1889 / 294 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 09 Dec 1889 18:00:01 GMT) scan diff

an das Herrlichste anknüpfe, was wir in der deutschen Literatur besäßen. Das Nibelungenlied allein hon sei die Perle aller deutshen Dichtung und seine Klänge umwöben den Namen der Stadt Worms. Sage und Geschichte hätten hier gleih mächtig und groß auf die religiöse und moralische Stärkung des Volks eingewirkt. Er sehe in Worms mit inniger Rührung das Denkmal Luther's, von dem das Werk einer religiösen Reform ausgegangen. Das Haus, welches hier ge- schaffen worden, sei ein weiterer Schritt zur Besserung des Volks und zur Hebung von Moral und Sitte. Er gratulire dem Bürgermeister auch zu diesem Werk.

Beim Eintritt in das Festhaus ertönte Orgelklang, das Publikum brachte stürmische Hohs aus. Se. Majestät nahm inmitten des Publikums Play, worauf die Vorstellung begann, welche zwei Stunden währte. Se. Majestät der Kaiter An mit großem Jnteresse der Handlung. Als Allerhöchstderselbe das Festhaus verließ, erstrahlte der gegenüberliegende Dom in bengalisher Beleuhtung ‘und die ganze Stadt in einem Lihhtermeer, welches Schauspiel einen imposanten Anblick bot. Die Rückfahrt erfolgte an dem Lutherdenkmal vorüber nah dem Bahnhof und von da mittelst Sonderzuges nah Darmstadt. Die dichtgedrängte, freudig erregte Menschenmenge brachte un- ausgeseßt enthusiastishe Ovationen dar.

Nach der Rückkehr von Worms besuhte Se. Majestät der Kaiser mit dem Großherzog das Hoftheater. Heute um 61/4 Uhr früh alarmirte Se. Majestät die Schloßwache und die Garnijon und ritt sodann an der Spige der Truppen von der Jn- fanterie: Kaserne nah dem Exerzie1plaße, wo Allerhöchstderselbe die Truppen besichtigte und die Dispositionen zum Manöver gab, das sich nah dem Griesheimer Artillerie-Schießplaß hinbewegte. Um 11 Uhr kehrte Se. Majestät mit dem Großherzog an der Spitze des Hessischen Leib-Garde-Jnfanterie-Regiments Nr. 115 unter klingendem Spiel vom Vianöver ins Schloß zurüdck, wo hierauf das Familienfrühstüct stattfand.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin Friedrich hatte, wie „W. T. B.“ aus Neapel meldet,

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gestern die Spitzen der Behörden der Stadt zum Diner geladen.

Gestern Nachmittag verstarb hier der frühere Justiz- Minister, Staats-Minister Graf Leopold zur Lippe -Biester- feld-Weißenfeld, Mitglied des Herrenhauses und Kron- \syndikus, im Alter von 74 Jahren.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Bürgermeister der C ah und Hansestadt Hamburg, Dr. VYersmann, ist von Berlin wieder abgereist. :

Dem Regierungs-Assessor Heising zu Arnsberg ist die kommissarishe Verwaltung des Landrathsamts im Kreise Ahrweiler, Regierungsbezirk Koblenz, übertragen worden.

Der bisher im Reichs-Versicherungsanit fommissarish be- schäftigte Regierungs-Assesor Joswich aus Minden is an die Königliche Regierung zu Schleswig verseßt worden.

Das Uebungsgeshwader, bestehend aus den Panzerschiffen „Kaiser“ (Flaggichif}), „Deutschland“, „Preußen“ und „Friedrich der Gro ße“, Geshwader-Chef Contre-Admiral Hollmann, ift am 8. Dezember in Corfu eingetroffen und beabsichtigt, am 21. wieder in See zu gehen.

Hannover, 7. Dezember. Jn der heutigen Sißung des Provinzial-Landtages wurden zunächst die Mitglieder der Rechnungskommission durch Akklamation gewählt und hierauf die Berathung des Haushaltsplanes für 1890/91 wieder aufgenommen. Die Ausgaben für die Heil- anstalten in Göttingen und Osnabrück, die Taubstummen- anstalten in Hildesheim und Stade, die Hebeamm en-Lehranstalten, die landwirthschastlihen Lehranstalten, sowie die Ausgaben für _Blinden-, Jdioten- und Rettungsanstalten, für das jüdische Schul- und Synagogenwesen, die Beihülfen an milde Stiftungen 2c. wurden ohne wesentliche Aenderungen genehmigt. Es folgen die Ausgaben für Chausseen, Landstraßen und Gemeindewege. Die Verwaltungskosten der Chausseen 2c. mit 244 305 M wurden bewilligt. Für die regelmäßige Unterhaltung der Chausseen wurden 1 600 000 M, für Besoldungen und Vergütungen der Chausseeaufseher und Wärter 164 300 Æ, für den Verfügungs- fonds 30 000 M, für den Landstraßenbau 1 216 630 # ein- gestellt. Die Ausgaben des Forst-Etats wurden ebenfalls ge- nehmigt. Eine längere Debatte entspann sich bei der Be- rathung über die Aufwendung für den Moorkulturfonds, in- dem bei 8 des Vertrages mit den Kolonisten kon- statirt wurde, daß den Kolonisten ein Recht auf Erwerb des Kolonats nicht gegeben werde. Da- gegen war Abg. Dr. Windthorst der Ansicht, daß die Kolonisten ein Recht auf Erwerb des Kolonats hätten. Jhm {loß sich der Abg. Ludowieg an, welcher behauptete, der 8. 8 gebe den Kolonisten ein klagbares Recht, und der die Abstimmung über die Auslegung dieses Paragraphen zu verschieben bat. Der Abg. Fürbringer hielt dafür, es müsse durch Provinzial- statut die Veräußerung der Kolonate geregelt werden. Jn der Abstimmung wurde der Antrag des Abg. Ludowieg, es stehe den Kolonisten ein klagbares Recht aus dem §. 8 zu, ab- gelehnt, der Antrag des Abg. Fürbringer, Erlaß eines Pro- vinzialstatuts, genehmigt.

