1889 / 275 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 18 Nov 1889 18:00:01 GMT) scan diff

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E L E.

4 Posen, 18. November. heute Mittag 11/5 Uhr geschlossen worden.

W'*esbaden, 16. November. (Wiesb. Presse.) JZhre Königliche Hoheit die Prinzessin Luise von Preußen

traf heute zu ständigem Aufenthalt hier ein.

Vayern. München, 16. November. (W. T. B.) Jn der Heute Sizung der Abgeordnetenkammer betonte bei der

erathung des Etats der Bodensee-Dampfschiffahrt der Referent Abg. vonSchauß: es sei eineinternationalePflihtOesterreichs, für den im Jahre 1887 niedergerannten bayerischen Dampfer „Stadt Lindau“ an den bayerischen Fiskus und an die Hinterbliebenen der dabei umgekommenen Bayern eine Entschädigung zu zahlen. Der Staats-Minister Freiherr von Crailsheim gab hierzu die Erklärung ab: die Regierung werde bei den neuerlichen diplomatischen Verhandlungen mit Oesterreih auch die Ansprüche der Hinterbliebenen nodbmals nahdrücklich wahrnehmen lassen. Hierauf wurde für einen neuen Salondampfer auf dem Bodensee die Summe von 290 000 #64 bewilligt. S2

Mecklenburg - Schwerin. Schwerin, 16. November. Den „Medckl. Nachr.“ wird aus Cannes gemeldet, daß es Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog in den legten Tagen wiederum etwas ua ging und daß die Kräfte ih heben, wenn auch der Gesundheitszustand noch keineswegs wieder als normal bezeihnet werden kann. Jhre Kaiserliche Hoheit die Großfürstin Wladimir befindet sich auch etwas besser, jedoch mat das Befinden noch viel Schonung nöthig.

Elsaß - Lothringen. Straßburg, 16. November. (Straßb. Post.) Bei der heute durch den Gemeinderath voll- zogenen Wahl eines Abgeordneten der Stadt Straßburg um Landes- Ausschusse von Elsaß-Lothringen wurde a blt Beigeordnete Hochapfel mit 21 gegen 2 Stimmen gewählt.

Oesfterreih-Ungarn. Wien, 16. November. (W. T. B.) Der König Milan von Serbien ist heute Nahmittag hier eingetroffen. Der bulgarishe Geheime Rath von Laaba, Chef der Kanzlei des Prinzen Ferdinand von Coburg, ist heute in Hizing gestorben. Der Bau: Ausschuß des niederösterreihischen Land- tages hat, wie die „Wien. Ztg.“ mittheilt, im Vereine mit dem Finanz-Ausshusse über die Petitionen, betreffend die pie des Donau-Elbe- und Donau-Oder- anal einen eingehenden Beriht vorgelegt, in welchem die dringende Nothwendigkeit der Herstellung von Wasserstraßen für billigen Massehntransport minderwerthiger Produkte dargelegt und dem-Landtage der Antrag unterbreitet wird, mit Rücksicht auf die vorwiegende volkswirthschaftliche Bedeutung des Donau-Oder-Kanals von der früher beschlossenen Bedingung der gleichzeitigen Herstellung beider Kanalprojekte ab- zusehen und sich an den Herstellungskosten des Donau-Oder-Kanals eventuell mit einem höheren als fünfprozentigen Beitrage zu betheiligen. Die K. K. Regierung soll dringend ersuht werden, den Bau eines von Wien ausgehenden Donau-Oder- Kanals möglichst zu fördern und eventuell eine Privatunternehmung au materiell p unterstügzen. Prag, 16. November. (Wien. Ztg.) Jn der Budget- kommission des böhmischen Landtages erstattete heute Abg. Mattus den Generalberiht. Die Gesammtausgaben betragen 11558 170 Fl, die Einnahmen 913 727 Fl., das Defizit per 10 644 443 Fl. soll dur eine Anleihe aus dem Domestikalfonds per 250 000 Fl. und dur eine Landesumlage von 39 Proz. gedeckt werden. Innsbruck, 16. November. (W. T. B.) Der tiro ler Landtag nahm heute mit 34 gegen 21 Stimmen einen Aus- \hußantrag an, durch welchen das Bedürfniß anerkannt wird, den italienishen Landestheilen von Tirol zur besseren Besorgung ihrer Angelegenheiten besondere Ein- ASB 4 der Organe der Selbstverwaltung zu- zugestehen. Demgemäß wurde der Landesausshuß beauf- tragt, zweckmäßige Erhebungen und die nothwendigen Ver- handlungen einzuleiten, sowie diesb Me konkrete Anträge von Seiten der Abgeordneten Wälsch-Tirols entgegenzunehmen. Triest, 18. November. (W. T. B.) Eine größere Anzahl von Offizieren des hier ankernden deutshenGeshwaders unternahm gestern früh mit dem deutshen Vize-Konsul und anderen hervorragenden Persönlichkeiten einen vom Vize- Admiral von Wiplinger veranstalteten Ausflug nach der Adelsberger Grotte. Der Eingang zu dieser war mit deutschen und österreichishen Flaggen und mit dem deutschen Reichswappen geshmückt. Jm größen Tanzsaal der festlih be- leuchteten Grotte, in welhem der Namenszug des Deutschen Kaijers unter einer Krone erglänzte, brate Vize-Admiral von Stri ein dreifahes Hoch auf Se. Majestät den Kaiser Wilhelm aus, welches begeistert aufgenommen wurde, eine Musikkapelle intonirte die Nationalhymne. Jm Grotten- raume „Belvedere“ waren die Jnitialen des österreichischen Kaisers mit der Krone von bengalishem Feuer be'euhtet. Hier brachte Kapitän zur See von Reiche ein dreifaches Hurrah auf Se. Majestät den Kaiser Franz Joseph aus, weiches ebenfalls herzlih erwidert wurde, während die Musikkapelle die österreihishe Hymne spielte. ola, 18. November. (W. T. B.) Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrih von Preußen und der Erzherzog Karl Stephan unternahmen vorgestern früh mit zahlreichen Gästen einen „Jagdausflug auf die Jnseln in der Umgegend von Pola. Abends fand im Marine-Kasino großes Concert und Tanz statt, an welchem die Erzherzogin Maria Theresia, a Heinrich von Preußen, die O Leopold und arl Stephan, sämmtliche Adwirale, Stabs- und Oberoffiziere, sowie andere distinguirte Persönlichkeiten Theil nahmen. Gestern fand bei Sr. N aOen Hoheit dem Prinzen einrih auf der „Jrene“ ein Dejeuner statt, an welchem die

zherzöge Leopold und Karl St , Flügel-Adjutant Major von Deines, der Hafen Admiral Ver Ss : i

