1910 / 42 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 18 Feb 1910 18:00:01 GMT) scan diff

Königliche Friedrih Wilhelms-Universität. VetanntmachumÁng.

Das Verzeichnis der Vorlesungen an der hiesigen Universität für das am 16. April d, J. beginnende Sommersemester 1910 ist von heute ab bei dem Oberpedell im Universitätsgebäude für 50 Z zu haben.

Berlin, den 17. Februar 1910.

Der Rektor: E. Shmidt.

Daa ord nta für die am Donnerstag, den 3. März 1910, Vormittags 113 Ubr, im stadt}eitigen Bahnhofsgebäude zu Magde- burg stattfindende 10. außerordentliche Sißung des Be- zirkseisenbahnrats für den Dire ktionsbezirk Magdeburg.

ODringliche Vorlage der Königlichen Eisenbahndirektion, betreffend Aufnahme von Koksbriketts in den Ausnahmetarif 2 (Nohstofftarif) und in die befonderen Kohlenausnahmetarife. :

Der Bezirkseisenbahnrat wird um gutachtliche Aeußerung über folgende Frage ersuht: Ist ein Bedürfnis anzuerkennen, Koksbriketts in den Ausnahmetarif 2 (Nohstofftarif) und in die besonderen Kohlen- ausnahmetarife aufzunehmen ?

Magdeburg, den 17. Februar 1910.

Königliche Eisenbahndirektion. Sommer.

Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 3 der Preußischen Geseßsammlung enthält unter

Nr. 11013 die Verordnung, betreffend die Abgrenzung der Amtsgerichtsbezirke Düsseldorf, Düsseldorf - Gerresheim, Neuß und Ratingen, vom 7. Februar 1910.

Berlin W., den 17. Februar 1910.

Königliches Geseßsammlungsamt. Krüer.

DeranntmaPbun o

Nach Vorschrift des Gescßes vom 10. April 1872 (Geseßfamml. S. 357) sind bekannt gemacht : j | | «

1) das am 8. Dezember 1909 Allerhöch# vollzogene Statut für die Wiesenmeliorationsgenossenschaft für den oberen Stepenißbah ‘in Massow im Kreise Naugard durch das Amtsblatt der Koniglichen Negterung zu Stettin Nr. 4 S. 23, ausgegeben am 28. SFanuar 1910;

2) das am 14. Dezember 1909 Allerhöchst vollzogene Statut für die Chewiesenbêwässerungsgenossens{haft in Lammersfehn im Kreise Leer dur das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Aurich Nr. 2 S. 13, ausgegeben am 14. Januar 1910; \

3) das am 22. Dezember 1909 Allerhöchit vollzogene Statut für die Namslauer Weideregulierungëgenossen\chaft in Namslau im Kreise Namslau durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Breslau Nr. 4 S. 29, ausgegeben am 22. Januar 1910 :

4) das am 27. Dezember 1909 Allerhöchst vollzogene Statut für die Drainagegenossenschaft Guttawutschen in Guttawutshen im Kreise Insterburg Land dur das Amtsblatt der Königlichen Negierung zu Gumbinnen Nr. 4 S. 39, ausgegeben am 26. Fanuar 1910;

9) der Allerhöchste Erlaß vom 3. Januar 1910, eno die Verleihung des Enteignungsrechts an die Stadtgemeinde Bäemen für die Anlage einer Kleinbahn vom Staatsbahnhofe Barmen-Wh über den städtishen Schlahthof nah dem Stadtteile Haßfeld, durch das Amtsblatt der Königlichen Negierung zu Düsseldorf Nr. 4 S. 21, ausgegeben am 29. Januar 1910.

Nichkamlkliches. Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 18. Februar. Seine Majestät der Kaiser und König nahmen

gestern nahmittag im hiesigen Königlichen Schlosse den Vortrag des Reichskanzlers Dr. von Bethmann Hollweg entgegen.

Jn der am 17. d. M. unter dem Vorsiß des Staats- ministers, Staatssekretärs des Jnnern Delbrück abgehaltenen Plenarsißung des Bundesrats wurde der Vorlage, be- treffend die Verlängerung des deutsh-\{wedis{chen Handels vertrags, und dem Internationalen Abkommen über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen die Zustimmung erteilt. Angenommen wurden ferner der Entwurf einer Ergänzung des Besoldungsgeseßzes und die Vorlagen, betreffend die Prägung von 40 Millionen in Dreimark- und Einmarkstücken und von 5 Millionen in Zehnpfennigstücken. Mit der Vorlage, betreffend Aenderung der Zuckersteuer-Ausführungsbestimmungen, und der Vorlage, be- treffend die Umlaufsfähigkeit der neuen Stücke der russischen ersten Staatsprämienanleihe von 1864, erklärte die Ver- sammlung fih einverstanden. Schließlih wurde über die Be- seßung einer Reichsgerichtsratsstelle, über die Beseßung einer Mitgliedstelle beim Reichsbankdirektoriuum und über Ver- schiedene Eingaben in Zoll- und Steuersachen Beschluß gefaßt.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Handel und Verkehr, für Justizwesen, für das Seewesen und für Rechnungswesen hielten heute eine Sißung.

Anlage C zur Eisenbahnverkehrs ordnung.

Auf Grund der Schlußbestimmung in der Anlage C zur isenbahnverkehrsordnung hat das Neichseisenbahnamt unterm d. M. einige Ergänzungen und Aenderungen der Nummern a und 1b verfügt. l à, In den Eingangsbestimmungen A. 1. Gruppe a (Ammoniak- salpetersprengstoffe) ist nahgetragen „Dominit X11". l b. Im Abschnitt C find die Vorschriften der Absätße (3) und (6) über die den Frachtbriefen beizugebenden Erklärungen, betreffend die Beschaffenheit und Verpackung von „nihtsprengkräftigen Zündungen (Ziffer 3)" und von „Patronen für Handfeuerwaffen (Ziffer ‘6), wesentlich vereinfaht. Das Nähere geht aus der Bekanntmachung in Nr. 6 des Reichsgeseßblattes vom 12. d. M. hervor.

