1889 / 273 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 15 Nov 1889 18:00:01 GMT) scan diff

namentlich in Arträgen an den Bundesrath zum Ausdruck

ekommen ift, absolut in feinem Zusammenhange ftehen. ch habe noch ni&t gehört, daß den Arbeiterausftänden, den Arbeiter- bewegungen am Rbein, in Westfalen und in Oberschlefien die Frage der Sonntags-, der Frauen- und der Kinderarbeit zu Grunde gelegen bâtte; ib babe nur gehört, daß es sich bei diesen Ausstandsbewegungen um die Höbe des Lohnes und um die Dauer der Arbeitszeit ge- bandelt hat.

Wenn i also vorher gesagt habe: es sei nichts eingetreten, was den. Bundesrath zu einer veränderten Stellungnahme gegenüber seinen früheren Beschlüffen hätte führen können, so habe ih voll- ftäândig Ret gehabt, und pr Oetelbäuser, wie er si ießt, glaube ih, überzeugt haben wird, bat nicht Ret, mir eine Ungebeuerlichkeit unterzuschieben. Es bandelt sih und die gegenwärtige Resolution betrifft ja ganz dasselbe Thema bloß um die Frauer-, Kinder- und Sonntagsarbeit, die letztere nah dem Amendement des Hrn. Abg. Stumm und bei den Strikes baben alle diese Fragen au rit die mindeste Rolle gespielt, also glaube ich, daß ter Vorwurf nit begründet war; id babe ihn zurückweisen müssen, nicht, weil er gegen mi pgerihtet war, sordein weil der Abg. ODechelbäuser auch decn Burdeérath in Mitleidenschaft gezogen hat.

Das ai vertagt die weitere Berathung nach eiuer per- sönlihen Bemerkung des Abg. Baumbah um 5 Uhr auf Freitag 1 Uhr.

Literatur.

Aus dem Verlage von Franz Vahlen, Berlin (1889) W., Mokbren strafe 13/14, ging soeben hervor: „Leitfaden für den Geshichtäunterriht in den oberen Klassen höherer Töchtershulen. Learbeitet mit Benußung von David Müller's Leitfaden zur deutsen Ges&ickte von Prof. Dr. Friedrich Junge, Direktor der Gueri@tescbule (Oberrcalsichule mit Realgymnesialklafsen) zu Magdeburg. Mit 9 geschichtlihen Karten und 5 BVildertafeln zur Kunstgesbichte“. In den legten drei Iahren sind viele Leitfäden und Abrife für Töcbtersbulen erschbienen, die darauf abzielen, den Forderunçen eirer zcitgemäßen Mädcbenschulbildung gerecht zu werden, insonderz aub auf dem Gebiet des Geschbichtsunterrihts. Verfasser erflärt auédrüdckli, daß sein vorliegendes Werk n i cht durch jene ver- anlaßt worden, vielmehr hbinsichtlich seines ganzen Plans fertig ge- wesen sei, bevor jene Büter in die Oeffentlikeit traten. Zurück- gebalten bâtte er es, wenn die bereits erschienenen Bücher das Ziel, das sie sich gesteckt, erreiht hätten. Die aus langer Lehr- Praxis ¿ewonnene Ueberzeugung, „daf iw geschichtlichen Unterri{t noch viel größere Beschbränkung Noth thut“, ist treiberder Grund zur Ausêarbeiiung vorliegenden Leit- faders gewesen. Und dieser Ueberzeugurgégewinn dedt sich völlig mit der pâdacogischen Maxrime der Gegenwart: Die nötbige gesunde Dur{bildung unserer Jugend zwecks geistiger Kräftigung derselben ist nur zu crmögliden im Wege durchgreifendecr Sichtung bezw. weiser Beschränkung des Bildungs- stoîfes Aber so sehr auc anerkannt werden muß, daß das Werk scinem Ertstebungêaedank-n im Allgemeinen und Ganzen entspricht, indem es den Geshichtéstcff für die Stufen, denen es dienen foll, mebr als andere Leitfäden beschränkt, so ist es doc fraglii, ob nit au dieser Leitfaden im Großen und Sarzen des Stoffes no zu viel bringt. Auch für den Geschichtéunterziht ganz besonders in Mädcbenshulen kann der Fingerzeig eines der bedeutendsten Naturforscher unserer Zeit gelten: „Man lasse unsere geplagte Jugend nur halb so viel lernen; lehre sie aber diese Hälfte gründ- licher verstehen, und die nächste Generation wird an Leib und Seele doppelt so gesund sein als die jeßige." In der Richtung folchen Fingerzeigs liegt des Verfassers Erahten: „Für deutsde Schülerinnen, welche nach 9 jähriger Schulzeit die Schule verlaffen, giebt es nur eine deutshe Geschichte mit ihrer nothwendigen Grundlage, d. b. einer Gescihte des Alterthums, die auf die deutsche vorbereitet*. Eine genaue Prüfung des Inkbalts indessen ergiebt, daß die vorbereitende Grandlage do noch etwas zu breit und viel- gestaltig, dabingegen die Krönung des gesbichtlihen Lehr- gebäudes durch die neueste deutsche Geschichte nicht that- \sabenrei genug sei. Au kat die im Gebiete der Mädchenbildung gereifte Erfahrung die Forderung herausgestellt, daß die Einfügung von Lebensbildern edler ges{chitlicher Frauen, wie Kurfürstin Luise Henriette, Königin Luise u. a., den Geshicbtsunterriht in Mädchen- \culen beleben und ersprießliher macht. Daß Verfasser in Zablen strenges Maß gehalten, die Kulturgeschichte soweit als aceignet überall berüdsichtigt, Bildertafeln beigefügt, welche die Erläuterung der Haupvtgattungen der Baukunst und Bildnerei an besonders geeigneten Beispielen ermöglihen, und endlich vortreffliche Geichichtéfkarten eingelegt bat, die denjenigen Boden zur Darstellung bringen, auf welhem der Geshichtsstoff ih bewegt, verdient besondere Anerkennung.

