1889 / 304 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 20 Dec 1889 18:00:01 GMT) scan diff

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getroffen und beabsihtigt, am 22. wieder in See zu gehen. S. M. Kreuzer - Korvette „Frene“, Kommandant Kapitän z. S. Prinz Heinrich von Preußen Königlihe Hoheit, ist am 19. Dezember in Korfu eingetroffen und beabsichtiat, am 28. nach Port Said in See zu gehen. S. M. Schiffsjungen-Schulshiff „Ariadne“, Kommandant Kapitän zur See Claussen von Finck, ist am 18. Dezember in Trinidad angekommen und hat am 19. die Weiterreise fort- gesest.

Vayern. München, 19, Dezember. Die Kammer der Abgeordneten erledigte in ihrer gestrigen und heutigen Sitzung den Forst-Etat. Der Abg. Kuby berichtete, wie der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, hierauf über die Petitionen für die pfälzishen Bahnbauten Landstuhl—Thaleisch-

Der Minister Freiherr von Crailsheim erörterte den Fusionsvertrag. der pfälzishen Bahnen; hiernah fi dezen Ver- waltung zum Bau jeder-Linte verpflichtet, welche bis 1890 von der Regierung angeregt werde, und „angeregt“ sei nach Auffassung der Regierung, wenn eine solche überhaupt nur ernstlih besprohen werde. Das sei bei den erwähnten Linien der Fall. Uebrigens stehe die Loyalität der pfälzishen Bahn- verwaltung außer Zweifel, allenfalls würde die Regierung gegen Zinsgarantie stets einen anderen Unternehmer finden. m einzelnen besprah der Minister das Projekt Offstein- Grünstadt am Günstigsten, es werde im nächsten Bahngeset enthalten sein. Ein besonderes Geseß hierüber dem jeßigen Landtage noch vorzulegen, lehnte der Minifter der Konsequenzen halber ab. Æ

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Sachsen. Dre#den, 19, Dezember. (Dr. F.) Nach Eröffnung der Sizung der Ersten Kammer machte der Präsident zunächst Mittheilung von dem in der Nacht zum 18. d. M. erfolgten Ableben des Direktors des landwirth- schaftlihen Instituts der Univerfität Leipzig und Kammer- mitgliedes, Geheimen Hofraths Professors Dr. Adolf Blomeyer, und forderte die Kammer auf, dem An- denken des Verstorbenen ihre Ehrenbezeugung durch Erheben von den Sigen auszudrücken, was einmüthig geshah. Hierauf trat die Kammer in die Tagesordnung ein. Sie genehmigte zunächst auf Antrag ihrer 2. Deputation bei Kap. 17 des ordentlihen Staat2haushalts-Etats (Landeslotterie) die Einnahmen mit zusammen 5 205 250 . und bewilligte die Ausgaben mit zusammen 959693 M; ferner bei Kap. 18 (Lotteriedarlehnsfkasse) die Einnahmen mit 350 000 M, die Ausgaben mit 19128 #, darunter 340 M transitorisch; bei Kap. 19 die Einnahmen der allge- meinen Kassenverwaltung in Höhe von 1 570800 Weiter bewilligte die Kammer bei Kap. 105 (Reichêtagswahlen) die A u s- gaben mit 1500 S und bei Kap. 106 (Vertretuig Sachsens im Bundesrathe) die Ausgaben mit 23 620 ,Æ, darunter 1470 f

transitorisch. Die Beschlüsse wurden allenthalben einstimmig | und obne Debatte nah der Vorlage in Uebereinstimmung mit

denen der Zweiten Kammer gefaßt. Endlih bes{loß die Kammer einstimmig und ohne Debatte nah dem Antrage der- selben Deputation, von der, dem Königlichen Dekret Nr. 9, die Begebung der durch die Gesetze vom 15. August und 7. Sep- tember 1878 geschaffenen 3 proz. Rente und die dafür verein-

nahmten Beiträge betr., beigefügten Mittheilung Kenntniß zu

nebmen. Hierauf vertagte sih die Kammer bis zum 8. Ja- nuar 1890.

Württemberg. (—) Stuttgart, 18. Dezember. Aus Anlaß des morgigen Jubiläums empfingen Jhre Majestäten der König und die Königin heute Nahmittags 5 Uhr Deputationen der Regimenter, deren Chefs Höchst- dieselben vor 25 Jahren geworden find. Die Deputationen bestanden aus den Commandeuren, den Stabsoffizieren, den ältesten Offizieren jeder Charge und den Regimentë-Adjutanten. Der König empfing die Ab- ordnungen jeines Grenadier-Regiments Nr. 123 und seines Ulanen-Regiments Nr. 19, die Königin die ihres Grenadier- Regiments Nr. 119 und ihres Dragoner-Regiments Nr. 25. Um 5/, Uhr fand sodann zur Feier dieses Erinnerungstages bei Jhren Majestäten große Gaia- tafel in der Spiegelgalerie des Königlihen Schlosses statt, an welcher Jhre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Wilhelm, Jhre Kaiserlihe Hoheit die Herzogin Wera, Se. Königliche Hoheit der Herzog Albreht, Se. Hoheit der Prinz und Jhre Königliche Hoheit die Prinzessin Hermann zu Sawhsen - Weimar - Eisenah mit FZhren Hoheiten der Prinzessin Olga und dem Prinzen Ernst sowie Se. Durchlaucht der Fürst Karl von Urach, Graf von Württemberg theilnahmen, und zu welcher, außer den Angehörigen der Königlichen und der Prinzlichen Hofstaaten, dem General-Adjutanten und den Flügel-Adjutanten Sr. Majestät, die Mitglieder der gedahten Regiments- Deputationen eingeladen waren. Fhre Majestät die Königin hatte erstmals das Höchstihr von Sr. Majestät anläßlich ihrer vor 25 Jahren erfolgten Ernennung zum Chef der ge- nannten Regimenter verliehene Dienst- Ehrenzeichen erster Klasse angelegt. Bei der Tafel erhob sich zuerst der König, um in Erinnerung an die während der leßten 25 Jahre von seinen Regimentern bewiesene Treue und Tapfer- keit auf diese zu trinken; sodann brachte die Königin das Wohl ihrer Regimenter aus. Hierauf dankte Prinz Wilhelm Jhren Majestäten im Namen der Regimenter und brachte ein dreimaliges, von der Versammlung mit Begeisterung aufge- nomnenes Hoh auf U ee aus. Nach Aufhebung der Tafel mahten Jhre Majestäten noch längere Zeit Cercle und unterhielten ih auf’'s Huldvollste mit den sämmtlichen einzelnen Wiitgliedern der Deputationen.

