1890 / 88 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 09 Apr 1890 18:00:01 GMT) scan diff

sheinend nur vereinzelt vom Winterwetter gelitten ; dieselben berechtigen bis jeßt zu guten Hofnungen. Dasselbe kann von den Kleefeldern gesagt werden. Reg.-Bez. Lüneburg: Die Saaten haben den Winter gut überstanden und lassen auf eine normale Ernte hoffen. Der Weizen insb-sondere ist gut aufgegangen, ausreichend diht und hat ein gutes Aussehen. Ebenso hat der Roggen sih gut entwidelt. Auch der Klee if gut dur den Winter gekommen. E RNeg.-Bez. Stade: Die Wintersaaten, welche sich im Herbst troy des anhaltenden Reaenwetters schön entwidelten, haben si auch im Laufe des Winters gut und kräftig er- halten. Die Anfang März zwischen Tages- und Nachtzeit sehr wechselnde Temperatur, fowie der damals in größeren Massen fallende Schnee hatten die Saaten etwas trüber ge- färbt, dieselben erholten sich bei dem nachfolgenden fruchtbaren Wetter jedoch bald und stehen jeut ret befriedigend. Der Klee hat gleihfalls gut überwintert. i fs Reg.-Bez. Osnabrüc: Die Roggen]aat 11 gut dur den Winter gekommen, sie ist dit bestanden, hat ein ret gesundes Aussehen und berechtigt zu den besten Hoffnungen. Die Klee- und Futterfelder haben ein s{hönes Ansehen, die Obsibäume reihlich Blüthenknospen angeseßt, und it die Vegetation überhaupt in einer Weise fortgeschritten, wie man es in dieser Jahreszeit selten finden dürste. Rrovinz Westfalen. Münster: Der Stand der Wintersaaten ift ezeihnen. Die Frühbjahrsbestellung hat Ende

Reg.-Bez. Minden: Die Saaten haben den milden Winter recht gut überstanden und zeigen zur Zeit ein frisches Aussehen, Roggen und Weizen, sowie die vereinzelt gebaute Wintergerste stehen überall durchaus befriedigend. Auch der Klee hat im Allgemeinen unter der Winterwitterung nur wenig gelitien und wird sich rasch erholen, wenn warme Witterung längere Zeit anhält.

Nea.-Bez. Arnsberg: Der Stand der Wintersaaten

im Allgemeinen nicht ungünstig, stellt jedoch hinsichtlich i ns wohl nur eine mäßige Mittelernte in Aussicht. Der Roggen ist hauptsächlih vom Frost betroffen worden, weniger der Weizen. Der Klee hat den Winter meist gut ertragen.

Provinz Hessen-Nassau.

Wiesbaden: Der gegenwärtige Stand der Allgemeinen als ein befriedigender zu be- Frübjahrsbestellung hat in den leßten Tagen den ebeneren Gegenden des Bezirks vielfach

n Anfang genommen.

NRheinprovi

Koblenz: Der Saaten ftann ein befriedigender werden. Mit ¿reitungen für die Frühjal ite in den wärmeren Thalniederungen ch0 ühzeitig begonnen werden, auc sind dieselben in den übrigen Gegenden bereits in vollem Gange, sodaß eine rechtzeitige Beendigung überal erwartet werden fann. Die Weinberge, in welchen die Arbeiten ebenfalls rechtzeitig in Angriff genommen worden sind, sollen durch den früß im vorigen Herbst eingetretenen Frost vereinzelt etwas gelitten haben, jedoch dürfte die hierdurch hervorgerufene Verminderung der Tragfähigkeit des Frucht-

holzes feine bedeutende sein.

Reg.-Bez. Düsseldorf: Die Saaten sind im All- gemeinen gut durch den Winter gekommen und zeigen jeßt einen fräftigen Stand. Nur hat Klee, auch Weizen und Roggen hin und wieder etwas dur Frost gelitten. Immerhin läßt der Stand der Saaten im großen Ganzen ein? gute Mittelernte erboffen. Die Frühjahrsbestelung hat dur den Frost zwar eine Verzögerung erlitten, ist aber in der zweiten Hälfte des März überall begonnen und ungehindert weiter- geführt worden.

