1890 / 47 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 20 Feb 1890 18:00:01 GMT) scan diff

Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht die Ernennung des j

General-Konsuls in Galay und Delegirten bei der europäischen Donau:Kommission, Ritter von Bolesla wski, zum diploma- tishen Vertreter Oesterreihs in Tanger, ferner des General- Konsuls Gsiller in Moskau zum General-Konsul und Delegirten bei der europäischen Donau-Kommission in Gala.

Budapest, 19. Februar. Se. Majestät der Kaiser und König gab in einem Hand\chreiben an die Gräfin Andrassy der Trauer um den geliebten eimgegangenen Ausdruck. Mit seinem hohen Geiste sei ti eine Reihe von Jahren einer der besten Berather gewesen; seinen großen wahrhaft patriotishen und staatsmännischen Verdiensten sei die dauernde Anerkennung der ganzen Monarchie gesichert. Der Gräfin Andrassy find, wie aus Volosca gemeldet wird, Beileids-Telegramme der Königin-Regentin von Spanien und des Reichskanzlers Fürsten von Bismarck “zugegangen. : s

In beiden Häusern des ungarishen Reichs- tages fanden heute Kundgebungen für den hingeschiedenen A Julius Andrassy statt. Jm Oberhause hob der Präsident Freiherr Vay von Vaja die unsterblichen Ver- dienstedes Verblichenen um den Berliner Vertrag und den Abschluß des deutshen Bündrisses, wodurch der europäische Friede ge- sihert und die Tripel-Allianz geschaffen worden sei, hervor. Das Unterhaus beshloß auf den Antrag des Minister- Präsidenten von Tisza, die Vertagung der Sigzungen bis Montag und eine korporative Betheiligung an der Lei enfeier. Der Mini}ter-Präsident reichte dann einen Geseßentwurf, betreffend die Errichtung eines Denkmals, ein und bemerkte, er wolle über die Verdienste Andrassy's keine Worte verlieren, dieselben würden in der Geschichte bis in die späteften Jahrhunderte glänzen. Jn dem Schmerz über den Verlust sei die ganze Nation einig, welche ihre treuen, ausgezeihneten Söhne stets mit Pietät umgebe. Graf Apponyi hob hervor, den Schmerz der Nation lindere das Bewußtsein, daß die ganze civilisirte Welt daran theilnehme; andererseits sei aber die Größe des Verlustes um so fühlbarer. Die Anträge des Minister- Präsidenten wurden vom ganzen Hause einstimmig ange- nommen.

Die Leiche des Grafen Andrassy wird, wie gemeldet, morgen im Vestibüle der Akademie aufgebahrt. Freitag er- folgt die Einsegnung, wobci das Parlament, die Minister sowie die Spißen der Behörden in corpore erscheinen werden.

Großbritannien und JFrlaud. London, 19. Februar. (A. C.) Das Unterhaus seßte gestern die Debatte über das Amendement Parnell's zur Adresse auf die Thronrede fort. Jn diesem wird erklärt, daß das Wachs- thum der friedlichen und freundschaftlihen Beziehungen zwischen Jrland und Großbritannien „durch die ungerechte, erbitterte und thörihte Handhabung nicht allein der Ausnahmegeseße von 1887, sondern auc des ordentlichen Strafgesezes Seitens der Regierung“ gehemmt werde ; daß ungealhtet der langanhal- tenden Ruhe beträchtlichen Theilen des irischen Volkes die Freiheit gekürzt werde, große Massen irisher Pächter der Verbindungs- und Versammlungsrehte beraubt sowie Massenaustreibungen im FJuteresse von Grundbesißerverbindungen ausgeseßt seien, und s{ließlich Bedauern darüber ausgedrüdt, daß die Thronrede keine Vorschläge zur Abstellung der berechtigten Unzufriedenheit des irishen Volkes in diesec Hinsicht enthalte. Campbell-Bannerman (der in Gladstone's Verwaltung eine Zeit lang Oberjekretär für Jrland gewesen) unterstüßte das Amendement. Dann ergriff Mr. Balfour, der Ober- sekretär für Frland, das Wort zu einer langen Widerlegung der Argumente der Opposition. Er behauptete, daß die allerseits unegeene Besserung der Zustände Jrlands der kräftigen Hand- habung des Verbrechenverhütungs-Gesezes zuzuschreiben sei, dessen Wirkungen in der Hemmung von Unordnung und Ver- hütung unnöthigen Elends in Jrland die sanguinischsten Erwartungen der Regierung übertroffen hätten. Die ruhigeren Zustände auf der Smaragd-Jnsel hätten bereits eine Ein- shränkung des Wirkungsbereihs des Gesetzes gestattet; hoffentlih werde es nicht nothwendig sein, den Ausnahme- zustand in den davon befreiten Kreisen zu erneuern, nöthigen- falls aber würde die Regierung nicht zögern, dies zu thun. Weitere 2 oder 3 Jahre stetiger und gerehter Hand- habung des Geseßes würden viel dazu beitragen, jene Grundlagen eines geordneten Staates wiederherzustellen, die zu erschüttern der besondere Zweck der irishen Partei sei. . Viôge, so {loß der Redner, das Haus fernerhin eine Regie- rung unterstüßen, die bereits so viel zu Gunsten Jrlands gethan habe. Nachdem: noch mehrere Parnelliten im Sinne des Antrages und Sir Henry James zu Gun- sten der Regierung gesprochen, {loß John Morley die Debatte mit einer kräftigen Rede, im Verlaufe welcher . er die irishe Politik der Regierung als gänzlih verfehlt bezeichnete und leßtere vor deren Folgen warnte. Man spreche, fuhr er fort, von den Brandartikeln des „United Jreland“, aber nichts, was dieses Blait jemals ge- schrieben, lasse sich an Abscheulichkeit vergleihen mit den Anklagen, welche der Bundesgeno}se der ministeriellen Partei in der Presse (die „Times“) gegen ihre eigenen Kollegen er- hoben habe. (Stürmischer Beifall der Opposition und Rufe: „Nein, nein!“ auf den ministeriellen Bänken.) Kurz vor Mitternacht wurde zur Abstimmung geschritten, welche (wie schon telegraphisch gemeldet) die Verwerfung des Parnell’schen Amendements mit 307 gegen 240 Stimmen ergab.

