1910 / 50 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 28 Feb 1910 18:00:01 GMT) scan diff

boten. Es ist absolut unrichtig, daß der Erzpriester Schmidt ein Hoch auf Korfanty ausgebracht und daß wir Herrn Korfanty unterstüßt hätten. Der Erzpriester Schmidt hat Herrn Korfanty dafür gedankt, daß auch seine Leute für die Wahl der Zentrumskandidaten mit- gewirkt haben, und er ist da nur den Spuren des Herrn von Kardorff gefolgt, der es bei der Wahl des Herrn Nzesnicek ebenso gehalten hat. Wenn Herr von Kardorff meint, daß in Posen der Frieden ohne das Zentrum zustande kommen kann, fo irrt er ganz gewaltig.

Ua Tip mann (1 Va): Es weht ein- - s{charfer Wind draußen, man reitet gegen den Landrat! Herr von Kardorff hat eine gute Pace vorgelegt. Wir haben schon neulih durch unseren Kollegen Cassel erklären lassen, daß auch wir an dem Institut der Landräte vieles niht billigen können. Wir sind weit davon entfernt, jeden Menschen zu verdammen, der Landrat ist, oder zu behaupten daß absolut kein brauchbarer Mensch Landrat wird. Aber in dem Akt der Nekrutierung sehen wir eine Gefahr für das Institut und für die Gesamtentwiklung des Staates; unsere Beschwerden richten si gegen die Auswahl und gegen die politische Belätigung der Landräte. Kein Wunder, daß ein Redner der Nechten alles gut und {on gefunden hat und meint, es könne auch gar nicht anders zugehen, als daß ein Landrat konservativ fei. Seine Worte waren zuerst so wohllautend, daß sie auch von jedem Mitgliede der Linken unterschrieben werden konnten; aber das änderte fih fehr im zweiten Teile seiner Rede. Er sieht das Bild eben durch die. Brille der Partei. Wie soll es auch anders sein? Niemand kann aus seiner Haut heraus, die Landräte sind Fleisch vom Fleishe und Blut vom Blute der Konservativen; ein Mann der Rechten kann gar nicht die Empfindung haben, daß und wann ein Landrat die Pflicht der Unparteilichkeit und der politischen Zurückhaltung verleßt. Jn manchen Kreisen würde es ja sogar den ¿amiliensinn verlezen, wenn auf der Rechten jemand gegen das In- stitut der Landräte, wie es heute gestaltet ist, aufträte. In manchen Kreisen beseßen bestimmte Familien den Landratsposten ; in Pommern gibt es einen Kleistkreis, einen Köllerkreis, einen Puttkamerkreis usw. In der Justiz wird dafür gesorgt, daß die Nichter dort, wo sie zu richten haben, niht Verwandte in umfangreichem Maße besißen: das selbe gilt von der Staatsanwaltschaft insoweit wird also hier das öffentliche Interesse geschüßt, indem man verhindert, daß Situationen geschaffen werden, wo die Oeffentlichkeit sich einbilden könnte, die Ünparteilichkeit wäre nicht gewährleistet. Anders bei den Landräten - wobei ich natürli weder eine Persönlichkeit, noch die bona fides irgend eines Beamten in Zweifel ziehen will. Auch der Landrat kann nicht aus seiner Haut, wenn auch Herr von Goßler sagt, er müsse über den Parteten stehen; er selbst hat diese Behauptung durch den zweiten Teil seiner Rede glänzend widerlegt. „Die Kreise verlangen einen [konservativen Mann“, sagt Herr von Goßler. Wer sind „die Kreise“? Ist das die Mehrheit oder die Minderheit der Kreiseingesessenen? Ich verweise nur auf den Kreis Grimmen. Nicht die Kreise, sondern die Konservativen im Kreise wollen einen konservativen Mann. Die NRekrutierung der zukünftigen Landräte findet hauptsächlih in den agrarischen Kreisen statt, und diese Beamtenkreise sind \{chon längst sorgfältig ausgesucht, sodaß da jede liberale Negung ausgerottet i und mit den paar nationalliberalen Landräten wird auch noch aufgeräumt werden. Weshalb sollen denn die Kreisblätter nicht gegen die Landrâte arbeiten? Sie sind ja dazu da, um eventuell für die Anordnungen der Regierung einen Nückhalt zu bieten. Manch- mal fühlt sih die Regierung ja kräftig genug, gegen den Willen der Landrâte aufzutreten, obwohl ihr das meistens sehr \chlecht bekommen ist. Denn die Erzählung, daß die Landräte die Staatsautorität zu vertreten berufen seien, wirkt doch heute nicht mehr. Kürzlich erst haben wir hier im Hause einen sehr vornehmen Ver- treter der Staatsautorität gegen die Regierung zu Felde ziehen sehen, daß es nur fo krachte; und wo war die Staatsautorität, als die Erb- schafts\teuer zur Debatte stand? Und wie war es bei der Kanalvorlage ? Da hatten wir die allergetreueste Opposition der Rechten. Auch für die Wahblrechtsvorlage ist die Autorität der Staatsregierung eingesetzt. Unter allen Umständen soll der Landrat das wissen die Herren und das wollen sie auch meistens gute Wahlen machen, und gute Wahlen find gute konservative Wahlen. Der Chor der Landräte dient den konservativen Interessen und foll ihnen dienen. Warum sind die Landräte konservativ? Weil ih liberalere ein Liberaler tfommt überhaupt ‘niht vor nicht lange halten; ein paar Nudera sind noch da, in Hannover, denen aber demnächst unter der Führung der konservativen hannoverschen Landräte der Garaus gemacht werden soll. Nach unserer Ansicht soll der Landrat nicht nur unparteiisch sein, sondern auch als Haupt der Selbstverwaltung nicht zu viel regieren. In dieser Beziehung babe ih mehrfache Beschwerden vorzutragen. In der Ortschaft Musch im Kreise Züllichau \hwebte seit Jahren ein durch das Eingreifen der Verwaltung sih immer mehr zus\pißender Streit darum, ob ein Rittergutsbesißer die Gemeindejagd bekäme oder niht. Im Jahre 1904 verpachtete der Jagdvorsteher die Gemeinde jagd an einen gewissen Schulz; es wandten sih nun einige Petenten an den Negierungspräsidenten und sagten, diesem Jagdpachtvertrag fehle das Gemeindesiegel, und der Vertrag sei deshalb ungültig. Die Folge dieser Eingabe war, daß der Landrat des Kreises im Februar 1905 verfügte, es solle nunmehr die Jagdverpachtung neu ausgeschrieben werden, und zwar nicht durch den Gemeindevorsteher, den er für ver dâchtig hielt, sondern durch einen Schöffen, namens Klemm. Dieser hrieb die Jagdpacht aus, und wem fiel sie zu? Dem Nitterguts besißer. Nun wurde der Gemeindevorsteher böse; er sagte, wie kommt denn der Landrat dazu, mir mein Recht zu entziehen? Als nun der Landrat von ihm verlangte, daß er den Vertrag unterstemple, da sagte er: Nee! Der Landrat verfügte gegen den Gemeinde vorsteher zunächst eine Ordnungsstrafe von neun Mark, und diese hat ihm auch das Oberverwaltungsgericht aufgebrummt. Der Landrat \cickte dann einen Gendarmen zum Gemeindevorsteher, licß thm das Gemeinde siegel abnehmen, und der Vertrag wurde auf dem Landratsamlt gestempelt. Als dann der Rittergutsbesißer starb, und seine Erben die Jagdpacht nicht zahlten, schrieb der Gemeindevorsteher den Erb lassern, er würde nun die Pacht meistbietend vergeben. Der Landra! verfügte sofort, der Gemeindevorsteher habe hier gar nichts zu fagen; er habe die Erben niht in der Ausübung des Jagdrechtes zu stören. Jett trat folgendès Malheur ein. Am 9. Mai sandte der Gemeindevorsteher an das Kreisblatt ein Inserat des Inhalts, daß nunmehr diese Jagd meistbietend versteigert werden solle. Am 10. Mai erhielt das Kreisblatt diese Annonce und brachte sie. Der Gemeindevorsteher wurde nun zum Bericht aufgefordert, wann er den Brief des Landrats erhalten und die Annonce aufgegeben hätte. Er erwiderte: Am 9. habe ih das Inserat aufgegeben und am 10. Ihren Brief erhalten. Es wurde nun vom Landrat behauptet, daß das Datum des 9. Mai erst nachträglich in den Brief an das Kreis- blatt hineingeschrieben sei, und er verfügte die Einleitung eines Disf- ziplinarverfahrens gegen den Gemeindevorsteher auf Amtsentsetzung. Diese wurde vom Kreisaus\{huß beschlossen, weil augenscheinlich das Datum des 9. Mai nachträglich hineinge\]chrieben sei. Also von einem fommunalen Œhrenbeamten wird ohne weiteres angenommen, daß er das Datum gefälsht habe. Die Idee, das Postamt zu fragen, kam dem Landrat und dem Kreisausschuß niht. Das Oberverwaltungs gericht stellte nun fest, daß der Brief des Landratsamts eingegangen war am 10. Mai früh zwischen 8 und 9 Uhr. Der Mann war auf dem Felde, die Frau hat ihm den Brief Mittags gegeben. Dagegen wurde festgestellt, daß er am Tage vorher den Brief an das Kreis blatt aufgegeben hatte. Dieser Brief kam zwishen 9 und 10 Uhr an, und weil es Fetertag war, so wurde er nicht ausgetragen. Nun frage ih: warum wurde das Verfahren gegen diesen Ehren- beamten eingeleitet ? Die zweite Beschwerde, die ich vor- zubringen habe, ist wirtschaftliher Natur und richtet sich gegen den Landrat des Landkreises Sprottau. Als Verwalter eines Stists- utes im dortigen Kreise hat der Landrat einen Streifen andes gekauft und damit das Jagdgebiet der angrenzenden Gemeinde in zwei Teile geteilt, sodaß der eine Teil für die A ungünstiger wurde als der andere, und die Gemeinde dadurch einen Verlust von 100 Mark erlitt. Für eine arme Gemeinde, wie die in Nede stehende, fällt das sehr ins Gewicht. Der Landrat

