1869 / 153 p. 10 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

dorf hatte das Regiment wieder einen Verlust von 523 Mann, es folgte, als shwaches Bataillon von ctwa 400 Mann formirt, dem König nah Glogau und ging von dort mit dem General von Hülsen nah Röderau. Der Rest des Regiments gerieth am 4. Dezember 1759 bei Cöln an der Elbe, nach der heftigsten Gegenwehr, in österreichische Gefangenschaft, aber sämmtliche Fahnen des Regiments mit einer Bedeckung von 50 Mann wurden gerettet.

Die Trümmer des Regiments zogen nah der Mark, wo sie sich durch RekonvalesLcenten aus den Lazarethen u. s. w. so schnell komplettirten, daß das Regiment schon in der zweiten

älfte des Januar 1760 wieder mit 2 Bataillonen auftritt.

8 kantonnirte südlih von der Peene, bis nach s hinein, fortwährend von der s{chwedischen Armee bedrängt. Al Berlin im Oktober 1760 von den Russen bedroht wurde, eilte das Regiment von Kaniß dorthin und focht 24 Stunden hinter- einander vor der Hauptstadt. Nach der Uebergabe Berlins rückte es an die Elbe, nahm an der Schlacht von Torgau Theil, wandte sih dann aber wieder nördlich gegen die Schweden und Russen in Mecklenburg und Pommern, Jm Winter 1760—61 rekrutirte es sich meist aus Mecklenburg. Jm Jahre 1761 stand es fünf Monate lang im Lager von Colberg und kehrte, nach- dem es in dieser Campagne 900 Mann verloren hatte, Ende des Jahres, nur 300 Mann stark, in die Winterquartiere nach Rostock zurü.

Nach dem Frieden mit Rußland, im April 1762, verließ das Regiment Mecklenburg, stieß bei Breslau zur Armee des Königs, wurde dann in dem Bevernschen Corps in Oberschle- sien verwendet, focht hierauf bei Reichenbach und nahm an der Belagerung von Schweidniß Theil. Die Grenadiere gehör- ten zum Grenadicr-Bataillon Natalis und kämpften mit die- sem in den Jahren 1761 und 1762 unter dem Prinzen Heinrich in Sachsen, besonders in der Schlacht bei Freiberg (29. Ofto- ber 1762). i

Der Hubertusburger Frieden (15. Februar 1763) führte das Regiment im Frühjahr 1763 nach 5zjähriger Abwesenheit in seine Heimath (Rastenburg) zurück. Es hatte im siebenjäh- rigen Kriege cinen Verlust von 34 Offizieren, 112 Unteroffi- zieren, 45 Spielleuten, 16 Jimmerleuten und 3680 Gemeinen erlitten, ungerechnet die verseßten Offiziere, abgegebenen Mann- schaften und wiederhergestellten Verwundeten. Bei seinem Aus- marsch aus Schlesien zählte es wieder 32 Offiziere, 93 Unter- offiziere, 38 Spielleute, 14 Zimmerleute, 1607 Gemeine, unter diesen nur 280 Ausländer. Als Anerkennung für seine Ver- dienste im siebenjährigen Kriege wurde dem Regiment das Recht verlichen, seine Wünsche-und Gesuche direkt an des Königs Majestät gelangen zu lassen.

___Im Jahre 1765 erhielt das Regiment Königsberg als Gar- nison angewiesen. Der General-Lieutenant v. Kaniß nahm 1768 den Abschied, sein Regiment ging auf den General-Lieute- nant v. Alt-Stutterheim Über (Regiment Alt-Stutter- heim). Der bayerische Erbfolgekrieg rief das Regiment im April 1778 wieder nach Scchlesien, seine Grenadiere befanden sich bei dem Bataillon Colrepp. Der Feldzug in Schlefien und Böhmen hatte neben großen Strapazen nur zahlreiche Schar- mügßel zur Folge, Nach dem Frieden zu Teschen traf das Regiment am 25, Juni 1779 in Königsberg wieder ein.