Der Marquis von Salisbury hat sih nah Lytchett, der Besißung von Lord Eustace Cecil, unweit Poole, begeben. Sein Befinden bleibt befriedigend, aber die Aerzte erachteten nah seinem jüngsten heftigen Jnfluenza-Anfalle einen Lust- wechsel für räthlich.

Vorgestern i die Anleitung zum Gebrauch des neuen Magazingewehrs an die Garnisonen des Vereinigten Königreichs versandt worden. ;

Wie der „Leeds Mercury“ mittheilt , beabsichtigen Parnell und dessen parlamentarische Kollegen, von der Negierung Erstattung der Unkosten zu fordern, welche sie in Folge des Erscheinens vor der Untersuchungs- Kommission hatten. Sie stüßen ihre e peruns auf die Aeußerung des Ministers Smith, die derselbe während der Berathung der Bill zur Einsezung der Kommission a Der Minister habe damals erklärt, daß die irishen Abgeord- neten, falls sie fih von den gegen sie erhobenen Anschuldigun- g reinigten, zur Erstattung ihrer Unkosten berehtigt wären.

ie Parnelliten behaupten jeßt, daß sie in allen wesentlichen Punkten freigesprohen worden seien.

Der am 17. d. M. in San Francisco eingetroffene Postdampfer bringt höchst traurige Nachrihten über die in Australien herrschende Arbeits losigkeit. In Sydney

Neu-Südwales) brächten Tausende von beshäftigungslosen ännern und Frauen, da ihnen das Geld auh für das be- scheidenste Unterkommen fehlte, die Naht im Freien, meistens in den öffentlihen Parks, zu. Große Strecken Landes in Queensland seien durch Ueberschwemmungen verwüstet worden und 20 Leute hätten dabei ihr Leben eingebüßt. 19. Februar. (W. T. B.) Der parnellitische Abgeordnete Biggar ist heute gestorben.

Frankreih. Paris, 19. Februar. (W. T. B.) Der „Temps“ bringt einen Artikel über die Konferenz, in welchem ausgeführt wird, Frankreich könne sih der Einladung gegenüber weder isoliren, noch übereifrig zeigen. Das Unter- nehmen des Deutschen Kaisers müsse der Ein- müthigkeit der Mächte begegnen, von denen England den Vorrang habe. Nehme England die Einladung an, so wäre zwar das Gelingen der Konferenz nicht gesichert, aber dieselbe würde möglih und namentlich gefahrlos; wenn Eng- land ablehne, werde alles unmöglich, aber gleichzeitig würde alle Welt degagirt sein.

20. Februar. (W. T. B.) Verschiedene Morgen- blätter kündigen die für morgen in Aussicht genommene Vor- legung des Budgets an und bemerken dazu: die darin ge- plante Anleihe von 700 Millionen Francs bezwecke unter Anderem die. Einlösung der sechsjährigen Bonds im Betrage von 403 Millionen Francs.

Ftalien. Rom, 19. Februar. (W. T. B.) Wie der „Moniteur de Rome“ meldet, haben die Mitglieder der preußischen A! Station in Rom, größtentheils Protestanten, eine Erklärung unterzeihnet, in welcher sie gegen die angeblihe Anklage Einspruch erheben, welche der verstorbene Professor von Doellinger gegen die Art und Weise erhoben, in welcher der Vatican seine Archive zur Verfügung des Publikums stelle.

Die „Riforma“ sowie die meisten anderen Zeitungen erklären das an den Börsen von Jtalien und Frankreih um- laufende Gerücht, wonach die italienische Regierung auf einen diesbezüglihen Antrag des Abg. Luzzatti eine Er- höhung der Einkommen steuer auf die italienishe Rente bis 20 Proz. beabsichtige, für völlig unbegründet.

Portugal. Lissabon, 16. Februar. (P. C.) Die Königin und die Königin- Mutter präsidirten gestern einer Versammlung hiesiger Damen, in welcher Provinzial- Comités zu Sammlungen für die Nationalvertheidi- gung organisirt wurden. Die Aufregung, welche durh die republikanishen Kundgebungen vom 11. d. M. hervor: gerufen worden war, ist wieder völlig geschwunden.

Amerika. Washington, 18. Februar. (R. B.) Der Senat ratifizirte heute den neuen Auslieferungs- vertrag zwishen Großbritannien und den Vereinigten Staaten mit einigen unerheblihen Abänderungen,

Parlamentarische Nachrichten.

Der Graf von Bocholy-Alme, Mitglied des Herren- hauses, ist am 18. d. M. in Düsseldorf gestorben.

Dem Hause der Abgeordneten is|st der Entwurf eines Geseßes, betreffend das zulässige Ladungs- gewicht und die Beleuhtung der Fuhrwerke im Verkehr auf den Haupt- und Nebenlandstraßen sowie auf den wichtigeren Nebenwegen der Provinz Schleswig-Holstein, mit Ausnahme des Kreises Herzogthum Lauenburg, zugegangen.

Vorbereitungen für die Wahlen.

Die Bevölkerung der Stadt Straßburg is, wie die „Straßburger Post“ mittheilt, am Dienstag durch in Paris aufgegebene Briefe übershwemmt worden, welche in deutscher und französischer Sprache abgefaßte Aufrufe gegen die Kandidatur Petri enthalten. „Wählt Jeden nur nicht Petri!“ heißt es da. Das genannte Blatt bemerkt hierzu :

„Wir freuen uns, offen gestanden, von Herzen über diese Éin- misbung in unsere reichsländisGen Wahlanglegenheiten. Durch sie wird Klarheit geschaffen. Wem jeßt die Augen nicht aufgehen, dem können sie überhaupt nicht aufgehen! Was haben die Absender dieser Briefe mit unseren Angelegenheiten zu \ckaffen? Nicts! Sie leben im Auslande und haben an unseren Freuden, wie an unseren Leiden keinen Antheil. Wenn fie eine aafrihtige und herzlihe Sympathie für Elsaß-Lothringen und die Elsaß-Lothringer empfänden, so müßten sie sih darüber freuen, daß das Land und scine Bewohner ansckeinend im Begriffe sind, zur Ruhe zu kommen Sie müßten dann lbst rathen : „Wählt Petri, denn seine Kandidatur verbürgt die Ausföhnung“. Aber das paßt natüriih nit in ihre Pläne! Ihr Weizen blüht nur dann, wenn hier im Lande Unruhe und Bekümmerniß, Aufregung und Verwirrung herrschen. Deshalb rathen si: : Wählt jeden, nur nicht Petri mit anderen Worten wählt Bebel. Was später kommt, das kümmert die Herren natürlich nicht.“