E Cs [

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Corm-oran“ Ende Januar in Apia eingetroffen:

S. M. S. „Tiger“ ist gestern von Hankau abgegangen.

S. M. S. „Luchs8“ ist vorgestern in Makassar (Celebes) eingetroffen und geht heute von dort wieder in See.

Sachsen.

Die Zweite Kammer verhandelte gestern über drei An-

träge der Freisinnigen, Nationalliberalen und Sozialdemokraten auf g er E bzw. Aufhebung der Ersten Kammer.

Nachdem die drei Anträge begründet worden waren, erklärte der Staatsminister Graf Vitythum von Eckstädt laut Bericht des „W. T. B.“, die Negierung hätte im Jahre 1905 den Entwurf eines Geseßes vorgelegt, das die Reform der Ersten Kammer be- ¿weckt hätte. Mit diesem Entwurf, in dem sie 6 neue Mitglieder aus Handel, Industrie und Gewerbe vorge- lagen hütte, hätte die Negierung das Aeußerste bezeichnet, was an einer Reform der Ersten Kammer zulässig wäre. Da dieser Geseßentwurf von der Zweiten Kammer 1905 abgelehnt worden wäre, wäre das Geseßz gescheitert. Ueber das Maß dieses Entwurfes könnte die Negierung nicht hinausgehen. Sie müßte deshalb die vor- liegenden Anträge blen zumal die Anträge außerordentlich unbestimmt gefaßt wären. Die Regierung müßte zudem abwarten, welche Stellung die Erste Kammer einnehmen würde.

Die Kammer verwies darauf die Anträge an die Geseßz- gebungsdeputation.

Sesterreih-Ungarn. Ti,

Der Kaiser Franz Joseph hat, „W. T. B.“ zufolge, die Verfassungsgesezentwürfe für Bosnien und die Herze- gowina genehmigt, und zwar das Landesstatut, die Wahl- ordnung, die Geschäftsordnung des Landtages, das Vereins-

und Versammlungsgesey und das Geseß über die Bezirksräte.

Großbritannien und JFrlaud. Der Ministerpräsident Asquith hat, wie das L D B meldet, gestern dem König einen Besuch abgestattet, um ihm über das Ergebnis seiner Beratungen mit den Mitgliedern des neuen Kabinetts zu berichten. Hierauf fand ein Ministerrat statt. Frankreich.

Der Ministerrat hat gestern, „W. T. B.“ zufolge, dem (Geseßentwurf, betr. die Bewilligung von Krediten zugunsten der durch die Ueberschwemmung geschädigten Kaufleute, Jndustriellen und Grundbesißer, zugestimmt. :

Die Deputiertenkammer beriet in der gestrigen Sizung das Budget für die Kolonialarmee.

Der Berichterstatter Mefsimy (Sozialistisch Nadikaler) wies nach dem Bericht des „W. T. B." auf die Nachteile der in der Sahara befolgten Politik hin. Man solle fruchtbare Punkte und nicht wüste Ländereien in Besitz nehmen. Zu der Vernichtung der Kolonne Fiegens{huh im Wadailand äußerte Messimy, daß es dem Hauptmann verboten war, dieses Gebiet zu beseßen, und er durch fein Vorgehen gegen seine Instruktion gehandelt habe. Die Crpedition sei zwar helbeñähaft gewefem, aber praktis wertlos. Messimy wies dann auf däs Beispiel” der Engländer hin, die nur folhe Gegenden zu erobern ftrebten, die ertragreih wären. Der Abg. Etienne

(Republikaner) rechtfertigte derartige Züge nach dem äußersten Süden mit * der Notwendigkeit, die Sicherheit Algiers zu \{Güßen, und forderte die Kammer auf, den Verteidigern Senegals und Algiers ihre Anerkennung zu zollen. Sie bätten be- wiesen, daß Frankreih innerhalb der leßten 25 Jahre nichts von seiner kriegerishen Tüchtigkeit eingebüßt habe. (Beifall auf allen Seiten des Hauses, an dem {ich auch Messimy beteiligt.) Der Folonialminister Trouillot bemerkte, Etienne und Messimy stimmten überein in dem Grundsaß, zwar nicht unnötigerweise Vorstöße zu unternehmen, aber doch au nit zurückzuweichen. Eben diese Politik verfolge auch er mit der Forderung der Kredite für die Sicherheit des Landes, in dessen Jnneres man nicht weiter vorrücken werde, als bis nach Abecher.

Die Kammer nahm alsdann die einfache Tagesordnung an und vertagte sich.

Griechenland. I C

Bei dem gestrigen Empfang machten, wie das B. D B.L meldet, die Gesandten der Kretaschußmächte dem Minister des Aeußern offiziell davon Mitteilung, daß die Note der Schußmächte dem kretischen Exekutivkomitee überreicht worden ist.

Die Deputirtenkammer hat den ehemaligen Minister und Kammerpräsidenten, General Tsamados mit 109 von 112 abgegebenen Stimmen zum Präsidenten gewählt. Tsamados betonte in seinen Dankesworten die Bedeutung der außerordent lichen Session, die berufen sei, das Reformwerk fortzuseßen, wozu die Mitarbeit aller erforderlich sei.

Serbien.

Die Skupschtina hat, „W. T. B.“ zufolge, in der gestrigen Sizung einen Geseßentwurf, betreffend einen außer ordentlichen Kredit von 300 000 Francs für vertrauliche Zwecke des Ministeriums des Auswärtigen, einstimmig angenommen.

Bulgarien.

Die Regierung hat in der Sobranje einen Geseßentwurf eingebracht, durch den zur Erinnerun q an die Unah: hängigkeitserflärung Bulgariens der neue Or den der Heiligen Cyrillus und Methodius gestiftet wird. Dieser Orden wird, „W. T. B.“ zufolge, unter den bulgarischen Orden den ersten Rang einnehmen, eine einzige Nitterklasse be- sipen und fremden cristlihen Souveränen und Prinzen, bulgarischen und ausländischen Staatsmännern, die Bulgarien große Dienste erwiesen haben, sowie Bulgaren und Ausländern, die um die Menschheit sich verdient gemacht haben, verliehen werden. Die Zahl der Ritter soll fünzehn betragen.

Amerika.

Der argentinishe Minister des Jnnern Avellaneda ist, einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge, zurückgetreten.

