mann von Klißing, Dag Seeimeilier Freiherr von der Reck, Graf T\chirs{ky - Renard, Graf Saurma - Laskowiz, Graf Saurma- Jeltsch, Graf York von Wartenburg, Landrath von Puttkamer und Dberst-Lieutenant von Müller. Vom Kaiserlißen Gefolge nahmen Theil : der Minister des Königliben Hauses von Wedell, die Flügel- Adjutanten Major von Zipewip und Kapitän zurSee Freiherr von Senden- Bibran. Die Iägerei stand unter der Leitung des Vize-Ober-Jäger- meisters vom Dienst, Freiherrn von Heintze, dem bei Ausführung der Jagd Forstmeister Richter und Oberförster Kloer zur Seite standen. Die Iägerei empfing den Kaiser mit dem „Waidmannsruf“. Nach- dem Se. Majestät fih noch einige Zeit mit feinen Iagdgäfsten unter- halten hatte, ward das Zeichen zum Beginn der Jagd gegeben. Das Sagdgebiet lag auf dem rechten Ufer der Oder. Etwa gegen 9} Uhr wurde die Jagd eröffnet, und der erste Trieb auf Fajanen begann. Es wurden zwei Standtreiben auf Fasanen und eine Hasenstreife abge- halten. Als recht ergiebig erwies sich die Fasanenjagd. Die Standlinie der Jäger war derart aufgestellt, daß der Aller- bödhste Jagdberr von der Mitte der Linie aus vorging. Zur Rechten und Linken Sr. Majestät befanden sich abwechselnd Herzog von Ratibor, Fürst Hagfeldt, Fürst Lihnowsky, Prinz Friedri Wilbelm zu Hobenlobe- Îugelfingen, Graf York von Wartenburg u. f. w. Mehr- fab gab der Kaiser seine hohe Befriedigung darüber zu erkennen, daß die Jagd von so prächtigem Wetter begünstigt sei. Gegen 12 Uhr Mittags wurde die Jagd abgebrohen und man begab sich nach dem am jenseitigen Ufer gegenüber von Linden errichteten Jagdzelt. Dort war Seitens der Königlichen Hofküche ein Frühstück bereitet worden. In der ungezwungensten und leutseligsten Weise verkehrte Se. Majestät mit den Gâsten in beiterer Unterhaltung. Die Musik ftellte die Kapelle des Husaren-Regiments von Sill. Kurz nach 1 Uhr wurde die Tafel aufgeboben und die Jagd fortgeseßt. Es fanden dann Fafanentreiben und Hasenstreifen statt. Gegen 3 Uhr war der leßte Trieb beendet, der eine besonders anstrengende Feldstreife über Sturzaker im Schnee war. Es wurde bierauf die Strecke bereitet und von dem Kaiser und der Jagdgesellshaft besichtigt. Alsdann ertönte das „Hallali“ der JFägerei. Der Kaiser spra den Leitern der Jagd seine Befriedigung aus und entbot der Jägerei ein „Waidmannsheil“. Nachdem der Kaiser das Zeichen zum Aufbruch gegeben hatte, bestieg Allerhôöchstderselbe sowie die Jagdgesellschaft die bereitgehaltenen Wagen, und nun ging es wieder in kurzem Trabe der Stadt zu. Einige Minuten nach 4 Uhr langte der Kaiserliche Wagen an der Oderbrücke vor Oblau an. In der Stadt hatten inzwischen die Bewohner noch Alles aufgeboten, um die Straßen, welche der Kaiser auf der Rückfahrt berühren sollte, prächtig zu \chmüden. Vor den dur&weg mit Flaggen geschmüdckten Häusern waren Tannenbäume aufgestellt worden; an dem Postgebäude war eine mit Jagdbildern autgestattete Ebrenpforte errihtet. Viele Hâufer er- glänzten in hellem Lichterglanze. Als der Kaiser in der Stadt an- langte, ertönten die brausenden Hurrabs der jubelnden Menge; die Musikcorps der spalierbildenden Kriegervereine ließen patriotische Weisen erklingen. So pflanzte sih der Iubel fort bis zum Bahn- hofe. Nach kurzem Aufenthalt in dem \{chön ges{chmückten Wartesaale und nachdem sih das Gefolge gesammelt hatte, bestieg der Kaiser, begleitet von dem Major von Zißewitz, den Salonwagen. Fünf Minuten vor halb fünf Übr setzte si der Kaiserliche Sonderzug unter anhaltenden Hochrufen der Bevölkerung in Vewegung.
-6
— Jhre Majestät die Kaiserin und Königin Friedri begab Sich, wie „W. T. B.“ berichtet, am Sonn- abend Nachmittag 1 Uhr in Begleitung des Kommandanten der „Surprise“ von Messina nah Taormina, um die dortigen Alterthümer zu besichtigen. Die Rüdkehr war auf 7 Uhr 20 Min. Abends festgeseßt, worauf die Weiterfahrt erfolgen sollte,
— Der General-Feldmarschall Graf von Molt ke, Präses der Landes - Vertheidigungs- Kommission und. Chef des Kol- bergshen Grenadier - Regiments Graf Gneisenau (2. Pom- merschen) Nr. 9, ist von Preetz hierher zurügekehrt.
— Der bisherige Gerichts-Asessor Klo\ch zu Naum- burg a. S. ist nah Uebernahme in die allgemeine Staats- verwaltung zum Regierungs-Assessor ernannt und der König- lihen Regierung zu Potsdam überwiesen worden.
— S. M. Kreuzer-Korvette „Carola“, Kommandant: Korvetten-Kapitän Valette, ist am 29. November in Bombay eingetroffen.
