1910 / 27 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 01 Feb 1910 18:00:01 GMT) scan diff

hn (Augsbürg), inden) im Noëimèr (1 München), Botger-

o

of), Feil (1 Münthen) im Gisenbahnbat., Amberg, Mayr,

en, Bot, Lüst (T München) im Lelegraphendetachement, die Vizewachtmeister Klein CEuEburg im 1. Trainbat., Klar- mann (Bamberg), Winkels - prt ing (Neustadt a. H.) im 2. Trainbat., Gruber O Zorn (Hof) im 3. Trainbat. ; _zu Us. in der Landw. 1. Aufgebots die Vizefeldwebel Neumann Neustadt D), Ste (1 ünchen), Schiller (Regensburg),

öl\ch (Zweibrücken) in der Inf., den Vizewachtm. Bernbe d (1 München) im Train. /

Ferner unterm 30. v. M. den Konrektor am humanistischen Gymnasium Weiden Dr. Ipfelkofer mit der Wirksamkeit vom 1. Januar 1910 zum Studiendirektor am Kadettenkorps mit dem Bed und Gehalt eines Gymnasialrektors in etatsmäß. Weise zu be- ördern.

Das Kriegsministeriuum hat nachstehende Personalveränderungen bei den Beamten der Militärverwaltung verfügt: in etatsmäß. N wurden befördert: am 26. v. M. mit der Wirksamkeit vom 1. d. V. der Militärgerichtsassist. und Militärgerichts\hreibergehilfe Ba u m der 3. Div. zum Kriegsgerichts\ekretär und Militärgerichts\hreiber bei der 2. Div. Abzweigung Neu-Ulm —, am 21. d. M. mit der Wirksamkeit vom 1. Februar d. J. der Militärbau- sekretär Ports heller des Militärbauamts Landau T zum Sntendanturbausekretär bei der FIntendantur I. Armeekorps; in etatsmäß. Eigenschaft wurden ernannt: am 4. d. M. mit der Wirk- E vom 1. Dezember 1909 der Intend. Sekretär Eichner der

ntend. I. Armeekorps zum Oberintend. Sekretär, mit der Wirksam- keit vom 1. d. M. am 29. v. M. der Garn. Verwalt. Insp. Adrian bei der Garn. Verwalt. München zum Mp bei der Insp. der Militärbildungsanstalten, der Insp. Schmidt bei der Sni. der Militärbildungsanstalten zum Garn. Verwalt. Insp. bei der Garn. Verwalt. München, am 8. d. M. der Unterzahlmeister Bu ch des Bezirkskommandos Kaiserslautern zum Zahlmstr. im Il. Armee- forys, mit der Wirksamkeit vom 1. Februar d. J. am 18. d. M. der Unterzahlmstr. Oswald des 14. Inf. Regts. Hartmann zum Zahl- meister im 111. Armeekorps, am 21. d. M. der Intend. Bausekretär Bergmann der Intend. 1. Armeekorps zum Bausekretär im Kriegs- ministerium, der Militärbausekretäranwärter, Bautechniker Ball- mann des Militärbauamts München 111 zum Militärbausekretär beim Militärbauamt Landau 1, am 24. d. M. der Lazarettinsp. auf N Militäranwärter Moser zum Lazarettinsp. beim Garn. Lazarett

ünchen, am 25. d. M. der Zahlmstr. Limmer des 3. Feldarkt. Regts. Prinz Leopold zum Oberzahlmstr.; in etatsmäß. Weise wurden persezt: mit der Wirksamkeit vom 1. d. M. am 26. v. M. der Kriegsgerichts\ekretär und Militärgerichts\{hreiber Keß der 2. Div. Abzweigung Neu-Ulm auf fein Ansuchen in gleicher Dienstes- eigenshaft zur 4. Div., am- 13. d. M. die Garn. Verwalt. In- \pektoren Schäfer, Amtsvorstand der Garn. Verwalt. Kempten, in

leiher Diensteseigenschaft zur Garn. Verwalt. Fürth, Michaeli der Sarnisonverwaltung Neuburg a. D. als Amtsyorstand zur Garnifon- verwaltung Kempten und Cramer der Garnisonverwaltung München als Kontrolleführer zur Garnisonverwaltung Neuburg a. D., am 18. d. Mts. mit der Wirksamkeit vom 1. Februar d. Is. der Oberzahlmstr. Kaiser des 13. Inf. Negts. Franz Joseph I., Kaiser von Oesterreich und Apostolisher König von Ungarn, auf sein An- suchen in gleiher Diensteseigenschaft in das 1. Armeekorps. Von den Generalkommandos wurden eingeteilt: die Zahlmeister Hojer im 1. Inf. Negt. König, Buch im 8. Inf. Negt. Großherzog Friedrich Thi von Baden, Lang im 8. Feldart. Regt. undBeeg im 10. Feldart. Regt.

Königlich Sächfische Armee.

21. Sanuar. Wittkowski, Fehrmann, Zukertort, ähnrihe im Fußart. Regt. Nr. 12, zu Ls. befördert mit einem atent vom 25. Januar 1908 bzw. (Zuckertort) vom 20. Juni 1908.

27. Xanuar. Prinz Eitel-Friedrih von Preußen König-

liche Hoheit, Hauptmann à la snits des 7. Inf. Regts. König Georg Nr. 106, zum Major befördert.

X11. (Königlich Württembergisches) Armeekorps.

Offiziere, Fähnriche usw. Ernennungen, Beförde- rungen und N s Im aktiven Heere. Stutt- gart, 27. Januar. | Frhr. v. Soden, Gen. Major und Kom- mandeur der 51. Inf. Brig. (1. K. W.), zum Gen. Lt.,, Bendler, Major in der Eisenbahnabteil. des Großen Generalstabes, zum Oberstlt., befördert. Frhr. v. Malchus, Hauptm. z. D. und Be irksoffizier beim Landw. Bez. Biberach, der Charakter als Major verliehen. Henrich, Hauptm. und Komp. Chef im 9. Inf. Negt. Nr. 127, ein Patent seines Dienstgrades verliehen.

Befördert: zu überzähl. Hauptleuten die Dberlts.: Keerl im Füs. Negt. Kaiser Franz Joseph von Desterreih, König von Ungarn Nr. 122, Menzel im Gren. Regt. Königin Olga Nr. 119, Insp. Offizier bei der Kriegssä::12 in Danzig, unter Enthebung von dem Kommando nah Preußen und Verseßung in das Gren. Regt. König Karl Nr. 123; zu Oberlts. die Ls.: Oppermann an der Unteroff. Schule in Potsdam, Frhr. v. Watter im Gren. Negt. Königin Olga Nr. 119, Fleischmann, Strehle (Wilhelm) im Inf. Negt. Kaiser Wilhelm, König von Preußen Nr. 120, Wilker im Inf, Negt. Alt-Württemberg Nr. 121, Wolde im Gren. Negt. König Karl Nr. 123, Zitsher im Inf. Negt. König Wilhelm I. Nr. 124, Jacobi, Schulze, Schulz im 8. Inf. Regt. Nr. 126 Großherzog Friedrich von Baden, Edelmann, Maul im 9. Inf. Negt. Nr. 127, Braune im 10. Inf. Negt. Nr. 180.