Afriïla.

Nach einer Meldung des Reutershen Bureaus haben 2500 im Solde des Mullah stehende Reiter den Stamm der Midiertins im Somaliland angegriffen, eine Stadt zerstört, viele Leute getötet und 14000 Kameele ge- raubt. Die Reiter des Mullah verloren vierzig Mann und neunzig Pferde.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die gestrige Sizung des Reichs- tags befindet sich in der Ersten Beilage.

Jn der heutigen (39.) Sigung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Innern Delbrü beiwohnte, fand zunächst die gestern beantragte namentliche Abstimmung über den Toleranzantrag des Zentrums und die dazu von den Sozialdemokraten beantragten Zusäge statt. »

Der Antrag Albrecht wurde mit 233 gegen 89 Stimmen und der Antrag des Zentrums mit 160 gegen 150 Stimmen bei 8 Stimmenthaltungen abgelehnt.

Auf der Tagesordnung stand sodann die Jnterpellation der Abgg. Albrecht und Genossen:

Was hat den Herrn Neichskanzler veranlaßt, in der Sitzung des Preußischen Abgeordnetenhauses vom 10. Februar d. F. Aus- führungen zu machen, welhe das in der Verfassung des Neiches und mehrerer Bundesstaaten gewährleistete allgemeine, gleiche, geheime Wahlrecht herabzuseßen und zu bedrohen geeignet find?

Auf die Anfrage des Vizepräsidenten Dr. Spahn er widerte der

Staatsfekretär des Jnnern Delbrücck: Der Herr Reichs- kanzler ist bereit, die Jnterpellation morgen zu beantworten.

Vizepräsident Dr. Spahn: Ich werde die Interpellation morgen als ersten Gegenstand auf die Tagesordnung setzen.

(Schluß des Blattes.)

_ Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (23.) Sißung, welher der Justizminister Dr. Beseler bei- wohnte, die zweite Beratung des Etats der Justizver waltung im Kapitel der dauernden Ausgaben „Land- und Amtsgerichte“ fort.

Bei den Ausgaben für Gerichtsvollzieher bespricht

Abg. Goebel (Zentr.) die Aenderung in den Funktionen der Gerichtsvollzieher infolge des Inkrafttretens der Novelle zur Zivil- prozeßordnung am 1. April 1910 und weist darauf hin, daß über die ungleihmäßige Behandlung der Gerichtévollzieher erster und zweiter Klasse hinsichtlich ihres Gehalts Klage geführt werde. Es sei zu be- grüßen, daß die Stellen zweiter Klasse allmählich eingezogen werden ollen; im Etat seien {on 95 Stellen in Wegfall gekommen.

Abg. Freiherr von Maltzahn (kons.) bedauert, daß dur den Fortfall dieser Beamtenstellen viele kleinere Kommunalwesen empfind- lich geschädigt würden.

Geheimer Oberjustizrat Geissler: Nach Lage der Verhältnisse erscheint es als angängig, die Gerichtsvollzieherbezirke von 270 Amts- vezirken mit benachbarten Amtsbezirken zu vereinigen. Da vom 1. April 1910 ab die Zustellungen im Verfahren vor den Amts gerihten und bei der Einlegung von Nechtsmitteln regelmäßig von Amts wegen erfolgen werden, kommt ein großer Teil des Geschäfts- kreises der Gerichtsvollzieher in Wegfall: ihre Tätigkeit wird sich künftig vorzugsweise auf Vollstreckungen beschränken und bei kleinen Amtsgerichten so gering werden, daß die volle Tätigkeit eines Beamten dazu nicht mehr erforderli ist. Deshalb ist beabsichtigt, die Gerichts vollzieher zweiter Klasse allmählich in Wegfall zu bringen.

Bei den Ausgaben für die Gefä ngnisbeamten, Gerichts diener usw. verwendet sich

Abg. Dr. Nunze- (fr. Volksp.) für die Besserstellung der Maschinenmeister an den größeren Gefängnissen, die jeßt den Werkmeistern, Küchenmeistern, Hausvätern, Wasch- und Bademeistern gleihgestellt seien, während sie eine längere Ausbildungs- zeit durchmachen müßten und einen sehr verantwortungsvollen Posten bekleideten. Im Moabiter Untersuhungsgefängnis fönnten die Funktionen der für die Heizung und Beleuchtung angestellten Per fönlichkeiten anders verteilt werden, es wiirde fih damit auch eine Ersparnis verbinden lasen.

Abg. Dr. Liebknecht (Soz.) vlädiert für größere Berücksichti- gung der Gerichtsdiener in Krankheitsfällen und bet der Verteilung von Weihnachtsgratifikationen.

Geheimer Oberjustizrat Fritze: Die Gehaltsverhältnisse der Maschinenmeis*er sind im vorigen Jahre von der Budgetkommission eingehend geprüft worden. Der neue Etat bringt wiéder 60 neue etatsmäßige Stellen für Gerichtsdiener. Daß der Abg. Liebknecht die Wiederherstellung der früheren Weihnachtsgratifikationen wünscht, nimmt mi wunder, da doch sonst von jener Seite folche diskretionären Fonds immer beanstandet werden. Auch die Gerichtsdiener sind in ihren Bezügen aufgebessert worden, und damit haben diese Grati- fikationen eine Einschränkung erfahren.

Bei den Ausgaben für Hilfsarbeiter und Stell- vertreter in allen Dienstzweigen befürwortet

Abg. Bartscher (Zentr.) eine anderweite Normierung der Diätensäße für die Gerichtsaktuare. Die Bureaudiätare bet den an deren Staatsverwa tungen ständen ih besser als diejenigen bei den Gerichten, sowohl hinsichtlih der Anstellungs- wie bezüglih der Be- soldungsverhältnisse. Man solle die Sekretärstellen vermebren.

Geheimer Oberjustizrat Fritze: Jn ihrem Bestreben, den letzten Wünschen des Vorredners nachzukommen, wird die Justizverwaltung fortfahren. Hoffuung auf Aenderung der erst im vorigen Fahre nor mierten Diâtensäße kann ih ihm für jeßt niht machen. Die Justiz verwaltung scheidet zwischen ständigen und außerordentlichen Diätarent; die anderen allgemeinen Staatsverwaltungen kennen diese Unterscheidung nicht. Bezüglich der Berehnung des Diâtendienstalters stehen sich die Bureauhilfsarbeiter in der Justizverwaltung besser.

