanatisirten Masse mit verhindern half. Keiner der Gegner des Sozialistengeseßes vermag einebefriediaendeAntwort auf dieFragezu geben, welche ZuständeimReihundnamentlichineinzelnenGroßstädten mit starker proletarisher Zerseßung wir wohl haben würden ohne das Geseß, welhes zwar das Wachsthum der sozialdemoëratishen Stimmen nicht verhintern konnte, aber den Umsturztendenzen der Führer Zügel anlegte und die Arbeitermassen selbst vor den blutigen Niederlagen eines tumultuarishen geseßlosen Geistes bewahrte. :
Dieser Erfolg darf niht preisgegeben werden. Der deutsde Staat hat in der Zwischenzeit bewiesen, daß er mehr als jeder andere erystlich bestrebt ist, den Armen und Bedrüdckten zu helfen. Es hieße die beruhigende Wirkung seiner woblthätigen Sozialgesete aufhalten oder gar verkümmern lafsen, wenn man die Maßlosigkeit der sozialdemokratishen Agitation wieder ganz freigeben wollte. Jene Wirkung fann nit "in der kurzen Frist weniger Iabre erwartet werden, und andererseits hat die sozialdemokrati|che Führershaft bewiesen, daß sie innerliG die alte geblieben ist, d. h., auf den gewaltsamen Umsturz losarbeitet. Die Bewegung der Geister, die sich in der Sozialdemokratie kundgiebt, ist keine kurz vorübergehende Erscheinung und findet si gleichartig, wenn auch nicht gleichstark, in allen Industrieländern. Daraus folgt, daß die Maß- regeln gegen die revolutionäâre Form derselben nit nach kurzen
Fristen bemessen werden dürfen, d. h, daß mit dem System der VWVerlängerungen der Gültigkei\sdauer des Ge- seßes, welches ter Regierung dur die frühere doktrinäre Haltung des Reiclstages aufgenöthigt wurde, gebrochen
und ein Dauergesegz erlassen werden muß. Hierfür spricht weiter auch die Erfakrung, daß die Fraae d¿r Verlängerung des Gesetzes den Sozialdemokraten stets erwünschten Agitationsstoff licferte, und taß die wiederkehrenden Sozialistendebatten des Reichstages so sehr als möglich zur sozialdemokratischen Propaganda unter Ver- unglimpfung der Regierungen und ihrer Obrigkeiten ausgebeutet wurden. ...,
Die nationale Mehrheit des Reichstages wi1d ohne Zweifel dafür sorzen, daß das Geseß zu Stande kommt, und vielleiht werden auch die eirsihtigeren Mitglieder des Centrums hierzu mithelfen.“
Die Stellung der Kartellparteien zu dem Sozialistengesey wird von der „Kölnischen Zeitung“ dahin charakterisirt:
„Semeinsan is den Kartellparteien die wohlbegründete Ueberzeugung, daß die Sozialdemokratie nicht etwa auf dem Boden der bestehenden Staaté- und Gesellshaftsordnung eine wirthschaftliche Hebung der unteren Klassen, eine Steigerung des Antheils der Arbeiter an dem Ertrage der nationalen Arbeit bezweckt, sondern daß sie ih bemüht, Haß, Verbitterung, Verzweiflung und eine ehrfurhts- lose und unpatriotishe Gesinnungsroheit in die Massen bineinzutragen, um so einen allgemeinen Umsturz vorzubereiten. Damit ist die politishe und sittlihe Noihwendiz.eit der gèseßlichen Schutvorkeh- rmgen- begrünt4ck -- D s-- - E E C S
Jn einer Besprechung der Budgetdebatie im Deutschen Reichstage bemerkt das Wiener „Fremdenblatt“:
„Die Beschwerden, wclche gelegentlich der Etatsdebatte aus- gesprohen reurden, entspringen C nicht blcs dem Parteitoden, als sie größtentheils in den allgemeinen Verhältnissen beruhen. An diesen aber können die Friedensmächte nichts ändern. Den Regie- rungen derselben könne Streben nah Kriegsruhm nicht vorgeworfen werden. Jeder ihrer Schritte beweise, daß die Aufrechterbaltung des Friedens das höchste Ziel ihres Ehrgeizes sei. Darin scien se mit den Völkern vollständig e’nig, und nur die Verblendung könne bestreiten, daß sie nur als Vollftrecker der Wünsche der Völker auftraten. Der allgemeine industrielle Aufs&wung mache die düsteren Voraussagen zu Schanden. Deutschlands ökonomische Kraft sei troy der rothwendigen starken Rüstungen vollständig ungebrochen geblieben, und die glänzende Stellung im Rathe der Nationen vermeÿre noh seinen Reichthum.“
Das Kaiserpaar in Konstantinopel.