Baden. Karls3ruhe, 19, Dezember. (W. T. B.) Sr. Großherzoglichen DeR dem Prinzen Wilhelm von Baden ist an seinem gestrigen Geburtstage ein herzliches Glüdckwunsch-Telegramm Sr. Majestät des Kaisers zugegangen, welches dem Prinzen zugleich mittheilte, daß er von Sr. Majestät, in Erinnerung an die triegerishen Er- eignisse des Jahres 1870, an denen der Prinz ruhmvollen Antheil genommen, à la suite des ersten Garde-Feld- Artillerie-Regiments gestellt worden sei, welhem Re- gimente der Prinz früher angehört hat.

Mecklenburg-Schwerin. Schwerin, 19. Dezember, (Meckl. Nachr.) Nach aus Cannes eingegangenen telegraphischen Nachrichten is das Befinden Sr. Köfüglihen Hoheit des Großherzogs besser, wenn auch immer noch shwankend.

Sternberg, 19. Dezember. (Meckl. Nachr.) Der Land- tag genehmigte heute im Wefsentlihen die Nebenverord- nungen zurEisenbahnvorlage. Die Steuer-Kommission schlug 7/19 Edikt Kontribution vor.

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etatèmäßigen | i ad ] | einen Besuch ab. Heute begiebt er sich nach Liverpool, um

Sachsen-Weimar-Eisenach. Weimar, 19. Dezember. (Weim. Ztg.) Außer den Deputationen des Offizier-Corps des 5. Thürinaischen Jnfanterie-Regiments Nr. 94 (Großherzog von Sachsen) und des Kürassier-Regiments Graf Geßler (Rheinishen) Nr. 8 wind auch eine Deputation des Leib- Kürassier-Regiments Großer Kurfürst (Schlesischen) Nr. 1 Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzog am 21. seine Glückwünsche zu Höchstdessen Jubiläum als Offizier der Königlich Preußishen Armee darbringen.

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Oldenburg. (H.) Oldenburg, 19. Dezember. Hoheiten die Herzoge Alexander und Peter von Olden- O haben fich gestern Abend nah St. Petersburg zurück-

egeben.

eine Petition von 18 Abgeordneten des Landtages an die Regierung übergeben, worin dringend ersucht wird, dem Land- tage ein den jeßigen Zeiten entsprehendes Regentschafts- ges vorzulegen.

Lübeck, 18. De (Wes -Ztg.) Der Bürgerschaft lag in ihrer leßten Sißung das Staatsbudget für 1890 vor. Nach diesem sind die Einnahmen des nächsten Fahres auf 3293 397 M, die Ausgaben auf 3 459 816 F geschäßt, sodaß als außerordentlihe Einnahmen aus dem Reservefonds 166 419 M zu entnehmen sind.

Deutsche Kolonien. Dr. Zintgraff, welher Ende vorigen Jahres von Kamerun aufgebrohen war und im Mai Süd-Adamaua und demnächst Jbi am Benuë erreicht hatte, ist, einem Telegramm aus Lagos vom 19. d. M. zufolge, von dort über Bakundi und Gashka nah Yola am oberen Benuë gereist. Er befindet sich gegenwärtig auf dem Rück- wege über Gashka und Aschaku nach der von ihm auf der Ausreise gegründeten Bali- Station. Sein letztes Schreiben ist vom 12. August aus Gaschka datirt.

Oesterreich-Ungarn. Wien, 19. Dezember. (W. T. B.) Jm Herrenhause theilte heute der Präsident Graf Traut- mannsdorf mit, daß laut Zuschrift des Minister-Präsidenten Se. Majestät der Kaiser und König mit Handschreiben vom 16. Oktober d. J. die freiwillige Verzichtleistung des Erzherzogs Johann Salvator auf seine Rechte als Mitglied des Kaiserlihen Hauses und auf seine

Militärcharge fowie die Annahme des Namens Fohann | Orth genehmigt habe. Diese Vittheilung wurde mit dem Zusaze |

zur Kenntniß genommen, daß der Erzherzog Johann nicht mehr în der Liste der Mitglieder des Herrenhauses aufzuführen fei. Das Haus nahm hierauf die Geseze über das Rekruten- kontingent und über das Budgetprovisorium, sowie das Markenschußzgesez ohne Debatte an. Zur Vor- berathung der Regierungsvorlage betreffs einiger Ab- änderungen des Volksshul-Geseßes wurde. eine Kommission von 21 Mitgliedern gewählt. E -

Im Abgeordnetenhause widmete der Präsident Smolka dem Abg. Tomaszczuk, dessen in Czernowiß erfolgter Tod am Fahiittag gemeldet wurde, einen warmen Nachruf, wofür der Abg. Drs von Plener dankte. Das Haus trat fodann die WeiZnachtsferien an.

(A. C.) Die Königin verließ gestern, begleitet von der Prinzessin Heinrich von Battenberg und dem Großherzog von Hessen, Schloß Windsor und begab sich nah Osborne, wo der Hof bis Anfangs Februar verweilen wird.

Parnell stattete gestern Gladstone in Hawarden

im dortigen Reformklub eine Rede zu halten.

Frankreich. Paris, 19. Dezember. (W. T. B.) Außer dem Minister - Präsidenten Tirard und den Ministern de Freycinet, Rouvier und Faye ist auch der Minister des Aeußeren Spuller an der Jnfluenza erkrankt, derselbe wird deshalb der Eröffnung der neuen Eisenbahn im Departement Côte d’Or, wohin er sich am nächsten Sonn- iag begeben wollte, niht beiwohnen fönnen.

Der Senat bewilligte heute die geheimen Fonds mit 209 gegen 25 Stimmen. Jn der Deputirtenkammer wollte La Ferronays eine Anfrage an den Minister des öffentlihen Unterrihts Fallières darüber richten, ob es niht angezeigt sei, die Ferien in den Lyceen und Kollegien wegen der herrshenden Grippen - Epidemie früher ein- treten zu lassen. Der Minister Fallières ersuchte La Ferronays, seine Anfrage bis nächsten Sonnabend zu ver- 1chieben, damit er ecst mit dem Rektor der Akademie konferiren könne. Betreffs der Wahl des Deputirten Vacher (Departement Corrèze) wurde nah langer Berathung der An- irag des Boulangisten Le Hérissé u Einleitung einer Unter- suhung über die bei dieser Wahl vorgekommenen Wahl- umtriebe mit 272 gegen 244 Stimmen angenommen.