Abg. von Böhlendorff-Kölpin (kon\.) bittet den Minister, darauf hinzuwirken, daß die Geschäftsbedürfnisse aller Art für die Amtsgerichte an kleinen Plätzen nicht, wie bisher, von einer großen Firma außerhalb der Stadt bezogen werden follten, sondern an dem Plaße des Amtsgerichts. Der Minister habe im Jahre 1907 ja dankenswerterweise. einen Erlaß gegeben, dem aber noch immer nicht in vollem Maße Rechnung getragen werde. Die Geschäfts leute der kleinen Städte erlitten dadur) nicht nur materielle, sondern auch ideelle Schädigungen dadurch, daß in der Bevölkerung die Ansicht entstehe, sie könnten nicht ebenso gute Materialien liefern wie die großen Fîrmen. Auch für das Formularwesen fei eine tonzentrische Behandlung nicht notwendig. Nur ein ganz kleines Quantum von aufmerksamer Arbeit gehöre dazu, daß auch die Formulare von dem betreffenden Plaße geliefert werden könnten. Diese Maß- nahmen lägen auch im Interesse einer gesunden Mittelstandspolitik.

Geheimer Oberjustizrat Fritze weist darauf hin, daß der Minister im Februar 1907 Anweisungen an sämtlihe Oberlandes- gerichte gegeben habe, die Geschäftsbedürfnisse, soweit als irgend an- gángig, an dem Orte des Gerichts selbst zu decken. Was das «ormularwesen anlange, so werde man versuchen, den Wünschen Rechnung zu tragen.

(Schluß des Blattes.)

Statistik und Volkswirtschaft.

Witwen und Waisen in Bayern,

Die von Reichs wegen in Ausficht genommene Hinterbliebenen- versicherung gab Veranlassung, bei der Berufszählung im Jahre 1907 auch der Grmittlung der Witwen und Waisen besonderes Augen- mer? zuzuwenden. Nach den Zusammenstellungen des bayerischen Statistischen Landesamts waren damals in Bayern 259 222 Witwen und 117 301 Waifen (57 862 männliche und 59 439 weibliche Waisen).

Nach dem Beruf des verstorbenen Ehemanns bezw. Vaters gegliedert, gehören

zur Berufsabteilung S O Land- und Forstwirtschaft 39,8 34,3 Gewerbe und Industrie . . 37,0 46,1 Mandel Und Berlehr 180 13,5 O Dee, 109 G. Die Zahl der Witwen ist also bei der Landwirtschaft etwas größer als bei der- Industrie, die der Waisen dagegen erheblich geringer.

Bei den Witwen der Landwirtschaft handelt es sich überwiegend (79,2%/0) um Witwen von selbständigen Landwirten. Die Witwen der Landwirte sind fast zu gleicher Hälfte Witwen von selbständigen Betriebsleitern (49,1 09/6) und Witwen von Ünselbständigen (nämlich von Angestellten 4,6, von Arbeitern 46,3 9%). Die bei Handel und Verkehr vorkommenden Witwen sind zu 96,9 9/9 Witwen von Selb- ständigen, zu 9,6 %/0 von Angestellten, zu 3350/4 von Arbeitern. Achnlih verteilen \sih die Waisen nah Beruf und sozialer Stellung ihres verstorbenen Vaters; nur bei der Industrie verschiebt sih ent- sprechend der allgemein geringeren Selbständigenziffer der Anteil der Waisen von Selbständigen auf 37,79%, dagegen der Anteil der Waisen von Unselbständigen auf 62,3%, (4,9 0%/, von Angestellten, 57,4 9/0 von Arbeitern). ; ;

Was das Alter der Witwen anlangt, so waren 18,4%, noch nit 50 Jahre alt, 24,4% \tanden im Alter von 50-—60 Jahren, 31,9% im Alter von 60—70 Jahren, 29,3 9/6 im Alter von 70 und mehr Jahren. Speziell für die Witwen der Landwirtschaft stellt sich der Anteil der noch. nicht 50 Jahre alten Witwen auf 12/99, für die Witwen der Industrie auf 22,5 9/6 (und zwar für die Witwen der selbständigen Gewerbetreibenden auf 17,1%, für die der industriellen Arbeiter auf 27,5 9/0). Von den Waisen gehörten 71,0 %/9 dem Alter von 6—16 Jahren an (es waren nämlich 38,7 0/9 010 Jahre alt; 32,3 9/0 13—16 Jahre). 12,5 9/9 waren noh nit 6 Jahre alt, 16,5 2/6 hatten das 16. Jahr überschritten.

Ueber zwei Fünftel aller Witwen, nämlih 114388, üben einen Hauptberuf aus, davon 70 771 in der Landwirtschaft, 18 234 in der Industrie, 14 940 im Handel (einsließlih der. Gast- und Schank- wirtschaft). 3120 Witwen sind nur nebenberuflih tätig. Von den Waisen sind 45 388 (38,7 9% aller Waisen) erwerbstätig, davon 19 250 in der Landwirtschaft, 13 927 in der Industrie, 2528 im Handel, 1329 als häusliche Dienstboten. 7527 wurden in der Berufsabteilung „Ohne Beruf“ gezählt, es sind wohl größtenteils Schüler, die außer- halb ihrer Familie leben.

Zur Arbeiterbewegung.

Der Arbeitgeberbund der M belfabriken, Tapezierer- und Dekorationsfirmen in Halle a. S. hat, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, beschlossen, wegen. des Scheiterns der Tarifverhandlungen sämtliche Arbeiter auszusperren.

In Massachusetts sind, wie der „Frkf. Ztg.“ telegraphiert wird, dreißigtausend Tertilarbeiter in eine Lohnbewegung eingetreten. Sie verlangen Lohnerhöhung.

(Weitere „Statistishe Nachrichten“ \. i. d. Ersten Beilage.)

Kunst und Wissenschaft.