Admiral Baron Pitner hatten die Erzherzogin Maria Theresia Prinz Heinrich von Preußen, dié oben enanntenErzherzöge,Ma jor von Deines, das Gefolge und zahlreiche deutsche und österreichische Offiziere Einladungen erhalten. Hierauf besihtigten die Herr- Malen die festlich erleuchtete Arena; später besuchten die- elben die Politeama Rosetti, wo eine Gala-Opernvorstellung stattfand. Se. U Hoheit der Prinz Heinrich is heute

l Der Provinzial-Land- tag der Provinz Posen ist nah Beendigung seiner Arbeiten

Brasilien aufbob, und ein eigentbümliches Verbängniß wollte, daß

diese {dönste That der Monarchie der Ausgangspunkt ihres Ver- derbers wurde.

(der Gegner der Sklaverei) war cine allgemeine Bewegung im ganzen Lande entstanden, welche besonders auch die Sklaven ergriff ; da diese eigentli nit verstanden, um was es sih zunächst handelte, und theilweise in dem Glauben waren, sie seien bereits frei, nur wollten ihre Herren sie nichk

on Pitner und die übrigen len f Tes Viele Zeitungen, die in leihtfertigster Weise

Contre-Admirale theilnahmen. Zu dem Diner bei dem Hafen: | der

über Mißhandlungen von Sklaven, besonders von Sklavinnen, über gewaltsame Wiedereinfanzung von entwicenen Negern u. \. w. ver- öffentlibten, machten für die Vorkommnisse die Behörden verant- wortlih, sodaß diese, eingeschüchtert, sih veranlaßt saben, nah und na den Besitiern ihren Schutz zu entziehen, und es unmöglih wurde, die Reger festzuhalten.

aufhob, anstardélos bewilligt. Im Anfang herrschte maßloser Jubel,

ning, Lord Carnarvon und Andere | Nothwendigkeit einer Reihsföderation. Schließlich wurde eine Resolution angenommen, welche sih für eine baldige Wieder- holung der im Zahre 1887 abgehaltenen Kolonialkonferenz ausspriht und die Reichsregierung ersuht, dieserhalb die nöthigen Schritte zu thun.

Dem Vernehmen nach soll das 1. Armee-Corps im Februar n. J. mit dem neuen Magazingewehr aus- gerüstet werden. Die Staatsfabriken in Enfield und Sparkbrook arbeiten volle Zeit, und auch einige Privat- fabriken haben von der Regierung Bestellungen auf Anferti- gung von Gewehrtheilen erhalten, die dann in Enfield später zusammengeseßt werden. Zur Herstellung der neuen Munition sind auch schon die nöthigen Bestellungen ertheilt.

Aus Hyderabad in Jndien, vom 15, November, wird telegraphirt :

Prinz Albert Victor von Wales îam beute hier an und wurde auf dem Babnhofe von dem Nizam empfangen. Große Volks- massen begrüßten den Prinzen mit Begeisterung. Bald nah seiner Ankurft stattete der Prinz dem Nizam und seinem Premier-Minister Besuche ab. Abends fand beim britisben Residenten ein großer Ball zu Ehren des boben Gastes statt, wel&em der Prinz beiwohnte.

Frankreih. Paris, 16, November. Jn der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer wurde, wie das „Journal des Débats“ meldet, bei der definitiven Wahl des Bureaus Floquet :7/;5p83 von 400 abgegebenen Stimmen zum Prä - sidenten. nf Kammer gewählt.

Schweiz. Bern, 17. November. (W. T. B.) Die heutige Volksabstimmung über das Bundesgeset, betreffend die Schuldbeitreibung und das Konkurs-

verfahren, hat, soweit bis jezt bekannt is, 236 000 Ja und 217 000 Nein ergeben.

Belgien. Brüssel, 16. November. (W. T. B.) Die Konferenz zur Berathung der Sklavereifrage wird am Montag, den 18. d. M., Nachmittags 2 Uhr, unter dem Vorsiy des Ministers des Aeußeren, Fürsten von Chimay, im Ministerium des Aeußeren zusammentreten.

Rumänien. Bukarest, 17. November. (W. T. B.) Das neue Kabinet ist gebildet und hat folgende Zusammen- seßung: Mano Präsidium und Jnneres, Lahovary Aeußeres, Rosetti Justiz, Ghermane Finanzen, General - Vladesco Krieg, Maryhiloman Arbeiten, Paucesco Domänen. Der bisherige Justiz-Minister Rosetti hat inter- imistish das Ministerium des Unterrichts übernommen. Heute fand die Vereidigung des neuen Kabinets statt.

Süd - Amerika. Brasilien. Ueber die in Rio de Janeiro ausgebrochene Revolution sind im „W. T. B.“ folgende weitere Telegramme eingegangen : Die „Western- und Brasilian - Telegraph- Company“ be- richtet aus Rio de Janeiro vom 15. November: Der vom Militär ausgegangêne Aufstand sei ein sehr bedeutender. Der Marinc-Ministéer liege chwer verwundet darnieder. Die Verkaufsläden der Stadt seien geshlossen und alle Ge- schäfte ruhen ; die Minister seien gefangen gesetzt.

Das provisori she Ministerium soll folgende Zu- sammensezung haben: Theodoro Fonseca, Minister-Präsident und Minister ohne Portefeuille; Arifiide Lobo, Jnneres; der Journalist Quintin Bacayura, Aeußeres; der Deputirte Dr. Barboza, Finanzen; Campos Salles, Justiz ; Benjamin Constant, Krieg; Contre-Admiral van der Holz, Marine ; Demetrio Ribetro, Ackerbau. Die Kammer is aufgelö, der Staatsrath abgeschafft.

__ Die provisorishe Regierung hat am Sonnabend Mittag ein Manifest erlassen, in welhem sie die Monarchie für abgeschafft erklärt und ihre Absiht kundthut, jede Un- ordnung vermeiden zu wollen. Das Manifest erklärt ferner: die provisorische Regierung babe aus den einzelnen Provinzen Brasiliens zahlreihe Zustimmungs- ‘und Anerkennungs- Erklärungen erhalten. Andererseits verlautet, die auf- rührerische Bewegung finde niht im ganzen Lande Anklang; die Provinz Bahia stehe derselben feindlih gegenüber.