# Görlitz, 29. November. Die gestrige dritte Sißzung des Kommunal-Lan dtages der preußischenDberlausiß wurde von dem Vorsitzenden, Landeshauptmann und Landes- Aeltesten Grafen von Fürstenstein, mit der Mittheilung er- öffnet, daß der Ober-Präsident Dr. von Seydewiß wegen dringender Dienstgeschäfte den Landtag verlassen habe. Es wurde darauf in die Tagesordnung eingetreten, auf welcher als erster Gegenstand der Verwaltungsbericht der Direktion der Oberlausißzer Provinzial-Spar- kasse stand. Aus diesem Bericht entnahm der Landtag mit Befriedi-
ung, daß die Verwaltungsergebnisse des Jahres 1888 sehr günstige And. daß aber infolge des Zurücckganges des Zinsfußes die Spar- kassenverwaltung der Frage näher treten müsse, ob nicht bei der starken Zunahme der Spareinlagen eine Herabsezung des Zinsfußes bezüglih der neuen Spareinlagen von 3!/z Proz. auf 3 Proz. geboten erscheine. Nach eingehender Diskussion der obwaltenden thatsählihen Verhältnisse, wozu auch gehört, daß die Stadt Görliß bezüglih der gesammten Spareinlagen die Zinsherabsezung auf den 1. April 1890 festgeseßt hat, beshloß der Landtag, das Direktorium der Oberlausfizer Spar- fasse zu ermächtigen, den run der neuen Spareinlagen auf unter 31/, Proz. zu ermäßigen, sobald dieselbe den Zeitpunkt ierfür gekommen erachte. Demnächst bestätigte der Landtag die in Folge eingetretener Veränderungen erforderlih gewordene Er- nennung von neuen Kuratoren und Rendanten einzelner Neben- Spatkassen und ging sodann zu einer Reihe anderer Vorlagen,
welhe Gesuhe um Beihülfen von Gemeinden u. \. w. be- treffen, über. Ferner beshloß der Kommunal-Landtag, zu der von der Schlesischen Provinzial-Verwaltung gewährten Sub- vention für die Errichtung eines Kaiser Wilhelm- Denkmals in Breslau, welhe aus der Sthlesishen Pro- vinzial: Darlehnskasse, an der die Oberlaufißz keinen Antheil hat,
entnommen wird, einen Beitrag zu A Damit war die Tagesordnung für die gestrige Plenarfizung erledigt.
Frankfurt a. M., 1. Dezember. Der Magistrat hat, wie wir aus der „Frkf. Ztg.“ ersehen, nachstehenden Aufruf an die Bürger- und Einwohnerschaft Frankfurts erlassen :
Se. Majestät der Kaiser und König wollen am 9. De- zember unsere Stadt mit dem ersten Besuche nah Allerhöchstihrer Thronbesteigung beehren. Mit froher Erwartung sieht die gesammte Bürgerschaft diesem bedeutungsvollen Tage entgegen. Unserem erhabenen Kaiser und König freudige, Huldigung und Ver- ehrung darzubringen, ift unser Aller Wuns. Wir brauchen unsere Mitbürger nit besonders zu bitten, in allen Straßen dur reihen Schmuck und Beleuchtung der Häuser unserem Kaiser und König einen festlihen Empfang in der alten gastlihen Kaiserstadt zu be- reiten! Se. Majestät werden nach der um 1 Uhr Mittags statt- findenden Ankunft durch die neu zu eröffnende Verlängerung
der Kaiserstraße zur Stadt fahren, an deren Eingang die
städtishen Behörden zum Empfang versammelt sein werden. Die Fahrt wird sodann durch die Kaiserstraße, über den Roß- markt (wo eine Begrüßung durch Vertreter von Handel und Ge- werbe, Kunst und Wissenschaft stattfinden wird) durch die Zeil uad Fabrgafse nach dem Dom, von hier über den alten Markt nach dem
ômer und von da vielleiht über die Neue Kräme und Liebfrauen- straße na dem Postgebäude stattfinden. Es ist indefsen nicht un- wahrscheinlich, daß Se. Majestät vom Römer aus noch andere Sehenswürdigkeiten, etwa den Hafen, besichtigen und zu diesem Behuf die Neue Kräme, Liebfrauenstraße, Kaiser- und Friedens- straße sowie den Mainkai passiren werden. Hierüber behalten wir uns nähere Mittheilung vor. Gegen 5 Uhr wollen Se. Majestät Sich von dem Postgebäude über die Zeil, Hauptwabe, Steinweg, große Bodcenheimergafse und Bockenheimer Landstraße nah dem Palmengarten zu dem von der Stadt angebotenen Festmahl Es um 7 Uhr die Festoper besuchen, nach deren Beendigung die Heim- reise angetreten werden soll. Wir sind sicher, daß nach dem Vorbilde früherer festliher Gelegenheiten der 9. Dezember sih zu einem Ehren- tag für unsere Stadt gestalten wird. Frankfurt a. M., den 1. Dezember 1889, Der Magistrat. Miquel.
Sigmaringen, 2. Dezember. (W. T. B.) Se. Hoheit der Fürst und Jhre Königliche Hoheit die Fürstin von Hoe nzollern find nah Capri zum Winteraufenthalt ab- gereist.
t Sachsen. Dresden, 30. November. Der König hat, wie das „Dresd. Journ.“ amtlich bekannt macht, den Kammerherrn Grafen Hans Joachim von Wallwiß zum Gesandten am Wiener Hofe crnannt.
"Württemberg. Stuttgart, 1. Dezember. Das „Ulm. Tgbl.“ schreibt: Gutem Vernehmen nach begeht das Grenadier- Regiment König Karl Nr. 123 am 19. Dezember die Feier der jährigen Regiments-JFnhaberschaft Sr. Majestät des Königs mit einer großartigen Festlichkeit. Die Einladungen an Jhre Majestäten den König und die Königin sind bereits ergangen, ebenso an die es Commandeure, Offiziere des Regiments 2c. Die Vorberei- tungen für das Fest werden jeßt hon aufs eifrigste betrieben.