Die Königliche Akademie der Wissenschaften hielt am 10. Februar eine Gesamtsizung unter dem Borsitß ihres Sekretars Herrn Diels. Herr Martens las über Zustands änderungen der Metalle infolge von Sestigkeitsbeanspruchungen. Die Nachwirkungen bei der Belastung und Cntlastung der Probestäbe wurden vorgeführt.

Die Akademie genehmigte die Aufnahme einer von den Herren Conze und Dressel in der Sißung der philofophisch-historischen Klasse vom 13. Januar vorgelegten Abhandlung des wissenschaftlichen Beamten der Akademie Dr. von Fritze über die Münzen von Pergamon in den Anhang zu den Abhandlungen 1910. Die Arbeit ist im Zusammenhange mit der Herausgabe der , Altertümer von Pergamon“ entstanden und umfaßt, zugleih als Vorarbeit des betreffenden Abschnitts des akademischen Münzwerks, die vorkaiserlichen Münzen von Pergamon und die der Kaiserzeit, sodann eine Unter- suhung über _die Beamtennamen und über die Homonoîia-

münzen. Herr Branca legte cine Arbeit des Dr. Gothan vor: Untersuchung über die

Entstehung der Ligs- Steinkohlenflöze bei Fünfkirhen, Ungarn. Für die in Deutschland wenig verbreiteteten mesozoishen Kohlen war bezüglich ¡hrer Entstehung noch nichts bekannt; nun wird bier durh das Auf- finden der Wurzelböden in der Liaskohle von Fünffirhen der Beweis erbraht, daß auch diese Kohlen autochthon entstanden 1nd. Im Oft teile des Fünfkirhener Reviers, bei Vasas, finden sih häufig Gerölle von Kohle. Die Entstehungsweise dieser {wer zu verstehenden Dinge wird erklärt dur wirkliche Abrollung, aber zu einer Zeit, in der das Gestein noch nicht spröde Steinkohle, sondern noch Torf war. Beweisend für diese Auffassung cheint das Auffinden eben solher Koblegerölle in einem ober\chlesishen Kohlenflöze zu sein, in dem zugleih und ausnahmsweise auch Steingerölle sich finden.

Die Akademie hat dem korrespondierenden Mitglied der physikalish- nathematishen Klasse Gustav von Ts\chermak in Wien zum fünfzigjährigen Doktorjubiläum eine Adresse gewidmet.

Vorgelegt wurden Band 18 der Deutschen Texte des Mittel- alters, enthaltend Gundackers von Judenburg Christi Hort heraus gegeben von J. Jaks\che. Berlin 1910, von Planck sein Werk: Acht Vorlesungen über T heoretishe Physik gehalten an der Columbia University in The City of New York im Frühjahr 1909. Leipzig 1910, und der von dem fkorrespondierenden Mitglied Sir George Yoward Darwin eingesandte 3. Band seiner Scientific Papers. Cambridge 1910.

Die Akademie hat dur die philosophisch-histori\che Klasse für die von dem Kartell der deutschen Akademien in die Hand genommene Neuausgabe der Septuaginta als dritte Rate 2500 und Professor Dr. Friedrich S chultheß in Göttingen zur Druck- legung seines Werkes „Kalila und Dimna. Syrish und deuts“ ebenfalls 2500 Æ bewilligt.

__ Die Akademie hat das korrespondierende Mitglied der philo- [ophisch-historishen Klasse Benedictus Niese in Halle a. S. am L. Februar durch den Tod verloren.

Aus den Kun stsalons.

Die Februarausstellung bei Friß Gurlitt bringt unter dem Titel „Interieurs und Blumen“ eine recht beahtenswerte Zusammen- stellung von Stilleben verschiedener älterer und junger Künstler und Künstlerinnen. Wilhelm Trübners Frübstückstisch, eines der jeßt lo gesuhten Jugendwerke des Malers, ist ein feines, ganz im alt- holländischen Geshmack und Stil gemaltes Bild, das ebenso wie Lesser Urys Interieur aus dem alten Café Bauer die große Distanz ¡jeigt, die diese beiden Künstler in ihrer Entwicklung zurückgelegt haben. J. Sperls kleines Bauerninterieur ist ein gutes Stück Alt- Münchener Malerei. Corinths Schokoladentasse mit Kuchen ist birtuos gemalt und zeigt wiederum wie pikante Farben- wirkungen dieser Künstler erzielen kann, wenn ihm der Sinn danah steht. Max Slevogts Verständnis für zierliche Blumenstücke ist bekannt. Einen betanders liebevoll gemalten Strauß von Feldblumen schickte Fräulein H. Steinhausen, die Tochter des

uter Künstlers. Von den übrigen feien K. von K ardorff, . Mosson, J. Alberts und Curt Herrmann besonders er- wähnt. Alles Gebotene überragt ein Stilleben Gauguins, das zwar keinen ganz richtigen Begriff von seiner Kunst geben kann (das Schönste auf diesem Gebiet sind seine Blumensträuße), aber doch in Anordnung und überlegener diskreter Farbenwirkung ein Meisterwerk ist. Es ist shade, daß junge, starke Talente, wie H. Nauen oder Nichard Dreher, die jeßt bei Cafsirer mit Sammlungen ver- treten sind, in dieser Auswahl nicht vorgeführt wurden. Wer ihre Stilleben bei Casfirer sieht, wird von der Kraft ihrer Auffassung