Toulon, 20. Dezember. (W. T. B.) Das Sub- marineshiff „Gymnote“ seßt seine unterseeishen Probe- fahrten fort. Gestern durchkreuzte dasselbe die hiesige Rhede nah allen Richtungen hin und vermied dabei niht nur Keiten, Bojen und Ankergründe, sondern fuhr auch unter den Panzerschiffen hinweg. Die außerordentliche Leichtigkeit, mit welcher die Umschau ermöglicht ist, gestattet dem Befehls- haber, in weitem Umkreise Alles auf dem Meer wahrzunehmen, obgleih das Schiff sih in einer gewissen Ti-:fe bewegt.

Ftalien. Nom, 19, Dezember. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer hat die Vorlage wegen Reorgani- sirung der öffentlihen Wohlthätigkeits-Jnstitute mit 196 gegen 98 Stimmen und die Vorlage wegen Ver- längerung des gesetzlichen Courses der Banknoten mit 208 gegen 84 Stimmen genehmigt.

Nach einem Telegramm aus Aden sind daselbst Boten aus Schoa eingetroffen, welche bestätigen, daß König Menelik zu Anfang dieses Monats nah Tigre abge- gangen ist.

Spauien. Madrid, 20, Dezember. (W. T. B.) Der Minister-Präsident Sagasta, der Minister des Auswärtigen, Vega de Armijo und der Präsident der Deputirtenkammer Martinez sindan der Fnfluenza erkrankt. Fm Ganzen sind hier gegen 20 000 Erkrankungen an der Jnfluenza vorge- fommen. Mehrere Schulen sind geschlossen worden.

Portugal. Einem Lissaboner Telegramm des „Reuter'- shen Bureaus“ zufolge veröffentlihten die portugiesischen Zeitungen gewisse Dokumente, um darzuthun, daß die Expe-

dition unter Major Serpa Pinto und Senhor Castelloes zu dem Zweck unternomraen wurde, eine Ver- messung für die Shire-Eisenbahn vorzunehmen. Die Zei-'ung „Novidades“ erzählt die Umstände der Ermordung des österreihischen Reisenden Hinkelmann und der versuhten Ermordung des Holländers Maas. Dieje beiden Verbrehen werden den britischen Kolonisten in Blantyre zugeshrieben. Das erwähnte Blatt meldet gleichzeitig, daß der Häuptling von Maponda zum Beginn dieses Jahres die Souveränetät Portugals anerkannte und daß die Missionäre des Kardinals Lavigeri e vor mehreren Monaten nach Ma- ponda abreisten. Portugal, so heißt es, beanspruche keine Ausdehnung seines Gebiets in Afrika, aber die Regierung sei

abe.

Nah einem Telegramm des „Bureau Reuter“ aus Lifsa-

bon hat die portugiesishe Regierung zwei Kanonen-

boote bestellt, welhe im Flusse Zambefi stationirt werden

sollen. Zwei Kanonenboote von kleinerem Umfange sollen für den Nyassa see gebaut werden.

Belgien. Brüssel, 20. Dezember. (W. T. B.) Jn der gestrigen Sizung der Antisklaverei-Konferenz theilte der Präsident mit, daß der Sultan von Zanzibar den Delegirten für Großbritannien, Sir John Kirk, und den Delegirten für Belgien, General-Direktor Dr. Arendt zu Bevollmächtigten Zanzibars bei der Konferenz ernannt habe. Die Konferenz vertagte si hierauf bis zum 18. Januar.

Türkei. Konstantinopel, 19. Dezember. (W. T. B.) Unter dem Vorsiß des Finanz-Ministers Agob Pascha wird eine Kommission zusammentreten, bestehend aus dem Direktor der Ottomanischen Bank, Vincent, dem englischen Mitgli de der Staatëshulden-Ve: waltung, Caillard, dem Regie- Direktor Aubeyneauy und anderen Beamten. Die Kommission foll die Grundlagen für eine Münzreform berathen.

Rumänien. Bukarest, 19, Dezember. (W. T. B.)

| Bei der heute im Senat fortgeseßten Adreßdebatte richtete

der Präsident des Senats Floresco heftige Angriffe gegen das Kabinet, beantragte zu der Adresse ein Amendement betreffend Weglassung der Stelle, welche das Vertrauen der Regierung zum Par: lament erwähnt, und stellte seinerseits die Vertrauensfrage. Der Minisier Lahovary wies auf die seltsame Theorie Flo- resco's hin, welcher das Parlament zwingen wolle, selbst zu erklären, daß es das Vertrauen der Regierung nicht genieße. Der Minister-Präsident Mano gab Aufklärungen über die jüngste Ministerkrise und bemerkte dabei, die Konservativen hätten fich von dem früheren wegen dessen Allianz mit Vernesco und weil Catargi eine persönlihe Regierung gewollt habe, abgewandt. Das von Floresco beantragte Amendement zur Adresse wurde mit Stimmengleichheit abgelehnt, (46 ftimmten für und ebenso viele gegen das Amendement. Von den Anhängern der Regierung hatten irrthümlih 3 für das Amendement Floreëco’s gestimmt.) Der Präsident Floresco und die zwei Vize-Präsidenten Gherafsi und Boresco, welche dem früheren Kabinet als Mitglieder angehörten, legten nah der Abstimmung ihr Präsidentenamt nieder. Ueber ihr Demissionsgefuh wird in der morgenden Sitzung des Senats

| entschieden werden ; die zur Regierungspartei gehörigen Mit: Großöritannien und Jrland. London, 19. Dezember. !

glieder des Senats traten heute Abend zu einer Versammlung zusammen.

Amerika. Washington, 20. Dezember. (W. T. B.) Der Senat hat die Ernennung von W. W. Phelps zum Gesandten in Berlin bestätigt.