_ Die neue provisorische Regierung übernahm die Garantie für die Sicherheit der Kaiserlichen Familie. Der Kaiser befand sich beim Ausbruch des Aufstandes in Petropolis. Am Sonntag Vormittag hat der Kaiser die Reise nahEuropa angetreten.

Nach über Paris eingetroffenen Nachrichten vom 17. d. M. aus Rio de Janeiro scheint die Mehrzahl der Provinzen der Gründung einer Föderativ-Republik zustimmen zu wollen. Der Finanz-Minister babe erklärt: alle Ver- träge und Abmachungen würden aufrecht erhalten werden. Die Bevölkerung verhalte \sich ruhig. Der Handel sei gelähmt.

Die portugiesische Korvette „Bartolomeo Diaz“ hat Seitens der portugiesishen Regierung Befehl erhalten, nah Brasilien in See zu gehen.

__— Ueber die Vorgeschihte des Aufstandes enthält die „Köln. Ztg.“ folgende thatsächlihe Mittheilungen:

Obgleich Brasilien als einziges monarchisches Vorwerk der neuen Welt rundum von Republiken, zum Tbeil blühenden Staatswesen, umgeben war, gab es, wern au Republikaner, so doch eine eigent- liche republikanishe Partei bis zum rorigen Jabr zit. Am 13. Mai 1888 wurde das Gesetz verkündet, das die Sklaverei in

Bereits dur die vorbergehende Propaganda der Abo!itionisten

losiassen, so liefen sie in vielen Sensationslust

: und meisters mit Wahrbeit

n6I Hintanseßung tagtäglih die s\chauderhaftesten

Geschichten

Dann wurde das Gesetz, welhes die(Sklaverei bedingungslos

nach Adelsberg zur Besichtigung der dortigen Grotte gefahren.

ein Freudenrausch ging durch das ganze Land. Aber bald sollte der

Großbritannien und Jrlaud. London, 16. November. (W. T. B.) Jm egyptishen Saale des Mansion House wurde gestern unter dem Vorsip des Lordmayors, Sir Henry Jsaacs, ein Meeting des neugegründeten City- zweiges der Reihs-Föderationsliga abgehalten. Lord Rosebery (der Präsident der Liga), E ade e A etonten die

Rückschlag kommen. Das Ge“eß vom 13. Mai 1888 so gerecht und nothwendig es vom Starèpunkt der Mers{lichkeit auch war hatte Tausende bisher wohlhabende Grundbesitzer des größten Theils ihres Vermögens beraubt. Ein Antrag auf Bewilli gung einer Ents&ädigung wurde von beiden Häusern der Volks vertretung obne Berathung abgelehnt. Troßdem \chien es Anfangs, als würde sich diese Umwälzung ohne größere Ershütterung dur(- führen lassen.

Doch es kam anders; nach der eingeholten Ernte verließen die ehemaligen Sklaven in großen Schaaren die Fazendas, zogen na den Städten oder im Lande umher, arbeiteten nur so lange, bis sie si eine Kleinigkeit verdient hatten, um dieses dann wieder zu vertbun, Der größte Theil der ehemaligen Sklavenbesitzer sah sih zu Grunde gerichtet.

Die Folge davon war, daß fie ihren ganzen Haß auf die Kron- prinzessin-Regentin und ihren Gemahl, den Grafen d’Eu, den sie für den geistigen Urbeber der Maßregel halten, und zuglei auf die Monarchie warfen, Diese zu Ende des vorigen Jahres berr\{ende Stimmurg benußten die Republikaner und brachten mit aller Mat eine republikanisde Agitation in Gang, wie sie in Brasilien bisher noch nit stattgefunden. Republikanishe Meiseprediger hielten überall Vorträge und gründeten Vereine. Zahlreide Beitrittserklä rungen fanden ftatt, hauvtsählih in den Provinzen Rio de Janeiro, Minas Geraes und Sao Paulo. Ein großer Theil der ehemaligen Sklavenbesitzer trat zu den Republikanern über.

Seit Anfang Mai und besonders seit Eintritt der Krisis im vor- leßten Ministerium wurde die Agitation immer beftigec, ja selbt leidensbaftli®; die drei grofen Tagetblätter „Paiz*, „Gaceta de Noticias* und „Diario de Noticias“ rihteten eigene Rubriken für die republikaniswe Propaganda ein und erklärten den Zusammersturz der Monarchie für unausbleiblih, der nunmehr thatsächlich erfolgt ist.

Der „Politishen Correspondenz“ wird über Paris ge- meldet, daß ter Umsturzversuch ausschließlich von einem Theile des Heeres ausgegangen sei. Der Gewährsmann der Correspondenz schreibt :

x Da Fonseca, der im Vereine mit Benjamin Constant an die Spitze einer provisorishen Regierung trat, ift General und Komman- dant einiger Tcuppenkataillone, die von dem früheren konservativen Kabinete wegen der in diesem Heereskörper zu Tage getretenen meuterischen Gelüste in eine entlegene Grenzprovirz Brasiliens verlegt, von dem gegenwärtigen liberalen Kabincte aber, das seit Juni dieses Jahres an der Spitze der Gescäfte steht, nah Rio de Janeiro zurückberufen wurden. Der Aufstand ist allem Anscheine nah von den Befeblsbabern dieser Truppen ins Werk gefeßt worden. Benjamin Constant ist seinem Berufe nah Professor.“

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (17.) Sißung des Reichstages, welcher die Staatssekretäre Dr. von Boetticher und Freiherr von Malgßahn sowie andere Bevollmächtigte zum Bundes- rath nekst Kommissarien beiwohnten, stand als erster Gegen: stand auf der Tagesordnung der mündliche Bericht d:r Kom- mission für die Geschäftsordnung, betreffend die Frage über die Fortdauer des Mandats des Abg. Dr. Bür klin. Der Berichterstatter Abg. Freiherr von Ellrihshausen beantragte Namens der Kommission: „zu erklären, daß das Mandat des Abg. Dr. Bürklin dur seine Ernennung zum Intendanten des Hof-Theaters in Karlsruhe nicht er- loschen sei.“ e B

Das Haus beschloß ohne Debatte diesem Antrage gemäß. Es folgte die Fortsezung der zweiten Berathung des Entwurfs eines Gesegzes, betreffend die Feststellung des Reichshaushalts-Etats für das Etatsjahr 1890 91, und zwar zunächst des Spezial-Etats: „Reihsamt des Janern“. Die Berathung wurde fortgeseßt mit Titel 12 des Kapitels 7a der fortdauernden Ausgaben (zur Unterhaltung deutscher Postdampferverbindung 4400000 M).