O Konstantinopel, den 2. November.
Zum beutigen Empfange Jhrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin waren von Seiten Sr. Majestät des Sultans" großarti2e Vorbereitungen getroffen worden. Auch die deuts&e Kolonie wollte selbstverständlih niht zurückbleiben, wo es einer würdigen Begrüßung des geliebten Herrscherpaares galt. Die Mitglieder der deutshen Vereine hatten zwei Lloyddampfer gemietkbet, auf denen sh je ein Musikcorps befand, und waren den Majestäten früh Morgens entgegengefahren, um auf den Wogen des Marmara- Meeres den ersten deutshen Willkommengruß Allerhöhstdenselben entgegenzujubeln. No ein anderer Dampfer mit vielen Hunderten von Passagieren war ausgefahren, und der Bosporus war dicht bedeckt mit Böten und Kaiks, weil Jeder dem Deutschen Kaiserpaar s\cinen Gruß zuerst und aus nächster Nähe darbringen wollte.
Glüdck!icherweise senkten sich die heute früh vorterrshenden Nebel- wolken, und als der erste Kanonenshuß gegen 104 Uhr Vormittags das Einfahren des „Kaiser“ und der „Hohenzollern“ in den Bosporus verkündete, late die Sonne hell über Konstaniinopel, als wollte sie sih mit den Bewohnern über das frohe Ereigniß freuen.
Die Leibgarde des Sultans war schon früh ausgerückt, um an der Landungéstelle des Palastes Dolma Bagdsche die Ehrenwache mit Fahne und Musikcorps zu stellen. Es ist dies jener Palast, den einst der bochselige Kronprinz Rudolph von Oesterreih bei seiner hiesigen Anwesenheit bewohnte und den der Sultan damals gänzlih neu aus- bauen und rcinrihten ließ. Troßdem die Einrichtung des herrlich am Bosporus gelegenen Palais noch vollständig neu war,
hat der Sultan sie doch abermals renoviren lassen, obwohl die Kaiserlihen Gäste Allerhöchstdesselben dort ni{6t wohnen sondern nur empfangen werden sollten. Dieser Palast enthält
zahlreihe Gemäwer uad hohe, als Prachtbauten zu bezeihaende Thore und Gitter umgeben ihn; bezüglih leßterer sind vor Allem jene am Bosporus gelegenen erwähnenswerth. Die Vergoldungen sind muster- haft ausgeführt und von dem Gitterthor am Wasser, durh welches Jhre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin den Garten von Dolma Bagdsche zuerst betreten sollten, lief ein langer \{arlahrcther Teppich bis zu dem prächtigen Empfangssaal, wo Se. Majestät ter Sultan des Augenblickes harrte, in welchem Jhre Kaiserlichen Majestäten landen würden. Die Leibgarde ftand zu beiden Seiten des von Allerhöchst- denselben zurückzulegenden Weges bis zu der zum Empfangssaale führenden Treppe, während hart an leßterer das gesammte Perfonal der deutshen Botchaft, sowie Frau von Radowitz mit ihren beiden Tôch- tern zur Begrüßung der Allerhöchsten Herrschaften sich versammelt hatten. Im Innern des Palastes verbreiteten Palmen und zahlreiche exotishe Gewätbse balsamishen Duft ; Alles legte Zeugniß dafür ab, daß Se. Majestät der Sultan das Deutsche Kaiserpaar durch wür- digfte Ausftattung dieses Empfangspalastes auszuzeihnen beabsichtigte.
Als der „Kaiser“ gegenüber von Dolma Bagschde Halt gemacht hatte, die „Hohenzollern“ aber rechts seitwärts desselben Anker warf, seßte sich vom Palast aus eine Dampfbarkasse in Bewegung, welche die hohen türkishen Würdenträger, General-Adjutanten 2c. aufge- nommen hatte und an Bord des „Kaiser“ führte.
_ Inzwischen war das Kaiserlihe Gefolge vor dem am reten Flügel -des Palastes befindlichen Gitterthor gelandet. Hier entstiegen der Staatssekretär Graf Bismarck, die im Gefolge Sr. Majestät befindlihen General- und Flügel-Adjutanten, die Chefs des Militär-
D
und des Civil-Cabinets, der General-Superintendent, O :er-Hof- und Domprediger D. Kögel u. A. dem Boote der Kaiserlihen Marine und begaben sich später zur Landungsstelle der Kaiserlihen Majestäten.
