1889 / 269 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 11 Nov 1889 18:00:01 GMT) scan diff

Aus Ae s, vom 7. November, wird der „Karlsr. tet: Am Geburtstage Jhrer Königlichen Hoheit

der Erbgroßherzogin, an welhem die Stadt im reichsten Flaggenshmudck prangte, begab sih Ober-Bürgermeister Winterer Palais, um Namens der Bea und des Stadtraths eo Pnerzon anläßlih

iedergenesung

Ztg.“ beri

ins S, 1 Sr. Königlichen Hoheit dem

Höchstdessen Rückkehr hierher und vollständigen \ | eude und gleichzeitig Jhrer Königlichen Hoheit in zu Höchstihrem Geburtsfest die auf- e der Stadt auszusprehen. Jhre König- lichen Hoheiten geruhten diese Kundgebung unter dem Ausdruck entgegenzunehmen und zur Ueber- mittelung desselben an die Bürgerschaft dem Ober - Bürger-

die innigste der Erbgroßherzo rihtigsten Glückwüns des wärmsten Dankes

meister Auftrag zu ertheilen.

Braunschweig. Braunschweig, 8. November. (Köln. Ztg.) Die Neuwahlen für den braunshweigischen Landtag sind beendet; in der Mehrheit sind die bisherigen In der Stadt Braun-

Abgeordneten wiedergewählt worden. schweig wurden von den höchstbesteuerten

drei Mitglieder der Handelskammer mit großer Mehrheit an Stelle der bisherigen Abgeordneten gewählt.

Partei der ländlichen Abgeordneten ein paar

Der neue Landtag tritt zu Anfang nächsten Jahres zu-

sammen.

Sachsen - Coburg - Gotha. (W. T. B.) Der Großfürst Alexis Kaiserliche Hoheit , St. Petersburg angetreten.

Oefterreih-Ungarn. Wien, 10. November. (Wien.

0) Der Staats-Minister Graf von Bis ittag aus Budapest hier ein. Jm Bahn

seinem Empfange der deutsche Botschafter Hein ri ch VIT. P Reus, die Botschafts-Räthe von Bülow und Graf Monts sowie der Militär-Attahé Major von Deines eingefunden. Graf Bismarck begab sih zunächst in Begleitung des deutschen

Botschafters in das Palais der deutsche

stattete dann um 4 Uhr dem Herrn Minister des Kaiserlichen

Hauses und des Aeußern Grafen Kálnoky

Um 6 Uhr gab der deutshe Botschafter zu Ehren seines Gastes ein Diner, welhem beiwohnten: Graf Graf Kálnoky, der Reichs- Finanz-Minister von Kallay

und der Sektions-Chef von Szögyény-M Mitglieder der deutschen Botschaft sowie der

Budapest Freiherr von Plessen undder hier weilende Legations- Sekretär der deutschen Gesandtschaft in Athen von T\chir\ h Mit „em, Zuges der Nordwestbahn tsas Graf die Rückreise nach Berlin Botschafts -

Bögendorf. V Bsmarck Abends um 9 Uhr an Der deutsche Botschafter, der

Graf Monts und der General-Konsul Fre begleiteten den Grafen Bismarck auf Se. K. und K. Hoheit der Erzherzog

von Oesterreich- Este, Höchstwelcher kurz

Bahnhof angelangt war, um mit dem Courierzug nah Czaslau abzureisen, lud den Grafen Bismarck und seine Begleiter in den Hof-Wartesalon ein und unterhielt fich längere Zeit

mit ihnen.

Wie „W. T. B.“ vernimmt, wird ih Auswärtigen, Graf Kálnoky, heute Abend an das Kaiserliche s nah Budapest

dem deut und empfing später dessen Gegenbesuh..

Die evangelische Generalsynode augsburgischer Konfession wurde, wie wir der „Wien. Ztg.“ entnebmen, gestern geschlossen, nahdem vorher ein Antrag des Synodalen Meierzedt, wonach der Synodalausshuß beauftragt werden solle, Se. Majestät den Kaiser um die Erlaubniß zu bitten, daß die evange lishen Superintendenten berechtigt

seten, den Titel: Bischof der evangelis führen, angenommen worden war. Prag, 9. November. (W. T.

Sigzung des böhmischen O wurde,

mehrere Redner beider Parteien gesproch noch einmal den Standpunkt der Majo

und unter großem Beifall auf die Gegenseitigkeit des Ver- trauens zwischen dem Vionarchen und dem Volke hingewiesen hatte, der Antrag der Majorität, über die Adresse

der Jung-Czechen zur Tagesordnun mit 113 gegen 37 St. angenommen. 8 Lärmens auf den Galerien ließ der Präsident worauf die Sizung geschlossen wurde. Fnnsbruck, 8. November. (

Antrags Dordîi und Genossen, betreffend

stellung Wälschtirols, hat beschlossen, folgende Resolution

dem Plenum zur Annahme vorzuschlagen :

«Der bobe Landtag erkennt das Bedürfniß, daß dem italienischen Landestheile zur besseren Besorgung der besonderen, nur ibn betref-

fenden“ Angelegenheiten auch besondere Einr Organe der Selbstverwaltung

an und beauftragt den Landesaus\{uß;, bebungen und Verhandlungen einzuleiten,

konfrete Anträge Seitensder italienishen Abgeordneten entgegenzunehmen und zu prüfen und für die nächste Session des

Landtages die bezügliten dem Irteresse beider

sprechenden Anträge, soweit nothwendig, in Form eines Gesetzentwurfs

Im galizishen einen iti

auézuarbeiten und vorzulegen.“

Lemberg, 8. November. (Presse.) / Landtage brachte der Abg. Kozlowski Antrag ein, wonach die Regierung aufzuford Reform der Statuten und

durch Einführung eines Angeldes als des Klagerehts für Ansprüche bei dem gerihte hinzuwirken. Der Antrag wurde dem überwiesen,

Großbritannien und Jrland. London, 10. November. esirige Rede Lord Salisbury's bei dem Lord-

Ueber die mayors-Bankett berichtet „W. T. B.“: _eLord Saliébury beglückwünshte den Lor Umstande, daß dessen Amtsantritt zu der lange vermißte Redner wies auf die Kapital und der Arbeit Warnung vor der großen Verartwortlihkeit igen, wenn sie durch ihre Streitigkeiten in ebhaftesten Konkurrenz auf den Fortgang des großen

