Einnahmen der Staatskasse eingeftellt worden sind, und daß denen eine annähernd glei große Mehrausgabe für die Besoldung der Katasterbeamten gegenübersteht. 1 675 000 4 von den Mehreinnahmen und Mehrausgaben erklären sich aus diesem Umstande, der also eine materielle, wesentlihé Veränderung der Finanzlage vicht in si s{ließt. Das Detail dieser Neuerung der Spezialdiskussion vorbehaltend, möhte ih nur glei an dieser Stelle, meine Herren, aussprechen, daß es der Staatsregierung zur großen Befriedigung gereiht, die Schwierig- keiten endli beseitigt schen zu können, die einer solhen Regelung des Gebührenwesens —_ oder Gebührenunwesens, will ich beinahe sagen — bei den Katasterämtern entgegenstanden und zu gleicher Zeit die betheiligten Beamten in eine bessere, festere und minder Gefahr bringende Position bezüglich ihrer Einkommens- verhältnisse bringen zu können. Ih hoffe, das hobe Haus wird uns in dieser Beziehung seinen Beifall nicht versagen. Der davon unberührte Mebrübershuß der direkten Steuerverwaltung von also über 4 Millio- nen Mark kommt mit 2467 000 4 auf die Einkommensteuer, mit 875 000 Æ auf die Gebäudesteuer, mit €48 000 & auf die Klassen- steuer und miï 501000 M auf die Gewerbesteuer. Aus den sehr günstigen Veranlagungsresultaten der Einkommensteuer“ und der Klassensteuer ist ja mit Nothwendigkeit zu folgern, daß auch eine erfreulihe Hebung der persönlichen Steuerkraft im Lande wiederum eingetreten ist. — Wir nehmen das an; und ih will nit unterlassen, mit Bezug auf Erörterungen, die früher an dieser Stelle hier ge- pflogen worden sind, au glei hinzuzufügen, meine Herren, daß na den Unterlagen, die wir studirt baben, au das platte Land an dieser Steigerung der Steuerkraft seinen Antheil hat. Der Auf- \{chwung — ih will lieber sagen: die Wendung zum Besseren, die sih für das platte Land seit dem Jahre 1886/87 gezeigt hat, hat nicht nur angehalten, sie hat sch sogar verstärkt; aber, meine Herren, das gilt leider nur für das platte Land im Ganzen genommen. Seiden wir diejenigen Bezirke aus, die wesentli auf die landwirthschaftlihe Probietas angewiesen sind, den Osten der Monarchie, so ist das rgebniß leider ein anderes. Es zeigt si hier bei der Klassensteuer sogar wiederum ein effektiver Rückgang! Es sind das, meine Herren, die Wirkungen der dur die Auslandskonkurrenz so lange unnatürlich und verderblich herabgedrückten Getreidepreise, und zuleßt zweier \chlechter Ernten. Sorgen wir, meine Herren, daß nicht etwa durch Rückwärts-Revidirung unserer heilsamen Zollgeseßgebung, hoffen wir, daß nicht etwa durch weitere shlechte Ernten neue Störungen ‘für das Wiedererstarken dieser Landestheile erwachsen, deren Wohl uns ebenso am Herzen liegen muß, wie das aller anderen Landes- theile. Die Verwaltung der indirekten Steuern, meine Herren, bringt in ihrem nächsten Etat einen Mehrüberschuß von 2 500 000 „ aus, hauptsählich von der Stempelsteuer. — Bei der Bergwerksverwal- tung treten der auf 9741000 Æ veranshlagten Mehreinnahme 7 133 000 A Mehrausgabe gegenüber, ein Verhältniß, das nah der bekannten Gestaltung der Dinge auf diesem Verwaltungs- gebiet nicht überrashen und feiner Erläuterung bedürfen wird ; es ergiebt sh daher hier cin Mehrüberschuß nur in Höhe von 2 607 000 A Aehnlich und zum Theil aus ähnlihen Gründen ireten bei der Eisenbahnverwaltung einer auf 76 661000 #Æ geshäßten Mehreinnahme 58 823 000 4 Mehrausgabe gegenüber, sodaß der Ueberschuß noch nit 18 Millionen Mark mehr betragen würde als im Etat des laufenden Jahres. Lediglih wegen der {on berührten, hier zunächst mit rund 33 Millionen Mark zu etatisirenden Minder- ausgabe an Zinsen und Amortisationsbeiträgen für Prioritätsanleihen der verstaatlihten Bahnen erhöht sih der Mehrübershuß, wie er in dem gedruckten Etat Jbnen zunächst gegenübertreten wird, auf ‘die statt- lihe Summe von 51 Millionen Mark. : Der Etat der Staatsschuldenverwaltung, meine Herren, zeigt zablreihe Veränderungen, unserer Lage entsprehend recht günstige; sie ziffermäßig näher darzustellen, würde hier zu komplizirt sein. Speziell hervorheben muß i aber shon hier, daß der Titel 2 des Kapitels 37 zur außerordentlihen Schuldentilgung, welcher im laufenden Etat \chließlich auf noch nicht voll 5 Millionen Mark festgestellt worden ist, eine Steigerung um 13 Millionen Mark er- fährt und si also mit 18 Millionen Mark dotirt zeigt. Ich komme auf den noch zurück. Darf i bier in aller Kürze ein Bild von der Gesammtbewegung unserer Staatsshuld in den leßten 9 Jahren einshalten, so aehe ih also vom 1. April 1885 aus, als einem Zeit- punkte, wo die Verstaatlichung der Privateisenbahnen in der großen Hauptsache hon beendet war; ich greife aber andererseits über den 1. April 1890 insofern etwas hinaus, als ih auch die leßte, jeßt bereits begonnene und im Resultat völlig feststehende, äußerlih aber erst nach dem 1. April 1890 in Vollzug kommende Umwandlung von Prioritäts-Obligationen mit berüdsihtigen zu dürfen bitte, + um das Bild gleih völlig abgeschlossen zu zeigen. Dann ftellt ch die Sahe so. Im Jahre 1885, meine Herren, belief si unsere Staats\huld auf 3902 Millionen Mark bei der Haupt- verwaltung der Staatsschulden, auf 1635 Millionen Prioritäts- Obligationen bei der Eisenbahnverwaltung, auf 24 Millionen beim Hinterlegungsfonds, und an offenen Krediten hatten wir 178 Millionen Mak. Mit Einschluß aller in dem fünfjährigen Zeitraum neu be- willigten Anleihen wird sich im Jahre 1890 unsere Staats\ckuld be- laufen: bei der Hauptverwaltung der Staatss{chulden auf 5760 Millionen Mark, bei der Eisenbahnverwaltung auf nihts mehr, beim Hinterlcgungsfonds auf 28 Millionen, an ofenen Krediten werden wir am 1. April 531 Millionen haben, — in demselben fünfjährigen Zeitraum aber wird in Folge der Konvertirung unserer 4 %/o Papiere und der demnächstigen Umwandlung der Prioritäts-Obligationen dem ‘Staat eine Ermäßigung seiner Zinsenlast von 15930 000 A zu “ Theil geworden sein.