bätte doch auch das Interesse der Gemeinde berücksichtigen sollen. Schlimmer liegt die Sache noch bei dem folgenden Millionenprojekt. 1906 wurde eine Ueberlandzentrale für die Kreise Birnbaum, Meseriß, Oststernberg und Schwerin begründet. Es sollte dazu das Wasser der Dbra benußt werden. Vorsißender des Aufsichtsrates wurde der Landrat des Kreises Birnbaum- Als nun das Werk beginnen sollte, stellte sich heraus, daß die Wasserkraft der Obra nicht gusreichte, sondern erheblihe Dampfkraft nötig wurde. Außer der 1 Million der Genofssen- chaft waren noch 3 Millionen nötig. Schließlich wollte die Bank für Handel und Fndustrie das Geld geben, wenn die beteiligten Kreise die Garantie für Zinsen, Amortisation und Kapital übernähmen. Nun ging das Krebsen bei den einzelnen Landräten los. Man berief sich auf ein Schreiben des Landwirtschaftsministers, der ein Einspringen der Kreise angeblih empfohlen haben follte. Der Landwirtschaftsminister {hrieb auf Ersuchen, daß das Werk ein gemeinnüßiges sei, er sei aber nicht in der Lage, die Uebernahme der Garantie auf die Kreise befürworten zu können. Mit diesem Schreiben ohne den Zusaß ging man herum, um die Kreistagsmitglieder zu gewinnen. Unter dem Einflusse dieses Schreibens kam der Beschluß des Kreis- tages zustande, wonach von den Kreisen die Garantie für die drei Millionen übernommen wurde. 29 Stimmen waren für die Ueber- nahme, 7 dagegen. Von den- 29 Stimmen wurden 22 ab- gegeben von Genossen der Zentrale; diese votierten sih also die drei Millionen für ein Unternehmen, das dem Konkurs nahe war. Das Auffälligste aber ist, daß der Borsißende des Auffichtsrats an der Verhandlungen des Kreistages mitwirkte. Die kleine Stadt Meseritz besißt selbst ein städtisches Elektrizitätswerk, hat also nicht das geringste Interesse, daß noch ein zweites angelegt wird. Die Stadt Meserit wandte sih nunmehr an den Minister des Innern und bat ihn, im Aufsichtswege den Beschluß des Kreistages anzufechten. Der Minister hat dies aus formellen Gründen abgelehnt, da nach § 20 der Kreisordnung für die Provinz Posen ein derartiges Necht der Aufsichtsbehörde nur ausgeübt werden könnte, wenn ganze Stände benachteiligt würden. Ich weiß nicht, ob der Minister sich überhaupt mit der Sache eingehender befaßt hat, und ih hoffe, daß das noch geschieht.