Ein unzweideutiges Zeugniß von der antinationalen Ge- sinnung der Sozialdemokratie hat der hessische Sozialist st bei einer Wahlversammlung in Bingen abgelegt, in welcher er die Wahl des Sozialdemokraten Dörr für den Reichstag em fahl, indem er, wie „W. T. B.“ meldet, unter anderem außperle:

„Die Rüdgake der beiden Frankrei geraubten Provinzen Elsa und Lothringen fei eine Nothwendigkeit. Die Gbentiee G der Franzosen seien ungleih bessere, als die der Deutschen Der Redner endigte mit den Worten: „Die französischen Arbeiter sind unseré Brüder und der deutsche Bourgeois ist unser Feind.“

Daß diese vaterlandslose Gesinnung in der Sozial- demokratie niht vereinzelt ist, haben ähnliche Aeußerungen von Liebkneht, Bebel 2c. bewiesen.

Zeitungsftimmen.

Die „Schlesische Sus bringt einen Artikel über die Allerhöchste Kabinets-Ordre, betreffend die Organisation des Kadetten-Corps, dem wir Folgendes entnehmen:

eKaiser Wilhelm hat in der Kabinets-Ordre bezügli der für die Erziehung und den Unterricht in dem Kadetten-Corps maßgebenden Bestimmungen fo scharf gekennzeihnete und allgemein gültige Grundsäße ausgesprohen, daß sie in dey weitesten Kreisen Beachtung und hoffentlich auch über die engeren Grenzen hinaus für welche sie in erster Reihe bestimmt sind, Berücksihtigung finden werden. Wenn au die speziellen, den Lehrplan betreffenden An- ordnungen dem nächften Zweck der Kadettenanstalten gemäß, Pflanz- schulen für das Offizier Corps des Heeres zu sein, bemessen sind, so

erscheinen doch die Grundzüge, welche die Aufgaben für Erziehung und Unterricht vorzeihnen, als so allgemein richtige und vortreffliche und sind von so durchweg giltiger Wahrheit, daß man ibre An- wendung in allen Lehranstalten, niht nur in dem Kadetten-Corps, zum Segen unserer heranwac: senden Jugend wünschen muß.

_ Der Königlihe Erlaß giebt zu solhem Wunsch selbst die un- mittelbare Anregung, wenn derselbe im ersten Punkt als Zweck und Ziel aller Erziehung die Bildung des Charakters bezeichnet, welche auf dem gleihmäßigen Zusammenwirken der körperlichen, wissen- \chaftlihen und religiss-sittlihen Schulung und Zucht beruht. In dem Kadetten-Corps ist dies von jeher das bewußte, mit Ernst erstrebte Ziel gewesen, und wer nur immer Gelegen- heit gehabt hat, von dem Geiste, in welhem dort die ge- sammte Erziehung gehandhabt und der Unterricht betrieben wird, eingehend Kenntniß zu nehmen, wird jenen Pflegestätten jugendlicher Bildung das Zeugniß nit versagen können, daß sie unter den öffent- lien Erziehungsanstalten im Deutschen Reih eine ganz hervorragende Stelle einnehmen. Jn ihnen geht ernste Zucht und gute Sitte, körperlihe Pflege und geistige Ausbildung mit umfassendem, streng gegliedertem Unterriht in nahezu mustergiltiger Weise Hand în Hand. Die Forderungen auf diesem Gebiete sind angemessen begrenzt und fest bestimmt, werden aber nit nur verlangt, sondern auch erfüllt und bieten für wider- strebende und träge Elemente, welhe ihnen nit genügen wollen, feinen Raum. Dementsvrehend sind auch die Erfolge. Wir denken hierbei nicht in_ erster Reihe an unsere Armee, für welche von jeher hervorragende Offiziere und Heerführer in großer Anzahl aus dem Kadetten-Corps hervorgegangen sind, fondern betrachten leßteres ledig- lih unter dem Gesichtspunkte einer jugendlichen Bildungsstätte, Ad als, solhe eine von Jahr zu Jahr wachsende Anerkennung

ndet.

Ihrer weiteren Entwickelung kann die neueste Kabinets-Ordre nur dienen, welche cin wahres Meisterstück pädagogisher Weisheit und didaktisher Einsicht ist, Bekanntlich ift seit 1877 der Lehr- plan in sämmtlichen Klassen sowohl der Vorcorps wie der Haupt- Kadettenanstalt, mit einziger Ausnahme „der für militärwissenschaft- lichen Unterricht bestimmten Selekta im Wesentlichen den Real- gymnasien angepaßt und entspriht einshließlich des Latein allen Forderungen derselben. An diese Orcçagisation knüpft der Kaiser- lie Erlaß an, indem er in dankbarem Andenken an des unvergeß-- lichen Kaiser Wilhelm's I. nie rastende Fürsorge und an die von ibm bestimmte Lchraufgabe eine weitere Ausgestaltang und Vertiefung ins. Auge faßt. Der Weg dazu wird in der „Ausfcheidung jeder entbehr- lichen Einzelheit“ und „gründlihen Sichtung des Memorirstoffes* gewiesen und mit der mcht genug zu beherzigenden Wahrheit be- gründet: „Was der Unterricht hierdurch an Ausdehnung verliert, wird er an Gründlichkeit gewinnen.“ .

Im weiteren Verlaufe legt der Königlihe Erlaß das Haupt- gewicht auf die als „geistiges Rüstzeug® unentbehrliche ethishe Seite des Neligioneunterrihts , damit die Jugend „in Gottesfur@t und Glaubensfreudigkeit, zur Strenge gegen \ich selbft, zur Duld- samkeit gegen andere“ erzogen werde. Hiermit ist die höchste sittliche Aufyabe aller Jugenderziehung bezeihnet. Man mag zue geben, daß dieses Ziel sehr viel leihter angestrebt werden kann, wenn die gesammte Erziehung in der Hand der Schule, ihrer Lebrer und Leiter liegt. Aber auch ohne diese Borauéseßzung muß und kann die Schule ihm dienen, wenn neben dem bezeichneten Zwecke des Religionsunterrihts an si der ganze Geist, der sie durhweht, die Selbstzubt, die Wahrheit, das Ehrgefühl, mit einem Worte das sittlihe Selbstbewußt]ein pflegt. .

