lasteten Landrats legen. Vorläufig hat man sich zwar aus finanziellen Gründen mit der Perfonalunion begnügt, aber die Budgetkommission hat im vorigen Jahre in einer Nefolution die Regierung ersucht, die für Bochum und Gelsenkirhen in Aussicht genommene Neueinrichtung der Königlichen Polizei bis zum 1. April 1911 in die für Essen in Ausfiht genommene Einrichtung überzu- führen. Im Plenum wurde auf meinen Antrag die Nefolution noch bestimmter dahin gefaßt, daß die für Bohum-Herne und Gelsenkirchen geplante Königliche Polizei bis 1. April 1911 nach Möglichkeit auf die ganzen Landkreise Bochum und Gelsenkirchen ausgedehnt werden möge mit der Maßgabe, daß das Amt des Landrats von dem des Polizeipräsidenten getrennt wird. Auf Anfrage meines Freundes Schmedding fand diese Resolution ausdrücklich die Billigung des Ministers, und der Abg. Strosser erklärte: „Nachdem der Minister zu meiner Freude dem Antrag Bartscher zugestimmt hat, verzichte ich auf das Wort.“ Die Resolution wurde dann im Plenum auch einstimmig angenommen. Die übereinstimmende Absicht des Hauses wie der Regierung ging also dahin, daß sowohl in Bochum wie auch in Gelsenkirhen vom 1. April 1911 ab Polizet- »räsidien nach Essener Muster, d. h. mit Einbeziehung der Land- Freise und unter Beseitigung der Personalunion, errichtet werden. In der Budgetkommission ist nun neulich mitgeteilt worden, daß wahrscheinli weder Bochum noch Gelsenkirchen für sich, sondern nur beide zusammen ein Polizeiprästdiuum bekommen werden. Danach würde also die Regierung in dem einen Jahre so, im anderen Jahre anders denken. Eine solhe Einrichtung würde die Billigung meiner Freunde nicht finden, sie würde in Bochum und in Gelsenkirchen große Beunruhigung hervorrufen. Auch hierbei muß, wie seinerzeit der Reichskanzler Caprivi meinte, geprüft werden, wie eine folhe Maßnahme auf die Sozialdemokratie wirken würde. Die beiden Polizeipräsidien in Bochum und Gelsenkirhen sind doch kaum vor Jahresfrist erst ins Leben gerufen. Wozu allzu folhe Zickzack- politik? Beide Städte haben ein dringendes Bedürfnis für die Ein- richtung der Königlichen Polizei. Mein Freund Schmedding hatte im vorigen Jahre in der Kommission beantragt, die Mittel für die Er- richtung der Königlichen Polizei in den Städten Bochum und Gelsenkirchen zu streichen, bis auch die Landgemeinden einbezogen werden könnten. Ex hat dann diesen Antrag lediglih deshalb zurückgezogen, weil der Minister erklärte, daß er in diesen beiden Bezirken Polizeipräsidien nach dem Essener Muster einrichten wolle. Ich bitte die Regierung dringend, den gegenwärtigen proviforishen Zustand nicht länger be stehen zu lassen.
Unterstaatssekretär Ho lt bestreitet, daß die Regierung mit ihrer damaligen Zusage sich darauf festgelegt habe, daß zwei Polizeipräsidien, für Bochum und für Gelsenkirchen, etabliert würden.
Abg. Dr. Liebkneccht (Soz.): Der Unterstaatssekretär Holtz hat bestritten, daß der Polizeispißel NRakowski zu Fälschungen und Provokationen gemißbraucht worden sei. Aber die Selbst- bezihtigungen Makowskis bringen ein ungeheuer belastendes Material für meine Behauptung herbei. Er bekennt selbst, daß fast “alle seine Berichte gefälscht sind, nicht nur die in- ländischen Berichte, sondern auh die Berichte aus Galizien, aus Lemberg und Krakau. Auch gefälschte Aufrufe sind auf lithographishem Wege von ihm hergestellt und verbreitet worden. Und das ganzè Material ist dann an das Ministerium des Innern gegangen und hat als Grundlage für den Kampf gegen die Polen gedient. Man müßte Bücher schreiben, wollte man alle Fälschungen berichtigen, die über die Nationalliga erschienen find. Nakowski gibt zu, über die Bewegung in Galizien selbst Berichte geschrieben zu haben, die durchaus nicht auf eigenen Informationen beruhen, er gibt zu, ge- fälshte Aufrufe des Straz, betreffend die Enteignungsfrage, gedruckt zu haben. Die Berichte für das Ministerium wurden in folgender Weise abgefaßt : Der Polizeirat Zacher — jeßt vielleiht Polizei direktor — las jeden Tag die Schlesische Zeitung, er strih die Stellen an, worauf er besonderen Wert legte; dann erzählte der Beamte Frost allerlei dazu, und daraus fabrizierten Nakowski und seine Spieß- gesellen die amtlichen Berichte. Es ist sogar auf Grund eines solchen Berichtes so weit gekommen, daß eine Verstärkung des Grenzkordons vorgenommen i, zablreihe polnish-rufsishe Nevolutionäre sind dadurch den russishen Henkern ausgeliefert worden. Durch diese Berichte des Nakowski ist auch die Auswanderung der Polen nach Amerika begünstigt worden, um einmal die Zahl der Polen zu vermindern und anderseits den Agenten des Norddeutschen Lloyds ihre Opfer in die Arme zu treiben. NRakowsfi behauptet weiter, mit einem Nachschlüssel in die Kanzlei des Amtsanwalts ein-
