1870 / 38 p. 3 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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errliche Verordnung: die Organisation des Ober-Eichungsamtes

erh Ay 11, Verordnungen des Handelsministeriums: 1) Die Organisation der Eihungsämter betreffend; 2) die Eichordnung betreffend; 3) die Eihung8gebühren betreffend; 4) die äußersten Grenzen der im öffentlichen Verkehr noch zu duldenden Ab- weihungen der Maße, Gewichte und Waagen von der abso- luten Richtigkeit betreffend. :

Bayern. München, 12. Februar. Jn der heutigen Sizung der Abgeordnetenkammer wurde der Adreßentwurf der Majorität mit 78 gegen 62 Stimmen angenommen. Bei der Abstimmung féblten 2 Stimmen von der Patriotenpartei und 11 von den Liberalen. Ebenso wurde der Gefeßentwurf wegen provisorischer Steuererhebung mit 137 gegen 3 Stimmen angenommen. Die 10 beanstandeten liberalen Wahlen (München und Günzburg) wurden heute für ungültig erklärt.

Die Rede, welche der Minister Fürst von Hohen- lohe am 10. in der Abgeordnetenkammer hielt, hatte der »A. A. Y.e zufolge nachstehenden Wortlaut: i

»Meine Herren! Sie werden mir nicht zumuthen, daß ich Jhnen zum vierten Mal den Gang darlege, welchen die bayerische Politif feit dein Jahr 1867, seit meinem Eintritt ins Ministerium, genommen hat. Jch habe es hier und in der Kammer der Reichsräthe in so ein- gehender Weise gethan, däß ih es getrost Jhrem Urtheil und dem Urtheil des Landes anheimstellen kann: ob meine Thätigkeit den Vor- wurf der Jufonscquenz und des Schwankens mit Recht verdient, oder niht. Jh habe Jhnen gesagt, daß ich als den leitenden Gedanken meiner Politik die Erhaltung des Zusammenhangs der süddeutschen Staaten mit dem Norden und die Erhaltung der Selbständigkrit Bayerns betrachte. Jh habe Jhnen die Mittel offen dargelegt, welce ih angewendet habe, um diése Politik zur Ausführung zu bringen, Und ebenso die Schwierigkeiten, welche sich meiner Thätigkeit ent- gegenstellten. Jch habe auch nie verschwiegen, daß ih an dem von mir eingeschlagenen Weg festhälten, denselben auch in Zukunft nicht aufgeben werde, und insbesondere in der loyalen Erfüllung der durch den Allianzvertrag auferlegten Pflichten eine Garantie für Bayern erblicke. Sie, meine Herren, sind im Begriff, meine Thätigkeit zu ver- urtheilen. Jh kann nicht annehmen, daß Sie dieß auf Grund von Gerüchten ‘oder Verdächtigungen, oder um einer persönlihen Mißstim- mung zu genügen, thun wellen. So etwas wäre ernster politischer Männer nicht würdig, und ist außer Frage. Jh muß des- halb annehmen, daß diejenigen) welche dem Saß beistimmen wollen, der das Verlangen nach einem Minister des Aeußern ausdrückt, dem das Vertrauen des Landes entgegengetragen werde, dies deshalb thun, wveil sie wünschen, daß das Gegentheil von dem geschehe, was ih ge- than ‘und erstrebt habe. Nachdem ih die Grundsäße meiner Politik offen dargelegt habe, können Sie das, was ich als das Gegentheil der- selben ansehe, ohne Schwierigkeit verstehen. Ob Sie alle sich dieser Ansicht bewußt sind, weiß ih nicht. Das aber glaube und fürchte ich, es wird die treibende ‘Konsequenz der Thatsachen Sie weiter führen, als Sie vielleiht jeßt alle wollen, Jch schließe mit dem Wunsche, und ich glaube dazu berechtigt zu sein, nachdem ich mir bewußt bin, mein Amt acwiksenhaft geführt zua haben: daß Ihre Entscheidung, wie sle auch ausfallen mag, zum Heile Bayerns gereichen möge. «

Oesterreich-Ungarn. Wien, 12. Februar. Jn der heutigen Herrenhaus-Sißung wurde die Nachtrag8-Konven- tion zum e Handel8vertrage angenommen und die Budgetkommission gewählt.

