1910 / 44 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 21 Feb 1910 18:00:01 GMT) scan diff

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einziges Einkommen aus den Zinsen einer Hypothek besteht, wenn ihm diese Hypothek am 31. März ausgezahlt wird, und er das Geld am 1. April noch nicht anderweitig begibt, sondern zu Hause aufhebt, das ganze Jahr hindurch keinen Pfennig Einkommensteuer zu zahlen. Sollte eine solche Auslegung des Einkommensteuer- geseßes, die mir zu shweren Bedenken Veranlassung gibt, dennoch richtig fein, fo muß eben hier“ eine \{chleunige Aenderung des Gesetzes eintreten. Was die Delbrückschen Ausführungen anbetrifft, so will ih nit der Landwirtschaft speziell einen Vorwurf machen, aber tat- sächlih wird eine große Summe von Steuern auf dem Lande und in den Städten dem Staate entzogen. Es ist die dringende Pflicht des Finanzministers, sich hierzu zu äußern. Die Arbeiter werden zur vollen Steuer herangezogen. Gerade die Parteien, die dafür ein getreten sind, daß die Arbeiter bis zum leßten Grofchen herangezogen werden, müßten es als ihre vornehmste Pflicht betrachten, dafür zu sorgen, daß alle Kreise der Bevölkerung ebenso herangezogen werden. Die Zahl derjenigen, die {hon ein Cinkommen über 3000 4 haben, aber noch nit zur Deklaration aufgefordert sind, ist größer, als man allgemein annimmt. Wenn auch der Prozentsaß derjenigen, die ein Einkommen über 900 4 haben, ständig gestiegen ist, so darf man doch nicht nur diese absoluten Zahlen betrachten, jondern muß auch die Kaufkraft berücksichtigen, die dieser Teil der Bevölkerung hat. Bei der Verteuerung der Lebenshaltung und den vielen neuen in direften Steuern entspriht heute ein Einkommen von 900 M lange niht mehr demselben Einkommen im Jahre 1299.

Generaldirektor der direkten Steuern Heinke: Das verwalkungsgericht hat entschieden, daß die Quelle des CGinkommens für Arbeiter nicht die Arbeitsgelegenheit, sondern die Arbeitskraft ist. Im übrigen hat ja ein Arbeitsloser, wenn er tatsächlich in einem Jahr mehr Steuern bezahlt, keinen Nachteil, da er dann im nächsten Jahr weniger zu versteuern hat. ; : A

Abg. von Hennigs-Techl in (Ton].): Die Delbrückschen Aus- führungen haben in einem großen T eil des Publikums den Cindruck erweckt, daß zwischen der Ablehnung der Grbanfallsteuer und der Cinkommen- steuer ein Zusammenhang besteht. Jch muß das auf das allerenergischste zurückweisen. Die Selbstdeklaration muß [o ausgestaltet werden, daß sie das Einkommen mit möglichster Genauigkeit erfaßt; sie darf nicht dahin ausarten, daß die ehrlichen Leute die Geschädigten sind. Diese Frage muß ganz ohne Nücksicht auf die Parteten verhandelt werden. Die Steuerdrücker kommen in allen Berufskreisen vor. Es ist, wie ih dem sozialdemokratischen Redner zugebe, eine Ghrensache, daß wir au niht den Schein erwecken, als ob wir diejenigen, deren Ein kommen mit Hilfe des §8 23 des Gesekes genau bekannt wird, irgend wie benachteiligen wollen gegenüber den anderen, deren Ein- tommen \chwerer zu bemessen ist. Fn vielen Fallen, in denen die Veranlagungsbehörde aus eigener Kenntnis l Steuer

V E. Va Yber

eine erflârung beanstandet hat, hat das Oberverwaltuigsgericht troßdem zu- gunsten der Steuerzahler entschieden. Wir müssen durchaus dahin wirken, daß die Steuerdeklarationen immer richtiger werden: es muß daß Gefühl in der Bevölkerung verschwinden, als ob man dur falsche Angaben eine niedrigere Besteuerung erreichen Tönnte. Man kann erwägen, ob das Grundvermögen auf dem Lande auh nach den Grundsäßen der kaufmännishen Buchführung zu ermessen ist, ich stehe aber auf dem Standpunkt, daß eine taufmännishe Bilanz für die Landwirtschaft gar nicht möglich ist. Der Landrat eignet sich nach unserer Auffassung am besten als Vorsitzender der Beranlagungskommission; wenn an dessen Stelle eine andere Person einge\choben würde, so befürchten wir davon nur mehr Schikanen und noch mehr Bureaukratismus. Wenn irgend etwas persönlih behandelt werden muß, so ist es die Steuerver- anlagung. Der Oberverwaltungsgerichtsrat galkenhahn hat in einem Zeitungsartikel gegen die Landräte den Vorwurf erhoben, daß sie nur ungern die Steuerdeklarationen ihrer Bekannten anzweifelten. Ih wundere mich doch, daß gegen diesen Artikel nicht von der Regierung irgendwie Stellung genommen worden ist. Wenn Herrn alkenhahn solche Fälle bekannt geworden sind, so hätte er sie zum Austrag bringen müssen, anstatt sie in dieser beleidigenden Form vor- zubringen. Damit wird der Sache nicht gedient. Jeßlk ist jeder in der Lage, Einsicht in die Steuerlisten während des Ausliegens der Wahl- listen zu nehmen. Die Wahlgeseßkommission wird diese ¿Frage ein- gehend prüfen müssen, damit eine Geheimhaltung der Steuersäße ge- währleistet wird.

Finanzminister Freiherr von Nheinbaben-:

Meine Herren! Ich kann mich der Ausführungen der Herren Vorredner nur freuen, insbesondere darüber, daß die Frage, welche einfach eine Frage der Gerechtigkeit gegen den Staat und gegen die ehrlihen Steuerzahler ist, losgelöst worden ist von allen partei- politishen Nücksichten, und auch der Herr Abg. Hirsch hat in durchaus sahliher und von parteipolitishen Momenten freier Nede diese ganze Frage erörtert. Ehe ih auf diese Hauptfrage, die uns beschäftigt, eingehe, darf ih einige Punkte vorwegnehmen, die die Herren Vor- redner gestreift haben.