Baden. Karlsruhe, 29. November. Jn der heutigen Sißung der Zweiten Kammer wurde, wie bereits erwähnt, eine Fnterpellation von Seiten einiger Mitglieder des Centrums angekündigt, untershrieben von dem Abg. Buol und Genossen, die Zulassung der Niederlassung von Klöstern betreffend, mit der Anfrage, welche Stellung die Regierung zu der Frage einnehme. Darauf wurden Namens der Budgetkommission die Berichte über die Rech- nungsnahweisungen des Großherzoglichen Ministeriums der Justiz, des Kultus und Unterrichts für 1886,87 er- stattet, und zwar im ordentlihen und außerordentlichen Eiat über die Ausgabetitel I Ministerium, Il Dber- Landesgericht, IIT Landgerihte, TV Staatsanwaltschaft, V Amtsgerichte, VI Allgemeine Ausgaben für die Rechts- pflege, XI Allgemeiner Remunerationsfonds und XIT Ver- schiedene und zufällige Ausgaben, sowie den Einnahmetitel I Justizverwaltung; über den Ausgabetitel VIT und e êitel 11 Strafanstalten; über die Ausgabetitel VIIT Kultus, IX Unterrichtswesen und X Wissenschaften und Künste, sowie über Einnahmetitel IIT Unterrihtewesen. Zu Titel IX der Ausgaben und Titel IIT der Einnahmen führte der Berichterstatter , E Fieser, in eingehender Begründung aus, die mission sehe \sich veranlaßt, zu beantragen, die Anlageni der Großherzoglichen Ober- Rechnungskammer zu diesen Titeln als durch die der Kom- mission gegebenen Erklärungen der Regierung erledigt zu erklären, nahdem die Kommission die Ueberzeugung gewonnen, daß Seitens der Regierung hinsihtlich zweier — allerdings sehr erheblicher — Budgetübershhreitungen Alles geschehen sei, was verlangt werden könne. Den Ausführungen des Bericht- erstatters schloß sih der Abg. Friderih an, unter besonderer Hinweisung auf §8. 15 des Ausgabetitels IX, der eine Ueber- shreitung des budgetmäßigen Ansatzes von 33000 # für die Erweiterung des anatomishen Hörsaals der Univerfität Freiburg um 24273 M 82 F feststelle. Er mißbilligte auf das Entshhiedenste das Vorgehen der bauleitenden Behörde, gab aber zu, daß nach den wvernommenen Erklärungen die Regierung, die das Verhalten des betreffenden Beamten auch durch Verseßung im Disziplinarwege geahndet, das Erforderliche gethan habe. Bei den übrigen Titeln ergriff Niemand das Wort. Den Anträgen der Berichterstatter ent- sprechend, erklärte das Haus sämmtlihe Titel für un- beanstandet und die bei Titel 1X der Ausgaben und IIT der Einnahmen gemachten Anmerkungen der Großherzoglichen Ober-Rechnungskammer als durch die Erklärungen der Regie- rung für erledigt.
Sachsen-Meiningen. Meiningen, 29. November. Dem Landtage des Herzogthums Meiningen ist der „Köln. Ztg.“ zufolge eine Vorlage zugegangen, welhe dem Verein zur Begründung und Unterhaltung einex Arbeiter- kolonie in Thüringen ein unverzinslihes Darlehn von 27000 # unter der Bedingung hypothekarischer Sicherstelung bewilligt wissen wil. Zu dem behufs Errichtung der Kolonie erfolgten Ankauf des Rittergutes Geilsdorf bei Stadtilm hat das Brod erzog an Weimar 40 000 Æ, das Herzogthum Coburg-Gotha 25 000 #, das
erzogthum Sachsen-Altenburg 20 Á, das Fürstenthum chwarzburg:Rudolstadt 10 500 #Æ, Schwarzburg-Sonders- Wie 9000 # und Reuß ä. L. 6000 Æ beigesteuert. Das ürstenthum Reuß j. L. besizt selbst eine derartige Ein- rihtung.
Sachsen - Altenburg. Altenburg, 28. November. (K. Z.) Jn der gestrigen Sißung des Landtages wurden nah einer lebhaften Erörterung die Wahlen sämmtlicher Abgeordneten des zweiten Wahlkreises, welcher die Städte des Ostkreises, Ronneburg, Shmölln, Lucka, Gößnig und Meusel- wig umfaßt, für ungültig erklärt. Zur Leitung der Nach- wahlen ist vom Ministerium bereits ein Kommissar bestelt worden. Der Grund der Ungültigkeitserklä- rung ist darin zu suhen, daß an dem Tage, an welhem in Gößnig . die Wahlen stattfinden, sollten, der Wahlkommifsar niht zur rechten Stunde erschienen war und dadurch möglicherweise das Wahlergebniß verschoben worden ist. Jn der nämlichen Sißung gab der Landtag dem Nachtragsvertrage zu dem Staatsvertrage über die Bildung der Shwurgerichtsbezirke im Ober-Landesgerichtsbezirk Jena seine Zustimmung.
Reuß ä. L. Greiz, 30. November. (+) Jhre Durh- lauchten der HLEE und die Fürstin haben ih gestern gegen
Schaumburg - Lippe Mittags die RüCreise nach |Bücke- burg fortgeseßt hatten.
Elsaß - Lothringen. Straßburg, 30. November. Gelegentlih einer Abendgesellshaft beim Präsidenten des z. Z. hier tagenden Landwirthschaftsraths, Baron Hugo Zorn von Bulach, brachte nah der „Str. Corr.“ der Kaiserliche Statthalter Fürst zu Hohenlohe folgenden Trinkspruch aus:
„Indem ih dem Herrn Präsidenten des Landwirthschaftsraths meinen Dank für seine freundlihe Begrüßung ausspreche, benuße ih mit Veranügen die Gelegenheit, zu konstatiren, daß der Landwirth- \{aftsrath nach nun fast zweijährigem Bestehen den Beweis geliefert hat, daß er seiner Aufgabe gewachsen ist und den Zwe erfüllt, für den er geschaffen wurde. Es zeigt sich mehr und mebr, daß ein Organ für Berathung landwirthschaftliher Angelegenheiten eine Nothwendigkeit war, und daß es, wie die heutige Berathung wieder bewiesen hat, gute Früchte trägt. Und wenn der Austausch der Anshauungen ¿wischen der Regierung und den Landwirtben gute Erfolge erzielt bat, fo ver- danken wir es der tüchtigen und umsihhtigen Thätigkeit des Land- wirth\chaftsraths und feines vortrefflihen Präsidenten. Ich lade Sie ein, auf das Wohl des Landwirthschaftsraths und seines Prâäsi- denten das Glas zu leeren. Sie leben ho!“
Oesterreich - Ungarn. Wien, 30. November. (Prefse.) Se. Majestät der Kaiser wird am 3. Dezember aus Gödöllö hier eintreffen. Am 4. Dezember, Vormittags, wird auch Ihre Majestät die Kaiserin, welhe am 2. Dezember wieder zu kurzem Aufenthalt in Miramar eintrifft, in Wien anlangen. Ihre Kaiserlihe und Königlihe Hoheit die Erzherzogin Marie Valerie kehrt bereits am Dienstag Nachmittag aus Gödöllö hierher zurü.