Es entsprach der Ordnung und war von Anfang an gewünscht,
- daß die auf den Staat übergegangene große Prioritätenshuld auch der _ Hauptverwaltung der Staatss{hulden überwiesen und deren geseßlich ‘.- “géofdnete Verantwortlichkeit auf diese Schuld ausgedehnt werde. Das’ war aber unausführbar ohne einen neuen Palast für diese
¡4 DBéhörde, obne cine Verdoppelung ihrer Beamtenschaft, und auch
dann -niht ohne die Gefahr von Irrthum und Verseben gegenüber
E E fo vielen, so verschiedenen, an so viele vershiedene Orte geknüpften 5 Shüldverbältnissen. Dagegen ließ sich das Ziel und zugleich er-
blie weitere Vortheile für den Staat wohl erreiten dur Um- „wändlung der Prioritäts-Obligationen in Konsols auf dem Wege des Um- tausches oder der Kündigung. Dieser Weg ist beschritten worden und, wie ih {on sagte, wird er binnen Kurzem au äußerlich zu seinem leßten Abschluß gelangt sein. Nah diesem werden dann nur noch einige wenige Prioritäts-Anleihen der Eisenbahnen zum Gesammtbetrage von 177 Millionen übrig bleiben, welhe von Anfang an zu 349% verzinslich ausgegeben worden sind, oder aus anderen Gründen von der Umwandlung fsüglih ausgeschlossen bleiben werden ohne weitere Gefahr oder Schwierigkeit unverändert ebenfalls der Hauptverwaltung der Staatsschulden überwiesen werden können. Es ist eine zwar nit geräushvolle, aber doch große und eifrige Arbeit erforderlich gewesen, um so weit zu kommen, es sind auch dabei mancher Wider- stand und Aufenthalt zu überwinden gewesen, aber es ist doch das Ziel erreiht, meine Herren, ohne daß jemals der Geldmarkt irgend in bedenklicher Weise ershüttert wurde, obne daß jemals der Kurs unserer Staatspapiere in irgend bedenkliher Weise beeinflußt wurde, es ist erreiht mit aller billigen Rücksihtnahme, und ohne daß wir irgend einem Vermittler die Hand zu drüden, geschweige zu ver- olden gebabt hätten. Dem Vertrauen, dem — wie ih immer aner- annt habe — großen ‘Vertrauen, womit die Geseygebung seiner Zeit die Ordnung dieser ganzen Angelegenheit lediglih in die Hände ¿d
müssen, und diese
ies gelegt hat, glaube ih so im Großen und anzen entsproten zu haben. :
*Zch kehre nun zurück zu den Bemerkungen, die ih noch zum Etätséntwurf für das nächste Jahr machen wollte, und komme im zweiten Etatsabschnitte zunächst zu den Veränderungen, die der Etat der ‘allgemeinen Finanzverwaltung zeigt. Es sind das die einfachen Konsequenzen aus dem Reichshaushalts-Etatsentwurf, welcher, wie ih sehe, zufällig heute in zweiter Lesung erst festgestellt werden wird. Na dem Reichshaushalts-Etatsentwurf berechnet sih für Preußen ein Mehr an Ucberweisungen gegen das laufende Jahr von 10 Millionen,
dagegen ein Mehr an Matrikularbeitragen von 21 Millionen, also eine Verschlehterung unseres finanziellen Verhältnisses jw Reih um rund etwa 11 Millionen. Selbstverständlih wird das Niemand zur besonderen Befriedigung gereihen. „Aber wenn wir die Umstände betraten, unter denen jeßt gerade diese Wandlung eintritt, fo werden wir uns sagen dürfen, erstlih, daß sie uns glücklicherweise in einer Lage trifft, die uns dabei niht in Verlegenheit gerathen läßt; dann aber, meine Herren, daß es auch unter Umständen ge- sieht, welche keineswegs son eine definitive und dauernde Gestaltung der Dinge demgemäß vorausfeßen lassen. — Erinnern Sie sih daran, meine Herren, daß in dem Reichshaushalts-Etat für das nächste Jahr wiederum, aber wider Erwarten und hoffentlich zum leßten Male, ein Defizit von 20 Millionen wegen des \{lechien Aus- falls der E zu decken ist. Erinnern Sie sid daran, daß die Zuckersteuer auch in dem nächbsten Reichshaushalts- Etatsentwurf wohl noch nicht zu ihrer vollen Ertragsfähigkeit ge- langt , die wir namentlih dann zu erwarten haben, wenn in diesem Jahre die Londoner Konvention zur allseitigen oder vielseitigen Rati- fikation gelangen sollte. Auch bezüglih der Branntweinsteuer ist der nächstjährige Etat meiner Ueberzeugung“ nah noch nicht ein solcher, welher das dauernde Resultat dieses Geseßes wiedergiebt. Ich habe nie gezweifelt und zweifle auch heute noch nicht daran, daß die hinter der ursprünglihen Schäßung zurückbleibenden Erträge dieser Steuer ihre wesentliche Schuld haben in den großen Mengen Branntwein, welcher nachversteuert oder unversteuert bei der Einfüh- rung des Gesetzes in das Steuergebiet gekommen ist, und weiter in den bloß nahversteuerten oder unversteuert gebliebenen Beständen , welche bei dem vorjährigen Anschluß der von der Zolllinie bis vahin aus- geshlossenen Gebietstheile — ih will nur an Hamburg erinnern — wieder von Neuem in das Gebiet der Branntweinsteuer hereingebrodben find. Wobl diese Umstände allein oder haupt\ächlih haben es mit sich gebracht, daß die Produktion des sogenannten 70 er Spiritus noch in dem Maße unlohnend ist wie zur Zeit. Jch hoffe, es wird sich darin ein Wandel zeigen, und ih kann nur sagen, R mit Genugthuung die Nachrichten verglichen habe aus den leßten Monaten mit den früheren, insofern sie hon einen Hoffnungsstera für einen größeren Ertrag der Branntweinsteuer aufgehen lassen. j
Meine Herren, was die nah dem Geseß vom 14. Mai 1885 dann an die Kreise zu Überweisenden Summen betrifft, so haben wir in dcm Etat nah der bisher allein möglihen Methode der Vor- ausberechnung nur ein Mehr von 2 Millionen Mark gegen den lau- fenden État eingestellt. Wir {lagen vor, die Ausgaben zu erhöhen auf 25 Millionen Mark. Der Wirklichkeit werden wir damit viel- leit ebensowenig nahe kommen, wie es uns bisher gelungen ist, der Wirklichkeit nahe zu kommen. ;
Die Reihenfolge, in welcher sih diese Ueberweisungen nah dem Etat und nah der Wirklichkeit bewegt haben, ist interessant. Jm Fahre 1886 sind den Kreisen überwiesen worden 4 Millionen Mark — im Etat hatten wir damals noch gar nichts —; im Jahre 1887 6 Millionen Mark ftatt 19 Millionen Mark, die im Etat standen, also 13 Millionen Mark weniger; im Jahre 1888 sind ihnen über- wiesen worden 13 Millionen Mark statt 18 Millionen Mark, die wir im Etat hatten, also 5 Millionen Mark weniger. Nun beginnt aber die Wendung. Im Jahre 1889 sind ihnen überwiesen worden 29!/, Mil- lionen Mark statt 15 Millionen Mark. Wir waren im Etat vorsih- tiger Weise zurückgegangen, die Wirklichkeit ging gerade unvor- sihtiger Weise darüber hinaus. Die Kreise bekamen 141/, Millionen Mark mebr, als wir in den Etat aufgenommen hatten. Für das laufende Jahr nehmen wir 33 ftatt 23 Millionen Mark im Etat an, also 10 Millionen Mark mehr. Erfüllen sich unsere Wünsche, meine Herren, in Bezug auf die eigenen Ernten des Landes, dann werden, denke ih, die Jahre bald wiederkommen, wo die Ueber- weisungen an die Kreise eher hinter dem Etatsansaß zurückbleiben, wenn wir überhaupt dann noch mit diesen geseglichen Vorschriften unverändert zu renen haben. :