Unterstaatssekretär Holz: Wenn ih den Borredner richtig ver stand, wirft er dem Landrat von Birnbaum vor, daß er im Nachbar kreise für die UVeberlandzentrale plädiert habe. Ich kann darin keinen Grund zum Vorwurf erblicken, zumal viele Kreise daran interessiert waren. Wenn der Landrat als Sachverständiger und nach seiner Ueberzeugung dafür eintritt, fo ist das nicht unbillig. Die Ueberland zentralen find vielfach in Angriff genommen worden, in Pommern von der Provinz, warum sollen ste nicht auch einzelne Kreise machen? Die anderen Kreise hatten die Garantie durch Majoritätsbes{chluß über nommen. Wie das Unternehmen werden wird, muß die Zukunft lehren. Die Beschlüsse sind ordnungsmäßig zustande gekommen, und nach eingehender Prüfung ist dagegen nichts zu erinnern. Jch kann meinerseits gegen diese ganzen Vorgänge nichts tun. Die Jagd- angelegenheiten berühren unser Ressort überhaupt nicht. Ich habe nur gehört, daß in dem zweiten Falle das Oberverwaltungs geriht in anderem Sinne entschieden hat, als die Vorinstanz, also im Sinne des Beschuldigten. Damit könnte man die Sache für erledigt ansehen, aber ih bin bereit, die Akten einzufordern und zu prüfen.

Abg. von Böhlendorff-Kölpin (konf.): Zu dem Züllichauer Fall will ih nur hervorheben, wie außerordentlich beliebt der Landrat dieses Kreises ist; auch Herr Lippmann hätte die guten Eigenschaften desfelben ausdrücklich anerkennen sollen. Jn dem Fall von Sprottau muß ih Herrn Lippmann vorwerfen, daß er nicht ausdrücklih mitgeteilt hat, daß der Landrat nur als Privatperson gehandelt hat. Wir sollten nur einmal ins Ausland gehen und sehen, wie dort die Negierungen von ihrer Autorität parteinsch Gebrauh machen. Bei uns liebt man es, alles \chleckcht zu finden und niht zu wissen, wie es draußen aus sieht. Wäre es umgekehrt, so würde man nicht immer über unsere vortrefflichen Verhältnisse klagen. Was verlangen Sie (zur Linken) eigentlih von uns Konservativen? Entweder nennen Sie uns Iabrüder oder je nachdem auch Rebellen. Auf unserer Seite lernt man von frühester Iugend an unabhängig gegen jedermann seine Pflicht und Schuldigkeit zu tun. Da dürfen Siesich nihhtwundern, wenn man diese Gesinnung unentwegt betätigt. Gerade Sie, die Sie das liberale Prinzip hochhalten wollen, sollten die Unabhängigkeit unserer Männer anerkennen, an statt uns mit solchen Schlagwörtern wie Jabrüder oder wie bei der Kanalvorlage und der Erbschafts\steuer, Rebellen, zu bedenken. Unter Hinweis auf die Verhältnisse in meinem Wahlkreise Usedom Wollin habe ih in den beiden leßten Jahren eine Aenderung des S 86 der Kreisordnung dahin beantragt, daß bei dem für die Bildung des Wahlverbandes der größeren ländlichen Besißer maßgebenden Steuerbetrage mindestens die Hälfte auf die Grundsteuer entfallen muß. Dadurch nämlich, daß entgegen dem ursprünglichen Plane neben der Grundsteuer auch die Gebäudesteuer mit hineingezogen worden ift, ist es gekommen, daß in meinem Kreise aus diesem Wahlverband die ländlichen größeren Besißer mehr und mehr durh das städtische Clement verdrängt worden find. Wegen der Ueberlastung dieser Session habe ih den Antrag diesmal nicht wiederholt, halte aber nach wie vor daran fest.

Abg. Dr. von Niegolewski (Pole) wendet sich gegen die Be einflussungen bei den Wahlen durch die Landräte in den Teilen von Preußen mit polnischer Bevölkerung und gegen die Handhabung des Bereinsgesetzes seitens der Landräte.

Abg. Dr. Wiemer (fr. Volksp.): Die Nede des Abg. von Goßler war ein begeisterter Hymnus auf landrätlihe Tugend und Weisheit. Sie hat sich aber niht durch besondere Klugheit ausgezeichnet. Die fonfervativen Parteien follen das meiste Berständnis für Staatsautorität haben. Der Abg. von Böhlendorff-Kölpin hat dagegen betont- daß die konservative Partei eine unabhängige Politik treibe. Das ift richtig; aber diese unabhängige Politik hat bei der Kanalvorlage, bei der Finanz reform und bei den Handelsverträgen unter Caprivi doch nicht dazu beigetragen, die Staatsautorität zu wahren. Die Landräte betrachten h als Vorkämpfer der Konservativen, namentlih in Ostelbien fehen fie diese Wirksamkeit als ihre vornehmste Aufgabe an. Der Abg. von Goßler hat mit seinen Ausführungen bewiesen, daß der Ministerpräsident mit seiner Behauptung, daß die Tätigkeit der Landrâte für eine bestimmte Partei nur eine Ausnahme sei, nicht ret hat. Gewiß foll auch den Landräten ihre politische Meinung nicht verkfümmert werden; aber die Landräte dürfen niht ihren Ein fluß im Interesse einer politishen Partei zur Geltung bringen. Der Landrat arbeitet mit seinem ganzen behördlihen Apparat für die Konservativen, und wir haben das Vergnügen, diesen Wahl apparat für die Konservativen noch bezahlen zu müssen. Wir , fordern, daß in der Beseßung der Landratss\tellen nicht nah politischen und sozialen NRNücksihten und nach Familien beziehungen vorgegangen wird. Ießt gilt leider noch immer das Wort des Fretherrn von Stein, daß der Adel ih in alle Stellen eindränge. Wir haben gar keine Sehnsucht, bei der Beseßung dieser Aemter beteiligt zu werden, Herr von Goßler. Den Versuch der Regierung, daß Uberale und Konservative zusammenarbeiten, haben diese zu Fall gebraht. Die konservative Partei verdankt ihre Uebermacht im Ab- geordnetenhause nux dem veralteten Wahlrecht, vor allem der bestehenden Wahlkreiseinteilung. Die Autorität des Staats würde nicht verlieren, wenn nicht mehr so viele Landräte im Abgeordneten hause säßen.

