1870 / 62 p. 1 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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man erkannte, daß niht möglichst fern liegende Stoffe, sondern das buntbewegte, volle Menicheuleben der Jnhalt des Dramas scin müsse, es bildete sich die romantishe Schule, deren Haupt Victor Hugo war. Neben ihm ist Casimir Delavigne zu nennen, dessen beste dramatische Arbeit »L’école des vieillards« wir jüngst durch die französische Gesellschaft aufgeführt sahen. Von ihm gilt, was Lessing einmal von si selbjt sagte: »ih bin kein Dichter, aber ich kenne die Negiln der Dichtkunst und vermag deshalb cin gutes Stück zu s{rel- ben.« Delavigne ahmt vortrefflich nach, erst die Kla‘Sfer, dann die Romantiker, er weiß in schönen Versen geistvoli, nicht aber dramatisch zu schreiben.

Die Herrschaft der Romantiker auf der Bühne war kurz; 1829 jauchzte man »Hernani« zu, und 1843 wurde mit der Aufführung der »Burgraves« der leßte Versuch gemacht, die romantische Schule auf der Bühne zu erhalten. Er {lug fehl.

Kurz vorher hatte man , dur cin äußeres Moment ver- anlaßt, das Interesse wieder der klassischen Tragödie zugtwen- det. Die begabte Schauspielerin Rachel brachte es zuwege, daß Corneille und Racine neu in Scene gingen; aber man wollte für die neue Künstlerin auch einen neuen Dichter und glaubte ihn in Ponsard gefunden zu haben, der nach der Aufführung seiner »Lucrèce« in demselben Jahre .als Haupt einer neuen Schule, der »école du hon sens« begrüßt wurde, als Hugo's E Herrschaft auf der Bühne ihr Ende erreicht hatte. Seine späte- M: 4 ren Leistungen rechtfertigten die Hoffnungen nicht, welche man

j auf ibn seßte. Er griff zu einem romantischen Stoffe zurü,

L aber ohne Erfolg , bis er im Gebiet der Sittenkomödie , durch 4 das Stück »la bourse« wieder Anklang und Anhang fand. e Querst ira Geiste der romantischen Schule, dann aber zur Periode der Restauration überleitend, erschien im Tahre 1829 A. Dumas auf der Bühne, auf welcher er mit größter Ge- wandtheit einhergeht. Er weiß aus kleinen Motiven scheinbar Bedeutendes zu gestalten, er zeigt Leidenschaftlichkeit ohne ideale Tendenz; die Triebfäden seiner Personen sind überwiegend sinnlicher, weniger geistiger Art. Aber der Dialog ist gewandt und glänzend, und so ist es erklärlich, daß sein Lustspiel »Les demoiselles de St. Cyr« von der französishen Gesellschaft mit vielem Beifall gegeben wird.

Der fruchtbarste und geschickteste Dramatiker während und nah der Restauration isstt Eugène Scribe. Wie Beau- marchais und Molière vertrat er die Durchschnitt8anschauungen seiner Mitbürger auf der Bühne, fügen wir hinzu, der roohlhabenden Mittelklasse, der Financiers. Er weiß aufs Angenehmste zu unterhalten, ohne irgendwie tief in den Gegenstand sih zu ver- senken, er \{hürzt und löst die Knoten mit größter Leichtigkeit, ja er löst oft nur die Verwickelungen, um sic sofort noch kom- plizirter eintreten zu lassen. Wir sahen früher im Saaltheater von ibm »le verre d’eau«, »la camaraderie« und »Valérie«, in diesem Winter nur das einaktige Stück »les premières amours«. Das erstgenannte Lustspiel hat ihm in Deutschland den meisten Beifall erworben , aber auch gleichzeitig den ent- schiedensten Tadel hervorgerufen. Das zweite der genannten Stücke ist eines derjenigen, welches sich scharf gegen die Unlau- terkeit in dem Treiben derer richtet, die auf der Jagd nach dem Glück sih aller erdenklichen Jntriguen bedienen , ohne eigenen Werth oder persönliches Verdienst zu ihren Gunsten sprechen lassen zu können. Scribe giebt hier, wie gleicherweise in dem ecsten Stücke, welches 1827 von ihm auf dem théâtre frangais gegeben wurde, »le mariageo d’argent«, eine lebendige und scharfe Charakteristik der Geselischaftsschicht, in welcher er lebte und für die er vorzugsweise schrieb. »Valérie« zeihnet mit Vorliebe eine innige, reine Frauennatur , die in so vielen seiner Vaudevilles uns wieder entgegentritt, wie beispiel8weise in dem in dieser Saison wiederholt aufgeführten Vaudeville »les premières amours«, wo Emmeline in so kindlicher Naivetät erscheint, wie sie die späteren Lustspieldichter kaum kennen. Wie den Frauen , so wendet er auch den Soldaten seine Vorliebe zu. Wenn Scribe auch nicht aus der Tiefe \{höpft, und es sih oft gar zu leicht mit der Anlage und Durchführung macht das Verdienst muß ihm zuerkannt wer- den, ein getreues und farbenreiches Bild seiner Zeit geliefert zu haben. »In seinen Formen und Stoffen «, sagk ulian Schmidt von ihm, »bewegen sih sämmtliche Lustspieldichter des heutigen Frankreichs; keiner bietet etwas Neues, und die Kritik müßte sich beständig wiederholen.