Bei den eigentlihen Staatsverwaltungen, dem dritten Etats- abschnitt, zeigt den hôcksten Mehrbedarf der Etat des Finanz- Ministeriums mit 2925 000 #4, Es ist das wesentlih die Folge davon, daß die Civilpensionen noch immer im Steigen begriffen sind und einen Mehranfay von 1 175 000 (6 erfordern, und daß ebenso die Wittwen- und Wailsengelder einen Mehransaß von 1550000 H fordern. Dagegen zeigt der Etat der Justizverwaltung sogar einen Minderbedarf von 932 000 4 in Folae der Steigerung der Gerichts- kfosten-Einnahmen, die die Mehrausgabe um so viel überwiegen. Die Verwaltung des Innern hat einen Mehrbedarf von fast 1 Million Mark, der aber ziffernmäßig nur hervortritt mit 427000 46 in Folge des Uebergangs eines großes Gefängnisses hier in Berlin auf die Justizverwaltung. Der Etat der geistliben Verwaltung beansprucht im nächsten Jahre ein Mehr von 859000 H , gegenüber den großen Mehrausgaben, die wir im laufenden Etat mit 21 Millionen Mark, gegenüber den aroßen Mehrausgaben, die wir im vorigen Jahr mit 12 Millionen Mark diesem Etat zugeführt haben, eine anscheinend sehr geringe Summe. Ich bitte Sie aber, sih daran zu erinnern, daß es sich um außerordentliche geseßlihe Maßnahmen in jenen lezten Jahcen handelte, die in diesem Etat ihren Ausdruck gefunden haben, daß aber der regelmäßige Bedarf des Ministeriums natürlich auf besheidenere Summen nur angewiesen sein kann, und daß wir mit einer Mebrausaabe von 859 000 4 zu demjenigen zurückehren, was in früheren Jahren auch nur als regelmäßiges Wachsthum gelten konnte.
Das Extraordinarium des Etats endlich zeigt, wenn die außer- ordentlihen Einnahmen der Verwaltungsübershüsse außer Acht bleiben, nur eine mäßige Steigerung von 2366 000 S, von 40 979 000 46 auf 43 345 000 4 Innerhalb desselben aber ist das Extra- ordinarium der Eisenbahnverwaltung erheblich gestiegen, von 11 Millionen Mark, die es im laufenden Jahre beanjprachte, auf 17 Millionen Mark, also um 6 Millionen. Ich brauwe kaum zu sagen, daß hierbei eine besondere Tendenz niht obgewaltet hat. Die Thatsache aber wird, glaube id, als der großen hervorragenden ziffermäßigen Bedeutung der Eisenbahnverwaltung in unserem Etat vollkommen entsprechend anerkannt werden, und so viel ih mich er- innere, sind in dieser Richtung im vorigen Jahre hier wie im anderen Hause fogar ausdrücklihe Wünsche laut geworden.
Wollte ih hiermit meine Bemerkungen \{ließen, mcine Herren, dann würde ih mi einer unverzeihlihen Auslassung s{chuldig machen, der Auslafsung eines wichtigen Punktes, um dessentwillen ih be- sonders Werth darauf zu legen hatte, Ihnen den Etat persönlich zu bringen und bei der Ueberbringung soglei et¿nigermaßen zu er- läutern. Aus allem bisher Gesagten werden Sie bereits gcfolgert und angenommen haben — und es ist auch wirkli \o —, daß der neue Etat Besoldungsverbesserungen nur wie in anderen Jahren für einzelne Beamte oder für einzelne wenige Beamtenkategorien vorsieht, für welche ein ganz besonderes, dringendstes, unabweisbares Bedürfniß
eltend zu machen ist, daß der neue Etat dagegen keinen Ansaß ent- bält, feine mehr oder weniger erheblihe Ausgabe vorsieht zu einer allgemeinen Besoldungsverbesserung der Beamten. Daß die Absicht der Staatsregierung auf eine alsbaldige Maßnahme derart aber ge- richtet ist, das ist Ihnen in der gestrigen Eröffnungsrede feierlich und in nit mißzuverstehender Weise angekündigt worden. Sie werden also weiter s{chließen, daß der überbrachte Etatsentwurf auch vom Standpunkt der Regierung aus ein noch_unvollständiger sein müsse, und das ist er denn in einem gewissen Sinne auch wirkli, — aber nicht etwa versehentlih oder um irgend einer Verlegenheit willen, sondern gewollter und zweckmäßiger Weise.
Um dies näher darzulegen, komme ih jeßt auf den Tit. 2 des Kap. 37 des Etats der Staatsshuldenverwaltung zurück, wie ih mir das vorbin ja ausdrüdcklih vorbehalten habe. Dieser Titel — mit einer unwesentlihen Ausnahme immer stumm geblieben, d. b. ohne eine Zahl in der Linie — präsentirte sh Ihnen zum ersten Male bei Beginn der vorjährigen Etatsverhandlung dotirt mit 12 Millionen Mark. Im Laufe der vorjährigen Etatsverhandlung wurden ihm die Deckungsmittel für neu hinzukommende größere Bedürfnisse, zu- sammen im Betrage von eèwas über 7 Millionen, entnommen. Der Titel wurde in seiner Ziffer auf etwas unter 5 Millionen reduzirt ; so steht er in dem Etat des laufenden Jahres. — Jch habe nun vorhin hon
angegeben, daß. er in dem neuen Etat mit 18 Millionen dotirt si{ Jhnen präsentiren wird. - Diese Steigerung ist keine willkürlihe und au keine nah dem Bedürfniß bemessene, sondern sie ergiebt sich aus den Bestiminungen des Eisenbahn-Garantiegeseßes in Verbindung mit den Abshlußresultatenaller übrigen Theile des Etats. Mit dieser Dotation von 18 Millionen bietet der Titel in diesem Jahre noch mehr als im vorigen Jahre ein bereites Neservoir, aus dem wir für andere Bedürfnisse die Deckungsmittel nehmea können, wenn wir wollen. Nun - bin ih zwar keineswegs der Meinung, daß der Titel mit 18 Millionen etwa \hon über Bedarf dotirt sei; im Hinblick auf die Umstände, die ih heute hon anzudeuten mir erlaubt habe, die an Vorsidt erinnern und zur Vorsiht mahnen, im Hinblick auf die wirklich sehr gering- fügigen regelmäßigen Tilgungsmittel, die wir für unsere Staats\{uld im Etat nur haben, würde ih im Gegentheil der Meinurg sein, daß es sehr wünschenswerth wäre, den Titel noch verstärken zu können, statt ihn zu s{wächen. Bei der Abmägung dieses Anspruhs aber und des Ansprucks der Beamtenschaft, namentlich in den mittleren und unteren Stellen, auf Besoldungsvermehrung, ist der Staats- regierung der leßtere Anspruch als der s{werer wiegende, als der dring- lihere, als ein wirklich unakweisbarer erschienen. Sie ist deshalb ihrerseits entschlossen, auf jenes Reservoir zurückzugreifen, wenn und soweit sie dazu auf Ihre- Zustimmung überhaupt und zu den roth- wendigen näheren Modalitäten eines jeßt ins Werk zu setzenden Besoldungsverbesserungsverfahrens rechnen darf.