Als Se. Majestät der Kaiser nah den Vorstellungen das
aggschif verließ, wurde die Kaiser-Standarte auf dem Schiff ge- trihen und statt ihrer die türkishe rothe Flagge mit dem weißen Halbmond gehißt. Se. Majestät begaben Sich mit den türkischen Würdenträgern und Allerhöchstihrer persönlihen Begleitung nah der „Hohenzollern“, um Jhre Majestät die Kaiserin nebst Gefolge von dort, nach den üblichen Vorstellungen, abzuholen. Sobald die türkfishe Dampfbarkasse an der „Hoßenzollern® angelegt und des Kaisers und Königs Majestät den Bord erreicht hatten, senkte sich die Fa der Kaiserin, um dur jene des Kaisers erseßt zu werden.
Œs war 11 Uhr geworden, als die Kaiserliten Majestäten im
Kaiserboot, begleitet von der türkis&en Barkafse, der Landungsftelle von Dolma Bagdsche zufuhren. Tausendstimmige Jubelrufe ertönten von den Insassen der vielen Hunderte Boote und Kaiks. Es war ein Triumphzug im wahrsten Sinne des Wortes, und immer wieder wurden stürmishe Hochrufe unserem Durchlauchtigsten Kaiserpaare entgegengesandt. Nur mit s{hwerer Mühe konnte die Dampfbarkasse dem Kaiserboote Ban brechen. Beim Abstoßen des letzteren von der „Hohenzollern“ war Se. Majestät der Sultan vom Palast aus dem Gitterthor der Landungsstelle zugeschritten, bier die Majestäten erwartend und nach galanter und herzlicher Begrüßung Ihrer Majestät der Kaiserin den Arm bietend. Se. Majestät der Kaiser hatten die Uniform Allerhö{stihres Leib-Garde-Husaren- Regiments angelegt und trugen das große Band des türkischen Osmanié-Ordens Das Personal und die Damen der deutschen Bot- [e as von beiden Majestäten durch huldvolle Begrüßung aut- ezeichnet. z : ; s Nachdew auch hier weitere Vorstellungen im Empfangssaal statt- gefunden, bestiegen die Allerhöhsten und Höchsten Herrschaften die vierspännigen Gala-Equipagen. Vorauf fuhren im ersten Wagen : Ihre Majestät die Deutsche Kaiserin, zu Allerhöbstderen Linken Se. Majestät der Sultan und d.esem gegenüber der Oberst-Hofmarschall ; im zweiten Wagen: Se. Majestät der Deutsche Kaiser und Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrih von Preußen, auf dem Rücksiß der Großvezier. Im dritten Wagen folgte dann Se. Hoheit der Herzog Friedrih Wilhelm von Mecklenburg-Schwerin nebst Begleitung, in den übrigen das zahlreide Gefolge. Die Suite des Sultans war zu Pferde uxd begleitete den glänzenden Zugz. neben Jhrer Majestät der Kaiserin am Wagenschlage ritt der Generol Kamphévener-Pascha, neben dem Sultan der General von Hobe-Pascha.
Der Zug bewegte \sih bergauf, um von den in der Nähe des Palastes, welhen die Kaiserlihen Majestäten bewohnen werden, er- bauten Kiosken den Vorbeimarsh der Truppen anzuswauen. Es war zu diesem Zwecke eine kombinirte Division des I Armee-Corps unter Befehl des kommandirenden Generals Riza-Pascha aufgestellt. Auch hier intonirten die Musikcorps. wie jenes an der Landungéstelle, das „Heil Dir im Siegerkranz* und der Vorbeimarsh, nah türkiscer Art in Marschkolonnen, erfolgte in tadelloser Haltung. h
Die Majestäten begaben Sich hierauf in Ihre Gemächer. Das Palais, weles Allerhöchstdieselben bewohnen, liegt vor der Residenz des Sultans, dem Yildiz.
Den “heudvorliegekdet=Berithten Des „W. 7 B.“nus® Konstantinopel über den Besuch Jhrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin am Hofe Sr. Majestät des Sultans entnehmen wir Folgendes :
Am Montag Abend war bei Sr. Majestät dem Sultan Diner in intimem Cirkel. Bei dem Diner übecreihte Se. Majestät der Kaiser dem Sultan die Kette des Großkomthurs des Königlichen Hausordens von Hohenzollern und legte sie ihm persönlich um den Hals. Der Sultan war durch diese Auszeichnung aufs Höchste erfreut. Sodann wohnte Ihre Majestät die Kaiserin in Begleitung der Gemahlin des Botschafters von Radowiy und anderer Damen einem Feste im Harem des Sultans bei und verblieb daselbst bis 1 Uhr Nachts.