Der Ausspruch bedarf einer Modifikation, indem durch A. Dumas lils allerdings eine neue Schule gebildet wurde, welche “mit des Genannten Diane de Lys in die Erscheinung irat und in der dame aux camélias im Jahre 1855 die größten Erfolge auf der Bühne errang. Mit desselben Verfassers „Demi-

| monde“ machte Mr. Luguet bercits vor einigen Jahren das | Publikum des hiesigen französischen Theaters bekannt. Jn den genannten Bühnenstücken wird der Materialismus aus dem

realen Leben auf die Scene gebracht, wie Dumas ils dag selbst zugiebt, indem er sagt: »Meine Gestalten sind nit ex.

funden, sondern aus dem Leben genommen « ; freilich charactirisiren F

diese Sittenbilder nur die Schattenseiten der pariser Gesellschaft,

Die Stücke des jüngeren Dumas, denen sich besonders diejenigen des Bärrière als geistesverwandt anschließen, dessen »filles de marbre« uns gleicherweise früher vorgeführt wurden, scheinen nicht einmal die Epigonen Scribes überdauern zu sollen, Als solche nennen wir Sandeau, Augier, Meèlesville frühere Mitarbeiter Scribes und Mme. de Girardin, alles Namen,

die ‘auf dem Repertoire unsres französischen Theaterg vertreten sind. Sandeau’s Marquise de la Seiglièr war es, womit die französische Gesellschaft in diesem Winter debütirte. Der Dichter hat in ganz vortrefflicher Weise

den Konflikt gezeichnet, in welchen der Marquis gerathen mußte, als er mit seinen früheren Anschauungen nach langer Abwesen, heit das ganz neu organisirte Baterland wieder betrat. Die Frau ists hier, wie auch bei Scribe, welche die edle Rolle der Vermittlerin spielt. Augier wurde uns in seinem besten Erzeugnisse, dem »gendre deMr.Poirier«, wiederholt vorgeführt. Man könnte dies Lustspiel ein Seitenstück von Molières »George Ondin« nennen, denn er behandelt denselben Gegenftand: die Folgen ciner Mißehe, Von M èlesville wurde die Marqguise de Seneterro gegeben, cin Stück, welches nicht nur dur die darin auftretende Marion Delorme, sondern auch durch die ganze Cafktur auf die Werke des jüngeren Dumas hinweist. —Mme. de Girar- din lernten wir 1n dex heiteren comédie „le chapeau d’un horloger“ und in dem die Mutterliebe verherrlichenden, im besten Sinne Rührstück zu nennenden „a joie fait peur“ fennen und schäßen.