Es könnte nun, meine Herren, vielleiht auf mancher Seite die Meinung bestehen, daß, wenn die Staatsregierung entschlossen ist, in dieser Weise vorzugehen, es richtiger und besser gewesen wäre, daß sie einen vollständig ausgearbeiteten Vorschlag, der in dem Etat ein- gearbeitet wäre, gemacht hätte. Die Staatsregierung ift entgegen- eseßter Meinung. Sie hat angenommen, daß einmal darüber, ob
brerseits auf cine gleihe Auffassung zu rechnen sei, sehr bald volle Klarheit zu gewinnen sein wird, andererseits aber, daß ein einseitiger, ohne vorgängige Verständigung mit Ihnen über die einzuhaltenden Linien gema@ter Vorschlag, der zu einer vollständigen Umarbeitung fast aller Ziffern des Etats geführt haben würde, eventuell sehr \chwer rückgängig oder anders zu machen gewesen sein würde. Sie hat aus diesem Grunde ganz erklärliher Weise darauf verzichtet, ihrer Absicht hon cinen ctatsmäßigen Ausdruck zu geben, sih vielmehr vor- behalten, nach erhoffter Verständigung mit Jhnen über die Frage des Ob und Wie, in einem Nactrags-Etat das auszugestalten, was heute allerdings in der erklärten Absicht der Regierung, in den nachgewiesenen verfügbaren ‘Mitteln und in dem wohlvorauszuseßenden Entgegenkommen des Landtages hon eine gute Bürgschaft der Verwirklichung hat. In diesem Sinne, meine Herren, bitte ich Sie also, den anscheinend unvollständigen Etatsentwurf doch als einen vollständigen anzusehen und mit Wohlwollen in fördersame Berathung zu nehmen.
Schluß 13/4 Uhr. Nächste Sizung Dienstag 11 Uhr.
Die Ueceberfüllung der gelehrten Fächer und die Schulreformfrage.
In einer unter diesem Titel im Verlage der Weidmann'shen Buchhandlung in Berlin zum Preise von 1 4 20 Z erschienenen S(rift, welhe von dem Geheimen Ober - Regierungs- und vor- tragenden Rath im Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Qo Dr. H. Thiel, mit einer Vorrede versehen ist, seßt der
irektor der Landwirthschafts\{Gule zu Weilburg, Heinrih Matat, seine Ansichten auseinander, wie die Frage der Reform des mittleren Schulwesens zu lösen und implicite der Ueberfüllung der gelehrten Fächer vorzubeugen sei. Derselbe weist an der Hand der Statistik nach, daß die Ueberfüllung der fogenannten gelehrten Fächer im Wesentlichen von der unverhältnißmäßigen Vermehrung der Gymnasien her- rührt; denn die Zahl der preußishen Gymnasien ist in den Sabren von 1867—1888 von 193 auf 264, also um 37 °% vermehrt worden, während die Bevölkerung Preußens in demselben Zeit- raum von 24 auf 28} Millionen, demna nur um 20 9/6 zugenommen habe. In Folge dessen produziren zie Gymnasien, welche in den Jahren 1868—1877 für 1 Million Einwohner jährliG im Durh- \chnitt 80 Studirende auf die Universitäten s{chickten, deren seit 1880 jährli 103—108, obwohl eine vermehrte Neigung der von den Gymnasien mit dem Zeugniß der Reife Versehenen, zur Universität zu gehen, dabei nur unerheblih betheiligt ist. In den Jahren 1868— 1877 ertbeilten die Gymnasien das Zeugniß der Reife an 25 002, wovon 80 9/6 zur Universität gingen, in den Jahren 1880—1887 da- gegen an 29 570, wovon \sich 85 %/o dem Universitätsstudium widmeten.
Die übermäßige Anziehungskraft der Gymnasien, welche durch die Frequinae wie auch durch die Abgangsstatistik nachgewiesen wird, er- lärt fi in 160 Städten daraus, daß hier gymnasiale Anstalten die einzigen höheren Schulen sind, in den übrigen 103 Städten, wo realistische Anstalten neben ihnen besteben, daraus, daß fie angeblih für alle Berufsarten vorbereiten und daß sie die CEinjährig-Freiwilligen-Be- rebtigung ohne eine Prüfung gewähren, was die se{éklassigen höheren Sgésulen nicht thun.
Um jener Ueberfüllung entgegenzutreten, wird in Vorschlag gebraht, eine Prüfung, an welche die Befähigung zum einjährig- freiwilligen Militärdienst geknüpft is, hinter V. 11 einzulegen. Die Einlegung dieser Prüfung werde zur Folge haben, daß die 9 klassigen böheren Schulen (Gymnasien, Realgymnasien und Ober-Realschulen) sich in eine 6 klassige untere und eine 3 klassige obere Abthei- lung zerlegen, die 7 flassigen (Progymnasien, Real - Progymnasien und Realschulen) sich in 6 klassige verwandeln. Bei der näheren Be-
trachtung der dadur entstehenden zwei Hauptarten böherer Schulen
tritt Direktor Mayat der Ansicht entgegen, daß die 9 klassigen Schulen von unten auf anders eingerihtet sein müßten als die 6 klassigen, weil theoretisch unbegründet und praktis unhaltbar. et es auch ridtig, daß die Einlegung eines Exramens zwischen
Unter- und Ober-Sekunda, mithin an einer Stelle, an welcher.
für die Schule selbst ein bestimmter Abschluß nicht bestehe, sein Be- denken habe: so folge aus diesem Bedenken do nicht, daß das Examen nit einzulegen sei, sondern daß die 9 klassigen Schulen ihren Lehrplan ändern müßten. Und nicht bloß wegen des Eramensz viel- mehr hätten, wenn sogar die Gymnasien nur von 34 9/ der in sie eingetretenen Schüler über U. I[ hinaus besucht würden, die 9 flassigen Schulen unter allen Umständen die Pflibt, auch an die vorher abceßhenden Schüler zu denken, d. b. hinter V. IT einen Ab- {luß zu maden und sich in ein 6klassiges Unter-Gymnasium und ein 3 klassiges Ober-Gymnasium zu zerlegen; und ebenso natürlich die Real-Gymnasien und Ober-Realschulen, aus welchen der Abgang aus U. II noch viel stärker sei.