Bäumler, U. im Inf. Regt. Kaiser Wilhelm, König von Preußen Nr. 120, scheidet mit dem 6. Februar 1910 behufs Ueber- tritts in die Schußtruppe für Südwestafrika aus. Frhr. v. Lupin, Major, beauftragt mit der Führung des Ulan. Regts. König Karl Nr. 19, zum Oberstlt. befördert. Frhr. v. Schellerer, Nittm. und Eskadr. Chef im Hus. Regt. Kaiser Nikolaus 11. von Rußland (1. Westfäl.) Nr. 8, unter Enthebung von dem Kommando nach Preußen, in das Ulan. Negt. König Wilhelm 1. Nr. 20 versetzt. Griesinger, Oberlt. im Drag. Regt. König Nr. 26, ein Patent seines Dienstgrades verliehen.

Zu Oberlts befördert: die Lts.: Frhr. v. Woellwarth- Lauterburg (Rennwart) im Ulan. Negt. König Wilhelm 1. Nr. 20, v. eidenbach im Drag. Negt. König Nr. 26, v. Pagen- ns rdt, Frhr. v. Süßkind-Schwendi. im Ulan. Regt. König Karl

t. 1D

Zu Kommandeuren der betreff. Regtr. ernannt: Freise, Königl. reuß. Oberstlt., beauftragt mit der Führung des 3. Feldart. Negts. Ne. 49, Schippert, Oberstlt., beauftragt mit der Führung des 9, Feldart. Negts. Nr. 29 Prinz-Regent Luitpold von Bayern.

Weiß, Major und Vorstand des Art. Depots in Ludwigsburg, der Charakter als Oberstlt. verliehen. Heidemann, Lt. im 3. Feldart. Regt. Nr. 49, Grüner, U. im Lelegraphenbat. Nr. 4, zu Oberlts. befördert. Frhr. v. Brusselle-Schaube ck, Oberlt. a. D., zuleßt im Ulan. Regt. König Wilhelm 1. Nr. 20, mit einem Patent vom 17. Oktober 1909 als-Oberlt. der Res. des Ulan. Negts. König Karl Nr. 19 angestellt und vom 1. Februar 1910 ab auf ein Jahr zur Dienstleistung bei leyterem Negt. kommandiert. Bungert, Königl. preuß. U. der Res. a. D., bisher der Nes. des Cleve. Feldart. Regts. Nr. 43 (Mülheim a. d. Ruhr), als L. mit Patent vom 15. Dezember 1904 Hh. bei den Ref. Offizieren des 2. Feldart. Negts. Nr. 29 Prinz-Regent Luitpold von Bayern angestellt.

Befördert: zu Lts. mit Patent vom 29. Januar 1908: die Fähn- ride: Goeß, Erhard im Gren. Regt. König Karl Nr. 123, Schmidt, Ühland im Inf. Negt. Kaiser Friedrih, König von

reußen Nr. 125, Kir\ch im 10. Inf. Regt. Nr. 180; zu Us. mit Patent vom 19. Funi 1908: die Fähnrihe: v, Graevenig im ren. Regt. Königin Olga Nr. 119, She mpp im Inf. Negt. Alt- Württemberg Nr. 121, Gnamm im Füs. Negt. Kaiser Franz Joseph von Oesterrei, König von Ungarn Nr. 122, Schchmidgall im 10. Inf. Regt. Nr. 180; zu Lts.: die Fähnrihe: Wolff, Schloß- macher im Füs. Negt. Kaiser Franz Joseph von Oesterreih, König von Ungarn Nr. 122; zu Fähnrichen: die Unteroffiziere: Huber im 9. Inf. Negt. Nr. 127, Cleß im Drag. Regt. Königin Olga Nr. 25.

Jm Beurlaubtenstande. Zu Ls. der Nes. befördert: die Nizefeldwebel bzw. Vizewachtmeister: Mauck (Heilbronn), des Inf. Ns Kaiser Wilhelm, König von Frepben Nr. 120, Rembold Ellwangen), des' Füs. Regts. Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, Ungarn Nr. 122, Arnold (Reutlingen), Ruther Ravensburg), des Inf. Regts. König Wilhelm 1. Nr. 124, Ran ck Neuilingen), des 10. Inf. Regis. Nr. 180, Wie ch Caen des ion. Bats. Nr. 13, Linckh (Ellwangen), des 4, Feldark. tegts. r. 65, Hüggenberg (Ulm), des Trainbats. Nr. 13. Abschiedsbewilligungen. Fm Beurlaubtenstande. Stuttgart, 14. Januar. Weyse (Horb), U. der Landw. Inf. 1. Aufgebots, der Abschied bewilligt. i Im Sanitätskorps. Stuttgart, 21. Januar. Dr. Korn O Oberarzt der Landw. 1. Ausgebots, der Abschied be- willigt.

óönig von

Beamte der Militärverwaltung Suttgart, 21. Januar. Helfer, Grüner, Garn. Verwalt. Unterinspekktoren, zu Garn. Verwalt. Inspektoren ernannt. Durch Verfügung des Kriegsministeriums. Helfer, Grüner, Garn. Verwalt. Inspektoren, den Garn. Verwaltungen Ludwigsburg bzw. Ulm zugeteilt. j

i Kaiserliche Schußtruppen.

Verfügung des Reichskolonialamts (Kommando der Schußtruppen). 7. Januar. Scheffler, Oberintend. Sekretär, mit dem 21. Januar 1910 behufs Wiederanstellung im Bereiche der Königl. preuß. Heeresverwaltung aus der Schußgtruppe für Deutsch- Ostafrika ausgeschieden.

Deutscher Reichstag. 27. Sizung vom 31. Januar 1910, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Zur dritten Beratung steht der Geseßentwurf, betreffend die Feststellung eines zweiten Nachtrags zum Haus- haltsetat für die Schußggebiete auf das Rechnungs- jahr 1909.