Coburg, 10. November. hat heute Abend die Rückreise nah

Pran Ferdinand l

Der id ters von Breslau, Dr. Kopp, stattete gestern hen Botschafter Prinzen Reuß einen Besuch ab

B.) Jn der heutigen

Presse.) Der vom Tirol er Landtage eingesezte Ausshuß für die Vorberathung des

zugestanden

Gepflogenheiten der Wiener Mehl- und Getreidebörse dur thunlihste Einshränkung von fiktiven Ee geaen und

einer Zeit Wohlstand wiederzukehren beginne. Der gegenwärtigen Streitigkeiten zwishen dem

in und richtete an beide Parteien die

Gewerbetreibenden

Ferner hat die Mandate verloren.

von Rußland,

mar ck traf gestern hofe hatten fich zu rinz

n Botschaft und einen Besuch ab. Bismarck,

ari, dann die General-Konsul in

k y-

Rath iherr von Plessen den Bahnhof.

nachher auf dem

der Minister des auf einige Tage begeben.

hen Ki rche zu

nachdem en und Rieger rität vertheidigt

überzugehen, n Folge großen dieselben räumen,

die Sonder-

ihtungen und werden, zweckmäßige Er- sowie dicsfällige

Landestbeile ent-

d Se

ern sei, auf eine

orausseßung Börsen-Schieds- Kulturausschusse

èmayor zu dem erfolge, wo

welhe sie ein-

Englands störend einwirken würden. Jn Betreff Irlands bemerkte Lord Salisbury,- daß die Regierung nicht im Entferntesten geneigt sei, ihre Politik hinsichtlich Irlands nach ter Richtung der Home- ruler hin zu ändern. Zu den auswärtigen Angelegenheiten über- gebend, erklärte der Redner: mehr als irgend eine andere Frage beschäftige gegenwärtig Afrika die europäischen Staaten. Alle Nationen bekundeten einen edelmüthigen Wetteifer in ihren Bemühungen, die Civilisation in jenem Welttheile zu fördern. Großbritarnien stehe darin nit zurück. Die jüngst gebildeten drei großen Gesellschaften hätten begonnen, die Civilisirung Afrikas mit aller Auesicht auf Erfolg zu betreiben. Lord Salisbury gedachte mit Aus- drücken der Genugthuung der nah Brüffel einberufenen Kon- fererz zur Berathung der Sklavereifrage, welhe eine Epoche der Welt-

eshihte bezeichne, und spra bierbei dem Sultan von Zanzibar einen Dank aus für das Dekret, betreffend die Gewährung der Segnun- gen der Freiheit. Für Egypten bestehe noch immer die Gefahr einer Invasion. Die Macht des Kalifen sei uo stark, wie die Befreiung Emin Pascha’s beweise. Der Zeitpunkt für die Räuwung Egyptens sei daher noch nit eingetreten. Die anderen Mächte könnten Eng- land bei der Einführung von Maßregeln zur Hebung des Wohlstandes in Egypten unterstüßen oder den Tag für die Räumung Egyptens von englischcn Truppen hinausscieben, indem sie den Bemübungen der englishen Regierung entgegenarbeiteten. In Betreff Europas er- klärte Lord Salisbury wenig zu sagen ¿u haben. Die auf Kreta entstandenen Schwierigkeiten gingen einer {nellen Beseitigung ent- gegen. Eine andere Ursache zur Beunruhigun Europas bestehe zur Zeit nicht. Jn Betreff des Gerütes, wonach die britishe Politik dur befondere Abmachungen gebunden sei, betonte der Redner, daß die Politik Englands hinsihtlich Europas und des Mittelmeeres der ganzen Welt bekannt sei. Sie sei die Politik des Friedens und ter Aufrechterhaltung der bestehenden Dinge. Keine Aenderung wäre verderb- licher als eine Gebietsvermehrung irgend einer Großmaht, wodur eine Kataftrophe sicherlih schnell herbeigeführt würde. Eine Tollheit, ja unmêéglich wäre es, England an irgend welche spezifihen Schritte für die Zukunft zu binden. In diesem Jahre hätten in mehr als einem Lande Ereignisse stattgefunden, welche in der Richtung des Friedens lägen. Die aufrih- tigen Bestrebungen der europäishen Herrscher zu Gunsten des Friedens hätten erhöhte Kraft gewonnen. Der politishe Barometer steize deutlih in der Ri- tung des Friedens. Von den europäischen Staatsmännern, die am besten zu urtheilen befähigt seien, würden die Friedensaus- sichten zur Zeit für größer als zuvor gehalten.“

11. November. (W. T. B.) Die Auslassungen Lord

Salisbury's beim Lord-Mayors-Bankett über die auswärtigen Angelegenheiten werden von den heutigen Morgenblättern vorwiegend sehr beifällig aufgenommen. Die „Times“ meint: die Umstoßung des Status quo im Mittel- meer durch den Sturz Jtaliens als Seemacht würde die vitalsten Jnteressen Englands schädigen. So lange England die Macht dazu besige, werde es dies sicherlich niemals gestatten. Darüber hinauszugehen sei unnöthig. Glüdlicherweise töónne eine solhe Eventualität nur entstehen aus einer internationalen Kollision, deren Unwahrscheinlichkeit ‘zUzurichmen hee. * ? Aus Bombay vom 9. November wird dem „Reuter'- {hen Bureau“ telegraphirt: Der Postdampfer „Oceana“, mit dem Prinzen Albert Victor von Wales an Bord, traf heute früh um 8 Uhr ein. Se. Königliche Hoheit landete kurz nah 1 Uhr Nachmittags. Großartige Vorbereitungen für seinen S waren beim Apollo-Bunder, der bedeutendsten Landungswerste Bombay's, getroffen worden. Dort wurde der Prinz von dem Herzog von Connaught und dem Gouverneur empfangen, in deren Begleitung si die Spigen der Civil- und Militärbehörden befanden. Dem Prinzen wude von dexr Municipalität eine Adresse überreiht, auf welche Se. Königliche Hoheit in wenigen Worten antwortete. Auf seinem Wege durch die Stadt wurde dem Königlichen Gaste ein enthusiastisher Empfang Seitens der Menge zu Theil. Se. Königlihe Hoheit seßte um 2 Uhr die Reise nah Poonah fort.