Dortmund, 7. Dezember. Se. Majestät der Kaiser hat den Hinterbliebenen der bei der Katastrophe auf der Zeche „Konstantin der Große“ bei Bochum verunglückten Berg- leute, der „Rhein.-Westf. Ztg.“ zufolge, Allerhöchstsein Beileid durch das hiesige Bergamt ausdrücken lassen.

Bayern. München, 7. Dezember. (Allg. Ztg.) Heute Vormittag kurz vor 11 Uhr versammelte sih eine Deputation des St. Georgi- Ritter-Ordens, bestehend aus dem Großkfanzler Freiherrn von und zu Franckenstein, den Kapitular- Großkomthuren, Kapitular-Komthuren, Komthuren ad honores sowie aus der Ritterschaft abgeordneten Herren, in den Vor- zimmern des Prinz:-Regenten. Mit dem Schlage 11 Uhr trat Se. Königliche Hoheit der Prinz-Regent, umgeben von den erlauhten Großprioren: den Königlihen Prinzen Ludwig, Leopold, Ludwig Ferdinand und Alphons, mitten unter die versammelte Ordens-Deputation und nahm eine Ansprache des Großkanzlers entgegen, welche in dem Glüdwunshe der Ordensmitglieder zum S0jährigen Jubiläum des Prinz-Regenten gipfelte. Als der Groß- kanzler mittheilte, daß die Mitgliedschaft sih gleichzeitig ein Andenken zu übergeben erlaube, theilten sih die Ordensmit- glieder, und auf einem Tishe wurde das Geschent für

den Allerdurhlauchtigsten Großmeister - Stellvertreter ein prachtvoller Tafelaufsay mit den Wappen sämmtlicher Ordenzsritter, sihtbar. Se. Königlihe Hoheit der Prinz- Regent besichtigte mit großem Interesse die Festgabe und sprah tiefgerührt seinen Dank aus. Hierauf hielt der Regent Cercle, welcher eine halbe Stunde dauerte. Nach Entlassung der Großpriore und der Ordensmitglieder gewährte Se. König- lihe Hoheit den sechs Kandidaten, sowie nochmals den drei Aufschwörern Audienz.

Se. Königliche Hoheit der Prinz Alphons begiebt sih am nächsten Dienstag nah Jtalien, um seine Schwester, die Prinzessin Elvira, abzuholen, welhe dort seit einigen Wochen bei der dem Herzog und Herzogin von Genua weilt.

9. Dezember. (W. T. B.) Der Prinz-Regent hat den hiesigen Domprob| vo.n Rampf zum Bischof. von Passau ernannt.

Württemberg. Stuttgart, 7. Dezember. (W. T. B.) Se. Majestät der König hat heute das neuernannte Mitglied des Königlichen Geheimen Raths, Wirklichen Staatsrath von Breitling, sowie den bisherigen Second-Lieutenant im Feld-Artillerie-Regiment, Prinz-Regent Luitpold von Bayern Nr. 29, Freiherrn von Varnbüler, welcher bei der Truppe des Reihs-Kommissärs Majors Wissmann in Dienst getreten ist und sich in den nächsten Tagen nah Afrika begiebt, in Audienz empfangen.

Baden. Karl3ruhe, 7. Dezember. Die Zweite Kammer nahm in ihrer gestrigen Sißung die Geseßentwürkfe, betreffend die Vereinigung der Gemeinden Güntersthal und Hasbah mit der Stadtgemeinde Freiburg, in zweiter Lesung an. Betreffs der Rehnungsnachweisungen des Ministeriums der Finanzen. für 1886/87 stimmte das Haus den Anträgen der Budgetkommission, die bezüglihen Nachweisungen sämmt- lih für unbeanstandet zu erklären, bei.

Bei der im 28. Wahlbezirk (Bezirksamt Oberkirch und Gemeinden vom Bezirksamt Achern) heute stattgehabten Er \aß- wahl eines Abgeordneten zur Zweiten Kammer der Stände- versammlung wurde der Bürgermeister Josef Geldreich in Oberkirh mit 66 Stimmen gewählt.

Mecklenburg - Schwerin. Schwerin, 7. Dezember, Wie den „Meckl. Nachr.“ aus Cannes gemeldet wird, war in dem Befinden Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs seit dem 5. d. M. keine merkliche Veränderung eingetreten ; Höchstderselbe hütet das Bett, die asthmatischen Be- \chwerden haben sich nicht verschlimmert; es ist kein Fieber vorhanden, aber es herrsht große Mattigkeit. Gestern fand eine Konsultation von drei Aerzten statt: dem behandelnden StabW@!l5t Dr. Martius, dem hiesigen Dr. Blanc und dem Dr. Cube aus Mentone.