Herr von Hennigs hat den Wunsch ausgedrückt, daß man streng sorgen möchte für die Geheimhaltung der Einkommen- und der Er- gänzungssteuer. Jch kann mi mit ihm in dem Wunsche nur voll- kommen begegnen, und die Finanzverwaltung hat es nicht daran fehlen lassen, ih mit den anderen Nessorts nah dieser Nichtung in Verbindung zu seßen. Wir sind seitens der Steuerverwaltung peinlich bemüht, unsererseits die Geheimhaltung dur{zuführen. Diese ganze Arbeit ist aber umsonst, wenn bei den Wahlen für den Staat, für die Gemeinde, für die Kirche die Listen alle wieder offen gelegt werden. Aber Sie wollen andererseits die Schwierigkeiten in der Sache nicht verkennen. Jeder einzelne Wähler für den Staat, für die Gemeinde, für die Kirche hat niht bloß ein Interesse daran, zu sehen, daß er selber in die richtige Stelle eingerüdckt ist, sondern daß auch die anderen sih an der rihtigen Stelle befinden, denn die CEinrangierung der anderen beeinflußt naturgemäß auch sein eigenes Wahlrecht, sodaß die anderen Ressorts, namentlih das Ministerium des Innern, immer den Standpunkt vertreten haben: man kann es den einzelnen Zensiten nicht versagen, in die Gesamtheit der Listen Einsicht zu nehmen, und nicht nur soweit, als sie selber beteiligt sind. Was aber unter allen Umständen hintangehalten werden muß, ist das, daß von dieser Einsicht- nahme der Listen ein ganz ungerechtfertigter Gebrauh gemacht wird, daß nicht, wie es vielfach vorgekommen ist, die Betreffenden ih Aus- züge gemacht und diese Auszüge nachher in ber Presse veröffentlicht haben. Es ist noch nicht lange her, daß in Berlin ein solcher Fall vorgekommen ist, indem die Direktoren einer großen Bank zwar nicht namentlih aufgeführt wurden, aber jeder Mens, der die Verhältnisse einigermaßen kannte, brauhte nur die Namen hineinzuseßen. Ich habe deshalb Veranlassung genommen, erneut mit dem Ministerium des Innern mih in Verbindung zu seßen und es zu bitten, Nemedur eintreten zu lassen. Infolgedessen ist es wird den meisten Herren nicht gegenwärtig sein, und deshalb betone ich es in dem Gesetz- entwurf zur Wahlrehtsreform ausdrücklich die Veröffentlihung solcher Daten unter Strafe gestellt. Jch glaube, dies ist absolut notwendig, wenn wir den gegenwärtigen Mißbräuchen wenigstens einigermaßen entgegentreten wollen.

Meine Herren, der Abg. Hirs hat dann in seinen Ausführungen ¿war die Daten anerkannt, die ih über die Besserung der Einkommen- steuerverhältnisse auch der minder bemittelten Kreise der Bevölkerung gegeben habe. Jh möchte nur das Eine nochmals hervorheben, daß die Zahl der einkommensteuerpflihtigen Zensiten \id außerordentlich

gehoben hat, und daß das Einkommen der Zensiten unter 3000 46 von 3,1 Milliarden im Jahre 1895 auf 7,6 Milliarden im Jahre 1909 gestiegen ist. Also, meine Herren, das Einkommen dieser minder bemittelten Kreise * der Bevölkerung ist in der kurzen Spanne Zeit von 1895 bis 1909 um nicht weniger als 150 9% gestiegen, eine höchst erfreuliche Entwicklung, die man begrüßen muß, auf welchem poli- tischen Standpunkt man fonst auh stehen mag. Der Abg. Hirsch meinte aber, daß diese unzweifelhafte Besserung durch die größeren Kosten der Lebenshaltung aufgewogen würde. Ih glaube, das kann man nicht anerkennen, denn auch alle übrigen Daten bestätigen erfreulicer- weise, daß die Aufbesserung in den Lohnbezügen der handarbeitenden Klassen größer gewesen ist als die Steigerung der Lebensmittelpreise. Das beweist zunächst die Zunahme der Summen, die in die Syar- fassen eingelegt werden. Meine Herren, «in den preußischen Spar- kassen hatten wir im Jahre 1893 ein Einlagekapital von 3,7 Milliarden: es stieg im Jahre 1906 auf 8,7 Milliarden und, wenn ih nit ganz irre, im leßten Jahre auf annähernd 12 Milliarden Mark. Also wiederum ein erfreulicher Beweis, wie do auch diejenigen Kreise der Bevölkerung, die hauptsächlih die Sparkassen benußen, in der Lage gewesen sind, infolge ihrer gesteigerten Löhne auch noch Ueberschüsse zu erzielen und sie bei den Sparkassen einzulegen. Wenn der Abg. Hirsch ferner die Statistik der Löhne vergleichen will, wie sie si bei der Unfallversicherungsberechnung ergeben, fo Tommen wir, meine Herren, zu demselben Nesultat. Nach der Unfallverficherungsberechnung betrug der Durchschnittslohn der Arbeiter bei uns im Jahre 1893 651 íM; eristim Jahre 1906 auf 894 46 gestiegen. Jch betone ausdrücklich für diejenigen Herren, die sich mit diesen Materien nicht speziell befaßt haben, daß bekanntlih nicht die ganzen Löhne anrechnungsfähig sind, sodaß die wirklichen Löhne sich noch höher stellen als die Daten, die ih gegeben habe. Hier liegt also von 1893 bis 1906 eine Steigerung um 243 4, d. i. eine Steigerung um 37 9/0, vor. In dieser kurzen Spanne Zeit haben si die Whne bei uns um 37 0% gesteigert!

Ich darf in dieser Beziehung \chließlich noch einen Zeugen an rufen, den, glaube i, au der Abg. Hirsch nicht wird ableugnen töónnen, das ist sein Parteigenosse Calwer. Calwer selber hat aner- kannt, daß die Whne um etwa 38 9% gestiegen sind, daß nämlich der Durchschnittslohn in 10 Jahren von 746 Æ auf 1027 M herauf- gegangen ift, daß si dagegen die Kosten des Lebensunterhalts nur um 22F %% er rundet es auf 25% ab gesteigert haben, sodaß ih noch eine reine Lohnsteigerung über die Steigerung der Lebens- mittelpreise hinaus von 12 bis 13 % ergibt.