Gestern hat ih, wie dem „Prag. Abdbl.“ berichtet wird, der Ministerrath unter dem Vorsi9 des Minister- Präsidenten Grafen Taaffe versammelt, um über die Vor- lagen für den Reichsrath endgültig zu berathen. Der E Dr, Ritter von Dunajewski legte dem Ministerrathe sein Finanz-Exposé vor.
Lissa, 1. Dezember. (W. T. B.) Der Chef des ier eingetroffenen deutschen Geshwaders, Contre-
dmiral Hollmann, stattete dem Bürgermeister Gjaxa einen Besuch ab und empfing dessen Gegenbesuh. Abends waren die Ortschaft und der Hafen zu Ehren des deutschen Geschwaders glänzend illuminirt.
Großbritannien und Frland. London, 30. November. (A. C.) Das Kabinet sowie die engeren Ausschüsse des- selben beschäftigen ih seit einiger Zeit eingehend mit der neuen irishen Bodenankaufs-Vorlage. Es ist im Plane, die unzufriedenen Theile Jrlands zuerst zu berück- sihtigen, und es wird für den Bodenankauf daselbst zunächst ein Kredit von 7 bis 10 Mill. Pfd. Sterl. erforderlich sein.
Am Montag wird in Manchester die Fahres- konferenz des nationalen Verbandes der liveralen Vereine unter dem Vorsiß des Earls von Aberdeen eröffnet. Gladstone trifft am Montag in Manchester ein und wird gleih nach seiner Ankunft in Beantwortung einer ihm überreihten Bewillklommnungs-Adresse eine An- sprahe an die Delegirten halten. Dann wird er in großem Aufzuge durch die Hauptstraßen der Stadt nach seiner Wohnung in Didsbury geleitet werden. Am Dienstag Abend spricht er in einer großen Volksversammlung. Jn Beantwortung einer Anfrage hat Gladstone erklärt: es werde am Montag oder Dienstag in Manchester seine Pflicht sein, über seine rei in Bezug auf fernere Reformen klaren Aufschluß zu geben.
Aus Bangalore in Jndien, vom 29. November, meldet „R. B.“:
Prinz Albert Victor von Wales traf gestern von Mysore kommend bier ein. In Myfore legte er den Grundstein zu einem von dem Maharadschah zu erbauenden College.
(Fr. C.) Jm
Frankreich. Paris, 30. November. Beginn der gestrigen Sißung des Senats wurde die Wahl des neuen Mitgliedes des Hauses, Gaillard, im Puy-de- Dóôme bestätigt und sodann eine Nachtragsforderun g von 300 000 Fr. für das außerordentlihe Heeres-Budget sowie eine solche von 132 000 Fr. für das ordentliche Budget desselben Ressorts bewilligt. Den Rest dec Sißzung widmete das Haus der Berathung eines Zusaßes des Senators Le-Guen zum Artikel 5 des Geseßes über die A rbeit der Frauen, minderjährigen Mädchen und Kinder in den Fabriken. Dieser Zusay zielt darauf ab, dea Sonntag als die geseßlich vorge- shriebene allwöchentlihe Rast zu bezeihnen. Berichterstatter Charles Ferry führte aus, in der Praxis ver- stehe es sich von selbst, daß der Sonntag bevorzugt werde; wenn man ihn aber in das Gesez aufnähme, so könnte das jo gedeutet werden, als hielten die Geseßgeber die Sonntagsarbeit für eine Entweihung ‘und dem dürfte sih der neutrale Staat niht aussezen. Dieser Auffassung entsprah die Abstimmung, in welcher der Zusay mit 170 gegen 87 Stimmen verworfen wurde. Hierauf werden die übrigen Paragraphen und dann das Veint im Ganzen angenommen.
Rouen, 2. Dezember. (W. T. B.) An Stelle des verstorbenen Deputirten Duvivier wurde gestern Ricard (Republikaner) zum Deputirten gewählt.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 30. November. (W. T. B.) Das Gesetz, betreffend die Bildung zweter leihter Batterien bei der 24. Artillerie-Brigade mit dem Stabsquartier in Helsingfors, ist nunmehr publizirt worden. — Wie der „Revaler Beobachter“ meldet, is un- längst das Gese vollzogen worden, welches die Städte- ordnung der baltishen Gouvernements dahin abändert, daß den Literaten das Wahlrecht entzogen und die russishe Sprache statt der deutschen als Geschästs- sprache eingeführt wird.