Braunschweig. (K.) Braunschweig, 7. Dezember. Se. Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen, Regent des Herzogthums Braunschweig, empfing heute früh um 10!/, Uhr in besonderer Audienz im Residenz\hlosse die Dieputation des 1. Brandenburgischen Dragoner- Regiments Nr. 2, welche, Höchstdemselber die Glückwünsche des Regiments. zum 25èähriden Chef-Jubiläum aussprach und als eine Erinnerung ar - diéfex Tag Höchstdemselben ein Bild überreihte, welhes zwei Schmadronen der Dragoner mit der Standarte darstellt, vor denen das ganze Offizier-Corps mit dem Commandeur hält, im Hintergrunde sieht man einen Theil des Shlosses in Shwedt. Dies vorzüglich kolorirte, von H. Schnäbeli gefertigte Bild ist 1m 12cm lang und 74 cm hoh. Jn der Mitte des oberen Theiles des \{warzen Rahmens befindet sih ein bronzener Adler und die Mitte des unteren Theils des Rahmens deckt eine metallene Schleife, welhe eingravirt fol- gende Widmung trägt: „Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Albreht von Preußen, Regenten des Herzogthums Braun- \{hweig, zu seinem 25jährigen Jubiläum als Chef des Regi- ments in tiefster Ehrfurcht unterthänigst E vom Offizier- Corps des 1. Brandenburgischen Dragoner-Regiments Nr. 2.“ Nach Entgegennahme der Glücfwünsche führte der Regent die Depu- tation zu Jhrer Königl:chen Hoheit der Frau Prinzessin. Darauf nahm der Regent im großen Audienzsaale die Gratulation des General-Jntendanten, General-Lieutenants von Rudolphi, des General-Adjutanten, General-Lieutenants von Wachholß, des General-Hof-Jntendanten Freiherrn von Löhneyjen, des Hof- marschalls von der Mülbe, des Militär-Gouverneurs Obersten von Scrötter, des General: Majors von Vahlka mpf, des Oberst-Lieutenants und Regiments-Commandeurs Rabe von d A des Oberst Lieutenants Freiherrn von Funck für den Regiments Commandeur Oberst von Müller, des Second- Lieutenants Grafen von der Schulenburg von der Reitschule in Hannover und des Ceremonienmeisters Kammerherrn Grafen von Keller entgegen. Namens des Herzoglichen Staats-Ministe- riums war der Vorsitzende desselben, Wirkliche Geheime Rath Dr, jur. Otto, ershienen. Sodann begab sich der Regent mit seinen Gästen nah dem Herzoglichen Marstall, wo Höchst- derselbe dur den Vize-Ober-Stallmeister Freiherrn von Girse- wald in der Reitbahn Pferde vorführen ließ, und von dort zu Fuß nah der Burg Dankwarderode und dem Dome, wobei Se. Königliche Hoheit seine Gäste auf Einzelheiten der Bau- werke aufmerksam machte. Um 1 Uhr sah Se. Königliche Hoheit die Herren der Deputation, den Vize-Ober-Stallmeister Freiherrn von Girsewald, den Second-Lieutenant Grafen von der Schulenburg, den Hofmarschall von der Mülbe und die Adjutanten vom Dienst zum Frühstück bei sich. Nachmittags fuhr Se. Königliche Bel mit den auswärtigen Herren nah der Besizung des Vize-Ober-Stallmeisters und zeigte seinen Gästen die vom arzburger Geftüt seit einiger Fel daselbst aufgestellten Hengj|te „Kisber“ und „Emilius“. tach einer Spazierfahrt um die s kehrte Höchsi- derselbe mit egleitung um 31/2, Uhr ins Schloß zurück. Auf der Fahrt hatte Se. M Hoheit in der offenen vierspännigen Equipage den Regiments- Commandeur, Oberst-Lieutenant von Blumenthal, neben sich, die übrigen Herren folgten in zweispännigen offenen Hof- wagen. Mit dem Zuge Nachmittags 4 Uhr 45 Minuten trafen der General der Kavallerie von Drigalski, der General- Major von Winterfeld und der Hofmarschall von der Schulen- burg aus Hannover hier ein. Zur Tafel um 51/2 Uhr waren die eben genannten Herren geladen, und nahmen daran, außer der Deputation, die Morgens zur Gratulation an- wesend gewesenen Herren vom Hofe Theil.

Sachsen-Meiningen. Meiningen, 7. Dezember. Die „Sammlung der landesherrlichen Verordnungen im Herzog- thum Sachsen-Meiningen“ veröffentlicht die nach einer zwischen der Herzoglihen Staatsregierung und den Staatsregierungen des Großherzogthums Sachsen-Weimar, des Eu Sachsen-Altenburg und des Herzogthums Sach en-Coburg-

WMegierungs-Rath Stenebèrg, Res

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Gotha getroffenen Vereinbarung am 15. v. M. in Kraft tretende Ordnung der Prüfung für das Lehramt an höheren Schulen in den sachsen - ernestinishen Staaten vom 1. November 1889, welhe an die Stelle der durch Ministerial-Bekanntmahung vom 921. Oktober 1887 veröffentlichten Prüfungsordnung tritt.

Sachsen - Coburg - Gotha. Coburg, 7. Dezember. (Cob. Ztg.) Se. Hoheit der Herzog ist heute früh nah Schloß Oberhof abgereist und wird sich von dort morgen zum Besuch des Herzoglichen Hofes nah Meiningen begeben.

Lippe. Detmold, 6. Dezember. (Hann. C.) Der Landtag wurde heute Nachmittag um 4 Uhr dur den Präsidenten von Lengerke erhe: am Regierungstische befanden sich Kabinets-Minister e rute Geheimer Ober-

l erung§- Rath *Overbeck, Regierungs - Rath Pustkuhen. Ehe in die Tagesordnung getreten wurde, - mahte der Präsident die Verände- rung am Regiecrungstische bekannt, nämlih, daß an Stelle des Kabinets-Ministers Freiherrn von Richthofen Kabinets- Minister Wolfgramm getreten. Es wurden darauf die ver- schiedenen Vorlagen genehmigt. Sodann trat der Landtag in die Tagesordnung ein und beschloß: 1) Die Proposition der Eisenbahn von Detmold nah Sandebeck und von Lage nah Hameln wird auf Antrag des Präsidenten dem Land- tage als Kommission vorgelegt. 2) Die Proposition Etat der Landeskasse pro 1890 wird auf Antrag des Abg. Asemissen vorläufig vertagt. Darauf wurde in erster Lesung die Abänderung der Gehälter der Staatsbeamten berathen.

Deutsche Kolonien. Nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Bagamoyo über Zanzibar vom 8. d. befände sich Emin Pascha noch immer in einem gefährlihen Zu- stande; indessen glaube Dr. Parker fortgeseßt an eine Wiederherstellung, wenn keine Komplikation eintrete. Der Patient huste viel und leide an der Schwierigkeit, die Lunge frei zu machen; im Uebrigen seien die Symptome günstig. Stanley ist am Freitag an Bord S. M. Kreuzers „Sperber“ in Zanzibar gelandet.

