1890 / 73 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 21 Mar 1890 18:00:01 GMT) scan diff

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ocben au wieder gebört haben, würden bei der großen Masse [s Lebrer vergeblich fein, weil der äußere Trieb aren are wel®er ——- der Mens % ist nun einmal so befGaffen ihn doch in einer gewissen Lebendigkeit erhält; das Streben nah Vorwärts giebt «inen berechtigten Ehrgeiz und damit auch bessere Leistungen. Die Frage ift sehr leiht mecanish zu regeln, aber wenn man die innere Gestaltung des Unterrichtéwesens sh klar macht, fo wird man es verstehen, daß die Verwaltung auf diesem Gebiet sehr vorsichtig vor- chzehen muß.

Wos nun die von den Herren Klose und Seyffardt angeregte Frage über das Unbeschäfstigtsein der Kandidaten be- trifft so werden Sie aus der Denkschrift über die Ginrichtung cines Seminarjahrcs für Lehramtskandidaten erschen haben, daß die Zabl der unbescäftigten Kandidaten zu meiner Freude sich vermindert hat. Aker auch hier müssen die Herren si gegenwärtig balten, daß die Städte, welche gerade auf dem Gebiete des Gyw- nafalmwesens als Patronatsbebhörden noch eine große Rolle spielen, sb üdsidtélos aus der Zahl der vielen Aspiranten dicjenigen aus- fu&en, die ihnen am Besten passen, sodaß also für die Unterrichts- verwaltung eine große Zabl von Kandidaten übrig bleibt, welche nur ein? geringere Lehrbefähtigung entweder nach der qualitativen oder ra der quantitativen Seite hin aufweisen. Und gerade wo es sich um Beseßung der Stellen an kleineren Anstalten handelt, ift es fúr die Staatsunterri{téverwaltung äußerst mißlih, solche Herren, welche qualitativ oder quantitativ erbeblich zu wünschen lassen, unterzubringen. Das sind Schwierigkeiten, die ih nickt zu untersck@ätzen bitte. Wenn die Herren ic persönlich an mich wenden, babe i& mi stets auf das Aeußerste bemüht, ihnen ein Unterkommen zu verschaffen; ic bin aber wiederbolt in cinzelnen Provinzen auf die Unmöglichkeit gestoßen, städtishe Schulverwaltungen zu überzeugen, daß sie auh minder qualifizirte Kandidaten in den Lebrerverband auf- zunehmen haben. f:

Was meine weiteren Ausfübrunçen betrifft, so babe ih ja {hon das Beste in der Generaldiskussion vorweggencmmen. Ich will nur mit kurzen Worten auf das Programm eingehen, welck@ee ih mir im vorigen Jahre geseßt und welches ih unverrückt im Auge be- balten habe.

Der erste Purkt, den ich unter Ihrer Zustimmung aufstellte, war der, daß man durch ein sorgfältiges Zurück- drängen der Entwickelung der Gymnosien in Beziehung auf ibre Zahl und ihre Autgestaltung, durch Vorsiht bei Neugründungen, dur Bevorzugung der lateinlosen Schulen, mit fur:er Unterrichtsdauer zu Ungunsten der Latein treibenden grmnasialen Lehranstalten vorgeben sollte. E3 ift ja niht zu erwarten, daß dieses Bemühen, welches mich seit einem Jahre beberrscht, sehr rasch reife Früchte trägt. Aber im Großen und Ganzen kann i doH zu unserer allseitizen Berubigung mittheilen, daß in dem ungesunden Andrang zu unsern böberen, namentli gymnasialen Bildungéanstalten ein Stillstand eingetreten, vielleicht fogar son eine Besserung zu verzeichnen ist.

F habe bier nur die Gegenüberstelung vom Fahre 1883 zum Jabre 1889 die neuesten Zahlen für das Sommerfemestier. Wir datten im Jahre 1883 253 Gymnasien, jetzt sind es 267; wir hatten 36 Progvmnasien, jeßt 40; zusammen 289 gumnasiale Anstalten, jet 307. Die Schülerzahl hat si aber nur um ein ganz geringes vermehrt, und zwar ist im Verhältniß zum Steigen der Einwohnerzahl ein erhebliGer Rückgang zu verzeihnen. Denn während wir im Jahre 1883 im Ganzen §3572 Schüler zählten, baben wir jeßt nur 83 786 Scüler; das giebt cin Plus voz nur 214 Schülern im Zeitraum von 6 Iabren. Das ist ein über alles Denken günstiges Verbältniß im Verglei zu der Heit von Anfang der 70er Jahre bis in die Mitte der 80er Jahre. h

Bei den Realgymnasien is ein Rückgang zu verzeidnen : Real- gymnasien und Real-Progymnasien sind im Jahre 1883 gewesen 176, jet 171; es bedeutet das einen Nückgang von 890 Schülern. Die realistisGen Bilbdungsanstaltea dagegen sind von 49 auf 58 gestiegen, ibre Swbülerzahl hat sich um 6445 vermehrt.

Wenn ich die Gesammtschülerzabl zwischen 1883 und 1889 ver- gleice, fo zeigt sib, daß im Jahre 1883 in allen böberen Anstalten zusammen 132414 Schüler waren und im Jabre 1889 138 963, sodaß ein Plus von 6549 zu verzeichnen ist. Diese werden aber fast gänzli absorbirt dur das Mehr der Schüler auf_realistischen An- stalten im Betrage von 6445, sodaß nur 104 Scüler auf den avmuasialen und realgymnasialen Anstalten im JIakre 1889 mehr sind, als 1883. Eine fo günstige Nelation haben wir bisher noch nicht gehabt. : 5 :

Was speziell die höheren Bürgersculen anbetrifft, fo haben fich deren Schüler im Laufe von 6 Jahren um 3200 Schüler vermehrt.