Reg.-Bez. Köln: Die Witterung war der Entwicelung der Saaten nicht besonders günstig und läßt sih zur Zeit im Allgemeinen noch nicht beurtheilen, ob die junge Saat that- sählih Schaden gelitten hat. Die Frühjahrëbesielung hat in den leßten Tagen des März begonnen werden fönnen. Der Wein hat anscheinend bis jet nicht gelitten. :

Neg.- Bez. Trier: Die Wintersaaten zeigen großen- theils einen wenig befriediaenden Stand. Jn manchen Feldern ist der Ausfall an Pflanzen ein fo bedeutender, daß eine Neubestellung derselben mit Sommersaat nicht zu umgehen ist. Bei der warmen Witterung des März haben sih aller- dings die Saaten zum Theil beträchtlih erholt und steht bei Fortdauer derselben zu hoffen, daß die vorhandenen Schäden noch weiter ausheilen werden. Verhältnißmäßig wenig haben die Wiesen- und Kleefelder gelitten, deren Stand im Allgemeinen ein befriedigender ist. Die Bestellung der Frühjahrs\saat hat allenthalben begonnen und konnte bei günstiger Witterung in erfreulicher Weise gefördert werden.

Neg.-Bez. Aachen: Die Wintersaaten: Weizen, Roggen und Raps, ebenso auch der Klee haben, obgleich fie gegen den Frost nicht immer durch eine Schneedecke geshüßt waren, Do nur wenig gelitten und den Winter gut überstanden. Die- selben zeigen im Großen und Ganzen einen ret befriedigenden, zum Theil sogar üppigen Stand. Die Frühjahrebestelung ist im vollen Gange.

Reg.-Bez. Sigmaringen:

Die vielen Niedershläge im Monat Januar waren einer gedeihlihen Entwickelung der Wintersaaten wenig zuträglich. Dieselben stehen indeß jeßt, nahdem sie den schroffen Wechsel der Wintermonate glücklich überstanden haben, durchschnittlich gut. Einzelne ungünstige Erscheinungen, wie 3. B. der stellenweise shlehte Stanv des dreiblättrigen Klees, dürften bei entiprehender Frühjahrswitterung in kurzer Zeit vershwinden.

(Nattrag folgt )

Ueber deu Kanzleistil.

einem Vortrage, gebalten im Kasseler Beamtenverein vom RegierungéPräsidenten Rothe.

nats\ch{rift für deutshe Beamte“,

Beamtenvereins u eben von Dr. jur.

[. Unter- Staatése t des Innern, n Friedr. Weiß N2chf. Grünberg i. Sl.)

Der Kanzleistil, der Stil der Amtssprace, ist unser aller täg- lies Brot, sei es, daß wir ihn s{reivend hervorbringen, oder lesend genießen. Wir leben in ihm und von ibm, wir üben ibn und lieben ihn, und zwar lieben wir ihn fo zärtlih, daß es uns {wer fällt,

uns von ibm zu trennen. Ec verdient daher wobl einmal etwas näher betrahtet zu werden. Wenn von dem Kanzleiftil zuweilen mit einer g@vifsen Geringshäßung gesprochen wird, 1o hat er das dur seinen Ursprung nicht verdient, denn er fann si vornehmer Herkunft rühmen, die bis zu Fürsten, ja Kaisern binaufreiht. Er hat zwei MWiegen gehabt, von denen die eine in der faiserlihen Kanzlei zu Mien, die andere auf dem Reichstag zu Regensburg stand. Nachdem in die ältesten deuticben Kanzleien die entwickelte Geschäftsspra&e der besiegten Römer Eingang gefunden batte, begann im Verkehr des Kaisers mit den Reichsftänden, der Fürsten unter einander und mit ibren Untertbanen eine nationale Geshäftssprahe, das sogenannte Kanzleideutsh, sich berauszubilden, welche von der oberdeutshen Mundart ausgina, aber auch niederdeuts@e Elemente aufnahm und mit der Zeit zur allgemeinen Sprache der Gebildeten wurde, während die Mundarten für ten tägliwen Verkehr in Geltung blieben. Luther bediente ch& dieser „gemeinen deutsben Sprache“, wie er sie nannte, um seinem Bibelwerk allgemeinen Eingang zu vershaffen. Er fagt in seinen Tischreden: „Ich habe keine gewisse, eigene, sonderliche Sprache im Deutschen, sondern braue der gemeinen deutschen Sprache, daß mi beide Ober- und Niederländer verstehen mögen. It rede nach der sächsisben Kanzlei, welcher nachfolgea alle Fürften und Könige in Deutschland. Alle Reichëstädte, Fürsten, Höfe schreiben nad der Sächsischen Kanzlei, darum ist’s au die gemeinste deutsche Sprache.“