„Die Quitow's und ihre Zeit oder die Mark Branden- burg unter Kaiser Karl IY. bis zu ibrem ersten bobenzollernshen Regenten* von Friedrich von Klöden. Dritte Ausgabe, be- arbeitet und herausgegeben von Ernsi Friedel. Erster Band. Berlin (1889). Weidmann’sche Buchhandlung. Der „Altmeister brandenburgisher Natur- und Geschichtskunde" ift der Vater dieses Werkes. Als Karl Friedrich von Klöden es vor cinem Halbiahr- bundert erstmals erscheinen ließ, war es seine unverkennbare, aus- gesprobene Absicht, ein bedeutungsreihes vaterländishes Zeit- gemälde in ursprüngliher Treuheit und Reinheit als Gedenkbild sür na%kfommende Geschlechter darzubieten mit der Ueberschrift: „Die Quitow's und ibre Zeit“. Die Grundzeihnung desselben entnahm er mit großem Fleiß den sämmtlichen, bis dahin bekannten ein- s{läâgigcn Urkunden uad älteren Berichten dec Chrenikenschreiber. Icene alterthümlihen Bilder und Figuren, wie sie beispielsweise die vortrefflichen brandenburgiswen Regesien G. von Raumer's oder die Woblbrüdck'schen bistoriswen Arkeiten enthalten, ftellte er dann mit ersibtliver Kombinationtgabe und lebhafter Vergegenxärtigung der Umnstänt e und Personen forglih zusammen und verlieh diesem Skelett Fülle, Farbe, Bewegung, Draperie und sianreihen Hintergrund dur die ihm verliehene poetisbe Kraft. So ift in den Jahren 1836 und 1837 sezin bobwichtiges bistorisches Gemälde zu Stande gekommen, das den bedeutungêvollsten Wendepunkt unserer brandenburgishen GesHichte, ja unseres Volkslebens, die Auflehnung der Vasallen gegen das neue Regiment, den ohnmäbtigen Widerftand derselben, den endliden Triumph des Erlauchten Hobenzollernbauses und in unauf- lôsliher Verbindung mit ibm die Glorie des wieder zu Ehren ge- brabten Rethtes und Gesetzes, in seinen Mittelpunkt. die kultur- geshihtlibenVorgänge auf dem gotterkorenen ärmlihen Boden der „verachteten Streusandbüchse des heiligen römischen Reiches deutscher Nation“ fo lcbenstreu in feinen Vordergrund stellt, daß gleichsam plastisch unsere Altvordecn mit ibren Sitten und Gebräuten, allen ihren Vor- fommnifsen von der Wiege bis zur Bahre, ibrem Denten und Em- pfinden, ihrem starken Hasen und Lieben, ihrem Glauben und Aber- Eo hervortreten, während der Hintergrund „in lebensduftiger

erne“ als gewisse Naturnotbwendigkeit die Erstarkung unseres PerriGergeiwlequs, die Erbatenheit seiner Sendung, die ge!chichtlihe

ntwidelung unseres Vaterlandes mit morgencothumsäumtem Porhgnt anleuchtet. Kein Wunder, daß ein Werk îo meifterhafter, 9 rubiger Würdigurg der geschihtlichen Persöniihkeiten und That- fachen, fo fesselnden, bochpoetiscen Inbalts eine so außerordentliche Aufnabme fand, daß zeitgenössishe Balladen daraus bervorsprudelten. Kein Wunder au, daß „die Quißow's und ihre Zeit" neuestens einen Dramatiker, wie Ernft von Wildenbruch, zu größerer dichterischer Verwertbung anreizten („Die Quitßow's“, Vaterländishes Drama in 4 Akten. Berlin, 1888.). No fehlt aber der Künstler, welcher aus ibnen ein Volks-ECpos \{ôpft, zu welhem sie sich vortrefflich eignen. -— Ernst Friedel, Dirigent des Märkischen Provinzial- Piuseums, Geschäftsleiter des Gesammtvereins der deutschen

Geschihts- und Alterthum3vereine 2c., hat die Zeitgunst, welche darin sich äußert, daß sich in unserer Zeit ein lebendiger geshibtlicer Sinn regt, der mit eindringendem Interefse den Blick von der deutschen Kaiserkrone in die Vergangenbeit zurücklenkt, in welcher die Keime zu des Vaterlandes jeziger Macht und Herrlichkeit liegen, dazu benußt, „die Quitow's“ aufzufris&en und Allen zugänglich zu machen. Dabei das ergiebt sofort ein Vergleich mit der legten (nämlich 1846) erschienenen Auflage ift das alte klassisde Werk Klöden's selbft- redend unangetastet geblieben in allen Hauptsaen. Daß in den früber mitunter ermüdenden Gesprähhen einige Kürzungen vorgenommen worden, halten wir für einen Vorzug. Auch dürften die am Swluß der einzelnen Theile hinzugefügten Anmerkungen manem Leser willkommen sein. _ s

In Anbetrackt alles dessen wünschen wir auch, daß das Werk in seiner vorliegenden Neugestalt freundli& aufgenommen werden möge pon Alt und Iung zu des Vaterlandes Bestem.

