1910 / 47 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 24 Feb 1910 18:00:01 GMT) scan diff

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Herr Vorredner hat leider in einem Satz abgebrochen, den ih noch hinzufügen möchte. Es heißt da nämlich:

„Da der Verfasser als Privatmann die politishen Vor- gânge nur in ihren äußeren Erscheinungsformen ins Auge zu fassen und sie nur nah seiner subjektiven Auslegung zu beleuchten vermag, fo ist es erklärlich, daß sein Urteil in manchen Dingen fehlgreift und sein journalistisher Eifer bisweilen über das Ziel hinaus\cießt.“

(Hört, hört! bei den Nationalliberalen.) Also ih glaube nicht, daß mau, das als warme Empfehlung, wie der Herr Vorredner sagte, hin- stellen kann. Jedenfalls habe ich mich weder in meinem Schreiben noch mit dieser Aeußerung inhaltlich mit dem Verfasser identifizieren wollen und“können.

Meine Herren, der Herr Vorredner hat einen Ausführungserlaß meines Herrn Amtsvorgängers exwähnt, der ih auf das Gemeinde- wahlrecht von 1900 bezieht. Auch ih stehe durchaus auf dem Stand- punkte dieses Erlassen. Es sind ‘darin ‘genau die Direktiven für die Behörden gegeben, die mit der Bestätigung von Wahlstatuten betraut find. Eine weitergehende Einwirkung auf die Behörden der Selbst- verwaltung und auf die Bezirksausschüsse steht mir aber nicht zu. Ich bin jedoch gern bereit, auf den“ Inhalt zurückzukommen und nochmals daran zu erinnern, wie die Behörden zu verfahren haben.

Dann hat der Herr Vorredner bemängelt, daß ein Megierungs- präsident die Polizeiverordnungsentwürfe vor ihrer Heraus- gabe einfordere. Das geschieht niht, um irgendwie be- shränkend auf die Absichten der Selbstverwaltunäskörper ein- zuwirken, sondern in der wohlgemeinten Absicht, die oft von dem Abgeordnetenhaus beklagten fehlerhaften und in Form und Jn- halt nit geeignêten Polizeiverordnungen hintanzuhalten und sie nit erst hinausgehen zu lassen. ‘Es ist ja sehr leiht zu sagen: hier geht einer zu weit; aber ebenso oft hört man anderseits: hier geht ein Beamter nit weit genug; wo bleibt der Regierungspräsident? Jch glaube doch, daß jeßt im allgemeinen nah meinen Wünschen ver- fahren wird, und ih beabsichtige in keiner Weise auf die Selbst- verwaltung hindernd einzuwirken.

Der Herr Vorredner hat ih dann mißbilligend über den Ne- gierungspräsidenten in Breslau geäußert, wélcher bei Gelegenheit des Deutschen Katholikentages in Breslau im vorigen Sommer es handelte sih da weder um einen internationalen Kongreß, noch um eine Wahlversamnilung, noch sind in Breslau 60 9/0 fremdsprachige Bevölkerung vorhanden mangels dieser zwingenden Grundsäße es abgelehnt hat, eine besondere Vexaulassung für die Anwendung der polnischen Sprache anzuerkennen. Der NRegierungspräsident in Breslau ist in ‘dieser Sache durchaus objektiv vorgegangen. (Dho! im Zentrum.) Er ‘hat fich an den Negierungöpräsidenten in Oppeln gewandt, und dieser hat die Polizeiberwaltung und die Landräte gehört über jeden einzelnen der -19 polnischen Vereine, die ihre Versammlungen - in pölnischer Sprache führen wollten. Däs Ergebnis dieser Ermittlung war, daß zwar in den meisten diefer Vereine gewöhnlich polnisch gesprochen wird, daß aber die große Mehrzahl der Mitglieder dieser Vereine einem Vörtrage in deutsher Sprache folgen kann. Er hat also da nicht ab ira ‘gehandelt, fondern ist, zumal er eben erst dorthin ge- tommen war, ‘durchaus objektiv vorgegangen.

Sie müssen nun- aber auch insofern auf den Negierungspräsidenten Rücksicht nehmen, als die Sprachverordnung im § 12 des Vereinsgesetßzes, welche bestimmt, es soll Deutsch gesprochen werden, nicht lediglich ein Merkmal polizeilicher Einschränkung, auch nicht eine Negation der Versammlungsfreiheit, sondern eine nationale Forderung ist. (Lachen bei den Polen und im Zentrum.) Und dieser nationalen Forderung entsprechend, hat der Negierungspräsident Bedenken getragen, in der deutschsprechenden Provinzialhauptstadt Breslau in einer Versamm-

lung die polnishe Sprache zuzulassen. Es wäre das auf deutscher Seite {wer empfundèn worden. (Lachen im Zentrum.) Bitte, lesen Sie doch die Zeitungen! (Große Heiterkeit im Zeutrum. Zuruf im Zentrum.) Es wäre {wer empfunden worden, wenn dort eine polnische Versammlung stattgefunden hätte, und die Durchführung des § 12 würde dur dies Präjudiz außerordentlich ers{chwert worden sein. (Lachen im Zentrum.) Es ist übrigens eine Bes{hwerde damals an mich nicht erhoben worden. Wenn es aber der Fall gewesen wäre, so würde ih meinerseits auch diesen Standpunkt eingenommen haben.