Abg. Fleuster (Zentr.) bes{chwert sih darüber, daß im Kreise Schleiden der dortige Landrat eine Gemeindejagd vom Bürger- meister unter der Hand sih habe zusprechen lassen, und daß eine öffentliche Ausschreibung der Jagd nicht stattgefunden habe. Daß bei der Sache nicht alles richtig zugegangen sei, habe auch das Gericht festgestellt. Möglich, daß der Landrat nicht gewußt habe, daß die Jagdgenossen die öffentlihe Verpachtung wünschten. Aber es fei doch gefährlih, daß der Bürgermeister dem Landrat die Jagdpacht unter der Hand überließ. Bei der öffentlichen Versteigerung würde die Jagd einen viel höheren Preis erzielt haben als der Zuschlag unter der Hand. Der Bürgermeister habe eine Abhängigkeit vom Landrat bewiesen, die weit über das Maß des Zulässigen hinausgegangen sei. Dieser dürfe sein Amt nicht so verwalten, daß es den Anschein er-

wedcke, er wolle fih besondere Vorteile dadur verschaffen. Gs sei zu bedauern, daß seinerzeit nicht, wie es das Zentrum gewünscht habe, an Stelle eines Jagdvorstehers ein Jagdvorstand eingeseßt worden sei, dann wäre ein solcher Fall wahrscheinlih vermieden worden.

Die Diskussion wird geschlossen.

Zur Geschäftsordnung bemerkt

Abg. Krawinkel (nl.): Es ist nicht rihtig, daß die National- liberalen beschlossen haben, für die Stihwahl in Muülheim- Wipperfürth-Gummersbach die Parole auszugeben, für den Sozial- demokraten zu stimmen. Jn der Versammlung am Mittwoch ih war selbst dabei wurde beschlossen, die Sache ohne Parole laufen zu lassen. 7

Abg. Borgmann (Soz.) bedauert, durh den Schluß der Debatte verhindert zu sein, nachzuweisen, wie die Tätigkeit der Landräte die Sozialdemokratie \chädige.

Abg. von Kardorff (konf.) hält in persönlicher Bemerkung gegenüber dem Abg. Grafen Praschma seine Behauptungen betreffs des Erzpriesters Schmidt aufrecht.

Abg. Graf Praschma (Zentr.): Ich habe keineswegs bestritten, daß der Erzpriester Schmidt ein Hoch auf Korfanty ausgebracht hat, aber im Auftrage des Zentrums hat er es nicht ausgebrächt.

Abg. von Kardorff: Wenn das Hoch wirklih ausgebracht worden ift, halte ih alle meine Vorwürfe aufrecht.

Abg. Graf Praschma: Dann trifft den früheren freikonser- vativen Abg. Nzesnicek derselbe Vorwurf.

Die Besoldungen für die Landräte werden bewilligt.

Bei den NUuUsgaben Ur die Kre1idfetretäre Und Kreis assistenten führt

Abg. Waldstein (fr. Vgg.) darüber Beschwerde, daß im Kreise Dithmarschen ein Kreisaus\chußsekretär einen Bauernschaftsvertreter beseitigt hat, weil er angeblich wahrheitswidrige Berichte an die Presse gebracht hat.

Bei den Ausgaben für die Polizeiverwaltung in

Berlin und Umgegend empfiehlt

Abg. Dr. ller- Berlin (fr. Volksp.), bei den Züchtungsversuchen

für Polizeihunde die einheimischen Bollblutrassen in erster Linie zu berü nichtigen. Man müsse cin positives Ziel fest und ohne Schwanken im Auge behalten. Abg. von Bülow -Homburg (nl.) kommt auf die Waldverkäufe in der Umgebung Berlins zurück. Im Verhältnis der Verteilung der Waldflächen zu der Zahl der Einwohner stehe Berlin hinter anderen Großstädten wie Frankfurt a. M. zurück. Selbst in den Bororten Berlins fehle es an Ucht und Luft in den Höfen, London stehe in dieser Beziehung viel besser da. Die jeßige Bau weise gefährde Leben und Gesundheit der Bevölkerung, fie befördere die Berufskrankheiten, die Tuberkulose usw. Mit dem geschlossenen Hochbausystem follte wenigstens in den Vororten gebrochen werden, und zwar im Interesse der kleinen und mittleren Bolks\chichten.

Unterstaats\ekretär Holtz: Ueber die Dithmarscher Angelegenheit ist Bericht eingefordert worden. Von der Polizeihundstation erhoffen wir große Erfolge im Sinne des Abg. Müller-Berlin. Es soll ein heitlih ohne einseitige Methode vorgegangen werden.

Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): În der politishen Abteilung des

Berliner Polizeipräfidiums wird eine geradezu ungeheuerliche politische F

Tätigkeit entfaltet ;- die Zahl der dort jährlich bearbeiteten Nummern geht an die Hunderttausend. Das Poslizeipräsidiuum führt auch den Kampf gegend die Jugendvereine und geht in dieser Beziehung noch weiter als selbst den Polen und Dänen gegenüber. Gegen die als

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fozialdemokratisch verdächtigen Turnvereine wird nach wie vor ei

geschritten, obwohl das durch die politische Polizei beliebte |

Verfahren längst als ungeseßlih nachgewiesen ist; auh die Ge

fanghöre dieser Turnvereine unterliegen dieser Verfolgung. |

Dabei wird nach Kräften von dem beliebten Mittel des Photo- graphierens eventuell troß des Protestes der Betreffenden Gebrauch gemacht, wie man es sonst nur bei Verbrechern oder bei den gefährlichen Anarchisten anwendet. Dieser entwürdigenden und beleidigenden Art der Verbrecherphotographie kann nah der Begründung eines Erlasses des Polizeipräsidenten jeder Sozial- demokrat unterworfen werden; ja auch Polen und: selbst Zentrums anhänger können auf diese Art ins Verbrecheralbum kommen. Fragen möchte ih, ob tatsählich der weibliche russishe Spiel, der schon einmal den Staub Berlins von den . Pantoffeln geschüttelt ha ih jeßt wieder mit Wissen der Polizeibehörde tin Charlotte: burg aufhält, um die dort wohnenden Nussen zu bespißeln. Nach un widersprochenen Zeitungsnachrihhten hat die russische Polizei