„Die besten Bücher aller Zeiten und Literaturen“ betitelt si eine eigenartige Schrift, welhe soeben im Verlage von Friedrih Pfeilftüdcker in Berlin W., Bayreutberstraße 1, erschienen ist. Das ist ein deuts%es Gegenstück zu den englishen „Listen der 100 besten Büber“, eine Sammlung von ähnlichen deutschen Liften und von Aeußerungen lebender deutsher S{hriftsteller über die besten Schâge der Weltliteratur und bestimmt zur Berathung des lesenden Publikums. Ihr Kennwort ist: „Es gehört zur Reform unseres deutshen Familienleber s, den Besitz ciner gewählten Bibliothek jedem geordneten Hauêwesen zur Pflicht zu machen“. Der Gedanke, die solher Famiiienbibliothek einzuverleibenden edelsten Schäßge auêwählen und feststellen zu lafsen, ward, nachdem sich die in England zuguterleßt angenommene Lifte der „190 besten Bücher aller Zeiten und Litteraturen®“ des Sir Iohn Lubbock, Kanzlers der Uni- versität von London, denn do zu einseitig english gefärbt erwiesen durch den Berliner Verlagsbuhbändler Friedri Pfeilftücker auf dem Wege verwirkli6t, daß er Ende 1887 an zahlreiche Autoritäten in Deutschland die Aufforderung zur Ausfüllung einer deutsGen Gegenliste und gleihzeitig zu Meinungsäußerungen über das Unternehmen aussendete rnd als Ergebniß defsen eine freilich nur geringe Anzahl von Listen und eine überwiegende Menge solher Meinungéäußerungen erhielt, welhe einerseits den Angli- ziómus des Unternehmens rügten, andererseits binwiesen auf die Unthunli(fkeit, ein objektiv maßgebendes Urtheil in so bestimmten Grenzen zu Stande zu bringen auf einem Gebiete, mit dem die Indi- vidualität des Urtbeils unzertrennlich verwahsen is. Dies erfte Er- gebniß indeffen {reckte Hrn. Pf. nit ab. In Verbindung mit Dr. Mar Swhneidewin und Dr. Hans Herrig wendete er sih zum zweiten Male an meist dieselben Adressen; und das ¿weite Ergebniß ist immerbin doch so bedeutend au2gefallen, daß es würdig und diensam erschien, dasselbe in Gestalt vorliegenden Werks zu veröffentli®en. Lehrreih find die Urtheile der angerufenen Autoritäten. Sir führen hiervon datjenige des Staats: Ministers Dr. von Goßler an, welches mit den Worten beginnt: „Nicht die Fülle des über- wältigten, vielleicht sogar dem Gedächtniß eingeprägten Materials bildet den Werth des erworbenen Bildungsstoffes, sondern vor Allem die eigene Arbeit, welde an die Aufnahme fremder Gedanken gewandt ist, ihr Ernst, ihre Aufritigkeit.* Und das dürfte für alle Bildungêsvermittelung als Leucht wort gelten. Wie sonst au immer man über vorliegendes Unternehmen denken möge, foviel ift flar: dem Wunsche höchst zablreiher, für fh felbst nit genügend orientirter Leser, ihre Mußestunden dur beste Lektüre möglichst edel und gewinnreich zu gestalten, kommt die vorliegende Veröffentlichung L R Weise entgegen, unglcih besser als alle buchbändlerischen ‘ataloge.

Von Georg Gbers wird binaen Kurzem ein neues Werk unter dem Titel: „Josua. Eine Grzählung aus biblisber Zeit® in der Deutschen Verlaasanftalt in Stuttgart ersck@einen. Wie uns die Verlagsanstalt mittheilt, hat die fefselnde Erzählung einen groß- artigen Abschnitt der biblisckchen Geschichte, den Auszug der Juden aus Ggypten, zum bhistorisGen Hintergrund und wird eîne ernste, tief ergreifende und zuglei belehrende Lektüre für die weitesten Kreise fein.

Land- uud Forftwirthschaft.

Landes-Dekonomie-Kollegium.

Im weiteren Fortgange der gestrigen Sißung fiellte der Rittergutsbesißer Graf von Arnim-Swhlagenthin den Antrag: den Absatz 1 des §. 514 im bürgerliwen Geseßentwurf zu treiben und an Stelle deéselben folgende Bestimmung auf- zunehmen: „Der Vermiether (Verpächter) ist verpflibtet, dera Miether die auf die Sahe gemaGten nothwendigen Verwendungen in dem Falle zu erseßen, wenn Gefahr im Verzuge war“. In der Debatte wurde jedoch eingewendet, daß cine so zweideutige Vorschrift zu den verwickeltsten Rechtéstreitigkeiten Anlaß geben könne, und der Antrag \chließilich abgelebnt. l

Der Geheime Justiz-Rath, Professor Dr. Gier k e(Berlin)'und Graf von S tosch (Hartau bei Sprottau) beantragten: dem §. 9534 des Entwurfs hinzuzufügen: „Die Abscaffung des geseßlichen Anspruchs des Pächters auf U bei außerordentliwen Unglüdéfällen, welche den Fruchtertrag beträchtli% s{chmälern, ist nit zu billigen.“ Der BVors({lag wurde von den Antragstellern eingebend befürwortet, von dem Ober-Landesgerihts-Rath Struckmann (Berlin) dagegen bekämpft und nah längerer Debatte verworfen.

