1870 / 42 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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Die heutige (5.) Plenar-Sißung des Reichstages des Norddeutschen Bundes wurde vom Präsidenten Dr. Sim- son um 127 Uhr eröffnet.

Von den Bevollmächtigten zum Bundesrathe waren an- wesend: Der Staats-Minister und Präsident des Bundeskanzler- amts Delbrück, die Königl. sächsisben Geheimen Räthe Klemm und Schmalz, Großherzogl. oldenburgischer Staatsrath Buch- holz, Minister-Nesident Dr. Krüger und Bürgermeister Dr, Kirchenpauer. ; :

Den alleinigen Gegenstand der Tagesordnung bildeten die Wablen der Präsidenten und der Schriftführer. Zum ersten Präsidenten wurde für die ganze Dauer dieser Sesfion gewählt : Dr, Simson mit 144 unter 155 Stimmen. Derselbe nahm die Wabl an und sprah für das ihm unverändert gewahrte wohlwollende Vertrauen und die ihm dadurch abermals zu Theil gewordene hohe Auszeichnung seinen Dank aus.

Zum crsten Vice-Präsidenten wurde der Fürst zu Hobhen- lobe, Herzog von Ujest, mit 143 unter 155 Stimmen gewählt. Derselbe nahm die Wahl, für das Vertrauen und die Aus- zeihnung dankend, an. Zum zweiten Vice-Präsidenten wurde gewählt: Abg. von Bennigsen mit 101 unter 150 Stimmen.

Mit lebhaftem Danke für das chrende Vertrauen nahm der- |

selbe die Wahl an Es folgten die Wahlen der Schriftführer. Das Nesultat derselben wird erst in nächster Sigung bekannt gemacht werden. Schluß 2 Uhr 15 Minuten.

Laut eingegangener telegraphischer Nachricht vom 17, hj, ist S. M. Yacht »Grille« in Cartagena angekommen.

Mecklenburg. Sternberg, 16, Februar. Der Lan d- tag ist gester hicr wieder zusammengetreten. Ein landes8herr- liches Neskript theilte den Ständen die Grundzüge zu dem Ein- shähßungsverfahren gedruckt mit. Hillmann-Rambow und Ge- nossen beantragten den Druck und die Vertheilung des zu er- wartenden Kommittentenberichts über die neue Steuervorlage, sobald derselbe dem Plenum vorgelegt würde. Nach längexer Debatte beshloß man, die Kommitte solle für den Fall, daß die Einschäßung des Ertragswerthes des Grundbesißes von ihr in der Majorität oder Minorität empfohlen würde, den Be- richt vor der Vorlage an das Plenum drucken lassen.

17. Februar. (W. T. B.) Die Regierung theilte den Ständen mit, daß der Bundesrath nicht die Absicht habe, das Bundesgesey Über Abgrenzung der Wahlkreise für die diescs Jahr stattsindenden neuen Reichs8tag8wahlen vorzulegen. Die Regierung proponirt den Ständen daher, ftatt der bisherigen unabgerundeten Wahlkreise sechs neue zu bilden, jeder zwei Landwehr-Compagniebezirke umfassend, und fordert hierfür die Zustimmungserklärung der Stände.

Sachsen. Dresden, 17. Februar, Die Großherzog- lihen Herrschaften von Mecklenburg-Schwerin haben heute Vormittag das Museum besucht und Nachmittags wiede- rum bei Jhren Majestäten dinirt.

Anhalt. Dessau, 16. Februar. In der gestri- gen Sißung des Landtags wurde zuvörderst die Wahl der Mitglieder der Kommission zur Vorberathung der Justizgeseßze verkündet und sodann eine authentishe Interpretation zu §. 2 des Berggeseßes von 1856 nach der NRegierung®vorlage einstimmig angenommen. :

Hessen. Darmstadt, 17. Februar. Nach dem Berichte des Finanzausschusses Zweiter Kammer der Stände Über die Kommunalumlagen hat die Großherzogliche Regierung in den Verhandlungen mit dem Ausschusse erklärt, 1) daß sie die von der Ersten Kammer beschlossene Fassung (wonach bei Kommunalumlagen an Stelle der Personalsteuer - Kapi- talien die Einkommensteuer-Kapitalien , jedo nur zur Hälfte ihres jedesmaligen Betrages treten) nunmehr als Regierungsvorlage ansehe und sonach die Art. 1 und 2 in der Fassung des Regierungs- entwurfs zurückziehe ; 2) daß sie ein Beharren auf dem vorderen Beschluß der 2, Kammer als eine Ablehnung des Entwurfs ansehe.