Berlin für Deutschland, Oesterreih und die \kandinavischen Länd eine Unterzentrale für die Ueberwachung russischer Untertanen ein gerichtet, und die russishen Spitzel dürfen mit Kenntnis und Unter

stüßung der Behörden ihre Tätigkeit entfalten, ja die preußische |

Polizei arbeitet direkt in Kompagnie mit diesem russischen Spißel gesindel. In engem Zusammenhang hiermit steht das Borgehen der

preußischen Polizei gegen die Teilnehmer an der russischen Lese 112 0f

halle, das auch zur Auflösung der leßteren geführt hat. Die Polizei |

hat sich damit ins eigene Fleisch geschnitten, weil ihr damit eine Möglichkeit, die Nussen zu beobachten, verloren ging. Sie hat dann auh den Russen das freundliche Ansinnen gestellt, wieder eine Lesehalle zu begründen. Das wurde abgelehnt. Inzwischen ift

doch cine solche Leschalle begründet worden. Ich bin in der Lage, deu dringenden Verdacht auszusprechen, daß diese Gründung durch russische Spißel im Einverständnis mit der preußischen Polizei erfolgt ist. An der Spiße steht eine unlautere Persönlichkeit, di

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die langlil als Spitel entlarvt ist. Schon jeßt rihte ih an alle in Groß Berlin wohnenden Russen die dringende Aufforderung, sich di Lesehalle gegenüber der allergrößten Vorsicht zu befleißi Im Februar 1909 ift in Berlin ein russischer Schriftsteller erschie! um Vorträge zu halten über Leonid Andrejew usw. Er fragt auch i nderen Orten an, ob man solche Vorträge haben wollte, und al die betreffenden Adressen zusammen hatte, trat die Polizet in Aktion, verhaftete die Leute und strengte eine große - Unter suchung durh ganz Deutschland wegen Geheimbündelei usw. Der Prozeß hat stattgefunden, die meisten Angeklagten freigesprochen, einige wenige zu milden Strafen verurteilt worden und das, weil vom Gericht anerkannt worden set, daß Geheimhaltung der Sache erfolgt sei aus Furcht vor der russischen Spigtelgesellschaft, mit welcher die preußishe und deutsche Polizel solidarish sei. Dieses Zeugnis gönnen wir der Berliner Polizel durchaus. Die österreichische Polizei, an welche sich die preußische tin der Sache auch heranmachte, hat erfreulicherweise die leßtere gründlid abblißen lassen. ‘Jn dem Prozeß stellte sich heraus, daß der 2

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in welchem die erwähnte Anfrage enthalten war, durch irgend c en J

Polizeihalunken infam gefälsht wurde. In dem Brief stand nämli) zu lesen, daß die Vorträge mit Wissen und unter Billigung deb F

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Polizeipräsidiums gehalten würden. Hoffentlich ist dieser Schuft in

zwischen zum Teufel gejagt worden ob er inzwischen befördert F worden ift, kann ih niht wissen. Das Poslizeipräsidium muß reinen F Tisch machen und diese russische Spitzelbande zum Tempel hinausjagen. |

Abg. Faßbender (Zentr.): Die geseßlichen Bestimmungen über den F

Kauf, Vertauf und das Tragen von Waffen sind durchaus un

genügend. Die Bestimmungen des Strafgeseßbuches beziehen sich nur Y

auf das Tragen von verborgenen Waffen, und die Polizeiverord nungen weisen unter sich verschiedene Bestimmungen auf. Eine landes

geseßlihe MNegelung für Preußen allein is auch nicht angängig, F weil dadurh gegenüber anderen Bundesstaaten dasselbe Verhältn1s F

eintreten würde, wie es heute in den einzelnen Landesteilen mi! strengen oder weniger strengen Polizeiverordnungen der R ill.

Jch bitte den Minister, beim Bundesrat eine reihsgeseßliche Regelung F

der ganzen Materie anzuregen.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

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(Schluß:a18 der Ersten Beilage.)

Minister des Innern von Moltke:

Jch bin dem Herrn Akg Faßbender dankbar dafür, daß er einen Gegenstand zur Sprache gebracht hat, der mi schon lange beschäftigt. Ich muß ihm vollkommen beitreten. Es ift neuerdings in weiten Kreisen der Bevölkerung leider zur Gewohnheit geworden, Schußwaffen bei sich zu tragen. Die Folgédavon ist, daß Zwistigkeiten auf der Straße, die fonst ganz harmlos verlaufen könnten, häufig einen üblen Ausgang nehmen, zu tödlichen Verleßungen-führen, au unbeteiligte Personen in Gefahr bringen. Es ist auch rihtig, wie der Herr Abgeordnete ausgeführt hat, daß sich diefe Zustände neuerdings verschlimmert haben. Dieser Tatsache haben die Verwaltungsbehörden niht müßig gegenüber ge- standen, sondern sind bemüht gewesen, Abhilfe zu schaffen. Allerdings ist die gese ßliche Grundlage auch darauf hat der Herr Abge- ordnete ja hingewiesen —, auf die sich die Verwaltungsbehörden stüßen können, ziemlich dürftig. Es kommt eigentlich nur § 367 des NReichsstrafgeseßbuhes in Betracht in Verbindung mit dem noch gültigen § 345 des preußischen Strafgeseßbuchs, der sh nur auf heimlich getragene Stoß-, Hieb- und Schußwaffen bezieht. Das reiht natürli niht aus, um dem Uebelstande entgegenzutreten. Die S 4 ckh A 5 Lo C A toIf f Dexwazyngshehörden haben sih deshalb vielfah auf den Weg der Polizeiverordnung begeben, so die Provinzen Westfalen und Schleswig- E, e, :

Holstein, die Regierungsbezirke Düsseldorf, Oppeln, Breslau, Frank- furt a. D. und auch einzelne Kreise. Eine Verordnung für Berlin und Umgegend steht unmittelbar bevor.