Abg. Richter regte die Aufhebung der australischen Zweiglinie von Sydney nach Tonga und Samoa an; der Verkehr auf dieser Linie sei außerordentlich gering und un- lohnend, und der „Norddeutsche Lloyd“ würde gewiß gern ein- willigen, von dieser Linie entbunden zu werden, zumal er au im Jahre 1888 troy des Reichszushusses niht einmal die Kosten der Fahrten nach Ost-Asien und Australien gedeckt habe. Weder finanziell noch kommerziell rechtfertige si die Aufrechterhaltung der Zweiglinie.

Abg. Broemel bezeichnete die Subvention als im Miß- verhältniß zu dem Verkehr auf den subventionirten Linien stehend; troy des in legter Zeit gestiegenen Verkehrs be- trügen die Kosten nach China, Japan und Australien im Jahre 1888 nur 161/2 Millionen Mark; was das Reich und der Lloyd zusammen zugeschossen, aber 51/, Millionen, also ein volles Drittel des ganzen Verkehrswerthes. Die Sub- vention sei also wirthschaftlih nicht gerechtfertigt. Wünschens- werth sei eine ausführlichere Statistik über den Verkehr auf den subventionirten Linien.

Staatssekretär Dr. von Boetticher wies auf die Steige- rung der Ausfuhr von Bremen nach Japan, China und Australien hin, die im Jahre 1885 nur 605 000 M, im Jahre 1588 aber bereits 20 151 000 M. betragen habe; es sei dies ein Mehr von fast 20 Millionen in drei Jahren. Zu bedenken ei dazu, daß die Subvention ja auf 15 Jahre gewährt sei, und es ape sich mit Bestimmtheit erwarten, daß ein weiterer Aufschwung der deutschen Ausfuhr eintreten werde; es sei bereits das dringende Verlangen nach Vermehrung der Verbindungen gestellt. Was die Forderung einer ge- naueren Statistik betreffe, so solle sie erfüllt werden, soweit niht nationale Rücksichten entgegenständen. Die Samoa-Zweiglinie habe eine große handelspolitishe Be- deutung nicht; sie sei aber mit den politischen Interessen Deutschlands in der Südsee verknüpft, und bisher habe das Auswärtige Amt auf die Aufrechterhaltung der Linie großen Werth gelegt. (Schluß des Blattes.)

1 If: der am Freitag stattgehabten Sitzung der Kotnmission für Berathung des Sozialistengeseßes wurde, wie nachträglich bemerkt sei, bei §8. 13 beshlossen daß die Beschwerde gegen Verbot a Feen Erscheinens einer Druckshrift aufshiebende Wirkung aben soll.

In der Sonnabent-Sißzung trat die Kommission in die Berathun des 8. 26 der Vorlage cin, welcher in dem Gesetz von 1878 Folgender» maßen lautet: „Zur Entscheidung der in den Fällen der 88, 8 und 13 erhobenen Beschwerden „wird eine Kommission gebiltet. Der Bundesrath wäblt vier Mitglieder aus seiner Mitte und fünf aus den Mitgliedern der höchsten Gerichte d.s Reichs oder der einzelnen Bundesstaaten. Die Wabl dieser fünf Mitglieder crfolgt für die Zeit der Dauer dieses Gesetzes und für die Dauer ihres Verbleibens im riter- [iden Amt.“ Die Regierung \{lägt dafür folgenden (nah Ausfall der früberen §8. 22—2% als 8. 22 nummerirten) Wortlaut vor: „Zur Ent- scheidung der in den Fällen ter §8. 8 und 13 erbobenen Beschwerden wird eine Kemmission mit dem Sitze in Verlin gebildet, Dieselbe besteht aus einem Vorsitenden und elf Mitgliedern. Der Kaiser ernennt den Vorsikenden und aus der Zakl der Mitglieter der Kom-

mission dessen Stellvertreter. Die Mitglieder der Koinmission werden von dem Bundesrath aus den Mitgliedern jun

höchsten Gerihte und Verwaltungsgerihte des Reihs oder dec einzelnen Bundesstaaten gewählt. Die Wabl der Mit- glieder erfolgt für die Dauer ihres Verbleibens im richterlichen beziehungsweise verwaltungsgerihtlihen Amte“. Nachdem ein Antrag des Abg. Kulemann: „Die Entscheidung über die erhobenen Be- \chwerden- erfolgt in den Fällen der §8§ 8 und 13 dur ein Reichs- Verwaltungsgeriht“ mit 16 gegen 9 Stimmen abgelehnt worden war, wurde der erste Saß der Regierungsvorlage mit 21 Stimmen an- genommen.

SZeitungsftimmen.

Der „Schwäbische Merkur“ kommt aus Anlaß der RücCkehr Jhrer Kaiserlichen Majestäten in die Heimath zu folgenden Betrachtungen : / s