Brasilien. Senbo- Araujo Baltrao, der Ge- schäftsträger der Vereinigten Staaten von Brasilien in London, hat ein amtliches Telegramm crhalten, welches wie folgt lautet: „Ein Nationalisations-Dekret wurde am 15, Dezember erlassen, Kraft dessen alle Ausländer, welche am Tage der Proklamirung der Republik in Brasilien ansässig waren, als brasilianishe Bürger betrahtet werden, falls sie die Annahme der Bürgerschaft niht ablehnen. Nach zweijährigem Aufenthalt sollen sie alle bürgerlihen und politishen Rechte, ausgenommen das der Ernennung zum Staatëoberhaupt, genießen, falls sie es niht ablehn-:n, diese Rechte anzunehmen.“

Die Fahrgäste des von Rio in Lissabon angekommenen Dampfers „Tamar“ sagen, wie die „A. C.“ mittheilt, daß in Rio Grande die Unzufriedenheit groß sei und die Ein- wohner dieser Provinz sich lieber Uruguay anschließen, als in den neuen Bund eintreten wollen. Chiffre-Telegramme von Rio de Janeiro melden, daß das Geschäft an der dortigen xse völlig ruhe und die Banken Schwierigkeiten machen, Wechsel auf Europa zu diskontiren.

Australien. Nah einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Samoa vom 10. d. M. ist Malietoa zum König proklamirt worden, hat seine Fahne gehißt und ift von den Konsuln Deutschlands, Englands und der Vereinigten Staaten formell anerkannt worden.

Zeitungsftimmen.

Jn nationalliberalen Blättern wird von einem Artikel der „Vossischen Zeitung“ Notiz genommen, welcher einer Umbildung der freisinnigen Partei das Wort redet. So schreibt die „Berliner Börsen-Zeitung“:

„Es tagt!“ so wäre man versucht, auszurufen, wenn man jeßt die deut’schfreisinnige Presse einer Durchsicht unterwirft, In der Pro- vinz konnte man schon des ODefteren die Lemerkung machen, wie si eine gewisse Opposition gegen die Alleinberrshaft des Hrn. Richter geltend machte, die freisinnige Preffe der Hauptstadt s{chwieg jedo bislang aus Rücksiht auf das Partei-Intecefse; jeßt tritt sic aber au aus ibrer Reserve heraus und läßt deutli erkennen, daß sie der Zwangsherrscwaft Eugen Richter's und der von ihm begründeten „Freisinnigen Zeitung“ hber;lich müde ist, So stößt die „Vossishe Zeiturg* in dasselbe Horn, wie der Professor Bulle in Bremen, indem sie in einem Leitartikel die Umbildung des Partei- wesens bespriht und dabei den Anschluß weiter Kreise der freisinnizen Partei an die wirfklich liberalen Männer ter naticnalliteralen Partei in Aussicht stellt. Das gemäßigt freisinnige Blatt äußert sich freilich noc ein wenig verklausulirt ; es meint, derjenige, welcher heute eine neue Partei zwis{en Freisinn und Nationalliberalismus bilèden wolle, müde erfahren, „daß die Anregung des Hrn. Bulle, so bercchtigt sie ift, nur einseitig sein könxe“, tann fährt der Artifel fort: „Denn wenn unleugbar das Verlangen in weiten Kreisen der freifinnigen Partei lebt, wieder in freundschaftlie Beziehungen zu den wirkli liberalen Männern der nationalliberalen Partei zu

memes Eci: P Le a E E 0e e 1a G r Mf aéUalen,n idé U Î3 U Gleis L Tie e J Ur G L

tinifter-Präsidenten Catargi

treten, wenn selbft für eine neue Partei zwischen der naticnalliberalen und der freifinnigen Raum ift, fo geht niht minder eine sebr be- ahtenêwerthe und starke Strömung in der freisinnigen Partei auf eine \chärfere Hervorkehrung demokratisher Grundsäge und eine rücksichts- losere Betbätigung der Opposition, als sie die freisinnige Partei seit Iabren übt In diesen Worten liegt genan daéselbe aus- gedrückt, was von nationalliberaler Seite seit Fahr und Tag be- reits auêgesprohen wurde, von der „Freisinnizen Zeitung“ aber stets als „leeres Ges{mæäg* hingestellt „worden ist. Es soll uns wundern, was Herr Ricbter jegt sagen wird. Au folgende Sätze werden dem ersten Deutschfreifinnigen wenig gefallen, obglei) sie die frei- finnige Vossishe schreibt: „Die ablebnende Halturg der freisinnigen Partei gegenüber gewifsen fozialpolitishen Forderungen ist es, die ebenfalls eine Anzabl freifinniaer Männer zu dem Gedarken an eine Umbildung des Parteiwesens gedrängt hat.“

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«In diesem Artikel wird offen zucestander, daß die deuts{frei- finnige Partei aus heterogenen und heterodoxen Elementen zusamrmen- geschweißt ist, die auf die Dauer do nit zusammenhbalten können, daß in wi@tigen Fragen, namentli die Sozialpolitik und die Be- ziehungen zu den anderen Parteien betreffend, sehr erbheblibe Meinungs- vershiedenheiten bestehen. Während von den Freisinnigen Richter ser Obsfervanz immer wieder erklärt wird, daß von den Freisinnigen zu den Nationalliberalen keine Brüde führe, läßt dieser Artikel der „Voss. Ztg.“ freilich unter man{erlei Eins{ränkungen doch die Hoff- nung durchs{immern, daß es vielleicht ciner nicht allzu fernen Zukunft vorbchalten sein werde, eine Gefundung unseres Parteiwesers berbei- zuführen. auch die gemäßigten Elemente des Fretsinns zu einer vosi- t ven, thatfkräftigen Mitarbeit an den nationalen Aufgaben des Reiches zu gewinnen.“