Ober-Landeskulturgerihts-Rath Siber (Berlin) trat sodann für folgenden Antrag ein: „1) §. 540 des Entwurfs ift folgendermaßen zu fassen: a. Der Pächter eines landwirthschaftlihen Grundstücks (oder einer Müble) hat die zur Unterhaltung in gutem wirthscaft- lien Zustande erforderlihen Ausbefserungen der Gebäude, Wege, Wegweiser, Pflaster, Brunnen, Dunggruben, Stege, Gräben und Einfriedigungen auf seine Kosten zu bewirken, sofern und soweit er sie in gutem wirtbschaftlihen Zustande übernommen hat. b. Der Päthter und Verpächter sind berehtigt, die Aufnahme einer geriht- lih beglaubigten genauen Beschreibung der bezeichneten Gegenstände bei der Uebergabe der Pachtung zu verlangen. Die Koften zab! Feder zur Hälfte. c. Ist eine solhe Beshreibung nit gemacht und find niht anderweitig Mängel der zu a. bezeihneten Gegen- stände bei oder mit der Uebergabe festgestellt, so wird an- genommen, daß dieselben in gutem wirthschaftlichen Zustande übergeben sind. d. Ift ein Gebäude durch Ausbefserungen nur unter Aufwand unverbältnifmäßiger Kosten in gutem wirthschaftlihen Zustande zu erkalten, so ift der Verpähter zum Neubau verpflihtet. Der Neu- bau muß den gleihen nußbaren Raum enthalten, wie das Gebäude, welchen es zu erseßen betimmt ist, e Pächter und Verpächhter sind berehtigt, dem Pactgrundstück zur Erfüllung ihrer Bauverpflich- tungen Sand, Lehm und Feldsteine zu entnehmen. 2) Hinter §. 545 des Entwurfs ist einzuschalten: „Auf die Substanz des Guts bezieht fb, wenn nichts Anderes vereinbart if, das Nugzungsrecht des Pächters niht. Er darf also niht Sand, Erde oder Feldfteine ver- äußern.“ n i

Nach eingehender Diskussion wurde bes{chlofsen, den Antrag als E für die weitere Bearbeitung des Gesetzentwurfs zu über- weisen.

Eine sehr lange Debatte veranlaßte nachstebender Antrag der Kommission: „Das Landes-Oekonomie-Kollegium wolle besließen : 1) Et ist fein Bedürfniß vorhanden, für den gewöhnlichen bürger- lichen Verkehr neben der allgemeinen Wecbselfähigkeit derartige Formal- cbligationen in einfaher Schriftform und mit beliebigem Inhalt zu sckaffen, wie sie der Entwurf durch die Anerkennung des abstrakten Sculdverspre&ens und der abstrakten Verpflihtungéfraft des An- weisungsacceptes einführen will. 2) In der Anerkennung diefer Ver- vflihtungsformen in dem vom Entwurf vorgesGlagenen Umfang liegt eine nit zu untershäßende Gefahr für die ländliche Bevölkerung

Der Antrag gelangte \chließlich unverändert zur Annabme.

Auch folgender Kommissionëvorschlag gab zu einer sehr lebhaften Debatte Anlaß: „Das Landes-Oekonomie-Kollegium wolle beschließen : Die Bestimmungen in den §8. 704 ff. und 722, Absay 2 des Ent- wurfs über den Umfang des zu erseßenden Schadens find zu weit-

gebend und in ihrer Anwendung gefährlich für die Interessen der Landwirthschaft.“

Dieser Antrag wurde ebenfalls {ließli angenommen.

Auch in der heutigen Sizung ersien gleih bei Beginn der Minifter für Landwirtbschaft, Freiherr Dr. Lucius von Ball- haufen. Den erften Gegenftand der Tagesocdnung bildete die Frage : „Ist die nacträglize Aenderung der dinglichen ang- ordnung wegen der aus der Zuziehung der Zwischengläubiger hierbei errachfenden Schwierigkeiten in der Art beizubehalten, wie sole im geltenden Rechte geordnet ift ?*

Der Referent, Gehcime Regierung38-Rath Dr. Hermes (Berlin) befürwortete folgenden Antrag: „Das Lande8-Oekonomie-Kollegium wolle beschließen : die im §. 841 des Entwurfs zugelaffenen Aenderung der dinglihen Rangordnung genügt wegen der hierbei erforderli werdenden Zuziehung der Zwischengläubiger dem Bedürfniß des Creditverkebrs niht. Neben derselben ist die Zulafung einer Vor- rechtéecinräumung im Sinne des 8. 35 des Eigenthumserwerbsgesetzes vom 5. Mai 1872 etwa mit der Modifikation, daß es der Zu- stimmung des Grundeigenthümers zur Vorrechtseinräumung bedarf, unerläßlich.“

Nah längerer Debatte wurde der Kommission8antrag mit großer Mehrheit unverändert angenommen. Es folgte die Frage: „Liegt die Zulassung eines tdinglichen Vorkaufsrechts an Grundîtüen in Verbindung mit der landesgesezlihen Gestattung unablös- barer Geldrenten im Interesse des land- und forstwirtbschaft- liben Betriebe8?* Von der Kommission war hierzu der Antrag gestellt worden: „Das Landes-Oekonomie-Kollegium wolle be- \{ließzn: Der Landes-Gesetzgebung is die Möglibkeit, Rentengüter und erbpa&täbnlihe Verhäitnifse wieder zu [hafen, vorzubehalten.“ 4 A kurzer Debatte gelangte diefer Antrag einstimmig zur

nnahme.

Saatenftand in Ungarn.

Nah den bei dem ungaris{en Ackerbau-Minifterium ein- gelangten Natri@ten hat die eingetretene günstigere Witterung einen sebr wobltbhätigen Einfluß auf die Herbftsaaten auë- geübt. Die früher angebauten Weizen, Roggen und Gerst: entwidelten sich sehr \chôn und sind fo üppig, daß deren Abweidung rothwendig wurde, welcher Umstand dem Landwirth Angesichts des Futtermangels fehr zu Statten kommt Auch der spätere Anbau it ion aufgegangen. Rapéfaaren find überall im Lante \ch{chon üppig, obschon die Raupen in manten Gegenden bedeutenden Schaden an der Frucht anrihteten. In den Herbstsaaten richtet überall der Drakbt- wurm und in manhen SVegenden rihten au Feldmäuse Schaden an. Die Herbstarbeîten sind übrigens zum gröften Theil beendet.

Raubtbiere in Norwegen.