Meine Herren, ih habe für wichtig gehalten, diese Daten hier in Kürze festzustellen; ih darf nun auf die Sache selbst mit einigen Worten zurückommen und kann, glaube ih, do obne Widerspruch zu finden, behaupten, daß sich unsere ganze Steuergeseßgebung im Laufe des vorigen Jahrhunderts immer mebr dem Gedanken genähert hat, wie die individuelle Leistungsfähigkeit des Einzelnen zu erfassen ist, zu einem feineren Maßstabe überzugehen, der einerseits die Ueber- shäßung vermeidet, andererseits den einzelnen Zensiten wirkli in dem Maße heranzieht, wie er leistungsfähig ist. Meine Herren, wenn Sie bedenken, daß wir vor etwa 100 Jahren, im Jahre 1811, noch die rohe Kopfsteuer hatten, die jeden einzelnen Zensiten ohne Rücksicht auf seine Leistungsfähigkeit traf, daß wir dann zur Klafssen- steuer übergegangen sind, die s{hon eine etwas feinere Form darstellte, aber immerhin noch eine grobe Form, indem sie alle Angehörigen gewisser Klassen in einer Einkommensteuerstufe vereinigte, daß wir dann im Jahre 1851 zur klassifizierten Einkommensteuer übergingen, so ist es, glaube ih, von diesem ersten Moment bis zur Miquelschen Steuerreform ein sehr großer Schritt im Sinne der steuerlichen Gerechtigkeit. Erst dur die Miquelsche Steuerreform, dur die Selbstdeklaration, durch das verfeinerte Verfahren, durch die indi- viduelle Erfassung und auch durch die Einführung der verwaltungs gerihtlihen Nechtskontrolle ist, ih möchte sagen, das Handwerkszeug gegeben worden, um zu dem Ziel einer wirklich gleihmäßigen und gerehten Steuererfassung zu gelangen. Wir haben uns bemüht, dies Handwerkszeug nah Möglichkeit zu handhaben, und haben nicht davor zurückgeshreckt, daß wir in früheren Jahren von allen Seiten mit dem Vorwurf bedacht worden sind, daß wir dieses unser Handwerkzeug viel zu streng anwendeten. Ich erinnere mih noch der Verhandlungen, die in diesem hohen Hause stets bei dem Etat der direkten Steuern s\tatt- fanden; ich erinnere mich noch eines hochverehrten, uns leider durch den Tod zu früh entrissenen Mitglieds, das alle sogenannten Steuer- furiosa bei dem Etat der direkten Steuern vorbrachte und behauptete, daß wir viel zu sehr beanstandeten, daß wir viel zu sehr in die Ein- fommensverbältnisse eindrängen und als verfahren müßten. Wir haben von dieser Bank aus immer behauptet, daß wir nur dann, wenn eine scharfe Nachprüfung erfolgt, das Ziel deresteuerlichen Gerechtigkeit erreichen können und mit dem Moment wo die Steuerbehörden in diesem Bestreben nachließen, wieder in die alte Unordnung zurücksinken würden.

Daß diese unsere Bemühungen nit ganz vergeblih gewesen sind, habe ich \chon in der Budgetkommission mit einigen Worten ange- deutet. Ich möchte hier nur nodmals hervorheben, daß das Veranlagungs- soll der Einkommensteuer in der Zeit vom Jahre 1892 bis zum Jahre 1909, also in 17 Jahren, von 124 Millionen auf 284 Millionen Mark hinaufgegangen ist, daß also in diesen 17 Fahren die Ein- tommensteuer in Preußen um nicht weniger als 127 9% gestiegen ist. Ein Beweis unserer glücklichen wirtschaftlichen Entwiklung, aber ich glaube, auh das in Anspru nehmen zu dürfen - auh ein Beweis dafür, daß die Steuerbehörden in steigendem Maße ihrer Pfliht nahgekommen sind! Infolge der Beanstandung dur die Steuerbehörden sind in den Jahren 1897 bis 1909 nicht weniger als 3175 Millionen an Einkommen mehr ermittelt und nicht weniger als 106 Millionen an Einkommensteuer tatsählih mehr gezahlt worden. (Hört! hört!) Ich glaube, diese Ziffern beweisen do einiges. Ih habe auch \{on angeführt, daß im Jahre 1909 nicht weniger als ein volles Drittel der Steuerdeklarationen wiederum beanstandet und größtenteils einer Berücksichtigung unterzogen worden ist.

Meine Herren, ih freue mich, aus den Ausführungen des Herrn Abg. Hirsch heute den Borwurf nicht gehört zu haben, der vielfach in der Presse erhoben worden ist, als ob die Landräâte mit vershiedenem Maße mäßen, und als ob {ie namentlih den ländlihen Grundbesitz milder erfaßten als die übrigen Zensiten. Das ist der \{chwerste Vor- wurf, den man gegen einen Beamten erheben kann (fehr rihtig ! rets), daß er absichtlich eine Klasse der Bevölkerung auf Kosten der andern begünstige, zuglei ein Vorwurf von einer Schärfe, die die Be- treffenden sich vielleicht nit überlegt haben, gegen die Hunderte von

Eingesessenen, die ih jahraus, jahrein der mühsamen Arbeit unter-

in dieser Beziehung milder-

ziehen, in den Steuerveranlagungs- und den Voreinshäßungskom- missionen und dergl. tätig zu sein.

Ich habe schon in der Budgetkommission versucht, und wir haben den Versuch fortgeseßt, aus den ganzen Listen einiges Material dafür u gewinnen, ob denn in der Tat die Beanstandungen auf dem Lande geringer gewesen sind als in den Städten. Ich habe mir eine ste aufstellen lassen ih stelle sie selbstverständlich jedem der Herren zur Verfügung; denn wir alle haben ja nur den Wunsch, zu einex völligen Klarheit auf diesem Gebiet zu gelangen —, und gus DICIeR vie Cratbt O Day die Beanstandungen auf dem Lande niht nur nicht geringer, f\ondern stärker gewesen sind

: Wir haben eine Aufstellung etwa

als in den Stadtkreisen. : h ; L L in der Nichtung gemaht, daß wix einzelne Negierungsbezirke

genommen und nun geprüft haben, wie viel Berichtigungen im Negie- rungsbezirk im ganzen vorgekommen sind; dann haben wir aus dem MNegierungsbezirk die Stadtkreise ausgeschieden, sodaß uur die kleinen Städte und das platte Land übrig blieben, und haben nun die Re sultate, die auf dem einen oder dem andern Weg gewonnen wurden,

gegenübergestellt. Jh würde Sie ermüden, wenn ich die ganze Liste vortragen wollte; aber cinige harakteristische Daten namentlich gus überwiegend ländlichen Bezirken möchte ich Ihnen doch vortragen.