Pesth, 11. Februar. Vom Unterhause wurde das Geseh Über die Eu des Staatsrehnung®shofes nach dritter Lesung bei namentlicer Abstimmung mit 268 gegen 25 Stimmen an- genommen. Jranyi's Antrag über die Reduktion der Gehalte der Obergespäne wurde mit 167 gegen 136 Stimmen abgelehnt.

12. Februar. Nach einer längeren , von den Nationa- len sehr bestig geführten Debatte votirte das Haus den Titel »Unterstüßung für das Nationaltheater«, 59,000 Fl.

Belgien. Brüsfel, 13. Februar. Die Repräsen- tantenfammer beendete gestern vom revidirten Code de commerce den Abschnitt von den Kommanditgesellschaften und ging zu den anonymen Gesellschaften über.

Das Budget des Kriegs-Ministers für 1871 stellt fich auf 36,871,500 Fr., was 2000 Fr. weniger beträgt , als das von 1870. Die Armee is auf 42,362 Mann und 8792 Pferde normirt. Der das Budget begleitende Bericht sicht den Fall ‘voraus, daß sich einige Uebershüsse ergeben wer- den, und bèéstimmt deren eventuelle Verwendung bis zum Betrage von 300,000 Fr. Diese sollen zur besseren Käser- nirung der Truppen verwandt werden. Die durch das Geseh Über die Organisation der Armee vom 5. April 1869 geschaffene Kriegsschule, welche dazu bestimmt ist, Stab®offiziere zu bilden und überhaupt den höheren Unterricht in der Armee zu ver- breiten, soll, um Kosten zu sparen, mit der Militärschule ver- bunden werden, damit die Lehrer der leßteren an beiden Jnfti- tuten wirksam sein können. Z L L -

Das Budget der Justiz für 1871 beläuft sich auf 15,026,598 Frec8., 560,200 Frcs. weniger als das von 1870. Diese Minderung is dadurch ermöglicht, daß man die in Aus- sicht genommene Erbauung cines Militärgefängnisses vorläufig

aufgegeben hat bis zur Erledigung des neuen Militärstrafgeseßes durch die Kammern.

Großbritannien und Irland. London, 11. Februar. Zwei Mitglieder des Ministeriums, der Earl of Kimberley und Lord Dufferin, haben sich nach Osborne zu Jhrer Majestät der Königin begeben. Ferner langten der Ober-Hofmeister Earl of Beßborough und der Controleur des Hofhaltes Lord Otho Fißgerald dort an, welche die Adressen des Ober- und des Unter- hauses auf die Thronrede überreichten. s

® Aus der gestrigen Unterhaussißung, über welche im Wesentlichen. hon telegraphisch berichtet wurde, heben wir noch Folgendes hervor: Hinsichtlih des Aufstandcs am Red River bemerkte Monsell, der Unter-Staatssekretär im Kolonial- amte, auf eine bezügliche Anfrage H. Verney's, die Veranlassung habe in irriger Auffassung der von der canadischen Regierung gehegten Absichten gelegen und hierin habe man auch den Grund zu suchen, warum die Partei der Aufständischen sich geweigert babe, den neuen Gouverneur anzuerkennen. Jm gegenwärtigen Augenblick sei man an Ort und Stelle beschäftigt, die herrschen- den Jrrthümer zu zersireuen, und es sei aller Grund zu der Annahme vorhanden, daß die Sache von dem Kommissar und den Gesandten der canadishen Regierung ohne weitere Schwierig- keit beigelegt werden dürfte. H 5