Jtalien. Rom, 30. November. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung der Deputirtenkammer legte der Minister des Schatzes das definitive Budget für 1888/89, das berichtigte Budget für 1889/90 und den Budget-Vor- anshlag für 1890/91 vor. Der definitive Voranschlag des Budgets für 1888/89 enthielt einen außerordentlichen Kredit von 127 Millionen Lire zu außerordentlichen militärishen Ausgaben; es stellte sich jedoch eine Differenz von 197 500 000 Lire zwishen den effektiven Einnahmen und Ausgaben heraus. Das zu Lasten des Staats- Schatzes verbleibende Defizit betrug 230 500 000 Lire. Die Ergebnisse der Staats-Kassengebahrung, welhe durch die gewöhnlihen Mittel der Schaßverwaltung bewirkt werden konnte, sind sehr zufrieden stellend. Die Rekti-
Abend ien resden begeben, nachdem Jhre Durhlauchten der Fürst, die Fürstin und Prinz Hermann zu
fikation des Budgets für 1889/90 enthält eine Besserung
um 11/2 Millionen gegenüber den ersten Vorans{hlägen. In Folge dieser Aenderung vermindert sich die Dipben, zwischen den wirklihen Einnahmen und den Ausgaben, welche in dem Voranschlag für 1889/90 mit 483/, Millionen vorgesehen war, auf 471/2 Millionen. Die Kassengebahrung für 1839/90 ist vollkommen gesichert. Für das Ende des Rechnungsjahres erwartet man einen Kassenbestand von 2751/2, Millionen, also fast 64 Millionen mehr als am 1. Juli 1889. Die Budgetverhältnisse haben \ih für das Rechnungs - jahr 1890/91 merklih besjer gestaltet. Der Voranschlag der wirklihen Einnahmen hat sich um 361/, Millionen gehoben. Die Kategorie der wirklihen Einnahmen und Ausgaben {ließt mit einem Defizit von 21 800 000 Lire. Es ist hierbei in Betraht zu ziehen, daß bei den Ausgaben dieses Budgets die Pensionszahlungen eingestellt sind, welche früher der jüngst abgeschafften Pensionskasse mittels eines derselben überwiesenen Rentenbetrages oblagen. Es muß ferner berüdsichtigt werden, daß gewisse für außerordentliche militärishe Kusgaben bestimmte Beträge erschöpft find. Es wird daher nöthig sein, einen Gesegentwurf einzu- bringen, betreffend die Bewilligung einer außerordent- lichen Ausgabe von 10 600000 dire Indem man diese Summe zu dem effektiven Defizit hinzufügt, ergiebt sich ein Gesammtdefizit von 32500 000 Lire. Die wesentlichen Ur- sachen dieser Vermehrung der Ausgaben sind in Aussicht gestellte Eisenbahnbauten und neue Kredite für Zwecke des Hey und der Marine. — Zu Mitgliedern der Budget-
ommission wurden sämmtlihe ministeriellen Kandidaten gewählt. — Der Handels-Minister Miceli hat der Kammer einen Gesezentwurf, betreffend die Verlänge- rung des Privilegiums der Zettelbanken und die Reorganisation derselben vorgelegt. — Wie der „Esercito“
meldet, wird demnächst eine Kreditforderung von 17 Mil-
lionen Lire für den Bau einer großen Pulverfabrik zur Erzeugung von rauchlosem Pulver für Gewehrpatronen in der Deputirtenkammer eingebraht werden.
Der zum Nachfolger des Generals Baldissera in Massovah ernannte General Overo wird sich am 4. De- zember in Neapel einschiffen. — Dem „Esercito“ zufolge wird S E Gesandtschaft für Massovah morgen abreisen.
Portugal. Lissabon, 30. November. (W. T. B.) Der Kaiser Dom Pedro traf mit der Kaiserlichen Familie an Bord des Dampfers „Alagoas“ heute Mittag wohlbehalten am Kap St. Vincent ein und telegraphirte von dort an den König von Portugal, daß er in Lissabon wie ge- wöhnlih im Hotel Braganza absteigen werde und die ihm angebotene Wohnung im Königlichen Schlosse dankend ab- lehne. An Bord befinden sich Alle wohl.
__ Amerika. Brasilien. (A. C.) Nach in New-York eingegangenen Meldungen aus Rio de Janeiro hat die vorläufige Regierung die alte Flagge wieder adoptirt. Dieses Vorgehen, so heißt es, habe viel Erbitterung ver- ursaht. Der Finanz-Minister, Dr. Ruy Barboza, hat eine Versammlung der bedeutendsten Bankiers und Makler in Rio de Janeiro einberufen zwecks Erlangung ihres Beisiandes bei der Erledigung von kommerziellen Ge- schäften, falls dies erforderlih werden sollte.
Afrika. Einem Telegramm des „Reuter'shen Bureaus“ aus Kairo vom 1. Dezember zufolge, wird, nah einer Mel- dung aus Zanzibar, die Ankunft Stanley's in Baga- moyo am nächsten Mittwoch erwartet.
Parlamentarische Nachrichten.
Jn der heutigen (27.) Sißung des Reichstages, welcher der Staatssefretär Dr. von Boetticher, der Präsi- dent der Reichsbank von Dechend, sowie andere Bevoll- mächtigte zum Bundesrath nebst Kommissarien beiwohnten, stand auf der Tagesordnung: die Fortseßung der zweiten Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des Bankgesezes vom 14. März 1875.
Den Art. I sowie die dazu gestellten Aniräge der Abgg. Graf Stolberg und Freiherr von Huene haben wir bereits mitgetheilt.
Der Präsident der Reichsbank von Dechend hob gegenüber den Ausführungen der Abgg. Graf Mirbach und von Kardorff am verflossenen Freitag hervor, daß die Reichsbank in keiner Weise hinter der Bank von Frankreih zuüstehe. Nach der lezten Uebersicht habe diese einen Goldbestand von 1030 Millionen und 997 Millionen Mark Silber; früher sei der Metallbestand noch geringer gewesen; die Reichsbank jei von 1000 Millionen Francs oder 800 Millionen Mark wiederholt nicht fern gewesen. Der gegenwärtige hohe Goldbestand der Bank von Frankreih sei beson- deren Umständen, namentlich der FJndustrieausstellung zu danken und habe auch bereits angefangen zurückzugehen. Der Unterschied zwischen der Bank von Frankreih und der unsrigen sei nicht entfernt so groß, wie ihn die Abgg. Graf Mirbach und von Kardorff angenommen hätten. Der Silber- bestand der Bank von Frankreih sei allerdings ein lehr viel größerer. Sachverständige und die Bank von antes selbst würden dies aber eher als einen Mangel an- ehen, denn über die Silberbestände könne sie bei dem jeßigen niedrigen Preise nicht verfügen. Die Reichsbank, die sehr viel weniger Silber besiße, habe nicht viel mehr, als wir brauchten, wenn wir die neue ang durchführen, namentlich wenn wir die österreichishen Silberthaler, was früher oder später ge)hehen müsse, abstoßen wollten. Ferner sei fest- zuhalten, daß unterwerthiges Gold bei uns nicht cir- fuliren könne. Jn Frankreih sei ea Gold überhaupt niht oder nur gegen ein niht unbeträchtliches Agio zu haben. Die Bank von Frankrei habe 131, wir 240 aalen, In Frankreich könne nur eine ausgewählte Anzahl von 5irmen diskontiren, es gäbe dort nur etwa 11 000 Disconteure; bei uns diskontire eine mehrfah größere Zahl. Den Lombard- und Gutsbesizerwesel;kenne die Bank von Frankreich gar nicht. Das Comtoir für Werthpapiere beschränke sih dort auf das Couponabschneiden, bei uns werde die gesammte Verwaltung er Papiere einshließlich der Verloosung von der Bank besorgt. Das Stammkapital der Bank von Frankreich sei allerdings um 26 oder 27 Millionen größer als das der Reichsbank; dasselbe sei aber ebenso wie le Reserve in Renten fesigelegt, die sie nicht verkaufen könne.