Ueber den Anfang der Sißzung is in Nummer d. Bl. berichtet worden. :

Abg. Dr. Arning (nl.): Jch stimme auch heute der Ausführung des Abg. Erzberger zu und konstatiere, daß, soweit id es übersehen kann, in meiner Fraktion diese Stimmung die allgemeine ist. Im übrigen ist es mir zu gefährlid, hier weiter auf die Sache einzugehen. Die Veröffentlichung der Gescllschaft in der „Kölnischen Zeitung" ist mir noch überraschender gekommen als dem Vorredner; in dem Ver- trage heißt es ‘ausdrücklich, daß die Gefellshaft auf ihr Bergwerks- eigentum verzihtet, und es kommt doch darauf an, daß Verträge loyal ausgeführt werden. a

Abg. Dr. Arendt (Rp.): Auch ich stimme dem Abg. Erz- berger vollständig zu. Die Erklärung in der „Kölnischen Zeitung“ ist geradezu unerhört und verstößt direkt gegen die guten Sitten. Ich erwarte, daß der Staatssekretär mit aller Kraft den Standpunkt des Reiches der Gefellschaft gegenüber wahren wird. Wenn es nicht anders geht, ist die rücksichtsloseste Handhabung der Geseze am Platze, und man päktiert mit ihr überhaupt nit mehr. Auf dem Rezeß vom 17. Februar 1908 beruht die ganze Gntwilung seitdem, die sonst gar nicht hätte eintreten können. Die Einführung der Sperre, die Diamantenregie usw., alles shwebte in der Lust, wenn der Vertrag jeßt auf einmal für hinfällig angesehen werden foll. Der Neichstag ist nicht geneigt, darüber soll fein Zweifel aufkommen, sich bluffen zu. lassen. Die Gunst des Schicksals, das uns diese Diamanten zufallen ließ, soll wefentlißh den Interessen des Neiches und der Kolonie zuguke kommen. Der Vertrag von 1908 ist nicht im Interesse des Reiches, sondern der Aktionäre ab- geschlossen worden, das hat der Sturz der Aktien an der Börse verwiesen.

Staatssekretär des Reichskolonialamts Dernburg:

Meine Herren! Ich habe mich nur zum Wort gemeldet, um festzustellen, daß ich mich von dem Endresultat keiner der Aus- führungen, die hier gemacht worden sind, irgendwie entferne. (Bravo! rechts.) Ich stehe aber auch auf dem Standpunkt, daß die Frage, ob der Vertrag notariell oder nicht notariell hätte gemaht werden müssen, eine juristishe Frage ist, und stelle fest, daß unsere Juristen auf dem Standpunkt stehen, daß für cinen notariellen Abs{chluß keine Ver- anlassung vorhanden ist. Der Rezeß vom 3. Februar 1908 bleibt nah wie vor die Grundlage, und zwar die rehtsgültige Grundlage, für die Auseinanderseßzung zwischen dem Fiskus und der Kolonial- gesellschaft. Sein Zweck ist klar und durhsichtig, die Interessen des Fiskus und der Einzelshürfer in gleiher Weise zu shüßen und dafür genügende Bestimmungen zu treffen, und ich werde mich unter gar feinen Umständen von dem Sinn und Inhalt dieses Abkommens ab- bringen lassen, und ih glaube, daß die Unterhaltung, die wir hier gehabt haben, uns jedenfalls erheblich nüßen wird.

Abg. Dr. Görcke (nl.): Schon die Möglichkeit, daß die Auf- fassung der Kolonialgesellshaft, wie sie in dem Artikel der „Kölnischen Zeitung“ hervortritt, rihtig sein könnte, müßte für uns ein An- laß sein, den Nachtragsetat nicht anzunehmen, denn er basiert zu 30 Millionen auf den aus Diamanten zu erwartenden Einnahmen. Der Neichstag {teht aber ebenso wie der Staats|ekretär auf dem Boden, daß der Rezeß vom 17. Februar 1908 vollkommen zu Recht besteht, und deshalb können wir auh rückhaltlos dem Nachtragsetat zustimmen. ; j T E

Abg. Frhr. von Richthofen (dkons.): In dem höchst auffälligen

vor gestrigen

Artikel, von dem ih erst eben Kenntnis bekommen habe, fann ih |

nichts anderes erblicken als eine Manipulation, einen Schachzuq, um eine bessere Position für künftige Verhandlungen zu gewinnen. Es ist ein Pressionsmittel, und es wird niemand gewillt sein, sich diesem Pressionsmittel zu fügen oder irgendwie Nücksiht darauf zu nehmen. Wenn wirklich ein formelles Bedenken bestände, so müssen wir doch vorausseßen, daß Treu und Glaube, wte wir sie zugesichert haben, au von seiten der Gesellschaft eingehalten werden. Wir halten ea nts der Kolonialverwaltung an dem bisherigen Rechts\tand- punkt fest.

Abg. Ledebour (Soz.): Den ablehnenden Standpunkt meiner Partei gegenüber der Vorlage habe ih bereits begründet. Das Er- staunliche ist, daß die Gesellschaft, die im Unterschied zu allen anderen afrikanischen Landgesells{chaften ihre Ansprüche zurückführt auf die ursprünglihen Abmachungen des Herrn Lüderitß mit den Eingeborenen, durch ein folches Manöver noch mehr dem Deutschen Reiche abzuknöpfen sucht ; das ist geradezu ungeheuerlich. Wir haben von vornherein die Nechte der Gesellschaft bestritten, und erstaunlich ist es, daß der frühere Gouverneur von Bennigsen, der nun inzwischen Direktor der Gesellshaft geworden ist, solchen Rechtsstandpunkt ein- nimmt, nachdem er damals in der Landkommission unsere Auffassung ausdrücklich unterstüßte.

Abg. Erzberger (Zentr.): Wir sind der Gesellshaft zu großem Danke verpflichtet, daß fie den Artikel noch vor der dritten Lesung zubliziert hat. Ich erblicke darin auch nur ein Pressionsmittel.

ir haben {on überlegt, ob wir nicht aus dem Reichstag heraus die Jnitiative ergreifen sollen, um solchen Uebermut der Gesellschaft zu brechen. Auch die Sozialdemokratie sollte einmütig für den Nach- tragsetat stimmen, damit die Auffassung des Reichstages über die be- stehende Nechtsgrundlage unzweideutig und möglichst wirksam zum Ausdruck kommt.

Abg. Dove (fr. Vgg.): Auch für uns gibt der Artikel der Kolonialgesellshaft keinerlei Anlaß, von unserer Rechtsauffassung

\ gehabt.

irgendwie abzuweichen. Uns durch Annahme des Nachtragsetats zu binden, hat keinerlei Gefahr. Die Rechtsmittel, die der Gesellschaft zur Verfügung stehen, werden mögerwSle ergriffen werden, aber wir Tönnen ebenso unsere weiteren Maßnahmen einrihten und, wenn nötig, eine neue Vorlage machen.