Was der Königliche Erlaß von dem Unterricht in der Geschichte und Erdkunde sagt, empfiehlt sich so unwiderleglih, daß es keines Wortes weiter bedarf, ebenso wenig wie in Betreff der Auf- gabe, welhe dem „Deutschen“, dem Mittelpunkt des gesammten Unterricts, zugewiesen wird. Der freie Gebrau der Muttersprache ift das Ziel, und die ergiebige Ausnußung der klassischen Literatur der Weg. Für „Vorträge und Aufsäße“ ist der Inhalt neben dem flassishen Alterthum, feiner Sagen- und Kulturwelt auch den ger- manischen. Sagen, sowie ven vaterländishen Stoffen und Shrift- werken gewiesen. . ..…..

Am Schluß verkennt der Kaiserliße Erlaß nit, daß die weitere Ausgestaltung und Vertiefung der Lehraufgaben den zur Erziehung und Unterweisung der Kadeiten berufenen Organen neue Aufgaben zuweist, welche an ihre Einsicht und Thätigkeit erhöhte An- forderungen stellen; zugleich aber giebt derselbe dec Ueber- zeugung Ausdruck, daß es ihrer bewährten Hingebung und Pflicht- treue gelingen wird, die Aufgaben in Seinem Sinne und zu Seiner vollen Zufriedenheit zu lösen. Und die Leiter, Erzieher und Lehrer des Kadetten-Corps werden sie lösen, wie ihrer hin- gebenden Treue bisher der wohlbegiündete Ruf zu danken ist, dessen si unsere Kadettenanstalten im ganzen Vaterlande ers freuen. Das leßtere aber wird in der Kabinets-Ordre vom 13. Februar nur ein neues Zeugniß der hochherzigen That- kraft schen, in der unser erlauhter Herrsher für das Wohl des Landes nach allen Seiten hin besorgt ist, und wenn es in den siherltch aus eigenster Initiative hervorgegangenen Anregungen auf dem Gebiete der Jugendbildung die Erfahrung erkennt, für welche einst der jugendliche Prinz in seiner bis zur Absolvirung des Abiturienten- cxamens durhlaufenen Gymnasialzeit den Grund gelegt hat, so wird es in dankbarem Andenken an des Hochseligen Kaisers wohldurch- dachte Erziehung nur um so mehr im Namen der heranwahsenden ge n Königlichen Pädagogen auf dem Throne von Herzen

ank ¿ollen.“

Veber die Kaiserlichen Erlasse und den Staats- rath lesen wir in der „Staatsbürger-Zeitung“:

„Allüberall, wohin die erhabenen Worte des Deutschen Kaisers gedrungen find, hat man die Kaiserlihen Erlasse in dem freudigen Bewußisein entgegengenommen, daß fortan den berechtigten An- sprüchen der Arbeiter Rechnung getragen und geordnete Verhältnisse zwischen diesen und den Arbeitgebern hergestellt werden sollen. Rasch in der Ausführung des einmal als richtig anerkannten Gedankens sind die diplomatishen Verhandlungen eingeleitet und gleichzeitig ist der Staatsrath einberufen worden, un1 die Vorarbeiten zu erledigen, die dem künftigen Reichstage auf dieiem Gebiet unterbreitet werden sollen.

Wir hoffen, daß die Zusammensegzvng des leßteren den Anforde- rungen der Zeit entipriht, um die wihtigen Aufgaben auf dem Ge- biete der bürgerlichen Geseßgebung und insbesondere der O GSe Geseßgebung zu einem glücklihen Ende zu führen. Gerade aber in Betreff dieses leßten Punktes wird es si sehr bald herausstellen, ob Diejenigen, welche sich bei den heutigen Wahlen als Führer der Arbeiter geriren, das Vertrauen derselben verdienen, oder dur ihre Opposition um jeden Preis die Sache der Arbeiter der revolutionären Bewegung unterordnen, an der die Arbeiter als solche au niht das geringste Interesse haben

Was nun die vom Staatsrath zu erhoffende Thätigkeit betrifft, so wird dieselbe erst in ihren Resultaten an die Oeffentlichkeit ge- langen, die dann in ihren Organen, und zwar zunächst im Reichstage vollauf Gelegenheit finden wird, ihr Urtheil abzugeben. Das Institut des Staatsraths selber hat in dem Geschichtsforsher Heinri von Treitschke insofern einen würdigen Vertreter gesunden, als derselbe die Verdienste des Staatsraths um die preußische esezgebung. in gebührender Weise hervorgehöben hat. „Mit das Beste an der Gejepgebung Friedri Wilhelm's 11“, so führt derselbe aus, „ist den Arbeiten des Staatsraths zu danken, in welchem „eine Vereinigung von Talent, Sachkenntniß und unerschrockenem Freimuth“ vertreten war, wie sie damals nur noch in England si finden ließ. Die Rede, mit welcher Hardenberg am 30. März 1817 die Sißungen des Staatsraths eröffnete, könnte auh heute noch als Programm desselben gelten. „Der preußishe Staat“, so \hließt Treitshke, „muß der Welt beweiscn, daß wahre Freiheit und geseßlihe Ordnung, daß Gleichheit vor dem Geseye und persönlihe Sicherheit, daß Wohlstand dés Einzelnen sowie des Ganzen .. . . am Besten und Sichersten gedeihen unter einem ge- rechten Monarchen.“ Es soll, heißt cs an anderer Stelle, „das Be-

ftandene in die gegenwärtigen Verhältnisse des Staats, in die Bildung des Volks und in die Forderungen der Zeit verständig ein- gefügt werden“.

Daß Kaiser Wilhelm I1. die hohe Bedeutung des Staatsraths rihtig erfannt hat, davon giebt die Erôffnungsrede desjelben Kunde, die ihrersei18 wiederum eine Gewähr dafür bietet, daß die Angelegen- heit nidt mehr ruhen wird, bis eine gründlihe Lösung der Arbeiter- frage erfolgt ist.*

Statiftifk und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Zwei deutsche Arbeiterversammlungen in London faßten, wie der „Post“ telegraphirt wird, vorgestern 2ustimmungs- refolutionen zu den Kaiserlichen Erlassen, der Cityklub aller- dings erst, nachdem die Anarchisten, die Tumult machen wollten, aus- geschlossen waren.