- Nach keiner Richtung ständen die Leistungen der Reichsbank
hinter denen der Bank von Frankrei zurück, und die Abgg.
Graf Mirbach und von Kardorff würden hoffentlih nah dieser Darlegung ihre Behauptungen zurücknehmen.
Der Direktor im Reihs-Schaßzamt Aschénborn wandte gegen den Abg. Grafen Mirbach ein, daß derselbe seine Rechnung auf die Ausgabe von 3 prozentigen Konsols aufbaue, während man naturgemäß von 31/2 prozentigen ausgehen müßte. Ebenso sei es unrihtig, statt der 120 Millionen nur 107 Millionen als Grundkapital anzunehmen ; der Reservefonds von 13 Mil- lionen dürfte niht in Anrechnung gestellt werden; das Reich könne ebenfalls niht ohne Reservefonds bestehen. Der finan- ziele Effekt bei einem Kapital von 120 Millionen und bei der Ausgabe von 31/2 prozentigen Schuld- scheinen würde im Falle der Verstaatlihung der Bank nur ein Mehrergebniß für die Reichskasse von 2930000 # bedeuten, und nicht, wie man ausgerehnet habe, über 4 Millionen, und auch dies nur in der Voraussetzung, daß die Reichsbank auch in Zukunft stets dieselben Erträge ab- werfe, was mindestens zweifelhaft sei. — Der Antrag Huene wolle dem Reich etwa 461 000 #Æ mehr zuwenden. Man könne nit sagen, daß die Ziffer der Regierungsvorlage das absolut Richtige getroffen habe, und daß der Vor- shlag Huene absolut verwerflich sei. Troydem ver- diene die Regierungsvorlage unter Erwägung aller Verhältnisse den Vorzug. Der allgemeine Rückgang des Zinsfußes auf dem Weltmarkt rehtfertige eine weitere Herab- sezung der Dividende nit; viele große Privatbanken zahlten höhere Dividende. Die unveränderte Annahme der Re- gierungsvorlage sei ebenso nüglich für das Reih wie billig gegen die Antheilseigner.
Abg. Mooren hatte folgenden Antrag gestellt :
Der Reicbstag wolle bes{ließen: In Erwägung, daß die Reichsbank die Aufgabe hat, da, wo es der Verkebr erfordert, Zweiganstalten zu errichten, wolle der Reidbstag erklären, daß es nit seinen Absichten entspricht, wenn die Reichsbank \sih für die Erfüllung dieser Aufgabe ven den betbeiligten Gemeinden Steuerbefreiungen oder andere Zushüsse bewilligen läßt
__ Er begründete den Antrag mit dem Hinweis auf einige Fâlle, in denen die Reichsbank die Errihtung von Filialen davon abhängig gemacht habe, daß ihnen von den betreffenden O Steuerfreiheit oder anderweitige Leistungen zugesichert würden.
Bei Schluß des Blattes sprach der Präsident der Reichs- bank, von Dechend.
Zeitungsftimmen.
_Zu den kolonialpolitishen Verhandlungen im E bemerkt die „Nationalliberale Correspon- enz“:
„Die langen kolonialpolitishen Verhandlungen im Reicstage baben mit einer vollen Niederlage der Opposition geendet, Sämmt- lihe Forderungen sind mit großen Mehrbeiten bewilligt worden; der Nactrags Etat zur Fortführung der Wissmann'shen Expedition hatte nur d ie Deutschfreisinnigen und Sozialdemokraten gegen sich. Die ersteren erlebten dabei noch den Verdruß, zwei ihrer Mitglieder, die Abgg. Siemens und Goldschmidt, mit der Mehrbeit stimmen zu sehen ; dieselben werden ja nun wohl wegen fortgesezter Unbotmäßigkeit gegen die Hrrn, Richter und Bamberger bald ihren Abschied aus der Partei nebmen müssen, ebenso wie es Hr. Thomsen gethan, als er für das Inval'ditätsoersicherungsgeseß gestimmt hatte. Oder kann man deuts freisinnig sein und doch die Kolonialpolitik unter- stüßen? Das Centrum hat si dieëmal an der ganzen Debatte fo gut wie gar nit betheiligt, und darin kam die erfreuliche folonial- politische Schwenkung dieser Partei in sehr bezeihnender Weise zum Au2druck. Hr. Wirdtborst machie rur ein paar kurze Bemerkungen über die Zustimmung seiner Partei zu dem Nachtrags-Etat für die Wissmann'she Expedition, und es hätte doch auch die deutscfrei- sinxigen Zuhörer b eschämen müssen, als sie aus diesem Munde über die nationale Gbrenpflicht zur Fortführung des begonnenen Werkes be- lehrt wurden. So ist der groß angelegte Feldzug, ven dem h die Deutschfreisinnigen einen vernibtenden Schlag gegen unsere Kolonial- politik versprochen hatten, kläglib gescheitert.“
Zu demselben Gegenstand bemerkt der „Hamburgische Correspondent“: „Die Wirkung des von den Vertretern des Radikalismus gegen die Kolonialpolitik des Reichs unternommenen Angriffs ist na jeder Richtung hin glei Null geblieben. t der Nachtrag#-Etat ange- nommen werden würde, war ja von vornherein außer Zweifel gestellt, aber auch der CEindruck, den der „Elan“ der Hrrn. Richter, Bam- berger und Barth auf die „Massen“ der freisinnigen Wähler hervor- bringen foll, dürfte den Erwartungen der freisinnigen Partei- leitung nicht entsprechen. Allzu \charf mabt ichartig. Der Ver- treter Hamburgs im Reichstage, Herr Adolf Woermann, hat den tendenziósen Aufitellungen Richter'sher Stubengelehrsamkeit die Erfahrungen und Bedürfnisse des praftishen Lebens entgegengeseßt. Nach zroanzig Jahren wird man es nicht begreifen können, daß Mônner des „deutschen FortsHritts" gegen die Kolonialpolitik mit Verbissenheit zu einer Zeit noch kämpfen konnten, als das deutsche Volk längst von den segentreihen Erfolgen auf kolonialpolitischem Gebiet überzeugt war. Hr. Woermann bat sich in diesem Sinne ausgesprochen und damit das Maß angegeben, na welchem die öffent- lihe Meinung în Deutschland den Werth der Richter'sWen Reden abwâgen wird.“