Werde aber zwischen diesen beiden Abtheilungen die verlangte u cingelegt, so sei es leiht, ihr noch eine Kleinigkeit inzuzufügen. Die Prüfungsordnung zum einjährig-freiwilligen Dienst schreibe in §. 12 vor, daß die Berechtigung, selbst wenn die Prüfung in einzelnen Gegenständen (aber niht mehr als zwei) ungenügend aus-
| gefalleà sei, ertheilt werden dürfe, sofern der betreffende Prüfling in
anderen Gegenständen mehr als genügend bestanden sei. Es sei nichts dagegen einzuwenden, daß diese Bestimmung auf die hinter U. Il einzulegende Prüfung erstreckt werde, wohl aber dagegen, daß ein solcher Prüfling als geeignet zum Durchlaufen des ODber- Gymnasiums und später zu Universitätsstudien angesehen werde. Man schreibe also ferner vor, daß in die 0. Il nur folche eintreten dürften, welche das Examen in allen Fächern mindestens genügend, ‘in einigen gut bestanden hätten, und man werde der Ueberfüllung der sogenannten gelehrten Fäher an derjenigen Stelle steuern, wo es noch Zeit sei. Denn wenn ein junger Mensch erst einmal bis zum Abiturientenexamen vorgerückt sei, so müsse er auch studiren, da er in den meisten Fällen gar nichts Anderes anzufangen wisse. Hinsichtlich der 6klassigen höheren Schulen befürwortet Direktor Mayat, das Prinzip der Landwirtbshafts\ckœulen auf diese insgesammt auszudehnen, also in ihnen den Fächern der allgemeinen Bildung nicht die ganze Stundenzahl zuzuweisen, sondern eine Anzahl Stunden für Facunterricht übrig zu lassen. Im fremdsprahlihen Unterricht sei
\cchen Behörden erforderlih, die ohne Zweifel gern er
/
nur das Uebersezen aus fremden Sprahen Sache allgemeiner Bildung. In Folge dieser Beshränkung bleibe Zeit übrig, welde für land- wirthschaftlichen, gewerblichen, neu- und altsprachlihen Fachunterriht verwandt werden könne. ür die drei Oberklafsen der 9 klassigen böheren Schule werden vorge]chlagen als allgemein obligatorishe Fäber: Turnen, Gesang, Religion, Deuts, Geschichte, Pbyfik und Mathematik ; als obli- gätörish für künftiges Universitätsstudium: Griecisch; als fakultative Fächer: weitere körperlihe Uebungen, Hebräish (nur für O. 1), riehische Nebenstunden, Latein, Französish, Englis, Chemie und ineralogie, Botanik und Zoologie, Geographie, mathematische Nebenstunden, Freihandzeihren und gebundenes Zeichnen.
Im Abiturientenexamen wäre sodann Folgendes“ zu leiften: ein deutscher Aufsaß, eine physikalish-mathematische Arbeit, entweder eine Veberseßung aus dem Griecbischen oder aus einer anderen resp. in eine andere Fremdsprache und eine Arbeit aus noch einem selbstgewählten Fah. Mündliche Prüfung in Deutsh, Geschichte, Physik, Mathematik, Griehish und resp. oder den selbstgewählten Fächern. Im Deutschen und in den selbstgewählten Fächern müßten die Abiturienten unbedingt genügen, nur ein Ungenügend im Griechisen oder in der Physik und Mathematik könnte allenfalls durch ein Gut in zwei anderen Fächern kTompensirt werden.
Statistik und Volkswirthschaft.
: System der Freiheits strafen.
Die Frage: Empfiehlt ih, abgesehen von der Festungshaft und der qualifizirten Haft, eine Ver- einfahung des Systems der Freiheitsstrafen des Reichs- Strafgeseßbuches und in welher Weise hat dieselbe eventuell zu geschehen? hat nach dem 19. Vereinsheft in der leßten Jahresversammlung des Nordwestdeutshen Vereins für Gefängnißwesen auf Grund einer dreitägigen Debatte, an welcher sih bedeutende Theoretiker und Praktiker betheiligten, durch Annahme folgender Beschlüsse eine Beantwortung gefunden : „Zur Vereinfahung des Systems der Freiheits\trafen des Reichs-Straf- geseßbuh3 liegt ein Bedürfniß nicht vor. Dagegen ist ein Bedürfniß vorbanden dafür: 1) daß der Unterschied zwischen
Zuchthaus und Gefängniß mit mögli{hster Schärfe verwirkliht wird, inébesondere a. dadur, daß wegen des grundsäßlib entehrenden Charakters der Zuchtbausstrafe eine strenge räumlihe Scheidung von Aubtbäasers und Gefängnissen durchgeführt wird, b. dadur, daß die rbeit in den Zuchthäusern eine s{chwerere ist, als in den Gefäng- nissen ; 2) daß die Gefängnißstrafe geschärft werden kann a. dur Be- \{ränkung der Kost, b. dur hartes Lager; 3) daß bei der einfachen ft Arbeitszwang dann eintritt, sobald Uneinziehbarkeit der Haft- Ds feststeht, bei der qualifizirten Haft aber die Arbeit er- wert wird."
Frachtsäße amerikanisher Bahnen.
Mehrfah war in den leßten Monaten von den niedrigen Fracht- säßen die Rede, welche auf einzelnen, in besonders starkem Wettbewerb mit den Wasserstraßen stehenden Eisenbahnen der Vereinigten Staaten von Amerika, vornehmlih au für die Erzeugnisse der Landwirthscaft erhoben werden. Die Lobredner solcher Tarife vergessen dabei aber zu erwähnen, daß diese häufig nur unter dem Druck be- sonderer Umstände in Geltung ftehen, daß die Eise: bahn, fobald der in diesen Umständen liegende Zwang aufhört, ohne jede Rüdcksiht auf cie Interessen der Verfrachter ihre Tarife wieder in die Höhe seßt und daß überhaupt in den Gütertarifen der Eisenbahnen Nord-Amerikas Schwankungen vorkommen, wie wir sie glüdliberweise nicht kennen. Einen interessanten Beitrag zu dieser Thatsache finden wir in dem Monatsbericht über die Ernteverhältnisse der Welt, welchen das statistische Bureau des Landwirthschaftsamts in Washington für den No- vember 1889 veréffentliht hat. In diesen allmonatlih erscheingnden Berichten werden stets auch die im Laufe des vergangenen nats vorgekommenen wesentliheren Aenderungen der Eisenbahnfrachtsäße für Erzeugnisse der Landwirthschaft mitgetheilt. Während in einzelnen Landestheilen entweder gar keine, oder keine erheblichen Aenderungen im Oftober 1889 vorkommen, sind eine ganze Anzahl von Fra(ht- erböhungen im Verkehr zwishen den großen Stapelpläßen für land- wirthshaftlide Erzeugnisse Chicago und St. Louis einerseits und Plätzen am Missouri andererseits zu verzeihnen, Der Bericht ver- öffentliht darüber folgen e Tabelle :
Es betrug die Frahk für 100 Pfund (= 45 kg):