__ VPeber die Ankunft Emin Pascha's und Stanley's in Bagamoyo liegt noch folgende Depesche aus Zanzibar, 4. Dezember, vor:

„Eine Begegnung zwischen Mr. Stanley, Emin Pasha Kapitän Casati und Major Wissmann fand Dienstag Morgen in Antoni, am gegenüberliegenden Ufer des Flusses Kinghani, statt. Die Gesundheit sämmtlicher Forscher und die üblichen loyalen Toaste wurden in Champagner ausgebraht. Die ganze Expedition kam beute (Mittwoch) Morgen 11 Uhr in Bagamoyo an Major Wiff- mann hatte Pferde für Stanley und Emin Pascha beschafft und auf denfelben hielten sie einen Triumvhzug in Baga- moyo. Die Stadt war festlich ge¡chmücktt. Grüne Guirlanden waren über alle Avenuen gespannt und aus allen Fenstern webten Palmenzweige. Major Wissmann’'s Schußtruppe, sowie das deutsche Kriegs\hif „Sperber“ feuerten je 9 Salutshüsse ab. In Majcr Wissmann’'s Hauptquarticr wurde sämmtlihen Dffizieren der Expedition ein Gabelfcühstück fservirt. Der Kapitän des „Sperber“ bewillklommnete Namens des deutschen Kaisers zuerst Mr. Stanley, dann Emin Pascha und beglückwünschte sie zu ihrer Rückehr zur Civilisation. Sämmtliche Schiffe auf der Rhede pkangten im Flaggenshmuck. Viele Personen kamen heute bier an, darunter der englishe Konsul Mr. Chburchill, der englishe Konsularrichter Cracknell, der deutsche und der italienishe Konful. Abends fand ein Banket statt und beim Champagner brahte der deutsche Generalkonsul, Herr Steifensand, einen Toast auf die Königin von England aus. Major Wissmann trank auf das Wohl Stanley's und nannte ihn seiaen Lehrmeister in der Afrikaerforshung. Mr. Stanley erwiderte im Verlaufe einer beredten Ansprache, er danke Gott, daß er seine Pflicht erfüllt habe. Er spra gerührt von seinen Soldaten, deren Gebeine im Walde bleihten, und bemerkte, daß das Wort „Voiwärts“ stets seine Parole und die seiner Mannschaften gewesen. Der göttlihe Einfluß habe ihn in seinem Werke geleitet, Dann sagte er: „Emin ist hier, Casfati ift hier, ich bin hier und alle die jungen Männer, die mit mir gingen, sind hier.“ Schließlich dankte er dem Major Wissmann und dem „Herald“ für die ihm gesandten Gegenstände. Emin Pascha brate die Gesundheit des Kaisers Wilhelm aus und Major Stairs slatiete ten Dank Namens der Offiziere Stanley's ab. Kapitän Brackenbucy, der anwesende älteste Flottenoffizier, brate einen Trinkspruch auf Major Wissmann aus, dec begeisterte Aufnahme fand.“

Oesterreich-Ungarn. Wien, 7. Dezember. (Wien. Ztg.) Der Budgetaus schuß des Abgeordnetenhauses nahm heute das Gesetz, betreffend die Forterhebung der Steuern und Abgaben, dann die Bestreitung des Staatsaufwands in der Zeit vom 1. Januar bis Ende März 1890, sowie die Vorlage, betreffend die Verwendung der dem Aerar zufallenden Entschädigung anläßlich der Ueber- nahme des Propinationsrechts in Galizien unverändert an.

Budapest, 7. Dezember. (W. T. B.) Das Unter- haus nahm heute die Vorlage über das Rekr uten-Kon- tingent an. Der Landesvertheidigungs - Minister, Baron Fejervary, stellte für das nächste Jahr einen Bericht über die Institution der Einjährig ¿Aan in Aussicht.

Agram, 7. Dezember. (Wien. Ztg.) Der kroatische Landtag erledigte heute das Budget in dritter Lesung.

Großbritaunien und Frland. London, 7. Dezember. (A. C.) Die amtliche „London Gazette“ veröffentlicht den Wortlaut eines zwishen Großbritannien und der Re- publik Columbien geschlossenen Auslieferungsver- trages, sowie den Text eines british-italienishen Vertrages in Bezug auf das Recht der Durchsuchung von S klavenschiffen, welche die italienishe Flagge tragen.

Lord Wolse le g erklärte gestern bei einer Preisverthe!- lung, daß die im Lager von Aldershot stehende Division innerhalb zehn Tagen mit dem neuen Magazingewehr bewaffnet werden würde. Jm nächsten April werde hoffent- lih die ganze Armee mit dem rauhlosen Pulver ver- sehen sein, welches dem jeden anderen Landes ebenbürtig sei.

Frankreich. Paris, 7. Dezember. (Fr. C) Jn der heutigen Sizung der Deputirtenkammer theilte der Präsident loquet mit, der Abg. Ch iché, ein in Bordeaux gewählter oulangist, wünsche die Regierung zu interpelliren über die Erhebung von früheren Abgeordneten zu hohen Staatsämtern. Der Justiz-Minister Thévenet erklärte, die Regierung )ei bereit, der Kammer Rede zu stehen. Chich s beantragte sofortige Er- örterung der Angelegenheit, da die Ernennung von gE& wissen ehemaligen Abgeordneten, die das allgemeine Stimm- recht abgelehnt hätten, große Erregung hervorrusfe. Man müsse feststellen, ob die Kammer ein solches Verfahren billige. Die Berathung der Interpellation wurde mit 258 gegen 205 Stimmen auf einen Monat zurückgestellt. Die Wahl des Konservativen Multedo (Ajaccio) wurde wegen Beeinflussung

‘durch die Geisilihkeit, besonders durch den Bischof von Ajaccio,

mit 279 gegen 236 Stimmen für ungültig erklärt. Mit gegen 22 Stimmen wurde die Wahl Neyrands

(St. Etienne) ebenfalls für ungültig erklärt.