Meine Herren, es ist dann der Herr Vorredner auf einen Gegen- stand zurückgekommen, der in der Budgetkommission zur Sprache Ge- bracht ist; das is der Kieler Fall. Jh erkenne ja vollständig an, daß es nah der Persönlichkeit des Engländers Macdonald und nach seinem Berliner Auftreten als Mitglied der Friedensliga englischer Arbeiter an fich und in geeigneter Umgebung völlig unbedenklich ge- wesen wäre, ihn in einer öffentlichen Versammlung englis sprechen zu lassen; aber man muß doch den Ort, die Zeit und die ganzen Umstände berücksichtigen, unter denen sih dieser Kieler Fall zu- getragen hat. Die Versammlungen, um die es ih handelte, waren öffentliche politische Versammlungen, die von der sozialdemokratischen Parteiorganisation einberufen waren, nit etwa ein internationaler Kongreß. Es sollte auf diesen Versammlungen in englischer, dänischer und s{wedisher Sprache geredet werden. Die Namen der Redner wurden nicht mitgeteilt. Nach der Anmeldung follte angebli über die allgemeine „Abrüstungsfrage" gesprochen werden. Nah der am 12. August durch die sozialdemokratische Volkszeitung bekannt gegebenen Tagesordnung waren die Verhandlungspunkte aber: „die Sozialdemokratie, Weltfriede und internationale Verbrüderung“. (Hört, hört!) Die Versammlungen fielen in eine Zeit, in der eben ein {werer Streik städtischer Arbeiter ‘erledigt war, und in der in Schweden der große und langwierige Generalstreik nod bestand. Daß die Annahme des Polizeipräsidenten richtig gewesen ist, es werde be- absichtigt, gerade diesen hwedishen Generalstreik in die Erörterung zu ziehen, hat der Verlauf der Versammlung durchaus bestätigt, in- dem die Themata „Generalstreik“ und „internationale Verbrüderung“ zum mindesten denselben Naum eingenommen haben wie das Thema „Weltfriede“, und indem zu moralischer und finanzieller Unterstüßung des Generalstreiks ausdrücklidch aufgefordert ist. Also die Auffassung, es habe sih hier um nichts anderes als um eine „Friedensdelegation“ gehandelt, auf der ausländische Nedner sprechen follten, is durchaus niht am Play. Wenn die Sozialdemokraten in Kiel das Bedürfnis fühlen, sih über die Internationale zu unterhalten, so mögen sie das unker sich tun. Hierzu ausländische Genossen zuz1 lassen, “liegt nicht im Staatsinteresse (Sehr richtig! rechts), und der Ausländer steht überhaupt nit unter dem Bereinsgeset.

e Abg. von Pappenheim (kons.): Nicht die Tatsache, daß der “Bersajjer des Buches „Fürst Bülow und feine Beit" in einer unerhört

beshimpfenden Weise über verschiedene Parteien gesprochen hat, kann für uns von Bedeutung fein, sondern die Tatsache, daß ein Buch dieses Charakters in einer Form von der Staats- regierung in der Oeffentlichkeit empfohlen wird, die geeignet ift, die Annahme zu verbreiten, daß sih die Staatsregierung mit der in dem Buche niedergelegten Tendenz einverstanden erklärt. Der Minister hat erklärt, daß er dieses Buch nur durch- geblättert hat. Jh nehme an und kann nihts anderes annehmen, daß dieses Blättern nur ein sehr flüchtiges gewesen ift. Ich kann nicht annehmen, daß sich der Minister mit den Ausführungen in diesem Buche beschäftigt hat, die \sih zum Teil auf die boch- A Persönlichkeit des Herrn Kultusministers von Studt be- ziehen. Jch kann nur annehmen, daß ihm von seinen nachgeordneten Beamten Mitteilungen über den Inhalt des Buches nicht gemacht find. Cs mußte im Ministerium des Innern bekannt sein, daß der Mann, der hinter. dem Namen Germanicus sich versteckt, von einem echten Germanen nur die Eigenschaft hat, daß er Zwist zwischen allen bürgerlichen Parteien zu säen ih bemüht. Ich kann nur annehmen, daß der Minister in einer vornehmen Gesinnung glaubt ver- pflichtet zu sein, seine nahgeordneten Beamten zu decken. Jch muß aber lebhaft bedauern, daß er diesen Mißgriff niht \{härfer verurteilt hat und von dem Verfasser abgerückt ist, nachdem die erste Auflage dieses Buches in der „Berliner Korrespondenz“ empfohlen war. ' Ich kann keinen anderen Ausdruck gebrauchen; denn der Schlußsaß enthält zu deutlih eine Empfehlung des. Buches. Wir köunen nur annehmen, daß hier im Ministerium ein arger Lapsus passiert ist, und daß der betreffende Beamte nicht mit der nötigen Aufmerksamkeit das Buch gelesen hat. Wir können nit an- nehmen, daß sih ein preußisher Minister mit den dort niedergelegten Ansichten identifiziert.

Abg. Frit \ch (nl.): Wiederholt hat \sich das Haus mit dem Wunsche beschäftigt, daß ein Geseß zur Aufhebung der Arreststrafen für die Unterbeamten vorgelegt werde. 1904 hat die Negierung ein solches Gefeß zugesagt, 1906 beschäftigte sich das Haus wiederum damit, aber das Gesetz ift in der Versenkung vershwunden. Zahlreiche Petitionen sind alljährlich in dieser Sache an uns gelangt, es ist end- lih an der Zeit, daß uns die Regierung eine solche Vorlage macht. Wir müssen überhaupt zu einem allgemeinen Beamtengeseß kommen : das geltende Beamtenrecht bedarf dringend der Reform. Ferner wünsche ih, daß den Vororten großer Städte, die selbst einen städtischen Charakter angenommen haben, das Stadtrecht gewährt wird. Die MNegierung macht in dieser Hinsicht immer zu große Schwierigkeiten. Das Zentrum beklagt sih jeßt über die plutoktratische Wirkung des kommunalen Wahlrechts, z. B. in Crefeld, - aber gerade das Zentrum hat das Geseß von 1893 über die Zulassung der Drittelung in den Urwahl- bezirken verlangt. (Vizepräsident Dr. Porsch: Wenn ih den Redner recht verstanden habe, spricht er jeßt über die Wahlrechts- reform.) Nein, ih spreche nur über das kommunale Wahlrecht. Der Nedner bespricht ferner die einander gegenüberstehenden Urteile des Kammergerichts und des Oberverwaltungsgerihts über die Voraus- seßungen für die Anwendung der Fürsorgeerziehung und {ließt sich dem Abg. von Pappenheim in der Kritik des Verhaltens des Ministers

in der Angelegenheit der Germanicus-Shrift an.

Ein Antrag des Abg. Rosenow (fr. Volksp.) auf Ver- tagung mit Rücksicht auf die am Abend stattfindenden Kom- missionsarbeiten wird gegen die Stimmen der gesamten Linken abgelehnt.

Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): In wenigen Punkten können wir die Tätigkeit des Ministers des JInnern anerkennen, z. B. ist der Ton dèr Beamten gegen das Publikum höflicher gewörden, aber im ganzen müssen wir doh an der Verwaltung des Innern Kritik üben. Der

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Minifterpräsident sagte, daß der Bureaukratismus ein Volk: zum Ab- sterben ‘bringen könne; -dann dürfte er selbft niht einen Tag länger Ministerpräfident bleiben, denn ex ist selbst ein vollkommener Bureaukrat. Gs ‘ift ja bekannt, daß wir“ in Preußen im Polizeistaat kat’ exochen leben. Es ist das Verdienst Schückings, daß er auf die Einwirkung des Landrats auf die Kreisblattpresse! hingewtesen hat. Das Wesent- liche der Verwaltungsreform liegt für uns darin, daß Nechtsgarantien gegen die Verwaltungsmißbräuche geschaffen werden. Wir haben eine Neihe Anträge gestellt, die dahin wirken sollen, aus dem Polizei- staat’ Preußen allmählich einen Nechts\taat zu machen. Das unglüdck- selige Gebilde des Konflikts auf zivil- und strafrechtlihem Gebiete muß beseitigt werden. Die Demoktatisierung der ganzen Verwaltung halten wir für unser letztes Ziel, um die Verwaltung zu einem FIn- strument des Volkswillens zu machen. Unsere programmatische For- derung des allgemeinen, gleichen, ‘direkten und geheimen Wahlrehts für beide Geschlechter gilt selbstverständlih auch auf kommunalem Gebiete. Die Proöstituierten und die Vagabunden sind die unglückseligen Opfer unferer Gesellschaftsordnung ; deshalb müssen alle unnötigen Härten gegen diesé Unglülichen vermieden und ihnen alle Mittel dazu gewährt werden, zu einem ‘geordneten bürgerlihen Leben zurüch{zukehren. Der Nuf „Schuß vor den Schutleuten!“ ist in unserer Presse ständig geworden. In Hannover, Dortmund und Breslau ist die Polizei bei der ganzen Bevölkerung verrufen, weil dort auf den Polizeiwachen gewohnheits- mäßig geprügelt wird. Die einseitige und rüdsihtsloseste Art und Weise, in welcher die Polizei Partei gegen das Proletariat nimmt, ijl für uns eine wertvolle Stütze, um das Volk aufzuklären. Das. Vereinsgesceß wird von der Polizei mit Füßen getreten : die Auflösung der verschiedenen Jugendorganisationen in Berlin, Breslau und Königsberg ist ungesetlich. Diese Organi sationen haben \ich mit Erfolg bemüht , unpolitishe, reine Vildungsorganisationen zu sein; sie sind niht im entferntesten so politisch wie die SJugendorganisationen mit christlichen Tendenzen. Die Jugendbewegung der Arbeiterklasse werden. Sie nie und nimmer töten können, die Verfolgungen sind die beste Agitation. In Kiel habe ih eine Versammlung von 10 000 Arbeitern unter freiem Himmel abgehalten, die vollständig ruhig verlaufen ist. Es handelte fich darum, der Meinung der Arbeiterschaft Ausdruck zu ver- leihen, daß es eine Schande für Deutschland sei, daß der Zar deutschen Boden betreten habe. (Vizepräsident Dr. Por: Ih rufe Sie zur Ordnung!) Den Fremden in Preußen müssen alle Nechtsgarantien geshaffen werden. Das Traurigste auf dem Gebiet der Fremdenpolizei find die Kontrollstationen, sie sind ein Schmutßfleck an der preußischen Verwaltung. (Vizepräsident Dr. Porsch: Ich bitte ‘Sie, sch in Ihren Ausdrücken zu mäßigen !) Bei der Beurteilung der Straßendemonstrationen fommt es nah einem Erkenntnis des Kammergerichts lediglich darauf an, ob wirklich die öffentlihe Ordnung gestört worden ist. Als erste richtete sich vor einigen Jahren die Polizei in Breslau auf die Bekämpfung der Straßendemonstrationen ein, es wurden Nevolver angeschafft, die Säbel wurden geschliffen, es wurde auch hausgesuht nach Waffen, man fand aber nur geistige Waffen. Auch Kanonen rollten über die Straßen. Bei jener Gelegenheit wurde dem Biewald von einem Schußzmann die Hand abgeschlagen, die fortan für uns ein Wahrzeichen scin wird. Die Willkür der Polizei in Berlin hat auch Graf Hoensbroch gekennzeichnet, und der ist doch gewiß fein Sozialdemokrat. (Lachen rets.) Für Sie is natürlich alles ]ozialdemokratish, was links von Verrn von Heydebrand ist. In der neuesten Zeit sind die Straßendemonstrationen einfach gegen Geseß und Necht verboten worden ; dabei hat {i überall, wo die Polizei nit eingriff, alles in Nuhe und Ordnung abgespielt. Solche fpontanen Kundgebungen des Volkes sind nach dem Urteil des Kammergerichts zulässig und werden fih auch nicht unterbinden lassen. Der Polizeipräsident hat in einem Artikel auf die Geseße in England für die Abhaltung von Struaßenversammlungen hingewiesen: ex hat davon Behauptungen aufgestellt, die man nicht einmal einem Subh- alternbeamten zutrauen fönnte. Jedermann weiß, daß s\ich das englische Volk {on seit einem Menschenalter das Necht auf die Straße erkämpft hat, und daß alle Augenblicke Versammlungen auf der Straße stattfinden. Der konservative „Standard“ sagt in éiner Be- sprechung dieser Dinge, die preußische Regierung hämmere die Sozial- demokratie zusammen, keine Negierung könne auf die Dauer gegen den Volkswillen sich halten. In Frankreich sind die Ferrer Versammlungen gestattet gewesen, dem Karneval auf der

Straße macht „die preußishe Negierung keine Schwierig- keiten, ebensowenig wie sie nah den Wahlen von 1907 den Herren vom _Hottentottenblock Schwierigkeiten bereitet bat Als hier neulich die Wahlrechtsvorlage auf der Tagesordnung stand.