edrungen zu sein und die Aftten fortgenommen zu haben, damit das M Htsüarfabren gegen die Sokolvereine fortgeführt werden konnte, ja zwischen der Pan und der russishen Polizei ist ein echtes Kompagniegeschäft abgeschlossen worden, es foll ein Spitzelbureau unter preußisher und russisher Aufsicht eingerihtet werden. Auch der Bericht über den Allslawischen Kongreß in St. Louis, der den Anschein erweckte, als ob er von einem Augen- zeugen herrühre , ist in Posen gemacht worden. Auf Grund eines Berichtes an die Berliner Polizei ist auch ein Nund- {chreiben an alle Polizeiverwaltungen erlassen worden, wonach auf die antimilitaristische Propaganda besonderes Augenmerk ‘gerichtet werden foll. Die in diesem Bericht geschilderten Vorgänge haben gar nicht stattgefunden; man hat vielmehr versucht, zwei Unteroffiziere zu bestehen, um eine antimilitaristisWe Propaganda vortäuschen zu fönnen. Auch meine Person ist mit großer Freundlichkeit und Auf- merksamkeit infolge dieses Rundschreibens bedacht worden. Die aus Galizien ankommenden Pakete werden stets auf ihren Inhalt hin einer polizeilichen Untersuchung unterzogen. Die Zollbeamten sind in dieser Beziehung leichter zugänglih als die Postbeamten. Der Unterstaatsf\ekretär hat erklärt, daß Nakowski entlassen worden ift, weil man ihn als unzuverlässig erkannt habe. Demgegenüber verweise ih auf die Behauptung Rakowskis, wonach er wegen des Berichtes über einen Kongreß in Prag mit Frost finanzielle Streitigkeiten gehabt habe und deshalb ausgeschieden sei. Viele Einzelheiten von den Erzählungen Nakowskis find schon jett als erwiesen anzusehen. Die Regierung hat die Pflicht, ein Unter- suchungsverfahren einzuleiten ; denn es kann doch nicht angenommen werden, daß diese Niederträchtigkeiten und Schmutereien der poli- tischen Polizei mit Wissen und Willen der Zentralinstanz statt- gefunden hätten. Der Hinweis des Abg. Strosser auf die englischen Seseße, durch die Straßendemonstrationen verboten fein sollen, ist unberechtigt. Dieses englische Geseg is durchaus obsfolet. Das englishe Parlament is ein wirklihes Parlament; es ist niht nur ein zerrissener Spitenschleier, der über den Absolutismus gewebt ist. Aus Ihren (nah rechts) Angriffen gegen die Straßendemonstrationen entnehmen wir, daß diese Kund gebungen den von uns gewünshten Eindruck ausgeübt haben. Die engbrüstigen und barbarishen Maßnahmen fucht man durch allerhand philosophishes Flickwerk zu bemänteln. Selbst Fichte, Goethe, Kant und Schiller werden bemüht. Diese großen Männer würden fich im Grabe herumwälzen, wenn sie wüßten, wofür sie als Schwurzeugen zitiert werden. Der Abg. Freiherr von Zedliß hat sich als ein neuer Attinghausen uns vorgestellt, er, der fo beharrlich und so zah und mit der größten Rücksichtslosigkeit die herrschenden Klassen gegen das Proletariat aufgerufen hat, der versucht hat, die feindseligen Stimmungen innerhalb der Bürgerschaft auszunützen und gegen das Proletariat zur Entflammung zu bringen. Er beruft ih auf den Tell, auf die Freiheit, auf die demokratishe Schweiz. Und der Abg. Graf von Moltke beruft \sich in fonderbarem Miß- verständnis auf das siebente Kapitel von Plato, er, der einer Partei angehört, die man wohl als die Polizeipartei kat? exochen bezeichnen kann. Dem Minister des Innern muß 1h in seiner Auffassung von den Straßendemonsträtionen auf das entkschiedenste widersprehen. Nicht dur die Schuld der Démonstranten, sondern durch das Vorgehen der Polizei allein sind diese Ausschreitungen entstanden. Der Minister hat neulih in seiner Nede nur von den Demonstrationen gesprochen, die am zweiten Tage stattgefunden haben, nachdem bereits vorher die Polizei in unerhörter Weise eingegriffen und provoziert hätte. Was auf amtliche Berichte zu geben ist, zeigt z. B. der Bericht über die
Vorgänge in Halle.
(e. Diese Zuverlässigkeit haben wir auch felbst be- urteilen können bei den Vorgängen an äß
lich der Ferrer-Verfammlungen.