Baan und Polen. St. Petersburg, 8. Dezember. (W. T. B.) Der „Russische Jnvalide“ macht Folgendes be- fannt: Der Prinz Louis Napoleon is zum Oberst-Lieute- nant im Dragoner - Regiment Nishni - Nowgorod, König von Württemberg, ernannt. Gleichzeitig ist ihm Urlaub nah dem Auslande bis zum 15. April 1890 bewilligt.

9, Dezember. (W. T. B.) Jm Winterpalais fand gestern das üblihe Diner anläßlih des St. Georgs- Ordensfestes unter Betheiligung der Kaiserlichen Fa- milie und der hohen Staatswürdenträger statt. Nach dem

Grashdanin“. trug. der Kaiser bei der Tafel die Uniform des

Dragoner-Regiments Nishni-Nowgorod.

Ftalien. Rom, 7. Dezember. (W. T. B.) Die Re- gierund hat den Signatarmächten der Generalafkte der Berliner Konferenz mitgetheilt, daß der Artikel 5 des Vertrages zwischen Jtalien und dem Sultan von Haussa, dem Chef aller Danikils, wie folgt, lautet: Wenn Haussa oder irgend ein Punkt seines Gebietes und der Dependenzen beseßt werden sollte, so soll der Sultan sich dem

widersezen und die italienische Flagge mit der Erklärung auf- hissen, daß er seine Staaten und Dependenzen unter italienisches Protektorat gestellt habe.

Nah einer Meldung der „Agenzia Stefani“ aus Massova h brachten Dedshak Sejum und Dedshak Selohat, R der Provinz Agame, welchen sich zwei Banden

ingeborener unter dem Befehle des Kapitäns Bellini an- geschlossen hatten, am 2. d. M. Mangasha und Ras Alula eine vollständige Niederlage bei. Nach diesem Gefecht ist die gesammte feindliche Streitmacht in der Provinz Tigre vernichtet. Ein ausführlicherer Bericht über das Gefeht wird erwartet.

Brindisi, 9. Dezember. (W. T. B.) Der Großfürst Peter von Rußland is mit Gemahlin und Gefolge gestern Abend hier eingetroffen, um sich nach Alexan drien einzuschiffen.

Portugal. Lissabon, 7. Dezember. (W. T. B.) Der Dampfer Ala goas“ ist unter der alten Flagge Brasiliens, mit dem Kaiser Dom Pedro, der Kaiserin und der faiserlihen Familie nebst Gefolge an Bord, heute Morgen hier eingelaufen. Bei Belem, gegenüber dem Lazareth, wurde angelegt. Die hohen Reisenden verließen alsbald das Schiff. :

Auf die letzte Note Lord Salisbury's erwiderte der

tinister des Aeußeren, Barros Gomez, daß er die Rechte Portugals aufrecht erhalte, welhe sih auf die früheren Erforshungen des Landes (Südost-Afrika) sowie auf die effeftiven Besezungen gründeten. Portugal habe stets e Anstrengung gemacht, um den Sklavenhandel zu be- ämpfen.

Belgien. Brüssel, 8. Dezember. (W. T. B.) Jn der gestrigen Sigung der Antisklaverei-Konferenz wurde die Absendung einer Glückwunsch-Adresse an Emin Pascha und Stanley beschlossen. Nah Schluß der Sizung nahm die zum Studium der Unterdrücckdung des Sklaven - handels in Jnner- Afrika eingeseßte Kommission die Diskussion mehrerer ihr vorliegender Vorschläge wieder auf und genehmigte mehrere Artikel.

Im Verlauf der gestern von der Kammer fortgeseßten Debatte über die JFnterpellation Bara vertheidigte der Deputirte Jacobs (Rechte) den Minister Devolder. Der Minister des Junern protestirte energish gegen alle gegen ihn gerichteten Verleumdungen. Janson und Bara kamen auf ihre vorgestrigen Ausführungen zurück. Die Kammer ging darauf unter Billigung der Handlungen des Ministeriums mit 76 gegen 34 Stimmen zur Tages- ordnung über.

Serbien. Belgrad, 7. Dezember. (W. T. B.) Jn der Skupshtina erwiderte dec Finanz-Minister auf die Interpellation über das Verfahren des früheren Finanz- Ministers Rafkitsch, daß die Kontrahirung der vor- jährigen Anleihe der serbischen Tabadckloose nicht gesezlih gewesen, weil der Minister an Stelle der be- willigten s{chwebenden Schuld von 5 Millionen eine Lotterie- Anleihe von 10 Millionen Frcs. aufgenommen, weil er ferner über eine Million ungeseßlih verwendet und das Taback- monopol eigenmächtig Andern übergeben habe. Betreffs der verlangten Anklageversezung des früheren Ministers Rakitsch erklärte der Präsident, daß hierzu ein besonderer Antrag er- forderlich sei.

Die Meldung verschiedener Blätter, daß die Regierung demtürkishen Vize-Konsul zu Vranja die Entziehung des Exequaturs angedroht habe, wird als unrichtig erklärt. Die Regierung hat dem türkischen Gesandten nur eine Zusammenstellung mehrfacher Beschwerden übergeben und die Ansicht ausgesprochen, der Vize-Konsul könne nicht auf seinem jetzigen Posten verbleiben. Die Antwort der türkischen Regierung ist bis heute noch nicht erfolgt.

Parlamentarische Nachrichten.

Jn der gn (33.) Sigung des Reichstages, welher der Staatssekretär Freiherr von Maltzahn sowie andere Bevollmächtigte zum Bundesrath nebst Kommissarien beiwohnten, stand auf der Tagesordnung: die Fortseßung der zweiten Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, be- treffend die Feststellung des Reihshaushalts-Etats für das Etatsjahr 1890/91, und zwar der Etat Zölle und Verbrauchssteuern Einnahme: Kapitel 1 Titel 2 bis 8, auf Grund mündlichen Berichts der Kommission für den Reichshaushalts-Etat. i

Die Berathung wurde fortgeseßt mit Titel 2 (Taba ck- steuer). Berichterstatter war der Abg. von Wedell-Malchow.