überrascht sein. Der Dresdner Dreher hat hier seine im leßten Jahr in Italien gemalten Bilder ausgestellt. Die Verleihung des Villa Nomana-Preises vom Deutschen Künstlerbund hatte ihm diesen Aufenthalt ermöglicht, den er benugtte, die Farben des Südens zu studieren. Die seit alters her üblichen Italienfahrten der nordischen Künstler waren stets die stärkste Probe ihres Talents. Nur wenige kehren von dieser Feuertaufe gesund heim, und Auserwählten nur dient sie als Stärkung. Zu diesen gehört Dreher. Es ist ein wahres Labsal für unsere Augen, dieses von den Malern \o herunter- gehrahte Land von einem gemalt zu sehen, der auf billige Veduten- reize verzichtet, und mit den üblichen Zypressen, Ciociaren und Vino pastoso - Zerrassen gründlich aufräumt. Drehers „Forte dei Marine“ ift eine wahrhaft roß geschene Appeninlandschaft. und feine Marinen ers{öpfen alle ¿arbenreize der Adria, ohne sie zu versüßen. Prächtig sind ferner seine „Halbaktstudie“ und sein Still- leben mit Orangen, obwohl er gerade in diesem Genre {on besseres gemalt hat. Talente wie Dreher, der sih ganz aus \ich felbst heraus entwickelt hat und der nur feinem malerischen Instinkt folgt, sind selten und sollten gepflegt und zu größeren Aufgaben herangezogen werden. Ein Vielvers\prechender ist auch fein Gesinnungsgenosse Heinrich Nauen, dessen Blumenstilleben von geradezu berücender Pracht und Schönheit sind, der jedoch im Porträtfah und als Land- schafter ebenso Hervorragendes leistet. Marx Beckmann und Theo von Brockhusen sind zwei hon bekannte Schüßlinge Cassirers. Für das ersteren trübe Farben kann ih mi nicht erwärmen, ohne seine starke Individualität zu übersehen. Brockhusen malt ansprecendere Bilder, läuft aber vielleißt Gefahr, zu {nell mit \ich und seiner Kunst fertig zu werden. Die Pièce de résistance ist Ferdinand Hodlers „Heilige Stunde“, deren monumentale Wirkung in dieser Aufstellung jedenfalls viel stärker zur Geltung kommt als vor zwei Jahren auf der Dresdner Kunstausstellung.

Der Salon Schulte hat diesmal eine Geschäftsaus- stellung zusammengestellt, aus deren Nahmen höchstens die Samm- lung von süddeutschen Städteansihten und biedermeieren Frauenbildnissen von Walter Georgi herausfällt: Bilder oder rihtiger zu Bildern ausstaffierte farbige Illustrationen, die sehr shollentreu sein mögen, aber in Berlin wenig Anklang finden dürften. Die „Sport- und Iagdausstellung“ Yat mit Kunst, wie gewöhnlih, nichts zu tun. Die Jagd- und Wildmaler haben einen viel größeren Konflikt zu überwinden als alle übrigen Künstler. Ihr Publikum stammt aus ganz bestimmten jagdliebenden Kreisen und für die müssen die Rehe, Hasen und Hirsche in erster Linie weidgerecht und was man „naturtreu“ nennt, gemalt sein. Die Auf- fassung muß ferner weidmännisch interessant sein: Auf den bezeich- nenden, möglichst fachmännishen Titel des Bildes kommt es an. Dann erst darf von richtiger Kunst fo viel dazukommen, daß der weidmännishe Eindruck nicht gestört wird. Gegen diese Forderung des kaufenden Publikums läßt sich nichts machen, fie unterbindet jedo die Jagdmalerei durchaus niht. Daß diese heute überhaupt nit existiert, ist Schuld des mangelnden Könnens, bei wenigen nur des mangelnden Interesses. Ein Jan Fyt würde würde heute ebenso geshäßt und bezahlt werden wie im fiebzehnten Jahrhundert, ja er würde gefeiert werden und bald Millionär sein. Denn Jagdbilder sind stets gesucht, und erblickt man heute in irgend einer Ausstellung ein besseres Stück dieser Sorte, so ist es regel- mäßig mit dem Verkaufsvermerk versehen. Es ist beschämend, was für bescheidenene Jagdbilder heute in Ermangelung besserer gekauft werden. Die Malerei ist vielleicht auf keinem Gebiet mehr herabgekommen als auf diesem, wo es mit Stimmungsflunkerei niht getan ist, wo vor allem Bewegung gefordert wird. Selbst Talente wie Gauermann und Pausinger scheinen heute nicht mehr heranzuwachsen. Ein zweites einträglihes Gebiet der Malerei ist die Porträtmalerei, deren falonmäßigen Auswuchs Schulte diesmal eben- falls ausgiebig genug vorführt. Das über die Jagd Gesagte gilt hier nicht in vollem Maße. Es gäbe genug Bildnismaler, die Aehnlichkeit mit ges{chmackvoller künstlerischer Auffassung vereinen können, - die ih jedoh den Forderungen eigenwilliger Auftraggeber nicht anpassen wollen. Wenn daher auf diesem Gebiet Herren wie Paul Fvano- witsch, Caspar Nitter, H. Hellhof und JIofef Blitz (dessen Bildnissen man übrigens eine gewisse Qualität nicht abstreiten kann) die Lieblinge der Gesellschaft sind, \o liegt die Schuld dieses künstlerishen Tiefstandes auf beiden Seiten. Die Aristokratie hatte stets einen van Dyck nötig, aber ihre Prätentionen haben einen Anton Graff, einen Heinrich Füger oder einen Lenbach nit gehindert, auch Künstler zu sein. Solche Künstler scheinen jedoch heute zu fehlen. Zum Schluß sei noch Hans Bohrdt erwähnt, der Salonmarinemaler par excellence. Er ift mit einem ansehnlichen Stock von Sonnenuntergängen und ähnlichen Beleuchtungseffekten über dem Meere vertreten und erntet den reich- lichen Beifall des Publikums. Dr D:

Technik,

A. F. . In der 294. Versammlung des Berliner Vereins für Luft\chiffahrt wurden 48 neue Mitglieder, darunter eine Anzahl Damen, aufgenommen. Erster Punkt der Tagesordnung war der Be- riht des Vorsitzenden, Geheimrats Busley über die am 10. Januar in Paris gehaltene Sitzung des Vorstands der Fédération A éro- nautique Internationale. Die Verhandlungen dieser Ver- einigung hatten an erster und wichtigster Stelle die Vereinbarung über die im Laufe von 1910 bevoritebenden internationalen Wett- bewerbe bezw. deren Datierung zum Zweck. Nur solche „internationalen Flugwochen“ sollten gelten, bei denen an Prämien mindestens der Betrag von 200 000 Fr. ausgeseßt worden, über die Dauer von 10 Tagen follte sich keine dieser Veranstaltungen erstrecken. Nationale Flugwochen hingegen, die dur keine Zeitbestimmung zu beschränken seien und sogar auf Zeiten angeseßt werden dürften, in denen internationale Wettbewerbe stattfinden, dürften nur mit Prämien von höchstens 90 000 Fr. in Summa ausgerüstet werden. Als nun zu Meldungen aufgefordert wurde, stellte sih heraus, daß Frankrei 4 internationale Wettbewerbe (neben 10 nationalen) und von den vertretenen Nationen jede wenigstens 1, mehrere 2 internationale Flugwochen zugebilligt zu erhalten wünshten. Die Vereinbarung war unter solchen. Umständen schwierig, zumal sihch ergab, daß Nußland und Dänemark auf die Bedingung der Ausrüstung der Wettbewerbe mit Prämien gar nicht, Deutschland nur mit 50 000 Fr. vorbereitet waren. Es wurde zu- nächst auf die Prämien Konktingentierungs-Bedingung für diesmal ver- zichtet und dann folgende Verteilung der internationalen &Flugwochen über das ganze Jahr vorgenommen: H