Im Negierungsbezirk Königsberg sind insgesamt 21 9% der Steuererklärungen mit Erfolg beanstandet worden. Auf dem Lande —— die Herren wissen, was ih damit sagen will: mit Aus\{luß der Stadtkreise, mit Einschluß der kleinen Städte sind dagegen 35 0/, beanstandet worden. Es sind insgesamt an Einkommensteuer mehr erzielt worden 43 9/0, auf dem Lande 589/. Im Negierungsbezirk Gumbinnen sind beanstandet worden allgemein 339%, auf dem platten Lande 36 9%; es sind mehr erzielt an Einkommensteuer 52 0/9, auf dem platten Lande 610%/%. So könnte ih Ihnen das dur die ganze Monarchie durchführen. Wie gesagt, meine Herren, ih stelle Ihnen die Liste gern zur Verfügung; wer sie haben will, kann sie natürlich jeden Augenblick von mir bekommen. Ich glaube, die Liste beweist jedenfalls das eine, daß die Behauptung einer absihtlihen Unter \häßzung des Landes und der ländlichen Zensiten in den Ergebnissen {chlechterdings keine Grundlage findet.

Nun hat der Herr Abg. Hirsch ganz mit Necht gesagt, die Be- hauptungen des Herrn Professors Delbrück und anderer Statistiker hâtten die Finanzverwaltung dazu nötigen müssen, die Nichtigkeit oder Unrichtigkeit dieser Behauptungen einer eingehenden Prüfung zu unter werfen. Jch kann ihm “darin nur beistimmen; denn wenn die exorbitanten Untershäßungen vorgekommen wären, deren da gedacht ift, so würde allerdings unser Steuerveranlagungsverfahren als außerordent- lich mangelhaft und weit hinter der Wirklichkeit zurückbleibend betrachtet werden müssen. Selbstverständlih haben wir alle die Behauptungen, die uns in dieser Beziehung entgegengetreten sind, eingehend geprüft, und wir haben alle die Fälle von angebli zu niedriger Einschätzung geprüft, und ih habe {on kürzli hier in diesem boben Hause dar- legen dürfen, daß das Verfahren im allgemeinen durchaus richtig ge- wesen ist, und daß die Fälle sih ganz anders verhielten, als sie meist in der Presse dargestellt sind.

Aber, meine Herren, was diese Darlegungen von Herrn Professor Delbrück und anderen Statistikern betrifft, so muß ih bei der Be- deutung der Sache mit einigen Worten darauf eingehen, weil das dürfen wir, glaube ich, nit verkennen in der Oeffentlichkeit durch diese Darlegungen eine erhebliche Beunruhigung eingetreten ist und auch in weiteren Kreifen das Gefühl Plaß gegriffen hat, als ob die Steuerveranlagungsbehörden ihre Pfliht nah dieser Nichtung hin nicht täten; und dem entgegenzutreten muß ih nach wie vor für meine Pflicht halten, nahdem diese Prüfung in eingehender Weise stattgefunden hat.

Meine Herren, es wird Ihnen erinnerlich sein, daß diese ganze wissenschaftliße Erörterung anknüpfte an eine Broschüre von einem Herrn Steinmann-Bucher, der aus ganz anderer Veranlassung unser Vermögen in Deutschland einer wissenschaftlichen Untersuchung unter zogen hat. Er wollte nahweisen, daß die großen indirekten Lasten, die durch die Neichsfinanzreform unserem Volke zugemutet wurden, von dem Bolke sehr wohl getragen werden konnten bei der großen Steigerung des Einkommens und des Vermögens in Deulschland. Herr Stein mann-Bucher berechnete das deutsche Nationalvermögen auf 350 Mil. liarden Mark, und hier knüpfte Herr Professor Delbrück an, indem er im Märzheft der „Preußischen Inhrbücher“ das Vermögen in Preußen auf 155 Milliarden Mark berehnete. Bekanntlich sind zu Ergänzungssteuer nur 92 Milliarden veranlagt, und daraus {loß der Artikel, daß nicht weniger als 63 Milliarden \teuerbares Vermögen sih in Preußen tatsächlich der Besteuerung entzogen hätten, eine Summe, die, wenn sie richtig gewesen wäre, in der Tat erstaunlich und bedenklih genannt werden müßte. Im Aprilheft aber ließ Herr Professor Delbrück von dieser seiner Berechnung bereits wieder 13 Milliarden fallen, indem er das Vermögen in Preußen nicht mehr auf 155, sondern auf 142 Milliarden berechnete, sodaß also die an gebliche Untershäßung nit 63, sondern nur 50 Milliarden betragen sollte. Diese seine Berechnung ist dann von einem Herrn May im Oktoberheft der Jahrbücher ciner kritishen Beleuchtung unterzogen worden, bei der Herr May zu dem Nesultat kommt, daß die Schätzungen von Herrn Delbrück wesentli zu hoh seien. Er {äßt seinerseits das Vermögen in Preußen auf 112 Milliarden Mark, sodaß uur eine Untershäßung von 20 Milliarden gegenüber der steuerlihen Ver- anlagung stattgefunden hätte. Also, meine Herren, in wenigen Monaten fo außerordentlich variierende Beträge von einer Unter- [häßung von 63, von 50, von 20 Milliarden. Man sieht das ist au ganz naturgemäß —, auf wie \{chwankenden Grundlagen diese ganzen Schäßungen stehen und stehen müssen. Wir glauben aber auch, daß die Positionen, die Herr Delbrück angesetzt hat, vielfach zu hoh sind. Er hat z. B. den Wert der gegen Feuersgefahr versicherten Vermögensobjekte mit 170 Milliarden einges{äßt, während May diese Objekte nur mit 141 Milliarden einshäßt. Den Wert des städtischen Bodens \chäßt Herr May um 8 Milliarden niedriger als Herr Delbrü, den des ländlichen Bodens um 7 Milliarden niedriger als Herr Delbrück. Eine erhebliche Differenz ergibt \ich ferner bei den Schäßungen des deutschen Besißes an ausländishen Werten. Diese Werte hat Herr Delbrück auf 40 Milliarden geschäßt, meiner Meinung weitaus zu hoch, während Herr May und ein anderer Statistiker Herr Ballot, diesen Wert nur auf 25 Milliarden annimnit.