Die Mehrheit des Ausschusses beantragt unter diesen Um- ständen namcntlich da, nachdem das Personalsteuergeseß mit dem 31. Dezember 1869 erloschen, ohne das Qustandekommen eines neuen Geseßes die Kommunalumlagen lediglich auf die Grund- und Gewerbesteuerkapitalien ausgeschlagen werden müßten, dem Beschluß Erster Kammer zu Art. 1 und 2 nun- mehr beizutreten. Dagegen beantragt der Aussc{uß bezüglich des von Erster Kammer abgelehnten Qusaßartikels wegen Ver- einigung der 2. und 3. Klasse der Gemeinde-Umlagen, auf dessen Beibehaltung zu beharren.

Vayeru. München, 17. Februar. Die »Allgemeine Zeitung« meldet: Der König hat die Entlassung des Minister- Präsidenten Fürsten Hohenlohe angenommen. Ueber die Person seines Nachfolgers ijt noch nichts bekannt.

In der Abgeordnetenkammer verlas der Präsident heute ein Schreiben des Ober - Ceremonienmeisters, welches besagt: der König wolle die Deputation der Kammer nicht

bemühen und sehe der Einsendung der Adresse entgegen. In Folge dessen hat das Präsidium der Kammer die Adresse heute Mittags an das Staats“ Ministerium des Innern übersendet, welches sie Sr. Majestät dem Könige in Vorlage zu bringen hat. Die Kammer kassirte auf Antrag des Abgeordneten Karl Barth die jettinger Urwahl, demgemäß die Wahl aller drei günzburger Abgeordneten, wodurch die bei zweien derselben vorgekommenen Selbstwahlen außer Betracht bleiben.

Im Staats-Ministerium der Justiz ist gestern die Be- rathung der »Gericht8vollzieher-Ordnunge« zum Abschluß gelängt, so daß dieselbe alsbald auf dem Berordnung®Lwege publizirt werden kann; eine geseßliche Regelung diescs Gegen- standes hat bekanntlich ers nach Abfluß von 5 Jahren cin- zutreten.

HDesterreich : Ung-ro. Wien, 16. Februar, Im Adreßausschusse fand heute die Berathung der dalmatinisden Angelegenheit siatt. Die Minister Giskra und Wagner wider-

| legten eingehend die von Ljubissa als Regierungsfehler hinge-

stellten Punkte. Giskra erkiärte, er sci bereit, die Instruktionen, welche General Nodic erhielt, vorzulegen, ferner, daß die Re- gierung die von Ljubissa angekündigten formellen Anklagen mit Ruhe erwarte. Der Ausschuß beschloß, Taaffe und Ljubissa nicht mehr zu den Aussc{ußsißzungen einzuladen.

Pesth, 16. Februar. Jm Unterhause begann die General- debatte übcr das Budget des Kultus - Ministeriums, - Die äußerste Linke beantragte die Vertagung der Debatte, bis der Minister den Ausweis über den Stand dcs Schulwesens vor- gelegt habe.

Innsbwvu ck, 16. Februar. Die Generalversammlung der ftatholisten Vereine Tyrols hat heute begonnen.

Belgien. Brüssel, 17. Februar. Dcr Senat diskutirte gestern den Art. 28 des Milizge)ezes, welcher die Befreiung der Geistlichen betrifst. Der Minister Pirmez empfabl, dem Votum der Repräsentantenkammer beizutreten. Die Abstimmung wurde vertagt.

Die Repräsentantenkammwmer sekte gestern die Be- rathung des revidirten Code de commerce fort.