Das Verhalten der aa \oll sogar beim König einen unangenehmen
Eindruck gemacht haben, so daß er die strikte Weisung gegeben hat, derartige Ungehörigkeiten zu vermeiden. In den Verhandlungen am Sonnabendüber Sistiecungén anläßlich der Ferrer-Versammlung ist ebenfalls die Polizei unterlegen; bereits die Vernehmung der von der Polizei an- ebotenen Zeugen hat hingereiht, um das Gericht zu einem Frei- uud zu veranlassen und die Kosten des * Verfahrens sowie die Aus- lagen der Angeklagten der Staatskasse aufzuerlegen. Auch die erste Gerichtsverhandlung in Frankfurt a. M. hat nur mit einer Ver- urteilung des nah den Polizeiberichten als Hauptprovokateur be- zeichneten Arbeiters zu 120 4 wegen Widerstands gegen die Staats- gewalt und 30 4 wegen groben Unfugs geendet. Gegenüber den Worten des Oberbürgermeister Adickes bätte der Minister doch auch erwähnen müssen, daß die überwältigende Mehrheit auch der bürger- lichen Stadtverordneten das polizeilihe Vorgehen gemißbilligt hat. Die bürgerlichen Parteien in Frankfurt kämpfen Seite an Seite mit der Sozialdemokratie, und am gestrigen Tage hat eine neue, gewaltige Demonstration gegen das Vorgehen der Polizei stattgefunden. Alle Zeitungen sind « erfüllt von Bewunderung über den glänzenden Verlauf dieser Veranstaltung. Kommen Sie mir niht wieder mit der Geschichte, daß Omnibusfahrer heruntergeholt worden sind; mit diesen Dingen hatte die organisierte Arbeiterschaft nichts zu tun. Und nun haben ja gestern auch in Berlin ih neue Demonstrationen abgespielt, die lehrreih sind für das Ent- stehen von Demonstrationen. Herrn Cassel wird wohl eine Gänfe- haut überlaufen haben über das gestrige Vorkommnis; am Ende ist er auch selbst an der Spiße der Demonstration nah dem Schlosse marschiert. Gestern waren es ganz friedliche preußische Staatsbürger, die zum Teil der nationalliberalen Partei angehörten, die in, ihrer lebhaften Erregung ganz spontan zu einer Kundgebung kamen, die gar nicht vorbereitet war, und vor das Schloß zogen. Da mag das loyale Herz des Abg. Cassel erzittern und erbeben, das eben noch von Herrn von Zedliß gewaltsam erschüttert worden war. Die bürgerlihen Parteien haben jeßt am eigenen Leibe gesehen, wie Straßendemonstrationen entstehen, fie haben gesehen, wie diese absolut friedlih verlaufen, wenn die Polizei fih zurückhält. Wenn Sie die politische Geheimpolizei abschaffen, wenn Sie die Provokateure beseitigen, wenn die Polizei fih vorsichtig zurückhält, dann werden auch alle Demonstrationen und Aktionen des Proletariats oleih fried- lich verlaufen, wie überhaupt die Sozialdemokratie auf friedlichem Wege ihre Ziele zu erreichen bestrebt ist. Seien Sie vorsichtig genug, zu erkennen, daß man ein großes Volk nicht auf die Dauer mit dem MOHLA regieren und reglementieren kann; geben Sie Bewegungs- freiheit!
Unterstaatsfekretär Holy: Es muß doch jedem der gesunde Menschenverstand sagen, daß sich die Polizei nicht Agenten hält, die ihr gefälschte Berichte liefern. Der Abg. Liebknecht hat den ganzen ersten Teil seiner Rede auf Angaben des Nakowski aufgebaut; dazwischen hat er selbst hin und wieder eingeschaltet, er wisse nicht, ob man hnen traten duUrs& Jb (das eine Art und Weise, Vorwürfe hier vor dem Hause zu begründen? Auf einen einzigen Kronzeugen dieser Art hin? Ich halte das für unerhört. Ihr einziger Zweck, Herr Liebknecht, ist der, Agitations\toff nah außen zu gewinnen. Ueber die Beurteilung der Straßen- demonstrationen wollen wir uns nicht unterhalten, ih wenigstens nicht mit Ihnen. Selbstverständlih werden Ihre Berichte und diejenigen, die uns zugehen, nie übereinstimmen. Die Frankfurter Gerichts- verhandlungen werden Klarheit schaffen, und sie werden auch zeigen, daß die Anreizer und Agitatoren auch hier wieder hinter der Front geblieben sind.
Abg. Dr. Grunenberg (Zentr.): Die Sozialdemokratie stört durch ihr Vorgehen nur die Wahlrechtsreform. Gerade sie ist es, die im Wahlkampf in der volkaufheßendsten Weise vorgeht. Das Blut, das in Frankfurt usw. geflossen ist, kommt auf ihr Konto. Der Redner {ließt ih im übrigen dem Abg. Bartscher an.
Abg. Stros ser (kons) bittet den Minister, von einer Vereinigung der Königlichen Polizei für Bochum und für Gelsenkirchen abzusehen.
Abg. Dr. Müller - Berlin (fr. Volksp.): Nach einer Entscheidung des Neichsgerichts sind die Polizeibeamten befugt, einen fliehenden Nadfahrer dur einen Polizeihund verfolgen zu lassen. Der Poslizei- hund darf nicht dazu verwendet werden, um gegen UÜebertreter von Ordnungsvorschriften oder Kinder geheßt zu werden. Ich würde es für außerordentlich bedauerlih erachten, wenn die behördliche Praris dazu neben sollte, aus dem Polizeihund eine Art Bluthund zu machen.
Minister des Jnnern von Moltke:
Meine Herren! Die Dressur der Polizeihunde beruht darauf, daß in dem Hunde die äußerste Disziplin erweckt und sichergestellt wird. Man nennt das beim Hunde „Appell“. Der Appell geht verloren, sobald der Hund sich auf große Entfernung außer Nufweite von dem Führer entfernt. Das hat der Führer auf das strengste zu ver- meiden, und die Proben, die jeßt mit Polizeihunden stattfinden, richten fich auf die Frage: wer hat es bei der Prüfung am besten be- wiesen, daß er den Hund vollständig in der Hand behält, fodaß der Hund sih auf Zuruf legt, liegen bleibt und sih nicht rührt?