Abg. Kroeber fügte seinem jüngst geäußerten Wunsche nah Beseitigung der Lebensmittelzölle den auf Aufhebung oder wenigstens Herabsegung des Zolles auf Taback hinzu. Der Rückgang des deutschen Tabackbaues und des deutschen M A Taback weise dringend auf eine solche Maß-

me hin.

Abg. Müller (Marienwerder) bedauerte, daß die Regie- rung aus fiskalischem gerei der Herabsezung der Tabacksteuer auf inländishen Taback widerstrebe; die

in ihrer wirthschaftlichen Existenz bedrohten deutschen

Tabackbauer würden überrascht und betroffen dieser Fiskalität der Reichsregierung. Die Tabac- bauern würden dankbar sein, wenn wenigstens die Erleichterungen ihnen gewährt würden, die im Wege des Reglements ohne Aenderung der Geseßgebung möglih seien, wenn namentlich die Bestimmungen über die Hebung gemildert würden; sie würden dann gern ihre weiter gehenden Wünsche in Bezug auf Aenderung des Steuersystems und der Steuer- säße Pes,

bg. Scipio trat ebenfalls für eine Aenderung der Hebungsbestimmungen ein ; insbesondere sei das nothwendig bei denjenigen in Bezug auf den Hagelschlag und die Fermen- tation. Abg. Grad wünschte eine Steuerermäßigung nit durch Herabsezung des Steuersaßes, sondern dur Beseitigung der Steuer auf die Abfälle (Stengel und Rippen), die bei den elsässishen Tabablättern bis zu 30 Prozent des Gewichts betrügen.

Abg. Sch ult legte die traurige Lage des Tabackbaues dar. Der Tabacbau gehe beständig znrück, der Verbrauch an RNauchtaback habe erheblih abgenommen; man lege sih jept mehr auf Qualitäts-, als, wie bisher, auf Quantitätsbau. Aber gleihwohl sei eine Besserung niht bemerkbar. Der deutsche Tabackbau verdiene besondere Berücksichtigung; es sei wohl mögli, in Deutschland einen vorzüglichen Taba zu ziehen. Das fiskalische Jnteresse sollte mehr zurüdcktreten.

Abg. Clemm (Ludwigshafen) fand es unbegreiflich, daß, obgleich die berehtigten Wünsche der Tabackbauern schon seit drei Jahren im Reichstage vorgetragen würden, bisher eine Vorlage in ihrem Sinne noch nicht gemacht sei.

Staatssekretär Freiherr von Maltahn erkannte an, daß die Jnteressen der Tabackbauern die warme Ver- tretung verdienten, die sie im O fänden. Die Gründe für die jeßige weniger günstige Lage des Tabakbaues seien aber nicht ausshließlih auf dem Gebiet der Steuergeseß- gebung zu suchen. Die Mittel, einen Theil des Mißstandes zu beseitigen, lägen in der Hand der Tabackbauer selbst. Die Verhandlungen über diesen Gegenstand seien übrigens im Gange, aber noch niht abgeschlossen. Die fiskalischen Gesichts- punkte außer Acht zu lassen, seien die Regierungen nicht in der Lage, da die Einnahme aus dem Tabak ein Theil der gesezlih gegebenen Grundlage der Reichs-Finanzen sei.

Abg. Freiherr von Stauffenberg bemerkte, daß die Tabacksteuer selbst allerdings dem Gesichtspunkte der Fiskalität unterliegen müsse, nicht aber die Handhabung der Steuer; es läge gar nicht im Jnteresse des Fiskus, nah jeden einzelnen Pfennig zu jagen; dabei käme wenig für den Fiskus heraus und die Tabackproduzenten würden dadur ungeheuer be- lästigt. Gründliche Hülfe werde dem Tabatbau nur dur eine Revision der ganzen Tabacksteuergesezgebung gebracht werden ftönnen.

Nach weiteren kurzen Aeußerungen der Abgg. Schult, Menzer, Kröber und des Berichterstatters Abg. von Wedell-Malchow wurde Tit. 2 bewilligt.

„Tit. 3 Zuckersteuer“ enthält an Materialsteuer : 7 344 000 M, an Verbrauchsabgabe : 42 010 000 M

Abg. Dr. Witte führte aus, daß weder die verbündeten Re- gierungen noch der Reichstag es verantworten könnten, daß die Rübensteuer in der bisherigen Weise fortbestehe ; sie müßte, so weit als möglich, baldigst beseitigt werden. Jm Etgt für 1888/89 seien 10 840 000 M an Materialsteuer veranschlagt, und nur 1 705 000 M tha!sählih eingenommen; die Differenz sei als Exportprämie gezahlt. Es würden 6,40 46. für den Doppel:-Centner Steuer erhoben, 8,50 M aber beim Export zurückvergütet, eine Exportprämie von 2,10 A also geleistet. Es sei [eb- haft zu wünschen, daß die Zuckerkonvention zur Beseitigung der Prämien zu Stande komme; es scheine aber, als ob Jahre noch darüber vergehen sollten.

Staatssekretär Freiherr von Malgahn erklärte, daß über das Zustandekommen der Konvention der nächste Sommer entscheiden werde.

Bei Schluß des Blattes sprah der Abgeordnete Fürst von Haßtfeldt.

(Der S@lußbericht über die vorgestrige Sißung des Neichs- tages befindet sich in der Ersten Beilage.)

sein von

Von den Abgg. Graf zu Stolberg-Wernigerode und Wichmann ist folgender Antrag eingebraht worden:

Der Reichstag wolle bes(ließen: „unter Bezugnahme auf die Resolution vom 5. März 1888 den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, dem Reichstage einen Gesetzentwurf über Aufhebung des JIJden- titäts-Nachweises für transitirendes Getreide vorzulegen.“

Der Abgeordnete Oekonomie - Rath Ferdinand Knauer- Gröbers ist, wie „W. T. B.“ aus Halle meldet, gestern plöblih verstorben. Derselbe vertrat den 1. Wahl- kreis Reg.-Bez. Merseburg (Liebenwerda-Torgau) im Abge- ordnetenhause.