Frankreich. Paris, 11, November, (W. T. B.) Jn dem am Sonnabend abgehaltenen Ministerrathe wurde das von dem Marine-Minister, Admiral Kranz eingereihte Ent- lassung8gesuch angenommen. Das heutige „Journal Officiel“ veröffentliht die Ernennung Barbey's zum Ma- rine-Minister; das Ministerium wird demzufolge morgen vollständig vor der Kammer erscheinen.

Mit Rüfsiht auf die von den Boulangisten für morgen beabsichtigte Kundgebung auf der Place de la Concorde wird daselbst keinerlei Ansammlung geduldet und jeder Versuch, Ruhestörungen herbeizuführen, auf das Stren gste unterdrückt werden.

Der Präsident Carnot hat, nah dem „Journal des Débats“, am Sonnabend die Streihung des Komman- danten Riant, welcher gegen die Entfernung Laisan1's Ein- ps erhoben hatte, aus der Territorial-Armee unter- zeichnet.

Troß der günstigen Ergebnisse der Pariser Weltausstellung lassen die wirthschaftlihen Verhältnisse Frankreichs und vor Allem der Hauptstadt, wie der „Schles. Ztg.“ geschrieben wird, Manches zu wünschen übrig. Die Fremden haben aller- dings viel Geld nah Paris und Frankreich gebraht, was die natürlihen wirthschaftlißen Wirkungen hervorbringt. Die Eisenbahnen verzeihnen bis jeßt 60 Millionen Mehreinnahmen, die Pariser Verbrauchssteuer fast 10 Mil- lionen, aber die indirekten Staatssteuern weisen nur etliche 30 Millionen Mehreinnahmen auf, also niht einmal die ge- rehnete natürlihe Steigerung von drei Prozent jährlich. Der Handelsausweis bestätigt eine Besserung des Außen- handels, welche wohl auf gesunder Grundlage be- ruht, da die französishen Gewerbetreibenden in den lezten Jahren besondere Anstrengungen machten, um den Weltmarkt zu behaupten. Aber eine besondere Hebung des Geschäfts in Paris ist troß der einmaligen hohen Einnahmen zahlreicher Geschäftsleute nicht zu bemerken. Es ist eine statistish nachgewiesene Thatsache, daß die Pariser Gewerbsthätigfeit am stärksten am Rückgange der Q betheiligt is. Alle Pariser Gewerbszweige, s früher, e wie Modewaaren,

führen viel weniger aus als früher, der Rückgang übersteigt

Millionen jährlih. (Die Lyoner Seidenwaaren zeigen dagegen seit Fahren einen Aufschwung der Ausfuhr.) Sicher hat sih die Zahl der Beschäftigung Benöthigen- den in Paris vermehrt, nicht vermindert. Die Noth- wendigkeit, vermehrte Arbeitsgelegenheit zu schaffen, wird daher auch ernstlih erwogen. Die Stadtverwaltung denkt an mehrere Straßendurhlegungen und Bauten welche hier stets lange im Voraus geplant werden, so daß man im gelegenen Augenblick nur die Ausführung zu be- schließen hat. Die Regierung will die Stadtbahn vor- nehmen. Der Arbeiis-Minister Jves Guvot scheint dieselbe durch die großen Bahngesellshaften ausführen lassen zu wollen, welche ohnedies alle neuen Bahn-

einer Zeit der Industriebetriebes

die Befürchtung laut, die Scadtbahn werde auch nur zum Vortheile dieser Gesellschaften ausgeführt, hauptsählih nur deren Pariser Bahnhöfe untereinander verbinden, ohne dem inneren Verkehr der Stadt die nöthigen Erleichterungen zu bringen. Eines aber bleibt unzweifelhaft: wenn das Jubel- jahr der Revolution und die übershwenglihen Feste der Welt- Ausstellung ohne s{limme Nachwehen bleiben sollen, wird für Beschäftigung der Pariser Arbeiter gesorgt werden müssen.

Jtalien. Rom, 11. November. (W. T. B.) Die „Gazzetta ufficiale“ veröffentliht ein vom 8. d. M. datirtes Königliches Dekret, in welhem eine Kommission be- auftragt wird, eine administrative und finanzielle En quete über die Lage der Stadtgemeinde Rom ein- zuleiten. Dem Dekret geht ein Bericht des Minister-Prä- sidenten Crispi voraus.

An den hiesigen administrativen Wahlen haben sich im Ganzen 16889 Wähler betheiligt. Jn den Provinzial- rath ist die gemeinsame Liste des liberalen Central-Comités und der liberalen monarchischen Vereinigung gewählt worden; in Betreff der niht gemeinsamen Kandidaten haben die der Liste des liberalen Central-Comités einen starken Vorsprung. Nach den von auswärts bieher eingelaufenen Nachrichten sind die administrativen Wahlen in Palermo, Bologna, Ravenna, Mailand, Livorno, Turin, Forli, Verona, Venedig, Messina, Genua vollständig ruhig verlaufen.

Gestern Vormittag fand die feierlihe Seligs prehung des französishen Lazaristenpriesters Perboyre im Beisein zahlreicher Kardinäle, der Geschwister des eliggesprohenen und von gegen 2000 Walfahrern statt.

Jm Laufe des gestrigen Nachmittags legten 40 Anarchisten auf dem Friedhofe an der Aschenurne ihres Genossen Viti Kränze nieder. Wegen" einer dabei gehaltenen umstürz- lerishen Rede entfernte die Polizei von einem der Kränze das rothz, eine Viti verherrlichende Jnschrift tragende Band. Da die Demon ftranten hiergegen Widerstand leisteten, so wurden nah erfolgter geseßliher Aufforderung zur Ent- fernung 17 Verhaftungen vorgenommen.

Venedig, 10. November. (W. T.B.) Der Gemeinde- rath macht bekannt, daß die Kaiserlich Deutschen Majestäten am Dienstag Mittag im Hafen von Mala- mo s eintreffen und um 2 Uhr nah Venedig weiter reisen werden.