; L M TS a M g land, erhielten die Mitglieder des Hauses die Mahnung, den Ein gang in der Leipziger Straße zu wählen, weil in der Prinz-Albret Straße große Ansammlungen befürchtet würden. Die Polizei ist aber mit ihrer Aengstlichkeit ins Wasser gefallen, es ist nichts passiert. Der Polizeipräsident erließ gleichzeitig die bekannte Bekanntmachung : „C8 wird das Necht auf die Straße verkündet, Die Straße dient lediglih dem Verkehr. Bei Widerstand gegen die Staatsgewalt wird von den Waffen Gebrauch gemacht. Ich warne Neugierige !“ Die Straßendemonstrationen sind „von Idealismug und Opferfreudigkeit getragen worden. Das Volk ist reif geworden die uno felbst in die Hand zu nehmen und sich die Oerrschaft eines leinen Häufleins von Ausbeutern und Unterdrükern nicht mehr gefallen zu lassen. A ent Dr. Por ch: Ih bitte Sie, diese Ausdrücke nicht zu gebrauchen!) Die Straßendemonstrationen sind glänzend verlaufen in dem Stnne, daß die Arbeiterschaft ein Maß von Besonnenheit und Selbstzucht bewiesen hat, daß sie selbst im Sinne eines Polizeiministers ungefährlich ist. Allerdings ist an einigen Stellen Blut geflossen, aber niht durch die Schuld der Arbeiterschaft, sondern durh die Schuld der egierung, de preußischen Reaktion, der preußischen- ZJunkerreaktion. Dj „Frankfurter Zeitung“, die doch fein loztaldemokratisches Blatt ist, verurteilt das brutale Vorgehen der Polizei gegen die Straßendemonstranten. (Der - Redner verliest Den Artikel iy Wortlaut) Is es „nicht unerhört, daß die Polizei selbst auf die Frauen rücsichtslos eingehauen hat? Jn einem Bericht heißt es, auf eine Frau, die zu Boden geworfen war, hieben die Beamten unbarimnherzig U I zeihnend, daß Sie lachen. (Der Redner verliest einen Bericht über die Vdrgänge in Neumünster.) Der „Vorwärts“ hat die Zurü. haltung der Polizei in vielen Fallen, auh hier in Berlin, an- erkennend hervorgehoben, das fann uns nit abhalten, die einzelnen ¿Fâlle „von rücksichtslosem ees der Polizei zu kritisieren. Dey Polizeiminister “hätte dafür orgen müssen, daß sih die Polizei überall in verständiger Weise zurückhielt. Da er es nicht getan hat, können wir mit Fug und Neht behaupten, daß das Blut an den Hânden der Polizei klebt, und daß es kein Mittel gibt, diese Blut. {huld wieder abzuwaschen. (Vizepräsident Dr. Porsch erteilt dem Nedner zum zweiten Meale einen Ordnungsruf und macht ihn auf die geschäftsordnungsmäßigen _Folgen désfelben aufmerksam.) Der Schritt vom Erhabenen zum Lächerlichen ist klein. Wenn id die Vorgänge im Berliner Rathause ‘erwähne, „wo ein Leutnant und zehn Mann einquartiert waren, so hoffe ih, ein inniges Verständnis bei Ihnen zu finden. Diese polizeiliche Maßnahme hat mit einem Ftasko des Berliner Polizeipräsidenten “geendigt. Den \ch{ärfsten Vorwurf muß ih den Verwaltungsbehörden aber deshalb machen, weil fie Militär requiriert haben. Durch diese Anwendung des Mi- litärs ist ‘eine Mißstimmung erzeugt worden, daß sich jede anti- militaristische Propaganda in meinem Sinne erübrigt. Der Erlaß an sämtliche Negimentskommandeure ist nicht bestritken worden, auch nicht, daß das zweite Gardedragonerregiment am Sonnabend vor den Demonstrationen in Tempelhof scharfes Probereiten veranstaltete, damit ih die Pferde an das Berliner flaster gewöhnen. Wenn die Polizeiverwaltung uns Ordnung halten läßt, so werden wir: béi den Demonstrationen auch für Ordnung sorgen. Wir sind entschlossen, auch mit der Anwendung der schärfsten Mittel nicht zurüd- zuhalten, sobald wir es für zweckmäßig halten. Jch fprede nicht von Pistolen und Maschinengewehren, aber wir werden durch unsere Agitation eine Stimmung in die Lip lrerung Hineintragen, daß die Regierung nicht im stande sein ‘wird, tanger Widerstand dem Wunsche des Volkes entgegenzufeßen. Auch das Mittel dés Massen- streiks wird zur Anwendung kommen. Der Massenstreik wird nicht gemacht werden, sondern er kommt von selbst. Duxch diesen Ansturm wird auch Ihre äußere Zuversicht erschüttert werden. Die Haltung der Wahlrehtskommission (Vizepräsident Dr. Por} ch bittet den Nedner, nicht über das Wahlrecht zu sprechen, fondern “ch an den Beschluß des Hauses zu halten.) Wir Sozialdemokraten werden uns mcht in das Borhorn jagen lassen. Wir rufen das Bürgertum auf, Seite an Seite mit der Sozial- demokratie in diesem Kampfe zusammenzustehen. Auch die große Masse der Beamtenschaft und der Funktionäâre des gegenwärtigen Systems werden erkennen, daß sie niht an der Aufrechterhaltung des preußischen Systems interessiert sind, sondern daß lle fh auf die Seite der Sozialdemokratie stellen müssen. So wird {ließli auch Ihre leßte Waffe gegen das Proletariat, Polizei und Militär, versagen.

Minister des Jnnern von Moltke:

Meine Herren! Es tut mir leid, zu so später Stunde Ihre Geduld noch einen Augenblick in Anspruch nehmen zu müssen, nit etwa, weil der Herr Vorredner einen tiefen Eindruck auf mi ge- macht hätte (Heiterkeit rets Zuruf bei den Sozialdemokraten), sondern lediglich aus dem Grunde, weil ih nicht möchte, daß die vielen Uebertreibungen und falschen Behauptungen, die er aufgestellt hat, um die mir unterstellten Polizeiorgane eines falschen Auftretens zu verdächtigen und zu beschuldigen, auh nur eine Minute unwider- \prochen blieben. (Bravo! rechts.)

Meine Herren, der Herr Abgeordnete hat uns eben wieder, wie das von jener Seite {hon öfters gesehen ist, glauben maten wollen, daß die Sozialdemokratie bei derartigen Demonstrationen si selbst über- lassen, hon selbst für Ordnung sorgen werde (sehr richtig! bei den Sozial- demokraten), und daß die Polizei gefälligst zu Hause bleiben oder zusehen möge. Meine Herren, wir haben an dem Tage, an dem der König von England hier war, gesehen, was daraus folgt, was aus den Demonstrationen gefolgt ist, als die Polizei niht im Stande war, {nell genug an der Stelle zu sein (Zurufe bei den Sozialdemokraten Glocke des Prâ- sidenten), da handelt es sich niht mehr, wie in dem von ihnen an- gezogenen Erkenntnis des Kammergerichts um „groben Unfug“, sondern da kommen ganz andere Paragraphen des Strafgeseßbuchs in Betracht (Zurufe bei den Sozialdemokraten), und das istdie Folge Ihrer Demonstra- tionen, zu denen Sie hetzen, in die Sie das Volk künstlih hinein- treiben (sehr rihtig! rets), um nachher zu behaupten, das sind spon- tane Kundgebungen. (Lebhafte Zustimmung rechts. Zuruf rechts. Zuruf des Abg. Liebkneht. Rufe rechts: Nuhe! Gloe des Präsidenten.)