Meine Herren, zu diesen Herren, die die Frage auf wissenschaft- liher Grundlage erörtert haben, gesellte sich ein Herr Dr. Claaßen, der wiederum die Steinmann-Buchersche und die darauf gestützte An- nahme Deïbrücks für viel zu hoch erklärte, aber annahm, daß das

mobile Vermögen viel zu niedrig zur Steuer herangezogen sei. Er berechnete das mobile Kapital der physischen Zensiten mit mehr als 3000 4 Einkommen auf 71 Milliarden, und da diese Zensiten nur 38 Milliarden versteuern, nahm er bei dem Mobilvermögen eine Unterversteuerung von 33 Milliarden an. Aber auch diese Rechnung leidet, glaube ih, an offensihtlihßen Fehlern. Wenn man im Laufe eines Jahres die verschiedenen Arten des mobilen Kapitals addiert, muß man natürli vielfah zu einer Doppelshäßung kommen, man könnte eine richtige Schäßung nur vornehmen, wenn man gewissermaßen einen Schnitt an einem Tage vornimmt und die Art der Belegung des mobilen Kapitals an diesem Tage fixieren fönnte. Wenn man aber zusammenrechnet, wie hoch sich die Depositen in einem Jahre belaufen, und wie hoh der Wechselverkehr sich beläuft, kfomut man natürli vielfa zu einer doppelten. Schäßung; denn was heute in Depositen erscheint, tritt übermorgen als Wechsel zutage, und so kommt man zu viel zu hohen Sägen.

Ich möchte noch auf einige Punkte hinweisen. Herr Claaßen hat ferner die Hypotheken sehr hoh eingeschäßt, übersieht aber dabei, daß unker den Hypotheken sich in erheblichem Maße Sicherheits- hypotheken befinden und vor allem, daß die Hypothekenforderungen zum großen Teil nicht den physishen Personen, \ondern zum erheblihen ‘Teil au den jurisischen Personen, die bei uns bekanntlih nicht ergänzungssteuerpflichtig sind, gehören. Ich glaube, das allein unsere preußischen Lebensversiherungsgesellschaften Vermögen von ca. 3 Milliarden haben, daß zum großen Teil in Hypotheken angelegt. ist. Endlich - kann man natur- gemäß, wenn man das steuerpflichtige Vermögen ermitteln will, nicht das Vermögen des taats, der Kreise, der Gemeinden, der Stiftungen usw. mit einrechnen: auch diese sind naturgemäß in Deutschlands Nationalvermögen mit enthalten. Also auch diesen ganzen Besiß müßte man notwendig herauslassen. Sie sehen, meine Herren, hon, wie sehr diese Schäßungen untereinander abweichen, und mit wie großer Vorsicht man natürlih folhe Shäßungen nur aufnehmen kann. In einem Punkte glauben wir sicher sagen zu tönnen, daß die Delbrükshen Schäßungen zu hoch sind; das ist da, wo - es sh um den ländlichen handelt. Wir haben in dieser Beziehung in der Zusammenstellung der Kaufpreise für das Ergänzungsfteuergesetz ein fehr brauchbares Material, das uns die Katasterverwaltungen geschafft haben, und wir meinen, daß Herr Delbrück den Wert des ländlihen Besißes mit etwa 200 Á pro Hektar zu hoch \{ätzt.

Aber, meine Herren, wie dem auch sei, und so fehr wir meinen, daß die Schätzungen der verschiedenen Herren über das Ziel hinaus- schießen, so haben wir doc gerade von dieser Stelle aus immer be- tont, daß wir noh lange nicht so weit fortgeschritten sind, noh lange niht den Grad der vollkommenen und rihtigen Erfassung des Ein- fommens und Vermögens erreiht haben, der notwendig ist, wenn wir wirklich an das Ziel einer absolut gleihmäßigen und gerechten steuer- lichen Erfassung gelangen wollen, und ih fann s\owohl Herrn bon Hennigs als auch Herrn Hirsh darin nur recht geben, daß wir dieses Ziel, zu weiterer Bollkommenheit zu gelangen, jeßt umsomehr und um so energischer verfolgen müssen, als durch den § 23 des Ein- tommensteuergeseßes die Empfänger fester Löhne verhältnismäßig harf herangezogen werden, und als wir wissen, welche Löhne, welches Einkommen sie haben. Es ist daher nur eine Forderung der Ge- rehtigkeit, daß auch die anderen Kreise der Bevölkerung ihrem wirk- lichen Cinkommen gemäß herangezogen werden.

0 Besitz

Ih möchte mih über die verschiedenen Modalitäten beute nicht im einzelnen auslassen: i glaube, der Moment dafür ist noh nit jefommen. Ich mödhte auch die Frage der staatlichen Veranlagungs iommissare heute nit in aller Breite erörtern. Ich habe mi {on vei der ersten Lesung des Staatshaushaltsetats darüber ausgela\sen. Tch bin nah wie vor der Ansicht, daß diese Frage aufs innigste mit der ganzen Verwaltungsreform zusammenhängt und daß man fie wird lósen müssen, wenn man feben kann, welche Tätigkeit den Landräten det dieser Verwaltungsreform zugewiesen wird, insbesondere, ob und welhe neuen Arbeitsgebiete ihnen zugewiesen werden. Meine Herren, nmch meiner Meinung muß man bei dieser Verwaltungsreform das ine niht aus dem Auge lassen: wir dürfen dem Landrat nicht \o viel neue Geschäfte zuweisen, daß er der Chef einer bureaukratis{hen Behörte vird. (Sehr richtig!) Wir müssen unter allen Umständen das aufs edt zu erhalten suchen, daß; der Landrat in lebendiger Fühlung mit und und Leuten bleibt, daß er Zeit behält, in seinem Kreise *rumzureisen und niht den ganzen Tag am grünen Tisch ikt. Sehr richtig!) Wenn man ihm weitgehende Geschäfte auf dem Gebiete des Schulwesens überträgt, wenn man ibn in eine organische Verbindung mit den Meliorationsbaubeamten, mit den Kreis\chul- inspektoren bringt, so kann sehr wohl die Gefahr eintreten, daß, wenn in ihm auch noch die Steuergeschäfte überläßt, er viel zu fehr an en Schreibtish gebannt ist. Andererseits müssen wir im Hinblick uf die Steuereinshäßung entscheidenden Wert darauf legen, daß der “Nndrat niht nur Titularvorsitender, sondern auch Nealvorsitzender der Steuerkommission ist, daß er die Geschäfte wirkli selbst führt w nicht in die Hände eines ihm untergeordneten Beamten legt Viese Dinge hängen innig zusammen, und ih glaube, erst wenn wir die Gestaltung der Verwaltungsreform übersehen können, werdeu wir n {lüssig zu machen haben, ob man besondere Veranlagungs- ‘mmissare einseßzt oder welche scnstige Organisation in dieser Be- hung zu treffen ist, __ Meine Herren, mit dieser mehr personellen Seite, mit dieser peflaltung der Organisation muß Hand in Hand gehen eine materielle vtärfung der Kontrolle, und zu dieserVerschärfung der Kontrolle rechnen. Ur in erster Linie die Einführung der Deklarationspflicht auch bei der „änzungssteuer. Wir sind jeßt bei der Einschäßung der Crgänzungs- Ver vollkommen auf Mutmaßungen oder auf Schätzungen ange- esen. Wir haben feine Verpflichtung zur Deklaration und können Ur aus dem Einkommen das Vermögen \{chäßzen. Bei den Zensiten ter 3000 í, die auh über ihr Einkommen keine Deklaration ab- Hen, ist man vollkommen auf Mutmaßungen und Schäßungen an- lesen. Wir würden ein wefentlih rihtigeres Resultat erzielen und h, allem cine wertvolle Kontrolle der Nichtigkeit der Einkommen- “lershäßung erhalten, wenn wir auch bei der Ergänzungssteuer dke lbstdeklaration durchführen. , Es gibt noch eine Reihe anderer Maßregeln, die uns in der "atur empfohlen sind; ih glaube, es würde zu weit führen, mi \ diesem Moment darauf einzulassen. Wir werden uns ja, wie ich * im nähsten Jahre über die Revision des Einkommensteuer- #8 zu unterhalten haben. Es ist die Absi@ßt und uns durch