Aus dem niederrheinisch-wes:fälishen.Kohlenrevier wird der „Frkf. Ztg.“ unter dem 183. d. M. geschrieben: Dem auf- merksamen Beobachter kann es nit entgehen, daß die Bewegung unter den Bergleuten immer lebhafter wird. Vorläufig ist es aller- dings die Reichétagswahl, die das Hauptinteresse in Anspruch nimmt. Möge sie aber in den verschiedenen Kreisen ausfallen, wie sie will, die jet in mehrere politishe Parteien zerfallenen Bergleute werden nah-

er a!'em Anschein nah auf dem Boden ihrer materiellen Auforde- rungen sich wieder einigen und çeschlossen vorgehen. Bis dahin bleibt die Gestaltung der Lage abzuwarten. i

Der Waldenburger Knappenverein beshloß, wie der „Voss Ztg.“ berichtet wird, eine Petition um Verstaatlichung der Bergwerke abzusenden, Falls weitere Maßregelungen von Berg- leuten erfolgen und berechtigte Forderungen unerfüllt bleiben.

In Weißenfels fand am Dienstag cine von etwa 400 Per- sonen besuhte Shuhmacherversammlung statt. Ein Redner bemerkte, daß die Arbeiter zum Strike gezwungen feien dadur, daß die Fab. ikanten die wohlberehtigte zehnstündige Arbeitszeit und die geringe Lohnerhöhung niht annehmen wollten. Redner ermahnte, wie das Weißenfelser „Kreisblatt“ hervorhebt, alle im Ausstand befind- lihen Schuhmacher, \sich in dieser Zeit als gebildete Männer zu betragen, sodaß das Weißenfelser Bürgerthum und die Aufsihtsbehörden an ihrem Betragen einen Anstoß niht finden möchten. Nah 10 Uhc erschien die Lohn- kommission und der Schiedsrichter Siewer aus Nürnberg, welche den Beschluß des Fabrikantenvereins überbrabten. Hiernah wollen sih die Fabrikanten bezüglich der Annahme von Arbeitern volle Frei- heit bewahren und den 10stündigen Arbeitstag nicht annehmen ; dagegen bewilligen sie eine Mittagspause von 1} Stunden und die Verlängerung der Frühstüks- und Vesperpausen von 15 auf 20 Minuten. Nachdem Hr. Siewer crklärt, daß es thm nit mögli gewesen sei, weitere Zugeständnisse zu erlangen, spra er den Wunsch aus, die Ansichten einzelner Arbeiter aus allen Fabrifen zu hören. Es traten daher nun aus allen Fabriken ein resp. zwei Redner auf, welche erklärten, unter diesen Bedingungen nicht zu arbeiten. Ia, es wurde fogar beschlossen, Falls nicht neh in dieser Woche eine Einigung erfolge, vom Montag ab statt 10 °/a Lohnerhöhung, wozu man sich verstanden hatte, wieder die ursprüngliche Forderung von 15 9% aufzunehmen. Zum Schluß wurde die Reso- lution gefaßt, übecall da zu arbeiten, wo der zehnstündige Arbeitstag und 10 9/0 Lohnerhöhung bewilligt sind und wo sonst keine Maßregelungen vorkommen, in allen anderen Fabriken aber die Arbeit ruben zu lassen. Nach Ansicht des „Kr.-Bl.“ liegt der Shuhmacher- strike für die Arbeiter niht besonders günstig, da ein Theil der ver- laffenen Stellen \{chon wieder anderweitig beseßt und zu befürchten ist, daß bei längerem Ausstande eine arößere Anzahl Strikender Arbeit hier überhaupt niht wieder fiaden kann.

Eine öffentlihe Maurerversammlung, welche am Montag in Leipzig stattfand, beshloß, wie das „Chemn. Tgbl.“ weldet, für die bevorstehende Bausaison an dem son früher aufgestellten Minimal- ftundenlohn von 48 Pfennigen und einer Arbeitszeit von 10 Stunden festzuhalten, Wenn die Meister auf diese Forderungen nit eingehen, soll der Lohn erhöht unz eine 9stündige Arbeitszeit gefordert werden.

Aus Augsburg schreibt man dem „Schwäb. Merk “: Die be- vorstehende Frühjahrsbauzeit wirft hinsihtlih der Lohnverhält- nisse der Bauhandwerker ihre Schatten voraus. So ift unter den hiesigen Zimmerleuten bereits eine Lohnbewegung im Gange. Dieselben hielten am vergangenen Sonnabend eine von etwa 150 Theilnehmern besuchte Versammlung, in welcher beschlofjen wurde, um einigermaßen eine berechtigte Gleichstellung mit anderen Bauhandwerkern. namentlich den Maurern zu erzielen, einen vom 1, Mai d. J. ab eintretenden Stundenlohnfaß von 45 A zu fordern und im Nichtbewilligungsfalle die Arbeit niederzulegen. Die Zimmer- meister und Baugeschäfte sind von diefer Forderung durch Rund- schreiben unterci&tet worden. Die Gesammtzahl der in Augsburg ansässigen Zimmerleute wird auf 200 geschäßt, wozu noch etwa 80 aus den umliegenden i ea kommen, die in Augsburg Arbeit zu suchen und zu finden pflegen. ;

Das „Petit Journal“ veröffentliht eine Depeshe aus St. Etienne vom 17. Februar, der wir nah der „Magdb. Ztg.“ Fol- gendes entnehmen : „Die geräushlose Ausregung, von der man in der leßten Zeit im Kohlenbecken von St. Etienne verschiedene Anzeichen bemerkt hatte, ist heute früh in den Gesellshaften von Moxthieur, St. Elienne und Villebeouf theilweise zum Durch- bruch gelangt, Die Bewegung hatte ihren Ursprung in dem Schachte Jabin der Kohlengruben von St. Etienne. Gin Arbeiter war von dem Aufseher entlassen worden und alle seine Kameraden machten mit ihm gemeinshastlihe Sache, indem sie erklärten, sie würden die Arbeit bis zu seiner Wieder- aufnahme einstellen. Fast gleichzeitig weigerten sich die Gruben- arbeiter des Schahts Verseilleux derselben Gesellschaft, die von den Vorgängen im Schacht Jabin in Kenntniß gesetzt worden waren, in die Gruben zu fahren, und {lossen sih ven ersten Ausständischen an. Die Arbeit ift heute früh auch in dem Schahte Stern der Gesell- s{aft von Monthieur eingestellt worden. Eine Unterredung mit dem Direktor Simon führte nicht iger sofortigen Verständigung und der Strike wird anhalten. Im Laufe des Vormittags fand eine Versammlung auf der Arbeitsbörse statt, in welcher fünf Abgeordnete ernannt wurden, die sich mit dem ‘Direktor der Kohlengruben von Saint-Etienne, Hrn. Villiers, ins Einvernehmen segen sollten. Dieser erklärte, die über diz vorgeworfenen Thatsachcn eingeleitete Untersuchung einerseits und der drohende Charakter, den sie ihrer