Verg!eihe id nun den Winter 1880 mit dem Winter 1888/89 so, daß i die Zabl der Schüler oder die Schülereinheit in Relation bringe zur Einwohnerzahl, so ergiebt i, daß wir 1m Winter 1880 cinen böhecen S&üler wie man den Ausdruck furz gebraucht auf 220 Ginwohner Latten, und 1888/89 auf 216, bei den Gymnasien 351 zu 356, bei den Realgymnasien 624 zu 843, bei den lateinlosen Schulen aber früher 4088, jeßt 1552. Sie sehen also, daß in der Gcsammtiahl bei den Gymnasien und Realgymnasien si die Nelation zwischen der Zahl der Schüler und der Einwohner- zahl günstig gestaltet hat in dem Sinne, daß auf mehr Einwohner weniger GymnasialsQülec kommen; tagegen bei den lateirloten Schulen ist eine ganz außerordentlihe Steigerung eingetreten, die allerdings wesentli darin ihre Erklärung findet sonst wäre es zu auffallend —, daß na 1881 die Gewerbeshulen in die Klasse der allgemeinen oöheren Schulen cingetreten sind. / E

Was nun den Vorwurf des Abg. Dr. Arendt anbetrifft, daß die Regierung sich um die lateinlosen Bürgersculen wenig gekümmert habe, so trifft tas, was den Geldpunkt anbelangt, auch nit cinmal vollständig zu. In Hechingen wird zu meiner großen Freude i alaube, cs war im vorigen Jahre cine höhere Bürgerschule auf Staatskosten gegründet ; in Emden und Göttingen werden erhebliche Zuscbüsse gewährt tadurh, daß die früheren großen Zuschüsse, welche die Stadt an die Gymnasien leistete, zurückgerechnet worden find in einer der Stadt günstigen Weise, so daß Emden indirekt einen Zus&uß von 6000, Göttingen cinen von 80900 4 erbält. Aber, wie gesagt, ich würde sehr glüdlih fcin, wenn die Swulverwaltung id fo entwickeln könnte, daß wir für die Gründung der sesfklafsigen Bürgersulen, ibre Uebernahme auf den Staat, mehr thun könnten, als es bisher der Fall gewesen ist. :

Was nun die Lehrpläue und die Methode anketrifft, fo werden die Sahen im Wesentlichen gedeckt dur da3, was ih neulich ZU

sagen die Ehre gehabt habe. Ich gehe auf diese Frage absichtlich bier idt näher ein, da ja, wenn es mir gelingt, wie ih boffe, einen Grmnasullehrplan zu finden, ohne Rücfsit nehmen zu müssen, auf die, welde die CEinjährigen - Berechtigung zu erwerben baben, in der That ganz andere Gesichtspunkte eintreten können wie bisher. Wenn der leßte Herr Vorredner feine methodologischen Gr- fahrurgen bier vorgetragen hat, so darf ih darauf hinweisen, daß fowobl in meinen Lehrplänen von 1882 wie überbaupt in allen grund- legenden Bestimmungen, welche die preußische Unterrichtsverwaltung auëzeibnen, nawentlih in der Verfügung von 1837 vom Minister Ultenitein bercits in voller Klarheit es als Ziel hingestellt ist, daß niemals ein Lehrgegenstand als Zweck für si, sondern nur jeder als untergeordnetes Mittel zur Erreichung - des gemeinsamen Zwecks zu betraten und zu behandeln ist. Das ift die Aufgabe, meine Herren. In derselben Verfügung von 1837, die immer noÿ die leßte Grundlage für unsere ganze Schulverwaltung bildet, ist wesentli auferlegt worden den Ordinarien und vor allen Dingen auch den Direktoren, daß sie dahin zu wirken haben, daß «inzeine Lehrer die ihnen gestellten Grenzen nit überschreiten, daß fie dur eigenes musterbhaftes Beispiel jedem jüngeren Lehrer die Möglichk-it gewähren, sich nach der Methode des Direktors ein praktis zu erreibendes Fdeal zu bilden. Ih empfehle erneut die auê- gezeichnete Dnstruktion von 1837 der allgemeinen Betrachtung. Es ist sehr schwer, über diese methodologischen Fragen in einer großen Versammlung zu sprehen. Jeder hat gewöhnli nur eine einzige Anstalt vor Augen, diejenige, in ter er selbst gewesen ist, over diz

; nur gesprächsweise hat er Mir rechnen mit Hunderten , öfters in die An- daß diese Bilder

jenige, in die er seine Kinder ges{ickt hat dic eine oder die andere kenne: von Anstalten, und ih, der 1 stalten hineinzukemmen , so mannigfaltige

ch das Glück habe verschiedene sind ,

Das müssen wir festhalten das ift auch der äIndividualität der Lebrer muß man t au festgestellt, daß niemals der [ls die Universitätslebrweise in soll, aber einem Lehrer \ einem Schablonenmenschen zu alid, und da muß man unter Un ch ein Glüdck für ranken und \ich für ihn den Lehrer erfüllt oder wenn der Lehrer in ktishes Vorbild für die \chöône

8 ist vorhin von Horaz aesprochen es war lateinischer

Diagonale zu ziehen. 1 Altenstein's&e Gedanke —, die immer berücksichtigen, es ist dort Lehrer Professor ‘ein soll, daß niema die Gymnasien berabaezogen werden

Individualität zu verkümmern, ih macben, das ist vollkon ständen fünf gerade sein lassen. einen Sw@üler, si an einem Lehrer emporzu und die ideale Richtung, die

liebsten an,

ommen unmögli, un Es it immer no

zu begeistern, erfüllen joll, spcidt den Knaben am seiner aanzen Persönlichkeit ein pca Lehre bildet, die er vorträgt.

Ib darf dar ih kam einmal in cin Unterricht. Ich wollte den Le sonders tüchtig geschildert war. bedauerte das, weil ich bet htejen Aufenthalt nickcht den sagte der Lehrer: wenn Excell brauchen wir keinen Horaz. gehabt, ohne den Hcraz geradezu erquickend. j mit Feuer und Flamme dabei. meine : das ganze Wesen des L einer bingebenden Aufmerksam n au niát etwa knöchern oder methodiî Züge cin, welbe Horaz inx fernen Waterland, die Pflichttreu So hat der Lebrer ohne

folchen Unterricht haben! Da wer

an erinnern e fatbo!lisches Gymnasium; O brer gern schen, weil er mir als b Es wurden Aufsätze korrigirt ; grawmmatishen Sachen bei Turzem inblick erhalten n ih Horaz lehren, dazu haben nun eine ganze Stunde Fch möte sagen, es war iht überbürdet ; fie waren

garnicht zuviel, wenn ich rers brate es dabin, daß die Knaben mit feit dem Lebrer folgten, und das war ch; nein, er ging auf die großen Oden verfolgt, l deraufleben des Glaubens an die Buch den Horaz gestaltet, und ih

gewünschten E enz wollen, kar

or uns zu sehen. Diese Knaben waren

die Liebe zum

2, das Wie

den alle sol: Hemmschuße. wie sie,

so!@en Lehrer sagen sollte, er folle Leute mit Lust und Licbe diese paar dere wäblen. Die älteren Schüler ller Sicherheit; das ist ein Gewinn

unglüdlich sein, wenn ich einem ftatt dieser Form, wo tie jung Oden auswendig lernen, cine an beherrschen die ganzen Oden mit vo

Sate nicht weiter eingehen; ih will noch die auc aus meinen Bemerkungen vom : in den Schulen wird nit soll erfaßt werden. Dazu ge- es niht ab. Man muß Kirte sich ent- besCuänken zu fagen : d wir katholis oder an, daß man die pos einem jungen Menschen dicjenige Wärue zu en, für die Stellung in seiner Konfession ge-

fürs Leben.