Von den neuesten Bühnendichtern wurde uns Octave Feuillet und Victorien Sardou vorgeführt. Ersterer, der Scribe's Play in der Akademie erseßte, schildert in der Causerie „le cheveu blanc“, welche Mr. Luguet aufführte, die Ver \öhnung oder vielmehr das Finden und Erkennen cines entfremdeten Ehepaares der vornehmen Welt und deutet damit an, daß er sich im Gegensaß zu der vorhin erwähnten Richtung besindet, deren Zielpunkt im Drama die Trennung dex Ehe 1. Auch Feuil- let's »Montjoie«, von der deutschen Bühne her befannt, wurde früher hon im Saaltheater von den Franzosen dargestellt, Sardou, welcher vor wenigen Monaten in Paris mit seinem neuesten Drama »Patrie« fo großen Erfolg hatte, war früher durch seine »bons villageois«, in diesem Winter durchch »n0s intimes« auf dem Repertoir des Herrn Luguet vertreten. Er hat die Aehnlichkeit mit Dumas fils, daß er die Stoffe aus der Wirklichkeit nimmt und in oft zu großec Natürlichkeil auf die Bühne bringt; aber er will durch Darstellung des sittlid Häßlichen eine ethische Wirkung hervorbringen. Man erzählt von ihm, daß er überall nach drastishen Scenen aus dem Leben suche, dieselben ausarbeite, sammle und durch Verknüpfung derselben ein Drama bilde. Seine Bühnenwerke haben daher auch sämmtlich lebensvolle Einzelheiten, wenn das Ganze au nicht gleichmäßig fesselt. i

Neben diesen größeren Werken bringt das französische Theater Stücke leichten Jnhalts, die dem Augenblicke angehören, in dem fie cespielt werden; es sind Schwänke, die keinen Zwed haben, als Lachen zu erregen, was ihnen bei der gewoandken Darstellung, in der sie uns entgegentreten, au gelingt. Jm Allgemeinen darf man behaupten, daß Scribe und seine Nach folger noch immer die französische Bühne beherrschen. F,

Vierteljahrs- Hefte des Königlich Preußischen Staats-Anzeigers. QJweiter Jahrgang. Viertes Heft: Olio ber, November, Dezember. 1869. Berlin. Druck und Verlag del Königlichen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei (R. v. Decker).

Die Vierteljahrs - Hefte des Königlich Preußischen Staat® Anzeigers erscheinen am Schlusse jedes Quartals und enthalten sämmtliche in den »Besonderen Beilagen« des Staats-Anzeigers publizirten Artikel. Dieselben sind dur alle Post - Anstallen und Buchhandlungen für den Preis von 75 Sgr. vierteljährlid zu beziehen,

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è 02.

Berlin, Montag den 14. März Abends

1870.

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Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

Jhrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von secklenburg-Schwerin den Luisen-Orden erster Abtheilung y verleihen.

Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht: Den ordentlichen Professor der Rechte Dr. Roderich von étinying in Erlangen unter Verleihung des Charakters als (eheimer Justiz-Rath zum ordentlichen Professor in der juristi- (jen Fakultät der Universität zu Bonn zu ernennen und dem dentlichen Professor in derselben Fakultät Dr. Hugo Haelsch- 1er, den Charakter als Geheimer Justiz-Rath zu verleihen ; Den Staatsanwalts-Gehülfen Blumenthal in Schweidniy im Staatsanwalt in Frankenstein zu ernennen; und Dem Bau-Jnspektor Reißert zu Erfurt den Charakter (8 Bau-Rath; sowie i Den Photolithographen Gebrüdern Michael Friedrich

Bilhelm und Adolph Otto Friedrich Ernst Burchard sirselb# das Prädikat Königlicher Hof-Steindrucker zu verleihen.