Im Zeitalter der Reformation war also Kanzleideutsch die deutsche Spraße auf ihrer Höhe. Seitdem is _es etnigermaßen heruntergekommen Zunächst theilte es dieses Schickfal mit der deutshen Sprache überhaupt. Auch auf den blühenden Sprachgefilden binterlics der Jammer des 30 jährigen Krieaes seine verroüstenden Spuren. Darüber schreibt Leibniz: „Im Jahrbundert der Refor- mation redete man ziemli rein deutsch. Allein wie der 30 jährige Krieg eingerissen, da ift Téutschland von fremden und einheimischen Völkern wie mit ciner Süntfluth überschwemmt worden und nit weniger unsere Sprache als unser Gut in die Rapvpuse gegangen.“

Als das geistige Leben in Deutschland wieder zu Kräften kam, erbolte fi auc die Sprache. Unsere Denker und Dichter ufen 2 neu. In die Kanzleien aber drang davon wenig n Ner wuterten Zopf und Perrücke, Svprachmengerei und Schnörkelei üUPpPig weiter, und der Kanzleistil, dec vordem die führende Rolle gespielt batte, kam stark ins Hintertrefen . .…..

Daß au die Rechts- und Verwaltungsspra@e den Zweck hat, verstanten zu werden, {eint man damals weniger empfunden zu baben. Sonst würde bei den Geribtéfanzleien nit folgendes For- mular für die Bestätigung von Kaufverträgen im Schwunge se- wesen fein:

Beil nun nichts bedenklis hierbei existirt, so habe ich von Gerichtéweacn den Kaufkontraft biemit konfirmiret, in die reservir Hypothek konsentiret und solche in das Gerichtskonfensbu® annotorir und nach dem Verkäufer das Dominium am Gute resigairet, solck Käufer binwiederum fonferiret, den Kaufbrief in duplo cxtendiret vidimirte Abs6Grift hiervon dem Gerihtéhandelsbuche inseriret u. \. f."

Nicht zu billigen ist es, aber zu begreifen, daß in Auflehnung agegen die Herrschaft solches Mischmasches die Bauern einiger asser Dörfer, tur die unverständlihe Sprache ihrer Kaufbriefe und die taraus entstandenen Streitigkeiten erbittert, einen Angriff auf die Gerichtébäufer maten.

Die Barbarei der damaligen Schreibweise,

Großen als Iünglirg in den Akten der Kriegs-

zu Cüstrin und als MNann in den Berichten der &

hat ibm seine Muttersprac{e verleidet. Wenn würde er wabrîcheinlih davor béwahri geblieben fein, des Geaners zu ergeben, der bei Roßbach si ihm erg

Denn seitdem ist es besser geworden. Saßzungehcu ße vor 100 Iabren bewunderte, entlo Mir erinnern uns des Ausfpruchs: ,„ {lagen mit dem bebaglihen Bewußtfei i unsere beutigen Karzleifchriftsteller sind do befere Menschen.

Freili%, wenn wir etwas tiefer ir unsern Buf

n wir gestehen müssen: di ei

immer noch nitt.

viele kleine aber sind geblieben

[ sondern fogar no

¡tigen Kanzleiiprahe, wie

V4 r r E E .5+ AufmertiamTelt

neuen Umtsorts

#ch nicht binnen

boren wären.