Staatssekretär des Reichskolonialamts Dernburg :

Fch möchte hier eines ritigstellen, nämlih diese Frage des Rezesses ist nah gar keiner Richtung die finanzielle Grundlage für die Bahn, das möchte ih doc dabei festgcitellt haben. Wir haben 33F 9% Ausfuhrzölle, die haben mit diesem Rezeß nichts zu tun, und wenn wir die erhöhen oder herunterseßen, können wir unsere Finanzen danach regeln. Wir haben außerordentlich viele Machtmittel, ganz abgesehen von dem Rezeß, den die Kolonialgesellshaft gegeben hat, und den ih nah wie vor für rechtsgültig erachte und, wie ih aus- drücklich sage, niht nur für rechtsgültig, sondern auch für maßgeblih für alle aus Bergwerksbesiß, Bergeigentum, Berggerehtsamen wie immer hergeleiteten Nechte der Kolonialgesellshaft ohne jede Aus- nahme. Wir bekommen aber unsere Mittel für den Bahnbau, das wiederhole ih, nicht aus diesem Rezeß, sondern wir bekommen fie auf Grund der Hohetitsrehte, die wir ausüben, indem wïîr Zölle und Steuern da einheben, und auch die Kolonialgesellshaft kann nichts dagegen machen. Die Diamanten kommen aus dem Lande, und wir beben eben das Geld ein. Ich wollte das erwähnen, weil man ein zu starkes Argument auch niht brauchen foll, dann verliert es an Kraft. Ich wiederhole aber, ih stehe auf dem Standpunkt, den ih wiederholt ausgesprochen habe, und der sih mit der Auffassung dieses hohen Hauses durchaus deckt.

Abg. Ledebour (Soz.): Die Argumentation des Abg.Erzberger zeigt nur, wie außerordentlih \{chwierig es ist, vom fapitalistischen Stand-

punkt aus unsere sozialistische Auffassung zu verstehen. Wir lehnen

den Nachtragsetat ab, aber wir können, hiervon abgesehen, den Nechts- .

standpunkt der Mehrheit unterstüßen, um den Zumutungen der Kolonialgesellschaft entgegenzutreten. Auf diese Weise läßt fich ein viel wirksameres Votum des Hauses erzielen.

Abg. Dr. Görcke (nl.): Wir tragen durchaus keine Bedenken, den Nachtragsetat zu bewilligen. Ich habe nur darauf aufmerksam ge- macht, daß die Diamanten die finanzielle Grundlage für das Bahnbau- vrojekt abgeben, und daß wir gerade deswegen, wenn wir den Nachiragsetat troßdem bewilligen, unsere Nechtsauffassung klar dokumentieren.

Darauf wird îm einzelnen der Nachtragsetat für Deutsch- Ostafrika und für Südwestafrika ohne Debatte nah den Be- hlüssen zweiter Lesung bewilligt. Ueber die eingegangenen Petitionen wird zur Tagesordnung übergegangen, die Depesche des Bürgermeisiers Kreplin-Lüderißbucht wird durch die gefaßten Beschlüsse für erledigt erklärt. Jn der Gesamtabstimmung wird der zweite Nachtragsetat für die Schußgebiete und darauf ohne Debatte in dritter Beratung auch der Nachtragsetat zum Reichs- haushaltsetat für 1909 endgültig genehmigt.

Darauf eb! das Haus die zweite Beratung des Etats für 1910 fort und wendet sich zur Spezialberatung des Kolonial- etats.

Referent ist der Abg. Dr. Görcke an Stelle hinderten Abg. Dr. Semler.

Auf Antrag des Referenten wird die Diskussion über sämtliche Kolonien verbunden. Die Kommission beantragt, die im Etat enthaltenen neuen Besoldungsordnungen für die Schußgebiete abzulehnen und dafür folgende Resolution an- zunehmen: „Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, in das vorzulegende Kolonialbeamtengeseß die den kolonialen Verhält- nissen entsprechenden Bestimmungen des Besoldungsgeseßes vom 13. Juli 1909 aufzunehmen.“

Der Referent führt aus, daß sich gegen die Grundsäße der vorgeshlagenen Besoldungsordnung für die Kolonien eine Reihe von Bedenken erhoben haben, zumal was die Fixierung des Grundgehalts wie der Zulage für die einzelnen Beamtenkategorien betrifft.

des ver-

Staatssekretär des Neichskolonialamts Dernburg:

Meine Herren! Nachdem die Kommission beschlossen hat, die Verhandlungen über die Gehaltsregelung zu verbinden mit dem Kolonialbeamtengeseßz, und nachdem die Hoffnung besteht, daß beides noch in dieser Session und jedenfalls mit rückwirkender Kraft für das nächste Etatsjahr verabschiedet werden kann, habe ih meinerseits feinen Grund, hier zu dieser Sache das Wort zu nehmen. Ich spreche die Hoffnung und die Erwartung aus, daß die weitere Klärung dieser Angelegenheit dahin führen wird, daß die von der Kolonial- verwaltung vorgeschlagenen Maßnahmen und Gesichtspunkte späterhin noch zur Annahme führen werden und Sie mich dadurch in die Lage seßen, sowohl qualitativ wie quantitativ ein solhes Personal für die Kolonien zu schaffen und zu erhalten, auf Grund dessen ih die Ver- antwortung, die sehr {chwer ist, für die Verwaltung übernehmen kann

Das Haus nimmt darauf die Resolution einstimmig an.

Abg. Erzbergerx (Zentr.): Bis zu welchem Zeitpunkte ist die Einbringung des neuen Kolonialbeamtengeseßes zu erwarten? Be- sonders die Pensionsverhältnisse der Kolonialbeamten bedürfen einer besseren Regelung, selbst auf die Gefahr hin, daß daraus Mehrkosten erwachsen. Es könnte ja au bei den Reisekosten gespart werden. Es geht doch nicht länger, daß die Beamten Hunderte von Mark an Reisekosten sparen und in die Tasche stecken. Es hat Enttäuschung hervorgerufen, daß seit dem vorigen Jahre eine Vorausseßung der Selbstverwaltung in Südwestafrika, die Bezirksverbände und Landes- räte noch nit ins Leben getreten sind. Der Staatssekretär hat über- haupt in der Kommission etwas Wasser in den Wein der Selbst- verwaltung gegossen. Zurzeit kann ja den Leuten ein Mitbestimmungs- recht noch nicht gegeben werden, lber man sollte ihnen Gelegenheit eben, si in die Verhältnisse hineinzuarbeiten, um ihnen später eine Mitwirkung am Etat zu gewähren. Die Verhältnisse der Gemeinden im einzelnen können aber nicht von der Meictübile stelle aus geregelt werden. Ih möchte den Staatssekretär bitten, den Wünschen der Südwestafrikaner, wenn sie auh in einer nicht- einwandfreien Form vorgebracht werden, freundlih gegenüberzutreten. Bor allem müssen die Gemeinden genügend Land haben. Wir haben deshalb in der Kommission folgende Resolution zur Annahme ge- bracht: „Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, 1) unverzüglich die erforderlichen Anordnungen zu treffen, wonach den Gemeinden in Südwestafrika genügend Land auh für die zukünftige Entwicklung derselben vorbehalten bleibt; 2) eine Gemeindesteuerordnung über die Grundsäße, betreffend die Erhebung der Gemeindeabgaben in Süd- westafrika, zu erlassen.“ Ueber die Ausbreitung des Islams in Ostafrika wird immer noch Klage geführt. Die Träger und Händler ind die Hauptvertreter des Islams. Das bestätigen auch die neuesten Berichte der evangelishen Mission. Was denkt nun die Kolonial- verwaltung zu tun, um dieser Gefahr für die Aufrechterhaltung der deutschen Herrschaft und des Christentums einen Damm entgegenzuseßen ? Für uns war eine der Vorausseßungen, Opfer für die Kolonien zu bringen, die, daß in den Kolonien auch die pristliche Kultur ver- breitet wird. Der Staatssekretär hat in den Vordergrund seiner Kolonialpolitik in Ostafrika die Erhaltung der Neger gestellt. Das- selbe Ziel verfolgen auch die Missionen. In früheren Jahren haben wir uns über die Zunahme der Branntweinpest in Togo zu beklagen Fn dieser Beziehung ist dank den Maßregeln der Kolonial-