General - Lieutenant v. Stutterheim starb 1783; der nächstfolgende Regiments8-Chef, General-Lieutenant von Anhalt (Regiment von Anhalt) 1786. Nach seinem Tode erhielt das Regiment den General-Major Grafen Henckel von Donnersmarck zum TJnhaber. Das nunmehrige Reg ment Graf Henel formirte 1787 ein drittes Bataillon, ein Grenadier-Bataillon. Nach dem Tode des Kaisers Joseph 11. rourde das Regiment im Juni 1790 wieter mobil gemacht und nahm an der russischen Grenze Aufstellung, wo es bis Juli 1791 verblieb. Graf Henckel starb 1793, das Regiment wurde dem General - Lieutenant von Brünneck verliehen (Regiment von Brünneck) und nah dessen Verabschiedung 1803 dem General - Lieutenant von Rüchel. Im Jahre 1805 marschirte das nunmehrige Regiment von Rüchel nah dem Kriegs- shauplay in Mähren, kam aber nur bis Glogau, von wo aus es im März 1806 nach Königsberg zurückkehrte. Die Ereignisse des J. 1806 ließen das Regiment, welches am 14. Oktober noch mit seiner Mobilmachung in KönigSberg beschäftigt war, unberührt. Erst im November rückte es mit dem L'Estocqschen Corps nach der Weichsel ab, nahm am 23. Dezember an dem Gefecht bei Biczun, am 24. Dezember an dem Gefecht bei Soldau, am 8. Februar 1807 an der Schlacht bei Preußisch-Eylau, dann an den Ereignisscnn an der Guber und Alle und den Afffairen von Bartenstein und König®Lberg Theil (die Grenadiere im Bataillon v. Schlieffen, früher v. Below), passirte nah der Scblacht bei Friedland die Memel, um die Gilge zu verthei- digen, und kehrte nach dem Tilsiter Frieden nah Königsberg

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zurück. General - Lieutenant v. Rüchel war im Juli 1807 storben. Das S erhielt keinen neuen Inhaber, nade die Stellung desselben sich Überhaupt im Laufe von zwei J hunderten fast in eine reine Ehrenstellung verwandelt Vat Es führte fortan den Namen Regiment vac. v, Rüchel. M in der

Die große Veränderung, welche im Jahre 1807 preußischen Armee vorgenommen wurde, betraf das Regime vac. v. Rüchel fast gar nicht, da es nur wenig aus den 4 (renen Landestheilen gebürtige Mannschaften entlassen muse

as 3. Musketier - Bataillon wurde im Jahre 1808 aufgelö; und statt desselben das Füsilier - Bataillon v. Bergen Nr i (gestiftet 1743) dem Regiment zugetheilt, welches nun aus 9 | Grenadier-Compagnien, 8 Musketier-Compagnien in 2 Batail lonen, 4 Compagnien leichter Infanterie in 1 Bat. und 1 R:

giments8-Garnison-Compagnie (an Stelle der aufgelösten Reg. Ty. f

validen-Compagnie) bestand. Am 2. Juli 1808 erbielt d es als Divisionsabzeichen die weißen Achselklappen, E . September 1808 die Benennung Erstes Ostpreußische

Infanterie-Regiment. Am 24. September 1809 wurden

in der Schloßkirche zu Königsberg neben dem Altar zwei Ge: f

dächtnißtafeln für die gebliebenen Offiziere und die beiden Mus,

tetierbataillone des Regiments aufgehängt ; der König und die |

Königin wohnten der Feier bei. Unterm 19. November 1809 verlieh der König dem Regiment den Beinamen »y. Stutter heim«, zu Ehren des interimistishen Gouverneurs von Königs. berg, General-Major v, Stutterheim, welcher in den Listen des Regiments als Chef aufgenommen werden sollte. S fiel p A Ce N fort. Das leichte Ba: aillon erhielt am 1. Dezember ie Benennung Füsilier: Bataillon (seit 1812 »Nr. Le.) O