(F.) Nah den amtli®en ftatistishen Mittheilungen find im Jabre 1888 Prämien für folgende erlcgte Raubthiere und Raubvöègel gezahlt worden: 76 Bären (gegen das Vorjabr 21 weniger), 35 Wölfe (20 gee E Lu(bse (17 mebr), 54 Vielfraße (3 mebr), 9582 Füthse (3070 mehr), 1042 Adler (52 mebr), 4€69 Hübnerbabi{te (79 weniger). In neun Distrikten sind noch Prämien gezahlt worden für 166 Horn- eulen, 164 Raben und 128 Kräben.

Handel und Gewerbe.

In der Generalversammlung der Berliner Maschinen- biau-Aktiengesellshafi vormals L. Schwarßkopff von 14. d. M. wurde dem Vorstande und dem Aufsibtêrath unter Ge- nebmigung der Bilanz und Gewinn- und Verluftrehnung Entlaftunz ertbeilt. Die Anträge der Verwaltung auf Erböbung des Grund- kapitals und die beantragten Statutenänderungen wurden angenommer. Die ausshecidenden Mitglieder des Aufsichtsratbs, Freiherr von der Heydt und Wilh. Zwicker, wurden wieder gewählt. Die auf 14% festgeseßte Dividende gelangt gegenwärtig zur Auszahlung.

Vom oberschblesiîchen Steinkoblenmarkt beriici die „Sl. Ztg.“ : In dem geschäftlichen Verkehr wie für den Privat- bedarf hat der Begehr nah Steinkohlen u. A. in letzter Zeit ned eher zugenommen. Wenn vor einigen Wochen es sehr auffällig be merkt wurde, das Seitens der bedeutenderen Gruben auf vereinzelte Be- stellungen privater Abnehmer nicht eingegangen werden konnte, s gewinnt der Umfang der Koblenverladungen infofern eine bedenklide Ausdehnung, als auf einigen Gruben im örtli®en Verkehr keine Koblen mehr abgegeben werden, mithin die anwobnenden Einfassen des Reviert für ibren Bedarf si nach entlegeneren Gruben zu wenden ge zwungen sind. Es würden das die ersten Anzeichen einer beginnenden Koblennoth sein, nachdem die gesammte Koblenförderung der ver- nehmsten Gruben an Großhändler vers{lofsen worden. Der Begcbr ist besonders groß für die mittleren und kleineren Sorten, als Grie®, Nus T und I]1, und Vertreter größerer ausländisher Koblenfirmen kalten si dauernd an den Gruben auf, um mögli@ft viel Kohlen verabfolgt zu erhalten. Den Anstrengungen der Gruben na möglichst großen Leistungen tritt . allein der Mangel an Ar beitern und Fahrzeugen hemmend entgegen. Die Preise baben \i& nicht geändert, dürften vielmehr, na&dem nun der erfte stärkere Froft si gezeigt, noch mehr in die Höhe geben. Angesihts diefer steigen den Konjunktur denkt man wiederum an eine Nußbarmacung des in kolossalen aen lagernden Kohlenftaubes. Ein Wiener Koblen- händler beabsichtigt, daraus auf mehreren Gruben Brikets nach einen patentirten Berfaßren herzustellen. Die neue Separationêanlage auf Hobenzollern-Grube geht ibrer Vollendung entgegen.

Frankfurt a. M., 14. November. (Getreidemarktberi@i von Joseph Strauß.) Der Verkehr an dem Weizenmarkte war ein sehr ruhiger, obglei die Zufuhren kaum dem völlig obne Vorräthe befindliGen Konsum genügen; ab Umgegend 19{—# -, frei bier 192 4, furbe)fisher 195 4, ruisishe Sorten 20}—21} Roggen war durch den Plaßkonsum begehrt und batte auch für den Erport bei im Uebrigen um 209 S erhöhten Preisen besseren Ab- [aß hiesiger 17 #, russische Sorten 174 4— Für Gerste berrs@te lebhafter Begehr, dem zwar kein reichlihes, aber genügendes Angebc! gegenübersteht; Preiëhaliung bleibt gut behauptet, die Noti 18§—202 M, je nah Qualität und Herkunft, bleibt. In Hafer gelangte gleichfalls eine mäßige Befserung der Stimmung jur Geltung, welche durch eine Preigerböbhung von 20 \ zum AusdruckZ kam, die Notiz ift 15—16 # Für Mais (mired) war die Tenden; stets eine feste, obwobl si die Geschäfte nicht gebessert hatten, 124i bis F. Prima-Speisekartoffeln 2—3 # Chili-Sal- peter: Die momentane Anregung unseres Markts ist eine zu geringe, um eine bestimmte Charafkterisirung zuzulassen ; Käufer treffen bier einen guten Markt. In Weizenkleie, 7}—è, und Roggen fleie 84 M bis 9 A ift cine Besserung der Nawhfrage nos immer ri@t zu verzeihnen. Spelzstreu 2/10—®S/10 A, dit mäßige Befestigung hat angehalten. Mebl hat eine durchaus feft: Haltung, es ift deutli zu erkennen, daß der Bedarf wächst; für Weizenmeble diktiren die benahtarten Handelsmühlen die Preise. Roggenmehl wenig gehandelt. Berlin fordert hohe Preise. Wir lassen biesiges Weizenmehl Nr. 0 *33¿i—34 #, Nr. 30{—31} #, Pr. 2 253—26i M, Nr. 3 25—26 #, Nr. 4 21—2?2 &, r. 5 17—18 Milchbrot- und Brotmebl im Verbande 55— 8, norddeuts{e und westfälishe: Weizenmehle Nr. 00 26—27 4 Berliner Roggenmehl ab Bahn Magdeburg Nr. 0 26,20 4, Nr. 0/1 24,70 , Nr. 1 23,20 4, frei Ufer Frankfurt a. M., Mainz u. Mannheim ca. 1,25 4 theurer (erquisite Marken ca. § Æ höber), Obige Preise verstehen sh per 100 kg ab bier, häufig auch loco aué wärtiger Stationen. :

Bradford, 14. November. (W. T. B.) Wolle fest, rubiger. Garne fest, unverändert, in Bright-Stuffs gutes Geschäft. i

Antwerpen, 14. November. (W. T. B.) Wollauktion. Angeboten wurden 1613 Ballen Buenos - Aires Wollen, 380 B. Montevideo und 28 B. diverse Wollen. Davon wurden verkauf! 1034 B. Buenos-Aires, 335 B. Montevideo und 26 B. diverse Wollen. Animirt. Preise 15 Centimes böber.