verwaltung ein erfreulicher Wandel eingetreten. Von der Mission D am Tanganyikasee wird über die _Enterbung der Frauen Klage geführt. Solchen eingewurzelten Sitten kann man ja nicht « mit I inem Schlage entgegentreten, aber allmählih könnte Wandel ge-

afen werden. Notwendig ist auh eine Verbesserung der N Rohnungsverhältnifse. Sie könnten dadurch erreiht werden, daß jeder Neger, der ein Steinhaus baut, eine Prämie erhält, vielleicht in Form des Erlasses der Hütlensteuer auf mehrere Jahre. F Jn Neuguinea steht der Kindermord in Blüte, und es ist erforderlich, M daß mit den energishsten Maßyahmen dieser ‘alten eingefleifhten Êinsitte entgegengetreten wird. Leider steht eine bezüglihe Che- Î rdnung, die der Gouverneur 1904 erlassen hat, nur auf dem | Papier, denn ihre Ausführung liegt quasi in den Händen der Ein- N eborenen, also der Nachkommen von Kannibalen, insofern nämlich ihre | Rerletung von den Bezirksamtmännern gr r uo geduldet wird. R eber die Beilegung des Streites zwischen dem Gouverneur und der Ï Bevölkerung von Samoa würden uns nähere Mitteilungen sehr erwünscht Ü sein. Ueber Neuguinea und Samoa sind neuerdings zahlreiche Klagen N in der deutshen Presse aufgetauht hinsichtlich der mangelhaften Be- h sezung der Gerichte. Was bei einer Justiz herauskommt, wo die Ÿ Gerichtsbarkeit von einigen abhängigen Unterbeamten wahrgenommen Ï wird, kann man \ich denken. Der Gouverneur von Samoa \foll N inen ganzen Rattenkönig von Beleidigungsprozessen gegen die 400 Y Meißen der Kolonie zur Aufrechterhaltun seiner Autorität ihnen B gegenüber angestrengt“ haben, und die Prozesse werden entschieden ‘von Ï einem Gerichts- und einem Gouvernements|ekretär als Nichtern, also N ¡wei von ihm selbst durchaus abhängigen Beamten! Das Gouvernement Ï steckt einfach einen Mann, der einen Prozeß gegen den Gouverneur N angestrengt hat, zur Beobachtung ins Lazarett, leitet dann gegen N ihn ein Entmündigungsverfahren ein und is nun fein heraus. Y Diese und viele andere Millkürlichkeiten find an der Tagesordnung.

N Das ist keine Nechtspflege, ein solches Justizwesen kann feine gerechten

Y Urteile verbürgen, hier muß also gründlich reformiert werden. Jn

Ï Samoa waren die Unruhen {on nahe daran, zu einem regelrechten Ÿ Bürgerkriege auszuarten. Das Schlimmste ist ja glücklicherweise ver- Ÿ mieden worden, hauptsächlich infolge der Bemühungen der Mission. Stimmt das, so war es ein s{hlechter Dank vom Hause Habsburg, Ï Dernburg oder Solf, wenn man fast unmittelbar darauf eine Maß- Ï nahme traf, die den Missionen ershwerte, ihre Schulen aufrecht | zu erhalten. Der Gouverneur hat einen Missionar gefragt, ob er } iber diese Maßnahme auch einen Bericht an einen Zentrums- } abgeordneten na Berlin geschickt hätte. Der Wunsch der fatholi- {en Mission, ihre Schulen in freier Konkurrenz mit der von der | Regierung gegründeten Schule bestehen zu lassen, 1st doch, namentli | angesichts der Verdienste, die sih der katholische Bischof um die Erstikung des Bürgerkrieges erworben hat, kein unberechtigter.

Abg. Dr. Arning (nl.): Die Entwicklung der Kolonien ist im großen und ganzen auch im vergangenen Jahre durchaus vorangegangen. Die Absicht, die Postverwaltung gänzlich auf die Kolonialverwaltung zu übernehmen, könnte man nur dann befürworten, wenn Gewähr gegeben wäre, daß die Raschheit der Expedition niht beeinträchtigt

wieder berühren, um ihnen niht neue Nahrung zu geben. Die Kopyraausfuhr ist übrigens troß des Ausfuhrzolls gestiegen. Im allgemeinen sind es ja freilih bloß gewisse besonders exotische Staaten, welche von Ausfuhrzöllen auf derartige Landeserzeugnisse Gebrauch machen. Ein Kopraausfuhrzoll besteht nur in Trinidad. Wenn wir uns {hon nach den Engländern richten, könnten wir es au in diesem Falle tun. Mindestens aber sollte man den Wünschen der. Cinwohner entsprechend die Einfuhrzölle auf diejenigen Erzeug- nisse, die sie am allernotwendigsten gebrauchen, herabseßzen. Auch in dem neuen Etat ist Togo wiederum von einem Neichszuschuß frei, obwohl die Bahnen ein Manko ergeben haben. Die Betriebskosten könnten, wie mir mitgeteilt wird, erheblih vermindert werden, wenn man nicht alle Tage, sondern nur alle 3—4 Tage einen Zug gehen

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| ist troy des shlehten Marktes nicht