Aus Aden, vom 9. November, wird der „Agenzia Stefani“ gemeldet : ÿ

Nachrichten aus Schoah zufolge überfielen die Derwische, indem sie die Abwesenheit des Kommandanten der Vorhut benutzten, GSondar und machten die kleine Besaßung nieder. Der Negus, von diefem Ueberfall in Kenntniß geseßt, rüdckte gegen die Derwische

[gckdtet sn. D D . Schweiz. Bern, 11. November. (W. T. B.) Bei der gestern in Genf stattgehabten Staatsrathswahl sind die Nadikalen unterlegen und is deren Führer Gavard niht wiedergewählt worden. Es wurden 5 Konservative und 2 Radikale gewählt. :

B.) Jn

Griechenland. Athen, 10. November. (W. T. der Königlichen Familie wurde gestern der Geburtstag des Prinzen von Wales festlih begangen; die Schiffe im Piräus hatten Flaggenschmuck angelegt. Der Großfürsst- Thronfolger von Rußland hat Fina hiesigen Aufenthalt bis zum 17. November verlängert.

Serbien. Belgrad, 11. November. (W. T. B.) Der König Milan ist gestern Abend hier eingetroffen und auf dem Bahnhofe vom König Alexander und den Ministern empfangen worden. Der König Alexander eilte auf seinen Vater zu und Beide küßten sih hecrzlihst. Jm Königlichen Empfangssalon hielten sodann Köni Alexander und König Milan Cercle ab, wobei Letzterer besonders den türkishen Gesandten Zia Bey auszeichnete. :

e frühere Minister-Präsident Christic ist pensionirt worden.

Amerika. Washington, 6. November. (A. C.) Prä- sident Harrison unterzeichnete heute die roklamation, welche Montana zu einem Staate der Union macht.

Afrika. Zanzibar. Aus Zanzibar, vom 9. November, meldet ein Telegramm des „W. T. B.“: „Der Reichskommissar Hauptmann Wißmann hat Saadani, woselbst sih wieder arabishe Sklavenhändler niedergelassen hatten, nach f urzem Widerstand besetzt.“

Unter dem heutigen Datum wird demselben Bureau von dort telegraphirt: „Die deutsche ostafrikanishe Gesell- \chaft hat eingewilligt, die Zollniederlagen (fsogenannte Godowns) dem Sultan von Zanzibar wieder zu übergeben.“

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (12.) Sißung des Reichstages stand als erster Gegenstand auf der Tagesordnung die erste und event. zweite Berathung des von dem Abg. Rickert ein- gebrahten Geseßentwurfs, betreffend die Abänderung der Militär-Strafaerihtsordnung.

Der Antragsteller Abg. Rickert nahm auf Erklärungen des früheren Kriegs: Ministers Bronsart von Schellendorff in den Jahren 1884 und 1886 Bezug, wonach die Kriegsverwal- tung absolut kein Jnteresse habe, die verabschiedeten Offiziere der WVilitärgerihtsbarkeit zu unterwerfen, sie vielmehr als eine Belastung der Militärgerichtsbar- keit ansehen müsse. Es sei dringend zu wünschen, daß diese Materie endli geregelt werde, und es empfehle si, um den Gesegentwurf mit Sicherheit in dieser Session zur Verabschiedung zu bringen, sofort in die zweite Berathung einzutreten. Bei einmüthiger Annahme des Gesetzentwurfs Seitens des Reichstages würden die verbündeten Regierungen ihre Zustimmung nicht versagen. i Abg. Groeber wies darauf hin, daß bereits jeßt in Württemberg nicht nur die verabschiedeten sondern auch die ur Disposition stehenden Offiziere von der Militärgerihts- arkeit ausgeschlossen seien. y

Abg. Veiel empfahl im Namen seiner nationalliberalen Freunde die Annahme des Gesezentwurfs. : Abg. Singer {loß sihch unter Hinweis auf einen konkreten Rechtsfall dem Wunsche auf Annahme des Geseß- entwurfs an.

Damit {loß die erste Berathung. Jn der zweiten

streden in Frankreih übernommen haben. Deshalb wird

Berathung wurde der Geseßentwurf mit einer unerheblichen

von dem Abg. Groeber zu 8. 1 beantragien Abänderung vom Hause angenommen. : i

Es folgte die Berathung des von dem Abg. Riert ein- gebrachten Antrags, betr. die Vorlegung des Entwurfs einer Militär-Strafprozeßordnung.

Der Antrag lautet :

Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, mit thunlichfter Be- \s{leunigung dem Reichstage den Entwurf einer Militär-Straf- prozeß;ordnung vorzulegen, in welcher das Militär-Strafverfabren mit den wesentlichen Formen des ordentlihen Strafprozesses um-

. geben und die Zuständigkeit der Militärgerihte im Frieden auf Dienstvergehen der Militärpersonen beschränkt wird.

Abg. Rickert gab eine geschihtlihe Uebersicht über die Bestrebungen zur Reform der Militär-Strafprozeßordnung. Es sei unbegreiflih, daß eine Forderung, die seit 80 Jahren auf der Tagesordnung stehe, die von dem ganzen Volke, den Zuristen- tagen, den General-Auditeuren gestellt worden, Seitens der ver- bündeten Regierungen unberüdsichtigt bleibe. Nah Einführung der allgemeinen Wehrpflicht sollte endlih mit den Vorurtheilen in den Militärkreisen gebrochen werden. Pfliht der Volks- vertretung sei es, immer wieder auf die Nothwendigkeit einer Le Reform der Militär-Strafprozeßordnung hin- zuweisen.

Bei Schluß des Blattes sprach Abg. Groebe r.

Die Abg: Richter und Schrader (deuts{-freisinnig) haben unter Zurüziehung ihres früheren Antrags betreffs der Koblen- tarife folgenden neuen Antrag und zwar zur zweiten Berathung des Reichshausbalts-Etats, Etat des Reihs-Eisenbahn-Amts, eingebrackt :

Den Herrn Reichskanzler zu ersuben, in Anbetrack#t der Koblen- vertheuerung alsbald eire Untersuchung darüber zu veranlassen, ob und inwieweit die Koblentarife auf den deutshen Eisenbahnen den Vorschriften des Artikels 45 der Reichsverfafsung entspreben und ob niht im Interesse der Industrie und der Landwirtbh\{chaft eine allgemeine Tarifermäßigung zur Erzielung der verfassung3mäßig vor- geschriebenen möglihften Herabseßung der Tarife geboten ist, ins- besondere auch dur eine Auëdehnung der Ausnahmetarife, wel(e die böberen Tarife für die Kohleneinfuhr aus dem Auslande beseitigt und den Interessen der inländishen Koblenkonsumenten gebührende Rechnurg trägt.“

vor und fchlug Leßtere vollständig; drei Häuptlinge sollen

C Die

gedeutet, daß wir uns auf einem Pulverfaß befinden,

Zeitungsftimmen.