Gesetz ausdrücklich auferlegt, die jeßigen Zuschläge zu beseitigen und dur eine organishe Negelung zu erseßen. Dann ist ja der Moment gekommen, uns auch über diese wichtige Frage der „Vrganisationsänderung, der Verschärfung der materiellen Machtmittel der Steuerveranlagungsbehörden zu verständigen. Ich freue mi, aus den Verhandlungen der Budgetkommission wie auch des hohen Hauses den Eindruck gewonnen zu haben, daß wir diese Frage loslösfen wollen von allen parteipolitschen Nüksichten, daß wir alle, gleichviel welche Partei, gleichviel ob Parlamentarier oder Beamte, nur das eine Ziel vor Augen haben dürfen: Gerechtigkeit zu üben gegenüber dem Staat und gegenüber allen chrlichen Zensiten. (Bravo!}

_ Abg. Freiherr von Zedli BundNeukirch (frkon\.): Jch kann dem Finanzminister nur in allen T eilen zustimmen. Fch freue mich, daß die Frage der Steuerveranlagung bon allen Parteirücksichten losgelö\t Ut... In: der nächsten Session müssen wir allerdings zu einer organischen Nevision unserer Steuergeseßgebung tommen, um die gegenwärtigen Zuschläge zu beseitigen. Veit der Organisation der VBeranlagungsbehörden brauchen wir nicht zu warten, bis die Reorganisation der gesamten inneren Verwaltung möglich ist, denn diese wird noch eine Reibe von Jahren dauern. Dezentralisation ist auh das Ziel für die Reorganisation der Beranlagungsbehörden, aber wenn wir dem Landrat \o viele Steuergeschäfte aufbürden, dann wird er feinen übrigen Aufgaben enlzogen, oder es fommt dahin, daß der Landrat nur noch dem Namen nach der Vorsitzende der Beran- lagungskfommission ist, die Beranlagungsgeschäfte aber in We hrheit in der Hand des Kreiss\ekretärs liegen. Das müssen wir auf jeden Fall vermeiden. Es empfiehlt sih vielmehr die Einrichtung, wie sie in Charlottenburg sich bewährt hat, wo der Bürgermeister allerdings der Vorsitzende der Beranlagungskommission ist, aber ein besonders an- ge\stellker Steuerdirektor die gesamte Veranlagung vorbereitet, und das hat den Erfolg gehabt, daß in fünf Jahren der Steuerbetrag um 90 % gestiegen ist. Nach diesem Muster sollten wir dem Land rat ein besonderes Organ für die Beranlagungsgeschäfte an die Seite stellen. Bei der Nevision der Steuergeseßgebung müssen wir dafür \orgen, daß durh eine immer ichärfere Kontrolle, durch die Einführung der Deklaration für die Ergän zungssteuer und durch die Organisation unserer Veranlagungs behörden eine immer gerehtere Steuererfassung erreicht wird.

Ubg. Dr. Röchling (nl.) gibt seiner Freude UAusdruck, daß in

bezug auf die zu erzielende Gerechtigkeit in der Steuerveranlagung ein einheitliher Block von Hirsch bis Hennigs zu stande gekommen sei, und bringt sodann einige Spezialfälle zur Sprache, in denen die geseßlichen Bestimmungen über die Steuerermäßigung infolge einer Verminderung des Einkommens oder des gänzlichen Fortfalles der Steuerquelle im Lauféê des Jahres zu Härten geführt haben.

Aba. Dr. Hei stg (Zentr.) führt einen Fall an, in welchem die B2seitigung des Kommunalsteuerprivilegs der Beamten zu einer unrichtigen Beschneidung dieses Privilegs geführt habe, und weist ferner auf die vielfah falsche Einschäßung des

E R E E

Mittel sinnen, Das kann aber nur geschehen Verkehrsmittel.

Landes nah besseren Verkehrsmitteln durchaus an. das platte Land dur die Bevorzugung hinsichtlich des Wahlrechts einen fo fgroßen Einfluß auf die wirtschaftliche Gegenseitigkeit,*?daß

landwirtschaftlihen VBesißzes hin. Die Zugrundelegung des gemeinen Wertes bei der Einschäßung des ländlichen (Grund- besißbes und die kommende Wertizuwachssteuer erforderten eine Neuregelung des Tarwesfens. In einem Falle hätten drei Sach- verständige den Wert eines städtischen Grundstücks anderthalb bis zweimal fo hoh geschäßt, als es bei der leßten Gebäudesteuerrevision nah dem Nußungswert eingeshäßt war; sie hätten einfah an genommen: wenn man sich das Gebäude wegdenke, so habe das Grundstück als Bauplaß so und so viel Wert pro Quadratmeter. Das gesamte Taxwesen bedürfe deshalb einer gründlichen Neform. Die Sachverständigen, welche die Taxen aufzustellen hätten, feien nicht genügend mit dem Wesen der Wertschäßzung vertraut. In den Katasterämtern würden viele Wertangaben einfah als unbrauchbar gekennzeichnet. Der Landwirtschaftsminister wolle auf einigen vom Staate selbst bewirtschafteten Gütern und Domänen eine Muster- buchführung anlegen, um zu zeigen, wie in der Landwirtschaft die Bücher zu führen, der Crtrag zu berechnen, der Gutswert festzu- stellen sei. Der Redner bittet den Finanzminister, sih deshalb auch mit dem Landwirtschaftsminister in Verbindung zu seten. Es sei do einfa robe Willkür, wenn man Gebäude, die noch lange stehen könnten, sih einfah hinwegdächte, um das Grundstück als Bauland einzushäßen.