_ Bei dem Ausbruch des Krieges zwischen Rußland und Frank rei im Jahre 1812 wurde das2. Bataillon j R n das Füsilter-Bataillon (v. Cummrow) des Regiments dem Preußi- schen Hülfscorps unter General-Lieutenant v. York (der 27. Divi. sion der großen Armee) zugetheilt, das Füsilier-Bataillon Nr. 1 der Avantgarde. Das immobile 1. Bataillon stand in Grau- denz, die beiden Grenadier-Compagnien in Breslau. Jm Laufe des Sommers hatten die mobilen Theile des Regiments Ge- fehle bei Schlock, St. Annen, Wollgund und Granenthal, im Dezember bei Dahlbingen. schen erfolgte im Dezember 1812 auf Tauroggen.

_Am 17. März 1813 waren alle 3 Bataillone vor Berlin an’ dem Königs8thore vereinigt und hielten mit dem Yorkschen Corps den Einzug in Berlin, wo das Regiment auf aht Tage Quartiere bezog. Dem 1. Bataillon hatte sich ein schon in Neustettin formirtes Jäger-Detachement angeschlossen, welches in Berlin viele Freiwillige aus der Mark aufnahm, Schon am 5. April 1813 bestand das Regiment glückliche Gefechte bei Dannigkow und Gommern, durch welche der Vize-König von Italien gezwungen wurde,

der Rückzug von der Düna

rückzuzichen. Das Gefecht bei Merseburg (28. April) war eins der blutigsten, welche das Regiment je gefochten bie, Auch in der Schlacht bei Groß-Görschen (2. Mai), in welcher der König cine Zeitlang troy der einschlagenden Kanonenkugeln bei dem Regiment verweilte, erlitt dasselbe bedeutende Verluste ; Major

von Crammon blieb auf dem Schlachtfelde. Nach der Afffairc

bei Coldiß (5. Mai) bestand das Regiment am 19. Mai wieder ein blutiges Gefecht bei König8wartha-Weissig, in welchem der Major von Korff fiel. Dagegen erlitt es in der Schlacht bei Baugzen (21. Mai) nur geringe Verluste. Bei seinein Eintref- fen in Sclesien Ende Mai 1813 zählte das Regiment, welches am 27. März mit 2300 Mann (ohne Jäger) ausgerückt war, nur nod 759 Mann, obwohl es am 1. Mai 1 Unteroffizier und 58 Gemeine vom Colbergschen Regiment als Ersaß erhal- ten hatte. Während des Wasffenstillstandes vervollständigte sich das Regiment aus herangezogenem Ersaÿ bis zur etatsmäßigen Stärke von 181 bis 182 Mann per Compagnie; es war am 20. Mai der 1. Brigade des l. (von Yorkschen) Armee-Corps, welches mit dem 1]. (von Kleistschen) "Armee - Corps die von

Blüchersche (Schlesische) Armee bildete, zugetheilt worden und F

unter den Befchl des Chefs der Brigade, Ol BYri l von Mecklenburg-Streliß, getreten. E E __ Nach Ablauf des Wasffenstillstandes (15. Augusi) nahm das erste Ostpreußische Anfanterie- Regiment den Sani E 2. Brigade des 1. (Yorkschen) Armee-Corps der Schlesischen Ar-

mee sogleich wieder auf; es focht am 17, August bei Nochliß, |

am 19. und 21. bei Löwenberg, am 23. mit großem Verlust bei Goldberg. Hier hatte sih das Regiment so ausgezeichnct, daß der General von York nach dem Gefecht mit entblößten!