Wenn also ein Hund aus eigenem Antriebe einem Nadfahrer folgt und ihn vom Nade reißt, so ist das ein Zeichen, daß er keinen Appell hat: jedenfalls begeht er etwas, was ihm in der Dressur nicht bei- gebraht und wozu er nicht angehalten werden foll; denn er muß unter allen Umständen in der Hand des Führers bleiben.
Wenn diese Entscheidung ergangen ist ih kenne sie nicht —-, fo handelt es sich für mich nur um eine juristische, aber um keine Frage zielbewußter Drefsur.
Ein Antrag auf Schluß der Debatte wird angenommen.
Zur Geschäftsordnung bestreitet
Abg. Switala (Pole), daß seine Partei das Falles Nakowski nur als Agitations\toff benutzen wollte. dies bei späterer Gelegenheit nahweisen zu können.
Bei den Ausgaben für die Polizeidistriktskommissare in der Provinz Posen dankt
Abg. Dr. Busse (kons.) dem Minister für die Erhöhung der Bureau- und Pferdegelder der Distriktskommissare um 400 #; die Erhöhung sei aber noch nicht ausreichend, deshalb fei von seinen Freunden ein befonderer Antrag auf eine Erhöhung eingebracht worden.
Abg. von Kardorff (freikons.) bemerkt, daß diese Beamten 400 bis 800 s Bureaukosten aus eigener Tasche zulegen müßten, und tritt lebhaft für die Erfüllung der Wünsche der Poslizeidistrikts- kommifssare ein.
Abg. Peltas ohn (fr. Vgg.) {ließt sih beiden Vorrednern an. Er habe auch den Cindruck, daß der Ersaß für die Auslagen nicht ausreichend fei.
Beim Kapitel „Landgendarmerie“ bringt
Abg. von Kardorff (freikons.) Wünsche für die Landgendarmen zur Sprache, die im wesentlihen auf eine Erhöhung der viel zu geringen Dienstaufwandsentschädigung gehen. Er bezieht sich dabei auf Aus- führungen des früheren Abg. Baensh-Schmidtlein.
Abg. Ecker- Winsen (nl.) {ließt sih dem an.
Abg. Hammer (kons) erwähnt besonders den Ministerialerlaß, wo- nach die Gendarmen sich kein Dienstzimmer mehr zu halten brauchen. Dieser Erlaß nüßze nichts, wenn der Chef der Landgendarmerie auf Grund feiner Kommandogewalt den Gendarmen Schwierigkeiten bereite, die auf den Mangel eines Dienstzimmers zurückgingen. Eine Vermehrung der Dienstwohnungen für die Gendarmen fei angezeigt. Män müsse au bedenken, daß bei der heutigen Ueberzahl an Geseßen
Material des Gr hoffe,
und Verordnungen die Tätigkeit des Gendarmen eine ungleich R Cgete und verantwortungsreichere fei als früher. Das Tagebuch solle fortfallen, und es folle den endarmen freie Neise gewährt werden, denn sie seien doch auch Soldaten. Der Chef der Landgendarmerie, fährt der Redner fort, sollte diese Anregungen zur Notiz nehmen und unterstüßen. Der frühere Chef, General von Henning Exzellenz, ist den Gendarmen ein ausgezeichneter Vorgeseßter gewesen, an dem sie noh heute mit Ver- ehrung hängen. Den Gerichtsvollziehern ist das Kleidergeld im Betrage von 150 M pensionsfähig gemacht ; die Gendarmen wünschen die gleiche Vergünstigung. Auch bezüglih der freien Zeit sind die Gendarmen fehr \chlecht gestellt, weit s{hlechter als die Schußleute. Sie befinden si eigentli immer im Dienst, sie dürfen ihren Stand- ort nur ausnahmsweise auf 12 Stunden verlassen. Um einen Urlaub müssen sie 14 Tage vorher einkommen ; was sollen fie da tun, wenn etwas vorfällt, das Eile erfordert ? Die Oberwachtmeister sind be- trübt, daß man den Musikmeistern und den Unterzahlmeistern an Stelle der Achselklappen geflochtene Achselstücke gegeben hat. Man fann ja darüber lächeln, aber man sollte ihnen do thren Wunsch er- füllen und auch ihnen diese Achselstücke geben. Für die Sommer- monate sollte den Gendarmen gestattet fein, eine Litewka und Um- legekragen zu tragen. Diese und noch einige andere auf die Uniform bezügliche Wünsche empfehle ih dem Wohlwollen des Kriegsministeriums und des Chefs der Landgendarmerie. : _
Abg. Heine (nl.): Leider kann heute der Abg. Wamhoff nicht anwesend sein, dessen gewichtige Stimme sonst namens unserer Partei für die Interessen der Gendarmen erhoben wird. Auch wir sind ein- gedenk, daß die Gendarmen nicht petitionieren dürfen, daß sie nicht dem Bunde der Festbesoldeten angehören dürfen, daß sie sich auch niht an Abgeordnete wenden dürfen. Da müssen denn leßtere felbst die Augen aufmachen. Auch wir empfehlen, den Oberwachtmeistern die Achselstücke zu gewähren und ihnen au zu gestatten, das Seiten- gewehr untergeschnallt zu tragen. Die Vermehrung der Dienst- wohnungen für Gendarmen begrüßen wir freudig, aber die größere Anzahl is noch immer auf Mietswohnungen angewiesen, Und da be- darf der Wohnungsgeldzuschuß der Erhöhung. Dasselbe gilt von der Dienstentshädigung der Wachtmeister. / ;
Abg. von Kardorff (freikons.): Ich freue mih schr, daß der Abg. Hammer so offen und entschieden sih über das dienstlihe Verhältnis der Gendarmen ausgesprochen hat, und ih unterschreibe seine Aus- führungen durchaus. Die militärischen Vorgeseßten der Gendarmen sollten nicht vergessen, daß sie nicht junge Unteroffiziere, sondern alke, erfahrene vor sh haben, und sollten die Behandlung ihrer Unter- gebenen dana einrihten. Den Minister bitte ih, an der Hand des Hammerschen Materials zu prüfen, welhe Erleichterungen für die Gendarmen gewährt werden können. Den Gendarmen muß die volle Berufsfreudigkeit erhalten werden.