Jm 16. s{hleswig:holsteinishen Wahlbezirk Kreis Stormarn ist an Stelle des Geheimen Justiz-Rath Reimers in Kiel, welcher sein Mandat niedergelegt hat, Landrath von Bülow in Wandsbeck (freikonservativ) mit 165 Stimmen zum Mitgliede des Hauses der Abgeordneten gewählt worden. Professor Hänel in Kiel (freifinnig) erhielt 38, Finanz-Rath Krieger in Altona (nationalliberal) 31 und Hofbesiger Henne- berg in Poppenbüttel (nationalliberal) 2 Stimmen.

Eisenbahn- Verordnungs-Blatt. Herausgegeben im Fg can Ministerium der öffentlichen Arbeiten. Nr. 29, Inhalt : Allerhöchster Erlaß, betreffend anderweite Festseßung der Entschädigung für Eninahme von Feuerungsmaterial aus fiskalischen Vorräthen. Vom 15. September 1889. Erlaß des Ministers der öffentlichen Arkeiten: vom 27. November 1889, betreffend Ausübung polizeilicher Funktionen auf den Bahnhöfen und Bahnanlagen Seitens der Bahn- polizeibeamten einerseits und der Organe der allgemeinen Polizei andererseits. Nachrichten.

Centralblatt der Bauverwaltung. Herausgegeben im Ministerium der öffentlihen Arbeiten. Nr. 49. Inhalt: Amt- liches : Personal-Nacrichten. Nichtamtliches : Burg Gleiberg. Eiffffel’s zerlegbare stählerne Brücken. Eisenbahnbrücke zwischen Eng- land und Frankreih. (Fortseßzung.) Rammen von Buchenholz- Spundwänden in fteinigem Boden. Vermischtes : Festschrift eDie Pol ader und Landsitze dcs württembergischen Regenterhauses.

undgebung des Berliner Architekten-Vereins, betr. das National- Denkmal für Kaiser Wilhelm. Kunstgewerblihe Weihnachismessen in Berlin. Allgemeine clektrotehnishe Ausstellung in Frankfurt a. M, Donaubrücke in Rumänien. Umbau der Marienwasser- straße in Rußland. Bücherschau.

Theater und Musik.

Deutsches Theater.

Das alte Lustspiel von Sardou „Der leßte Brief“ (Les pattes de mouche) erstand am Sonnabend im Deutschen Theater zu neuem Leben. Das Lustspiel gehört zu den liebenswÜü: digîten und barmlosesten und erscheint Einem gegenüber der Frivolität, die si in den modernen französishen Lustspielen und Sittendramen breit macht, beinahe altfränkisch. Der Genuß, den es bereitet, ist unver- mist und rein von allem Beiges{bmack; denn auch die Mißverständ- nisse, welhe das Gebiet der Sitte berühren, beleidigen nit, weil ibnen keinerlei Verletzung der Sitte in den Vorausseßungen und in der Entwicflung des Stücks zu Grunde liegt. Wenn wir nit irren, ist es früber auch oft im Königlichen Schauspielhause gegeben worden. Seine Wiedererwelung im Deutschen Theater rechtfertigt sih durch si selbst, wie au durch die vortrefliche Darstellung, die es hier dur bewährte Kräfte fand. Die Jagd nah dem „leßten Brie“, den eine junge Frau vor ihrer Ebe an einen damals noch geliebten Mann geschrieben und dessen fie wegen der Eifersuht ihres nunmehrigen Gatten habhaft zu werden ih bemübt, während ihn der ehemals Geliebte aus Race und Rancüne ihr vorzuenthalten sucht, wurde von Hrn. Nifsen (Proëper von Block) und der Freundin des Hauses, Frl. Marie Pospischil (Susanne de Bric) in flottem Tempo und mit bebag- lihem Humor dur{geführt: Beide gaben sich in ihrem Wesen na- türlich und ungezwungen und trafen damit für ihre Rollen gerade das Rittige. Von den übrigen Mitwirkenden seien namentlich Hr. Engels, der den „, Thirion“ zu ciner gemüthlichen komischen Figur machte, und Hr. Steffter, welcher einen sich seiner ersten Liebe bewußten Studenten mit viel treffenden Pointen auszustatten wußte, hervor- gehoben. Hr. Merten (BVanhove) und Frl. Hedwig Meyer (Cla- risse) unterstützten sie aufs Beste. Die Ausstattung war ge\{mackvoll und richt überladen. Der Beifall wuchs von Aft zu Akt, ebenso die Lalblust, die in diesem Stück namentli im leßten Akt bis zum Fallen des Vorhangs volle Befricdigung findet. E

Friedrich-Wilhelmstädtishes Theater.

Am Sonnabend gelangte die neue Operette „Prinzessin Pirouette“, deren Libretto von M. Ordonneau und E. André, in deutscher Uebersezung von Richard Genée herrübrt, zur erften ebenso erfreulihen wie erfolgreichen Aufführung, Der Komponist Robert Planquette hat sih dur frühere Arbeiten, durch seine - melodieenreihen „Glocken von Corneville* und durch die ¡war auf der Bühne kurzlebige, aber kompositorisch nicht unbedeutende Operette „Rip-Rip“ bereits vortheilhaft be- kannt gemacht. Die Vorzüge, welhe jene früheren Arbeiten aus- zeiHneten, gefällige Melodienführung und interessante Bebandlung des Orchesters finden wir au in der Novität wieder, ohne daß jedo ein künstlerischer Fortscritt in Bezug auf die Vertiefung der musi- falishen Wirkung bemerkbar würde Die Mußk ift durchweg einfa, anhbeimclnd und in der Instrumentation nichr ohne Humor; der auch hier wieder vorhandene Reichthum an Melodien bält #ch fast immer von Trivialität fern, ohne doch, wie bemerfkt, tieferen eigenartigen musikalis@en Gebalt ¿u offenbaren. Das Fest- halten as bestimmten rbythmiscen Formen, welches aller neueren Operettenmusik fast ausnahmélos eigen ift, scheint der Originalität der Erfindung immer engere Grenzen zu ziehen. Im (Finzelnen bringt die Novität rebt erfreulide Nummern, von wel%hen das Duett „Mit zwanzig Jahreu“ im ¿weiten und cin fomishes Duett im leßten Akt be'ondere Erwähnung verdienen.