Die „Danziger Allgemeine Zeitung“ äußert sih über das Ergebniß der ersten Berathung des Sozialisten- gesetzes in Folgendem:

e Im Bergiis mit den ae bewegten dig gegenwärtigen in ruhigerem Fabhrwassex, eine Ers@einung, e “bauptsäbh a das Sie enuSare itr ebS: dens demokraten zurückzuführen ist, ihre Ziele und ihre Agitation als un- gefährlich und geseßlich und somit den Erlaß eines Spezial- geleßes gegen die Gemeingefäßrlihkeit ihres Treibens als Überflüssig hinzustellen. Deshalb wurde die Empfehlung des politischen Meireids troß cffffenkundiger Zeugnisse abge- stritten, deshalb erging man sih wieder in der Aufwärmung von Spibelgeschihten und „Schauermären* üker Polizeiagenten, an die im Ernst kein Mensch glaubte, deshalb wurde die Tendenz des Gesetzes dahin verdreht, daß es eine geistige Bewegung mit mechanishen Mat- mitteln zu unterdrücken bezwecke 2c. Aber die sozialdemokratischen Führer sind noch keine solchen Virtuosen der Selbstverleugnung. daß fie ihr Inneres, wenn es der Zweck erfordert, ganz und gar verbergen könnten, und fo spra denn namentli der Abg. Liebknecht in demselben Atbem von der Knebelung einer friedlihen Partei und ron dem Tage der Abrechnung gegen die herrschenden Klassen und er glaubte einen großen Trumpf für die Mäßigung der Sozialdemokratie mit dem Hinweis auszuspielen, daß sie leiht au& die Taktik der nibilistishen Gewalt bätte befolgen können. Während es bcift, die Sozialdemokratie thue nichts Außerordentlihes, wird zuglei an-

; 5 das sicher noch einmal in die Luft fliegen werde!

Sehr verfehlt war die Ironie, mit welcher \sih der freisinnige Redner über die ernsthafte Gefahr, deren Bekämpfung verhandelt wurde, binwegzuhelfen suchte. Dieselbe Partei, welhe vor 1878 klagte, daß sie gegen die wilde sozialistishe Verbetßzung nit auf- kommen könne, glaubt heute, die Sozialdemokratie in freiem Wett- kampfe überwinden zu fönnen. Würde die Bahn für die fozialistishe Agitation wieder ganz frei gemact, so wäre obne Zweifel die freisinnige Partei die erste und wahrschbeinlid einzige, welche der Anfturm von links hinwegfegen würde. Daß die polnischen und welfishen Sprecher keine Stärkung der Staatsgewalt gegen die um- stürzenden Elemente wünschen, war von vornherein zu erwarten. Wunder aber mußte es nehmen, daß der Centrurmsaredner ledigli die Rückehr zu dem gesetzlichen Pans vor 1878 forderte, obglei aus seiner Partei heraus wiederholt Anträge gestellt worden waren, die einen gemilderten Ersaß des Sozialistengeseßes bezweckten.

Den Kerrpunkt der ganzen Frage erblickden wir in der von den Kartellparteien einmüthig getkeilten Grundanshauung, welche der Minister Herrfurth wie folgt wiedergab: „Troß aller Auswüchse und aller frankhaften Erscheinungen ist die Sozialdemokratie eine geistige Macht, welche niht mit mechanischen Mitteln, wie sie dieses Geseß liefert und sciner Natur nach nur liefern kann, aus der Welt geshaffft werden kann, bie Sozialdemokratie muß geistig überwunden werden durch das Zusammenwirken von Staat, Gemeinde und Gesellshaft, von Kir&e und Squle durch die Förderung der moralishen und intellektuelen Ent- wickelung, durch die Förderung der wirthshaftlihen Wohlfahrt der arbeitenden Klassen. Soviel nun aber auf diesem Gebiet auth bereits geshehen ist dur die freie Liebeëthätigkeit der Einzelnen und Ge- nofsenshaften, durch die gemeinnützigen Anstalten in Kreis, Provinz und Gemeinde, durch die segensreite Wirksamkeit der Organe der Kirche und S ckule, vor Allem auf dem Gebiete der Sozialreform in Staat und Reich, soviel bleibt uns zu tbun übrig. Und, meine Herren, es ift lediglich die Aufgabe dieses Gesetzes, tie Hindernisse wegzuräumen, welche böser Wille auf diesem Wege den verbündeten Regierungen und der Tkâtigkeit aller Einzelnen entgegerftelt. So lange, wie durch bösen Villen sol{e Hinderniffe no aufgethürmt werden, so lange können wir dieses Geseg leider niht entbehren. Es bandelt si hier um die Erhaltung der Existenzbedirgungen für eine friedliche Entwidelung, au für den Fortschritt der Sozialreform, cs handelt sich um die bôhsten Güter, es handelt sid um die Sicherkeit und das Wohl des Staates, und so bleibt keine Wabl: salus reipublicae suprema lex (das Staatswohl ist höchstes Gesetz)!“ 2

Das \ckließlihe materielle Ergebniß der Verhandlungen war, daß von den Mehrheitsparteien die Nothwendigkeit dauernder Maßregeln gegen die Ausschreitungen der Sozialdemokratie anerkannt und eine Verständigung auf der Grundlage des Entwurfs in sichere Autsicht gestellt wurde.“

_Der „Anhaltische Staats-Anzeiger“ beschäftigt sich fedfalis mit den Ergebnissen der Sozialistendebatte und ührt dabei Folgendes aus:

„Die Rede des Abg. Liebknecht erhält dadur eine gewisse Be- deutung, daß sie dem Reichstage bewiesen hat, wie unerläßlich au die zukünftige Unterdrückung der Aus chreitungen der Sozialdemokratie ist Die Bewegung besteht in ihrem vollen Umfange fort, eine Aenderung isi nur insofern eingetreten, als die Sozialdemokraten zu der Einsicht gelangt ind, daß der gewaltsame Weg nicht zum Ziele führen würde. Die Bewegung

at eine rubigere Form angenommen, aber die Sozialdemokraten

. máttels gebabt »

oder vielmehr die Führer der sozialistisch angehau&ten Mafsen haben noh keineswe;8 die Hoffnung aufgegeben, die Staats- und G-\ell- schaftsordnung nach ihren theoretishen Phantasiegebilden um- zugeftalten. Liebknecht sagt: „Sie haben die sozialdemokratishe Partei nicht zerstêrt, Sie haben ibr eine andere e pintsalhos auf- genöthigt, aber sie ist dabei kräftiger geworden. Haben Sie irgend etwas von fozialdemokratishen Unruhen und Excessen gehört? Das erklärt sich daraus, daß wir die Leute nicht demagoaish behandelt, fondern belehrt und aufgeklärt haben. Oder meinen Sie, wenn wir nach dem Muster nibilistisher Agitatoren verfabren wären, wie uns fälsGlih oft vorgeworfen wird, daß tann noch ein einziger der Väter des DoR pearieyes am Leben wäre ?*

Diese Worte sind charakteristisch für den Geift, in welhem die fozialdemokratishen Agitatoren ihre Aufgabe erfassen. Die gegenwärtige scheinbare Ruhe im sozialdemokratishen Lager ist nur künstlichß hervorgerufen, die Agitatoren machen blos von dem ihnen zu Gebote ftehenden Mittel, die Massen in Fluß zu bringen, keinen Gebrau, weil sie ihren Zweck auf weniger ge- räuschvolle Weise zu erreihen hoffen. Die versteckten Drohungen Liebknecht's sind wohlverständli®, und es mat einen eizenthüm- lihen Eindruck, wenn sein Parteigenosse Bebel unter solchen Um- ständen dem Abg. von Cuny, als er die Ueberzeugung aussprach, daß es mit der Vereins-, Preß- und Versammlungsfreibeit bald zu Ende sein würde, wenn die Sozialdemokraten ans Ruder kämen, durch den Zuruf unterbri®t: „Probiren Sie cs do!“ Nein, diese Proben wollen wir lieber niht machen, sondern uns gegen die foziale Revolution, mit der die Sozialdemokraten Staat und Gesellschaft bedrohen, mit allen uns zu Gebote stehenden Mit- teln wehren. Der feit 1878 betretene Weg, die Agitation kräftig zu unterdrücken, aber auf der anderen Seite berechtigte Wünsche der arbeitenden Klassen zu erfüllen, ift der allein richtige und zweckmäßige.

Sicher is das der beste Weg, aber man muß mit diesen Revolutionären wahrbaftig nicht \o viel Federlefens maten; man soll für die ordentlichen, ruhigen Arbeiter auf dem Wege der Gesetzgebung alles Mögliche zur Besserung ihrer Ver- bältnisse thun, man foll aber auch die Umstürzler und solbe, die mit ihnen unter einer Decke spielen, nit mit Handschuben anfafsen, fondern derb und energisch anpackden. Ernst und Energie wird die Sozialdemokratie zu Boden werfen, mag ihr au der auf Irtwege gerathene Fortschritt noch so sehr unter die Arme greifen.“

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Charakteristik der „Vertbheuerungspolitik*“, über welche die freisinnigen Blätter fortwährend klagen, \{reibt man der „Kölnischen Zeitung“ ans dem Königreih Satbsen:

„Die jüngst eingetretene Steigerung der Leben8mittelpreise wird (von soeben neu begründeten freisinnigen Lokalblättern) zur Vor- bereitung der Wablen Tag für Tag redlich ausgebeutet. Daß wir au bei den jezigen Zöllen billigere Preise der Lebens- ée uwd. sie VorauésicéliG. wicdew bekommen werden, foll natürli dem sreifinnigen Leser im säGsishen Provinzialstädthen großes Geheimniß bleiben; dagegen wird in allen Tonarten wiederholt, daß drüben über der nahen böhmis§en Grenze Mebl, Brot und Fleisch so und so viel billiger zu faufen sei als bei uns, und dies fei wohl der bandgreiflihste Beweis für die Verkehrtheit unserer deutshen Wirthscaftspolitik. Ob wobl einer der deutsch{freisinnigen Leser so viel Verstand hat, ich zu fragen, wie es wobl kommen mag, daß aus den böhmishen Grenz- bezirken mit ihren billigen Lebensmitteln fortwährend viele, viele Tausende von Arbeitern zu uns nach Sawsen herein- ssttrômen, um hier bei den theuren Lebensmittelpreisen zu arbeiten? Offenbar sind die Leute der Ansitht, daß sie bei uns, troß alles freisinnigen Jammers über die deutshen Zustär.de, viel besser leben als drüben jenseit der Grenze, und daß ih bei uns für den Arbeiter weit leiter etwas erübrigen läßt, als dabeim. Dagegen hört man nie davon, daß die Arbeiterbevölkerung der \ähsishen Grenzbezirke wegen der Woklfeilheit der Lebensmittel in Böhmen Neigung zeigte, ihren Wohnsiß hinüber zu verlegen. Sie muß also doch wohl im Stillen auch der Ueberzeugung sein , daß der Arbeiter im deutshen Reichsgebiete besser daran ift als jenseit der Grenze. Uebrigens sind die Preise der Lebensmittel in Böhmen nit erst neuerdings niedriger, sondern von jeber und jederzeit niedriger gewesen als bei uns, und der Abstand ist dur die Einführung unserer Zölle nachweieliß nit größer geworden, als er früber war. Auch von dieser Tkatsabe darf natürlih ter deutschfreisinnige Leser ni%ts hören. Viellei{t fällt ihm aber von selbst ein, daß die Zeit kurz vor der viel angefeindeten Aenderung unserer Wirthscastepolitik, als die jet wieder angepriesene „Ver- billigung“ aller Erzeugnisse den Höhepunkt erreiht hatte, zuglei die Zeit war, wo die Arbeiterbevölkerung das billige Brot nit mehr zu kaufen vermohte und wegen des ausgedehnten Notbstands der arbei- tenden Klassen, namentlih im Vogtlande, sogar die öfentlihe Mild- thâtigkeit angerufen werden mußte. Wir haben damals die MVer- billigungs- oder « Verwohlfeilerung®politik*, wie sie die deutiMfrei- sfinnigen Volksbläitchen jeßt so ge|chmackvoll nennen, an ihren bitteren Früchten erkannt!“

Zur Arbeiterbewegung.