„Mit freudigem Stolz darf das deutshe Volk sich sagen, daß ebensoweit, als die Reise des Kaisecrpaares si erstreckt hat, aud moralische Eroberungen des deuts@en Namens und neue Bürgschaften für den Frieden der Welt zu verzeihnen find. Und so mat sich aub am Ende der orientalishen Kaiserreise, die einen s{öônen Abschluß des vielbewegten Jahres 1889 bildet, die Thatsahe der nach einem Ausdruck des „Globe“ „seltsamen Jronie des Swicksals“ geltend, daß im Jahr der Jahrhundertfeier der französishen Revolution das monarchishe Wesen fester begründet er- sheint, als es in den leßten 100 Iahren jemals der Fall gewesen. Mit welher Tbeilnahme kat das ganze deutsche Volk seinen Kaiser auf dieser Reise begleitet, wie begierig hat es den Verlauf derselben verfolgt, die Nawrichten übec dieselbe ent- gegengenommen! Es ist so wie jenes Blatt sagt: „Die Träumer, welhe Gesibte sehen von Republiken, können, wenn es ibnen au noch so \chmerzli® sein sollte, do® der Einsicht sh nit verschließen, daß die gegenwärtige wie die jüngst vergangene Gescbichte Europas in einer Richtung sich bewegt, welche ibnen kaum eine Hoffnung übrig [äßt. Mag das beutige Europa für besser oder s{lechter gehalten werden als das vor einem Menschenalter, foviel steht fest, es ift geschaffen und wird auf- recht erhalten wesentlich dur die monar(isLe Regierungsweise. Eben in diesen Tagen war unfer Kaiser der Gaft des Königs von Ftalien, und am 14, November drückte er dem Kaiser von Oesterreich als treuum Bundesgenossen die Hand. Das legt uns die Frage nahe: wie stände es um die Verwirklihung der ita- lienisden Einheit chne den Könia Viktor Emanuel ? Was wäre die bunte Menge von Völkersbaften und Volkstbeilen, welhe zusammen Oesterrei - Ungarn genannt werden, und die wir in den leßten Tagen in so gewaltiger Erregung sich unter einander befehden seben, obne den bab2burgischen Kaiser, dessen Hand sie alle zusammenhält? Was wäre beute ' Deutschland ohne den greifen Kaiser Wilbelm I. und den jugendlihen Wil- helm II., deren einer für die nationalen Bestrebungen der feste Mittelpunkt war, der andere es is, um welchen die deutschen Staaten sich zusammerschlofsen und nun verbunden bleiben für immerdar ! Angesichts dieser Thatsachen gewinnen die Reisen unseres Kaisers, gewinnt zumal diese letzte Reise in das Morgenland mit ibren Begegnungen zwisGen Sukbtan, Kaiser und König erhöhte Be- deutung, und es kommt aus freudig bewegten Herzen, wenn das deutsche Volk seinem Kaiserpaar bei der Heimkehr zuruft: Willkommer in der Heimath !“

Zu der Monarchenbegegnung, welche am Donnerstag in Fnnsbruck stattsand, schreibt das „Prager Abend- blatt“:

„Die zahllosen Kundgebungen der Genugtbuung, der die Preffe über diese neuerlihe Bekräftigung der österreihish-deutschen Freund- \chaft Ausdruck gegeben, beweisen die ungetheilte Befriedigung über diescs Ereigniß. Nicht zu zweifeln ift daran, daß die Monarcten selbst von dieser Befriedigung erfüllt sind. Die Inns- brucker Kaiserbegegnung war auch noch von einer anderen Kundgebung begleitet, die in Triest stattgefunden, wo die Anwesenheit des deut- hen Geschwaders dem österreichis@en Seebezirks-Kommandanten einerseits und dem deutshen Kommodore andererseits Geiegenheit boten, in warmen Trinksprüchen die Freundscaft der beiden Staaten ¡u feiern. In den wiederbolien Bethätigungen der innigen Beziehun- gen, in denen die der Tripel-Allianz angehörenden Staaten zu einander tehen, ist nah wie vor die Stüße der Hoffnungen auf fernere Er- baltung des Friedens zu erblidcken“.

Den heute in Brüssel erfolgenden Zusammentritt der Antisklaverei-Konferenz begleitet die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ mit folgenden Worten:

„In den nächsten Tagen treten auf Anregung der belgischen Re- gierung die Vertreter der Staaten, welhe an dem Congokongreß von 1884/85 theilgenommen, in Brüffel zu einer Konferenz zusammen, die es sich zur Aufgabe malt, dur gemeinsames Vorgehen der betbeiligten Mäte auf die Auerottung der Sklaverei binzuwirken. :

Die Brüsseler Konferenz will mit dem Werk, welches sie beginnt, den in der Congoakte enthaltenen Vereinbarungen praktishe Bethäti- gung geben, indem sie den Unterzeichnern jenes internationalen Ver- trages die gemäß Erklärung 1] ter genannten Akte übernommene Verpflitung in das Gedächtniß zurückruft. Diese Verpfli@tung, welche allen in Afrika Souveränetätsrehte oder einen Ginfluß aus- übenden Staaten auferlegt ist, bezieht sich bekanntlich auf das Obligo der Vertragsmächte, den Sklavenhandel mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu bekämpfen und Diejenigen, die ihm obliegen, zu bestrafen.

Der Zeitpunkt, in welchem die Konferenz ihre Arbeit beginnt, ist ganz be- sonders geeignet, die Erwägung nahe zu legen, wie es ebenjowohl im Interesse der Civilisation und Humanität, wie der kolonialpolitischen und wirthschaftliven Raison liegt, niht länger einen Zustand zu ertragen, der auf die Dauer eine beständige Bedrobung der in Afrika mübsam geschaffenen Kulturwerke bedeuten würde i

Dem König Leopold Il]. gebührt von Neuem das Verdienst, den Impuls zu einem Werk der Kultur und| Gesittung gegeben zu haben, welches wiederholt Zeugniß dafür ablegt, wie sehr der genannte, von echt humanistishem Streben beseelte Vèonarch es als eine der \{öônsten Pflichten seines hohen fürstlihen Berufs ansieht, den Ge- boten der Ménschlibkeit und werkthätiger Näwitenliebe Achtung und Geltung zu ver\scaffen und die Segnungen der Civilisation auf den Welttbeil zu übertragen, der nach so verschiedenen Richtungen bin das Ziel europäischer Kulturbestrebungen ift, *

Das „Journal de St. Pétersbour g“ bedauert, wie „W. T. B.“ meldet, den Umsturz des Thrones Dom Pedro's von Brasilien und sagt: der Kaiser habe sich während seines wiederholten längeren Aufenthaltes in Europa Achtung und allgemeine Sympathie durch seine hervorragenden Eigenschaften erworben ; allerseits werde das Geschick, welches ihm die Undankbarkeit eines Theiles seiner Unterthanen soeben bereitet habe, lebhaft beklagt werden. Was Brasilien anbetreffe, so sei zu befürchten, daß das Land für lange Zeit Ordnung und Sicherheit verloren haben werde.

Statistik und Volkswirthschaft.