Ich will auf diese Religion berühren n au Jahre 1882 den großen Grundfaßz feben Theologie gelehrt, fondern das Gemüth hören gewisse positive Kenntnisse; ohne die geht ungcfähr eine Ahnung baben, ) L Man kann sich doch nit darauf n die Welt gekommen, nun {n

Sie werden

wie die betreffende wickelt hat. Christus ist evangelisW. Es fommt immer tarauf Kenntnisse benußt, um

eben, die er für das Leb

Meine Herren, ich mötte bier noch hereinziehen das habe i bört immer now binein der Enquete gegenüber, Ach habe verschiedene eine sol%e Crquete chendendorf wie3 mit einem gewihen abre diese Petition

vorbin vergessen; es ge von der ih ja son früher gesprochen habe. i kann wohl sagen Ängriffe erfahren, als ob unnüßlich wäre, und Hr. von S Stolz auf die 23 000 Herren hin, die im vorigen Jak : Peti Meine Herren, in die 23 000 ift ein ticser Spalt vas mi neulih zu ber Acuße- gewaltige Reformverein ist in ¡wei (Zuruf dez Abg von SHenendorff ) Der eine ist todt ? Na bitte, die Todten besuchen mi alle Wowe Die Todten haben auch eine eigene Zeitschrift. I nibt, ob sie Geld avwirft, aber i habe den Gindrud, sie sind immer noch aanz vergnügt und murter. Ich will noch ein Mißverständ

hier vorgetragen haben. eingerissen, und das war dasjenige, rang bestimmte: dieser große Theile au8einander gegangen.

niß, welches, glaube ih, nah dem Wortlaut meiner neulichen Rede auffemmen könnte, beseitigen. I beabsichtige, die Gegner einzuberufen, niht damit sie si gegen!eitig tedt maten sollen, fondern ih will Sr. Majestät den Vor]chlag unterbreiten, dafür zu sorgen, daß man typische Vertreter der einzelnen Richtungen hat, die untereinander Gegner find, nicht, daß ih sie dazu benuße, um eine solche Verwirrung berbeizuführen, daß man s{ließlicz sagt: es ist das beste, cs bleibt beim alten, die Todten und die Lebendigen \sprehen \cch nicht in großen Volktversammlungen, amentarisch geleiteten Engquetekommission. Ich will nur mit einigen Worten ftreifen, wd Graf über die {wedische Einheitsshule gesvrochen hat. parlamentarischen verfolgt worden sich gegéenwäriig Einbeits\ule f vergesien wir immer. Die \{@wedishe Einkeitss{ule beruht auf der deutscen Spracbe; die deutshe Sprache wird in dem Unterbau, in ten unteren Klassen in einem Umfange traktirt, wie wir auf den Gymnasien kaum da3 Latein traktiren s{wedishen Einheits\cule ist mit fremden Spracben daber noch mebr Realaymnasien nahe

Es ist aber, glaube id, viel

3 der Hr. Abg.

Der bumanistishe Zweig der

Ast, welcher sodaß man Einkheitsf{ule wesentlicher Unterschied gegen unser I daber nit Wunder nebmen, daß die Resultate der s{chwebis{en Einrichtung zum Theil als genügende niht anzusehen sind, weil eben das Deutsche in den Vordergrund gestellt, ohne daß eine Minderung der todten und lebenden Sprachen eingetreten ist.

der mittlere

Sysiem, und

Ausführungen die Entwidkelung unseres Turnwesens. und wenn ih auch nichts Neues zu sagen babe, darf ih do auf tiesem Gebiete niht nachlassen, wiederholte Anregungen zu geben. Wenn ih vergleiche, wie die Veranstaltungen zu Guniien der körper- liSen Entwickelung unserer Schüler in dem leyten Jahrzel-nt si ent- widelt baben, so fann ih sagen, es ift ein erhebliher Fortf{ritt eiris ift stellenweise verschieden, sie us8gestaltung unserer Ich habe immer den Eindruck gehabt, daß es nit ganz unser ganzes Turnwesen zu sebr in die Turnhallen zu ch selbst bin groß geworden zunächst auf dem freien Turn- i Bewegung an vorübergehen, Hallenturner die jeder Hallenturner entwickelt. ut, sehr viel besser; aber für die Unterrichts» e die körperlihe Entwikelung im Durcbschnitt zu ist gar kein Zweifel darüber, daß die Hallea uur als reten haben dann, wenn die Witterungsverbältnisse

Dieselbe ist mir Herzenssacbe,

noch ungenügend ; zum Theil mangelhaften rihtig war verlegen. I

am Braubausberg verödet daliegt. der Begeisterung, in den Hallen verwaltung, we verfolgen hat, Ergänzung einzut es nicht ermöglichen, kann nit o

E3 turnt ch

fo gewandt draußen ausgezeihneten

zu turnen. i einzelnen praktis&en Veranlassungen Zeit \systematisch zur Geltung gebracht. ehr unbequeme. vor Allem auch bei Lehrer-

im Freien Gesichtepunkt meinerseits be früber allmäblich, in neuerer Zeil! Leider ist die Kostenfrage auch bier eine \ wo ih es vermag, Seminarien Einrichtung i \chädliche Finwirkungen. Jeder, der viel geturnt hat, we! ungebeuren Anspannung der Oberkörper dabei belastet ist.