Neben der Agitation für die Reicstagswahlen beschäftigen sich die Sozialdemokraten, wie dem „Hamb. Corresp.“ aus Berlin geschrieben wird, augenblicklich stark mit der Frage der internationalen Ahtstundenbewegung. Der internationale Pariser Arbeiterkongreß hat bekanntli beschlofsen, am 1. Mai 1890 eine allgemeine Demonstration zu Gunsten des achtstündigen Normal-Arbeitstages vorzunehmen. Die deutschen Sozialdemokraten find sih darüber noch ni£t im Klaren, welhe Art von Demonstration sie am 1. Mai 1890 insceniren wollen. Der radikalen Köpfen entsprungene Gedanke, an diesem Tage die Arbeit niederzulegen, wie es die Belgier beabsichtigen, hat nicht allgemeine Billigung gefunden. Eine große Volkséversammlung, welche in Rirdorf tagte, hat nah einem Vortrage des Bubdruckers Werner die Resoluiion angenommen, den 1. Mai 1890 als Feiertag zu erklären. Es ist anzunehmen, daß äbnlihe Beshlüfse in anderen Volksversammlungen zur Annabme gelangen; jedenfalls wird es an fozialdemokratishen Demonstrationen an diesem Tage niht fehlen. Zahlreihe Berliner Gewerkschaften haben sich in der leßten Zeit ebenfalls mit der Frage der internationalen Achtstundenbewegung be- schäftigt und haben Beschlüsse dahingehend angenommen, nur folche Kandidaten bei den Reichstagswahlen zu wählen, wele für den Alht- ftundentag eintreten. : :

Aus London meldet das „W. T. B.*, daß die Verfra&ter am Sonnabend Nachmittag bes{lossen haben, die Forderungen ihrer Arbeiter zu bewilligen. Am Sonntag Nachmittag fand im Hyde- park ein großes Meeting der Bädergesellen und anderer dieselben unterstüßenden Gewerbe statt, welhem eine zahl- reihe Menschenmenge beiwohnte. Burns hielt eine Rede, in welcher er sih auf das Heftigste gegen die Bätermeister wendete. Auf seinen Vorschlag wurde einstimmig eine Resolution angenommen, nah welcher, falls nicht am 16. d. M. eine kürzere Arbeitszeit bewilligt und die Ueberzeit um die Hälfte besser bezahlt werde, die Arbeit niedergelegt werden soll. Diejenigen Bädter- Mors, welche die Forderungen nit bewilligen, sollen geboykottet werden

Der Ausstand in den Departements du Nord und Pas de Calais greift, wie der „Köln. Ztg.“ aus Paris unter dem 4. d. M. gemeldet wird, ron neuem um sih. Die Erregung soll groß sein und zahlreihße Verhaftungen wurden vorgenommen. In Escarpelle wurden fünf Frauen festgenommen wegen Behinderung der

K

gannen_ Preußischen Landes - Oekonomie - Kollegiums. ftand der des Kollegiums über den Entwurf eines buGes für’ das Deutsche Reih. Der erste Redner war Ober-Landes- gerihts-Rath Struckmann (Berlin). Dieser befürwortete Namens der Kommission die Annahme folgenden Antrags: „Das Landes-Oeko- nomie-Kollegium wolle beschließen: Der 8. 2 könnte dem Zweifel Raum geben, ob gewohnheitsrechtliße Rebtsnormen auch în dem galle außer Geltung treten, wenn der Entwurf auf die Landes-Gesetzgebung

verweist. Dieser Zweifel ist durch entsprebende in dem Sinne zu entscheiden, daß in den Fällen, Gesetzgebung verwiesen wird, auG das innerbalb deéselben geltende Gewobnkeitsrecht

in Berlin bat einen Honorar) ausgeschrieben stände: T TII, geübt von den Herren Dr. H. Thiel, Rath im Minifterium Oekonomie-Rath G. N euhaus-Selch{ow und Dr. Kraus - Berlin. Die Bedingungen über Einsendung der Arbeiten u. f. w. Parcy’sche Verlagsbuchhandlung auf Erfragen mit.

dampfer kanischen Pade:tabrt-Aktiengesellschaft ift, von Hamburg kommend, gestern Morgen, der Postdampfer „Wieland“ der- selben Gesellschaft gestern Nachmittag in New-York eingetroffen. Die Postdampfer „Rugia* und haft haben, ersterer von mend, eute Lizard passirt.

Land- und Forstwirthschaft.

öniglich Preußisches Landes -ODekonomie-Kollegium. Im großen Sigzungsfaale des Semer Bahnhofes be-

beute Vormittag die Verhandlungen des Königlich Den erften Gegen- Berit der Kommission bürgerlihen BVeset-

Tagezordnung bildete der

Aenderung des §. 2 wo auf die Landes-

Plag greift.“

. ____ Preisausschreiben. Die landwirth\cha!tlide Verlagsbuhhandlung von Paul Parey Preis von je 200 Æ (außer dem üblichen den für je die beste Arbeit über folgende Gegen- : Feldmäßiger Spargelbau, 11. Heubereitungsarten, S{weineaufzubt bis zur Reife. Das Preisrihteramt wird Geheimen Ober-Regierungs- Rittergutsbesizer

für Landwmirtb\ch{aft 2c,

theilt die

Submissionen im Auslande. Jtalien,

18, November, 2 Uhr. Turin. Militär - Kommissariat des

I. Armee-Corps: Lieferung von 15 600 gewirkten baumwollenen Unter- hosen, 50 000 Feldflashen obne Riemen und 20 000 Paar Handscuben

aus weißem, sämish gegerbtem Leder.

Kaution : 2100, 3000, 1800 Lire. Näheres zur Einsicht beim „Reichs-Anzeiger“,

Verkehrs - Anftalten.