Zur Gefangennahme und Hinrihtung Buschiri's be- merkt die „Magdeburgische Zeitung“: _ „Mit der Beseitigung Buschiri's ist die Aufgabe, welbe dem Herrn Reictkommifsar Wifsmann in Ostafrika gesteüt worden, zwar noch nidt zu Ende geführt, Es gilt, die Nahwirkungen der auf- stäntishen Bewegung in dem binnenländischen Gebiete zu beseitigen, die großen Karawanersftraßen überall für Handel und Verkchr zu fichern, und es gilt vor Allem, in den südlichen Haferpläten, in Lindi, Kilwa und Mikindani den Widerstand der reihen und mä&tigen Sklaven- bändler, die dort fiten, zu breben und den Tod der beiden in Kilwa ge- fallenen Deutschen zu rä@en. Aber tas stebt fest, der \chwierigste Theil der Aufgabe ift gelöst; denn mit Buschirt ist der eigentli&e Organi- sator dés aktiven Widerstandes gegen das Deut!chthum verschwunden, und daß er gefallen ist, nawdem er von den Eingeborenen an die Deutschen auégeliefert, wird auch den arabis&en Sflavenbändlern einen beilsamen Schrecken in die Glieder jagen und ibren Muth zu offenem Widerstand gegen die beranziehenden deuts{en Truppen und Schiffe bre@en. Denn zu der Furt vor den überlegenen Waffen der Deutshen wird sich die Besorgniß gesellen, von der eingeborenen Berölkerung im Sti&e gelassen, vielleicht gar den Deutschen ausgeliefert zu werden, wie das jeßt Busciri widerfahren ist, Die Thatsache, daß die eingeborene Bevöikerung jeßt offen Hand in Hand geht mit den Deutschen gegen ihre arabischen Unterdrücker, wird in ihrea moralischen Folgen vielleicht nit geringer beurtheilt werden dürfen, ale der glücklibe Erfolg, der in der Beseitigung Buschiri's selbft liegt. Daß die Abstrafung der Gefangennahme auf dem Fuße nacbgefolgt ist, wird rur mit Genug- thuung erfüllen. Mit den Gräuelthaten, die Buschiri verübt, hatte er sein Leben bundertfach verwirkt. Es it rur ein Akt gereckter Sühne, der jeßt an ihm vollzogen ist, und er selbst wird nit erwartet baben, ein anteres Swicksal zu erfahren.“

Centralblatt der Bauverwaltung. Herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten. Nr. 50, Inhalt: Amt- lies: Personal-Nacrichten. Nichtamtliches : Neubau des Museums für Naturkunde in Berlin. Burg Gleiberg. (Schluß). Preis- bewerbung um das Rathbaus in Leer. Umbildung des Planums und der Bettung eines Eifenbahngeleises, Ueberschwemmungen in Ober-Italien im Herbst 1889, Vermischtes: Wettbewerb zum Kaiser Wilhelm-Denkmal in Düsseldorf. Wettbewerbung um eine evangelise Garnisonkirhe in Straßburg i. E, Preisbewerbung um BVau-Gntwürfe für die Schöncberg-Friedenauer Terrain-Gesell- saft. Festschrift „Die Hoflager und Landsize des württembergischen Regentenhaujes“. Wiederherstellung des Appartamento Borgia im Vatican. Aufdeckung eines Theiles der Cloaca Maxima in Rom, Bücherschau. Neue Patente.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

__ Ueber das erwähnte Urtbeil des Reih8gerichts, welches die öffen t- lie Aufforderung zum Kontraktbruch nah §. 110 des Strafgeseßbu{s für strafbar erklärt, berihtet die „Nordd. Allg. Ztg.“ Folgendes : N

Der Thatbestand, der dem reihsgerichtlihen Urtheil zu Grunde lag, ist folgender: Der Angeklagte Bergmann R. aus Eiberg hatte ein Flugblatt drucken lafsen des Inhalts: „Kameraden! Da unsere Delegirten und Deputirten von Boum und Dortmund in der Sae des Strikes gemaßregelt worden sind, indem die Herren Arbeitgeber ihr 1:ns verpfändetes Wort nit gehalten haben und wir an unserem Central-Strike-Comité in Bohum unbedingt fest- halten müssen, so fordern wir hiermit sämmtliche Kameraden auf, den Strike wieder so aufzunehmen, wie wir ihn verlassen baben. Das Comité. * Von diesem in 150 Exemplaren gedruckten Aufruf hat der Angeklagte R. eine Anzahl in einer Wirthschaft auf den Tisch nieder- gelegt, damit tie anwesenden Bergleute Deputirten davon nähmen und weiter verbreiteten, auch hat er selbst ein Exemplar auf einen benahbarten Markt befördert. Daraufhin wurde vom Land- geriht Essen gegen R. Untersuhung wegen Vergehens wider §. 110 St.-G.-B, eingcleitet, dur UrtFeil der Ferienkammer dieses Gerichts aber der Angeklagte sreigesprochen.

Das Reichsgericht in seinem oben erwähnten Urtheil hat die landgerihtlihe Entscheidung aufgehoben und die Sache zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Das Reichsgericht geht davon aus, daß der §. 110 St -G.-B, indem er die öffentliche Aufforderung ¿um Ungehorsam gegen Gesetze für strafbar erklärt, rit aus\chließlich Strafgeseße im Auge gehabt hat.

irgend eine andere Art von Geseßen von dem Schuß des §, 110 ausges{lofsen sein sollte, lasse sich weder aus dessen Wortlaut, noch aus dessen Sinn und Zweck erklären. Gegenstand jenes strafrecht- lihen Schußes sei die Autorität tes Gescyes an sih. Diese werde in gleiem Maße verleßt, welchen Inhalt das Geseß haben und welhem Gebiet es angehören möge. Während die sonstigen Einzelbeslimmungen tes Strafgesezbuchs den ver- shiedensten Rechtsgebieten, dem Vermögensrecht wie dem Familienrecht, dem Rechte des Staatsoberhauptes wie den politischen Rechten des Einzelnen, durch ihre Strofsaßungen einen verstärkten Schuß geben, nene F. 110 St.-G.-B. das Gesetz an sih