eiß, mit welcher

MAS

den Gedanken nicht los werden, daß die mehanisch suspendirten Theile sehr viel tiefer in die Lunge eindringen bei dem Turnen als bet anderen Uebungen. Jckch@ habe also versucht, dabin zu wirken, daß bei allen Einrichtungen, bei meinen Revisionen vor allen Dingen, in verschiedenen Gemeinden tnmer Nachdruck gelegt wird auf gute Ventilation und auf gute Einrichtung zur Beseitigung des Staubes. Das geschieht mit einer Vorrichtung, indem man nit den Boden naß mat, soadern durch eine Sprübvorrichtung, die den Luftrauin mit Feu erfüllt ; dadur fällt der suspendirte Staub zu Boden und wird auf längere Zeit unschädlich. Aber das genügt Alles noch nit, meine Herren; wir brauchen vor allen Dingen no mehr freie Plätze. Nun ist es ja sehr ehrenvoll, daß Alles vom Staat erwartet wird, überall wird gewünscht, der Staat soll es machen. Aber i glaube, in vielen Städten läßt es sch doh ih möchte bloß an Görliß erinnern au in bescheidenen Verbältnissen mit geringen Mitteln dur die freie Thätigkeit der Bürger herbeiführen, oder durch die Mitwirkung der Kommune. Wenn man namentli die Berliner Verhältnisse verfolat, so ist es in der That doch kümmerlich, daß die ganze gesund- heitlihe Entwickelung auf 2 Turnstunden basirt werden soll. Wieviel Jungens geben denn noch eigentlich spazieren, die Väter find über- lastet, die fümmern si niht um die Jungens, die Mutter sagt : geht raus! aber wo sie hingehen sollen, weiß im All- gemeinen Keiner. Wenn die Gewässer des Thiergartens mit Eis bedeckt sind oder andere Partien in der Nähe Berlins, da ist es wirkli noch am schönsten, da kommen die Jungen wirklich zum S(litischublaufen, zum Tummeln; aber im Uebrigen sigen sie in der Stube, treiben fi berum und baben Vergnügungen, die ihre Nerven angreifen und nit bessern. Ich babe nun, da si nichts reglementiren läßt, dem Gedanken seit einigen Iabren in Privatgesprälen Ausdruck gegeben es hat sich ein Unternehmen auch an diese Anregung geknüvft —, daß man hier do versuchen soll, privatim oder mit Hülfe der Gemeinden, au an verschiedenen Gegenden der Stadt Baupläte oder sort freie Pläße zu gewinnen, wo Knaben und auch Mädcen, namentlich der gebildeten Stände da ist der Nothftand am arößten in gewissen Stunden des Tages si im Spiel erfreuen, wo sie gegen Witterurgseinflüsse geschübt sind, wo sie Garderobe ab- legen können und beaufsihtigt werden in angemessener Weise, wo sie angemessen angeleitet werden zum Tummeln und zum Spielen in ver- schiedenen Altersstufen. Ich weiß nit, in welhem Stadium ih diese Angelegenheit jeßt befindet; ih boffe, in einem erfreulichen und gedeiblihen, und id möhte diesen Gedanken, der sib ja no© sehr weit ausführen läßt, hier anregen, um wirkli _die Herren, die in unserer Heimath einflußreite Stellen haben, dringend zu er- aan daß sie in ihren Gemeinden die Augen für diese Verhältnisse \härfen. :

Es is wirkli der Sohn eines gebildeten Mannes în großen Städten in einer ganz unglücklicken Lage; und diese Ausfprüche über Ner vosität unserer Kinder, über Ueberbürdung u. \. w. hängen wesent- li damit zusammen, daß eine angeme}|ene Abwechselung zwischen körperlicher und geistiger Arbeit nicht cintreten fann in großen Städten Wie i Berlin als Knabe kannte, gab es noch Gärten. Hier war cin Garten, wo i viele Monate meines Lebens glüdllih ge- spielt babe. Wie viele Orte giebt es noch im Innern der Stadt, wo Knaben aus gesitteter Familie spielen können? Auf der Straße geht es nicht, er wird doct au leiht überfahren; die Höfe sind nah der alten Bauordnung höchstens 17 Fuß breit, es sind eigentli® gar keine Höfe mehr sondern nur S{lote. Jedenfalls würden auch die Besißer des Hauses, der Vizewirth sich wenig angenehm berührt fühlen, wenn die Knaben auf dem Hofe lustig sein wollten. Diese harmlofen Ver- anüzungen, die früher waren, sind jeßt nit mehr; überall konnte man Murmel spielen und man tummelte sich davon ist keine Rede mehr. :

Dieser Notbstand liegt also vor und er kann von der Regie- rung niht allein geregelt werden. Ich n sehr wohl, daz es in allen Theilen des Staats wo lgesinnte und vortresslide Männer giebt, die ich um tie Sache kümmern; aber es ist eine Frage von viel größerer nationaler Bedeutung als allgemein erkannt wiro. Im großen Gamen kommen wir so weit, daß die Kinder, wenigstens die Knaben, wenn sie verständig geleitet werden und an Törperlihen Uebungen Wohlgefallen haven etn BVischen mehr spielen gelernt haben, wie früher und wissen, wozu ihre unteren Gliedmaßen vorhanden sind. i i

Fc habe noch ich will das nur streifen und die Diskussion nicht aufnehmen mi eingehend beschäftigt mit der Frage: was wird aus unseren jungen Leuten, wenn sie auf die Hocwschule gehen. Ach habe eine große Enquete veranlaßt, welche vor einigen Tagen abgeschlossen ist, über die Einrichtungen in diefer BVeiziehung bei unseren Ho&schulen. Da ist es ziemli; kläglih. Ich gebe mir die äuzerste Mübe, mit den bescheidenen Mitteln, die ih habe, die Turn- vereine ju fördern. Es giebt ja Universitäten, die da Erfreulichcs leisten; ich will rur an Halle erinnern, aber der Durschritt ist fo, daß böchstens ein Drittel unserer ganzen akademischen Jugend irgezd eine körperlihe Uebung mat. Ich kann ja sagen: mir ist es ziem- li egal, ob einer schlâgt, ob einer rudert, ob er reitet oder turnt, wenn er nur etwas für die förperlide Ausbildung thut. Denn den Eindruck babe ih, und die Erfahrung hate ich immer gemacht: wenn diese glänzendsten Jahre aus dem Leben eines jungen Mannes ausgescaltet werden und in diesen glänzendften JSatbren ter Körper niht mebr geübt wird, fo ist er für die körperliche U: bung verloren, er kann dann machen, was er will. Ic habe no® als Neferendar geturnt, ih habe meinen Körper auch später in Ordnung gehalten bis in die spätere Lebenszeit, und ih kann fagen, ih verdanke es gerade meiner Thätigkeit auf der Universität, daß dies der Fall gewesen ist. In unserer Jugend muß das Gefühl bekämpft werden, daß sie zu vornehm fei, um vor dem Pukblikum si bin zu stellen, der Kritik sh preitzugeben. Das muß {winden. Hat man sich in der Universitätszeit mit Tapferkeit durchges%lagen, dann kommt die Einsicht, die über gewisse Bedenken hinweg hilft. man läßt cs ßch nöthigenfalls gefallen, bei seinen Uebungen gesehen zu werden. Es ist bereits die Einsicht soweit gestiegen, daß man sagt: den Vortheil hast du do, wenn du auch die Pebungen richt mebr so elegant machst wie früher.

Meine Herren, ih will hier, zumal ich das Ergebniß der Enquete vielleicht literarisch verwerthen lassen werde, nicht tiefer auf die Sache eingehen, I kann Sie nur recht inständig bitten, in Ihrer Heimath die Augen Ihrer Mitbürger zu öffnen und dringend dafür zu sorgen, daß die einflußreihen und woblgesinnten Leute Hand anlegen, um eine Sache zu regeln, die im Interesse unseres Vaterlandes, der Ent- widelung des herrshenden Theiles unserer Nation von der ungeheuer- sten Bedeutung ist. Es ist niht mögli, die großen Aufgaben zu erfüllen in unserem Geistesleben, wenn der Körper nicht geîitäblt ist. Es ift das ein Nationalvermögen, das nit angegriffen werden darf.