Am meisten ansprehend und einheitlich gestaltete fch der erste Akt, sowohl was die Frische der Komposition, als was den Text an- betrifft; die Wirkung des zweiten Akts war matter zumeist in Folge der zersplitterten Handlung, während der dritte Aft von überraschender Kürze, aber do wieder wirkungsvoller erschien

Was das Libretto anbetrifft, so erschwerte es dem Tondihter seine Arbeit durch die zahlreihen Verknüpfungen, welche die Schid- fale von vier Liebespaaren 1it einander verbinden. Wie im „Markt zu Richmond* erscheinen zwei verkleidete Edeldamen, um si als Magde zu vermietbhen, diesmal aber nit bei Landleuten, sondern bei zwei gleihfalls verkleideten Edelleuten. Die Maskerade spielt den zweiten Akt bindur fort und findet im dritten ibr wohlgefälliges und lustiges Ende.

Die Darstellung war eine in allen Theilen erfreuliche, jeder Mit- wirkende gab sein Bestes und balf fo den s{chönen Erfolg des Abends sichern. Frl. Offenny (Prinzessin Diana) sang mit angenehmer Stimme, doch wollte ibr das neckishe, humoristishe Spiel nicht recht gelingen; unter demselben Mangel an natürlihem Humor litt auch die Darstellung des Frl. Scherenberg troß der Grazie und Zier- lihkeit der Ershcinung. Frl. Lejo sang und spielte die „Jasmine“ mit gutem Gelingen. Den jugendliGen Lievhabec (Herzog von Pellegarde) - brahte Hr. Steiner gesanglich schr tüchtig zur Geltung; sein Vortrag zeugte von warmer Empfindung, die Wort und Musik Belebung verlich. Hr. Monti war_febr glücklich mit seinem lyrishen Antrittslied im ersten Akt; die Stimme entwickelte cinen warmen, weihen Ton und ließ gute Schulung erkennen, Einen verliebten alten Gecken spielte Hr. Wellhoff mit seinem gewohnten, durchshla-enden Humor zu allgemeiner Beluftigung Die Herren Hanno und Pagin hatten wenig Gelegenheit, ihr Können in den Bordergrund zu stellen.

Die Kostüme und Dekorationen waren ges{chmackvoll und prächtig, die Aufnahme ter Operette cine recht erfreulihe und günstige; nah jedem Afte rief der Beifall nicht nur die Darsteller, sondern auh Hrn. Kapellmeister Federmann und Hrn. Direktor Fritzsche hervor.

Sing-Akademie.

Frl. Lilli Schneider, eine noch jugendliche Sängerin, erschien am Sonnnabend zum ersten Mal vor dem hiesigen Publikum. Sie besitzt eine umfangreihe und kräftige Sopranfstimme, die aber noŸ sehr der fkünstleris&en Ausbildung bedarf, um in einem öffentlichen Concert mit Erfolg #% hörea zu laffen. Der \chwankende Tonansay beeinträchtigt die Reinbeit der Intonation, und es hat die stimmbegabte Künstlerin außerdem die zu sccharfe Klang- farbe ihrer höchsten Tône und ein den Vortrag beunruhigen- des Trennen der Worte zu vermeiden. Die Auswahl der Ge- säânge zeugte von gutem Geschmak; das Programm nannte: die Arie „Welche Labung für die Sinne“ von Haydn, Lieder von Beethoven, Schubert, Mendelssohn und Anderen, deren Auéführung freilid unter den erwähnten Mängeln litt. Der Pianist Hr. Sally Liebling unterstüßte das Concert durh den Vortrag mehrerer Klavierstücke. Beethoven's Cis-moll-Sonate spielte der Künstler mit tadelloser Technik, doch ohne die erforderliche Tiefe der Auf- fassung. Besser gelangen die Piecen von Mendelssohn und Chopin. Die Concertgeberin sowohl als der Pianist erfreuten sich lebhasten Beifalls von Seiten des allerdings niht schr zahlreich ershienenen

Publikums. Muster-Militär-Concert.

Der Verein zur Veranstaltung von Muster-Militär-Concerten veranstaltete am Sonntag Mittag in den Näumen des Victoriaga- Theaters seine zweite Aufführung. Neben den künstlerischen Zwetten, welche der Verein verfolgt, sollen diese Concerte auch no der Woblthätigkeit dienen; die Erträge fließen dem Allerhöhî? genehmigten Unterstüzungéfonds für deutshe Militär-Musiker zu. Am Sonntag be- theiligten sih oan der Aufführung die Musikcorps des Kaiser Franz Garde-Grenadier-Regiments Nr. 2, des Kaiser Alexander Garde- Grenadier-Regiments Nr. 1 und des Garde-Kürassier-Regiments unter Leitung der Königlichen Stabsboboisten Hrn. John und Jänisch sowie des Königlichen Stabstrompeters Hrn. Ruth. Das Concert zerfiel in drei große Abtheilungen, von denen die beiden ersten der Ausführung von Werken moderner und auch vereinzelt klassisher Komponisten gewidmet waren. Es wurde begonnen mit dem Chor „Wie lieblih sind die Boten, die den Frieden verkündigen“, aus Mendelsjohn's Oratorium „Paulus“ ; ferner heben wir aus dem Programm hervor Wagner's Ouverture zur Oper „Rienzi“, Gluck's Ouvecture zu „Armide“, den Kriegermar\ch aus „Athalia“ und Mozart's „Ave verum“, Der Vortrag der einzelnen Nummern war durchweg sauber und klar; es wurde mit großer Prä- zifion und mit anerkennenswerthem Ausdruck gespielt; auch das