Meine Herren, der Herr Abgeordnete hat auch wieder unzutreffende Behauptungen über die neusten Hergänge vorgetragen. Ich habe die ganzen Berichte hier und wäre in der Lage, sie Ihnen alle vorzulesen, um ihn vollständig zu widerlegen. Das sind Uebertreibungen und Zeitungsnachrichten, die sich, wenn man zurückfragt, nicht bewahrheiten und bestätigen. (Hört! hört! rechts.) Aber gestatten Sie mir wenigstens einen Bericht Ihnen mitzuteilen. Er bezieht sich auf die Vorgänge in Frankfurt.

(Schluß in der Dritten Beilage.)

Dritte Beilage

zum Deutschen Neichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

M 4AT

Berlin, Donnerstag, den 24. Februar

(Schluß aus der Zweiten Beilage.)

Am Donnerstag, den 18. Februar.

Am Abend dieses Tages wurde in 5 Versammlungen das Borgehen der Frankfurter Polizei gegenüber den Wahl- rechtsdemonstrationen erörtert. Die Teilnehmer von 4 Ver? sammlungen gingen zum Schluß auseinander. An die fünfte im Gewerkschaftshause abgehaltene Versammlung haben sich dagegen s{chwere Ausschreitungen geknüpft. Der Hauptteil der aus dieser Versammlung kommenden Menge zog in ge- schlossener Formation über die Zeil nah dem Roßmarkt zu; der zweite Teil sammelte sich vor dem Polizeidienstgebäude. Ueberall ertônten aus der Menge heraus Pfuirufe und Beschimpfungen der Polizei, wie „Bluthunde“ und dergleichen.

Der über die Zeil marschierende Zug wurde von einem Manne (Schlosser Herckert) angeführt, der die ihm folgende Menge fort- gefeßt zu erneuten und verstärkten Demonstrationen anfeuerte. Ein Kriminalschußzmann nahm ihn als offenbaren Nädelsführer fest und wollte ihn unter Beihilfe zweier uniformierter Schußleute zur Wache bringen. Unter Drohungen und Geschrei folgte die Menge

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dem Transport auf dem Fuße. Messer wurden gezüct

(hört, hört! rechts) und aus der Mitte der die Beamten Bedrängenden fielen mehrere Schüsse. Der eine Zchußmann erhielt dabei von hinten cinen tiefen, bis auf die Lunge gehenden Stich in die Schulter.

Nun erst gab dieser Beamte mehrere Verteidigungs\hüsse ab.

Als noch weitere Schüsse aus der Menge nah den Beamten fielen, aniwortete der Kriminalshußmann mit einem Gegenschuß. Auf diesen Beamten drang jetzt ein Mann mit entblößtem Stocdegen ein, während ihm ein anderer eine Hand voll gemahlenen Pfeffer in die Augen warf.

(Hört, hört! rets.) Gs gelang dem Beamten noch, den mit dem Stockdegen auf ihn Eindringenden durch einen Schuß abzuwehren. Es folgten weitere Schüsse aus der Menge. Die drei hier allein befindlichen, von der wütenden Menge eingeslossenen Beamten befanden sich in höchster Lebensgefahr. Durch die Notpfeife aufmerksam gemacht, kam ihnen vom nahen Polizeipräsidium her eine Abteilung Schußtzleute zu Vilfe. Dem erhaltenen Befehl entsprehend vertrieben diese mit blanker Waffe die jene drei Beamten bedrohende Menge.

(Hört, hört! rets.) Etwa eine Stunde hatten die Beamten zu tun, bis es ihnen gelang, den betreffenden Straßenteil und die nächste Umgebung des Polizei: präsidiums von der andrängenden Masse freizumachen. Der tät- liche Angriff auf die Polizeimann\schaft war vorbereitet. Wie einer im Stillen ausgegebenen Parole entsprehend, hatten sich viele Demonstranten mit Messern, Schußwaffen und Steinen ausgerüstet.

(Hört, hört! rets.)

Auch auf den Gebrauch von gemahlenem Pfeffer und dergl.

zur Blendung der Beamten war hingewiesen worden. Ein hinter

Handel und Gewerbe.

(Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestellten „Nachrichten für Handel und Industrie“)

Vereinigte Staaten von Amertka. Zolltarifentscheidun gen. Behälter aus Papier, Karton oder Pappe, als Umshließungen für Waren eingehend, die syezifischen, aber vom Werte abhängigen Zollsätßen unterliegen, sind nicht nah § 195 des Tarifs für sich zur Verzollung zu ziehen, weil ihr Wert gemäß Unterabschnitt 18 von Abschnitt 28 des Tarifgesetzes dem Werte der Ware hinzugefügt und als ein Teil ihres Eigenwerts für die Festseßung des darauf anwendbaren Zollsaßes angesehen werden muß. (Verfügung des Schaßamts vom 21. Dezember 1909.)

Zu Nasiermesserklingen vorgearbeitete Stahlstüke (razor blanks) aus Shmiedestahl, vollständig geformt, die nur ge- glättet und geshliffen zu werden brauchen, um sie zu fertigen Klingen zu machen, und die zu keinem anderen Zwecke geeignet sind, sollen als „Unfertige Rasiermesserklingen“ angesehen und als solche verzollt werden (8 153 des Tarifs von 1897, §8 152 des Tarifs von 1909). (Treasury Decisions under the customs etc. laws Nr. 30 217 bis 30 228.)

Columbien.

Konsulargebühren tarif. Laut Geseg Nr. 57 vom 4. De- zember v. J. werden die Konsularfakturen Fur die Zwecke der konsula- rishen Beglaubigung in folgende drei Klassen geteilt:

1) Fakturen, worin nur Gold und Silber, gemünzt oder in Barren, mit einem Feingehalt von niht weniger als 0,900 aufgeführt sind; Fakturen über Gegenstände, die amtlich von der National- regierung oder den Regierungen der Departemen s bestellt sind, sowie Fakturen über Gegenstände des persönlichen Gebrauchs, die an fremde, bei der Regierung der Republik beglaubigte Gesandte gerichtet sind, sofern die Nationen, die sie vertreten, den columbischen Gesandten und diplomatischen Agenten die gleiche Befreiung be- willigen und die in Betracht kommenden geseßlichen Vorschriften erfüllt werden; Fakturen über Pflanzen und lebende Tiere, Sämereien für Landwirtschaft, Heilserums und Impfstoffe, gedruckte Bücher und Gegenstände für den Unterricht. Für dergleichen Fakturen werden keine Gebühren für die kfonsularishe Beglaubigung erhoben.