Unter der Blumenleïe von Einzelheiten

ird IFkbnéen vielleiht manhes fl ei ersckeinen. è in Nachdenk

damit zu Ende.“ A

Härcen, und Gleichgü

bündete der Sprachunreinii

4

en n a

in der Rückbildung begriffen. deutshen Spracverein entfesselt, die ih durch Mißdeuti zurücktämmen läßt. In weiten Krel

sind die Gewissen ( ft und ist den Deutschen die faît verge!lene Pflicht zum Bewußtsein zurückgebrat, deutsch zu \prechen. Auf diese Pfli&t beginnt man auch in den Kanzleiftuben, vordem Haupt- brutstätten des Fremdwortbacillus, sih_ zu besinnen. Man beginnt n zu fragen, was es denn für einen Sinn babe, verknöcherte Ucber- bleibsel der längst vershollenen Zeit, da die Kanzleien noch ganz lateinis& schrieben, Wörter wie pro, ad, sub, de, circa, rotunde, bei Zablen ineclusive, exclusive, conferatur, loco citato, ultimo, in fine, pro rata, hujus, ejusdem, anni currentis, praeteriti mitten in deutshe Sätze hineinzumengen Wörter, die vor den aleiGbedeutenden deutsden nidt einmal den Vorzug der Kürze haben, Mit nit minderem Recht könnte man den deutschen Saß zur Ab? webselurg auch eirmal mit polnishen oder spaniscen, namentli aber mit chinesisben Feten verbrämen, da Kanz!eichinesisch nch einer

besonders boben Stufe der Entwicklung erfreuen soll. 5 Nit so einfa wie mit den ganz fremden Wörtern steht es mit den umgedeutschten Fremdwörtern, die wenigstens eine deutide Endung erhalten zu haben und mit deutshen Buchstaben ge- ihrieben zu werden pflegen. In die Verwaltungs- und Rechtsiprache baben fe sich mafssenhaft derartig eingenistet, daß neben ibnen all- gemein gangbare oder aub nur allgemein verständliche deutsche Aus- drücke nit aufgekommen sind. Solche Wörter finden si in großer Zahl beispielsweise im Kassenwesen und im Wechselrech@t, als Déesig- nation, Liquidation, Indofsament. Für derartige Fachfremdwörter deutsche einführen zu wollen, darf der Einzelne H natürlih nit er- lauben. Das wäre unberechtigter Purismus, den auch der deutsche Spraóvercin nicht, wie ihm fäls{lich vorgeworfen wird, empfiehlt, vor dem er vielmehr warnt. Hier kann nur von oben her allmählich geholfen werden, wie dies im Bereich der Post-, der Eisenbahn-, der Bank-, der Militärverwaltung in glücklicher Weise angebahnt ift. Das aber hat der Einzelne in der Hand, daß er durch Vermeidung leiht erseßbarer Fremdwörter, wie remittircn, reguliren, Kolonne, Lokal, der Muttersprache zu ihrem Ret verhilft. Diesem Bestreben, dem

Niemand sich entziehen jollte, wird die Veröffentlihung des von dem

deuts&ea Sprachverein vorbereiteten Verdeutshungsbuchs für die Geriht#- und Verwaltungssprace gute Dienste leisten.

Unstreitig if ein Hauptvorzug der Sprache und ein Haupt- erforderniß der Geschäftssprache die Deutlichkeit. Tugenden aber, die man übcrtreibt, werden zu Fehlern. Und untec den Feblern des Kanzleistils ist einer der bäufigsten nicht, daß er zu undeutlich ift, sondern, daß er zu deutlich sein will. Er traut dem Leser nicht die Fähigkeit zu, die Beziebungen, auf die es ankommt, aus dem Zu- fammenbange zu entnehmen. Er sagt nit allein, was zum Ver- stäntniß nothwendia ift, sondern au, was dazu dienen könnte, einem mangelnden Verftändniß aufzuhelfen. So geräth er in Weit- \chweifigkeit und veracht sich gegen die andere Haupttugend der Ge- \chHäftéeiprace, die Kürze. Dabei widerfährt ibm, daß er dur Hâäufung von Worten und Beziehungen die Durchsi&tigkeit der Rede verdunkelt und das Gezentkeil von dem erreicht, was er beabsichtigt.