Ueber den Silavenhandel an der ostafrikanishen Küste konnte der Unter-Staatssekretär im auS8wärtigen Amte Otway, dem Jnterpellanten Gilpin die Auskunft ertheilen, daß die Re- gierung cin Amendement in den Vertragsbejiimmungen erzielt habe, unter welchen früher dem Sultan von Zanzibar auf seinem Gebiete der Handel mit Menschen gcfattet gewesen sei. Außerdem habe sich während der Parlameitsferien ein Aus- {uß, bestehend aus Vertretern des auswärtigen, des indischen und des Kolonialamtes, sowie des Schaßamtes und der Admira- lität, mit Berathung der Mittel beschäftigt, durch die dem Sklavenhandel in jenen Gewässern ‘am besten zu steuern sei, und der aus dem Schooße dieses Ausschusses hervorgegangene Bericht habe die Villigung des Earl of Clarcndon erhalten.

Der Minister des Junern holte die Genehmigung des Hauses ein, eine Bill behufs Einrichtung besserer Bestimmungen und sorgfältigerer Inspektion der Bergwerke aen! und der Schaßkanzler trat mit zwei Vorlagen hervor: ‘die eine hat Vercin- fahungen in der Münzverwaltung, die andere Veränderungen in der Registratur der Untersiügungs- und Begräbnißkassen zum Zwecke. Schließlich wurde noch eine Bill zur Modifizirung der schottischen Jagdgeseße und cine andere behufs Wegräumung der geseßlichen Schranken gegen die Heirathen von Wittwern mit den Schwestern ihrer verstorbenen Frauen, beide schon mehrfach erörterte Verlangen, eingebracht.

Frankrei. Paris, 12. Februar. Der Senator, che- malige Minister Gressier ist zum Mitgliede des obersten Raths für Handel, Ackerbau und Jndustrie ernannt worden.

Jn der gestrigen Sizung des gefeßgebenden Kör- pers legte Herr Bourbeau, der ehemalige Unterrichts-Minister, die Berichte über die Projekte der Linken nieder, von welchen das eine die konstituirende Gewalt für den geseßgebenden Kör- per verlangt, das andere ein neues Wahlgeseß in Vorschlag bringt. Das erste Projekt will die Kommission durch die Vor- frage beseitigt und das zweite verworfen haben.

ZQU Anfang der heutigen Sißung des geseßgeben den Körpers ward dem Präsidenten ein Brief von Rochefort übergeben. Der Präsident verweigerte die Annahme desselben und befragte die Kammer darüber. Dieselbe stimmte dem Präsidenten bei. Hiermit war dieser Qwischenfall erledigt.

Der geseßgebende Körper hat die Kommission von 96 Mitgliedern gewählt, welche die industrielle und kommerzielle Lage prüfen soll. Dieselbe besteht in der Mehrzahl aus An- hängern des Freihandels.

»La Patric« zufolge sind sehr wichtige und kompro- mittirende Papiere bei mehreren der verhafteten Personen ge- funden worden.

Dasselbe Journal dementirt die Nachricht von der Abreise des General Castelnau nach St. Petersburg.

Die Abendzeitungen veröffentlichen einen Brief Rochefort's an den Präsidenten Schneider. Der Brief beantragt, die Mi- nister wegen Aufreizung zum Bürgerkrieg in den Anklage- zustand zu seßen.

Die gefänglich Eingezogenen find gestern in Anklagestand verseßt worden wegen Komplots gegen die Sicherheit des Staates und gegen das Leben des Kaisers. Sie befinden sich sämmtlich in Mazas unter strengem Verschluß. Es wicd versichert, daß bei den verhafteten Personen Briefe vorgefunden find, welche Rochefort stark kompyromittiren,

Ulric de Fonvielle ist bis auf weitcrcs auf freien Fuß gestellt worden. Sieben Redakteure der »Néforme« find zum 18. d. vor das Zuchtpolizeigericht wegen Preßvergehen geladen.