Nach St. Louis von
Nach Chicago von
Gegenstand
Atchison, Kansas City, St. Joseph Bluffs
Atchison, Kansas Omaha, Council
Council City, St. Joseph Bluffs
Omaÿha,
1. Oktbr. | 1. Novbr.| 1. Oktbr. | 1. Novbr | 1. Oktbr. | 1. Novbr. | 1. Oftbr. | 1. Novbr.
Stüdlgut .. . . Lir Kartoffeln, Stückgut . .. ür Pferde in gewöhnlihen Wagen . E Hiernach ist nur für Kartoffeln“ eine weniger erbeblihe Erhöhung der Fracht cingetreten, um 1# Cents (= ungefähr 6 -) für 45 kg. Die Fratht für Aepfel ist dagegen in dem einen Verkehr um 6è Cents (= 22 9/0), in dem andern um 11È Cents (= etwa 28 %/o) erhöht. Ganz außerordentlich ist die Erhöhung der Fraht für Baumwolle, in gepreßten Ballen, von 25 und 30 auf 55 Cents, von 30 und 40 gar auf 75 Cents, d. h. Erhöhungen bis zu 150%! Für Pferde scheint die Erhöhung darin zu bestehen, daß für ihre Beförderung in einzelnen Richtungen stets der ganze Wagen zu bezahlen ist. Wir glauben in der Annahme nicht zu irren, daß das deutsche Publikum ih solchen unberehenbaren Schwankungen auch um den Preis zeitweiliger niedriger Frachtsäße niht aussezen möchte.
Kunst und Wissenschaft.
Wie bereits gemeldet, ift am 14. d. M. in Stuttgart der als Dichter weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannte Prälat Dr. K. von Ger of gestorben. Wohl die leßte dichhterische Leistung desfelben dürfte das Gedicht auf die verewigte Kaiserin Augusta sein, welhes die neueste Nummer von „Ueber Land und Meer * (herausgegeben von Professor Jos. Kürschner, redigirt von O. Baisch, Stuttgart, Deutsche Verlags-Anstalt) veröffentlicht.
Es wird unsere Leser gewiß freuen, dieses ftimmungsvolle Poem kennen zu lernen, und drucken wir es daher nahftehend mit Erlaubniß der Redaktion des genannten Blattes ab.
Kaiserin Augusta f. Von Karl Gerok.
Und nun auch Du! — Die leßte der Genofsen, Beschließe den eclauhten Todtenzug ! Nun erst ist ganz die große Zeit verflossen, Seit man auch Dich zur Ruhekammer trug. Noch shimmerte von glorreih \{önen Tagen Auf Deiner Stirn ein blasser Widerschein ;
. Die Herzen, die den Todten einft geschlagen, Als edles Erbtheil nanntest Du sie Dein!
Noch einmal steigen die verklärten Schatten An Deiner Bahre rührend uns herauf :
Die Lichtgestalt des ruhmumkrönten Gatten, Dem Du verschönt den strengen Heldenlauf; Der tapfre Sohn voll milder Huld und Güte, Der ritterlih den Kelch der Leiden trank ; Der Enkel, der in reiner Jugendblüthe
Vom Sturm geknickt aufs Todtenlager sank.
Du warst gebenedeit vor tausend Frauen
Und warst geprüft in namenlosem Weh.
Als Jubelbraut im goldnen Kranz zu schauen, Und auch als S{merzensmutter Niobe;
Ein fürstlich Bild an Deines Helden Arme, Als noch Dein Weg mit Rosen war besât, Dow größer noch in Deinem Wittwenharme, In Deines Schmerzes stiller Majestät.
Und doch — Du hielt im segensreihen Walten “ Als tapf’re Frau treu bis zum Ende aus!
Hinsank der Leib, der Geist hat standgelalten,
Wie's Pflicht und Brauch im Hohenzollernhaus ;
Bis Du die greise Heldentafelrunde
gun leßtenmal an Deinem Tisch begrüßt,
um leytenmal dem frommen Schwesternbunde Den ernsten Dienst mit holdem Wort versüßt !
Die Glocken tönen. Zeu denn hin im Frieden, Das Banner mit dem rothen Kreuz voran, Barmbherzigkeit sei ewig Dir beschieden,
Dieweil Du hier Barmherzigfeit gethan.
Zend hin und melde den verklärten Lieben,
Daß ihrer fromm ein dankbar Volk gedenkt, Und das das Reich bis heute stark geblieben, Vom Enkel fest wie einst vom Ahn gelenkt.
— In Eutin fand, wie die „Hamb. Nachr.“ mittheilen, dieser Tage A Sitzung des e De Ns für das Denkmal für
Karl Marta von Weber statt. Es wurde in derselben be-
\{lo}sen, das Denkmal in dem der Stadt gehörenden, an dieselbe unmittelbar anschließenden Eichenhain gus tellen. Da der Play
Eigenthum der Stadtgemeinde ist, so ist die nas der slädti- theilt werden
*) Der ganze Wagen.
Doll. | Doll. .“ | Doll, | Doll, | Doll. | Doll. | Doll.
ür Aepfel in Fässern oder Kisten Stückgut . . 0,234 0,30 0,287 |
ür Baumwolle, gepreßt in Ballen Wagenladungen 0,25 0,55 0,30 | 0,75 0,30 0,75 E G S eds 0,30 0,55 0,40 |
0,237 0,29 ,25 0,283 0,30 0,287 0,30
0,14Ï | 40,00*®)
06,40 0,28 0,40
0,75 0,40 0,75
0,178/10 | 0,1788/100 | 0,242/10 | 60,00*) 0,274 0,27
wird. In derselben Versammlung wurde eine photographische Abbildung der Büste des Weber-Denkmals vorgelegt, die all- gemeine Anerkennung fand, und gleichzeitig beschlossen, die Gnthüllungsfeierlihkeit auf den 30. Juni und 1. Juli d. J. anzu- seßen, Die Feier soll in einem geistli®en und einem weltlichen Concerte aus den reihen Weber'shen Kompositionen mit entsprechen- der Enthüllungsfeierlichkeit bestehen. Die Festrede wird dem Ehren- Präsidenten des Auss{husses, Baron. von Liliencron in Schleswig übertragen werden. Der zweite Festtag ist dem Autflug in die herr- lihe Umgebung der Stadt Eutin vorbehalten.
S In Heidelberg starb am 14. Januar der Geheime Hofrath Freiherr Dr. Theodor von Dusch, Direktor der medizinischen Poliklinik an der dortigen Universität. Die „Karlsr. Ztg “ bringt Über seinen Lebenslauf Folgendes: Im Jahre 1824 zu Karlsruhe ge- boren, wurde der nun Verstorbene 1846 praktischer Arzt, 1847 Wund- und Hebarzt und dann Privatdozent in der medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg. 1856 zum außerordentlichen Professor ernannt, wurde er zweiter Lehrer der Pathologie, worauf 1870 seine Ernennung zum ordentlihen Profesor und Direktor der medizinishen Poliklinik folgte. Während des Studienjahres 1879/80 bekleidete er das Amt des Prorektors der Universität. 1880 erfolgte die Ernennung von Dusch's zum Hofrath.