Abg. Stöcker: Die klassishe Bildung ist doch nun ein- mal die Grundlage der deutschen Bildung, und ih kann mir niht denken, bal es gelingen wird, die klassische und die realistishe Bildung zu vershmelzen. Auf diesem Gebiete wird ‘es immer bei der Doppelwährung bleiben. Die Be- merkung des Abg. Dr. Arendt von der falschen Gelehrsamkeit ist mißverständlih. Die Gelehrsamkeit, welche zum prakti)chen Leben zurüdckführt, ift eine wahre Gelehrsamkeit. Man kann auch die Antike untershäßgen, ih würde etwas entbehren, wenn ih die Klassiker nicht in der Ur- sprache gelesen hätte. Ohne die Klassiker eine gründliche Bildung zu erlangen ist sehr schwer. Unser ganzes geistiges Leben ist von der Antike durhzogen. Theologie, Jura, Philo- sophie kann man ohne sie gar nicht studiren. Es kann Alles preisgegeben werden: Metrik und Haarspaltereien der Grammatik, Exerzitien und lateinishe Aufsäße, aber das Lesen der Klassiker in der Ursprahe gebe ih nicht preis. Wir haben es da mit einer abgeschlossenen Geisteswelt zu thun, die uns das Höchste zeigt, wozu der Mensh ohne die Offenbarung aussteigen kann. Der Vergleich dieser Bildung

E A

mit der neueren Bildung ist immer ein erhabenes Problem. ch wüßte gar niht, durh welches Element man den

rth der Antike ersezen wollte. Die Uebershäßung der Gelehrsamkeit hat bei den Realwissenschaften, bei den Naturwissenschaften, viel mehr geschadet, als bei den Sprach: wissenschaften; die Ueberschäßung der leßteren hat nit soviel geschadet als der Darwinismus. Man will anf der Schule alle Kenntnisse erlernen; das Jdeal der Sule ist aber, daß die Schüler fd lernbegierig gema werden fürs ganze Leben, und so lernkräftig, daß sie sh Alles aneignen können. Giebt es jut Jemanden, der im späteren Leben nohmals an seine Squlsachen denkt ? Jh freue mich dessen, was der Minister über die förperlihen Uebungen gesagt hat. Es ist nicht genug, die Religion einfah neben anderen Fächern zu behan- deln; dadurch wird die Religion herabgezogen. Die Religion ist der Geist, der Alles durchdringt ; dann muß E cinzelne Stoff davon durhdrungen werden. Das ganze Wissen, das geschichtliche und literarishe, muß von der Religion durchdrungen werden, dann wird die Schule etwas leisten können zur Heranbildung des Charakters. Jh wollte aber eigentlih ein Wort sagen in Bezug auf die Uebe: lastung der höheren Schulen mit jüdischen Elementen. Es sind auf diesem Gebiet gewisse Uebelstände vorhanden, welche für die Bildung der Schüler gefährlith werden. Es handelt sich um Uebelstände, die in gewissen Städten besonders verbreitet sind, namentlih in Breslau, Berlin, Frankfurt u. #. w. Ja Berlin sind von den Schülern 1898 jüdische, 6904 evangelische, 278 katholishe und 26 dissidentische. Ju den höheren Klafsen ist das jüdische Element im Verhältniß noch stärker vertreten. Jn dem ungeheueren Prozent)aß der Juden liegt die Gefahr. Achnlih liegen die Verhältnisse in den höheren Töchterschulen, wo sie zum Theil noch schlimmer sind; in den höheren Töchhterschulen sind 1639 jüdish2, 3446 evangelishe uad 63 fatholishe Schülerinnen. Der Fall Boretius ist ja bekannt. Aber nicht bekannt ist die Verfügung des Provinzial - Shulkollegiums, in welcher es heißt, daß jeßt noch viele Pläße in den höheren Töchter- gd: frei jeien. Wenn aber einmal keine Pläge mehr rei sein sollten, dann würde das Provinzial - Shul- follegium erwägen müssen, ob nicht in die Konzessionsurkunde die Verpflihtung zur Aufnahme jüdisher Schüler auf- zunehmen ist. Jch hoffe, daß das niemals geschehen wird, und bitte den Minister, darüber eine Erklärung abzugeben. Auch in den Volksschulen Berlins ist fchon eine große Zahl jüdischer Schüler, sodaß es ganz am Plaß wäre, besondere jüdische Volksschulen einzurichten. Ebenso liegt es in anderen Städten. Wenn zu der Ueberproduktion von Halbgebildeten das jüdishe Element ein so E Kontingent stellt, so wird die Gefahr noch arößer. Ueber das konfessionelle Gebiet will ih nit reden. Die große Zahl der jüdishen Schüler hat zur Folge, daß jüdishe Lehrer angestelt werden. Wenn der nationale Geist überall zur Geltung gebraht werden sol, so ist alles Reden überflüssig, wenn der jüdische Lehrer Geschihte lehrt. Wie kann ein Jude die Geschichte so lehren, daß er den Gang Christi durch die Weltgeschichte darlegt? Ein Jude muß ja die Reformation und ihren Ein- fluß auf die Geschihte begreifen können, aber er wird si niht daflir begeistern können. Die pit Schüler und Schülerinnen sind ein aufhaltendes Element für die anderen; es fehlt ihnen eine ganze Menge von Kenntnissen, die den Christen geläufig sind. Das ist ein pädagogisher Nachtheil. Wenn wir uns die Energie des Denkens aneignen, die 1eßt sehr nothwendig ist, können wir zur Abhülfe kommen. Jn Frankfurt a. M. sind zwei jüdische Age Sqhulen begründet, und zwar von den Juden selbst. Warum sollen wir das nicht ebenfalls thun? Eine Schwierigkeit bietet nur der Sabbath; an diesem ist keine Schule und am Sonntag auch nicht. Aber das ist kein Unglück. Jn D ist prinzipiell ein Tag der Woche frei und nur an