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läßt. Das gesamte Bahnney der Kolonie sollte in Staatsbesiy über- Führt werden. Jn Kamerun würde event. eine Zweigbahn von der Dualabahn zur Erschließung des Innern des südlichen Teiles von Nußen sein, nahdem der dortige Küstenstrih so ziemlih aus- gebeutet und Gummi dort kaum noch zu finden ist. Auch \trategish würde diese Bahn vorteilhaft sein. Die Kautschukausbeute in Kamerun allzu sehr im Werte gefallen ; in fernerer Zukunft wird sch allerdings die Kolonie nur durch die Produktion an Oelfrüchten halten lassen. Es ist ja ein ganz un- geheurer Bedarf an Pflanzenöl in der ganzen Welt vorhanden ; wir verarbeiten in Harburg heute {on 200—300 To. Baumwollsaat täglih zu Oel und werden noh dazu gelangen, diese tägliche Pro- duktion auf 400—600 To. zu steigern. Unsere Industrie lehzt danach, ih in dieser Richtung von dem übermächtigen Einfluß der Amerikaner loszureißen, die unseren Markt geradezu knechten. Ür die Organisation der Kommunalverbände in Deutsh-Ostafrika geschieht noch nit genug; die ihnen zur Verfügung gestellten Mittel müssen vermehrt werden, wenn sie ihren staatlih-kommunalen Aufgaben wirklich gerech{t werden follen. Die bestehende Wegeordnung bat ih auch als revisionsbedürftig herausgestellt. Jn bezug auf die Ansiedlungsmöglich- feit in den böber gelegenen Teilen von Deutsch-Ostafrika denken die Engländer do etwas anders, als bei uns diese Frage angesehen wird. Auf den militärishen Schuß der Kolonien an der Grenze werden wir nit verzihten können, wenn wir Unannehmlichkeiten vermeiden wollen. Hervorheben möchte ih, daß die in Ostafrika tätigen Beamten und au Aerzte, die stetiger Lebensgefahr ausgeseßt sind, unseren besonderen Dank verdienen. Die Baumwollproduktion in unseren Kolonien f\ollte gerade die Sozialdemokratie an erster Stelle fördern, denn es handelt fich um Tausende von Arbeitern, die in der Heimat in der Baumwollindustrie beschäftigt werden ; unsere Baumwollindustrie is gegenüber den nordamerifanischen Machenschaften in einer \{chwierigen Lage. Die Sozialdemokraten

| täten deshalb gut, sich an die Spiße der kolonialen Bewegung zu stellen. \ 1 Ì darauf an, die Eingeborenen zur Arbeit heranzuziehen.

Was die Eingeborenenpolitik betrifft, so kommt es vor allem Wenn die

Î Missionen \ich dieser Aufgabe widmen, so sind sie hierin zu unter-

| unseren Kolonien arbeiten.

j gekommen.

Ï stüßen.

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Zur Lösung der Ovambo rage wird es beitragen, wenn die S@hwarzen auf diesem Gebiete wie bisher und in erhöhtem Maße in Die wichtige Frage der Selbstverwaltung s i a | 04 i U , ist durch die neuesten unliebsamen Vorkommnisse etwas in Mißkredik Ih hoffe, daß das Wohlwollen des Staatssekretärs für die deutschen Ansiedler und ihre Wünsche auf diejem Gebiete nicht ershüttert wird. Jch glaube nicht, daß die Leute in der Selbstver- waltung Gelder verschleudern würden; der Gouverneur hat es ja in der Hand, das zu verhüten. Wenn man ihnen Zügellosigkeit vor- wirft, so hat doch das neueste Vorgehen der Deutschen Kolonial- gesellschaft gezeigt, daß sie nicht besser ist, und darf der Reichstag ibnen einen Vorwurf machen, nachdem . vorgestern hier soviel Radau gemacht worden ist ?

Staatssekretär des Reichskolonialamts Dernburg:

Meine Herren! Eingangs möchte ih betonen, daßYes mir wahr, \{heinlich nicht möglih sein wird, auf alle heute an mich gerichteten Fragen einzugehen, da sie zum Teil eine so ausführliche Beantwortung erfordern, daß ich vielleiht erst morgen oder übermorgen darauf zurückommen kann. Es ist ja von dem hohen Hause beschlossen, eine Generaldiskussion über die Kolonien abzuhalten, und es hat fich da ein wahres Panaschee von Fragen herausgestellt. Jh möchte zunächst einmal auf die Fragen eingehen, die sih auf Südwestafrika beziehen, und die sowohl der erste Herr Vorredner wie Herr Dr. Arning an- geschnitten haben.

Mit Wärme hat Herr Dr. Arning ih der Südwestafrikaner angenommen und diejenigen Dinge verteidigt, die dies hohe Haus nicht gebilligt hat, und er hat mih angerufen, um von mir zu hören, daß ih eine gleiche Empfindung habe. Ich habe niemals einen Zweifel darüber gelassen weder hier noch draußen, daß ih

wird. Die Differenzen in Neuguinea sollte man hier nicht immer

diese Empfindung teile, aber es ist etwas anderes mit dem Sentiment, mit dem persönlichen Gefühl und mit der harten Welt der - Tatsachen, und wenn man auch manchmal aus - seiner eigenen Empfindung heraus mancherlei gewähren möchte, weil man

glaubt, es. macht anderen Leuten Freude oder fördert sie, so muß der

Staatsmann doch dafür sorgen, daß sich daraus.niht Konsequenzen ergeben, die nachher sehr {wer wieder zu redressieren sind, und in Südwests afrika können wir doch niht umhin, uns den gegenwärtigen Zustand dieses Landes und seiner Bevölkerung zu vergegenwärtigen, um als ernsthafte und verantwortungsvolle Männer uns darüber klar zu werden, wie weit man in der Ausgestaltung der Ginrichtungen dieses Landes gehen kann. Ich muß doch da auf die Zahlen noh- einmal zurückommen, die ih in der Budgetkommission genannt habe. Ich sage von vornherein: es liegt darin keinerlei Vorwurf gegen irgend jemand, sondern es ist eine nackte Darstellung des Tatsächlichen, wie sie sih aus der Denkschrift ergibt, die der Gouverneur, der gewiß für seine Leute eingetreten ist, wofür ih ihn ‘lobe und ihm dankbar bin, hierher gesandt hat. Ich wiederhole also die Ziffern. Im ¿ganzen haben wir 6064 Deutsche in diesem ganzen Schußgebiet, und zwar höchstens 3- bis 3500 erwahsene Männer. In dem Lande sind über ein Jahr 1108 erwachsene Deutshe ih habe das festgestellt —, foviel find aktiv wahlberehtigt, davon haben 868 gewählt. Es find weiter darin 2381 Soldaten und 838 Beamte und Missionare. 700 sind Polizifien und die übrigen Bamte. 2508, also ‘ein gutes Drittel der Bevölkerung, find Landfremde, hauptsählich Kolonial- engländer, und 4284 sind Mischlinge, zu einem guten Teile Nehoboths, zu einem Teile aber auch Mischlinge, die deutsches, germanisches Blut in fich haben.