Viehberxport. : :

_ Der vollen Ausnuzung des für Schleswig-Holstein besonders wihtigen Erwerbszweigs der Viehgräserei steht, wie von dort ge- \hrieben wird, immer noch das von England erlassene Vieheinfuhr- verbot im Wege. Zwar ist das in Folge dessen zu erwartende Sinken der Viehpreise noch nit in dem Umfange eingetreten, daß dadur eine Schädigung der Landwirthe und Händler herbeigeführt worden wäre. Es kann aber die Befürchtung niht als ausgeschlossen be- trachtet werden, daß die Fortdauer des jeßigen Zustandes eine erheb-

lihere Stockung des Absatzes von Vieh und damit {were wirtb- \chaftlibe Nachtbeile für die Landwirtbschaft, den Handel und die Schiffabrt der Nordseeküste nah sich ziehen wird.

Wohlfahrtseinrihtungen.

Die Erben des Hrn. Oêëcar Shüll in Düren baben, wie das „Eo“ meldet, die beträhtlihe Summe von 60000 Æ zur Er- richtung einer Koch- und Haushaltungs\chule für Fabrik- arbeiterinnen, in Verbindung mit der von glei einsihtsvoller Munificenz gegründeten und bewährten Volksküche, gestiftet.

Zur Arbeiterbewegung. S

Ueber die Londoner Strike-Bewegung meldet die „Alg. GCorr.“: Nech immer wollen Strike und Strcikegeshrei in den Londoner Docks und den mit denselben verbundenen Gewerken nit verstummen. Die Arbeiter in den Tilbury Docks fordern, daß die Aufseher und Kommis sich ihrem Gewerkverein an- {ließen Letzteren ist dieses aber nah ihrem Vertrage mit den Dodlgefells@aften unmögli; überdies würden sie aller Krankengelder, Pensionen und sonstigen Vergünstigungen verlustig geben. Die Arbeiter kündigten an, daß fie einen Strike beginnen Des, falls die Aufseher und Kommis ihrem Ersu&en niht nach- ommen.

Die Folgen des Dodckarbeiterstrikes mahen fich den Schiffsrhedern bereits fühlbar; dieselben erklären, daß Tausende von Tonnen Fracht jährli dem Hafen von London entzogen worden sind. Ausländische Kaufleute ziehen vor, ihre für die Hauptstadt bestimmten Waaren zu Schiffe ra Hull und Harwich zu \{icken, als si neuen Verkehreftörungen, die jeden Augenblick eintreten können, au?- zuseßzen, Die gesteigerte Einnahme der von Hull und Harwih nach London fabrenden Eisenbabnen beweist allein zur Genüge, daß der Handel andere Wege eins{lägt. 4 australische mit Wolle befractete

Schiffe wollten in Grims8by ftatt in der Themse löschen, wo die |

Hafengebühren geringer sind. Außerdem liegt der Play den großen Mittelpunkten des fkontinentalen Wollhandels näher. Die Rheder beben mit Recht bervor, daß der Handel, wenn er sih einmal fort- gezogen bat, nit leit wiederzuerlangen ift. l

Es war Lord Brafsey's unermüdliHen Anstrengungen zu ver- danken, daß die Lichterleute cinen ¿wölfstündigen Arbeits- tag erhielten. Jett entsteht aber einc eigenthümlihe Streitfrage. Ist dieses Zeitmaß beweglich und richtet es sih na Eintritt der Fluth ? Dies ist die Auffassung der Meister, während die Leute wollen, daß der Arbeitstag an einem gewissen festen, unabänderlihen Zeitpunkt beginnen solle. Kübn oder trunken gemaät dur ihre bisherigen Erfolge, fordern die Lichterarbeiter, daß die Meister bis zum nächiten Freitag nabgeben, andernfalls das Allbeilmittel Strike _

Das Strikecomité der Bäckergesellen empfing am Freitag 140—150 weitere Zuschriften von Meistern, die die Forderung der Leute auf einen 10ftündigen Arbeitstag bewilligten, Jm Ganzen baben somit etwa 1509 Meister si gefügt. John Burns hat an diz Genossen nah Deuts{land telegraphirt, dafür zu foracn, daß der Zugang von Gesellen nah London möglichst verhindert werde. Das Comité beschloß, London für den Strike in 9 Distrikte einzutheilen. Wie dem „W. T. B.“ gemeldet wird, ift der Bäckerstrike am Sonnabend wirkli ausgebrochen, bat aber nur einen geringen Umfang ange- nommen, da viele Bäckermeister die Forderungen bewilligt haben.

Die Angestellten der „Road Car* Omnibus-Geseilschaft werden auch wahrscheinlih allernähît einen Strike beginnen. Die Leute verlangen einen 12stündigen Arbeitstag, 2 Stunden Ruhepause inbegriffen, und außerdem Extravergütung für die Bezahlung der Leute, weiche die Pferde umfpannen müssen, Reform der Kranken- und Unfallkafsen 2c. Die Kutscher der Ge!ellshaft erhalten 6 s täg- li, die Conducteure 3 s 10 d. Gegenwärtig gehören über zwei Drittel aller Angestellten der Gesellschast zum Gewerkverein. JIn- zwischen sind, wie „W. T. B.* berichtet, Unterhandlungen eingeleitet und der A u8 stand auf 8 Tage verschoben worden,

Land- und Forftwirthschaft.

Landes -Dekonomie- Kollegium.

Einen weiteren Gegenstand der Berathung in der vorgestrigen Sitzung des Landes-Dekonomie-Kollegiums bildete die Frage: „Ist die Berufung auf den öffentlihen Glauben des Grundbucis Dem- jenigen zu versagen, wel{er das Eigenthum oder ein sonstigez Ret von dem Eigenthümer oder eine Hypothek von dem Gläubiger ohne Entgelt erworben hat?“ Der Referent, Ober-Landeéëkulturgerichts- Rath Met (Berlin) befürwortete folgenden Antrag: „Das Landes- ODekonomie-Kollegium wolle beschließen: 1) Die Berufung auf den ffentlihen Glauben des Grundbuchs ift Demjenigen zu veriagen, welcher das Eigenthum oder ein sonstiges Recht von dem Eigen- thümer oder eine Hypothek von dem Gläubiger obne Entgelt erworben, 2) Ein solcher gutgläubiger Erwerber ift zur Herau8gabe des Grund- stückes nur gegen Vergütung aller auf dasselbe vor Eintritt der Rechts- bängigkeit oemahten Verwendungen verpflichtet; er hat jedoch ein Recht auf Vergütung der Verwendungen nur insoweit, als er nicht durch Nußungen, welde ihm verbleiben, bereichert ist.“ Nach kurzer Debatte gelangte diefer Antrag zur Annahme.