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staals-Anzeiger.

M 2783.

Berlin, Freitag, den 15. November

° 1889,

Deutsches Reich. Statistik und Volkswirthschaft. 5 Arbeiterlöhne im Steinkoblen-Bergbau. betref T S Unfal # Li is A L Nachstehend veröffentlihen wir eine Nachweisung der beim Steinkoblen-Bergbau Preußens G E E g- : während der einzelnen Vierteljahre von Mitte 1888 bis dabin 1889 in den hauptsählichsten Bergbau- Jn Folge der gemäß §. 47 Abs. 6 des Unfallversiherungsgesezes vom 6. Juli 1884 | bezirken verdienten Löbne : R.G.-Bl. S. 69) und der 1 fg. des Geseßes vom 28. Mai 1885 (R.-G.-Bl. S. 159) a. Durchscbnitts-Löbhne sämmtlicher Arbeiter (ohne Beamte und Aufseher). ttgehabten Neuwahlen wird die nunmehrige Zusammenseßung der für die Betriebe der : ; Kaiserlihen Marineverwaltung errichteten Schiedsgerihte nach F. 48 des ersteren Geseges q„Berdiente reine | Die in Abzug natstehend bekannt gemacht. . Löbne (nach Abzug| gebraSten Verfahrene es Men Knavvsthafts- E Name, Stand und Wobnort : ; abl E 1owte der und Sit 9 Be Fp en Dextre, G Arbeitsshihten | Knapvschafts- und |Frankenkafsen- Sqhied8gerihts-| des des des stell- 5 der der gt rio a c „veiträge ; i e). en f Bezirk. Schieds- Vor- a od Éi stellvertretenden Vierteljahre. Arbeiter. : auf i auf due ritt li gerichts. sitzenden. A O Beisitzer. E M in 1 Ar- | auf 1 SHicht : M M M Wilhelmshaven. | Wilbelms- | Domeier, Ko, Kaiser- ‘1. Noback,Marine- 1. Hoefer, Marine - In- haven. Kaiserliber liher Marine-! Intendantur- | tendantur-Afefsor in I. Obersch{lesien. Geheimer | Intendantur- Ratb undWerft- Wilhelmshaven. 1888, ITII. Vierteljaßr. . . 39 902 | 2872 457 72 5 373 769 | 1,87 0,09 Admiralitäts- Rath in Wil- Verwaltungs- 2, Schulß, Marine- | 1888. IV. E 42613 | 3056 630 72 5671468 | 1,86 0,09 Rath und | helmshaven. | Direktor în Rendant in Wilbelms- | 1889, L. A 42845 | 3008 066 70 5531 176 1,84 0,09 Marine- Wilbelmsbaven.| haven. 1889, TI. Ï S 41106 | 2734674 67 5 424 090 | 1,98 0,09 ean! in i2 e ut ao! Seme, iert L NiebersGlesien i § - j tr o ê % -, di: 5 î S . T: M e pu Ä X E v B U s E Ble. 13516 | 1065361 | 79 | 2186164 20 | 90,07 S in Wilbelms- 9 Gifle Kasernen z Fn- 1888. IV. a ae e 13 979 1117 949 80 2225 C21 2 08 0,07 haven Í spektor in Wilbelms- 1889. L E e S ck 14 503 1119 687 77 2 321 600 | 2,07 0,08 R haven. 1889, IL e as 14 001 984 168 70 2121 522 | 2,16 0,08 3, Hertien, Sattler 1. von Döring. Schmiede- III. Oberbergamt8bezirfk in Wilbelms- Vorarbeiter in Bant. Dortmund. | haven. 2. Tzschucke, Takler in | 1888. IIL. Vierteljahr... 102210 | 8302214 | 81 22710266 | 2,74 0,12 Wilhelmshaven. 1888, IV. C S 108 177 8 807 703 81 24 232 440 | 2,75 0,12 4. Brünlow, |1. Traugott, Handlanger | 1889. T. E S 110 964 8 795 246 79 24 481 150 | 2,78 0,13 Schiffbauer in| in Heppens. 1889. IT. E 108 852 | 7353101 | 68 21 770 945 | 2,96 0,14 ; Bant. 2. Kubn, Maler in Bant. | 7y Fzpi libeSteinkobl Kiel. Kiel. Hildebrand, | Dr. Arenth, 1.Seeber,Marine-'1. Kambah, Marine- |*"- a eS eis al en- Kaiserliher Kaiserliher SIntendantur- Intendantur - Sekretär | Zruven el Saar rucen. A A Z N : : A criue- Marine Ratb undWerft-| în Kiel. 1888. IIT. Vierteljahr. . . 24 479 1 803 720 74 9 288 796 | 2,92 0,18 Intendant in Intendantur- Verwaltungs- 2, Rose, Marine-Rendant 1888. IY. S 29 124 | 1828 130 73 5 370 620 | 2,94 0,18 Kiel. Rath in Kiel. Direktor in in Kiel o E O2 Î 2 j E : 89, : A 26 362 687 212 7 277 382 | 3/13 0,18 | 2. Oheim, Ober- 1. vacat E a 25 677 | 1982650 | 77 | 6758102 | 341 | 0,18 Lazaretb - In- 2, Lombard, Kasernen- b. DurGsch{nitts-Löhne der einzelnen Arbeiterklassen (auf 1 ShiGt). svektor in Kiel. Inspektor in Kiel. 3. Bot, Wilbelm, 1. Brey, Heinri, Ma- SL2S = B E t Mascinenbau- schinenbau-Vorarbeiter SESff = Z S S Ë Vorarbeiter in_ in Gaarden. O E 2s Bl BE_ M Z e E Dan Bezirke, ZNZE|EZEA |AEZL| 2E | SS | 2S den. egel Iuat2T1 277 ST S 4, Wustrow, Gott-/1. Sa@au, Jobannes, Vierteljahre. ZEZSE DSS 5 LESD E=ch S=S ED lieb, Vorarbeiter! Sch{mied in Gaarden. : E S “S E S S E in Gaarden. 2. Germann, Heinrich, E = S S s) = Vorarbeiter in Gaar- S = _ e D j den. M Ï ¿ z Daniig. Daniig. f Mee, Mesßer- 1. Meyer, er L E Ser # ld # A Bas öniglider midt, König- dantur - Rath waltungs-Sefretär in x Bberfülesi Regierungê- licher und Werft-Ver- Danzig. e er eten: : 2 5 5 S b n | Realecanas- | wallnngs- 2. Preuß, Werft-Ver- Ee Hr Da 2,10 DA 2 0E 0,77 R Danzig. Aße}sor in Direktor in waltungs-Sekretär in 1889 L E S'AA 188 1'69 L t 20 Danzig. Langfuhr. | Langfuhr. : 1889 IL S 9'94 2'03 1/80 76 L e A 2, Häpke, Werft- 1. Döring, Werft-Ver- t i E L s S 2 A. E i Rendant in waltungs-Sefkretär in IT. Niederschlesien. Langfuhr. Danzig. : 1888, III. Vierteljahr 2,21 2,14 1,90 0,90 1,11 2,05 2. Wollf, Werft - Ver- | 1888. IFV. E 2,24 2,20 1,92 0,91 1,11 2,08 E SOreiar in| 1889, I. S 2,21 2,19 1,93 0,94 112 2,07 Danzia. 1889, II. d S A 2,32 2,29 1,99 0,94 1,19 2,1 3. Möller, Carl,'1. Grandli%, Wilbelm, z i Zimmermann Zimmermann in III. D Vega sbezirf in Danzig. K O T Zimmer- 18S ITI. Vierteljahr - 236 2 1,02 2,74 E e S E e 3,04 2,36 2,39 1,03 279 mann in Danzig L y A fp l, ' D 4.Müngtel, Robert, 1. Werner, Gottfried, 1889. 1. A 3,06 2E 2,40 1,04 E 2,78 Metalldreher in Sch{@mied in Danzig. 1839, I. E 3,31 B 4,94 1,10 2 Danzig. 2. Cari, N IV, Be praliNe Ske Len Schbloffer 1n Danzig. gruben bei Saarbrüdcken. Berlin, den 12. November 1889, 1888, ITI, Vierteljahr E 3,08 2,60 2,95 1,21 2,92 Der Minister : 1888. IV. e 3,10 2,61 2,54 1,14 2,94 tinister für Handel und Gewerbe. 1889: L S 3,06 2,62 2,53 1,20 2,91 Jn Vertretung: 1889, II. E 3,30 2,86 2,67 1,32 3,13 Magdeburg. 1889, IITI. A 3,64 2,98 2,78 1,33 3,41