Anläßlih der Vorbereitungen für diese Polizeiverordnung habe ih aus den Bezirken, in denen jeßt hon ähnliche Polizeiverordnungen in Krast sind, Berichte eingefordert. Diese ergeben durhweg günstige Grfahrungen. Dennoch und da befinde ih mi auch in Ueberein- stimmung mit dem Herrn Abgeordneten habe ih mih der Be- sorgnis niht verschließen können, daß \sich auf die Dauer lokale Polizeiverordnungen nit als ausreichend erweisen Fönnen. Ich habe mich daher mit den beteiligten Nessorts darüber in Beziehung gesetzt, ob es nicht zweckmäßig und geboten wäre, eine g ejeßliche Regelung eintreten zu lassen, und da ergab \ich auch logischerweise wieder die

ito, Typ t 5 f r ¿weite Frage, ob, wenn man zu einer ge|eßlichen Regelung schreitet, es nicht zweckmäßiger wäre, glei ein Geseß für das ganze Reich zu erwirken. (Sehr richtig!) Die Ausdehnung auf das größere Gebiet würde eine umfassendere Wirkung für si haben; andererseits find au die berechtigten Interessen des legalen Waffenhandels dadurch besser zu \{honen.

Die Beratungen mit den beteiligten Ressorts haben so weit geführt, daß ich glaube, in naher Zeit mit Vorschlägen an das Staatsministerium herantreten zu können. Jedenfalls bitte ih, über- zeugt zu sein, daß ih diese Frage fördernd im Auge behalten werde. E Abg. Strosfser (konf.) : Die Russen, die sich bei uns aufhalten, und die von den Sozialdemokraten immer als Jo außerordentlih harmlose Leute hingestellt werden, mißbrauchen, wie oft genug * nachgewiesen ist, die Gastfreundschaft, die sie hier in Deutschland genießen, in fehr gröbliher Weise. Ich erinnere nur an die Waffenfunde, die bier ge-

: T2 C 2p r 4, l Cc : ; macht lind. Die Russen hatten versucht, diese Waffen in ihr Çç Ó C2 ç : : c A Vaterland für die Revolution einzushmuggeln. Dem wird zwar immer wider|prochen, und es wurde auh wiederum vom Abg. Lieb Inecht ein Brief verlesen, der angeblich gefälscht war. Ueber Falschungen haben Dle (zu den Sozialdemokraten) auch manchmal ganz eigentümliche Ansichten. Auch gestern, als ich ein Zitat vorbrachte aus der Schrift „Der historishe Materialismus“ von Hermann Gorter, wurde mir zugerufen, das sei eine Fälshung, und auf meine Grwiderung, daß das Zitat in der „Schlesischen Zeitung“ stände, wurde der Einwurf aufrecht erhalten. Ich habe mir nun vom „Vorwärts“ das Buch verschafft, um klar zu sehen, ob die „S(hlesische Zeitung“ be rechtigt war, so zu zitieren. Es steht in dem Buche w ör t l i ch was 1h hier verlesen habe. Jch kann die Staatsregierung nur bitten, auf die sih hier aufhaltenden Russen wieder ein wadsames Auge zu haben.

Abg. Waldstein (fr. Bgg.): Die aus dem Landesrechte aufrecht er- haltene Bestimmung, wonach außerpreußische juristische Personen beim (rwerb von Grundbesitz in Preußen die Genehmigung nasuchen müssen, ist ein bedauerlihes Manko unserer deutschen Nechtseinheit. Die Be stimmung ist besonders lästig für diejenigen Aktiengesellschaften, Genossen schaften usw., die ihren Siß und Betrieb auf preußishem Boden haben, deren Grundbesiß aber in außerpreußischen Gebieten des Neiches legt, z. B. in Hamburg.

Abg. Hirsch-Berlin (Soz.): Der Abg. Strosser hält seine Be hauptung aufrecht. Ich verstehe es niht, daß dieser Herr sich hier beritellt... (Vizepräsident Dr. P or \ch: Sie dürfen von einem Mit gliede des Hauses nicht in diesem Ausdruck sprechen.) Was ih gestern behauptet habe, entspriht den Tatsahen. Jch stelle fest, daß der Abg. Strosser zwischen den beiden von ihm verlesenen Sätzen nicht weniger als zehn Drukseiten übershlagen hat und, um den leßten Saß in etnen logischen Zusammenhang mit den ersten zu bringen, die Cingang8worte desselben gefälscht hat. Ich überlasse es dem Urteile des Hauses, ob das, was der Abg. Strosser gesagt hat, eine Fälschung ist oder nicht.

__ Abg. Strosser (kons.): Jch habe gestern, um kurz zu charakteri 0 Ì d Van , “e c - ; g SW l ph

fieren, in welcher Weise in dieser Schrift sozialdemokratishe Grund- säße proklamiert werden, die von mir zitierten Auszüge aus der Schrift gegeben. Was Herr Hirsch behauptet, is ungefähr dasfelbe wie das, was die Herren gestern zum Ausdruck brachten dur ihre Zurufe: Lesen Sie doh weiter! Jh kann doch nicht ein ganzes Buch hier verlesen. (Zurufe von den Sozialdemokraten: Aber richtig lesen!) Nichtig ist es doch gewesen; das einzige, worauf der Abg. Hirsch sich gestüßt hak, ist das Wort „umgekehrt“. Dadurch aber wird der Sinn in keiner Weise verändert. Es wird gesagt, nachdem zuerst von den Unternehmern die Rede ge- wesen it: „umgekehrt wird auch der Arbeitèr den Unternehmer nicht belügen und betrügen, wo er kann; aber wo das Klasseninteresse die Verleßung der sittlihen Gebote erfordert, wird er sie verletzen.“ Die „Schlesische Zeitung“ sagt einfach: „Der Arbeiter wird den Unter nehmer. nicht belügen und betrügen, wo er kann; aber“ usw. Wo ist denn da der Sinn entstellt? Ich weise auf das allerentschicdenste zurü, daß ih irgend eine Fälschung begangen habe. Was ich ge- n habe, war lediglich zin Auszug aus dem Buche, und wo eine älschung liegt, überlasse ih dem Hause.

Abg. Hirsch -Berlin (Soz.): Herr Strosser kann sich mit noch so großem Pathos hinstellen und das Urteil dem Hause überlassen, jeder, der einmal ein wissenschaftlihes Buch gelesen hat, wird mir zugeben, daß derjenige, welcher in der Weise zitiert wie Herr Strosser, die Beurteilung verdient, die wir Herrn Strosser zuteil werden lassen. Er hat das Buch einfah nit verstanden. Es handelt fich

| Zweite Beilage zuin Drutschen Reichsanzeiger und Königlih Preußischen Staatsanzeiger.