Haupt die Front hinabritt und zu dem Regiment sprach: »Mit

Ehrerbietung begrüße ich das alte würdige Regiment ;

; : hr hab! heute wieder Euren uralten Ruhm bewährt ; U

Im Jahre k

In sehr beshwerlichen Wintermär-: |

1 seinen Vormarsch gegen Berlin auf: F zugeben und sich über Magdeburg nach der e Saale n :

Ihr Hhadt Allcs F

gerettet, Ihr seid meine Garden, Jhr seid das erste Regiment x Armee

L Nach der Schlacht an der Go (26. August), der Affaire bei Bunzlau (30.) und dem Gefecht bei Hochkirh (4. Septem- ber), an welchen das Regiment theilgenommen hatte, S der Abmarsch der Schlesischen Armee nah Sachsen, am 3. Ok tober das wichtige Treffen bei Wartenburg, der Uebergang über die Elbe, am 16. Oktober die Schlacht bei Möckern, am 18. Oktober die bei Leipzig. Jn den beiden leßten Schlachten atte das Regiment 904 Mann verloren, zwei seiner Batail- a onmanaure; v. d. S(leuse und v. Penzig, waren ge- fallen; am 10. August hatte es 2371 Mann und 151 freiwil- lige Jäger gezählt, am 20. Oktober war es bis auf 791 Mann und 395 Jäger zusammengeschmolzen. Der König ernannte »zur öffentlichen Anerkennung des Verdienstes beider Theile« den Prinzen Karl von Mecklenburg am 21, Oktober zum Chef des Regiments. / :

Am 21. Oktober bestand das Regiment noch cin hartnäckiges Gefecht bei Freiburg, dann marschirte es nah dem Rhein, wo es seit dem November einige Wochen lang in Wiesbaden und bis Ende des Jahres in Frankfurt a. M. im Hauptquartier des Königs stand, welcher den Offizieren am 19. Dezember nach der Kirchenparade die ersten Epaulets als Beroeis König- licher Huld schenkte. Jm Januar 1814 marschirte das Regi- ment mit der jeßt unter dem Befehl des Prinzen Wilhelm von Preußen stehenden 2. Brigade nach Cherizey bei Meß, focht am 30. Januar bei St. Viziers, am 3. Februar bei La Chaussee, am 4. bei Chalons sur Marne, am 7. bei Eperriay, am 12. bei Vissort und Chateau-Thierry, am 22. bei Méry jur Seine, am 28. bei Gué à Tresmes, am 9. März bei Laon, am 28. bei Claye und Ville-Parifis, am 30. bei Paris. Nach dem Wasffenstillstande wurde das Regiment nah dem Departement Pas de Calais dirigirt, wo cs 104 Jahre früher (bei Lillers) hon einmal gestanden hatte. Sein Verlust in der Zeit vom 4. April 1813 bid 31. März 1814 betrug 106 OÖfsiziere, 179 Unteroffiziere, 11 Spielleute und 2493 Gemeine. Im Oktober 1814 wurden die beiden Grenadier - Com- pagnien vom Regiment getrennt und dem neugebil- deten Kaiser Alexander Grenadier - Regiment (als 5. und 6. Comp.) überwiesen. Im Frühjahr 1815 trat das Regiment den Rückmarsch in die Heimath an, gelangte aber nur bis Prenzlau. Hier wurde es beim Wiederausbruch des Krieges dem 6. Armee - Corps zugetheilt und rückte mit diesem nach Wesifalen, von wo es erst am 6. Juli nah Frankreich beordert wurde. Es fkantonnirte seit dem 20. August bei Paris und nahm am 3. September an der Fahnenweihe auf dem Mars8- felde Theil. Nach dem Frieden trat das Regiment am 7. SeÞp- tember 1815 den Rückmarsch über Brüssel , Hannover und Berlin nach Preußen an und rückte nach 4jähriger Abwesenheit am 15. März 1816, feierlich empfangen, in KönigS8berg wieder ein. Jett folgte für das Regiment cine 50jährige Friedens- periode, die nur in den Jahren 1830 bis 1832 durch den Aus- marsh nach der polnischen Grenze und in den Jahren 1848 und 1849 durch die Sicherung der ostpreußischen Häfen im Kriege mit Dänemark und durch die Unruhen in der Provinz Posen unterbrocen wurde. Am 5, November 1816 erhielt das Regiment die offizielle Benennung 1. Infanterie-Regiment (1. Ostpreußisches). Bei der Feier seiner zweihundertjährigen Stiftung am 3. August 1819 wurde ihm außer der Eingangs erwähnten Allerhöchsten Kabinets-Ordre auch die Ancrkennung zu Theil, daß dem Regiment an dem Czakot Blechschilder mit der Jahre8zahl 1619 verliehen wurden. Die Kabinets - Ordre vom 14. Januar 1823 wandelte die Benennung des Regiments in Erstes Infanterie-Regiment um. Herzog Karl von Melenburg - Streliß starb am 21. September 1837, König Friedrich Wilhelm 111. ernannte am 31. März 1840 den Kriegs- Minister, General der Jnfanterie, v. Rauch, der sich als Chef des Gencralstabes des v. Yorkschen Corps im Feldzuge 1813 au8gezeichnet hatte, zum Chef des Regiments. Nach v. Rauchs Tode 1841 wurde diese Ehre am 7, April 1842 dem Kriegs- Minister, General der Jnfanterie, v. Boyen, zu Theil, der im Jahre 1784 seinen Fahneneid bei diesem Regiment geleistet hatte. Nach v. Boyens Tode (1848) wurde der Kaiserlich russische General-Feldmarschall Graf Paëskiecwicz-Eriwanski, Fürst von Warschau, bei Gelegenheit seines 50jährigen Dienstjubiläums am 17. Oktober 1850 zum Chef des 1. Jnfanterie - Regiments