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_ Spanien. Madrid, 11. Februar. In der heutigen Sißung der Cortes beschuldigte Rivero die Karlisten, auf's Neue einen bewaffneten Aufstand vorzubereiten. Der Minister fügte hinzu, daß die Regierung nur Angesichts cines organisir- ten L i ishen Aufstandes den Belagerungs8zustand erklären würde.

Portugal. Die »Wiener Abendpost« vom 12. Februar schreibt: Gegenüber mehrfachen beunruhigenden Nachrichten, welche neuerdings über den Gesundheitszustand der Königin von Portugal in die Oeffentlichkeit gedrungen sind, entnehmen wir einem Briefe aus Lissabon vom 3. d. M,, daß Ihre Majestät einem in jüngster Zeit stattgefundenen Hofballe in vollstem Wohlsein beigewohnt und an dem Tanzvergnügen lebhaft Theil genommen hat.

Italien. Rom, 10. Februar. Nach dem »Giorn. di Romae« hat gestern:eine Generalkongregation stattgefunden, nachdem Msgr. Charbonneaux , Bischof von Jasso, die Messe celebrirt hatte.

Nufßland und Polen. St. Petersburg, 12. Februar. Am 14. d. M. findet die feierliche Eidesleistung Seitens des Großfürsten Nikolaus Konstantinowitsch (ältesten Sohns des Großfürsten Konstantin, geboren den 14. Februar 1850) statt. Die von den Tscherkessen bewohnten Landstriche im Kaukasus, die Provinzen Kuban und Terek, haben durch Kaiserlichen Erlaß vom L Deabr. 1869 „ine Administrati / 11. Januar 1870 N erhalten, die sih nicht viel von der der anderen russischen Gou- vernements unterscheidet. Ju Hauptstädten der beiden Tscher- kessen-Gebiete sind Katerinodar und Wladikawkas erhoben worden.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 6. Februar. Anläßlich des von Tornerhjelm in der Ersten Kammer des Neich8tages eingebrachten Vorschlages über bedeutende Ein- s{hränkung oder vollständige Aufhebung der Landwehrübungen bis zur Feststellung neuer Bestimmungen lber die Verhältnisse der Landwehr zur Armee, sprach sich der Kriegs-Minister sehr bestimmt über die Wichtigkeit der Landwehr für das Verthei- digungëwesen des Landes aus und erklärte , daß er ohne diese Quelle zur Vermehrung der schwedischen Streitkräfte, die ihm mittelst seiner Stellung auferlegte Verantwortlichkeit nicht würde tragen können. Nach dieser Erklärung fügte der Minister hinzu, daß er sich auf Tornerhjelms Vorschlag nicht einlassen könne.

Dánenark. Kopenhagen, 8. Februar. Die Rückreise des dänischen Kronprinzenpaares von Stockholm nah Kopen- hagen ist nach einem Telegramm wegen der Eisverhältnisse im Sunde bis auf Wiiteres aufgeschoben worden.

12. Februar. Lehmann's Privat - Geseßentwurf, be- treffend die isländisbe Verfassungssacbe, wurde dur cine von dem Abg. David vorgeschlagene, als Vertrauensvotum für das Ministerium zu betrachtende und} einstimmig vom Landsthing angenommene Tagesordnung :hinfällig. V Folkething er- klärte der Minister des

Innern , Haffner, der Esbjerger Hafen werde im Monat Januar 1871 fertig sein.

Amerika. Washington, 10. Februar. (Kabeltele- gramm.) Jn der heutigen Senatssißung hielt Morton eine Rede zu Gunsten einer Anerkennung der Aufständischen auf Cuba als fTriegführende Macht.