Die altvreußische Regierungs-Instruktion von 1817, felbft ein Muster der Amtsiprache, stellt die Regel auf: „Berichte sollen gründ- li, ilar, bestimmt und erschöôpfend, aber auch möglichst kurz und gedrängt, obne unnüße Wortüberfüliung und Weitschweifigkeit abgefaßt werden.“ Von tem leßten Theil dieser Vorschuift machen die Civil- verwaltungsbebörden, für die sie gegeben ist, einen na meinen Er- fabrunzen nur mäßigen Gebrau; die Militärbebörden find uns darin bei Weitem über .

Ih mödte jeßt mit zwei S

_

¿ 5 Gegenwart: aufwarten, wie man fte e

e

n aus der Kanzleispra@e der in gleichförmiger Wiederkehr Sätze sollen den Fehler der

ce

tägli zu Gesicht bekommt. Diese S : [ ini andere Liebbhabereien des

Veberdeutlihkeit und daneben now modernen Kanzleistils veranscaulichen: „Ew. He&wokblgeboren haben wir die Ebre, in Erledigung des am Rande vermerkten boverehrlihen Erlasses vom 28. August d. F. zur Iournalnummer DIII 12837 betreffend die Beschwerde des X. ganz gehorsamst zu berihten, daß mit Rüdcsicht darauf, daß Ew. HoHwokblgeboren {ocn mittels des unsecen ehrer- bietiasten Berit vom 2. Mai d. I. zur Journalnummer A. 9734 ergangenen boben Erlasses vom 10. Juni d. I. Iournalnummwmer DIII 10022 unfer tezüglides Vorageben gebilligt hatten, wir uns nickt glaubten veranlaßt sehen zu sollen, dem von dem X: in der vorlieaenten an Ew. Ho&woblgeboren gerichteten Eingabe vom 12. August d. F. wiederbolt gestellten Antrag eine weitere Folge zu geben. Indem wir nit verfehlen, Ew. Hocbroobl- geboren den nebenvermerften verehrlihen Erlaß vom 28. August d. I. nebst ten sämmtlichen zugehörigen Anlagen deéselben bierneben ganz geborsamst wieder vorzulegen, cestaiten wir uns ebenmäßig, hierbei aleichzeitig noch zu bemerken, daß wir. nach vollständiger Er- ledigung der fraglihen Angelegenheit nicht unterlassen werden, Ew. HoHwokblgeboren weiteren Bericht zur Sache ehrerbietigst zu erstatten.“

IH gestehe ein, daß die vorgetragene Stilblütbe nicht wörtlich den Aften entnommen, fondern na vorhandenen Mustecn frei be- arbeitet ist. Aker ven ähnlich gefaßten Berichten wimmeln die Akten, wie Niemand leugnen wird, der in solden zu Hause ift.

Mein Musterstück entbält, die Zablen eingerechnet, 159 Worte, Sein wesentlicher Inbalt läßt fic, wie ih zeigen will, obne Schaden für Deutlichkeit und Höflichkeit in 47 Worte zusammenfafsen. Der Rest ist Spreu, Floskel obne Inhalt, nit einmal tönendes Erz und flingende Schelle, da es weder tônt noch klingt. Wem mag man wobl dur soldes Schnörkelwesen eine Freude zu bereiten glauben? etwa dem geneigten Leser, der fi dur all das Gestrüpp bindur würgen muß? wenn ich von mir cuf andére Leser schließen darf, selbst diefem nit.