ernannt. , , Unter dem 4. Juni 1860 wurde das Regiment Sr. König-

lichen Hoheit dem Kronprinzen als Chef verlichen , seit der Armee-Reorganisation führt cs deshalb die Venennung 1. Oft-

preußisches Grenadier-Regiment Nr. 1, Kronprinz.

Im Feldzuge von 1866 focht es bei Trautenau und Königgräß auf demselben Gefcchtsterrain, auf welchem cs s{on in den sc{lesischen Kriegen, im siebenjährigen Kriege und in den Jahren 1778 und 1779 operirt hatte.

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Das Regiment hat an mehr als 100 Sch{lachten, größeren Gefechten und Belagerungen Theil genommen, aber niemals eine seiner Fahnen verloren.

Die bürgerliche Armenpflege im Mittelalter.

Nah der Schrift: Deutshes Bürgerthum im Mittelalter. Mit besonderer Beziehung auf Frankfurt a. M. von Dr. G. L. Kriegk, Stadt - Archivar in Frankfurt a. M.

Die Armenpflege des Mittelalters war ursprünglih und abgesehen von der Privatwobhlthätigkeit eine rein kirchliche; au die Privatwohlthätigkeit {loß si insofern an die Kirche an, als man ein testamentarisch gestiftetes Almosen gern in einem got- tesdiensilichen Gebäude und bei kirchlichen Jahresgedächtnifssen vertheilen ließ. Auch die zu gegenseitiger Unterstüßung gebilde- ten Brüderschaften knüpften sich stets an einen bestimmten Heili- gen und an eine bestimmte Kirche an. Neben der kirchlichen Armenpflege gab es aber auch schon früh eine gemeindliche.