Am Dienstag Morgen fuhr Se. Majestät der Kaiser in einem Kaik nah dem S(hlosse Begler Beg, wo im Jahre 1869 weiland Se. Majestät der Kaiser Friedrib als Kronprinz gewohnt hatte. Auf dem 47 nah Skutari genoß Se. Majestät vom Berge Chamlindja aus die herrlihe Ausficht und stieg sodann nah Haider Pascha, dem Ausgangöpunkte der anatolishen Bahnen, hinunter, Von hier aus besuhte Se. Majestät der Kaiser zu Schiff das Schloß der 7 Thürme und machte sodann einen Spaziergang um die alte Stadtmauer, welchen Allerhöchstderselbe am gestrigen Tage wegen der Besichtigung einiger militärishen Anstalten versboben hatte.
Se. Majestät der Kaiser ist von dem Aufenthalt entzückt und \spriht in Ausdrücken höchster Befriedigurg übe: die unvergleihliche Gastfreundshaft Sr. Majestät des Sultans
Jhre Kaiserlichen Majestäten tauschten gestern Abend mit dem Sultan kostbare Geschenke aus. Der Sultan überreichte Sr. Majestät dem Kaiser verschiedene werthvolle Erzeugnisse orientalischen Kunstfleißes : gestickte Stoffe, Möbel mit Mosaikverzierung, ein mit Edelsteinen ausgelegtes S(reibzeug; Ihrer Majestät der Kaiserin widmete der Sultan ein berrlihes Collier.
Sowohl vor wie nah den persönliGen Besprehungen der beiden Monarchen haben Unterredungen stattgefunden, zu denen der Staats- sekretär des Auswärtigen Amts, Staats-Minister Graf Bismarck, und der türkishe Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Said Pasa, zugezogen wurden. :
Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin gedaHten heute Mittag 122 Uhr die Rückreise, und zwar über Venedig anzutreten. Das Kaiserliche Gefolge begiebt sih mit der Bahn nah Berlin zurück.
Veröffentlihungen des Kaiserlichen Gesundheits amts, Nr. 45. — Inhalt: Bekanntmachung. — Gesundheitsstand. Volkskrankheiten in der Berichtswoe. — Volkskrankheiten und Sterbefälle im September. — Sterbefälle in deutshen Städten von 40000 und mehr Einwohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. — Desgl. in deutschen Stadt- und Landbezirken. — Krankenberichte der preußischen Armee u. st. w. 1889, 1. Halbjahr. — Infektionskrankheiten in Italien. — Vitterung. — Zeitweilige Maßregeln gegen Volkskrarkheiten. — Thierseuchen in Großbritannien, 30. Juni bis 28. September 1889. — Veterinärpolizeilihe Maßregeln. — Medizinalgeseßgebunz u. st. w. (Preußen). Prüfung der Zahnärzte. — (Berlin.) Margarine. — (Reg-Bez. Schleswig.) Geheimmittel. — (Reg.-Bez. Lüneburg.) Ansteckende Krankheiten. — (Reg.-Bez. Koblenz.) Anzeigepflicht bei Diphtherie. — (Reg.-Bez. Düsseldorf.) Heildiener — S Arzneirechnungen für öffentliche Kassen. — (Schweiz.) Prüfung der Apothekergehülfen. — Rehtsprehung. (Ober-Landesgericht zu Posen und Amtsgeriht zu Inowrazlaw.) Anwendbarkeit der Kaiserlichen
erordnung vom 4. Januar 1875. — Verhandlungen von geseh- gebenden Körperschaften, Vereinen u. |. w. (Belgien.) Hypnotismus. — Vermischtes. ( reußen, Berlin.) Getrocknete amerikanische Stheibenäpfel. — (Frankreih) Sterblichkeit der Truppen in den Kolonien. — Gescenkliste. — Sterbefälle in deutschen Orten mit 15 000 und mehr Einwoßnern für den Monat September 1889. — Desgl. in größeren Orten des Auslandes.
Entscheidungen des Reichsgerichts. Nah §. 18 des Markenschutzgeseßes vom 30. November 1874
Abänderungen wiedergegeben is, welhe nur durch Anwendung besonderer Aufmerksamkeit wahrgenommen werden können. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgeriht, I. Straf- senat, durch Urtheil vom 24. Juni 1889 ausgesprochen, daß bei der rihterlihen Beurtheilung der Frage, ob ein geshüßtes Waarenzeichen mit derartigen Abänderungen wiedergegeben ist, das Gesammtbild der beiden Waarenzeichen ins Auge zu fassen, sowie der Umstand zu berüdsihtigen ist, daß das fkaufende Publikum regelmäßig aus der Erinnerung an das früher gesehene echte Zeichen die Abweihungen des nahgemachten herauszufinden hat und deshalb den Unterschied nicht so leiht bemerkt wie derjenige, der beide Zeichen vor \ih hat.