‘amit daß einem Gese der verstärtte strafrebtlihe Schuß niht ge- währt würde, sei g anerkannt, daß seine Verletzung im Einzel- falle das Interesse des Staates selbst nit in dem Maße berührt, als die Verleßung der durh das Strafgesey besonders geschütten Geseße; werde aber zum Ungehorsam gegen Geseße öffentlich pufgefordert, so werde die Achtung vor dem Gesetze als solchem, as Ansehen der gesetzgebenden Gewalt untergraben. Es levte êin, daß dieses Ansehen dur eine öffentliche Aufforderung, gewisse Cvilrehtlihe Pflichten nicht zu erfüllen, (man denke z. B, an die otation der irischen Landliga gegen Zahlung der Pachtgelder) unter inständen \{werer gefährdet werden kann, als dur eine gleichc Auf-

forderung zum Ungehorsam gegen öffentlich reGili&e Vors&riften. Könne also der Stug des §. 110 den bürgerlichen Gesezen an i nicht verjagt werden, so mü!se au dem § 270, Titel 5, Theil I des Allgemeiren (preußischen) Landrechts dieser Shutz gewährt werden: denn dieser Paragraph enthalte in positiver Form das Gebot der Bertragéerfüllung. Der ftrafrechtliße Ungehorsam gegen das Gesey si jedoch nicht ohne Weiters mit der civilrechtliben Verleßung desselben gegeben Die bloße Richterfüüung eines Vertrags begründe den Klaganspru{ des anderen Kontrahenten auf Erfüllung oder Entshädigunz, fönne aber das Thatbeftandsmerkmal des Ungehorsams nur bilden, wenn die Handlung bewußt und gewollt gegen das Gesetz szlbst gerictet gewesen sei. So verlegze in dem vorbin erwähnten Fall der irischen Landliga die Weigerung der Pachtzablung Seitens eines Pächters zue nächst nur das Vertragsrecht des Grundberrn, begründe die Civilklage

auf Zablung, perülee nes in keinex Weise die Gr der VeHts R Et T rone O A: 2c Min: ct Mid as uan gu

sämmtli®e Pächter einer gewissen Landschaft nit aus Zablungsunver- mögen oder aus rechtlich begründeten Einreden, sondern einer aemein- samen Anregung folgend in bewußtem Gegensaß gegen das Gesetz die Pachtzablung verweigern. Bleibe nun au die Hantlung des Ein- zelnen, soweit sie _nicht ein besonderes Strafgeset verlete, straffrei, lo trete doch das Strafgeseß dem öffentlihen AÄnreiz zu solGem Ver- balten wegen der darin liegenden Gefährdung der Re&Stsordnung durch die Vorschrift des §. 110 entgegen. Die Anwendung dieser Vorschrift auf den vorliegenden Thatbestand führe weder zur Bestrafung des einfa@en Vertragébrubs, noch werde die Koalitionsfreibeit der Ar- beiter dadur bescitiat, Es bleibe den Arbeitern, wie den Arbeit- gebern gemäß den Bestimmungen der Gewerbeordnung freigestellt, ibren Ansvprücen, deren Forderung und Bewilligung an si von dem freien Willen der Betbeiligten abbänge, durch das auc ohze Ver- tragébruch dur&führbare Mittel der Vereinigung, Koalition, größeren Natdruck zu geben. Insoweit seien auch öffentliche Aufforderungen zu derartigen Verabredungen von Strafe frei. Ni&t erlaubt und unter §. 110 St.-G.-B. gestellt sind dagegen die Aufforderungen, wele auf ein gesezwidriges Handeln, nämli auf Vertragtbruch, ge- rihtet sind.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Lebensmittelvertheuerung,

__ In der fozialdemokrat:\{en „Volkêtribüne* vom 23. Novewber Uit, worauf die „Leipziger Zeitung“ di? Aufmerksamkeit lenkt, Folgen- des zu lesen: E

__ „Die Korngesetze sind seit 1848 infolge der Agitation der Liberalen aufgehoben. Dafür hat auch Sir Robert Peel sein Denkmal in Cheapside, Cobden das seinige in Hampstead und der nun verstorbene Jobn Bright wird auch cines erhalten. Dem Verdienste scine Krone. Man fragt sih heute nit mehr : sind die Fabrikanten Brigbt und Cobden jo große Efer oder so große, uncigennüßige Mensc&enfreunde gewesen, als fie die Anti-corn-law-league (die Liga gegen die Kornzölle) fükrten gegen die englishen Grundbesißer? Man weiß es längst, daß billige Kornpreise billige Löbne bedeuten und billige Löhne größere Gewinne ter Fabrikanten. Die Aufhebung der Korn- geseße lerkte den Geldstrom des Profits nur in die Tasche der Fabri- kanten, statt in die Tasche der Großgrundbesitzer.“ Um so verwunderlicher ist es, wenn die Sozialdemokratie Arm in Arm mit den Freisinnigen über Lebensmittelvertheuerung klagt.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus dem Saa rrevier licgen neue Nahrichten von wesentlicher Bedeutung über den Ausstand der Bergleute niht vor. Der „Rh.-Westf._ Ztg." wird allerdings vom gestrigen Tage aus St. Iohann-Saarbrüdcken telegraphirt, daß 8000 Mann mehr als am Tage zuvor auf den im Ausstand befindlichen Gruben strikten. Fernec berihtet, wie wir der „B. Börs.-Ztg.* entnehmen, die „Köln. Volks-Ztg.“ aus Saarlouis, daß auf Zee Shwalba ch ein Theil der Belegschaft die Arbeit wieder nicdergelegt babe.