Abg. Dr. Pachnicke (fr. Bgg.): Der Landrat darf nicht über lastet werden. Da der Finanzminister in Preußen ein mächtiger Mann ist, kann ich nur wünschen, daß er bei den Ner handlungen über die VBerwaltungsreform seinen Einfluß dahin geltend macht, daß bei den Veranlagungskommissionen an die Stelle der Landrâte staatliche Beranlagungskommissare geseßt werden. Die Steuerstatistik des Finanzministers leidet an dem Fehler, daß sie unterscheidet zwischen kreisfreien Städten und kreisangehörigen Orten. Dadurch trifft man nicht das platte Land und den einzelüen Gutsbezirk; man muß vielmehr einzelne charakteristis{e Kreise herausgreifen und da einmal sondern zwischen den Städten und den Gutsbezirken. Was die Neureglung der Einkommensteuer betrifft, so möchte ich für meine Person den Gedanken, das Vermögen einer Deklarationspfliht zu unterwerfen, wohl für erwägenswert halten. Dagegen habe ich Bedenken, die Bank- und Sparkassenguthaben offen zu legen, da diese Guthaben dann wahrscheinlih ins Ausland wandern würden. Im übrigen werden wir ja die Vorschläge der Negierung abzuwarten haben.

Abg. von Kessel (Tonf.) : punkt unferer Fraktion \o klar

Der Abg. Hennigs hat den Stand auselnanderge]eßt, daß ich darüber nichts mehr zu sagen brauche. Nur eine Aeußerung des Finanz mimsters gibt mir noch zu eintgen Worten Veranlassung. Ich habe, wie ja auch der Abg. Pachnike, aus dem Schlußsaße des Glnanziinislers den Cindruck gehabt, daß ‘derselbe dem Gedanken nicht abgeneigt _1t, dem Landrat die Steuerveranlagung zu nehmen. Demgegenüber \teht meine Hratlion auf dem Standpunkt, daß sie das für eine außerordentli \{hädliche Maßregel hält. Die Landräte sind nun einmal diejenigen, die im Kreise über die Verhältnisse der Besißer und der Cingesessenen überhaupt am besien orientiert ind, lle müssen auch Gelegenheit haben, ih diese Drientierung aus der Veranlagung zu beschaffen. Cndlich aber befürchten wir, daß, wenn die Sache dem Landrat genommen wird, dadurh nicht eine Ver- besserung, jondern eine Berschlehterung eintritt, daß die Sache dann in bureaukratishe Hände kommt, daß einzelne kleine Fehler gerügt werden, daß aber die wirklichen Verhältnisse nicht erfaßt werden.

Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

Meine Herren! Jch glaube, ih habe mi mit genügender Deut- lihfkeit darüber ausgesprochen. Ich habe gesagt : die ¿rrage, ob man die jeßigen Landräte in ihrer Stellung als Vorsitzende der WVer- anlagungskommissfion ersetzen will, muß abhängen von der Ver waltungsreform. Jch habe mich weder pro noch contra geäußert und habe mich ja au {on bei der ersten Lesung darüber ausgesprochen.

Ich glaube, es wäre richtig, daß wir alle, auch die Parteien, uns die Beschlußnahme vorbehielten, bis man schen kann, welches Maß von Mehrarbeiten dem Landrat aus der Verwaltungsreform erwächst.

Abg. Graf von Moltke (frkonf.): Die Stadt Berlin bringt eine höhere Cinkommensteuer als Ostpreußen, Westpreußen, Pommern, Posen und ganz Schlesien außer Oppeln auf. Diese Provinzen sind gegenüber dem kapitalistishen Einfluß Berlins wie des ganzen Westens über- haupt stark benachteiligt. Ein leitender Staatsmann muß daher auf j den fapitalistishen Einfluß des Ostens zu stärken. | dur eine intensive Ausgestaltung der

erkennen das Bedürfnis des platten

Abg. Macco (nl.): Wir A Anderseits hat

von einer Benachteiligung gegenüber Berlin in fapitalistisher Be- ziehung nicht die Nede sein kann. Die Einnahmen werden bewilligt.

Bei den dauernden Ausgaben tritt

Abg. H etne (nl.) dafür ein, daß das Dienstalter der Kataster- beamten in gleiher Weise wie bei der landwirtschaftlichen Verwaltung geregelt werde. G , E, cke (Zentr.) spricht der Negierung seinen Dank für die Schaffung zweier neuer Kakasterämter aus und bittet den Finanz- minister, die Schreibweise des Ortes Förde, der in den Erläuterungen mit einem „h“ geschrieben jet, rihtigstellen zu lasen. %

Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:

Meine Herren ! Konzessionen, die mir nichts kosten, mache ih am allerliebsten. (Heiterkeit) In diesem Falle kann ih den Herrn Vorredner beruhigen: das H ist lediglih durch ein Versehen der Druckerei hereingefommen. (Heiterkeit.) Wir werden also gern bereit sein, es wieder zu eliminieren. (Bravo!)

Abg. Dr. Gotts\chalk- Solingen (nl.) führt darüber Beschwerde, daß die Bewohner des Kreises Lennep ihre steuerlihen Geschäfte in Solingen abmachen müßten, wodur viele kostspielige Neisen unter- nommen werden müßten.

Generaldirektor der direkten Steuern bereits ein Bericht darüber eingefordert [chwerde abgeholten werden tönne.

Abg. Dr. Röchling (nl.) wünscht, daß den Veranlagungs- tommissaren ein Avancement dur Zulassung zu den Oberregierungs- ratsstellen ermöglicht werde.

Die dauernden Ausgaben werden bewilligt, desgleichen ohne Debatte die einmaligen und außerordentlichen Ausgaben.