Statistik und Volkswirthschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
In Hamburg ist gestern ein Strike der Shiffszimmer- leute ausgebrowen. Dieselben beanspruchen, wie „W. T. B.“ meldet, an Wintertagen einen ebenso hohen Tagelohn wie im Sommer, Da die Werften diese Forderung niht bewilligten, haben gegen tausend Zimmerleute die Arbeit eingestellt. Die Werften sind even- tuell geneigt, im Winter höheren Tagelohn_zu bezahlen, wenn die Zimmerleute dafür die gleiche Zeit wie im Sommer arbeiten wollen.
Aus London berihtet die „Alg. Corr.“ : Die Erwartungen, daß der Lohnstreit zwishen den Ewerführern (lightermen) auf der Themse und deren Arbeitern in versöhnliher Weise zum Auêtrag gebracht werden würde, baten sih nicht verwirkliht. Die Arbeiter verlangen, daß die Nalhtarbeit sich auf nur eine einzige Ver- rihtung (one job) beshränken solle, während die Meister, an dem Stiedsspruche Lord Brassey's festhaltend, darauf bestehen, daß die Arbeiter in der Nacht jedwede Arbeit, die ihnen zugetheilt wird, ver- rihten sollten. Da eine Einigung zwischen Meistern und Arbeitern nicht erzielt werden fonnte, begannen leßtere am Montag einen Ausftand, und es fragt sich nun, ob die übrigen Dodckarbeiter gemeinsame Sache mit den Arbeitern der Ewer- führer machen werden. -—— Dem „W. T. B.* zufolge, bezeihnete eine Deputation der Eigenthümer der Lichterschiffe, welche gestern eine Besprehung mit dem Lordmayor, dem Kardinal Manning und dem Deputirten Buxton batte, die Forderungen der Lichterschiffer als unbillig und unvernünftig. Die Konferenz vertagte sh sodann auf heute, wo Delegirte der Lichterschiffer an der- selben theilnehmen follen. Die Zahl der Strikenden ist auf 5000 bis 6090 gestiegen.
Die Bâätckergesellen Londons hielten am Montag eine Versammlung ab und beschlossen, die Bestrebungen bezüglih ciner Reduktion der Arbeitszeit auf 60 Stunden per Woche und Erlangung eines Lohnes für Ueberzeit zu unterstüßen. Für nähsten Sonntag it zu diesem Zweck eine Massenkundgebung im Hyde Park angekündigt, und wenn bis dahin die Bätermeister niht nachgegeben haben sollten, wird für den 16. d. ein Strike angedroht.
Stiftungen und Stiftungszuflüsse im Königreich Baycrn während des Jahres 1887,
… aNad. der Zoitäbuift des. „Königlit bayeriswen„statistishen Bu- t r R T7 L ry der in S Sebr 1887 im Königreih Bayern gegründeten neuen Stiftungen und Fundations- zuflüsse auf 3 162 780,25 #4, welhe Summe gegen das Vorjahr ein Weniger von 1 197 086,12 Eergiebt. Von dem Gesammtbetrage, von welchem 23,6 °/6 auf Oberbayern, 20,9 0/0 auf Mittelfranken, 15,5 9% auf Schwaben, 8,0 9/6 auf Niederbayern, 7,8 9/o auf die Ober- pfalz, 7,7 9/0 auf Unterfranken, 3,8 9/6 auf die Pfalz und 3,7 %/c auf Oberfranken entfielen, waren 37,0 9% zu neuen Stiftungen .und 63,0 9% zu Fundationszuflüssen bestimmt. Gegen das Vorjahr, in welchem Stiftungen von 756 700 #, 278000 # 2c. zu verzeihnen waren, weist das Jahr 1887 nur geringe Beträge na, deren höchster 45 856 # war. Als durhschnittliGer Betrag berechnet sih im Ganzen auf eine Zuwendung die Summe von 979,19 #4
Die Gesammtsumme der Stiftungen und Fundationszuflüsse ver- theilt sich nah den vier Hauptzwecken wie folgt: mit 53,7 9% auf Wohlthätigkeit, mit 36,1 9% auf Kultus, mit 8,0 ?% auf Unterricht und mit 2,2 9/0 auf Gemeindezwecke.