__ Ueber die Bergarbeiterversammlung, welhe vorgestern, wie telegraphisch kurz gemeldet wurde, in Neunkircen stattfand, liegt uns ein ausführlicher Bericht der „Sr. u. Bl -Ztg.“ vor, dem wir folgende Mittheilungen entnehmen: Die Versammlung war sehr stark besucht und wurde von dem Vorsitzenden, Bergmann Hart- mann aus Spiesen, mit einem Hoh auf Se. Majestät den Kaiser eröffnet. Alsdann 1heilte Hartmann mit, die Lage sei heute insofern eine ganz andere, als nit nur die abgelegten Kameraden sämmt- lih au er wieder angelegt und noch weitere Zugeständnisse gemacht, sondern auch soeben _eine Depesche von Warken eingegangen sei, wonach dur telegraphishe Verfügung aus dem Kabinet Sr. Majestät des Kaisers der Hr. Landrath Dr, zur Nedden aus Saar- brüden zum Spezialkommissar für die streitigen Angelegenheiten ernannt sei, welher mit Warken heute noch verhandeln werde. Letzterer empfehle daher einstweilen nicht zu ftciken, er fordere dem: gemäß die Anwesenden auf, morgen alle anzufahren. Unerwarteter- weise ershallte als Antwort der vielhundertstimmige Ruf: „Nein, strifen !“ Der Vorsißende Hartmann legte in Folge dessen den Berg- leuten nun dringend ans Herz, noch eine kurze Frist abzuwarten, bevor sie cinen entsheidenden Schritt unternehmen würden, der bei dem gegenwärtigen Stand der Dinge die shwerwiegendsten Folgen nah sich ziehen müßte. Daß die Behörden zu dem äußersten Ent- gegenkommen bereit seien, bewiesen die Bekanntmachungen des Hrn. Berghauptmanns Brafssert doch zur Genüge. In den letzten Tagen seien eine ganze Reihe von abgelegten Kameraden ohne weitere Be- dingungen wieder angelegt worden. Es wäre also durchaus kein Grund vorhanden, die Arbeit niederzulegen, ein derartiger Beschluß bedeute einen \&weren Mangel an Vertrauen zu Sr. Majestät, der die Sache der Bergarbeiter ja nun direkt in die Hand genommen habe. Als dann aus der Versammlung nochmals stürmische Rufe „wir haben lange genug gewartet, wir \trifken,“ ershallten, erhob \sih Leonh. Schwarz aus LPiebelskirhen und betonte, daß heute nur die Gruben König, Heiniß-Dechen, Reden und Friedrihsthal zur Abstimmung berechtigt seien, welche in Folge der mitgetheilten Depesche von einem Strike noch Abstand nehmen würden; Beeinflussungen zum Strike aber von den anderen anwesenden Bergleuten könnten nicht geduldet werden; dieselben sollten den Saal lieber verlassen. In ähnlichem Sinne sprachen sih au andere Bergleute aus, wobei die Löhne von cinigen in ab- ]prehender Weise beurtheilt wurden. An den Verhandlungen betheiligte sih auch Hr. Bürgermeister Ludwig, der zur Besonnenheit und zum Vertrauen auf die Wohlgesinntheit der Behörden mahnte. Nach einer kurzen Debatte über die bishecige Vershleppung der bergmännischen Forderungen erklärte der Vorsißende Hartmann, von einer Beschlußfassung über den Strike in Folge der durch eingangs erwähnte Depesche und die Anwesenheit von Vertretern der strikenden Distrikte, welhe beständig nah Strike riefen, ver- ursachten Beschlußunfähigkeit absehen zu wollen, und {loß die Ver- sammlung mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf Se. Majestät den Kaijer. Später verkündete no&W Bergmann Schwarz aus Wiebelskirhen, daß am nächsten Freitag (also heute) eine abermalige Versammlung für die Arbeiter von Heinißz-Dechen und König statt- finden solle, in welher unbeeinflußt durch Angehörige anderer Bezirke weiterer Beschluß gefaßt werden soll.

_Im Zusammenhang mit der in der Neunkirhener Versammlung erwähnten Depesche scheint die Nachricht der „Köln, Ztg.“ zu stehen, daß der Königliche Landrath Dr. zur Nedden-Saarbrücken die drei Bergleute Warken, Bachmann und Berwanger protokollarisch vernommen habe auf Grund der an Se. Majestät den Kai ser Ende vorigen Monats eingereichten Petition, welche von den Genannten unterzeihnet war.

__ Aus Berlin berichtet die „Nat.-Ztc.": Sämmtliche im Wagenbau beschäftigten Arbeiter wollen 1m kommenden Frühjahr in eine Bewegung Behufs Erringung besserer Arbeitsbedingungen treten. Eine Verkürzung der jetzigen elf- bis zwölfstündigen Arbeits-

zeit, sowie cine Aufbesserung des etwa 15 bis 18 A pro Woche be- tragenden Lobnes soll, wie in einer im Königstädtishen Kasino statt- gebabten Versammlung betont wurde, angestrebt, die gerauen Forde- rungen aber in ciner späteren Versammlung festgesezt werden. Auch diese Versammlung be!chloß, an der Demonîtration zu Gunsten des Achtstundeatages theilzunehmen.

Ueber den Strike der Gasheizer in London berichtet die „Allg. Corr.“ weiter: Die Parlamentsabgeordneten Causton und Beaufov und der Pastor Chapman find zur Zeit bemüht, den Strike der Gasbeizer der South Metropoiitan Gas-Gesell schaft in Güte beizulegen. Der Direktor der Gesellichaft erklärte den Herren jedo, daß vie legtere nit von ibrem Standpunkt abweichen fönnte. Eine Abordnung der fstrikenden Gashei:er batte vorgestern eine Unterredung mit dem Direktor und zwei anderen Vertretern der South Metropolitan Company. Die Vertreter des ( déi iris. Lis wids- ! ove; t Uwd Anle: egubb:: 113 DUMecan- l Jda: Spidóde -— jowie die Abschaffung des Gratifikationssystems binnen Jahresfrist. Die Vertreter der Gasacsellschaft bezeihneten diese Forderungen als unannehmbar. Der Auëéstand dauert daher fort und die Striker er- klären, derselbe würde bald größere Verbältnisse annehmen als die, weldbe der Dotarbeiterstrike hatte, da sich ihnen 4 mächtige Ge- werkvereine anschließen dürften.

Na Berichten Wiener Blätter aus Reibenberg steht für Neujabr cin Ausstand der Müller in Nord- und Nordwest- böbmen in Aussicht, falls deren Forderungen nah prozentueller Lohnerhöhung, Fixirunz des Sackgewicbts mit dem Yitarimalgewiht von 75 kg und Regelung der Kündigunasfrist nicht bis dabin zuge- standen werden sollten.

Kapitalrei{tbum von Großbritannien und Frland.

: „Nach einem Vortrags, wel@en der Nationalêkonom Robert Griffen kfürzlih in der Königlich statistis&en Gesellichaft in London gehalten, wies das Kapital in Großbritannien und Irland, während es ih in den Iabren 1885—1875 von 6 113009000 Pfd. Sterl. auf 3 948 000 090 Pfd. Sterl. vermebrte, im folgenden Jahrzehnt eine weit weniger {nelle Zunabme auf. Griffen hätt es im Jahre 1835 auf 10 037 009 000 Pf». Sterl. Was die Spareinlagen betrifft so betrugen dieselben imm Jaßre 1822 120 Pfd, Sterl. ver ov? der Nevölke- rung, 1845 143 Pfd. Sterl, 1865 200 Pfd. Sterl, 1875 260 Prd. Sterl. und 1885 270 Pfd. Sterl. Berebnet man die Zinsen dieses riestgen Kapitals zu 4%, so ergiebt dieses 10 Pfd. Sterl. jäbrlih per Kopf der Bevölkerung oder 54 Pfd. Sterl. für die Familie von 9 Personen. Wäre das englis&e Kapital gleihmäßig vertbeilt, fo bâtte jede Familie 1 Pfd. Sterl per Woche. Kein Land, außer den Niederlanden, bat solchen Kapitalreichthum aufzuweisen,

Kunft und Wissenschaft.