Gros#britannien und Jrland. London, 17. Februar, In der gestrigen Sißung des Oberhauses brachte Lord Kinnaird eine Vill zum besseren Schuße für das Leben von Bergleuten und Grubenarbeitern cin.

Im Unterhause ersuchte Newdegate den Premier-Minister

um Au®kunft, ob von der französischen Regierung der franzö: |

sischen Kammer oder von der österreichischen Regierung dem Reichsdrathe Protokolle oder Dokumente aus dem diesseitigen Amte vorgelegt worden, und ob Präliminarien zur Erneuec- rung, beziehungEweise Abschließung von Handelsverträgen, ver- einbart und von englischen Behörden gezeichnet worden seien, Gladstone erwiederte im Wesentlichen (Folgendes:

Was Frankreich anbelangt, seßte Gladstone in seiner Er- wiederung auseinander, habe man feine Papiere dort der Gesehe gebung mittheilen können, weil einfach feine vorgelegen hâtten. Die diesseitige Regierung habe es nämlich nicht für angemessen erach- tet, unter den heutigen Verhältnissen in Betreff der Erneuerung des französischen Handelsvertrages vorderhand direkte Schritte zu thun. Hinsi{tlih des österreichischen Reichsrathes indessen läge die Sache ganz anders. Seit mehreren Jahren seien zwischen der österreichischen und der englischen Regierung mit Unterbrechungen fortwährend Unter- handlungen gepflogen worden, die einen Vertrag zum Ergebnisse ge- habt hätten, und ohne Zweifel seien dem Neichs8rathe zahlreiche Aktenfstücte Über diese Angelegenheit vorgelegt worden. Die Verhandlungen mit Oester- reih seien nunmehr übrigens zum Abschlusse gediehen und der formellen Ratifikation gewärtig. Wenn das Stadium der Ratifikation wirklich erreicht sei, so werde der Vertrag dem Hause mitgetheilt, und es stehe dann im Belieben der Mitglieder des Haujes, die bezüglichen Aften- stücke zu verlangen und dadurch das in solchen Fällen gewöhnliche Verfahren (Veröffentlichung eines Blaubuches) zu veranlassen. Auf eine weitere Frage Newdegate's bemerkte der Premier-Minister, es sei immerhin möglich, daß im österreichischen Reichsrathe vor der Ratifi- fation Aktenstücke mitgetheilt worden seien. Wenn das geschehen \ci während man in England bis zur Ratifikation warte, so licge das L der Verschiedenheit des parlamentarischen Herkommens beider Länder.

Bezüglich des neuen Handel8vertrags mit China erwiederte der Unterstaatssekretär im auswärtigen Amte auf eine Anfrage Alroyd's, derselbe solle in Peking ratifizirt werden, und die Regierung werde Gelegenheit nehmen, vorher die Ansicht der hauptsächlich interessirten Kaufleute zu hören.

Sodann brachte Gladstone die angekündigte Vorlage über die iri shen Land- und Pachtge setze cin, indem er der Hauptsache nach erklärte:

Man habe ihm vor einem Jahre bei Behandlung der Kirchen- frage die Land- und Pachtgeseßreföorm als das Allernstbigste zu sofer- tiger Erledigung vorgehalten. Die Schwierigkeiten dieser hochwih- tigen Angelegenheit, seien seitdem eher vermehrt als vermindert word andererseits seien jedoch auch die billigen und aerechten Beurtheiler auf beiden Seiten mehr und mehr von den Bedürfnissen dex Zeit Überzeugt worden, und von allen Seiten habe man das Möglich|te

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gethan , die Verhältnisse durch Schrift und Wort in das rechte Licht eben. Wu! Zu Jrland übergehend, fertigte der Redner zunächst die herrschen- den Vorurtheile, daß die Jrländer als Celten zur Unordnung geneigt, die Landgeseße in Jrland dieselben seien wie in England, daß die Verhältnisse der Jnsel durchaus günstig und die Einwohner ohne alle Veranlassung zur gerehten Klage seien, ab. Er bewies, daß namentlich die beiden leßteren Behauptungen ganz unrichtig seien, und daß die Schritte, welche in den leßten 50 Jahren von der Geseß- gebung gethan wurden, troß der guten Absicht, nihchts weniger als wohlthätige Früchte getragen hätten. Als leitenden Grundsaß seiner Vorlagc knüpfte der Premierminister an diese Erklärung die schon vor ahren von einer Königlichen Untersuhungskommission aufgestellte Behauptung, daß die Wurzel alles Uebels in Jrland in der Unsicher- heit des Pachtverhältnisses liege.