Minister des Jnnern von Moltke:
Es sind von den verschiedensten Seiten des Hauses heute wiederum zum Kap. 94 des Etats so viel Wünsche lautgeworden, daß ih daraus zu meiner Freude auf ein großes Wohlwollen für die Gendarmen \{ließen darf. Es ist mir leider unmöglich, zu allen An- regungen heute Stellung zu nehmen, zumal sie fich gar nit innerhalb des Nahmens meiner Dienstaufsicht befinden. Ih werde aber die Wünsche selbstverständlich wohlwollend prüfen und sie zur Kenntnis der beteiligten Instanzen bringen. (Bravo! rechts.)
IFch möchte nur eins rihtigstelen. Das betrifft die Zahl der Wohnungen, die für die Gendarmen inzwischen fertiggestellt sind und fertiggestellt sein werden, wenn die Bewilligung der Anträge des dies- jährigen Etats erfolgt. Es werden dann von 5611 Gendarmen mit Dienstwohnung ausgestattet sein 2468, das ist über die Hälfte. Jch hoffe, daß mit Zustimmung des Herrn Finanzministers auf diefem Gebiet weiter vorgegangen werden kann, sodaß wir zu befriedigenden Zuständen kommen. (Bravo !)
Abg. Dr. Müller -Berlin (fr. Volksp.): den Wünschen nach Besserstellung der der Nähe der Großstädte werden ihnen zum lie Leistungen zugemutet, die der einzelne zu erfüllen gar nicht in der Lage ist, so bei der Ueberwachung des Automobil verkehrs. Der Gendarm kann gar nicht gleichzeitig mit seinen Augen be- obachten, wie die Geschwindigkeit des Automobils ist, und feststellen, ob ordnungsmäßig gehupt und auch fonst jede Vorschrift eingehalten wird. Der Gendarm müßte jedem gegenüber, ob hoh oder niedrig und wenn es die allerhöchste Person wäre, feststellen können, ob die Borschriften innegehalten werden. Wie die Borschriften jeßt liegen, fommen cben die Gendarmen in den Vororten in etne äußerst \{wierige und prekäre Lage. Im übrigen stehen auch wir als Uberale den Gendarmen sehr freundlih gegenüber.
Die Ausgaben für die Landgendarmerie werden nach dem Etatentwurf bewilligt.
Unter den allgemeinen Ausgaben im Juteresse der Polizei werden 300 000 #Æ für geheime Ausgaben im Jnteresse der Polizei gefordert.
Die Abgg. Borgmann und Gen. (Soz.) beantragen, diese Position zu streichen und die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, die politishe Geheimpolizei abzuschaffen.
Abg. Hirs ch- Berlin (Soz.): Wir stehen auf dem prinzipiellen Standpunkt, daß man Ausgaben, über die die Negierung dem Parla ment keine Rechenschaft zu geben braucht, ihr auch dann nicht bewilligen kann, wenn fie das Vertrauen des Parlaments hat. Die Geschichte der Geheimpolizei zeigt aber, daß ich die Regierung zur Bekämpfung oppositioneller Parteien stets und ständig unlauterer Mittel bedient hat, um wirtschaftlih \chlecht gestellte Individuen für Spigeldienste zu gewinnen. Das Sozialistengesez ist gefallen, aber die Spitel find geblieben. Wir haben schon früher bewiesen, daß es uns gelungen ist, Spitel zu entlarven, und der Minister hat nicht bestritten, daß die Polizei sich der Spitel bedient, und daß sie auch bei den Demonstrationszugen Spißel benußt hat. Hâtte der Abg. Cassel das gewußt, dann hätte er sih wahrscheinlich nicht so scharf gegen die Straßendemonstrationen ausgesprochen. Nun, er ist durch das Lob des Abg. von Zedlitz gestraft genug. Wenn der Abg. Strosser gemeint hat,- daß auch wir uns der Spitel be dienten, weil wir eine gewisse Kontrolle ausübten, so hinkt dieser Ver gleih. Mit demselben Rechte könnte man auch diejenigen Spitel nennen, die in unsere Versammlungen kommen, um sch belehren zu lassen. Ich hatte nun vor, Ihnen eine ganze Neihe von Spißtelfällen vorzuführen ; ih habe auch ein greßes Material im Laufe des Jahres gesammelt; ih will mich aber mit Nücksiht auf die vorgeschrittene Zeit darauf beschränken, Ihnen einige markante Falle vorzutragen. Der Redner trägt nun einige dieser Fälle vor, in denen es sich namentlich um die Ueberwachung von Versammlungen, um die Bespizelung von Polen, um die Ueberwachung der sozialdemokratischen Jugendorganisationen und um die Ueberwachung der anarchistishen Bewegung handelt. Er verweist in der leßten Beziehung auf das Verhalten eines gewissen Schiefer hin, der niht nur Spitel, sondern ein Loclspißel {limmster Sorte gewesen sei. Er habe sich daran gemacht, einen anderen Spitel zu entlarven. Bei der ganzen Affäre habe der Kriminalkommissar Kunze eine sehr verdächtige Nolle gespielt. Der Redner fährt fort: Wenn das Haus die 300 000 #4 bewilligt, so macht es sih der Unterstützung der Bespißelung s{uldig. (Der Präsident ruft den Redner wegen dieser Bemerkung zur Ordnung.) Daß die Konservativen unseren Antrag annehmen werden, erwarten wir nicht; aber das Zentrum hat stets gegen die Position gestimmt, ebenso die Frei sinnigen und die Polen. Ich erwarte aber vom Zentrum, daß es mit uns auch für die Abschaffung der Geheimpolizei eintritt. Die Spitzel find nur eine Vorstufe der Lockspivel. Wer die Summe bewilligt, trägt die Verantwortung für alle Verbrechen, die von Spiyzeln begangen werden, er macht sih mits{uldig.