Berlin, Montag, den 28. Februar

um ein historish-philosophishes Werk, das Zitat des Aba. Strofser gab den Ausführungen einen vollkommen andern Sinn.

i Abg. Strosser (kons.): Das ist nicht der Fall, und der „Vor wärts“ sagt ausdrücklich, Herr Strosser fälscht Zitate. Diesen Vor- wurf mußte ih zurückweisen.

Abg. Hein e (nl.) spriht fih darüber aus, durch welche Maß- nahmen eine Verbesserung des Polizeianwärterpersonals erzielt werden kann.

Aba, Dy: Schepp (fr. Volksp.) bittet den Minister, beim Justiz- minister darauf hinzuwirken, daß nicht diejenigen Anwärter für den

wirkt werden. Abg. Dr. ller-Berlin (fr. Volksp.)

1910.

Iustizdienst, die nah kürzerer Militärdienstzeit i Justizdiens

i i | J ¿ zeit In den Iustizdienst ge- treten sind, beim Uebertritt zur Schu Alf Jabs noh fehlende Vienstzeit nachdienen m an Schußzleuten entgegenge

ßmannschaft die an zwölf Jahren Vamit würde dem Mangel

schließt sich dem Abg.

Um 41/4 Uhr wird die weitere Beratunc f V Be g auf Monta 11 Uhr vertagt , (außerdem Bergetat). /

Handel und Gewerbe.

(Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestellten „Nachrichten für Handel und Indu Kohlenversorgung Berlins und seiner Vororte im Januar 1910.

a. Empfang

R ; mit der | auf dem | Zusamme Eisenbahn | Wasserwege | LUlammen

t | t

A. Zufuhr an den Bahnhöfen und —— : an denBahnhöfe halb des Weichbi

au F dem

| b. Versand | Verbleiben Eisenbahn | Wasserwege Zusammen

Ie)

B. Zufuhr (abzüglich des Versands) n undHäfen außeT- ldes von Berlin*)

L

Steinkohlen, Koks und Briketts: |

Ga 9000 | 2

Wee D O4 | 23 502

Sade. _ 945

ODber]chlesishe . . . | 63 602

Niedershlesishe 19 758 28 19 758

11143 12 670 182 48 875 6 661

Zusammen . . 3 202 | 9 336 B vi aro Ten und iat is E Briketts: | Dome 354 354 Preußische | Briketts 95 533 | E OSBEB U. sächsische Kohlen 852 | 859

Zusammen . . 96 739 HO | 96 739

*) Adlershof-Alt-Glienicke, Charlottenb Kopenick, Fri j: 2 ( , Charlo urg, Köpenick, Friedenau, Grunewald Johannisthal, Pankow-Schönhausen, Neinickendorf (Dorf), Rirdorf, Nummelsburg,

Wilmersdorf-Friedenau.

Die Seidenin dustrie der Schweiz.

Eines der leßten Hefte des im Erscheinen be riffenen Handwörter-

buchs der Schweizerishen Volkswirtschaft, Sozialpolitik und Bie: waltung von Professor Dr. N. Reichesberg in Bern enthält eine von Dr. Niggli, dem Sekretär der Züricher Seidenindustriegesellschaft verfaßte Abhandlung über die Seidenindustrie. Es finden h darin manche interessante Angaben sowohl über die Lage des genannten Zndulstriezweiges in der Schweiz als auch über die Gntwidlang und gegenwärtige Stellung des s{weizerishen Seidenhandels im inter- nationalen Verkehr. Das Heft liegt während ‘der nächsten drei Wocen im Bureau der „Nachrichten für aaf und R R Berlin NW. 6, Luisenstraße 33/34, im Zimmer 241 für Fnteressenten ur Einsi tnahme aus und kann nah Ablauf dieser Frist deutschen Interessenten auf Antrag für kurze Zeit übersandt werden. Die Anträge sind an das genannte Bureau zu richten.

Schweden. i res, Sinsuho auf Zeit für Kraftwagen. Der „Bewi igungsaus\chuß des shwedishen Reichstags hat dem Vor- schlag der egierung zugestimmt, ausländischen Neisenden für ihre aue trn Kraftwagen jollfreie Einfuhr unter der Bedingung der E r innerhalb eines Jahres zu gestatten. (Stockholms

Errichtung neuer Terxrtilfabriken in den Bereinigten

Staaken von Amerika im Jahre 1909. ; : Ein Verzeichnis der in den Vereinigten Staaten von Amerika im Jahre 1909 errichteten neuen Terxtilfabriken mit genauen Adressen und näheren Angaben über Kapital, Größe, Stuhl- und Spindelzahl fowie mit Angaben über geplante Neubauten, bedeutendere Erweite- rungen und Umänderungen bestehender Fabriken liegt während der nächsten drei Wochen im Bureau der „Nachrichten [Ur GDAandel Und Industrie“, Berlin NW. 6, Luisen siraße 33/34, im Zimmer 241 für Interessenten zur Einsichtnahme aus und kann nah Ablauf dieser Frist deut]shen Interessenten auf Antrag für kurze Zeit übersandt werden. Die Anträge find an das genannte Bureau zu richten. ;

Fundstätten verschiedener Mineralien in Natal und Zululand.

__ Im Auftrage der Natalregierung hat der Geologe Dr. H. F. Vatch die bekannten Fundstätten verschiedener Mineralien besichtigt die Abbauwürdigkeit studiert und seiner Regierung darüber be- rihte. Im Buchhandel is dieser Bericht noch nit er- hâltlih, da er vor vollständiger Veröffentlihung dem Parlament unterbreitet werden muß. Die Tagespresse in Johannesburg und in Natal hat jedoch ein Resümee des Berichts veröffentlicht. Die Schlußfolgerungen, zu denen Dr. Hatch betreffs des Wertes der verschiedenen Mineralfunde gelangt, sind nichts weniger als erfreulih und haben in Natal sowohl wie in Iohannesburger Kreisen, die Interessen in der genannten Kolonie haben, sehr niederschlagend gewirkt. Nachstehend werden einige Hauptpunkte des Berichts kurz hervorgehoben : i :