orderung gäben, andererseits, gestatteten ihm niht, den

trikenden enugtkuung zu gewähren. Diese ‘Antwort, welche von den Abgesandten ihren Auftraggebern überbraht wurde, führte zu dem Beschluß der Sr etund des Strikes. Ferner heißt es, daß Nau, Direktor der Gesellschaft von Villeboeuf, einen Brief des Grubenarkbeiter-Syndikats erhalten hat, in welchem unter Androhung eines allgemeinen Ausstandes gleihfalls die Entlassung von Beamten gefordert wird. Die Aufregung herrscht zizmlich überall, und man muß befürchten, daß wir demnächst einen ungeheuren Strike in unserem Kohlenbecken haben werden

Die Hauptversammlung

des Vereins deutscher Eisen- und Stahl-Industriellen wird am 1. März d. J. in Berlin stattfinden und sih mit m-hreren wichtigen Fragen beschäftigen, die zunächst in einer den Berathungen vorangehenden Vorstandssißung zur Erörterung gelangen. Unter diesen Fragen nennen mir 1) Arbeiterschu pgeseßgebung: 2) die wiederum vorgeshlagene deutsche P I E in Berlin ; 3) Prüfungsvorschriften des Maud Lloyd für Schiffs- baumaterial (Berichterstatter Kommerzien-Rath Lueg-Oberhausen) ; 4) die für 1889 auszugebenden Fragebogen über Zahl der Arbeiter, Löhne und Bilanzen der Aktiengesell cchaften.

Landwirthschaft und Fruchtzölle.

Die „Kölnische Zeitung“ schreibt :

„In dem neuerdings wieder mit mehr Eifer als Gründlichkeit unterhaltenen Streit über den Antheil, welchen die Getreidezölle an der Brotvertheuerung haben, ist gemeinhin als selbstverständlich an- genommen worden, daß die Landwirthschaft vorab ihren Antheil an den Getreidezöllen bekommen habe. Mit wie großer Beschränkung das aber thatsählich zutrifft, geht aus folgender Zusammenstellung bervor, für deren Gewissenhaftigkeit wir einstehen. Sie enthält die Ziffern über die Kosten und Erträge eines den rheinishen Landwirthen wohlbekannten Gutes, welches seit langer Zeit vom Besitzer selbst und zwar in anerkannt vorzügliher Weise bewirtbshaftet wird, und umfaßt die drei Jahr;ehnte 1860—1889 30 Juni einshließ:!ich, während welcher das System des Betriebs garniht geändert ist. Vie Körnererträg: sind für den Morgen nach Centnern berechnet, die Preise mit Würdigung der Speicherverluste. Die Tabelle spricht im Uebrigen für sich selbst.

Dur(h- \chnitt des Iahr- | Morg | Preis

zebnts | Gir. | Ctr. | 1860 | 8,58 | 10,49 10,68 | 6,89

1870 F 7,41 | 11/52 9,62 | 8,38 1880 | 7869 | 977 | 7 734 | 8/19

Weizen Hafer Buchweizen

Morg.| Preis | Morg | Preis

Durch- Erbsen Brutto-

en S ertrag im ] sinde, Tage-

Iahr- Morg.| Preis Morg. Preis Duräschnitt | lohn, Accord zehnts | Gtr | % | Ctr. | A K M

1860 9,20 | 8,79 | 8,27 | 16,47 29 539,01 12016,19 1870 9,31 11,11 | 6,34 |17,40 37 588,73 17 187,69 1880 4,88 | 8,55 | 880 (12,40 | 29724,50 19 955,21

Der Ernteausfall war in der Gegend, wo das erwähnte Gut belegen ist, im Jahrzehnt 1860 im Durchschnitt gut, 1870 mittel, 1880 gering. - Die Landwirthschaft mußte in den leßtern Jahrzehnten im allgemeinen in ihren Gelderträgen nothwendig etwas zurückgehen, eben wegen der gestiegenen Löhne und wegen der nöthig gewordenen Beschaffung von Maschinen und Düngmittel, was ja au die Pacht- und die Güterpreise deutlih zeigen. Kommen einmal wieder reie Ernten, fo können und werden die Preise der in Deutschland er- zeugten Bodenfrüchte zweifellos noch ctwas sinken, wob:i denn die Gelderträge der Landwirthschaft wieder ein wenig steigen dürften. Daß aber weder von einer ungebührlihen Bereiherung noch überhaupt von einer Bereicherung der Landwirthschaft dur die Zölle gasprochen werden kann, troß augenblicklich wer weiß für wie lange! gestiegener Getreidepreise zeigt unsere Tabelle shlagend.“

Der öfsterreihisch-ungarische Handelsverkehr mit Thieren während des Jahres 1888.

Im Aligemeinen macht sich nach den „Nachrihten über Industrie, Handel und Verkehr aus dem statistishen Departement im K K österreihishen Handels- Ministerium* für das Jahr 1888 ein weiterer Rü@gang in dem österreihish-ungarishen Handelsverkehr mit Thieren und thierischen Produkten bemerkbar. Namentlich i es der Verkehr mit Schlacht- und Zuchtvieh, welcher von Jahr zu Jahr eine Verminderung erfährt ; die wichtigste Gruppe desselben, das Rindvieh, weist im Jahre 1888 nachstehende Verkehrsdaten auf:

Einfuhr Ausfuhr Otbsen . 29 609 Stück 44 234 Stüd Stiere .. 2D 240 R A 24331 , Iungvieh . 828 , 13418 , Kälber . . 9604 , 11458 Summe . 47789 Stü 94 686 Stü.