Das Rep räsentantenhaus hat von der Regierung Aufschluß über die jüngste Ermordung amerikanischer Bürger durch spanische Freiwillige in Havanah verlangt. i

11. Februar. Der General Sherman hat im Senat eine Resolution zu Gunsten der Anerkennung der cubanischen Jn- surgenten als friegführende Macht eingebracht. Dieselbe wurde dem Komite für auswärtige Angelegenheiten überwiesen.

12. Februar. Die Chattanooga- und Alabama - Eisen- bahn - Gesellschaft hat vom Staate Alabama eine Subvention Ln 2 Millionen Dollars in Bonds des Staates Alabama er- alten.

Toronto, 10 Februar, Der Prinz Arthur is} heute Abend in Canada eingetroffen und von der Bevölkerung berzlich empfangen worden.

Der stellvertretende Gouverneur von Newfoundlan d hat ‘der Legislatur einen Verstoß gegen den verfassung8mäßigen Brauch vorgeworfen, weil fie Bennett als die geeignetste Persön- lichkeit zur Vildung eines Ministeriums vorgeschlagen hatte. Die Legislatur hat in Folge dessen einen Präzedenzfall für ihr Handeln angeführt, den Namen 1ndessen zurückgezogen und den stellvertretenden Gouverneur dur eine Resolution versichert, daß keine Beeinträchtigung seiner Prärogative beabsichtigt ge- wesen sei. Das Ministerium war bei der Sißung zugegen und wird im Amte bleiben.

Aus Rio de Janeiro yom 22. Januar wird ge-

meldet: Ribias, Präsident der Deputirtenkammer, ist zum | sammlung.

S muse und Diego Velho zum Aerbau - Minister ernannt.

Die Nachrichten vom Kriegs§schauplaß, welche bis zum

8. v. M. reichen, sind widersprehend. Nach Aussagen von

Deserteuren soU fih Lopez mit 4000 Mann bei Panadero be-

A haben, nah anderen Berichten soll er seine Flucht rtjetzen.

Afien. Nachrihten aus Bombay vom 8. Februar melden: Der Herzog von Edinburgh wird morgen in Lahore eintreffen. Allenthalben ist ihm ein guter Empfang zu Theil geworden. Oberst Pelly, der Ministerresident in den Staaten am persischen Meerbusen, reist heute von Bombay nah Mussat ab; das Kriegsschiff Bullfinch wird ihm dorthin folgen. Der Commodore Heath ist nach Calcattu gegangen, um mit dem Bizekönig die zukünftigen Einrichtungen bezüglich der indischen Marine zu berathen.

Landtvirthschaft.

Berlin, 14. Februar. Der dritte Kongrefi norddeutscher Landwirthe is heute im hiesigen Nathhause von dem Vorsißenden desselben, Herrn v. Sänger-Grabowo , mit einer Ansprache eröffnet worden, in welcher auch der Freundlichkeit der städtischen Behörden zur Ueberlassung des großen Festisaales im neuen Rathhause mit An- erfennung gedaht wurde, einer Unerkennung, welcher die Versamm- lung durch Aufstehen von ihren Sißen besondern Ausdruck gab.

Hierauf wurde zur Wahl des Kongreß-Vorstandes geschritten und zum ersten Präsidenten von Sänger - Grabowo, zum zweiten von Benda, beide aus Preußen, und zum dritten Graf zur Lippe, aus dem Königreich Sachsen , gewählt. Nach einer Mittheilung des Vorsißenden sind auf dem Kongresse heut die Bundesregierungen von Hessen, Mecklenburg-Schwerin, Sachsen - Weimar und Anhalt-Dessau durch Kommissarien vertreten. Vor Beginn der Verhandlungen wurde Sr. Majestät dem Könige von Preußen, dem Schirmherrn des Nord- deutschen Bundes, und den Übrigen Bundesfürsten ein dreimaliges Hoch gebracht.