Kunft und Wissenschaft.

Dem amtlichen Berit über die Königlichen Museen vom 1. April bis 30. Juni 1889 is Folgendes zu entnehmen: Die Gemäldegalerie hat einen Zuwachs von nur einem Gemälde erbalten, dem Bildniß eines jungen Venezianers von Antonello da Messina (1474), welches als ein dur seine glübende Farbengebung aus- gezeihnetes Meifsterwerk zu betraten ift.

In der Sammlung der antiken Skulpturen und Gips- abgússe sind aus der Sammlung von Doubletten, welGe nach Beendigung der Ausgrabungen in Olympia dem Deutschen Reich zu-

gefallen waren und jeßt von dem Bundesrath den Königli preußisGen Museen überwiesen worden find, die sämmtlichen

Antiken in Stein, namentli vier Statuen und Arcitekturstücke von verschiedenen Gebäuden gekommen. Für die Sammlung von Gips- abgüfsen ging aus Athen das noch dem 5. Jahrhundert n. Chr. an- gehörige Grabrelief des Aristeas und der neuerdings auf der Afropolis gefundene alterthümliche Kopf zu dem Knabentorfo Friedrihs:Wolters ein, Die kleine Beschreibung der pergamenischen Bildwerke wurde neu berausgegeben, der Druck des illuftcirten Katalogs der Skulp- turen und des Bandes FIII 1 der Alterthümer von Pergamon fortgeseßt.

In der Abtheilung der mittelalterlichen und Renaissance- Skulpturen wurde durch Ankauf erworben eine etwas über lebenê- große Halbfigur der Maria mit dem Kinde, von Wolken getragen, in Thon modellirt und alt bemalt; der Stil der Arbeit weist auf die Mitte des Quattrocento und Bologna bin. An Geschenken kamen binzu: ein Thonrelief des Bartolomeo Vellano, Maria, das Kind auf dem Schofe, mit dem zwei Engel spielen ; es scheint die Arbeit eines Paduaner Schülers des Donatello zu sein; ferner ein Holzrelief mit musizirenden Engeln, eine Arbeit von Tillman Riemens(neider.