_— In Alexandria entdeckte, dem „Telegraphe* zufolge, der Griehe Gonkoli vor mebreren Wochen beim Durhgraben seines Gartens einen umfangreihen Steinsarg, dessen obere Platte kunst- volle Bildwerke zeigte. Er benachrichtigte von seinem Funde die egyptishe Behörde in Alexandria, welhe den Fundort dur den Direktor des dortigen arhäologischen Museums besidtigen und als- darn den Sarg durch mehrere Dutzend Arbeiter vorsichtig ausgraben ließ. Nachdem dies geschehen, wurde der Satrkophag versiegelt und hierauf ein weiterer Bescheid von der Regierung in Kairo eingefordert. Diese entsandte eine Kommission, welhe am 31. Dezember im Beisein zahlreicher Gelehrten und in Alexandria lebender Europäer den Sarg öffnen ließ. Man fand in demselben ein weiblihes Skelett, an dessen Kopfende cin massiv goldener Lorbeerkranz, sowie {were goldene Ohrringe lagen. Ferner fanden \sich goldene Armspangen und ein goldener Gürtel. Die inneren und äußeren Wände des Sarges zeigen noch sehr gut erhaltene Skulpturen, an den äußeren Seiten befinden sich fünf Frauengestalten, von denen die eine lacht, die zweite weint, die dritte ernst ist, die vierte krank und die fünfte todt zu sein scheint. Auf der oberen Platte des Sarges sicht man zwei geflügelte mythologishe Thiere, zu deren Füßen sich zwei Schlangen winden, deren Köpfe sich gierig nah oben bäumen. Da die künst- lerishe Ausführung des Ganzen auf das Ende der Piolemäischen Pe- riode {ließen läßt, will man dem Vorhandensein der beiden Schlan- e die Gewißheit entnehmen, daß der Sarkophag thatsächlich die terblihen Ueberreste der Kleopatra enthält. Ueber das Eigen- thumsrecht des Fundes ist bereits ein heftiger Streit entstanden. Die egyptishe Regierung betrackchtet sih als die einzige re&tmäßige Eigen- thümerin und will den Sarkophag dem Museum zu Alexandria über- geben. Herr Gonkoli dagegen erhebt seinerseits Eigenthumsrechte, auf welche er nur gegen eine enorme Entschädigung verzichten will.
Literatur.
Publikationen des Börsenvereins der deutschen Buchhändler. Neue Folge. Archiv für Geschichte des deutshen. Buhhandels. Herausgegeben von der Historischen Kommission des Vereins. X11]. Band. Leipzig, 1890; Verlag des Vereins. — Die Kommission beklagt im Vorwort zu diesem neuen Bande, daß die Absicht, welche sie mit dem „Archiv®“ im Auge gehabt, nämlich, wie der Titel bereits andeutet, für eine Geschichte des deutshen Bubhandels darin die Materialien und Vorarbeiten zu fammeln, sich nit im vollen Maße verwirkliht habe. Ihre Er- wartungen bezüglich der Geschichte der älteren Zeit seien zwar in Erfüllung gegangen, bezüglich der neueren aber nur in eht besheidenem Maße. Hier habe die Kommission vorwiegend auf die Theilnahme und Mitarbeiterschaft der Fahmänner, der Buchhändler selbst rechnen müssen, aber die au für diesen Theil der Aufgabe nöthigen längeren Vorstudien \chienen in den betreffenden Kreisen abschreckend zu wirken. So lange, heißt es weiter, die Arbeit sich noh in den Vorstadien bewegte und es \sich um die Erforshung der Ent- wickelungszeit handelte, war dieses Mißverhältniß in der Berücksich- tigung der einzelnen Zeiträume von geringerer Bedeutung. Aber die von dem verstorbenen Dr. Kapp begonnene, von Prof. Dr. Adolf Koch weitergeführte Arbeit nähert sh mit immer \{chnelleren Schritten der neueren Zeit, und die aren Berücksichtigung der leßteren wicd da- her mehr und mehr wünschenswerth, zumal die Redaktion des „Ar- hivs* bestrebt ist, dem Verfasser bei seiner Thätigkeit direkt in die
De zu arbeiten, mit dem Inhalt der einzelnen Vänte des „Arivs* einen nâchstvorliegenden Aufgaben zu dienen und womöglich mit ihnen Schritt zu halten. Die Kommission würde daher cine erhöhte Theil- nahme an diesen Arbeiten aus den: Kceisen der Buchbändler selbst sehr gern sehen, weil die neuere Geschichte des Bucbhandel: den Ge- lehrten, aus deren Kreifen bisher die Mitarkeiter vorwiegend hervor- gingen, naturgemäß weniger Anreiz bietet. Sie legt scdann die Art und Weise dar, in welcher Prof. Koh den „nit gerade leichten Aufchluß* an das Kapp'sde Werk zu gestalten gedenkt. Dies_geschicht in einer mitgetheilten Disposition dieses Theils der Arbeit, welche bis zum Ende des 17. Jaßrhunderts reiht; denn mit diesem Zeitpunkt kann der Verfasser ers in feine Hauptaufgabe ein- treten. Das erste Kapitel, an dessen Ausarbeitung er noh im Laufe dieses Jahres zu gehen gedenkt, wird die Zeit von den Anfängen der Leipziger Messe bis zum dreißigjährigen Kriege umfassen; das zweite soll die Periode vom westfälischen Frieden bis zum fursächsishen Mandat von 1773 behandeln. Wiederholungen und Ergänzungen zu dem ersten Bande haben \ich theils in Folge der von Kapp seiner Arbeit zu Grunde gelegten Gruppirung des Stoffes um die beiden Hauptmeßpläße Leipzig und Frankfurt a. M., theils in Folge der Fortschritte der Forshung unvermeidlih nothwendig gemacht. — Auch der vorliegende Band des „Archivs“ enthält fast aus\{ließlich Vorarbeiten für die Geschichte des älteren deutschen Bubandels. Zunächst finden wir darin eine ganze Reibe Beiträge von Albrecht Kirchoff : über die Sortiments- und Kleinbubhändlec Leipzigs bis zum Jahre 1600 bezw. 1650, über die Leipziger Bücher- messe und den internationalen Verkehr im 16. Jahrhundert und über Sigitmund Feyerabend's Wanderlzger in Leipzia im Jahre 1570. Dann stildert cer ener spekulativen Buchhändler aus alter Zeit, Iobann Franke in Magdeburg. Ferner bietet Kirchof als Nr. 1V setner Lesefrüchte aus den Akten des ftädtishen Archivs zu Leivzig einen Beitrag zur Kenntniß des inneren Geschäftslebens im Buch- bandel aus der Zeit um das Jahr 1600. Eine interessante Charakteristik des Buch*ändler - Briefftyls aus älterer Zeit (um 1580) liefert Felix Geß mit Einzelheiten aus dem Briefwechsel zwischen zwei Buchhändlern in Leipzig und Erfurt. F. Hermann Meyer schildert den Kampf J. G. J. Breitkopf's gegen Mißbräuche in den Drutereien sowie in einem zweiten Artikel über die Reform- bestrebungen innerhalb des Buchhandels im vorigen Jahrhundert die Thätigkeit der Buchhandlungs-Deputirten. Auch die Miscellen bieten noch mancherlei kleinere Mittheilungen aus älterer Zeit, #so über Spuren der Censur in Sachsen um das Jahr 1500, Preß- polizei auf der Leipziger Messe 1531, zur Geschichte der sächsis{en Preßverbältnisse in der kryptocalvinistishen Zeit und (nach Papieren des Königlichen Kreis-Archivs in Würzburg) über cinen Nachdruck- streit aus dem Jahre 1777.