fl Zialten: 10.26 Adril Na— 4 . Prämien 230 000 Deutschland : Erste Hälfte Mai Berlin . , L 50 000 Italien: 20.—30. Mai Verona ¡ 210 000 Ungarn: 5.—15. Juni Budapest Aa L 600 000 Nußland: 18.—24. Juni St. Petersburg - rankrei: 28. Juni 10. Juli Reims - England: 11.—16. Juli Brighton . .., oder ein Daß näher an London Frankrei: 14.—24. Juli Automobile Club de France Dae S E Belgien: 24. Juli—4. August Brüssel England: 6.—13. August (wie oben) as Dänemark: 15.—24. August Kopenhagen Frankreih: 25. August 4. September Dau C rankrei: 9.—18. September Bordeaux . Jtalien: 24. September—3. Oktober Mailand 250 000 Amerika: 18. Oktober—2. November St. Louis der beiden Gordon Bennett-Wettflüge von Ballons und Flugmaschinen.

In Deutschland werden im Juli und September zwei nationale Wettbewerbe in München, im Spätsommer einer in Berlin stattfinden. Im wetteren Verfolg der Tagesordnung wurde Aegypten als neues Land in die Föderation aufgenommen und die Beschwerde des Asëro- Club de France gegen die Schweizer Entscheidung über die Preise des leßten Gordon Bennett-Wettfluges bis zur nachsten Sißung der

200 000 200 000

200 000 200 000 200 000

240 000 200 000

#Föoderation zurückgestellt, die im Herbst in Bordeaux tagen wird. Auf? Anregung von Geheimrat Busley und des belgischen Delegierten Herrn Jacobs foll #. Z. das Frankenbergsche Vrientierungssystem als

für die Entwicklung der Luftschiffahrt fehr nüßlich der offiziellen

internationalen Konferenz dringend zur Annahme empfohlen werden,

die bekanntlih noch im Laufe des Jahres zusammentreten wird, um

über Fragen des Luftrechts und der internationalen Ordnung des

Luftschiffahrtswesens zu beschließen. Das Franfenbergshe System be=- steht in der Anbringung großer Zeichen, etwa Nummern, die künftig

bei Nacht vielleiht auch künstlich erleuchtet werden können, auf den

Dächern von Gasanstalten, Fabriken und anderen markanten Ge-

bäuden, um die Luftschiffer an der Hand eines von ihnen mitgeführten

Verzeichnisses nah Möglichkeit zu orientieren. Es steht zu hoffen, daß

das System, wenn auch mit kleinen Abänderungen, Annahme finden wird:

Die wichtige Frage der Einführung einer genauen JIdentifizierung des

Ballons fand die gleiche günstige Aufnahme bei der Versammlung ;

ihre Ordnung ist bei der beständig wachsenden Zahl der Luftfahrzeuge

faum länger zu verschieben. Sie soll in Bordeaux Erledigung finden.

Geheimrat Busley hat es übernommen, dort einen Entwurf vorzu-

legen, wie die Frage international zu regeln sein wird.