Die Versammlung trat demnächst in die Berathung des ersten Gegenstandes der Tagesordnung, das Genossenschaftswesen, ein. Es wurde, nachdem Prof. Dr. Birnbaum und cin anderer Redner ge- sprochen hatten, folgender Antrag angenommen: Jn Erwägung, daß: a) der Betrieb solcher Waldungen, an deren Erhaltung si fein all- gemeines Interesse knüpft, bedingungslos freigegeben werden fann, b) die Bewirthschaftung solcher Grundstücke, welhe nur als Wald und zwar ohne Storodung ausgenußt werden fênnen, nur insofern unter Aufsicht zu stellen is, als Kommissionen, zur Hälfte aus frei gewählten Grundbesißern und zur Hälfte aus lofalfundigen Forstbeamten bestehend , über genossenschaft. lihen Betrieb si zu verständigen haben , e) diejenigen Wälder aber, an deren Bewirthschaftung in ges{lossenen Beständen das allgemeine Interesse betheiligt ist, als solche unbedingt erhalten werden müssen, d) die Bildung von Zwangsgenossenschaften jedoch nur dann gerecht- fertigt erscheint, wenn alle anderen Mittel sich als wirkungslos erwie- senhaben, wolleder Kongreß beschließen : bei der Hohen Bundesregierung zu beantragen: 1) für Berufung internalionaler Konferenzen zur Regelung der Waldschußfrage Überhaupt wirken zu wollen ; 2) innerhalb des Bundes- gebietes ungesäumt Erhebungen darüber veranlassen zu wollen: a) in welchem Umfange Schuß- oder Bannwälder unbedingt nothwendig sind; b) welche Summe zu deren Ankauf dur den Staat erforderlich wäre; e) welche Mittel der Verkauf solcher Staatswaldungen, welche nicht als geshchlossene Bestände erhalten werden müssen, eventuell der Verkauf anderer Grundstücke, disponibel machte; 3) bis zur Erledigung dieser Vorfragen jede Erörterung über etwa zu erlassende Waldschuß- geseße vertagen zu wollen Um 14 Uhr wourde die Sißung geschlossen und für morgen cine zweite angeseßt.

Der iveitere Verlauf der Debatte der Delegirtenversanmm- lung am Sonnabend den 12. Februar, welcher auch Se. Königliche Hoheit derKronprinz beiwohnte, führte zu dem Antrage, daß es genüge, die vorhandenen Organe der landwirthschaftlihen Jntcressenvertretung auszubilden und daß die Gründung neuer nicht nöthig sei. Nachdem mehrere Redner das Wort für und wider ergriffen hatten, wurde der Antrag abgelehnt. Bei der weiteren Diskussion seßte der Vorsißende v. Patow auseinander, daß es unmöglih erscheine, einen BVundes- Kultur-Rath als Organ des Bundesrathes ins Leben zu rufen, da hierzu eine Aenderung der Verfassung des Norddeutschen Bundes und aller dazu gehörigen Staaten nothwendig sei. Er halte es daher für

| cmpfehlenëwerth, daß man sich an die Wirksamkeit der freien Ver-

cinigung halte und führte als Beispiel die Handelstage an, deren Wirksamkeit eine bedeutsame wäre.

Nach längerer Debatte ward der oben angeführte Vorschlag des Borstande® des landwirthschaftlihen Provinzialvereins für Branden- burg angenommen, ebenso der fernere Vorschlag dieses Vorstandes, daß der Bundes-Kultur-Nath als eine außerhalb der Bundeèverfassung stehende und auf dem freien Vereinsreht beruhende, unabhängige Or- ganisation si lediglich durh die Bedeutsamkeit der von 1hr verirete- nen Interessen, durch die Zusammenseßung und durch das Gewicht der für ihre Ansichten geltend zu machenden Gründe den nöthigen Einfluß zu verschaffen suht.

Se. Königliche Hoheit der Kronprinz verließ um 35 Uhr die Vcr- Nicht lange darauf wurde die Sißung vertagt.