Nun, meine Herren, das ist keine Gesellschaft, wie sie ein großes Land als dauernde Bevölkerung haben kann. Das ganze ist noch nit so zusammengewachsen, daß sich eine wirklihe staat- lie Einheit entwickeln fkünn, und deshalb müssen wir mit der Selbstverwaltung sehr langsam und vorsichtig vorgehen. Schon deshalb, weil wir ja nur den 1100 Deutschen das Wahlrecht gegeben haben. Die Landfremden haben gar keine Rechte. Ebenso wenig haben, was ih auch gar nicht zu ändern beabsichtige, die Halb- weißen irgend welche Nechte. Es gibt also hier eine Oberschicht, die ihrerseits den Beruf zum Negieren noch niht erbracht hat, und die nunmehr mit ihren Entscheidungen nicht nur sich selbst sondern eine ganze Menge von Unterschichten zu beeinflussen hätte. Dazu gehören auch noch ungefähr 60- bis 70 000 Eingeborene. Deshalb, meine Herren, können wir nicht leichtsinnig vorgehen, und unser gutes Herz wird uns da nicht verhindern dürfen, vernünftige Einrichtungen ¡u treffen.

Seinerzeit habe ich die Verhältnisse in Südafrika ja selbst an- gesehen und habe Ihnen hier in diesem hohen Hause an einem Abend einen Vortrag gehalten über die Eindrücke, die ih mitgebracht habe. Ih habe Ihnen damals erzählt, wie unsicher au der Besi in diesem Lande noch ist nicht in dem Sinne, daß die Nechtssicherheit fehlt, sondern wie s{chwankend die kommerziellen und materiellen Grundlagen der dort angesiedelten Personen sind.

Fch habe Ihnen damals mitgeteilt, wie viele Prozesse in Ver- mögenssachen usw. geführt werden, und ich hatte nunmehr die Hoff- nung, daß ich in diesem Jahre, wo eine neue Statistik vorliegt, hnen mögliherweise etwas Besseres sagen könnte. Diese Hoffnung hat fsich aber nicht erfüllt. Bei den Bezirksgerichten ist die Zahl der Prozesse in Mahn- und Arrestsahen von 14000 auf 19 000 ge- stiegen. Dieser Gerichtsbarkeit unterliegen nur die Weißen. Im Obergericht waren insgesamt 300 Berufungen in Zivil- und Straf- sachen, 69 Beschwerden und 2199 Verwaltungsfachen anhängig, also {on 2600 Sachen allein in der Berufungsinstanz. Es sind das unge- fähr 21 mal so viel Prozesse im Schugßgebiet wie in Deutschland. Das bedeutet, daß eine große Anzahl von Existenzen heute noch auf einer sehr {chwankenden und hwachen Grundlage aufgebaut sind.

Wenn ih auch der Luft, die da draußen weht, Rechnung tragen will, fo kann ih doch nicht umhin, sehr zu beklagen, daß auch die Kriminalität in Südwestafrika noch eine schr viel höhere ist als in der Heimat. Wir haben ungefähr 3,9 mal so viel Kriminalität wie hier, also beinahe viermal so viel. Daß das mit dem sehr starken Alkohbolkonsum auch in Zusammenhang steht, ist gar kein Zweifel. Diese wenigen Personen konsumieren für 2740 000 4 Bier, abgesehen von dem, was im Lande erzeugt wird.

Da, meine Herren, muß man si die Frage vorlegen : in welcher Weise kann die Befriedigung dieser Personen in bezug;auf ihre Wünsche erfolgen? Ich habe mih am 21. August 1908 an dem Abend, als ih in Swakopmund unter der Bürgerschaft gesessen habe, am Tage vor meiner Nückreise nah Europa, in einer programmatishen Rede darüber ausgesprochen, wie ich mir die Angelegenheit denke. Ich will es hier verlesen, niht weil es vielleiht für den hohen Neichstag von ganz besonderem Interesse ist, sondern weil ih annehme, daß meine Worte auch eine gewisse Resonanz nah dem Schutzgebiet hinaus haben werden, und weil ich von dort immer zu hören gewohnt bin, man habe dort früher etwas anderes versprochen. :

Mas ich gesagt habe, ist ungefähr das Folgende. Es ist stenographiert worden, und ih stehe für die Richtigkeit ein :

Meine Herren, selbständige deutshe Bürger sollen und wollen dieses Land bewohnen, und ih sage Ihnen, daß mir nichts größere Freude gemacht hat als jener Geist, der aus Ihnen selbst ge- \prohen hat: Wir wollen an dem Schicksal unseres Landes größeren Anteil haben und größere Verantwortung übernehmen. Als ich am 27. November 1906 zum ersten Male vor den Deutschen Neichstag getreten bin, habe ih eine größere Selbständigkeit der Kolonien als das Ziel hingestellt. Daß wir uns jeßt hier nicht über fleinlihe Fragen auseinanderzuscßen haben, sondern in großen und politishen Fragen, in Fragen der Selbstverwaltung, in Fragen des Einflusses, den Sie auf Ihre Gemeinwesen nehmen wollen, be- raten können, das hat mir große Freude gemaht. Selbstverwaltung allerdings im weitesten Sinne ist Selbsterhaltung, und Ihr Herr Vorsitzender hat in freimütiger und liebenswürdiger Weise gesagt: an Selbsterhaltung können wir zunächst noch nicht denken, dazu sind wir noch zu jung und die Probleme noch zu zahlrei. Nichts- destoweniger sage ih Ihnen, Sie können in vielen Dingen die Ge- {ide felbst in die Hand nehmen; Ihr Gouvernementsrat hat ih für eine Selbstverwaltung in den Gemeinden und in den Bezirken und er hat \sich für einen Landesrat ausgesprochen, und ich hoffe, die wenigen Bedenken noch beseitigen zu können, die fich dem in formaler Beziehung entgegenstellen, aber es ist damit nicht genug.