: Ich schließe mich Gendarmen an. Jn Teil dienst-
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/ leßten Tagen schon \o viel geredet worden, daß ich mir meinerseits es
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Minister des Jnnern von Moltke: Meine Herren! Es ist über diesen Gegenstand heute und in den
versage, nochmals darauf einzugehen, und mich darauf beschränke, auf meine vorjährige Erklärung Bezug zu nehmen. Jch bitte, den Antrag abzulehnen.
Abg. Switala (Pole) kommt nohmals auf die Angelegenheit Nakowski zurück und bleibt dabei, daß die Berichte des Rakowsfi gegeu die Polen géfälsht seien, was durch das von absolut einwands- freten Personen gelieferte Material bewiesen sei. Es sollte eine Kom- mission berufen werden, die dieses Material eingehend prüfen müßte. (Erst dann würde man zu einem richtigen Urteil Tommen.
Die Ausgaben für die geheime Polizei werden gegen die Stimmen der Freisinnigen, Polen und Sozialdemokraten be- willigt. Der Antrag auf Abschaffung der Geheimpolizei wird gegen die Stimmen der Polen und Sozialdemokraten ab- gelehnt.
Bei der Position von „6 Millionen Mark für die Fürsorgeerziehung“ weist _ Abg. Dr. Faßbender (Zentr.) auf die Vorgänge in der Anstalt von Mieltschin hin, die von neuem die Aufmerksamkeit auf die Fragen der Fürsorgeerziehung lenken müßten. Um die Erfolge der Fürforgeerziehung zu bessern, müßten einerseits die Persönlich- feiten, die die Anstalten zu leiten haben, zweckentsprehend aus- gebildet und anderseits die Anstalten in großzügiger Weise organi- siert werden. Im Anschluß an die Zentralstelle für Volkswohlfahrt müßte eine Schule für Sozialpädagogen errichtet werden, die eine individualistishe Ausbildung ermöglichen und sowohl theo- retische wie auch praktische Anleitung bieten müßte. Das müßte auf derselben Grundlage geschehen, wie es ähnlih bereits in Amerika und Amsterdam Da den sei. Ferner müßte eine großzügige Organisation der Erziehungsanstalten vorgenommen werden. Nedner entwirft ein umfassendes Programm für diese Organisation. Ein Fehler der Anstalten sei es jeßt, daß allzu heterogene Elemente in der- selben Anstalt sich zusammenfänden; statt dessen müßte in den An- stalten differenziert, spezialisiert und individualisiert werden; bei manchen müßten die Pädagogen, bei manchen die Mediziner, bei anderen die Techniker im Bordergrunde stehen. Bei einer folchen Organisation würden auch nur noch wenige Anstalten einen ge \{lofsenen Charakter zu haben brauchen. Vor allem müßte die beruf lihe Erziehung überwiegen; z. B. dürften in einer Anstalt die Mädchen nicht aus\cließlich mit dem Maschinewaschen beschäftigt werden, fondern sie müßten gleichzeitig in dem ganzen Gebiet des Haushaltungswesens ausgebildet werden. Dann würden die Mädchen nicht nur zur Arbeitsfreudigkeit, sondern auch zur Arbeitstüchtigkeit erzogen.