Ueber die Zuwendungen im Einzelnen ist Folgendes zu bemerken :
1) Neue Stiftungen für Gemeindezweke wurden nicht errichtet ; die Fundationszuflüsse hierzu betrugen jedoh 71 018,36 #4
2) Die Zuwendungen für Unterricht8zwecke beliefen ch auf 254 231,58 Æ, von welwer Summe 63 9/9 zu neuer Stiftungen und 37,0 9% zu Fundationszuflüssen bestimmt waren.
3) Wohlthätigkeitszwecken wurden 1 697 174,35 Æ zugewandt. Davon kamen 58,1 %/o auf neue Stiftungen und 41,9 %/% auf Fun- dationszuflüsse.
4) Für Kultuszwecke wurden 1140 355,96 M gestiftet, Davon entfielen 2,3 %/o auf neue Stiftungen und 97,7 9% auf Fundations- zuflüfse. Von den 2514 Stiftungen trafen 2472 auf den katholischen, 39 auf den protestantishen Kultus und 3 auf anderweitige Kultus- ]tiftungen. Von den 2472 katholishen Stiftungen waren bestimmt : 46 zur Mehrung des Stammvermögens8, 2275 für Messen und Jahr- tage und 151 zu sonstigen Kultuszwecken.
Die \{wedisch- norwegischen Staats-Eisenbahnen im Jahre 1888.
__ (F) Nach dem Veriht der \{chwedis{ - norwegishen Staats- eisenbahnverwaltung für das Iahr 1888 betrug am Schlusse des ver- flofsenen Jahres die Länge der im Betriebe befindlihen Staate-Eisen- bahnen 2531 km. Der Kapitalwerth dieser Bahnen nebst Gebäuden und Material betrug 253 824 349 Kronen. Die Bruttoeinnahmen be- liefen sich auf 20792 883 Kronen (gegen das Vorjahr 2342 136 Kronen mehr), die Ausgaben auf 13 815 849 Kronen (713 644 Kronen mehr) oder 66,45% (4,56 9%/ weniger), und der Nettoertcag 6 977 034 Kronen (1628 492 Kronen mebr), Mit Hinzurehnung der Kapitalverluste bei der Aufnahme von Anleihen zu den Staats- Cisenbahnbauten waren am S@lufse des Jahres für fertige und im Bau begriffene Bahnen 281 5€0 149 Kronen verwendet, wovon auf erstere 277 910 249 Kronen entfallen. Die Netto-Einnahme betrug mitiia im Verhältniß zu diesen Summen resp. 2,48 und 2,51 %, gegen das wirklich aufgewendete Baukapital jedo 2,84 9/0; abgeliefert an die Staatskasse wurden 6 800 000 Kronen oder 2,77 9/0 (0,61 9% mehr als 1887). Das rollende Material bestand aus 362 Lokomotiven, 821 Personen-, 63 Post- und Gefangenen-, 8792 Güter- und 2 Krahn- und Justirung8wagen. An Personen wurden 4 079 971 (39 055 in der ersten, 651 730 in der zweiten und 3300304 in der dritten Wagen- klafse), an Gütern rund 2,63 Millionen Tons befördert. Im Laufe des Jahres ereigneten sich 39 Unglücksfälle auf den Babnen, wobei 10 Menschen umkamen, jedo kein Passagier. Angestellt im Staats- eisenbahnbetrieb waren am Schlusse des Jahres 4986 Personen.
Kunft und Wissenschaft.
Die Lehre vom Galvanismus, schreibt die „Voss. Ztg.“ kann heute (Mittwoch, den 6. November) ihre Jahrhundertfeier begehen. Der Ueberlieferung nah_geschahß es am 6. November 1789 , daß Luigi Galvani, Professor der Anatomie in Bologna beobachtete, wie enthäutete Froshschenkel, die durch ihre Nervenstämme mit einem Stück der Wirbelsäule zusammenhingen, zuckten, so oft aus einer nahe dabei stehenden Elektrisirmaschine Funken gezogen wurden, während gleichzeitig gerade die Nervenfäden mit einem eisernen Skalpell berührt wurden. Diese Beobahtung wurde der Aus- gangepunkt von Forschungen, welhe zur Entdeckung ciner néuen und der wichtigsten Elekirizitätsquelle führten, dcren Anwendung einen guten Theil dazu beitrug, den äußeren Lebensverhält- nissen der Kulturvölker diejenige Form zu geben, welche sie jetzt
Kommeritar „De viribus Electricitatis in motu musculari“, der