2) Fafkturen über Waren aus Eisen, Stahl, Kupfer, Zink, Holz, Steinkohle, Oele und Fette für Maschinen und für die Malerei sowie zubereitete Farben, die für Schiffahrts-, Cisenbahn-, Fabrik- und Gewerbsgesellschaften oder zum Brückenbau für öffentliche oder Privatzwecke bestimmt sind: natürlicher oder Tünstliher Dünger, Schwefelsäure, Shwefel, Motoren jeglichen Systems und Gewichts, Dampf- und elektrishe Generatoren, Pflüge, Maschinen, Werkzeuge und Geräte für Landwirtschaft, Bergbau, (Gewerbe, Handwerk und Kunst, Näh-, Spinn- und Wirkmaschinen ; Gebäude aus Eisen oder Holz, Bedachungen (teja) aus Metall oder anderen Stoffen, Nöhren aller Art, Taue (cables) aus Hanf, Manilahanf oder Metall, Draht- gewebe, Zaundraht und Krampen zu seiner Befestigung, Draht für elektrische Leitungen; Metalle, roh, in Barren oder Blechen, Materialien und Stoffe zum Betriebe von Bergwerken, Pumpen aller Art und von jedêèm Gewicht und Natronsalze, die bei der Behandlung von Metallen verwendet wetden. Für die fonsularische Beglaubigung dieser Art von Fakturen wird nur 1 v. H. des Gesamtwerts jeder Faktura erhoben.

3) Diese Klasse umfaßt alle anderen Handelsfakturen. Für die fonfularische Beglaubigung werden 3 v. O. des Gesamtfaëturenwerts erhoben; wenn sich aber unter den in der Faktura aufgeführten

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einem Wagen versteckter Demonstrant feuerte auf einen ruhig vorbeipatrouillierenden Schußmann einen Revolvershuß ab, sodaß die Kugel dem Beamten diht am Ohr vorbeipfiff. Auf einen ¡weiten ihn verfolgenden Shußmann {oß er noch zweimal, wobei der eine Schuß die Augen des Beamten fast \treifte.

Auf seiten der Polizei ist nur von den oben bezeichneten zwei Beamten geschossen worden, und zwar nur zur Abwehr unmittel- barer Gefahr für Leib und Leben.

Massenhaft sind die Polizeibeamten mit Steinen, Bierflaschen und Scherben beworfen worden.

Hort! hört! rets.)

Drei Polizeikommissare und 23 Schußleute haben Verletzungen

davongetragen. (Hört! hört! rets.) Berichte (lebhafte Zurufe bei den Sozialdemokraten): sie stehen

Meine Herren, das sind die amtlichen

Jhren Angaben vollständig entgegen. Nun erlauben Sie mir aber, Jhnen einmal ein Urteil eines unparteiishen, ruhig denkenden und hohgeachteten Mannes über die Vorgänge mitzuteilen. Ich {ließe mi hier an einen Ausschnitt aus dem „Berliner Tageblatt“ an. Da heißt es: Oberbürgermeister Adickes bestreitet in längeren Ausfü der Versammlung das Necht, zugleich als Ankläger und als Nichter über diz Polizeibehörde aufzutreten. Die Polizei habe die Pflicht gehabt, den ungeseßlihen und verbotenen Zug nicht passieren zu lassen, sondern aufzulösen. Er verliest - dann eine lange Erklärung des Magistrats, in der das Neht und die Pflicht der Polizei zur Auflöfung des Zuges betont wird. Wer in dem jetzigen ernsten Augenblick es unternähme, das Necht auf die Straße zu erzwingen, nehme cine überaus große Verantwortlichkeit auf sich. Der Magistrat warnt eindringlih vor einem solchen Vorgehen. Die nationalliberale Fraktion gab eine

ihrungen

Erklärung ab, die Straße : be-

in der sie entshieden das Necht auf streitet, wie cs von den Sozialdemokraten und den Frank- furter Linksliberalen proflamiert werde. stranten hâtten von Anfang an in \{limmster Polizei provoziert. Die Nationalliberalen verurteilen auf das

Die Demon- Weise die

shärfste die im Zusammenhange mit den Wahlrechtskundgebungen stattgefundenen Beschimpfungen des Fürsten Bismarck vor dessen Denkmal, die eine unerhörte Herausforderung der größeren Zahl der Einwohner Frankfurts bedeute. Die Polizei habe durchaus im Nahmen des Gesetzes gehandelt.

Meine Herren, ih darf nur mit Genugtuung aussprechen, daß in Frankfurt, in Halle, in Neumünster, in Breslau, in Berlin die mir unterstellten Organe ihre Pflicht getan habgn (lebhafter Beifall), und ih spreche ihnen meine Anerkennung dafür aus. (Erneuter lebhafter Beifall. Zischen bei den Sozialdemokraten. Wiederholter Beifall.)

)

Um 51/7 Uhr vertagt das Haus die Weiterberatung auf Donnerstag 1 Uhr.

Gegenständen Waren aus Gold, Silber, Platin oder mit Edelsteinen oder ungefaßte Edelsteine befinden, so werden von diesen Waren für die kfonfularische Beglaubigung 6 v. H. des Wertes und von den übrigen 3 v. H. erhoben.

Bon jeder Faktura, die zur konsularishen Beglaubigung vorgelegt wird, sind dem Konsul vier Ausfertigungen gleichen Fnhalts zu über geben: in alle vier Ausfertigungen wird die Bescheinigung auf- genommen, Gebühren werden aber nur für eine Ausfertigung be rechnet. Eine Ausfertigung erhält der Beteiligte zurück usw.