Hierauf wurde nah längerer Debatte folgender Antrag ter Kom- mission angerommen: „Das Landes-ODekonomie-Kollegium wolle be- \{ließen: 1) Der Anspruch auf Beseitigung der auf der Grerze stehenden Bäume muß fortfallen, wenn letztere die ausf{ließlihen Grenzzeichen find. 2) Der Eigenthümer eines Vaumes darf von dem Eigenthümer des Nachbargrundstücks nit ge¡wurgen werden können, Wurzeln, wele binüberragen. abzuschneiden, sondern er bat nur zu dulden, daß dieses dur den Eigenthümer des benachbarten Grundstücks geschieht. 3) Zu den Anlagen, welche nah §. 864 nicht kergestellt oder gehalten werden dürfen, weil ihre Benußung eine unzulässige Einwirkung auf ein Nachbargrundftück zur Folge zaben würde, find Baumschlagungen nit zu renen.“ E :

Zu der Frage: „Entsprehen die Vorschriften über sogenannte Notbwege in Verbindung mit dem Vorbehalt im §. 866 dem Be- dürfniß der Landeskultur ?* befürwortete Landes-Direktor Krein (Düfseldorf) folgenden Vorschlag: „Das Landes-Dekonomie-Kollegium wolle beschließen: Die Beschränkungen des §. 863 des Entwurfs für die Gestattung des Nothweges gehen insofern zu weit, als 1) der Nothweg nur für die bitherige crdnungsmäßige Benuzung ge‘tattet, 2) ter Verbindung mit einem öffentlichen Wege nicht die Verbin- dung mit einer Wasserstraße oder Gisenbahn gleidgeftellt und endlich 3) der Nothweg alsdann versagt wird, wenn der Nothstand von dem Rechtsvorgänger vorsäßlich oder fabrlässig verursacht worden ist.“ Nach kurzer Debatte gelangte dieser Antrag zur Annahme.

Auf Befürwortung des Ober-Landeskulturgerihts-Ratbs Siber (Berlin) wurde ferner beshlossen: „Das LandesDekonomie-Kollegium erklärt: Im Fall des § 867 if der Eigenthümer der Sache zur vorgängigen Sicherheitsleistung nicht zu verpflichten“. E

Ober-Landesgerichts-Rath Struckmann (Berlin) trat für fol- genden Antrag ein: „Das Landes-Oekonomie-Kollegium wolle beshliefen: Die Ausschließung der Ersißzung als Erwerbsart des Grundeigenthums ift rüdsihtlih der nihtgebuhten und der vom Buchungszwange be- freiten Grundftücke nicht gerechfertigt.“ ;

Geheimer Regierungs-Rath Dr. Hermes (Berlin) beantragte, den Vorschlag folgendermaßen zu fassen: „Die Ausschließung der Ersizung als Erwerbs8art des Grundeigenthums ist rücksihtlih der nicht oder mehrfach gebuhten und der vom Buungs8zwange befreiten Grundstücke nicht gerechtfertigt.“ Der Vorschlag gelangte s{chließlich in dieser veränderten Fassung zur Annahme. : ,

Es folgte ein Antcag, betreffend die Aufnahme einer Bestimmung in den Entwurf, wona die Auflassung außer vor dem zuständigen Grundbubamt auch vor einem deutswen Notar gestattet sein soll. Die Mehrheit der Kommission bat jedo diesen Antrag abgelehnt.

Landes-Direktor Krein (Düsseldorf) nahm nunmehr diesen Antrag wieder auf und bemerkte: Die beantragte .Beslimmung bilde zur Zeit bereits in Bayern und im Bezirk tes Ober-Landesgerichts zu Köln geltendes Ret; sie sei aus einem praktishen Bedürfniß hervor-