Bei Erörterung der möglichen Abhülfs8maßregeln gegen diesen Miß- stand stellte sich, von selbst die von der vorgeschrittenen Partei in Jr- [and befürwortete Permanenz der Pachtverträge in erste Linie und diéser Plan wurde daher auch von dem Redner als ein \{leckter und auf die Dauer zu denselben Uebeln führender wie die heute herrschen- den verworfen. Dagegen empfahl er die Entschädigung der abzichen- den Pächter, wie sie in der irishen Provinz Ulster herkömmlich, doch nicht geseßlich festgestellt is, als cine durch die Erfahrung bewährte und zur geseßlichen Feststellung geeignete Sitte und hob hervor, daß in dea leßten 10 Jahren die Pachterträge in Ulster sih verdreifacht, im übrigen Jrland nicht einmal verdoppelt hätten.

Die eigentliche Vorlage theilt sich in zwei Hauptabschuitte, von denen sich der erste mit der Erwerbung von Land, der zweite mit dem Pachtverhältniß beschäftigt. Was den ersteren Punkt anbelangt, so soll den Verkäufer: , wie den Käufern von Grundeigenthum, die Sache erleichtert werden. Den Leßteren werden Staatsvorschüsse durch Vermittlung des iris{en Amtes für öffentliche Anlagen in Aussicht gestellt, um entweder aus erster Hand oder durch das in Trland bestehende Civiltribunal für Regelung der Angelegenbeiten ver- shuldete Güter faufen zu können. Für gewöhnlich soll diese Unter- stüßung nur solhen gewährt werden ; welche ihre cigenen Pachtgüter an sich bringen iellen; wo aber ein Gutsbesißer abgeneigt ist, sein Besißkthum anders, als im Ganzen zu veräußern und die Pächter \ich einigen, #/; zu erwerben, würde für das leßte Fünftel auch Nichtange- hôrigen des Gutes Vorschuß gewährt werden. Außerdem sollen auch in solchen Fällen Unterstüßungen dur Darlehne geboten werden, wo es gilt , unfkfultivirtes Land zu kaufen und urbar zu machen, und wo ein Gutsbesißer einen freiwillig abziehenden Pächter entschädigen möchte.

Hinsichtlich des Pachtverhältnisses bestcht die Machinerie zunächst aus Schiedsgerichten oder dem Gerichtshof für Civilklagen und dann in der Appellinstanz aus dem Asffsisentribunal , dessen vorsißender Richter mit »Rücksicht auf eine Billigkeitsklausel«, d. h. nicht nur nach dem Buchstaben des Geseßes, sondern mit Erwägung aller besonderen Umstände scine Entscheidung fällt. Der Rechtszustand nach der Bor- lage ließe ih sodann folgendermaßen zusammen fassen: Das in Ulster geltende Herkommen ciner Entschädigung des abzichenden Pächters er- hält Geseßesfraft und ein Gleiches findet in den anderen Provinzen statt, wo si cin Herkommen festgescßt hat. Wo indessen der Guts- herr den Pächter wegen Nichtzahlung der Pacht oder weiterer Verpach- tung seines Gutes in Parzellen ausseßt, fällt die Entschädigung durch den Besiter fort. Ebensowenig is von ciner Entschädigung die Rede, wo ein Pachtkontrakt auf 31 Jahre ertheilt und cingehalten wird, In Fällen, wo ein schriftlicher Kontrakt nicht vorliegt, wird der Ge- riht8hof ermächtigt, den ausgeseßten Pächtern Entschädigung zu er- kennen und zwar bei einer 10 Pfd. St. nicht Übersteigenden Pacht bis zum siebenfachen, bei einer niht mehr als 50 Pfd. St. betragen- den Pacht bis zum fünffachen, bei einer Pacht von höchstens 100 Pfd. Sterl. bis zum dreifachen und bei einer Über 100 Pfd. St. hinaus- gehenden Pacht das doppelte dieses Betrages. Entschädigung für Urbarinahung von Land und Errichtung von Gebäuden wird außer- dem noch ertheilt. Vei Gütern von mehr als 50 Pfd. St. jährlichem Pachtwerth würde ein Z31jähriger Kontrakt, bei Gütern , deren Pacht mehr als 100 Pfd St. beträgt, kontraktlihe Vereinbarung von diesen Entschädigungen befreien.