Im Jahre 1887 betrug die Gesammteinfuhr an Rindern 63 279 Stü, die Ausfuhr 101 322 Stück; die betreffenden Verkehrsmengen für 1886 waren 66 899 Stüdck bezw. 128 664 Stück. Das hieraus ersihtlihe Zurückgehen des gesammten Handelsverkehrs mit Rindvieh ist vorzügli darin begründet, daß die meisten Staaten zum Schutze ihrer Landwirthschaft und Viehzuht die Einfuhrzölle erhöht haben, und muß au der Umstand hervorgehoben werden, daß dem öster- reihish-ungarishen Viehhandel eine bedeutende Konkurrenz in den wichtigsten Absaßgebieten durch den direkten Import von lebenden Thieren und Fleish aus Amerika und Australien gemacht wird, gegen welche in Folge der dort herrschenden günstigeren Produktions- und Frachtverhältnisse {wer anzukämpfen ist. . Außerdem darf nit übersehen werden, daß die Landwirthe in Folge der über- seeischen Konkurrenz bei den gesunkenen Getreidepreisen der Vieh- haltung cine größere Beachtung widmen mußten, und es macht sich der Einfluß der in den meisten Staaten Mittel- Europas gesteigerten Viehzucht bereits fühlbar, indem ein großer Theil des Bedarfs dur die eigene Viehproduktion gedeckt werden konnte. Troß des im Allgemeinen gesunkenen Verkehrs hat Oesterreih-Ungarn um 46897 Stück Rinder mehr aus- als eingeführt. In frischem Fleis hat 1888 eiye Vermehrung der Ausfuhrmenge von ungefähr 4000 q (metrisher Centner) stattgefunden ; dieselbe genügt aber nicht, um den Ausfakl in der Ausfuhr an lebenden Rindern aufzuwiegen. Die Handelswerthe von Rindvieh haben im Allgemeiren eine Einbuße erlitten, und selbs zu diesen reduzirten Werthen konnte eine Hebung des Gesammtverkehrs nicht erreiht werden. Auch der Verkehr in anderen Thiergattungen, speziell in Schafen und Schweinen, hat bedeutend abgenommen. Das rapide Sinken der österreichish-ungarishen Scafausfuhr beweist folgende Zusammenstellung: die Ausfuhr betrug im Jahre 1883 ; 857 257 Stüdck, 1884: 582497 Stück, 1885: 379 997 Stück, 1886: 321920 Stü, 1887: 176131 Stück und 1888: nur mehr 109 346 Stück, und es blcibt eine weitere Abnahme auch für die Zukunft zu erwarten. Während der Ausfuhrwerth im Jahre 1883 no 12 001 598 Fl. betragen hat, repräsentirt die Ausfuhr im Jahre 1888 nur noch einen Werth von 879 416 Fl. Die landwirthschaftlihen Verhältnisse Oesterreih-Un- garns haben die früher so hervorragende Schafzucht immer mehr ein- geshränkt, da die erziclbaren Freise nicht mehr lohnend sind und der Bedarf Frankreihs und roßbritanniens zum großen Theil von Rußland und Australien gedeckt wird, welhe Länder im Verhältniß zu Oesterrei - Ungarn viel geringere Pro- duktionskosten haben. Der gesammte Handelsverkehr mit Schweinen hat um 64097 Stück abgenommen und muß nament- lih die 49 855 Stück betragende Abnahme bei der Ausfuhr hervor- gehoben werden. Jm Allgemeinen war die Einfuhr immer größer als die Ausfuhr, was durch den großen inländishen Verbrauch be- ründet ersheint, Die Urjachen, welhe eine Shmälerung der Aus- uhr herbeiführten, waren namentli in der Konkurrenz Amerikas gelegen und ift au ein großer Theil des österreihish:ungarishen Absaß- gebietes durch den direkten Verkehr anderer Staaten mit Serbien verloren gegangen, Nur béi Pferden ist eine Verkehrösteigerung gegenüber 1887 zu verzeichnen, weil eben der Verkehr in diesem Jahre in Folge der vorgekommenen Pferde- Ausfuhrverbote ein ganz ab- normer. Der Gesammtverkehr betrug 27 104 Stúck. Wird von dem Umsaßge im Jahr 1887 abgesehen, so ergiebt sich gegen den fünfjährigen Durchschnitt der Zabre 1882—1886 denno eine Ab- nahme in der Einfuhr von 636 Stück und in der Auéfubr von 7082 Stückd. Immerhin verdient der Umstand hervorgehoben zu werden, daß von dem Gesammtverkehr mit Pferden nuar ungefähr

20 %% auf die Einfuhr entfallen. Durch die Unterstüßung des Staates und durch die ersprießlihen Bestrebungen der landwirthscaftlihen Vereine hat die Pferdezucht Oesterreih-Ungarns eine hohe Entwidcke- aa erlangt, sodaß selbst der Bedarf an Zutbtmatecial im Inlande fast vellständig gedeckt werden kann urd die Ausfuhr von Hengsten und Sluten Fe Zut i gen begriffen ist, Während nur 61 Hengste ind 72 uten zur Zucht eingeführt wurden, u i - zifern 206 bezw. 283 Stück. s e gen Hie B

ú A Die dänische Handelsflotte

zählte am 1. Januar d. J. 3243 Swhiffe von 281014 Tons Trag- fähigkeit gegen 3179 Schiffe von 262 463 Tons zur gleichen Zeit des Vorjahres. Von den Schiffen waren 2088 Segelschiffe von 34 593 Tons mit einer Tragfähigkeit von 4—50 Tons und §50 Segelschiffe von 142,84 Tons mit einer Tragfäbigkeit von über 50 Tons, von den Damvfschiffen gehörten 96 von 1663 Tons zur ersteren und 209 von 101 914 Tons zur leßteren Gattung. Die Anzahl der Segelschiffe, die sih in dem Jabrzehnt 1879/1888 um 102% verringert hatte, O im g M Br Schiffe von 10 550 Tons oder um „Ò /0 zu, die Vampfschiffsflotte wurde auch ur Schi

ca. 8000 Tons vermehrt. E

Kunst und Wissenschaft.

In der Mauchart’\{en Baumschule auf dem e Hobbele“ bei Langenau sind “dem .,Sc{wäb, - Merk zufolge von Oberförster Vürger allemannishe Reihengräber entdeckt worden. Bei den Ausgrabungen kamen außer Knochenresten wohlerhaltene irdene Trinkgeschirre und Vasen, Reste von einem Schwert, ein \{chönes bronzencs Frauenarmband und Reste eines höht ¡terlihen, bunt- farbigen Halsbandes zum Vorschein. Es scHeint ih um eine aus- gedehnte Begräbniß\tätte zu handeln, Die Ausgrabungen werden noch fortgeseßt.