_ Insbesondere entstanden seit dem zwölften Jahrhundert Spitäler oder Krankenhäuser mit bürgerlicher Leitung. Für arbeitsfähige Arme kamen erst am Ende des Mittelalters bür- gerliche Anstaltèn durch Stiftung von Almosen auf, welche nicht die Kirche, sondern die Stadtbehörde zu verwalten oder zu verwenden hatte. Hier und da wurden früher auch die Spitäler zur Armenpflege, insbesondere zur Versorgung alter Leute oder Beherbergung armer Reisenden verwandt. Zum Zwecke einer gemeindlihen Armenpflege wurde sogar shon im 13. Jahrhundert eine förmliche Armensteuer ausgeschrieben, in- dem der rheinische Städtetag in seiner am 15. August 1256 zu Würzburg gehaltenen Sißung folgenden Beschluß faßte: »Wir verordnen und geloben strenge zu beobachten, daß, wie in West- falen und den niederdeutshen Städten, so auch im Oberlande, zu Ehren des allmächtigen Gottes, welcher der Urheber des &riedens ist und allein allen Dingen Kraft und Gedeihen ver- leiht, jeder Einwohner einer Bundesstadt, welcher - wenig- stens fünf Mark besißt, alljährlich an einem bestimmten Sonntage Einen Pfennig dieser Münze entrichten soll, welches Almosen von den vier Geschwornen bis zum Grünen-Donners8- tage einzusammeln ist ; diese vier sollen hierauf am Charfreitag, nach dem Rathe guter und tüchtiger Männer einer jeden Stadt, jenes Almosen nach ihrem besten Ermessen an die Armen ver- theilen , weil wir billig nach Maßgabe unsers Vermögens Gott ehren müssen .…….« Im Ganzen blieb aber die Armenpflege bis ins 15. Jahrhundert mehr eie Sache der Kirche. Jn die- sem Jahrhundert und später entstanden die sogenannten Almosen- kasten, deren Verwaltung und Verwendung ganz in der Hand der Stadtbehörden lag, sowie von diesen abgefaßte und gehand- habte Almosen- oder Armen-Ordnungen. Die Entstehung cines bürgerlichen Almosenkastens oder einer durch Laien gepslegten Armenpflege datirt in Frankfurt a. M. vom Jahre 1437, wo der Rath die ersten bürgerlichen Almosenpfleger ernannte und einseßte. Die Veranlassung dazu gab ein Legat des Frank- furter Bürgers Johann Wiesebecker von IJtstein , Meisters in den sieben freien Künsten und Lehrers in der Arznei. Die- ser vermachte vermittelst eines von 1448 datirten Schenkungs- briefes dem Rathe eine Anzahl Schuldbriefe ?zu einer ewigen Almosen.« Und zwar sollte der Rath »davon alle dahin theilen an Geld oder an Wecthe, als an Korn, Kleidern, Schuhen, oder wie sich das am allerbequemsten macht und ihm gut dünfkt, unter folgende Arme, nämlich solche Personen, welche heimlih Hauskummer leiden und doch ihre Tage mit Ehre zu- gebracht haben, HausSarme, die sich ihrer getreuen Arbeit nähren und doch keinen ausreichenden Verdienst haben, solche Menschen, welche fich früher ihren Bedarf erworben haben, jcht aber Alters oder Krankheit halber es nicht mehr zu thun vermögen, ferner fromme Haus8arme, welche mit Kindern Üüberladen sind und dieselben nicht ernähren können, und endlich fromme hausarme Frauen, welche Kindbetterinnen sind oder ihrer Entbindung entgegen- schen.« Dem Beispiele Wiesebeckers folgten nacbher andere Bürger. Diese von Legaten herrührenden Armengelder nannte man schlechtweg die Almose. Der Name Almosen- fasien kam erst 1539 auf, in welchem Jahre der Rath den Entschluß faßte, alle vorhandenen Armengelder, so weit er über sie verfügen konnte, in einem »Kasten« zu ver- einigen. Die Fonds dieser Anstalt bestanden aber nicht blos aus den damals in der Hand des Rathes befindlichen Armcen- geldern, sondern man wandte derselben auc noch so viele an- dere Besizungen, Gülten, Zinsen und Almosen, als möglich war, zu, Die Absicht, alle für Arme bestimmte Fonds und Almo?cn, auch die der Kirchen, in jener Anstalt zu konzentriren, mußte aufgegeben werden, da die Geisilickkeit si derselben widerschßte. Toch wics man dem Almosenkasten die meisten