Hamburg, 10. Novewber. (W. T. B) Der S6nell- „Augusta Victoria“ der Hamburg - Ameri-

„ASscania“ derselben Gejell- New-York, letzterer von Westindien kom-

Triest, 10. November. (W. T. B.) Der Llovddampfer „Ettore“ ist gestern Abend, der Lloyddampfer , Vorwärts“ beute Nachmittag aus Konstantinopel hier eingetroffen.

S % S--- Co S UD D D Theater und Mufik.

Berliner Theater. Die beiden Neuauffübrurgen finden, wie nunmehr feststebt, am Donnerstag, den 14. ,d. M., ftatt. In Stobitzer's dreiaktigem Schau- spiel „Thyra“ sind die Damen Bute, Hagedorn, Odilon und tie Herren Dra, Eckert, Kraufneck in den Hauptrollen beschâftigr, während Coppée's Einakter „Der Wanderer“ von Margarete Tondeur (Sylvia) und Helene Otilon (Zanello) dargestellt wird. Wallner-Theater.

Am Sonnabend gelangte auf der Wallner-Büßhne neben einem Schwank französischer Herkunft ein interessantes einaktiges Lustspiel ein „dramatisher Scherz“, wie der Theaterzettel sagt, unter dem Titel „Der Herr von Lohengrin“ von A. Güntber zur erften Aufführung und fand bei treffliwer Darstellung eine ret freundliche Aufnatme. Es handelt si in der kleinen Novität nur um ein neckishes Spiel in Bezug auf die Neugierde der Frauen. Ein junger Cbhemann tellt der Gattin und der Schwester gegenüber, welche f entrüstet über das verbotene Fors&en der „Elsa von Brabant* n2ch dem Namen des Schwanenritters aus\prechen, die Bekauptung auf, daß die Neugier zu den unsterblihen Eigenschaften des weib- lihen Geschlechts gehöre, und findet sofort Gelegenheit, seinen Damen dea Beweis der Wahrheit zu führen, Ein zufällig erscheinender Weinreifender wird ibnen unter dem Scherznamen eines Hrn. „von Lohengrin* vorgestellt, und sofort bemühen sich die Damen, den eigertlihen Stand und Namea des Unbekannten zu ergründen. Nach einigen komishen Mißverständnifsen wird die Sache aufgcklärt ; es ergiebt sih aber als Moral, daß nit nur die Frauen, sondern auch die Männer neugierig sind. In der Rolle des redegewaltigen, selbstbewußten Weinreisenden fand Hr. Wor liß\ch Gelegenheit, seine Gestalturcékraft auf dem Gebiet des Komishen aufs Neue zu erweisen. Je harmloser die kleine Eröffnunzsgabe war, um fo \{limmer war der folgende Shwank „Verfolgt“ von Meilhac, Grangé und Bernard. Die Voraussetzungen dieser Komödie sind so baltlos und unwahr wie méglich. Die Verfasser \cheinen keine andere Absiht gehabt zu baben, als eine Reihe luïtiger und die Lachluft reizender Scenen zusammen zu \Hmieden, welche ihren hyverpikanten Reiz von der ibnen innewobnenden bösartigen Frivolität herleiten. Wir verzihten auf die Wiedergabe des Inhalts um so mebr, als das eigentli wirksame Element des Stückes nur Wider- wilien erregen kann. Was die Darstellung anbetrifft, die gleich- falls eine lobenéwerthe und sahlich bemüht war, die Uebertreibungen der Verfafser zu mildern, so verkörperte Frl. Lehmann eine auf nâcktlichen Irrfahrten begriffene Persionärin mit naiver Anmuth; sie gab mehr ein trotiges Kind als eine junge Dame und rettete damit den poetishen Zauber der Gestalt. Fr. Schramm spielte die derbe Hüterin, welhe dem jungen Flüchtling angstvoll nachjagt, mit vielem Humor. Eine ina Bezug auf die Charakteristik musterbafte Leistung bct Hr. Gimnig, der einen alten Lebemarn darzustellen hatte. Hr. Alerander spielte einen einfahen Burschen aus der Provinz mit rührender Einfalt und in der kleinen Rolle eines moralisirenden Kellners that si Hr. Meißner vortheilhaft herror. Lank der treffliten Darstellung fanden beide Stücke reihen Beifall.

Neue Kirche. L 5

Auf ein Concert, welches die Gesangéskünstlerin Fr. Hedwig Alberti am künftigen Mittwoch zum Beiten der Unteritüzungs- kasse des Vereins der Musifklehrer und «Lehrerinnen unter Mitwirkung der Hrrrn. Grünfeld, Schmalfeld und Detckert veranstalten wird, verfehlen wir nicht, hiermit aufmerksam ¿u machen.

“n

Sing-Akademie. i

Die Großberzogl. mecklenbui gische Hofpianistin Frl. Elisabeth Jeppe veranstaltete am Sonnabend gemeinschaftlih mit der bereits vortheilhaft bekannten Sopranistin Frau Prof. Clara Sqhulz- Lilie aus Genf unter Mitwirkung des Philharmonischen Orchesters ein Concert im Saal der Sing: Akademie. Die Pianistin, die \ich bier hon vor einigen Jahren öffentli hören ließ, ift unter Leitung des Prof. X. Scharwenka ausgebildet und ‘nunmehr zu einer sehr tütigen Kiavierspielerin herangereift, Sie vereinigt große technische Sicherheit mit sehr modulationsreihem Anschlag, der auch im leisesten piano cine wohltbuende Klarheit behält und im forte niemals bart eishcint. Zugleih steht der Künstlerin eine verstäntniß- volle, den Vortrag fklassishecr wie moderner Werke mit gleiher Sicherheit beherrschende Ausdrucksweise zur Seite. Die Vorzüge ihres Spiels kamen in dem A-dur-Corcert von Mozart, in der F-moll-Ballade von Chopin, in zwei kleinen Stücken von Liszt und Moszkowéki und ganz besonders in dem hier schon einmal ge-

Arbeitéfreiheit, vier andere wurden zu 20 Tagen und ein Autständischer

wurde wegen Aufruhrs zu 3 Monaten Gefängniß verurtheilt.

hörten Concert von X. Scharwenka zur Geltung, welches, höchst originell und brillant gehalten, dow durch einige Kürzungen der {ünf