Die „Hamburger Börsenhalle“ spriht sich über die Kolonialpolitik wie folgt aus:
„Es ist ganz richtig, wenn der h Woermann bemerkte, daß sich der Nuzen kolonialen Besiges niht bloß in den Ziffern der Ein- und Ausfuhr ausweist, und daß es unbere@tigt — der Abgeordnete sagte kleinlih — sei, von jeder Ausgabe sofort ein Erträgniß sehen ¡u wollen. Man kann über diese Dinge, wie es in den Hansestädten geschieht, ganz rubig und nüchtern denken und doch der Ueberzeugung jein, daß neben der wirthschaftlichen Bedeutung unserer Kolonien deren Besiß als gegenwärtig, namentli aber künftig, für unser Volks- thum und defsen Weltstellung werthvoll zu betrahten if: Wir sind überzeugt, daß sih ein Theil unserer stetig wachsenden überschüssigen Volkskraft in jenen Gebieten einmal wird in der einen oder anderen Weise betbätigen können. In keinem Falle aber wollen und dürfen wir das bereits Erworbene aufgeben und zwar zu Gunsten anderer Nationen, die sogleich ihre Hand auf die von uns prei8gegedenen Gebiete legen würden. Ist man aber dieser Ansicht, so müssen au die nöthigen Mittel zur Wahrung unserer Interessen bereitgestellt und bewilligt werden. Wir sind denn auth überzeugt, daß das in der Bewilligung der von den verbündeten Regierungen im Reichs-Etat geforderten Beträge gipfelnde praktisGe Ergebniß der Kolonial- Ra Me Zustimmung der überwiegenden Mebrheit des Volkes
nden wird.“
Land- und Forftwirthschaft.
Der Deutsche lere n und die Deutsche Land- wirthschaftliche esellschaft werden, wie die „Wes.-Ztg.“ meldet, demnächst in eine gemeinschaftlihe Berathung über die Wasserrehtsgeseßgebung treten, um eventuell Abänderungs3-
wünsche zum Entwurf des bürgerlihen Gesetzbuchs auf diesem
Gebiet zu formuliren. Die beiden Vereine haben si damit einver- standen erklärt, daß an diefen Berathungen anch Delegirte des Ver- bandes deutsher Müller theilnehmen.
Sanitäts-, Veterinär- und Quarautänewesen.
t: Süd-Amerika.
Die Gesundheitékommission zu Montevideo hat unterm 21. Oktober 1889 folgende Beschlüsse gefaßt: Jedes Schiff, auf welchem ein oder mehrere Beriberikranke sich befinden, ift als ver- dâdtig anzusehen. Etwa vorhandene Kranke sind in das Lazareth der Insel Flores zu s{affen. Die Kleider der übrigen Reisenden werden einer 48 stündigen Desinfektion unterworfen. Das Swhif selbft wird in allen seinen Räumen desinficirt.
Theater und Musik.
Königliches Opernbaus.
In der Vorstellung des „Lobengrin“ am Mittwoch tritt Fr. Sucher als Elsa zum ersten Male nach ihrem Urlaub wieder auf. Der Darsteller des Lohengrin ist Hr. Rothmühl. Hr. Heinri Ernst wird voraussihtlich bis zum Donnerstag so weit wiederbergeftellt fein, um die erste Aufführung der Hoffmann'shen Oper „Aenncen von Tharau“, die wegen der Erkrankung des Künstlers hatte vertagt werden müssen, nunmehr zu ermöglihen. Die Tetralogie „Der Ring des Nibelungen“ gelangt im Dezember zu erneuter Gesammtdarstellung und beginnt am Montag, den 9. Dezember, mit der Aufführung des „Rheingold“.
Königliches Schauspielhaus.
Das einaktige Lustspiel „Gaudeamnus“ von Otto Visther batte sich am Sonnabend nur fehr getheilter Aufnahme zu erfreuen, und nah dem legten Fallen des Vorhangs misbten sih in das Bei- fallklatschen derer, denen das Stück gefallen, Zeichen des Miß- fallens. Daß leßtere niht unbere&tigt waren, muß bei allem Wobl- wollen, welches man dem Vischer'schen Lustsviel entgegen zu bringen geneigt sein könnte, zugegeben werden. Es ift im Großen und Ganzen ein [iebenswürdiges Werk, aus welhem Gemüth und Humor sprechen. Die Idee ift eine recht glücklibe: einem Professor der Medizin, dem jedes Streberthum verhaßt ift, wird von seinen Freunden und Schülern die Erfüllung eines Licblingéwunsches ermöglicht, indem sie mit Anwendung von List die nöthigen Gelder zur Er- richtung einer großen Kinderklinik bes{chafffen. Hierbei gerathen sie in Konflikt mit dem etwas hbalsfstarrigen aiten Herrn und die Lösung dieses Konflikts bildet den hauptsählihen Inbalt des Stücks. Wäre die Handlung knapp und rasch durchgeführt, so würde fie gewiß unterhaltend und belustigend wirken, aber der Verfasser ist gar zu sehr in die Breite gegangen und ermüdet durch Längen und Evisoden. Eine umfafsende Kürzung des Lustspiels ist nötbig, wenn es ih auf der Bühne behaupten sol. Die Darsteller gaben sich die redlihste Mühe, einen Erfolg zu sihern, was ihnen jedo nicht recht gelang. Hr. Oberländer spielte den Professor Horst genau nach den Intentionen des Dichters, au Frl. Bergmann ließ es sch angelegen fein, uns die s{chwaßhafte Amtmännéfrau glaublih zu machen, Recht g:fällig gab Fr!. Conrad die Kätbe, und Frl. Abih hatte Gelegenheit, in ter kleinen Rolle des Dienstmädchens sich von einer ganz neuen Seite zu zeigen, indem sie das Derbkomisce dieser Figur treffend zur Geltung brate. Von den Herren seien Hr. Keßler, Hr. Vollmer, Hr. Hartmann und Hr. Link lobend erwähnt.