gegangen. Die große Parzelirung des Grundbesitzes, die daraus ent-

springenden verwickelten Verhältnisse, sowie die oftmalige große Ent- ferrung der Parteien von dem Sitze der Amtsgerichte würden auch in Zukunft den Abschluß der Kaufgeshäfte vor dem Grundbuthrihhter fo erschweren, daß. in der Regel ein notarieller Vertrag nit werde ent- bebrt werden fönnen. Es würde zu einer namentli für kleinere Objekte äußerst drückenden Häufung der Kosten, sowie zu einer großen Belästigung der Vertrages(ließenden führen, wenn neben dem n0o- tariellen Aft noch die Auflafsungserklärung vor dem Grundbuchamt erfolgen müßte. In ähnliher Weise äußerte ih Rittergutsbesißer von Bem- berg (Flamersheim, Rheinprovinz), der folgenden Antrag f\tellte: „Das Landes-Oekonomie-Kollegium wolle beschließen :*dahin zu wirken, daß eine Bestimmung in den Entwurf des bürgerlihen Geseßbuhs aufgenommen werde, wonach die Auflafsung ale vor dem zustän- s T E aub vor einem deutshen Notar geitattet ein joll,“ Der Präsident des Ober-Landeskulturgerihts Gla tel (Berlin) wandte sich gegen diesen Antrag, während der Gebeime Ober-Regie- rung8-Rath Dr. Thiel (Berlin) dafür eintrat. Der Antrag wurde \chließlich abgelehnt und die Sitzung sodan auf beute vertagt. Der heutigen Situng wobnte der Staatésekretär des Reichs- Iustizamts, Dr. von Oeblschläger bet. Den ersten Gegenstand der heutigen Tageéordnung bildeten die Fragen: 1) Welche Stellung bat das neue Gesezbuch der aus landwirtbschaftliben Kreisen erhobenen Forderung gegenüber: „daß für die ländlihen Grundstüde nur die Belastung mit unkündbaren Renten als einzig zulässige Form der Belastung zu- gelafsen werde“, einzunehmen? 2) Ist das Inftitut der auf Grund- stücken ruhenden festen Geldrenten in der Richtung näher auszuge- stalten, daß die Forderung des MRentenbere&tigten (Rentenkäufers) eiwa durch Einführung von Rentenbriefen verkebréfähig gemahht wird ? Der Referent, Landesdirektor Klein (Düsseldorf) befürroortete folgenden, von der Kommission vorges{lagenen Antrag: „Das Landes-Dekonomie-Kollegiuum wolle befchliezen: 1) Im Hinblick darauf, daß die Belastung des ftädtiswben wie ländlihen Grund- besißes sh in ganz Deutschland in der Form der Kapital- bypothek bis jezt vollzogen hat, und in Anbetracht, daß diese VBelastungsform wenigstens für die städtishen Grundstücke unter allen Umitänden auch für die Folge allgemein üblich bleiben wird, mußte €s als nächste Aufgabe betrabtet werden, die Belastung der Grundstücke in Form der Kapitalschuld g-]eßli® zu regeln, und er- scheinen die bezüglichen Bestimmungen des (Entwurfes im Allgemeinen zweckmäßig und dem Bedürfnisse des Verkehrs entiprecbend. 2) Da indessen die Kapitalbypothek der Natur des landwirtb- \chaftlicen Betriebes weniger entspriht und, wie die Er- fabrung gezeigt bat, Teiht zur Üeberlastung des ländlihen Grund- besißes mit Sulden führt, fo erscheint es dringend wünschen#werth, daß das neue Veseßbuch, der aus landwirtbschaftlichen Kreisen gegebe- nen Anregung folgend, auch die der Landwirths{aft zusagendere Form der Grundvers{uldung mittels unkfündbarer Renten weiter aus- bildet, als dieses durch §. 1051 des neuen GBeseßbuches und Ar- tikel 70 des Einführungsgesetes geschehen ift, inébesondere ist die Rentenforderung durch Einführung von Rentenbriefen verkehrtfähig zu machen. 3) Die aus landwirtbschaftlihen Kreisen weiter an- geregte Frage, ob die Kapitalbypothek für den ländlichen Grundbesiy geseßlich zu beseitigen und hierfür als aus[ließlihe Belastungsform die Seitens des Gläubigers unkündbare Rentensculd zuzulassen sci, gebört mehr dem wirtbschaftlihen wie dem rebtlihen Gebiete an. Die daran geknüpften Hoffnungen kann das Landes- Oekonomie-Kollegium in keiner Weise theilen. Auch würde diese Frage jedenfalls nur unter eingehendster Abwägung der mit einer folhen zwangSweisen Reform des läntlihen Kreditwesens vers bundenen rwirtb\{aftliwhen Vortheile und Nachtbeile, sowie unter sorg- fältiger Berücksicktigung der Schwierigkeiten und Gefakbren des Ueber- ganges von der bestehenden Kapital: zur Rertenversiherung und der zur Beseitigung dieser Gefahren unerläßlihen Einrichtungen gelöst werden. Die En!scheidung über dice, zur Zeit wenigstens noch nicht spruchreifen, wirthschaftlihen Fragen fann nit als Aufgabe des neuen deutshen Geseßbucbes betrachtet werden; es genügt vielmehr, wenn letzteres die Grundrers{huldung in Form der Rentenshuld neben der Kapitalschuld geseßlih in ausreibender Weise regelt und alsdann dem Verkehr jowie nöthigenfalls der Sondergesezgebung die Umwandlung der Kapitalshulden in Rentenshulden für den ländlihen Grundbesiß überläßt.“

Die Disku!sfion bierüber nabm eine größ:re Ausdehnung an und war bei Schluß des Blattes noch nicht beendigt. ;

Maul- und Klauenseuqche.

Nah einer Zusammenstellung der „Nordd. Allg. Ztg“ waren zu Ende vorigen Monats feucchenfrei nur Berlin, die Regierungs- bezirke Stralsund, Stade, Osnabrück, Aurich, Münster, Koblenz und Aachen, fowie die Provinz Schles8wig-Hol stein und die Hohenzellernschen Lande.

Saatenstand im Königreich Sacsen.

Ueber den Saatenstand im Königreih Sachsen Ende Oktober berihtet die „Säcsiscve landwirtbschaftlibe Zeitschrift": Die kühle, nafse Witterung der zweiten Hälfte des Septembers bebauptete sh bis gegen Mitte Oktober, von wo ab dann s{önstes Herbstwetter eintrat. Dieser Witterunz entsprechend verzögerten si die Beendigung der Herbstbestellung und das Einbringen der Hadckfrüchte, während die günstige Witterung der zweiten Monatshälfte das Versäumte nur theilweis nahholen ließ. Die vorberige Feucbtigkeit und die darauf- folgende Wärme begünstigten den Stand der zeitig bestellten Saaten ungemein, sodaß stellenweis über zu üppig entwidelte Saateu berichtet wird, während in nassen Lagen und auf nit drainirten Feldern die- selben lückentaft aufgelaufen und gelb geworden sind.

Sanitäts-, Veterinär- und Quarantänewesenu.

Portugal Dur eine im „Diario do Governo“ Nr. 250 vom 5. November 1889 veröffentlihte Verfügung des Königlich portugiesisben Ministe- riums des Innern ist der Hafen von Pará seit dem 5, Oktober d.iJ. vom gelben Fieber für „verseucht“ erflärt worden. Rußland. . Zufolge einer Bekanntmachung des Stadthauptmanns zu Odefsa (Amtsblatt vom 5. November/24. Oktober 1889) follen Schiffe, welche im Hafen von OdessaZaus der Pest oder der Cholera verdâthtigen Gegenden an?ommen, und auf welchen während der Reise oder der Observation na Ankunft in Odessa Pest, Cholera oder andere ver- dâchtige EGrfrarfungen vorgekommen sind oder vorkommen, nah Theodosia in Quarantäne beordert werden. Alle anderen Schiffe aus den gedachten Gegenden fönnen die angeordnete Observation im Hafen von Odessa abhalten.

Handel und Gewerbe.

(W. T. B) In der heutigen Generalversammlung der Berliner Handelsgesellschaft, in welher 6544 Antheile vertreten waren, wurde die Erböbung des Kommandit-Kapitals der Gesellschaft um 10 Millionen Mark Nominal, mithin auf 50 Mil- lionen Mark nach dem Antrage der Verwaltung beschlofsen und der Mindeitcours für die auszugebenden Kommandit-Antheile auf 150% festgeseßt. Es sollen hiervon 8 Millionen Mark Nominal den Kommanditisten derart zum Bezuge angeboten werden, daß auf je 5000 # alter Kommanditantheile ein neuer An- theil\hein von 1000 M zu 150 %/0 erboben werden kann; an dem aùs der Realisirung der restlichen 2 000 000 4 Nominal über den Ueber- naÿmepreis von 159 %/ hinaus zu erzielenden Gewinn wird die Ber- liner Handelszesellshaft betheiligt sein, und wird dieser Gewinn» antheil sowi: das Agio von 50 9/0 dem geseßlichen Reservefonds zus

geführt werden,