Verbesserungen definirte der Minister als etwas, was den Pacht- werth des Gutes erhöhe und dem Pächter gleichzeitig zu Gute komme, und die Vorlage bestimmt, daß dieselben in Zukunft als Anlagen des Pächters betrachtet werden sollen und eventuell dem Gutsbesißer der Beweis des Gegentheils zufällt. Im Uebrigen wird noch erklärt, daß im Falle cin Gutsbesißer den Pächter wegen Nichtzahlung der Pacht ausseßt und wo diese Pacht cine ungerecht hohe und unerschwingliche sei; dem Ausageseßten gestattet sein soll, die Sache dem Schied®gericht vorzulegen. Die Kündigung muß einen I12monatlihen Termin seßen und einen Stempel im Betrage von 2 Sh. 6 Pce. tragen.

Nach Schluß seiner dreistündigen Rede wurde von Glad- stone die zweite Lesung auf den 7. März angeseßt.

Der Kriegs - Minister trat darauf mit ciner Vorlage zur Einführung einer neuen Unter - Staatssekretärstelle für das finanzielle Departement des Kriegs-Ministeriums, insbesondere für das neue Kontrol - Departement hervor. Der neue Unter- Staatssekretär soll scinen Siy im Unterhause haben. Die erste Lesung der Vorlage wurde fofort vorgenommen.

Auf eine Interpellation Gregory's erklärte der Unter- Staatssekretär Otway heute im Unterhause, die Pforte habe alle angeblichen Sendungen von Truppen nach der serbishen Grenze desavouirt. Otway theilte ferner mit, daß seitens der spanischen und portugiesischen Regierung ein Handels- vertrag angeboten sei, und daß Verhandlungen darüber schwe-

ben. Alle weiteren Mittheilungen hierüber erschienen deshalb unstatthaft. Der Vize-Präsident des Unterrichtsdepartements, Forster, legte dem Hause ein Unterrichtsgeseß vor.

Franfreih. Paris, 17, Februar. Der Kaiser empfing vorgestern die Kommission, welche zur Regelung der administrativen Organisation Algeriens eingeseßt ift.

Das » Journal officiel« veröffentlicht ein Kaiserliches Dekret vom 12. d. M,, welches die Publikation ciner am 10. d. M. zwischen Frankreih und Bayern unterzeichneten Dekla- ration anordnet, die zum Zwecke hat, durch Ermäßigung der Transit-Taxen in ihren respektiven Ländergebieten den Berkehr der von England ausgehenden telegraphischen Korrespondenzen zu erleichtern. Diese Konvention bestimmt &olgendes:

»Art. 1. Die Transittaxen durch Frankreich und den austro- deutschen Verein für die aus Großbritannien und Irland na Oester- reich; Ungarn, der Moldau-Walachei, Serbien, der Türkei und Griechen- land bestimmten Telegramme, welche auf französischen, baierischen und österreichischen Linien befördert werden, sind festgescht, wie folgt: für &Franfreih 1 Fr. 50 C, für den austro-deutschen Verein 2 Or. 50 C. Art. 2. Die Differenz zwischen der Taxe von 3 Fr., die dem austro- deutschen Verein kraft der revidirten pariser Konvention zukommt; und der, welche ihr durch gegenwärtige Erklärung zuerkannt wird, bleibt zu Lasten Baierns. Act. 3. Das gegenwärtige Abkommen, welches vom 15. Februar 1870 an ins Leben tritt, bleibt so lange in Kraft, als es von feinem der beiden kontrahirenden Staaten gekün- digt wird, und in diesem Falle bleibt es noch drei Monate vom Tage der Kündigung an in voller Gültigkeit. «