Sanitäts-, Veterinär- und Quarautüäuewesen.

Portugal,

„Dur eine im Diario do Governo Nr. 31 vom 8. Februar 1890 veröffentlibte Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums n A Se Mo von s seit dem 7. Januar für „rein“ om getven Flever erTiärt worden, (Vergl, , Reichs-Anzeiger“ Nr. 275 vom 18. November 1889,) j N

Handel und Gewerbe.

Ein Konsorlium, bestehend aus den von Rothschild'schen Häusern, der Schwedischen Reichsbank, dem Bankhause S. S röder, der Direktion der Diskonto-Geiellschaft in Berlin, den Herren L, Behcens und Söhne in Hamburg und dec Dänischen Landmannsbank in Kopenhagen, hat von der Königlich schwedi- \hen Regierung eine 3:prozentige Staatsanleihe im Betrage von 40 Millionen Reichêmark übernommen, die zur Rüd- zablung bezw. Konvertirung der 44prozentigen Anleihe vom Jahre 1875 bestimmt ist. l

Die „Zeitsbr. f, Spir.-Ind,“ theilt folgeaden Bericht über den Handel mit Stärke nah Mittheilungen der Vertrauens- männer in der Zeit vom 12, bis 18. F:bruar 1890 mit: Jm Laufe der verflossenen Berichtèwoche sind folgende Abschlüsse in Kartoffel» fabrikaten bekannt gegeben, Es wurden verkauft an Kartoffel- mehl: 500 Sa zu 15,75 6 ab Station an der Bahnstrecke Neu- stadk.a. D.— Meyenburg; 300 Sack prima zu 16 4 ab Station an der Bahnstrecke Salzwedel—Uelzen, Lieferung April-Mai, 1 9/0 Pro- vision; ferner an trockener Kartoffelstärke: 100 Sack tertia zu 12,65 6 einschließli Provision frei Bord Stettin; endlih an feuchter Kartoffelstärke: 5 Waggons prima zu 7,70 4 ab Station an der Bahnstrecke Neustadt a, D.—Mteyenburg.

Die nächste Böôrsen-Versammlung zu Essen findet am 24, Februar 1890 im „Berliner Hof“ statt,

Der Verwaltungsrath der Hamburg-Süd- Amerika- nischen Dampfer-Gesellschaft hat beschlossen, der General- versammlung die Vertheilung einer Dividende von 14 9% vorzuschlagen.

_— „Der Kompaß“, Organ der Knappschafts-Berufsgenossen- schaft für das Deutsche Reih, welches unter verantwortlicher Redaktion des Verwaltungé-Direktors Simons in Berlin erscheint, hat in der vorliegenden Nr, 4 des V. Jahrgangs folgenden Inhalt: Auszug aus dem Verhandlungsberiht über die zwanzigste Sißung des Ge- nofsenschafts-Vorstandes der Knappschafts-Berufsgenossenshaft vom 28. Januar 1890. Aus den Sektionen: Auszug aus dem Protokoll der Sißung des Vorstanoes der Sektion IT. (Bochum) vom 15. Januar 1890. Bescheide und Beschlüsse des Reichs-Versicherungs-Amts Nr. 213. Rechtsprechung des Reichs-Versicherungs-Amts Nr. 674— 683, Personal-Nachrichten. | .… Leipzig, 19, Februar, (W, T. B.) Kammzug. Termin- handel, La Plata. Grundmuster B. pr. Februar 4,875 4, pr. März 4,875 A, pr, April 4,87] #, pr, Mai 4,87} #, pr. Juni 4,873 F, pr. Juli 4,90 4, pr. August 4,90 4, pr. September 4,90 , pr. Oktober 4,90 #, pr. November 4,90 , pr. Dezember 4,90 A Umsay 90000 kg. Behauptet.

London, 19, Februar, (W. T. B.) Wollauktion. Tendenz und Preise unverändert.

20. Februar. (W. T. B.) Die Bank von England hat beute den Diskont auf 5 2% herabgeseßt.

Verkehrs - Anstalteu.

Hamburg, 20. Februar. (W. T. B,) Der M ampler „Bohemia* der Hamburg-Amerikanischen acketfahrt- Aktiengesell\ chaft ist, von Hamburg kommend, gestern 6 Uhr Abends in New-York eingetroffen.

London, 19. Februac, (W. T. B.) Der Castle-Dampfer „Dunbar Castle" ist gestern auf der Ausreise in Capetown angekommen; der Castle-Dampfer „Hawarden-Castle* hat heute auf der Ausreise Madeira passirt; der Castle-Dampfer „Methven-Castle* ist heute auf der Ausreise von London, der Castle-Dampfer „Taymouth Cast le“ gestern auf der Heimreise von Capet own abgegangen. |

20. Februar. (W. T. B.) Die Uniondampfer „Tartar“ und „Anglian“ sind gestern von Capetown auf der Heimreise abgegangen.

Theater und Musik,

Berliner Theater.

Gestern Abend fand die erfte Aufführung zweier Tragödien aus

der klassishen Zeit der Griehen ftatt; die Direktion des, Berliner

Theaters bekundet damit aufs Neue ihre auf das Ideale (ieten ten.

Bemühungen und erwirbt den Dank aller Gebilde eide zur Aufführung gelangten Dramen „Der gefesselte Prometheus“ des Aeschylos und „König Dedipus* von Sophokles führen uns ihrem Jnhalte nach in die grau Mythenzeit der Griechen zurüd; aber aus der dramatischen Arbeit leuchtet uns der Abglanz jenes goldenen Zeitalters der Griechen entgegen, welches dur die politischen und kulturellen Ergebnisse einen Merkstein in der gesammten Entwick- lung des Menschengeshlechts bildet. Als die bildenden Künste ihren Gipfelpunkt erreihten, gewann die dramatishe Kunst ihre siegreihe Bedeutung für das Griechenvolk. Von dem Reichthum an Gestal- tungsfkraft, welhe den griehishen Tragödiendichtern eigen wor, von ibrer leidenschaft8vollen ursprünglichen Empfindung geben nur wenige

Reste Zeugniß; diese Ueberbleibsel werden von den Gelehrten sora- fältig studirt, auch wohl von gebildeten Laien fibig ies :