Zinn. Dr. Hatch berichtet über zwei Fundstellen im Zululand: zur Ausbeutung der einen ist bereits eine Gesellschaft mit ziemli erheblihem Kapital gegründet worden. Er bezeichnet es bei beiden Stellen keineswegs als ausgeschlossen, daß noch abbauwürdige Gänge gefunden werden; was aber das bis jeßt erschlossene Gestein anlangt, so kommt er auf Grund von Analysen der genommenen Proben zu der Ansicht, daß der Erzgehalt zu gering sei, um einen nußzbringenden Abbau zu ermöglichen. __ Eisen. Auch auf das Vorkommen dieses Minerals sind große Hoffnungen geseßt worden. Die Funde von Eisenerz im Vryheid- Distrikt führten seinerzeit zu Unterhandlungen zwischen einem eng- lischen Finanzsyndikat und der Natalregierung betreffs der Griün- dung von Eifen- und Stahlwerken. Die Sache zers{hlug ih aller dings damals, doch erwartete man immer, daß das Projekt dem- nächst wieder aufgenommen werden würde. Dr. Hat berichtet \o wohl betreffs des Vorkommens von Eisen im Vryheid-Distrikt als betreffs eines anderen in Zululand, daß das Erz zu sehr mit Kiesel-

Schönholz, Spandau,

| erde durhseßt sei, um statten, die Lager von Manganeisenerz im nicht bon genügendem Umfang und das reihhender Reinheit, um das auh an eine Ausfuhr der mit den anderen, auf den europäischen Märkten erzen weder in Hinsicht auf Preis noch Qualität k Cin Lager von Eisenerz in der Nähe von M zwar günstiger, doch sei ein | nicht weitere Aufschließzungs reichen anderen Fundorten von Eise viel; das Erz trete nirgends in größeren D an gutem weißen Kalk, der zum Projekt der Errichtung von Eisen- u als sehr verfrüht zu bezeichnen. Blei- und Silbererz.

hon wiederholt aus Natal gemeldet worden. daß keine Gänge von irgend welcher Bedeutung ir gewiesen seien und daß es ) ager gefunden werden würden. Die im Weenendistrikt und an anderen Orten r. Hath niht für von hinreichend Zustand als Dünger zu benuten. das bei Port Shepstone vorkommt um von besonderem Wert zu sein, au für unerläßlih, ebe möglich fei.

alle diese Mineralien

ine billige Herstell

Verhütten rats Erze selbst

n in Natal

Phosphate. vorkommenden Phosphate guter Qualität, um sie in rohem __ Graphit. Das Mineral, soll zu viel Asche enthalten, erklärt der Bericht weite Aufschließungsarbeiten ein Urteil über die Rentabilität des Abbaues

Asbest, Marienglas, Gips. Dr. Hatch sih ungünstig aussprechen. Schon zu wiederk

Petroleum. Anzeichen des Vorkommens von Bohrungen sind aber stets refultatlos scheinlihkeit des Auffindens von Petroleum sehr E Af fere verschiedener Art sind an einer Reihe von Saa Be im Bryheid-Distrikt usro. angetroffen worden. Stadium des Schürfens hinausgegangen : die bereits bergmännisch bearbeitet | umfangreihe Aufschließungsarbeiten Rentabilität urteilen könne.

Gold kommt in Natal und Zululand verschiedentlih vor, und zwar sowohl in Konglomeratshichten wie in mehrfach versuht worden, nachzuweisen, daß die schihten mit denen des Witwatersrand im aber es ift fraglich, Dr. Hatch weist sie jedenfalls überwiegenden Mehrheit der südafrikanishen G Der Auszug aus dem Beriht über das

beiden bereits ers{chlo}enen kleinen Bergwerke, j )-Dalton“-Grube. sehr befriedigenden Ergebnisse gezeigt. dem, was er an anderen Fundorten von Gold gesehen hat, nit be geislert; er hält es aber für wahrscheinli, i Schürfen auf goldhaltige © i

veit bekannt

Ausschreibungen. Verkauf von Altmetall in Cartagena dortigen Parque de Artilloría am Stahl (Mindestpreis pro Kilogran

Halensee, Lichtenberg-Friedrihsfelde, Niedershöneweide- Spindlersfeld, Tegel, Tempelhof,

ung von Nobeisen zu gee Bryheid- Distrikt seien Erz jei nicht von hin- am erscheinen zu lassen: iht zu denken, da sie angebotenen Eisen- T TteN könnten. tät arißburg beurteilt endgültiges Urteil nit mögli, ber gemacht seien. Von den zahl- hält Dr. Hat nicht eren n auf. Es fehle auh Verhütten unentbehrlih sei. Das nd Stahlwerken sei zum mindesten

Das Vorkommen dieses Erzes ist Dr. Hatch berichtet, d we! Bei in der Kolonie nach- fraglich erscheine, ob überhaupt noch abbau-

Y volten Malen glaubte man auf rfomr Petroleum gestoßen zu sein und in Tleinerem Umfang öfters vorgenommen worden,

über die Wahr-

\keptish urteilen.

nirgends über das

auch bei den beiden Gruben

zee U, L P O der Verfasser fehr

[Ur notwendig, ebe man über die

Luarzgängen. Es ist dortigen K onglomerat 1 an _Lranösvbaal identis seien, ob genügende Gründe für diese Theorie \preen.

arin wohl mit der

Geologen von Nuf einig. Vorkommen von Gold ift Urteil über die

«Wonder“ und die

haben beide Gruben feine Dr. Hatch ist offenbar von

einl daß man bei weiterem l ¿uarzgange stoßen wird, die bei billigem und bei Verwendung von nur kleinen Stampfmüblen den bau lohnen werden. / i _Es gehörte freilih nicht in den Bereich der

Aufgabe, auch die Koblengruben zu besichtigen: e seinem Berichte, daß Steinkohle zurzeit das

wertvoll bekannte Mineral der Kolonie darstelle : e ungeheure Mengen von bituminöser Kohle sowohl wie von Anthrazit foble vorhanden seien. e Dr. Hatch schließt seinen Bericht

er empfiehlt, zur Förderung des Schü1 funde auszusetzen,

Dr. Hatch gestellten r

erwähnt aber in

einzige wirklich als

sei zweifellos, daß

mit verschiedenen Ratschlägen ;: rderung des -fens Prämien auf Mineral- die Schürfgebühren zu ermäßigen oder ganz zu er- lassen, gute Wege in den Bergwerksdistrikten : rät er, den Kohblenk einem Bericht des in Johannesburg.)

Berg Sdi/ “anzulegen usw.; au ergbau, soweit möglich, weiter zu fördern. (Na Vandelsfachverständigen beim Kaiserlichen Konsulat

(Spanien) im

6. April 1910, 11 Uhr: 2000 kg im 0,10 Pesetas); 24732 kg