Deutsches Theater.
Se. Hoheit der Erbprinz und Ihre Könialihe Hobeit die Erb- prinzessin von Sathsen-Meiningen besuchten am Sonntag die Aufführung von „Der Sohn der Wildniß“ und wohnien derselben bis zum
Séluß bei. - Central-Theater.
Der „Historise Poñen-Abend* brate am Sonntag ein aus- verkauftcs Haus, und nah der höchst beifälligen Aufnahme zu ur- theilen, wird diese Pofsen-Revue der Zugkraft der ersten Theile des „Lachenden Berlin“ nicht nachstehen.
: L Sing-Akademie.
_ Der gestern stattgehabte Lieder-Abend des Frl. Hermine Spies war wieder wie in früheren Jahren ein Ereigniß für unsere musifalische Welt, Dies fonnte man an dem außerordentli zahl- rei erschienenen Publikum erkennen, das alle Räume der Sing- Akademie gefüllt hatte. Die gefeierte Sängerin, die weder großen Stimmenumfang besißt, noch durch Kehlfertigkeit in Koloraturen und Trillern glänzt, hat andere Vorzüge, die böber anzushlagen sind. Die Klangfülle und Biegsamkeit 1hres Organs, das gleihmäßige Aus- balten des Tons, die vieltaktigen Bindungen sowie andererseits das zarte und faubere Staccato in heiteren Liedern find von entzückender Wirkung. Bor Allem ift es aber die stets an ihr gerühmte edle und tief ergreifende Vortrag8weise, die die Zubörer au gestern wieder zu enthusiastishem Beifall binriß. Nichts an ihr mat den Eindruck des Einstudirten, sondern Alles den des Selbstempfundenen. Ihre eigene Gefühlsregung theilt fich unmittelbar dem Hörer mit. Dies Pulsiren des Vortrags, dies Auf- und Niedersteigen der Tempobewegung und das An- und Ab- \chwellen der Töne üben eine eigene, stets von Neuem feselnde Gewalt über uns aus, Sie is|stt die echte deutsche Lieder- sängerin, die vielleiht unübertroffen in ihrer Art dasteht. In den sech8 poetish gehaltenen Weihnachtsliedern von Peter Corne- lius empfand man die tiefe religiôse Weihe des Christfestes. Den Ausdruck des Schmerzes in Schumann's „Mit Myrthen und Rosen“, den des Naiven in dem Volksliedhen „Wenn ih früh in den Garten geb'*“ und die leidenschaftli®e Erregung in seinem Liede „Widmung“ wußte die geniale Künstlerin treffend wiederzugeben. Die beiden letz- teren wiederbolte sie mit freundliher Bereitwilligkeit, Unter vier Liedern von I. Brahms wurden die beiden ersteren „Mainacht“ und „Der Jäger“ mit ganz besonderem Beifall aufgenommen, der eine Wiederbolung der ¿weiten zur Folge hatte. Gleich günstiger Auf- nabme und eines Dacapo-Rufes erfreute sich d'Albert's hübsches Lied eZur Drofsel sprach der Fink“, dem dec „Abendreih’n* von B. Scholz folgte. Nach dem Vortrag eines recht ftimmungévoll gehaltenen Liedes „O Lust“ von Clara Schumann erscholl ein nicht endenwollender Beifall, der die Künstlerin, die troy der vielfachen Doppelleistungen keinerlei Ermüdung \püren ließ, noch zu der Wiederbolung des bereits erwähnten Liedes „Abendreib'n“ veranlaßte. Die vortheilhaft bekannte Pianistin Frau Margarethe Stern unterstüßte das Concert durch den Vortrag der C-dur-Phantasie von Schumann und einiger kleinerer St1üde von Scarlatti, Paderewski und Lisst, Der reihe Beifall bewog die Künstlerin, das graziöse Capriccio von Scarlatti zu wiederholen.
Der Verein zur Veranstaltung von Muster-Militär- Concerten wird seine zweite Auffübrung bereits am Sonntag, den 8. Dezember, Mittags 12 Ubr, in den Räumen des Victoria- Theaters haben, und zwar werden dabei mitwirken die Musikcorps des Kaiser Franz Garde-Grenadier-Regiments Nr. 2, des Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiments Nr. 1 und des Garde- Kürassier- Regiments unter Leitung der Königlichen Stabshoboisten John und Jänisch, sowie des Königlichen Stabstrompeters Ruth. Das Programm ift ein sebr gewäbltes; u. A. gelangt „Die Sw{laht bei Leipzig® von Wilhelm Wiepreht zur Aufführung. Eintrittskarten werden bereits von heute ab zu ermäßigten Preisen an der Kasse des Victoria-Theaters, in der Hof-Musikalienhandlung von Weinboltz (Kochstr. 62), der Trautwein'’shen Musikalienhandlung (Leipziger- straße 8) und im Bureau der „Deutschen Militär-Musiker-Zeitung“ (Defsauerstr. 32) ausgegeben.
Manuigfaltiges.
Offizieller Jagd-Rapport. Die am Sonnabend, den 30. v. M., im Fürstenwald bei Ohlau abgehaltene Hofiagd war zwar vom schönsten Wetter — hellem Sonnenschein und 3 Grad Kälte — be-
günstigt, durch den frisch gefallenen Schnee aber doch sehr