Tagen Unterriht. Die Juden bezahlen ihre Steuern, warum soll der Staat also keine jüdishen Schulen einrichten? Dann könnte der Unterricht aufbauen auf konfessioneller Grundlage. Das nichtsglaubende Reformjudenthum ist viel gefährliher als das altgläubige Judenthum. Aber man sagt: Jn der Schule müssen die Juden mit deutschem Geiste durhdrungen werden. Die Schule ist dafür nicht der Boden. Religiöse Jdeen sind nur dann wirksam, wenn sie in festen Formen gegeben wer- den. Ein bloßes dämmerndes, in der Luft s{hwebendes Religionsleben ist nihts werth, es ist nicht geeignet, tüchtige Charaktere zu schaffen. Daß wir in solchen Prozentsäßen Juden in die deutshen Schulen aufnehmen sollen, ist keine Gleichberehtigung, das ist eine Mehrberehtigung. Die Zu- [assung einer bestimmten Prozentzahl is niht möglih, denn dadurch wird die pädagogishe Schwierigkeit nicht be: seitigt. Die Juden On ja so viel Werth darauf elegt, eine jüdishe Hohschule zu haben, warum sollen ie nit auch in den unteren Stufen besondere Schulen haben? Es ist eine Gefahr, daß die jüdi- schen gebildeten Kreise von der Demokratie zur Sozial- demokratie übertreten. Die Gleichverehtigung der Juden ist ausgesprochen, viele werden das schon bedauern. Wir müssen die Kräfte zur Bekämpfung der Juden stärken, wir müssen den sittlich-religiösen und deutsch-nationalen Geist auf den höheren und niederen Schulen verbreiten, und uns ein junges O en, welches. eintritt für Deutschland bis zum leßten Blutstropfen. Jh weiß, wie s{hwer es ist, in der vudenfrage Punkte zu finden, welhe zur Behandlung reif find. Es sind nur zwei Fragen sprurei: die freie Advokatur und die Frage der Uebersüllung der höheren Schulen.

Abg. Knörcke: Jh wollte nur eine Spezial- angelegenheit zur Sprache bringen: die Verhältnisse der Zeichenlehrer an den höheren Lehranstalten. Das will ih aber nun nit thun, sondern dem Abg. Stöcker antworten, wie er es verdient. Wie kann der Abg. St1ödcker solhe Vor- würfe erheben, wenn Eltern bestrebt sind, ihren Kindern eine möglichst hohe Bildung zukommen zu lassen? Wo sollen sie denn hin? Es 1st anzuerkennen, wenn die jüdischen Eltern ihre ganze Kraft einseßen, um ihre Kinder durch die höheren Schulen gehen zu lassen, damit sie sich ausrüsten können für das Leben und dereinst tüchtige Staatsbürger werden. Worin liegt das Unerträglihe, wenn neben den christlihen Schülern ein gewisser Prozentsaß jüdischer \ißt ? Das kann ih nicht verstehen. Unsere Lebensanshauungen gehen eben weit auseinander. Sie scheinen eine Art Kultur- ampf gegen unsere jüdishen Mitbürger anfangen zu wollen. Den Wünschen des Abg. Stöcker steht die Verfassung ent- schieden entgegen. Jn seiner Rede war nit eine Spur vom Geiste der hristlihen Toleranz. Sie wollen nur das bekannte Wort „Juden raus!“ in die Wirklichkeit umsezen. Was

der Abg. Stöder sagte, war alles Andere als

Ghristlihe Liebe und der Geist des Protestantismus. Ein sehr ernster, sittlih gediegener jüdisher Mann, der feine Kinder hat tausen lassen, sagte mir, nah dem Vorgehen Stöder's gegen das Judenthum habe er es hunderimal be- dauert, seine Kinder der evangelishen Kirche zugeführt zu haben. Dieses Vorgehen wirke auch abstoßend auf seine Glaubensgenoßsen, welche damit umgehen könnten, ihre Kinder aleihfalls taufen zu lassen. (Lachen und Zwischenruse rechts.) Ob Sie mich unterbrehen oder nicht, ändert nichts daran, daß ih Jhnen meine Anschauungen offen und ehrlich darlege. Es ist nicht angemessen, daß Sie in dieser erasten und wich- tigen Sache eine Art zur Schau tragen, die anders wohin ge- hört, als in die Volksvertretung. Der Abg. Stöcker sieht keinen anderen Weg zur Gesundung, zum Heil unseres Volks- lebens als in seinen Vorschlägen. Wenn aber ein solcher Geist unsere Schulen erfüllte, so würde das zum Unfrieden und zum Unheil unseres Vaterlandes gereichen.

Abg. Dr. Enneccerus wünscht bezüglich der Ascensions- verhältnisse der Lehrer, daß bei Vakanzen keine Lehrer aus anderen Provinzen eingeshoben würden, ferner eine An- stellung nach einem geordnetem System auf Grundlage der Anciennetät und ein Rangiren der Lehrer durch die ganze Provinz in Bezug auf die Gehaltsverhältnisse, und schließlich besondere Zulagen an solhe jüngeren Lehrer, welche wegen besonderer Tüchtigkeit \{hneller aufrüden als die übrigen. Die Schwierigkeit der Gleichstellung der Lehrer an den nicht- staatlihen Anstalten mit denen an den staatlichen ließe sich dadurch umgehen, daß. wo eine zu hohe Be- lastung der Städte einträte, ein staatliher Zuschuß gewährt würde. Ebenso wünschenswerth wäre eine Gleichstellung der Lehrer der niht neunklassigen Ansialten mit denen der vollen. Bezüglih der Frage, ob humanistishe oder Realgymnasien, schließt sih Redner den Ausführungen der Abgg. Graf und Stödcker an. Ein Zurückdrängen der alten Sprachen und Geschichte würde überaus bedenklih sein, denn unsere Geistes- bildung und Kunst ruhen auf dem römisheu und griechischen Alterthum, unser Recht ist in seinem wichtigsten Theile nicht verständlih ohne die Kenntniß des römischen Rechts. Die Resultate des humanistishen Gymnasiums sind vortrefffff- liche. Die Ausführungen des Abg. Stöcker bedauere ih leb- haft. Seine Vorschläge würden nur den Gegensaß zwischen Juden und Christen in den Kreisen verschärfen, die am meisten zur Pflege der Toleranz berufen sind, in den akademish ge: bildeten Kreisen. Jh bin so glücklich, jüdische Kollegen zu besien, und stelle sie in keiner Beziehung meinen christlichen nach. Die bedauerlichen Zustände, die der Abg. Stöcker be- klagt, würden dur seine Maßnahmen nicht gehoben, sondern verschärft werden. Eine prozentuale Beschränkung der jüdischen Schüler der Gymnasien ist nicht möglih, denn die ¿Frequenz der Gymnasien regelt sich nicht nach der Bevölkerungszahl. Wir bekämpfen was schlecht ist bei den Juden wie bei Christen und erkennen auch das Gute bei den Juden an, und etwas Gutes ist ihr Bildungstrieb. Keine Anstalt soll ihnen daher verschlossen sein.