Im Anti quarium ift hinzugekommen ein jugendlicher Dionysos- kopf in Bronze, halbe Lebensgröße, aus Kleinasien îtammend, ein ver- goldeter Spiegel mit Relieftafel am Griff, ein Reliefbeshlag einer Sefsellebne mit dionysishen Darstellungen; sodann ein aus Waffen und Schmuckgegenständen bestehender Grabfund aus Cypern. Im Terrakottenkabinet sind mehrere Gegenftände hinzugekommen, ebenso in der Gemmensammlung und im Vasenkabinet. Die vom Deutschen

Reih den KönizliGen Sammlungen überlassenen Fundstücke aus Ca in Bronze und Terrakotta find dem Antiquarium einverleibt worden.

Das Münzkabinet bat im leßten Vierteljahre 365 Münzen erhalten, und zwar 42 griecishe, 10 römische, 31 orientalische, 282 mittelalterlihe und neuzeitlie, und außerdem 1 Siegelstempel cworben

_Im Kupferstihkabinet waren die Erwerbungen in Folge verschiedener Umstände besonders zablreich. Den Haupttkbeil bilden darunter die Ankäufe, wele das Kabinet im April d. I. in Leipzig auf der Versteigerung des Regentburger Verlagëbu{bändlers Alfred Koppenrath in Folge besonderer Zuwendungen zu machen in der Lage war. Es fam darauf an, Stiche und Holzschnitte der deutschen Schule zur Ergänzung der Sammlung zu erlangen, und es ift ge- lungen, eine ziemli reihe Auswahl vorzügliher Werke des XY,, XVI. und XVII. Jahrhunderts zu erwerben. Ein seltenes Blatt des Meisters E. S, einige berrlihe Abdrücke Schongauer'’sher Stice, seltene Bläiter von Israel van Meckenem in vorzügliten Exem- plaren, ferner Blätter von Aldegrever, den Beham's und den übrigen Kleinmeistern, endli eine Reibe seltener und interessanter Holzschnitte sipd in erster Reibe darunter hervorzuheben.

_ Die egyptische Abtbeilung hatte sih in diesem Bierteljabre wesentlicher Bereicherungen zu erfreuen; die Erwerbungen bestehen aus Skulpturen, Thonwaaren, Bronzen, Geweben u. dgl. m. Unter den binzugekommenen Alterthümern aus griechis{ch-römisher Zeit ift hervor- zuheben eine Anzabl der merkwürdigen Mumienetiketts von Ahmim, von denen {hon im vergangenen Jahre dem Museum Proben zugingen. Unter den neu erworbenen giebt das eine die Datirung des ganzen Fundes, das danach in Hadrianische Zeit fällt; diese Firirung ift um so wichtiger, als sich auf zwei der Täfelhen egyptische Aufs{riften in griehischer Schrift also die ersten Anfänge des Koptischen gefunden haben. k

_ Dem Museum für Völkerkunde ift es ‘mögli gewesen, für die ethnologishe Abtbeilung noch eine jener grundlegenden Er- werbungen aus Amerika zu machen, die für die künftige Fortent- widelung der Ethnologie von größtem Werth sind. Diese aus den versteckt gebliebenen Naturstämmen des Amazonengebiets stammenden Dokumente für die Geschihte der Menschheit gewinnen einen doppelt

boben Wertb dur den gleichzeitig erfolgten Ankauf derjenigen Alter- thumssammluns, die seit Jahren bereits als bervorragendîte bekannt war, um die eigenartige Kultur der Chibcha in charakteristishen Ab- bildern vorzuführen. Es ift dies diejenige Kultur unter den altame- rikanishen, welche auf dem das südlide Amerika gegen das centrale begrenzenden Kamm der Hogebirge, auf der Grenze der fontinentalen Hälf- ten gelegen, den Einflüfsen von beiden Meereëküsten ber sowie denjenigen Einflüfsen ofen war, welche dur die Zuflüfse der Marañon ihr zu- geführt wurden. Zu gegenseitiger Aufklärung find ungefähr gleichzeitig diese zwei Sammlungen im Museum zusammengekommen, einmal die der deutschen Entdeckungsreisenden am Xingu, und dann die dur die columbisbe Regierung veranlaßte Sammlung, welche aus dortigem Besitz in den des amerikanishen Konsuls übergegangen und, dur diesen nach London verkauft, auf der folonialen Auëstellung zur öffent- lien Besichtigung gelangt war und damals für den Besitz des biesigen Museums gesichert werden konnte; durch Geschenke aus Meriko, den Grenzländern Tibets, Südarabien, Malacca u. #. w. erbielt das Museum gleihfalls einige Bereicherungen.

Das Kunstgewerbe-Museum erbielt wieder Zuwachs durch Erwerbungen von Bronzearbeiten, Geschirr, Fayence, Webereien und Stickereien. Von Arbeiten neuer Industrie verdient Erwähnung die auf Befebl Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin Augufte Victoria ausgestellte Brautsbleppe für Ihre Königliche ge die Prinzessin Luise, bergestellt unter Leitung des Profeffors 5. Ewald nach Zeichnung des Hrn. Timmler von der Kunststickerin Frau von Wedell ; ferner die Kassette, welche die Offiziere des General- stabes dem General-Feldmarshall Grafen von Moltke zum sßebzig- 1ährigen Dienstjubiläum widmeten. Dieselbe ist nach Entwurf des Trofeisors A. Süß in s{hwarzem Ebenholz ausgeführt vom Tis(ler

enßel, die gemalten Emaileinlagen rühren von Bastanier, die Metallbes{läge vom Ciseleur Lind her.

Auf Befehl Sr. Majestät des Kaisers und Königs wurden die Geschenke des Sultans von Marokko, bestehend aus Teppichen, Brokatstoffen, Waffen, Pferdegeschirren, Geräthen aus Metall, Leder und Seide, vom 2. April bis 22. Juni ausgestellt.

In der Unterrichtsanftalt betrug die Zahl der ausgegebenen Karten 581, die Zahl der Besucher 370; eine Ausstellung der Schüler- arbeiten fand im Oktober statt.