Bon Postpaketen wird keine Gebühr für eine Konsularfaktura

erhoben. Die Fakturengebühren ollen gemäß dem unterm 26. Mai 1906 in Nom unterzeihneten Vertrage, betreffend den Austaus{ von Postpaketen,*) 5 Centavos Goid für jedes Paket und die Faktura be tragen, ohne irgend einen Zuschlag. Die Gebühren für Beglaubigung eines Ladungsverzeichnisses (s0bordo) werden vom Gesamtwert der darin aufgeführten Ladungen zum Sage von F v. H. erhoben. Demzufolge muß diese Urkunde außer den im Artikel 41 des Codigo Fiscal aufgeführten Angaben noch den Wert jeder einzelnen Ladung und am Schlusse die Summe der Einzelwerte enthalten. Von jedem Ladungsverzeichnis werden von dem Konsul fünf Ausfertigungen beglaubigt, hiervon wird eine Aus fertigung dem Kapitän: oder Superkargo zurückgegeben usw.

Am Schlusse der Urkunde hat der Versender an Eidesstatt zu erflâren, daß die für die Waren in der Faktura angegebenen Werte mit den in der Verkaufsfaktura angegebenen übereinstimmen.

Schöpft der Konsul Verdacht, daß zwecks Hintergehung gegen- über dem Fiskus in der Faktura ein niedrigerer Preis für die Waren angegeben is als der wirkliche, so hat er es dem Verwalter des Bestimmungszollamts mitzuteilen und zu diesem Zwecke die von ihm geprüften Preisverzeichnisse und Schäßungen sowie die sonstigen Angaben und Ürkunden beizufügen, womit er seinen Verdacht be gründen fann. Erlangt der Zollverwalter bei der Besichtigung der Waren und der ihm von dem Konsul übersandten Angaben und Nachrichten die Gewißheit, daß wirklih bei der Anmeldung des in der Fakturg angegebenen Preises eine Hinterziehung vorliegt. fo fann er die Ware für Rechnung des Fiskus zu dem in der Faktura angegebenen Preise an sich nehmen: hierüber ist ein shriftliher Be {luß zu fassen. Der Eigentümer der Waren, ihr Konsignatar oder Agent, denen auch eine schriftlihe Mitteilung hierüber zu machen ift, fönnen innerbalb 48 Stunden Aufhebung des Beschlusses beantragen und ihrem Antrag die Urkunden und Beweismittel beifügen, die fie für zweckmäßig erahten. Whnt der Zollamtsverwalter den Antrag auf Aufhebung ab, so kann der Beteiligte bei dem Finanzministerium bei der Eröffnung Berufung einlegen. Die Entscheidung des Ministeriums ist endgültig und muß unbedingt innerhalb einer Frist von vier Tagen getroffen werden, von dem Tage ab gerechnet, an dem die Sache bei dem Ministerium eingegangen ift. 5 H i :

Der Versender, welcher wegen nachgewiesener Hinterziehung in Strafe verfällt, die auf einem endgültigen Beschlusse beruht, wird für unfähig erklärt, in Zukunft Abfertigungen für Columbien vorzunehmen; demgemäß follen es die Konsuln ablehnen, die watturen, die sie thnen vorlegen, zu bescheinigen. Das Fehlen von Angaben in den Fatturen in vezug auf den Preis irgend einer Ware oder „einer Gruppe von Waren der gleichen Klasse oder gleiher Beschaffenheit und des Ge- wihts der in der Urkunde aufgeführten Waren wird mit 5 Pesos Gold bestraft, womit der Finanz- und Schaßminister den Konsul belegt, der die Faktura bescheinigt hat usw.

*) Neichsgeseßblatt 1907 S. 672 ff.

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sollen, beglaubigen. / : verpflic Konsul des Hafens, wo die Umladung erfolgen soll, \chriftlih zu be-

nachrichtigen.

Ergibt sich bei der Prüfung und Vergleihung der Fakturen und

Ladungsverzeichnisse, die der Konsul vornehmen muß, eine Abweichung oder ein Unterschied zwischen einigen, so hat der Konsul unmittelbar diejenigen, welche dergleihen Urkunden vorlegen, zur Vornahme der Berichtigungen aufzufordern. 1a j

nah der Abfahrt des Schiffes die Berichtigungen nicht erfolgt sind, so haben die für den FIrrtum 4 [ [ dem Konsulat eine Gebühr von 3 Pesos für jede Beglaubigung zu zahlen, die er zwecks Berichtigung des Irrtums oder Unterschieds ausstellt.

Wenn nach Ablauf von drei Tagen

verantwortlihen Beteiligten

Werden in einem fremden Hafen Waren für Columbien geladen,

die aber in einem andern fremden Hafen umgeladen werden sollen, so sind die Fakturen dem Konsul des Hafens zur Beglaubigung Vor- zulegen, wo die Umladung erfolgt. Indessen können die den Finanz- verwaltern gleichgestellten Konsuln die Fakturen über die in dem Hafen ihres Amtssizes geladenen Waren, die aber umgeladen werden

In solchen Fällen sind sie verpflichtet, den

Der Konsul des Umladehafens wird gestatten, daß die von den

den Finanzverwaltern gleichgestellten Konsuln beglaubigten Fakturen in das Ladungsverzeichnis, das ihnen vorgezeigt. werden muß, auf- genommen werden, vorausgeseßt, daß sie mit den Angaben, die er von dem Konsul des Ursprungéhafens erhalten hat, übereinstimmen.

Das Gesetz ist mit dem Tage seiner Kundmachung im „Piario

oficial“ in Kraft getreten und soll von den Konsuln von dem Tage ab befolgt werden, an dem es zu ihrer Kenntnis gelangt oder an dem fie das „Diario oficial“ erhalten. Die Artikel 8, 9, 11 und 12 des

Gesetzesdekrets Nr. 15 vom Jahre 1905, Artikel 6 des Gesetesdekrets Nr. 865 vom Jahre 1902 und Artikel 56 des Codigo Fiskal sind aufgehoben und Artikel 4 des Gesetesdefkrets Nr. 1145 vom Iahre 1903 ift dadurch abgeändert. („Diario oficial“ vom 11. Dezember 1909.)

Wagengestellung für Kohle, Koks und Briketts am 23. Februar 1910: Nußhrrevier OberschlesisGes Revier Anzahl der Wagen Gellelt «28/496 7.273 Nicht gestellt . p

Der Abschluß der Joh. C. Teckleuborg A.-G. ergibt laut Meldung des „W. L. B.“ bei 336 916,20 6 Abschreibungen auf An- lagewerte einen Betriebsverlust von 277 335,93 4, welcher dem Spezialreservefonds entnommen werden muß. An Neserven verbleiben alsdann noch 846 754,07 M.