— „Die Kriegswaff en“. Eine fortlaufende, übersihtlih geordnete Zusammenstellung der gesammten Schußwaffen, Kriegsfeuer-, Hieb- und Stichwaffen und Instrumente, sowie Torpedos, Minen, Panzerungen u. dgl. seit Einführung von Hinterladern. Von Emil Capitaine u. Ph. von Hertling. 111. Band, Rathenow, Verlag von Max Babenzien. Von diesem Werk liegen wieder drei neue Hefte, VII—IX, vor. Dieselben sind reich an in den Text gedruckten Jllustrationen und dürften gleich den vorhergegangenen die Aufmerksamkeit der Fackceise in hervorragendem Maße in Unspruh nehmen. Von besonderem Interesse sind die im Anhang jeden Heftes beschriebenen neuesten Erscheinungen auf dem Gebiet der Waffenindustrie. So wird in Heft VI1 ein von Maxim in Londor konstruictes Gasge\{chüt dur Text und Illustration erläutert, ferner ein von Stlegel in Düsseldorf konstruirtes Gewehr zum Abfeuern von Patronen mit zwei Geschossen bezw. Ladungen, sodann ein von Giehrl in Waldsassen (Bayern) konstruirtes Ncvolvershloß und eine vom Grusonwerk (Magdeburg- Budckau) erfundene Vorrichturg zum Heben und Senken von Panzer- Lafetten. Heft VIII verzeichnet folgende neue Erscheinungen: Spann- vdrrichtung für Kanonen, konstruirt vom Grufonwerk; Ladeeinrihtung für Cylindervers{luß. Gewehr mit von unten anstcckbarem Patronen- magazin, fonftruirt von der Waffenfabrik Mauser in Oberndorf; Patrone für Geshüße und Handfeuerwaffen mit brisanter Ladung, konstruirt von Emmens und Harrison in New-York; Neuerung an Torpedos, konftruirt von O'Kelly in London und Collins in Neuchead In Heft X finden sich folgende neue Erfindungen: Selbst- tbâtiges Geschüß, konstruirt von Maxim in London; Neuerung an Geschüß-Schrauben-Verschlüssen, konstruirt von Nordenfelt guns and ammunition company limited, Westminster; Räderlaffette mit hydraulisher Rüdlausbremse, konstruirt von Seeclhoff in Witten an der Ruhr; Vers%luß der Hülsenöffnung an Hinterladern mit Cylindervershluß, konstruirt von der Waffenfabrik Mauser in Obern- dorf; Walj¡en- und Abzugövorrichtung ai Revolvern, konstruirt von Törnell in Carlsberg (Schweden).
— Die „Wiener Mode“ hat sich in der kurzen Zeit ihres Bestehens einen großen Leserinnenkreis erworben, der weit über das Wei@bild der alten Kaiserstadt und die Grenzen des uns eng be- freundeten Nachbatreihes hinausreiwt. Auh in Deutschland und sogar in unserer Reichshauptstadt ‘hat sie mit ihren originellen Modellen vielen Beifall gefunden und tritt dem dominirenden englischen Geschmack erfolgreich entgegen. In der Anleitung zum Selbst- anfertigen der Toiletten geht kaum ein anderes Modeblatt feinen Leserinnen besser an die Hand. Was der , Wiener Mode*® besonders -ra\ch Bahn gebrochen und sie namentlich in den bürgerlihen Häusern bei allen shneidernden Frauen beliebt gemaht bat, das sind die Schnitte nach Maß, welche die Zeitschrift ihren Abonnenten gratis liefert. In einfachen und doch sehr fkleidsamen Haustoiletten bietet sie ihren Abonnentinnen stets Neues und Geschmadckvolles in mannig- falt gster Auswahl. Auch die Abtheilung für Handarbeiten aller“ Art ist immer lehr- und abwechselungsreih. Das WBeiblaît „Im Boudoir*“ sorgt endlich auch für literarische Unterhaltung und An- regung dur ernste und humoristishe Beiträge beliebter "moderner Autoren in Prosa und Poesie, durch musikalishe Beilagen, “Räthsel- aufgaben, Rathschläge für Küche und Haus 2c. 2x. Der Abonnements- preis für die halbmonatlich erscheinende Zeitschrift (Wien I, Schotten gasse 1), welche jährli 48 Modebilder und 12 Schnittniustérbeilägen bringt, beträgt vierteljährlich 2 4 50 -. h
— Der Geschichts- und Alterthums - Vérein zu Leisnig (im Königreih Sachscn) hat das 8, Heft seiner „Mit- theilungen“ versandt. Dasselbe, von Dr. med. C. M. Müller zusammengestellt und im Auftrage des Vereins herausgegeben, enthält 7 größere lokalgeshidtlihe Beiträge. Diese handeln von dem Berg Staupen und dem Geschlecht Derer von Staupih (deren Stammburg wahrscheinli auf ihm gestanden hat), über die Einführung derReformation in der Umgebung von Leisnig (vom Superintendenten Dr. theol. Nobbe), über die frühere Vorstadt Pfeffersdorf, das ehemalige Brückenhospital, die Multenbrücke, das Kommungut Paudriß\ch und die Klostekschule, zu Geringswalte (mit Ausnahme des zweiten Beitrages sämmtlich von dem verstorbenen Kantor Hingst), Die mitgetheilten -Protokolle - über die in den Jahren 1886—88 gehaltenen Vereinssißungen"bieten'
ein übersihtlihes Bild von der Thätigkeit des Vereins in biéseut“
Zeitraum. Ein besonderer Abschnitt ist den Samnlungen gewidmet, welche durch mannigfahe Geschenke und Depots fortdauernd vecmehr® ; wurden. Auch der Verkehr mit anderen Geschichts- und Alterthums- Vereinen ist, wie die am S{hluß des Hestes abgedruckte Liste ergiebt, ein reger und ausgedehnter. : Mes
_— „Aus den Sommertagen.“ Von EmilRittershaus Vierte Auflage. Oldenburg und Leipzig, Schulze'she Hof-Buchhand- lung und Hof-Buchdrukerei (A. Schwar). — Emil Rittershaus, welcher in seinen Dichtungen eine frische und lebensfreudige Welt- anshauung vertritt, gehört unstreitig zu den beliebtesten lyrishen Dichtern der Gegenwart, wie die wiederholten Auflagen seiner Werke es bezeugen. So liegt von „Aus den Sommertagen® bereits die vierte Auflage vor.