Die Petition des Landmessers Schmidt in Berlin um Nichtverstaatlihung des Landmessergewerbes wird für erledigt erklärt. Die Petition des Magistrats in Nimpt\ch um Errichtung eines Katasteramts in Nimptsch wird der Regierung zur Berücksichtigung überwiesen.

Es folgt der Etat des Finanzministeriums.

Abg. Dr. Schroeder Cassel (nl.) bittet, die sogenannten Alt- pensionâre, die Beamten, welche vor dem 1. April 1907 pensioniert worden sind, mit Nücksicht auf die Gehaltserhöhungen für die aktiven Beamten entsprechend aufzubessern. Sobald die Finanzlage, die ih ja im Aufsteigen befinde, sich gebessert habe, müsse diese Frage gelöst werden, es müsse aber bald geschehen, da mit die Altpensionäre nicht vorber aussterben. Ferner müsse die Zwangspensionierung der Beamten neu geregelt werden. Jeßt sei der Zustand der, daß das Schicksal des Beamten ganz in das Ermessen der dem Beamten unmittelbar vorgeseßten Be- hörde gelegt sei. Sowohl im Abgeordnetenhause als auch im Herren- hause habe si lebhafter Widerstand gegen diese ¿Fassung erhoben, der nur dadur beseitigt worden sei, daß von dem damaligen Finanz- minister Bitter eine authentische Interpretation gegeben wurde, in der er zusagte, daß nur in Ausnahmefällen von dieser Bestimmung Ge- brauh gemacht werden würde, wenn ein Beamter \eine Leistungs- fähigkeit übers{häße. Nun sei neuerdings im Finanzministerium ein Nunderlaß herausgegeben worden, wonach nur ausnahmsweise ein Beamter, der das 65. Lebensjahr vollendet hat, noch weiter im Dienst bleiben solle; es bedürfe in jedem Falle aber einer Genehmigung des Ministers; es müsse erwogen werden, ob es si nit empfehlen würde, zum alten Necht zurückzukehren, wo die Beamten viel mehr ges{chüßt seien.

Heinke erwidert, daß lel, wodurh dieser Be-

Finanzministec Freiherr von R heinbaben:

Meine Herren! Was die erste von dem Herrn Vorredner berührte Frage betrifft, so kann ih ja den Wunsch der Altpensionäre begreifen, au ihrerseits eine Aufbesserung ihrer Pension zu erhalten; aber es stehen dem doch auf der anderen Seite sehr ernste grund- säßlihe und auch praktishe Bedenken entgegen. Es ist grund\äßzlich bei allen Gehaltsaufbesserungen auch in früheren Jahren daran fest- gehalten worden, daß das Nechtsverhältnis zwischen dem Staate und den Beamten als abges{lo\}sen anzusehen ist, wenn der betreffende Beamte aus dem Staatsdienste aus\cheidet und in denNuhestand übertritt (Zuruf) ; man hat infolgedessen grundsäßlih auch in früheren Jahren den Ge- seßen, die eine Gehaltsaufbesserung mit sih brachten, rückwirkende Kraft nicht eingeräumt, und ih glaube, wir müssen doch an dieser Forderung festhalten, zumal es ja an den finanziellen Mitteln voll- kommen gebrehen würde, um auc nur in nennen8wertem Maße die Pensionen der Altpensionäre aufzubessern. Unsere Ausgaben für Pensionen und Neliktenbezüge betragen gegenwärtig rund 91 Millionen Mark, und wenn wir also nur die Bezüge um etwa 10% aufbessern würden, so würde das nicht weniger als die Kleinigkeit von 9 Millionen Mark ausmachen. I{ch frage, wo bei der gegenwärtigen Finanzlage die Mittel dazu hergenommen werden follen. Ich meine auh, man brauht wohl nit so weit zu gehen, anzuerkennen, daß bei allen Alt- pensionâren ein Bedürfnis vorhanden ist, Wo aber ein Be- dürfnis vorhanden ist, da sind auch die Unterstüßungsfonds bestimmt und geeignet, die nötige Beihilfe zu gewähren. Wir haben diese Unterstüßungsfonds damals bet der Aufbesserung der Nelikten- und Pensionsbezüge wesentli erhöht, und diese Bezüge haben bisher hingereiht, um allen Bedürfnissen gerecht zu werden. Es ergaben sich sogar noch Uebershüsse, und wir haben infolgedessen die Grundsäße, nah denen in solchen Fällen Beihilfen gegeben werden fönnen, noch freigebiger ausgestaltet, gleißwohl hat bisher der Unterstüßungsfonds die nötigen Mittel nah dieser Richtung hin geboten.

Was dann die zweite Frage des Herrn Vorredners wegen der Zwangspensionierung anlangt, so bin ich eigentlich nit die richtige Schmiede, um darüber Auskunft zu geben. Denn über die Frage der Zwangspensionierung entscheidet jeder einzelne Nessortchef selbständig , der Finanzminister wird nur insofern beteiligt, als es sih um die Festseßung der Pension handelt, aber die Frage, ob ein Beamter als dienstunfähig anzusehen ist, entscheidet und muß entscheiden der be- treffende Nessorthef. I} uns im einzelnen Falle die Sache insofern auffällig erschienen, als der betreffende Beamte beispielsweise no jung war, so haben wir allerdings au für uns das Net in Anspruch genommen, nahzuforshen, worauf in dem einzelnen Fall die Gründe der Dienstunfähigheit beruhten. Nun ist die Nechtslage folgende. Jeder Beamte ist in der Lage, wenn er das 65. Lebensjahr erreicht hat, ohne weiteres und ohne den Nachweis der Dienstunfähigkeit die Pensionierung zu beantragen. Die Staatsregierung kann den Beamten, wenn er das 65. Jahr überschritten hat, nur dann pensionieren, wenn eine Dienstunfähigfkeit vorliegt. Also die Staatsregierung muß nah- weisen, daß der Beamte dienstunfähig ist. Darüber entscheidet, wie ih eben hon auszuführen die Ehre hatte, der Ressorthef. Nun gehen die Artikel ih habe sie in der Presse au verfolgt dahin, daß man Beamte über 65 Jahre pensioniert habe, obwohl sie noch dienstfähig gewesen seien. Meine Herren, soweit ih die Dinge habe verfolgen können, sind diese Behauptungen unrichtig. Jh habe in keinem Ressort einen Erlaß feststellen können, wona noch dienstfähige Beamte,