Und damit komme ih auf eine Seite der Sache, die ih für ganz besonders wichtig halte. Hier unter ‘Kaufleuten

in Swakopmund wiederhole ih, daß Sie sih zu einer Handelskammer zusammen- ließen müssen, welche die Usancen für das Wirtschaftsleben fest- setzt, die Bedingungen der Auss@reibungen des Gouvernements zum Gegenstand ihrer Prüfung macht, die preisbildend und preis- regulierend wirkt, die zu hören ist über die Fragen des Schiff- verkehrs, über die Frage der Betonung und Sicherheit der Küste, kurz über alle Fragen des kaufmännishen Berufs und Interesses, und ich habe in Windhuk, wo ich im wesentlichen mit Farmern gesprochen habe, gesagt: Wir müssen Landwirtschaftskammern er- richten, eine für den Norden und eine für den Süden, in denen die Landwirte verantwortlich sind dafür, daß im Lande das richtige Zucht:naterial verwendet wird, die führend und auffklärend sind für eine rihtige Gewinnung und für einen zweckentsprehenden Absaß der Produkte, die eine Instanz bilden für alle Fragen der Agrarpolitik, die verantwortlißh vor allem auch find für veterinärpolizeilihe Maßnahmen ‘an den Grenzen, denn fie geht es an, wenn {chlechtes und krankes Vieh importiert wird. Ebenso wird man noch weitere Selbstverwaltungskörper schaffen fönnen und hafen müßsen, niht nur um Ihrem Tätigkeitsdrange ein weites Feld zu schaffen, sondern auch um Ihre Verant- wortung derjenigen gleichzustellen, die Sie in der Heimat haben; dazu rechne ih beispielsweise die Fragen der freiwilligen und zwangsweisen Feuersozietäten, dazu rechne ih ein anderes großes und weites Gebiet der Selbstverwaltung und Selbsthilfe, die Schule. Wem die Schule - anvertraut wird, dem wird das Palladium des Deutschtums anvertraut, der wird zum Hüter gemacht deutscher Sitte und deutsher Sprache, und Ste müssen es als großes Ver- trauen ansehen, wenn wir Ihnen bei der Lösung dieser wichtigen Frage einen hervorragenden Anteil geben. Alle diese Dinge bringen natürlich auch Lasten mit sich. Das Reich ist ih; wohl bewußt, daß diese Lasten shwer sein werden, deshalb will ih dafür sorgen, daß, die Genehmigung des Reichstags vorausgeseßt, eine Kreditanstalt entsteht, die den Gemeinden die nötigen Mittel zu produktiven Anlagen und den Genossenschaften für ihre wirtschaft- lichen Bestrebungen Hilfsquellen erschließt. Sie sehen also, daß das, was wir unsererseits unter Selbstverwaltung verstehen, weit über das hinausgeht, was Sie von uns verlangen, aber wir geben es gern und freudig, weil wir fühlen, daß hier in diesem Lande nit nur die materiellen Gesichtspunkte den Ausschlag geben dürfen, sondern daß zur Erhaltung unserer deutschen Kultur auch die ideellen Gesichtspunkte gepflegt werden müssen.

Meine Herren, das ist der Gesichtspunkt, von dem aus ih die Selbstverwaltung in Südwestafrika angesehen habe und von dem ich sie heute noch ansehe. Jch sehe sie nicht darin, daß dort ein kleines Lofalparlament entsteht, welhes versucht, seinerseits durch seine Beschlüsse auf die Beamten der Verwaltung, auf den Gouverneur, auf das Reichskolonialamt, auf die Budgetkommission, auf den Reichstag, auf den Reichskanzler, auf den Bundesrat Einfluß zu bekommen, sondern in der Entstehung einer Vertretung der Inter- essenten; die ihre Interessen in: fahgemäßer Weise im wesentlichen unter sich regeln und auf diese’ Weise zu praktisher Arbeit heran- kommen.

Das kann natürlich niht das Ganze sein. Zweifellos müssen gewisse Dinge, die auch mit den finanziellen Leistungen und mit ihrer Stellung zum Deutschen Reich zusammenhängen, auch dur die Selbst, verwaltungskörper entschieden werden. Und da sagt denn die Verordnung, die bereits am 9. Februar 1909 veröffentliht worden ist hier im Kolonialblatt, daß dem Landesrat vorzulegen sind: erstens die von dem Gouvernement aufzustellenden Etats, und das gibt dem Landesrat genug Gelegenheit, alle Angelegenheiten dort zu besprechen, wie die Vorlegung des Etats hier im Deutschen Reichstag, dazu die Veranlassung, die gegebene und ge- wollte geseglihe Veranlassung ist; fernerhin alle diejenigen Ver- ordnungen, die der Gouverneur über Lokalangelegenheiten hinaus erläßt. Diese beiden Sachen sollen vorgelegt werden. Das ift obligatorisch, und das wünsche ih beizubehalten.

Drittens kann man den Landesrat noch über andere Sachen fragen. Zweifello8; wir wollen es tun, wir wollen es z. B. tun in der Frage der Trace, vielleiht in der Frage der Tarife. Ih habe au gestern bereits hinaustelegraphiert, daß nun- mehr das Geseßz, welches die Resolution, die von . der Mitte des Hauses eingebraht worden ist, verlangt, daß dieses Geseß draußen aufgestellt und vom Landesrat beraten werde, über die Steuerquellen, aber ih habe selbstverständlih mir und meiner Verwaltung die Genehmigung dieses Geseßes ausdrücklich vorbehalten, hon aus dem Grunde, weil die Neigung \elbstverständlih bestehen muß, au bei solhen Steuerquellen möglichst diejenigen zu finden, die die anderen drücken.

Fn dieser Weise, meine Herren, können wir mit dem Landesrat fahren, und wir werden um so besser fahren, je mehr die gegenseitigen Kompetenzen respektiert werden. Und da ist etwas, was in Südwest- afrika nit richtig verstanden wird ich habe es neulich hier im Plenum \chon ausgesprochen —, nämlich die Kompetenzen, wie sie durch die Reichsverfassung, durch das Schußzgebietsgeseß, durh die Etats3gesetze verteilt werden und wie sie, ehe eine andere geseßliche Negelung nicht erfolgt, niht anders verteilt werden können. Ich habe auseinandergeseßt, daß der Herr Reichskanzler, als dessen Stellvertreter auf Grund Stellvertretungsgeseßes ih die Kolonialsahen bearbeite, verantwortli*z ist diesem hohen Hause für die Verwendung der etatsmäßig bewilligten Mittel, daß das Reichskolonialamt unter allen Umständen für alles einzustehen hat und über alles Auskunft zu geben hat, was in den Kolonien passiert, und daß infolgedessen die Exekutive und die Direktive für die Beamten draußen vom Reichskolonialamt kommt, und wie das Reichskolonialamt draußen für jeden Beamten verantwortlih ist, so hat jeder Beamte draußen das zu tun und die Politik zu verfolgen, die ihm vom Reichs- kolonialmt vorgeschrieben wird. Anderenfalls kann eine verantwort- lie Regierung Ihnen gegenüber niht auftreten und Jhnen nicht Auskünfte geben, und das müssen die Leute da draußen verstehen, und das verstehen sie ungern. Darum hören wir immer - wieder: ja, du bast den Gouverneur nicht gefragt, ja, du bist über die lokalen Jn- tanzen hinweggegangen ! und dazu muß ih folgendes sagen:

Es ist durchaus selbstverständlich: es wäre eine Torheit, wenn die Zentralinstanz sih den guten Rat, die Sachkenntnis und die Orts-