In der gestern hier abgehaltenen Sißung des Verwaltungs-

rats der Banque Generale Roumaine, Bukarest, wurde laut Meldung des ,W. T. B.“ beschlossen, der für den 18. März nach Bukarest einzuberufenden Generalversammlung die Verteilung einer Dividende für das Geschäftsjahr 1909 von zehn Prozent (i. V. neun Prozent) auf das Aktienkapital von 10 000 000 Lei vorzuschlagen. Der Reingewinn beläuft ih nach reichlichen Abschreibungen auf 1356 516 Lei (i. V. 1245 230 Lei), aus welchem je 100 000 Lei dem ordentlichen und Spezialreservefonds sowie 10 000 Lei dem Dis- positionsfonds zugeführt werden sollen. Ferner wurde beschlossen, der Generalversammlung die Erhöhung des Kapitals um 2500 000 Lei vorzuschlagen. v D Nach einer durch „W. T. B." übermittelten Meldung des Kaiserlih russishen Finanz- und Handelsbevollmächtigten für Deutschland und Oesterreih-Ungarn ergab der Wochenausw eis der Russischen Staatsbank vom 21. Februar d. J. folgende Ziffern (die eingeflammerten Ziffern entsprechen den gleichen Positionen des bekannten Bilanzformulars der Staats- bank bezw. den Ziffern der Vorwoche), alles in Millionen Jubel: Aktiva. Gold in den Kassen und auf besonderen Konten (Nr. 1b und 2) 11845 (1182,3), Gold der Bank im Auslande (Nr. 3 und 4) 241,9 (241,5), Silber- und Scheidemünze (Nr. 1e und d) 78,0 (77,8), Diskont- und Spezialrechnungen (Nr. 5) 196,7 (198,2), Spezialrehnungen, sichergestellt durch Wechsel und Wert- papiere (Nr. 6 und 7) 70,9 (71,2), Sonstige Vorschüsse (Nr. 8—10) 176,8 (176,2), Protestierte Wechsel und prolongierte Schulden, sicher- gestellt durch unbeweglihes Eigentum (Nr. 18 und 19) 5,6 (5,6), Wertpapiere (Nr. 20) 67,1 (65,2), Wertpapiere auf Kommission er- worben (Nr. 21) 2,1 (1,5), Summen zur Verrechnung mit den Adels- und Bauernagrarbanken und anderen Regierungsinstitutionen (Nr. 22) 1,9 (1,1), Unkosten der Bank und verschiedene Konten (Nr. 23) 25,9 (32,5), Saldo der Rehnung der Bank mit ihren Filialen (Nr. 24 Aktiva und Nr. 13 Passiva) (—), Saldo der Konten mit den Neichsrenteien (25 Aktiva, 14 Passiva) 20,6 (9,4), zusammen 2071,6 (2062,5). Passiva. Kreditbillette (Differenz zwischen 1 passiv und Ia aktiv) 1160.7 (1160,8), Kapitalien der Bank (Nr. 3—5) 55,0 (55,0), Einlagen und laufende Rechnungen (6, 7, 8b, c, d, e, 9) 521,7 (510,8), Laufende Rechnungen der Departements der Reichs- rentei (Nr. 8a) 253,1 (256,4), Verschiedene Konten (Nr. 2, 10, 11, 12) 25,7 (25,4), Saldo der Nechnung der Bank mit ihren Filialen (Nr. 24 Aktiva und 13 Passiva) 55,4 (54,1), Saldo der Konten mit den Neichsrenteien (Nr. 25 Aktiva und Nr. 14 Passiva) (=—), zu- sammen 2071,6 (2062,5).

Prag, 23: Februar: _(W T. N ici Zuckerkartell erhöhte die Preise für Raffinade um drei Viertel Kronen mit Nückfsicht auf die erhebliche Preissteigerung des Nohzuckers.

Drussel, 23. Februar. (W. L. B) Ber Verwaltungsrat der Luxemburgischen Prinz Heinrich-Eisenbahn beshloß, der Generalversammlung eine Dividende von 24 Francs vorzuschlagen. Nach Dotierung des Erneuerungsfonds mit 183 500 Francs verbleibt ein Vortrag von ungefähr 67 000 Francs auf neue Rechnung.

T. B.) * Das ösösterreichische

r V

Berlin, 23. Februar. Marktpreise nach Ermittlung des Königlichen Polizeipräsidiums. (Höchste und niedrigste Preise.) Der Doppelzentner für : Weizen, gute Sorte}) 22,70 16, 22,64 4. Weizen, Mittelforte}t) 22,58 M, 22,52 M. Weizen, geringe Sortef) 22,46 4, 22,40 MÆ. Roggen, gute Sorte?) 16,00 M, 15,98 4. NKoggen, Mittelsortet) 15,96 4, 15,94 M. Roggen, geringe Sorte?) 15,92 4, 15,90 Æ. Futtergerste, gute Sorte *) 15,80 Æ, 15/20 M. Futtergerste, Mittelsorte*) 15,10 4, 14,60 #. Zuttergerste, geringe Sorte *) 1450 4, 14,00 M4. Hafer, gute Sorte *) 18,00 Æ, 17,40 #4. Hafer, Mittelsorte*) 17,30 , 16,70 t. Hafer, geringe Sorte *) 16,60 4, 16,10 (6. Mais (mixed) gute Sorte 19,80 M, 15,50 A. Mais (mixed) geringe Sorte U M, —— M. Mais (runder) gute Sorte 16,00 4, 15,50 4. Richtstroh 6,50 4, 6,00 Æ. Heu 9,60 4, 7,70 (. Erbsen, gelbe zum Kochen 90,00 6, 30,00 6. Speijebohnen, weiße 90,00 A, 30,00 4. Linsen 60,00 #, 25,00 Æ. Kartoffeln 8,00 , 9,00 M. Nindfleish von der Keule 1 kg 2,20 #6, 1,40 J; dito Bauch- fleisch 1 kg 1,80 4, 1,20 #. Schweinefleisch l kg 1/90 e 1,40 «. Kalbfleish 1 kg 2,40 Æ, 1,20 M. Hammelfleis l kg 2,10 M, 1,20 4. Butter 1 kg 3,00 , 2,40 #4. Eier (Markthallenpreije) 60 Stück 5,60 6, 3,00 4. Karpfen 1 kg 2,40 é, 1,20 é. Aale 1 kg 3,20 4, 1,60 6. Zander 1 kg