Fertrag zwischen Preußen und Bremen wegen einer Erroeiterung M des Bremerhaven - Distrikts. j / _ Vom 8. Dezember 1869. E, “Nachdem die Königlich preußische Staatsregierung, um der freien a Bremen die Erweiterung und Vervollklommnung der afen- und Berkehrsanstalten zu Bremerhaven zul ermöglichen, auf \m Antrag des bremischen Senats sich bereit erklärt hat, die früher j1 Befestigungszwecken vorbehaltenen, von dem Bremerhaven-Distrikt ingeshlossenen, resp. ihm benachbarten Grundflächen des Forts Wil- slm, der Weser-Hauptbatterie und des projektirt gewesenen Bloc- hauses, welche durch die eingetretene Entfestigung Bremerhavens für jortifikationszwecke entbehrlih geworden sind, dem Bremerhaven- Astrikte anzuschließen und zugleich dem leßteren Einhundertvierund- vanzig Morgen von der an seiner nordwestlichen Grenze, theils binnen deihs, theils außen Deichs belegenen unbewohnten Niederung zuzu- lgen, so sind zur Fesistelung der zu diesem Behufe erforderlichen ver- tagömäßigen Bestimmungen zu Bevollmächtigten ernannt worden: von Sr. Majestät dem Könige von Preußen: Allerhöchstihr Geheimer Legations-Rath Paul Ludwig Wilhelm Jordan; von dem Senat der freien Hansestadt Bremen: der Ministerresident der freien Hansestädte am Königlich preußischen ofe, Dr. jur. Friedrich Krüger, i

wle unter Vorbehalt der Ratifikation die nachstehenden Bestim- gen vereinbart haben. ,

rt. I. Die im Artikel 11. bezeichneten, innerhalb des Bremer- haven-Distrikts und respektive unmittelbar an dessen Grenze belegenen drundflähen werden von der Krone Preußen zum Zwecke der Er- weiterung des Bremerhaven - Difsirikts unter denlelben Bedingungen, vie sie in dem Staatsvertrage zwischen der Krone Hannover und der

fien Hansestadt Bremen vom 11. Januar 1827 rücksichtlich des ur- prünglichen Bremerhaven-Distrikts festgestellt worden sind, der freien

hnsestadt Bremen abgetreten, wobei es sich von selbst versteht, daß diejenigen Abänderungen, welche die gedachten Bedingungen durch die Verfassung des Norddeutschen Bundes erfahren haben oder ferner finden werden, auch auf die dur gegenwärtigen Vertrag abgetretenen tundflächen volle Anwendung finden.

Art. 11; Demgemäß werden dem Bremerhaven - Distrikte ange- flossen : 1) das am Vorhafen des alten Hafenbassins belegene, im Vrivateigenthum der freien Hansestadt Bremen befindliche, 10 Mor- jen 118 Quadratruthen große Terrain, auf welchem das Fort Wil- helm errihtet, und welches auf der dem Vertrage beigefügten und don beiden Bevollmächtigten unterzeihneten Karte A. mit den Buch- iben Aa, Ba, B'a, Ga, Ha, Pa, Va, Y a, Za bezeihnet ist; h das an der nordwestlichen Eke des bisherigen Bremerhaven-Distrikts gene, mit den anschließenden Deichparzellen im Privateigenthume der tien Hansestadt Bremen befindlibe, 6 Morgen 69,475 Quadratruthen froße/ bisher für die sogenannte Weser-Hauptbatterie bestimmt gewesene crrain, wie solches auf der diesem Vertrage beigefügten, gleichfalls von

beiden Bevollmächtigten unterzeihneten Karte B. dur die Linie þÞ. B. x. y. y!. Z. V. F. F!. R. bezeichnet ist; 3) der früher für ein deta- chirtes Blocfhaus bestimmt gewesene; im Privateigenthum der freien Hansestadt Bremen befindliche, 97 Quadratruthen große Plaß hinter dem bremerhavener Schlafdeiche, welcher auf der Karte B. als »Blockhaus-Areal« bezeichnet ist; 4) das an der Binnenseite des breverhavener Schlafdeichs und der Leher Chaussee belegene, mit der anschließenden Deichstree im Privatbesiße der freien Hansestadt Bremen befindlihe, 3 Morgen 34,35 Quadratruthen große Grund- sstück welches auf der beigefügten Karte B. mit den Buchstaben U. I. K. E. D. bezeichnet ist; 5) das in der Leher Feldmark belegene 120 Morgen große, im Südosten und Osten an den bremerhavener Distrikt, die Weser-Hauptbatterie und das Blockhaus-Terrain gren- ende Areal, welches auf der dem Vertrage beigefügten Karte B. mit en Luchstaben U. A. W. U. T. S. S!. R. bezeichnet ist.