Abg. Ströbel (Soz.): Daß sih durch die Fürsorgeerziehung
etwas erreichen läßt, soll nicht bestritten werden: die Vorwürfe richten ih nur gegen das heutige System. Nach der Statistik der Denk [chrift reicht durchschnittlih eine sechs- bis siebenjährige Erziehung nicht aus, um die Zöglinge aus der Fürforgeerziehung entlassen zu fönnen, und die Hälfte der in einem Jahre entlassenen Fürsorgezöglinge wird nur deshalb entlassen, weil sie das Mündigkeitsalter erreicht hat. Selbst unter den Erziehern herrscht die Ansicht, daß die Zöglinge es in den Erziehungsanstalten s{chlechter haben als în den Gefängnissen. Unsere diesjährige Denkschrift führt aus, daß in weitaus größerem Maße als bisher erhebliche Defekte auf geistigem und moralischem Gebiete bei den Zöglingen festgestellt worden find, bei den männlichen bei fast der Hälfte, bei den weiblichen bei der Mehrzahl. Eine ärztliche Behandlung und Begutachtung auf psvchiatrisher Grundlage wird deshalb von allen Autoritäten verlangt. Den konfessionellen Unterricht halte ih für unnötig ; es genügt, wenn eine vernünftige Behandlung durchgeführt wird. Nicht Geistliche, fondern Pädagogen müssen an der Spitze dieser Anstalten stehen. Gerade in Mieltschin sind unter der Leitung eines Geistlichen derartige Greuel vorgekommen, die ein wahres Schreckensbild entrollt haben. Auch die Vorgänge in der Blohmeschen Wildnis beweisen die Unzulänglichkeit des ganzen Systems und zeigen auch gleichzeitig, daß die Kontrolle, die gerade hier |o {arf wie mögli sein müßte, ncht ausreicht. Der Amts gerihtsrat Köhne tritt dafür ein, daß unparteiishe Aufsichts instanzen geschaffen werden, damit eine unparteiishe Prüfung der Beschwerden der Zöglinge gewährleistet wird. Dem Vorredner stimme ih auch darin zu, daß eine möglichst vielseitige Aus- bildung gefordert werden muß. Die jeßige Erziehung läßt ih zu sehr von dem Gedanken leiten, billige Arbeitskräfte für die Agrarier zu schaffen. ie Erziehung verlangt ein gewisses Maß von Freiheit; die Einführung einer bestimmten Selbstverwaltung übt auch einen guten Einfluß auf die Zöglinge aus. Die Forderung des Abg. Faßbender, daß die «Fursorgezöglinge nicht "mit einer einseitigen Arbeit beschäftigt werden sollen, ift gewiß fehr s{chön, aber die Sozialdemokratie stellt dieselbe Forderung auh für die Erwachsenen auf, damit diese auch ein menschenwürdiges Dasein haben. Das ganze Fürforgeproblem hängt ja zusammen mit unseren elenden wirtschaftlichen Zuständen, mit den ganzen Schäden des Kapitalismus. In dem sozialen Sumpf, in der Prostitution, im Dienstbotenlos, in der Wohnungsnot finden sich die Urfachen für das Elend, das die Fürsforgeerziehung not vendig macht. Aber wenn die Denkschrift auch die sozialistische Propaganda als Grund angibt, so zeugt das von ciner bodenlosen Unwissenheit oder ein:r bodenlosen Unverschämtheit desjenigen, der das geschrieben hat. Und wenn auch als Grund die materialistische Strömung angegeben ist, so würde das zutreffen auf die Bestrebungen der Schnapsblockjunker und die agrarishe Steuerdrücckerei.
Geheimer Regierungsrat Schl offer: Daß Mißstände auf dem Ge- biete der Fürsorgeerziehung vorgekommen sind, foll nicht bestritten werden. Aber diese Einzelfälle dürfen nicht verallgemeinert werden, und ih halte mih für verpflichtet, denjenigen, die ihren entsagungsvollen Be ruf gewissenhaft erfüllen, die Anerkennung nicht zu versagen. Es sind auch tatsächlich in der Fürforgeerziehung Erfolge erzielt worden, die um fo mehr zu schäßen sind, als es ih vorzugsweise um in vor gerückter Verwahrlo]ung befindliche Clemente und nicht zuleßt um geistig Minderwertige handelt. Die Untersuchung geistig Minder wertiger wird überall vorgenommen; diese Untersuchungen können aber nur allmählich stattfinden. In der Mark Brandenburg werden z. B. die Untersuchungen an jeder Anstalt durch einen besonderen Psychiater vorgenommen. Der Minister läßt es sich dringlich an
T) L
gelegen sein, für eine zweckmäßige Aufsicht durch Ausbildung des
Grzieherpersonals zu sorgen. Die an großen Anstalten gesammelten Erfahrungen, die an Spezialanstalten gemachten Beobachtungen werden “unter dem Erzieherpersonal ausgetauscht. Am 31. Januar hat
in Strausberg an der Provinzialerziehungsanstalt ein Kursus statt-
gefunden, in dem auf hygienischen1, pädagogischem und psychiatrischem Gebiete Belehrungen erteilt und praktische Unterweisungen gegeben wurden. richtigen Handhabung der
Disziplinar - und erörtert
Zuchtmittel
worden. Diesem Kursus soll ein zweiter in der Rheinprovinz folgen, 2STage gehen
Der Täuschungen
Auch in der
Erzieherberuf Arbeit über. keineswegs
dein sih noch weitere anschließen werden. der Ausbildung der Anwärter für den wr. n aller Kürze zu pralTlischer Minister des Innern gibt sich darüber hin, ae bestehenden Einrichtungen einer Ergänzung und Modernisierung be ürfen.
DL0O! Dr. Faßbender (Zentr.) legt dem Abg. Ströbel gegen- über dar, daß Neligionsunterweisung ohne konfessionelle Basis nicht
erfolgen könne.