Am 18. kommt im Senat folgende Interpellation des Grafen Ségur d'Aguesseau zur Verhandlung:

»Dem Artikel 59 unserer Geschäftsordnung gemäß, verlange ich, den Justiz-Minister und den Minister des Innern über die energischen Maßregeln zu interpelliren, welche die Regierung zu nehmen gedenkt, um diesem chronischen Zustand der Unrube und der Unordnungen, welcher mit Recht alle Gemüther erregt und mitk Sorgen erfüllt, cin Biel zu seßen, einem gewaltsamen Zustande, der von einer Handvoll Aufrührer hervorgerufen und unterhalten wird, die von den unver- \öhnlichen Feinden des Kaisers und des Kaiserthums und den mord- brennerishen Journalen ermuntert und angefeuert werden, welche sich allein bei diesen Unruhen bereichern, während der paralyfirte Handel Und die paralysirte Jndustrie leiden, sh hins{leppen und vom Ruin bedroht sind.«

Das »Journal officiel« veröffentliht einen vom Kaiser genehmigten Bericht des Justiz - Ministers Olli- vier, worin derselbe die Aufhebung des Dekrets vom 8. Dezem- ber 1851 vorschlägt. Der Bericht hebt hervor, daß es an der Zeit sei, aus der Geseßgebung alle Spuren, welche an die in- neren Kämpfe der früheren Zeit crinnern, zu entfornen ; es erscheine nicht zulässig, daß in einer ruhigen Zeit und unter einer liberalen Verwaltung die Regierung \fich nah wie vor die Berechtigung beilege, Personen, welche wegen Theilnahme an geheimen Gesellschaften verurtheilt seien, nach Cayenne oder Algier zu deportiren. |

Im geseßgebenden Körper brachte Giraud einen Antrag ein, wonach jeder Deputirte, welcher zur Einschließung ohne Aberkfennung der bürgerlichen Ehrenrechte verurtheilt ist, die Haft innerhalb des Gebäudes des geseßgebenden Körpers bestehen und an den Berathungen der Versammlung theilneh- men darf. Von Kératry ward ein Antrag cingebracht, betref- fend die Abschaffung der mobilen Nationalgarde und eine neue Organisation der Reserve. Ein Antrag des Deputirten Sou- beyran, betreffend eine den Eisenbahnen zu leistende Subvention, wurde an die Bureaux verwiesen. Der Minister Buffet erklärte sich damit im Ganzen einverstanden, macht jedo bemerklich, daß er sih gegen die in dem Antrage erwähnte Anleihe von 700 Millionen Fres. erklären müsse. Die Sizungen wurden bis Montag vertagt. -

»La France« zufolge ist das Kontingent pro 1870 defi- nitiv auf 90 000 Mann festigescht.

Spauien., Madrid, 14. Februar. Der Herzog von MOoOnpenser il beute hier eingetroffen, Ex lieg in dem Gasthofe de los Principes ab und begab sich alsdann in die benachbarte Kirche San Ginez; danach besuchte er Prim, mit dem er cine lange Unterredung hatte und stellte sich dann dem General-Kapitän von Madrid vor. Der Admiral Topete suchte den Herzog im Gasthofe auf. Der Herzog gedenkt mor- gen in die Bäder von Alhama zu reisen.

17. Februar. Ju der heutigen Sißkung der Cortes erklärte Nivero, die Negierung habe keine Kenntniß davon, daß sih unter den Mächten eine Allianz gegen Spanien vor- bereite; Übrigens sei es durhaus geboten, daß cine definitive Konstituirung der Regierung möglichst bald eintrete, um eine derartige Gefahr zu vermeiden.

In La Granja haben fkarlistishe Demonstrationen statt- gefunden, doch ist die Nuhe ohne Schwierigkeiten wieder her-

estellt.

E Italien. Rom, 17. Februar. Der Papst hat unter großer Betheiligung des Publikums die Ausstellung eröffnet, in welcher Klostergegenstände besonders zahlreich vertreten sind.

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