Es spra hierauf der Dr. Stade über die Erforschung der oberen Luftströmungen über den Meeren und seine aörologishe Studienreise nach Brasilien vom 25. No- vember 1909 bis 9. Januar 1910. Einleitend gab der Redner eine E Geschichte der Entwicklung der Meteorologie in den lebten 10 Jahren. Für diese Wissenschaft bedeutet der Jahrhundertwechsel den Anbruch einer neuen Epoche, in der der Schwerpunkt der Be- obahtungen in die hohen Luftschihten verlegt worden ist, deren Ver- hältnisse zu erforshen und über deren Strömungen und Temperaturen ständig unterrichtet zu bleiben, als Haupterfordernis erkannt worden ist. Es ist in diesen 10 Jahren unendlich viel in dieser Nichtung geleistet, es sind neue Methoden, neue Hilfsmittel ersonnen wordèn. Es \ei erinnert an die Anwendung des Drachens, des unbemannten Ballon-sonde, des in der Höhe in genau abgemessener Zeit plaßenden und als Fall- schirm die mitgeführten Instrumente sanft zur Erde tragenden Gummi- ballons, an die Verbesserung und Verfeinerung der verschiedenen Meß- instrumente. Es sei der Einrichtung der internationalen Ballonfahrten an bestimmt verabredeten Tagen gedaht sowie in den letzten Jahren der zahlreihen wichtigen, über dem Meere in allen Klimaten angestellten Beobachtungen, endlih der in den Tropen aus- geführten gleichartigen Beobachtungen. Auch die Expedition, an der in den leßten Monaten der Vortragende teilnahm, verfolgte den Zweck, an 4 möglichst weit voneinander entfernten Punkten derjenigen Zonen, in denen an der Erdoberfläche ein regel- mäßiger, auf der nördlichen Halbkugel von NO., auf der südlichen von SO. wehender Passatwind herrs{ht, Beobachtungen über diesen Wind anzustellen, namentlih die Höhe zu bestimmen, bis zu der er ich er- streckt, ehe er von dem oben wehenden Antipassat abgelö# wird. Der Passatwind der nördlichen Hemisphäre verdankt seine Entstehung be- kanntlich zwei Ursachen : einmal der lälteren Luftstrômung vom Norden zum Aequator und der umgekehrten Strömung der am Aequator auf- steigenden heißen und weniger dichten Luft nah Norden; zum anderen der Achsendrehung der Erde von West nah Ost. Die lettere ist die Ursache, daß die von Norden kommenden Luftströmungen, weil sie in threr Bewegung {südwärts auf fschnellere Notations- bewegung der Erde treffen, als sie selbst besißen, als Nordostwinde erscheinen. Umgekehrt eilen die den böberen Schichten der Atmo- \phâre angehörigen Aequatorialströme der Erdbewegung in den höheren Breiten voraus und müssen \ich deshalb auch als von Osten wehend, wenn auh mit gegen Süden veränderter Nichtung, bemerkbar machen. Aber dieser Sachverhalt ist doch \o einfach nicht, wie er nach der Theorie erscheint, weil die Zunahme der Notationsgeschwindigkeit für die Nord- ströômung relativ stärker ist als die Abnahme für die Südströmung. Deshalb sind Beobachtungen in dem oben angedeuteten Sinne von der größten Bedeutung für die Wissenschaft. Es war verabredet, daß Geheimrat Hergesell im f\ubtropishen Westindien an Bord eines deutschen Kriegs\chiffffes in den gleichen Tagen beobachten sollte, wie die anderen drei Metereologen an entfernten Punkten auf dem Meere, deren entferntester Australien war, während Dr. Stade die Beobachtung in der nördlichen heißen Zone und an der brasilianischen Küste unterm Aequator zufiel. Geheimrat Hergesell vermochte an Bord des Kriegs- hiffes ausgiebig mit Gummiballons zu operieren, während der Dampfer „Crefeld“, auf dem Dr. Stade die Reise nach Brasilien antrat, nur Pilotballons aufzulassen gestattete. Es sind mit ihnen aber durchaus befriedigende Erfolge erzielt worden. Wie, das wurde in sehr anshauliher Weise vom Vortragenden durch Skizzen und mittels des\elben Serxtanten erläutert, der ihm bei den Beobachtungen die wichtigsten Dienste geleistet bat. Es gelingt, mit diesem Instrument den aufgelassenen Pilotballon, dessen Aufstiegs- geshwindigkeit man kennt, auf seinem Wege zu verfolgen, zugleih den Weg graphish festzulegen und somit, worauf es ankommt, die Höhenschiht zu ermitteln, in der der Antipassat einseßt, zu- gleih auch Aufschlüsse über die Geschwindigkeit des Passats in verschiedenen Höhen zu gewinnen. Dr. Stade hat die tn ver- hältnismäßig kurzer Zeit erledigte Reise auch fleißig dazu benutt, erst auf der Hinreise in Madeira und den Kapverdeschen Inseln, später in Pernambuco und Rio de Janeiro und auf der Nückreise auf den Azoren, eine große Anzahl von Photographien aufzunehmen, die er im Lichtbilde vorführte. Natürlich waren au den Beobachtungs- operationen an Bord eine Reihe \ehr anschaulichher Blätter gewidmet.

Es folgte der von Dr. Bröckelmann erstattete Fahrtbericht für Januar. Die Zahl der Fahrten größtenteils mit den Ballons des Vereins betrug 21. Das bemerkenswerteste Ereignis war die interne Wettfahrt vom 28. Januar, an der §8 Ballons teilnahmen und die bei 2 Ballons si bis in die Nähe von Wien erstreckte. Den l. Preis errang der Ballon Clouth Ÿ, Führer Ingenieur Berliner, der 927 km in der Luftlinie zurücklegte. Ein Teilnehmer an dieser Fahrt gab eine fesselnde Schilderung von ihr. Für den 1. Oster- feiertag, den 27. März, hat der Sächsische Verein für Luftschiffahrt zu einem nationalen Wettfliegen nah Dresden eingeladen. Der Berliner Verein hat für 1910 zwei Ehrenpreise ausgeseßt: einen für die weiteste Fahrt im Laufe des Jahres und einen für die an Dauer längste Fahrt. Die Führerqualifikation erhielten: Baronin Amélie von Ende, Assessor Götte-Königsberg, Dr. Henoch, Alfred Techow, Weström und Kand. Gérard. Zum Schluß wurden vom Vorstands- tis noch ausführlihe Mitteilungen gemacht über das am 5. März geplante Winterfest des Vereins. Es wird im Prinz Albrecht-Hotel stattfinden und soll manche Ueberrashungen bringen.

Verkehrsauftalten.

Im Architektenverein zu Berlin \prah am Montag, den 14. Februar d. I., Abends 73 Uhr, der Eisenbahn-Bau- und Betriebs- inspektor Lamp „Ueber einige bem erktenswerte neuere Personenbahnhöfe in England und Schottland mit be- sonderer Berücksichtigung der Signal- und Betriebs- einrihtungen“". In England ist es neuerdings vielfah üblickch, die Erweiterung der Personenbahnhöfe hauptsächlich nah der Längs- richtung zu entwickeln. Man vermehrt hierbei nicht nur die Zabl der Bahnsteige, sondern verlängert auch ihre Gleise bis auf doppelte Zuglänge. Ein folch langes Bahnstei gleis wird in gleicher Weise auë8genußt wie 2 Bahnsteige von eiuer Länge. Die Herstellung derartiger Bahnsteiganlagen wird dadurch vegeniBat, daß die englischen Betriebsvorschriften gestatten, unter Beachtung Le Vorsichtsmaßnahmen auch in ein teilweise beseßtes Hauptgleis clliitabren, Wie die Betriebsführung auf diesen Gleisanlagen gehandhabt wird und welche Signalvorrichtungen hierbei benußt werden, wurde an Hand der Gleispläne des Viktoriabahnhofs în London, des Zentralbahnhofs und des St. Enochbahnhofs in Glasgow sowie durch zahlreiche Lichtbilder näher erläutert. Im zweiten Teile des Vortrags ging der Vortragende auf verschiedene Ei entümlih- keiten des endli den Signalwesens, insbesondere auf die arófie Häufung der Signale und der dadur bedingten unklaren Signalbilder, näher ein. Abhilfe für diese den Betrieb ungünstig beeinflussende Erschei- nung fuht man jeßt vielfahß dur Verwendung von Weganzeige-