1791 in den Berichten des Instituts zu Bologna erschien. deutshe Ausgabe des Kommentars erschien 1793 in Prag. Die Ueberlieferung hat diese grundlegende Beobachtung Galvani's sagenhaft ausgeschmüdckt. Ein guter Theil davon soll auf die Rech- nung feiner Gattin Lucia, der Tochter seines Lehrers Galeazzk, kommen. Sie, die Gattin, soll ‘den verwunderlihen Vorgang zuerst beobachtet und Galvani erst darauf aufmerksam gemacht haben. Ein Anderer, der über die äußeren Umitände bei der Entdeckung berichtet, weiß viel Rühmenswerthes von Galvani’s Gattenliebe zu berichten; nah ihm war die Entdeckung nur ein zufälliges Ergebniß bei einer Speisezubereitung, welGe Galvani für scine Frau besorgte. „ Lucia Galvani foll brustkrank gewesen sein, zu ihrer Stärkung wurde ihr vom Arzt Froschschenkelbrühe verordnet, Galvani, ihr Gatte, von Beruf Anatom, ließ es si nicht nehmen, die Frosbscenkel selbst berzurihten. Bei der Herrihtung nun soll er die bedeutsamen Zuckungen zuerst gesehen haben. Man weiß, daß Galvpani den Versuch dazu ausnußte, die Lehre von der Lebensfraft zu stüßen. Aber seine Erklärung konnte nit Stand halten. Viel beffer deutete Alessandro Volta den Versuh und die späteren Versuchs- reihen Galvani's. Zwishen Beiden entspann ih ein langdauernder wisscnschaftlicher Kampf, dessen Einzelheiten für dea Historiker der Physik und der Heilkunde von gleich großem Interesse sind.
— Der Dampfer „National“ mit der deutschen Erpedition zur Erforshung der Meere unter Leitung des Geheimen Medizinal-Raths, Professors Dr. Hensen an Bord hat beute früb Skagen passirt und trifft Donnerstag, Vormittag 11 Uhr, in Kiel ein.
_ Meiningen, 4. November. Bei der Oeffnung eines im Walde bei Grub gelegenen Hünengrabes find, wie wir der „Ger. Ztg.“ entnehmen, bis jeßt eine massive Armspange, eine große Anzahl \{höôn gearbeiteter Pfeilspißen, ein Kelch, eine Speerspitze, zwei zwölffache Spiralarmringe, eine Feuersteinkugel, ein Hufeisen, ein Eisensporn sowie mehrere Knochentheile gefunden worden.
Eine
Handel und Gewerbe.
Nach einem am 1. Rovember cr. gefaßten Beshluß des Auf- sichhtêrathes der Bergwerks8gesellschaft Hibernia wurde der Ankauf der im Besiy des Bergwerksbesizers W. Endemann zu Bonn befindlihen Grubenfelder Nosthausen, Nosthausen I., IL, 1IL, IV, und V. und der im Endemann'’schen Besitz befindlichen 121 alten Kuxe der Berechtsame Neu-Borbeck, sowie desjenigen Theils der gedngung Veronika, welcher durch die Verlängeruna der öst- lien Markscheide von Shamrock nah Norden, von der Verleihung Veronika, westlih von dieser Linie liegend, abgeiheilt wird, soweit gefördert, daß die Auflassung der zuerst genannten Felder Nofthausen und bezw. der Kuxe von Neu-Borbeck am 5. d. M. von dem Geund- buch-Richter in Bochum vorgenommen wurde, und daß die Auflassung L des bezeihneten Theils des Grubenfeldes Veronika in nächster Zeit crfolgen wird
— Na dem Geschäftsbericht der Düsseldorfer Eisen- und Drahtindustrie-Gesell schaft wurde das Jahr 1888/89*in seinen Grgebuissen durch den Verlauf des leßten Quartals ungünstig beeinflußt. Das für die Erzeugung der Fabrikate erforderlihe Rohmaterial war rapide gestiegen, während die Verkaufêpreise unter dem Drucke der Konkurrezz litten. Der Absag an Waaren betrug in 1888 89 83-01% ‘‘ck zoge 3 123 1@l «tin 15873 2017 P in 1836/87. Das Stahlwerk is fertigaestellt und befindet sich in vollem Betriebe, Der parzellenweise Verkauf von entbehrlihen, an Straßen belegenen Grundstücken konnte im Betriebsjahre nur be- züglich zweier Aen von 84? qm Fläche bewirft werden, woraus si gegen den Buhwerth ein Gewinn von 11525 4 ergab. Die Abs&lüsse in Kohlen wurden vor dem Strike auf ein Jahr und zwar bis 1. April 1890 erneuert, auch ein Theil des Bedarfs bis 1. Januar 1891 billig abge\s{lossen. Es wird be- antragt, von dem zuzügli des Gewinnvorctrages aus 1887/88 von 7744 M verbleibenden Reingewinn im Betrage von 115514 #4 an die Aktionäre 43 9% = 110 700 M zu vertheilen und den Rest von 4814 #4 auf neue Rebnung vorzutragen.