__ Am 22. Dezember findet eine vollständige Sonnenfinster-

ntß statt, die nit in Europa, jedoch in Deutsch - Oft - Afrika sihtbar ist. Die Zone der vollständigen Verfinsterung ftreift, wie die „Köln. Ztg.“ berichtet, über Trinidad, Cayenne und Mittel- Afriïa, südlich von Loanda, und ersireckt sh von da nach Deutsch- Ost-Afrika. “An der Mündung dcs Orincco beginnt die Finsterniß gerade bei Sonnenaufgang, auf Santo Domingo is die Sonne bei Sonnenaufgang balb verfinftert, Havannah sicht das Ende der Finsterniß bei Sonnenaufgans. Bei Urtergang der Sonne beginnt die Finsterniß im Arabishen Meer, im Somali-Lande in Ost-Afrika wird man die Sonne halb verfinstert untergehen sehen und am Victoria Nyanza-See endigt die Finsterniß im Augenblick des Sonnenuntergangs. Im ganzen Congo-Becken sieht man in den späten Nachmittagsstunden des 22. Dezember die Sonne verfinstert und die völlige Verfinsterung dauert dort etwa 3 Minuten.

_ Dem Märkischen Provinzial-Museum gingen einige wissenshaftlih sehr merkwürdige Funde aus vorgeshich tliher Zeit zu, welche, wie die „Voss. Ztg.“ reibt, der Forschung zum Theil neue Gesichtspunkte eröffnen, Namentlich ist ein aus der Prignitz ein- gegangener Fund aus der mittleren Bronzezeit von hohem Interesse, Es fanden sih dort in einer mit Leichenbrand gefüllten Urne ein Bronzemesser mit aufgerollter Griffzunge, auf einer Seite mit Linien verziert, eine sehr zierlihe Bronze- nadel, beide der besseren Zeit angehörig, und eine Nadel, theils aus massivem Golde, theils nah der Spitze hin, aus Eisen; das Eisen war fast ganz zerrostet; es lebten daran einzelne Knochenstücke, das Goid aber war von völlig unver- fehcter Form mit Strichgruppen verziert und am Kopfe in eine kleine Scheibe ausgearbeitet. och weitere Eisenreste fanden sich in der- selben Urne, sodaß hier ein neuer Beweis dafüc vorliegt, daß eine zeitlihe Scheidung der Bronze- uzd Eisenperiode niht buóstäblih zu nehmen ist, Ein weiterer bemerkenswerther Fund ging aus dem Havellande ein, wo in dem Leichenbrand einer Urne sh ein Bronze- gürtel- Beschlag (und eine noch daran befindlihe kräftige und kfünstlerish geformte Bronzeschnall e befand.

Land- und Forstwirthschaft.

Leipzig, 16, Dezember. (Magd. Ztg.) Die Ergiebigkeit der Jagdreviere im Leipziger Kreise erhellt aus der Thatsacbe, daß bei der vorgestern vom Grafen von Hohenthal-Knaut- hain veranstalteten Treibjagd 516 Hasen zur Strecke gebratht wurden,

i Ernte in Großbritannien.

Großbritannien produzirte, wie die „A. C.“ berichtet, in diesem Jahre 73 267 007 Bushels Weizen, 67 478 799 Busbels Gerste und etwa 113 548 967 Bushels Hafer. In 1888 betrugen die Ziffern resp. 71 939 647, 68 482 089 und 107 344 090. Der Durcscnitts- ertrag per Morgen war bei Weizen 29,91 gegen 28,05, bet Gerste 31,81 gegen 32,84 und bei Hafer 39,31 gegen 37,24.

Handel und Gewerbe.

Die gestrige außerordentlihe Generalversammlunz der Ber g- werks-Aktiengesellshaft Hugo bei Buer bés{lcß ein- stimmig die vorgeschlagene Statutenänderung zu genehmigen und sämmtliche Obligationen zur Rückzahlung zu kündigen, dagegen 1 500 000 #4 neue Aktien zu emittiren, welche den Aktionären ¿um Course von 102 zum Bezug angeboten werden sollen.

Die neueste Post aus Buenos Aires übermittelt die Nach- riht, daß 14 Makler an dortiger Börse fallirten, was den Sturz anderer Firmen zur Folge hatte. Zwei bedeutende Falli- meinte hatten stattgefunden, eins mit Passiven im Betrage von 4000000 Doll.

Frankfurt a. M, 19, Dezember. (Getreidemarktberiht von Joseph Strauß.) Von fämmtlihen Wochenmärkten ist nur Festigkeit und theilweise Hausse zu melden und die benahbarten Handelëmühlen bleiten kavsflustig. Weizen ab Umgegend 20} —- ¿ Æ, frei hier 26} , exquisite bis 21 Æ, kurhessisher 294 M, russishe Sorten 21 bis 223 A Roggen bei s{wachen Vorräthen mäßig anzichend; hiesiger 18{—è Æ, russishe Sorten 18} Gerste, wirklich feine Brauerwaare zu sehr unregelmäßigen Preisen gehandelt; die Notiz 20}3—23 # bleibt, rumänishe und Donaugerste nah Bayern und Hessen in großen Posten, je nah Qualität von 15—20 #4, gehandelt, Futtergerste 123—13 Æ Hafer, Zufuhren gering, Beda! föfrage andauernd gut, 15/10—16 4, hochfeine viel darüber. Der uvnaus- geseßt billige Preisstand von Mais und das dringende Angebot geringer trujsisher Futtergerste steht der Hausse entgegen. Mais (mixed) prompt mit Aufgeld gesucht, bis 13} S gesteigert, per Februar - März 1890 126/10 X übrig. Roggenkleie 9—} M, steigend, nahdem das hiesige große Corsignationslager der ersten niederrheinishen Aktienmühle geräumt it, Weizenkleie 8—t§ M, lebhaft. Chilifalpeter bei minimalem Geschäft kaum verändert, Käufer treffen hier einen guten Markt. Spelzspreu unter geingen Schwankungen voll behauptet 280 G Für Mehl besteht erfreulißhe Stimmung, erste und Sekunda-Marken lebhaft begehrt; Preise konnten sich ras