Art. Ill. Die neue Landesgrenze wird durch die auf der Karte B. * mit den Buchstaben K. E. D. Y!. A. W. U. T. S. S! bezeichnete Linie - gebildet. Dieselbe soll im Laufe des Jahres 1870 durch eine gemeinschaftliche Kommission an Ort und Stelle ausgemessen, beschrie- ben und befteint werden.

Art. 1Y. Die auf dem abgetretenen Areal ruhenden preußischen Staats- uud Hoheitslasten fallen mit der Ueberweisung des Areals an die freie Hansestadt Bremen hinweg.

Die freie Hansestadt Bremen wird als Aequivalent der zur Zeit auf dem abgetretenen Areal ruhenden und demnächst in Wegfall kommenden preußischen Grundsteuer das Fünfundzwanzigfache des Jahresbetrages derselben sofort nah erfolgter Ueberweisung des Areals der Königlich preußischen Regierung auszahlen. ¿

Art. V. Dle auf dem abgetretenen Areal ruhenden Gemeinde-, Parochial-, Schul-, Deich- und Entwässerungslasten bleiben auf den verpflichteten Grundstücken nach wie vor haften und werden von der freien Hansestadt Bremen nach den geseßlichen preußischen Bestimmun- gen getragen, bis wegen deren Ablösung cin Uebereinkommen zwischen der freien Hansestadt Bremen einerseits und den Berechtigten (der politischen Gemeinde, der Kirchen- und Schulgemeinde des Fleckens Lehe, sowie dem Deich- und Sielverbande daselbst) andererseits ge- troffen sein wird.

Zur Erreichung eines desfallsigen angemessenen Uebereinkommens sagt die Königlich preußische Staatsregierung ihre Vermittelung zu.

__ Halls auf dem einen oder dem anderen der abgetretenen Grund- stücke sonstige dingliche Rechte irgend einer Art ruhen oder vor dem Austausche der Ratifikationen dieses Vertrages darauf radizirt sein sollten, so werden solche, wenn sie etwa nach bremischer Gesehgebung nicht dieselbe Klagbarkeit haben oder dieselben Vorzugsrechte wie in Preußen genießen, nach preußischem Rechte beurtheilt werden.

Art. V1. Jn Gemäßheit der diesem Vertrage zum Grunde liegen- den Absicht, das der freien Hansestadt Bremen abzutretende Areal für die allgemeinen Juteressen der Schiffahrt und des Handelsverkehrs nußbar zu machen, verpflichtet sich die freie Hansestadt Bremen, sämmtliche innerhalb der Abtretungsfläche belegene Grundstücke, so- weit solche nicht schon gegenwärtig in ihrem Privatbesiße sih befinden, binnen Jahresfrist nah dem Austausche der Ratifikationen käuflich zu erwerben. Insoweit solches wider Verhoffen auf dem Wege güt-

licher Einigung nicht gelingen sollte, soll die Erwerbung des Eigen-

thums an den betreffenden Grundstücken auf dem Wege der Expro- priation, und zwar nah Wahl der Eigenthümer entweder auf Grund der betreffenden preußischen Geseßesvorschriften oder auf Grund der bremischen Expropriations-Ordnung vom 14. Juni 1843 erfolgen.

__ Inöbesondere verpflichtet si die freie Hansestadt Bremen, die in die Abtretungsfläche fallende Strecke des dem Flecken Lehe zugehörigen Weserdeihs mit Binnendeichs- und Außendeichszubehör in der näm- lichen Weise käuflich zu erwerben, wie solches hinsihtlih der in den jeßigen Bremerhaven-Distrikt aufgenommenen Deichstrecke laut dem zwischen der freien Hansestadt Bremen und dem Flecken Lehe unter dem

E n 1852 abgeschlossenen Kaufkontrakte geschehen ist.

__Bis zu der Regelung des Eigenthumsüberganges sollen die Eigen- thümer der abgetretenen Grundstüe hinsichtlich ihrer Dispositions- rechte und hinsichtlih der auf den Grundstücken ruhenden Lasten und Abgaben fkeinenfalls in eine ungünstigere Lage gerathen, als in welcher sie vor der Abtretung sih befunden haben.

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