— Lie „New-Yorker Hdls.-Ztg.“ schreibt unter dem 25, Ok- tober: Die allgemeine Gejchäftslage ist voz der Geldknapp- heit, die während der leßten acht Tage der Aktienbörse viel zu hafen mate, nit alterirt worden. Für das legitime Geschäft ist Geld hinreichend flüssig gewesen, und in fast allen Branchen hat sib wieder jene Rübrigkeit gezeigt, die seit den leßten zwei Monaten zu beobahten war, Eine Enttäuschung bietet allerdings das Geschäft in Weizen, indem troß der reihen Ernte bisher nur wenig exportirt werden konnte; ebenso hat das Wollgeshäft, wenn au in der Befserun 3 begriffen, wenig Befriedigung gegeben, Dafür ist aber für viele andere Artikel ein ganz enoriner Aufshwung zu konstatiren; der in der Eisen-Indufstrie steht fast ohne Parallele da, und ferner ift das Geschäft in Leder und in Schuhen und Stiefeln brillant gewesen. Ein ähnliches Resultat hat die gegenwärtige Saison in einheimi- schen Manufakturwaaren und, wenn auh in {hwäherem Maße, die in fremden geliefert. Provisionen sind zwar nicht unbedcutenv im Preise gefallen, was bei den kolossalen Schweine- Zufuhren nit zu verwundern ist, haben aber dafür einen bedeutend größeren Abzug als im vorigen Jahre erzielt. Ein anderer Artikel, in dem der Export in großartiger Weise zugenommen hat, ift Butter, und last but not least haben wir die Verladungen in Baumwolle zu erwähnen, die bereits einen solhen Umfang angenommea haben, daß wir, wenn sonst die Geldverhältnisse normal bleiben, Gold als Gegensaß dafür erhalten sollten, denn unsere Importeurs werden wohl schwerlich solch große Summen während des Herbstes ab- sorbiren können. Wir bemerken noch zum Schluß, daß die Falli- mente während der leßten Wochen eine erfreulihe Abnahme in der Anzahl und in den Beträgen zeigen, und hoffen daber nicht fehl zu gehen, wenn wir auf Grund vorerwähnter Thatsachen ein weiteres gutes [cgitimes Geschäft für die nähsten Monate in Aussicht stellen.
_ Manchester, 5. November. (W. T. B.) 12r Water Taylor 72,
3ór Water Taylor 9k, 20r Water Leigh 8, 30r Water Clayton 8F, {er Mok Brooke 85, 40r Mayoll 9}, 40r Medio Wilkinson 104, 32r Warpcops Lees 83, 36r Warpcops Rowland 93, 40r Double Weston 95, 60r Double courante Qualität 13F, 32“ 116 yds 16 x 16 zcey Printers aus 32r/46r 182, Anziehend. _ New - York, 5. November. (W. T. B.) Weizen - Ver- \{chiffungen der leßten Woche von den atlantishen Häfen der Vereinigten Staaten nach Großbritannien 24 000, do. nah Franfreich —, do. nach_ anderen Hâfen des Kontinents 5000, do. v0: Kalifornien und Oregon nach Großbritannien 64 000, do. naci: anderen Hâfen des Kontinents — Qrts.
Verkehrs - Anstalten.
Hamburg, 5. November. (W. T. B.) Der Postdampfer eBorussia*“ der Hamburg - Amerikanisen Patdcket- fahrt-Aktiengesellshaft hat, von Westindien kommend, heute Lizard passirt.
London, 5. November. (W. T. B.) Der Castle-Dampyfer ePembroke Castle“ ist heute auf der Ausreise in Durban (Natal) angekommen.
Preußische Klafsenlotterie. (Ohne Gewähr.)
Bei der gestern fortgeseßten Ziehung der 2. Klasse 181. Königlicy M yr Klassenlotterie fielen in der Nahmittags-Ziehung:
1 Gewinn von 5000 4 auf Nr. 155 156.
2 Gewinne von 3000 M auf Ne. 14 889. 41 692.
3 Gewinne von 500 M4 auf Nr. 8942. 78 894. 118 345.
10 Gewinne von 300 M auf Nr. 6626. 36 195. 56 930.
wird der dem Inhaber eines Waarenzeichens 2c. gewährte S chuy dadur nit ausgeschlofsen, daß das Waarenzeichen mit
tragen. Galvani beschreibt diese Beobachtung zuerst in einem
93 535. 98 371. 137 923. 149 334, 150 574. 160 237, 174058.
Wo. @-
-- @:-