Abg. Sombart: Jh glaube, daß der Vorredner den Standpunkt unserer Partei in der Judenfrage rihtig ver- treten hat. Jh selbst wollte nur mein Bedauern darüber aussprechen, daß die Realgymnasien geschädigt worden sind dadur, daß ihre Berechtigung nicht erweitert worden ist. Man hoffte, daß den Realshülern das Recht zum Studium der Medizin und der Jurisprudenz gegeben werden würde. Weil das nicht geschehen ist, hat die Zahl der Abiturienten von den Realgymnasien abgenommen. Bei der Reform der höheren Schulen denkt man immer an die Berliner Verhält- nisse. Aber man muß die Verhältnisse in den Provinzen ins Auge fassen. Es giebt nur 52 Städte, welche mehr als eine höhere Lehranstalt haben, 305 haben nur eine einzige. Unter diesen überwiegen die Gymnasien ; deshalb wäre es nothwendig, für Realshulen und Gymnasien einen gemeinsamen Unterbau zu schaffen. Die Mittelschulen müßten die Handhabe zur höheren gewerblichen Ausbildung geben, und es müßte eine besondere Stelle für den Abschluß der gewerb: lichen Ausbildung geben. Jeßt wird unsere technishe Hoch- schule mit einer Menge von Hospitanten belastet, welhe dem Unterricht an der Hochschule gar nicht folgen können. Sachsen hat zwei solcher Anstalten, die uns schlen: die Schulen in Chemniß und Mittweida.

Abg. Theissing führt aus, daß Schulamtskandidaten, welche vor langer Zeit das Examen gemacht haben, noch immer niht angestellt find, viirent junge Leute zur An- stellung gelangt sind. Jn Bezug auf die Ascension könnte ebenso wie bei den Nichtern ein besseres System geschaffen werden; vielleiht könnte dadurch geholfen werden, daß den Lehrern Alterszulagen gewährt würden.

Abg. Ridckert: Die vorhin gehörte Hegzrede eines evangelishen Geistlichen gegen einen großen Theil der Staats- bürger war kein würdiges Blatt in der parlamentarischen Geschichte Deutshlands. Der Abg. Stöcker war autorisirt von seinen politishen Freunden, diese Rede zu halten. (Ruf rechts: Jawohl!), Jch habe das an FJhrer zustimmenden Rufen gehört. Sie haben die Rede mit Vergnügen entgegen genommen. So traurig die Thatsache ist, daß die Tribüne der Volksvertretung zu solchen Reden gemißbraucht wird, so wünschenswerth is es doch, daß i Ziele vor dem Volke einmal klar gelegt werden. Ein

rediger christliher Liebe sollte do bedenken, welche Saat er da in die zarten Gemüther der lernenden Jugend fenkt. B würde mih nicht wundern, wenn aus dieser Rede die

inder in der Squle den jüdishen Mitshülern gegenüber die thatsählihen Konjequenzen zögen. Aber s{merzlich war es mir, daß der Herr Rullus- inister nicht ein einziges Wort der Erwiderung auf diese Rede gehabt hat; es wäze das doch die Pflicht des Kultus-Ministers gewesen. Wie konnte er als Wächter über die Bildung der Jugend auf solhe Rede schweigen? Wenn es sich darum handelt, das jüdische Kapital zu engagiren, dann ist man auf der rehten Seite des Hauses nicht so \krupulös. Jch finde es erfreulih, daß die Juden einen so regen Bildungstrieb bethatigen, wie es sich lu dem Schulbesuche dokumentirt. Sie sollten fd nicht so gegen die Juden wehren. Stahl, der ein Jude war, hat auf Jhren Vänken gesessen, und ein Stahl wog 10 Stöer auf. Der Abg. Stöer glaubt nicht an die Kraft des nationalen Gedankens, deshalb will er die Juden aus der christlichen Schule entfernen. Es ist au bloß ein taktishes Manöver, daß man jeyt die Juden mit den Sozialdemokraien zusammenwirft, denn man will den Haß gegen sie aufstaheln. Dabei ist es bekannt, daß sehr wenige Juden Sozialdemokraten sind. Auf die Toleranz find wir immer stolz gewesen in Preußen. Von dem Geiste der Toleranz, der in den Schriften Friedrih's des Großzu weht, war nichts in der Rede des Hrn. Stöcker zu bemerken. Der

Weg, auf den der Abg. StöCer unser Volk leiten will, führt ins Verderben.

Minister der geistlichen 2c. Angelege1heiten Dr. von Goßler:

Mecine Herren! Ich batte wirkli nit erwartet, daß ein so letbafter Appell an mich geri©tet werden würde, Ich habe alle die- jenigen Heftigkeiten, die der Herr Vorredner an der Rede des Hrn. Stöder getadelt hat, nicht darin gefunden Ich glaube, daß der Charakter der Rede, welbe Hr. Stöter gebalten hat, ein anderer war, und wenn i überhaupt das Wort ergreife, so will ih zunähst der Ansicht Ausdru geben, daß Hr. Nickert die Rede des Hru. Stöcker so bekämpft bat, wie er ge- wünscht hätte, daß fie gehalten worden wäre, nicht wie sie gehalten worden ist. Das Preblem, welches der Hr. Abg. Stôöder angerübrt bat: wie ift die konfessionelle Gestaltung unseres bêßeren Unterribtswesens zu regeln? ist eines der \@wierigsten für die Unterrichtverwaltuna; se ist sehr \{wierig im Verbältniß ¿wiscen beiden christlicen Konfessionen, Ke ist cs nit minder im Verkbältniß zu den füdisGen, zu den dissitentisen Glementen, mag man einen Standvunkt einnehmen, welchen man will in Bezug auf die Tolerarz Jch erinnere an die geseßlichen Les stimmungen, welche im Großen dabin sh caraftcrisiren lassen, daß jeder, gleichviel welder Konfession oder Religion er sci, Zutritt hat zu den offentliden Schulansialten. Er hat nur fein Net darauf, daß in bestimmurasmäßig konfessionell gestalteten S{ulen die Lehren seiner Konfession vorgetragen werden, Das sind Grundsäße, wel®e denen, -die- --das - Allgemeine Landrechbt kennen, geläufig sind. Darüber hinaus ist es aber klar daß, wenn eine ftarfe konfessionelle Misbung eintritt, erhebliche Schtoierigkeiten für die Unterriht2verwaltung erwachsen. Wir haben die Simultarsckuifrage bier oft erörtezn hêren. Wir können ja die SimultaniGule nit ganz aus dem Gebiete des Volkss@u unter- ridbts aueshließen, obwohl Sie ja wissen, daß ich allermaßen an- gestrebt habe, diesen ewigen Zankapfel aus der Welt zu {afen urd zwar unter voller Zustimmung eines großen Theils auch der liberalen Scite dieses Hauses. Denn da, wo die Simultarsbulen vers{wunden sind, obne daß Nôtbigung zu ihrem Bestande vorlag, ist Frieden unter den Konfeisionen auf diesem kommuralen Gebiete eingetreten.