Abg. Ströbel (Soz.): Es hat mir natürlich fern gelegen, die
großen Teiles der verdächtigen; ih
persönlihe Chrenhaftigkeit Anstalts
4 eines leiter oder Pfleger
irgendwie zu
In dem Kursus ist auch gerade das wichtige Gebiet der
daß noch manche Lücken auszufüllen sind, und daß
habe nur
nachweisen wollen, daß bei dem heutigen System sich Besseres überhaupt niht erreihen läßt. Ich halte auch den Pastor Breithaupt von Mieltshin keineswegs für einen pervers an- gelegten Menschen; er wußte nur nicht, was er mit den Pfleglingen anfangen sollte, und so hat er darauf los geprügelt, wie es die Denkschrift ausdrücklich bestätigt. Auh ohne konfessionelle Erziehung läßt sih eine ethishe Unterweisung erreichen; übrigens sind wir durchaus nicht gegen MNMeligionsunterweisung, nur darf sie nicht obligatorisch, sondern muß fakullativ sein. Cin allgemeiner Moralunterriht läßt fsich aber auch ohne Religion erteilen. Die Welk ist doch nicht erst seit Christi Geburt da, sondern es hat auch son vorher eine Ethik gegeben. Diese Unterweisung brauht auch keineswegs so langweilig philosophis{ zu sein, wie z. B. Herr von Bethmann Hollweg. (Vize vräsident Dr. Por ch ruft den Nedner wegen dieser Aeußerung zur DLDNUÊng) ‘ i Abg. Dr. Faßbender: Es handelt si hier doch um den großen prinzipiellen Unterschied zwischen theozentrisher und anthropozentrischer Weltanschauung.
Der Titel wird bewilligt.
Bei den „allgemeinen Ausgaben zu verschiedenen Bedürfnissen der Verwaltung des Jnnern“ fordert
_ Abg. Trimborn (Zentr.) die Errichtung einer Wanderarbeits- stätte oder einer Arbeiterkolonie in Herbestal im Interesse der von Belgien abgeshobenen deutshen Ausländer und verlangt, daß die Negterung ihren Einfluß in diesem Sinne geltend mache.
Minister des Jnnern von Moltke:
Fh bin augenblicklich niht in der Lage, die Verhältnisse, die hier geschildert worden find, nachzuprüfen und namentlich das zahlen- mäßige Material zu sichten, das der Herr Abgeordnete angeführt hat. Ich bin aber schon vor einiger Zeit auf die Verhältnisse aufmerksam gemacht worden und habe Veranlassung genommen, den Oberpräsidenten
darauf hinzuweisen. Ich sehe seinen Vorschlägen zur Regelung der geltend gemachten Mißstände entgegen. (Bravo !)
Der Rest des Etats des Ministeriums des Jnnern wird ohne Debatte erledigt.
Schluß 51/, Uhr. Nächste Sizung: Dienstag 11 Uhr. (Bergetat.)
Nr. 9 des „Zentralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 25. Februar hat folgenden Inhalt: 1) Konsulatwesen : Ernennung; Crequaturerteilung : Ermächtigungen zur Vornahme von Zivilstandshandlungen. 2) Fi- nanzwesen: Nachweisung der zur Anschreibung gelangten Einnahmen des Deutschen Reichs an Zöllen, Steuern und Gebühren sowie der Einnahmen der Reichspost- und Telegraphenverwaltung und der Neichseisenbahnverwaltung für die Zeit vom 1. April 1909 bis zum Schlusse des Monats Januar 1910; Reichsstempelabgabe für vor dem 1. August 1909 in Verkehr geseßte und auf einen kürzeren als zehn- jährigen Zeitraum lautende Gewinnanteilshhein- und Zinsbogen. — 3) Zoll- und Steuerwesen: Abänderung des § 3 der Ausführungs- bestimmungen zum Tabaksteuergeseße vom 15. Juli 1909; Zulassung eines zollfreien Veredelungsverkehrs mit ' ausländishem Eigelb; Ver- zeichnis der Vergällungsmittel für Essigsäure. 4) Polizeiwesen : Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet.
Nr. 17 des „Zentra lblatts der Bauverwaltung“, heraus- gegeben im Ministerium der öffentlihen Arbeiten, vom 26. Februar 1910, hat folgenden Inhalt: Amtliches: Dienstnachrihten. — Nicht- amtliches: Die Hochflut der Seine in Paris. Englische Kranken- häuser. Vermischtes: Preisbewerbung um Pläne für ein Geschäfts- haus im Anschluß an das „Alte Nathaus“ in Elberfeld. Wett- bewerb um Entwürfe für ein Bankgebäude der Westfälish-Lippischen
Vereinsbank Aktiengesellshaft in Bielefeld.
Das Hausgewerbe im Deutschen Neich nach der
Davon
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und liche
Haupt Allein- è / 1 Betriebe | * Landesteile. 5 betriebe | betriebe
überhaupt
gewerblichen Betriebszählung vom 12.
a. Nach den Angaben der Hausgewerbetreibenden selbst
überhaupt
Statistik und Volkswirtschaft.
Unt 1907.
b. Nach den Angaben der Unternehmer
Betriebe, welche Haus- gewerbe- treibende (Heim- arbeiter, Platz gesellen) be- schäftigen
Hausgewerbetreibend rbetreibende
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26 689 95 588 320 346
2 292 985! 1 307 130 871 392 479 13L 55 180 16 683 38 497 3 953 13 920 5 2A 8 643 3 (16 1 890 l 826 2 586 1 578 1 008 32 447 10 389 99 058 10 761 5433 5 328 4 528 2 680 1 348 3 460 1910 1 550 11-302 5 854 5 498 5 933
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Papierindustrie . . . . 1907 4 355 1895 20d
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Industrie der Holz- und _ S Schnitstoffe .. 1907 20 (U 94
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Industrie der Nahrungs- und Genußmittel . . 14 563 8 877
121 785| 98 966
108 576 989
1907 15 820 1895 9 930 1907 131 648
Bekleidung8gewerbe 1895 116 624
Berlin, den 26. Februar 1910.
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Kaiserliches Statistisches Amt. van der Borght.
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