Sehr viel \chwieriger gestaltet si aber die Frage in Bezug auf das böbere Unterrichtswesen. Meine Hecren, wenn man das Volks- \{uluntezribtswesen konfessionell gestalten kann, so hat dies nur darin feinen Grund, daß auf einem enger begrenzten Raum viele Kinder roobnen, daß man also diese Kinder innerhalb eines übersehbaren Raumes konfessionell sondern kann. Das ist aber unmögli in Bezug auf die höheren Schulen; denn der Raum, den in einer Stadt wie Berlin z. B. Kinder zurücklegen müßten, wenn wir hier syeziell katholishe und speziell jüdishe Gymnasien bätten, wäre unter Umständen ein nit zu überwindender. In anderen Städten, wie beispielsweise in Breélau, hat es ih von vornkerein sehr leiht machen lassen, daß ih die Katkoliken und Evangelischen getrennt baben, denn da wohnten in cinem verhältnißmäßigen Bezirk zahlreiche evangelische und fatholisie Schüler. i

Nun ift es gar keine Frage, wenn Sie die Eatwickelung des böberen Unterriht&wesen8 verfolgen, in Betreff der konfessionellen Bevölkerung der höheren Schulen, daß da sehr merkwürdige Ver- \c(icbungen uad Veränderungen eintreten.

Ich darf an meine Rede, die ih neuli® gehalten habe über die Yerschiebung der Konfessicnen, vielleiht anknüvfen. Das Material babe 10 leider heute n mi! aber es 1st interessant Ich habe eine Grundlage legen lassen Über diese Frage im Januar 1883, wo ih für jedes Gymnasium genau habe feststellen lassen, welche S&üler und welche Lebrer den verschiedenen Konfessionen angehören. Sie werden aus dizsen Zablen, die vor mir liegen und von denen i vielleibt noch einige verlesen werde, ersehen, wie s\chwierig die Sitclluna der Sgwulveiwaltungen ist. Wenn Sie betspiels- weise Sélesien nebmen wie gesagt, es sind die Zahlen von 1883, nach einigen Jahren soll eine neue Statistik auf- genommen werten so fiaden wir in Beuthen 89 evangelische, 144 fatbolishe und 174 jüdise Kinder; auf dern Iohannis-Gymnasium zu Breslau 381 evangelische, 69 katbolishe und 85 jüdische, auf dei Friedribs-Gymnasiurm dort 128 erangelisde, 12 fatbolische und 150 jüdi\che, in Gleiwi 84 evangelische, 235 katholische, 162 jüdische, in Kattowiy 81 evangelisWe, 52 katholishe, 124 jüdisdbe, auf dem Glisabeth-Gymnaßiumn zu Breslau 242 evangeliswe, 17 katholische und 255 jüdische Kinder. Es sind in Posen und anderwärts ähnliche Verhältnisse.

Nun bin ich sehr oft in der Laze, mir die Verhältnisse solcher Anstalten klar zu machen; und Sie werden, mögen Sie eine Anscauung baben, weiche Ste wollen, mir recht geben, es sind der Unterri tóvermaltung dadur ungewessen s{hwiecige Aufgaben geitellt. i Berlin und anderwärts haben wir wiederholt den Unterricht an8fallen lassen müssen, weil die Juden ibr Neujahrbfest feierten, Es war riot möglih, fo viele S&üler in der Klase zu halten, daß man bätte mit Erfolg Untercicht geben können. Außerdem muß man doch auch dafür sorgen, daß die jüdiswen Kinder nicht zu weit zurückbleiben ; tenn Re baben ja na ibrer Religion vollkommen cin Ret darauf, wäbrend ibrer hoben Festtage die Schule niht zu bcsuchen. Wir baben die größten Swroiterigfeiten gebabt in Schlesien. Ih habe darüber eine große Enquete vor einigen Jahren veranlaßt in West- preußen und anderwärts; es war niht mözlich, in denjenigen Theilen, wo eine strengere rituele Behandlung auf Seiten der jüdischen Berölkeruig eingetreten war, am Sonnabend rno& mit Erfolg Unterribt ju balten. Wir haben die Erfahrung gemacht, daß jüdische Kultu8beamte, welhe im Laufe ter letzten Jabrzehnte aus Rußlaid nah Preußen gekoumen waren, ibren Kindern abfolut verboten, irgend etwas am Sonnabend zu thun. Wir sind dam genöthigt gwesen, weil die jüdishe Scülerzaßl u grcß war, den ganzen Unterricht8plan umzuwerfen; wir haben am Sonnabend Unterricht er- theilen müssen, wel&er nach einem verständig aufgebauten Lehrvlan nit bätte in dieser Folge erteilt werben sollen.

Meine Herren. das ist gerade aus der Freiheit, mit welcher die preußische Unterricht8verwaltung den Koafessiozen gegenüber zu stehen ben:üht ift, wohl çcanz erklärlich, aber ich folgere toch daraus, meine Herren, daß man kei objektiver Betrachtung sagen muß, das sind sebr {were Aufgaben. Daß sich also eine Sehnsut untcr Umständen bemerkbar macht, daß man zu einer größeren konfessionellen Trenrung kommt, muß ih auch sagen; aber, wie gesagt, ic balte es im Großen und Ganzen nach den Verschiebuncgen unserer Konfessionen für unmöglih, wenn nicht, wie beispieltweise in Bzeslau, auf einen kleinen Kaum Kinder der oeischiedensten Konfessionen zusammengedrängt find, zu einer solchen kor fessionelen Sondetung des Schulwesens zu schreiten. J babe mich wieder auch auf diesem Gebiet mit statistischen Fragen iu und bin jeßt eben gerade davei, über die preußischen Landeguniversitäten eine Publikation ecshéäinen zu lassen, welche für die künftige Generation die erste Grundlage bildet, um die Frage nach dem Antheil der Konfessionen an der Uni- v-rsitätsbildurg zu erörtern Da will ih doch nun ein Mal, da die Frazen, die hier angercgt sind, von erheblicher Bedeutung sind, darauf aufme:lsam machen, daß nab einer Statistik vom Iabre 1885/86 damals festgestellt worden ist, daß in der Scülerbevölkerurg der höheren Lehranstalten sich etwa 72% evan- gelische, 17,6 °%/0 fatholishe und 9.7 °%/9 jüdishe Schülcr befanden alfo die Juden betrugen _mehr als die Häâlfle der Katholiken. Und diesem Prozent‘az eutsprab auch die Statistik. welche für das äIabr 1886/87 für die Universitäten aufgebaut ist, daßin, daß auf den Universitäten von den Preuße die dort ftudirten. beincbe 709% Gvangelische, weniz über 20 °/6 Katholikca und ungefähr 94 9/6 Jucen waren.

Wenn man nun die Bevölkerung des prcuêischen Staats damit vergleicht, so fommt man zu dem Resultat, daß die Bevölkerung

Preußens dem mênnlihen Theile nah beiledt aus 644% Eoan- gelishen, wenig über 3409/0 Katholiken und nur 1,29%“ Juden.