Geben wir dem Ungethüm zu Leibe! Ieder rechtschaffene Bericht bebt mit Ew. x. an, wiederbolt diese Anrede, so oft es angeht, hat möalist oft die Ehre oder erlaubt sih oder verfeb[t nit, berubigt Kb aus niót dabei, was er bemerkt, vorlegt und beantragt, ganz geborsamst oder ebrerbietigst ¿zu bemerken, vorzulegen und zu be- antragen, sondern verfehlt sogar nit, bei Erwähnung eines früßeren Berichts bemerklich zu maten, daß dieser ebenfalls ein ganz ge-

amster gewesen sei, und bei dem Hinweis auf einen künftigen,

older nit minter ehrerbietigst werte erstattet werten. Ist das

ii& nothwendig? Sind Vorcesctte denkbar oder nur wahrscheinli,

das verlangen oder rur gerne sehen? Sewiß geböôren Ebrerbietung

Hflidbfeit, namentli au nab unten hin, zu den Amtspflichten,

b bin i ¿. B dafür, \&rof klingende Wendungen wie „ih e Ihren, ib muß ablehnen“, wenn kein besonderer Grund zum Nufitecken der Amtêmiene vorliegt, zu vermeiden und lieber zu schrei- ib erroidere Ihnen, dem Antrage kann nit entsprochcn werden. lber teéwegen braudt man nod nit in Höflichkeitéefloëkeln zu velgen, fie gewinnen ur& nidt cn Schmadkaftigkeit. Durch Nedenzarten, die einen konventionellen Nichtwerth haben“, wie sie Jemand dur® „Kanzleilügen“, wie fie cin anderer genannt hat, einen wir Deutsbe uns an sich schon vor allen anderen Kultur- t : unvortbeilhaft aus. Daher werden wir gut thun, den Fort- Hritt nicht aufzukalten, den unsere Kanzleisprahe auch na diefer Richtunz immerbin {on gemacht hat. In einem „Lehrbuch des Teutschen Kanzleistils* von 1793 werden no® mebr als 60 sogen. Kurialien der I. Anrede aufgeführt, die ich nach Stand und Würden von „Alertur&lauctigster unüberwindli@cer“ über „Ebrenfest bodgelabrter“ bis kerab zu Guter nüßlicer“ abstufen. Die Lehre ron den Kurialicn war eine unendlich verwidckelte, {ier unergründ- lide. Das meiste davon sind wir los, und au die übrig gebliebenen Höfllichkeitsformeln sinken beständig im Course. Zur Zeit des West- taliscen Friedens gab die Kaiserlice Hoffkanzlei das Prädifat Hoch- woklgeboren n Kurfürsten, das Prädikat Woblgeboren nur den Reichsgrafen. sen wurde noH unter Kaiser Karl VI. ein Gesuch um das Prädikat wohlgeboren in Gnaden abges(lagen. gilt es fast schon als Beleidigung nur Wokblgeboren z12 7 alter Zeit Grafen und Rittec sch{lechck Vielleict wird man dermaleinft s unter die Geborenen zu gehören Rangerhöhung plößlih anders uf Weiteres werden wir uns 3 können, aber es wird Niemandem zum Vortbeil gerei@en, wenn wir uns

8ausdrüde eine weise Sparsamfkeit

R AMNRESS

mit Ew. How beginnende Musterbericht

vir die Ebre, in Erledigung des am Rande vermerkten hoŸ- a Erlasses vom 28. August d. I. zur Journalrummer etreffend die Beschwerde des X., ganz gehorsamft

1 einleitenden Worten ist niht weniger als jedes ent- er Erlaß, auf den der Bericht erstattet wird, und sein nd ja bereits am Rande vermerkt, was sowohl für die als füc den Empfänger genügt. Daß ferner der Bericht ein Berit ift, ergiebt schon ein Blick auf den gebrohenen Bogen und den Submissi 2, falls es der Inhalt zweifelhaft laffen sollte ; wozu also die Ankündigung, daß etwas beribtet werden soll? Fângt cinen Privatbrief ni6t mit den Worten an: ih habe die ne na&folgenden Brief zu \chreiben, sondern man In meinem Dienstbereih habe ich die Bebörden ersucht, sich und mir diese Vorrede zu ersparen und lieber fogleih mit der Sache an- zufangen. Dadurch entgeht man überdies der stilistishen Unbequem- lichkeit, die Sachdarstellung mit „daß“ beginnen zu müsser, was be- sonders stôrend wirkt, wenn, wie in meinem Masterstück und zahl- reihen seiner Brüder, ein zweiter Nebensaß mit „daß* in den ersten eingeshactelt oder ihm angehängt wird. Haben die Ghre zu berihten, daß mit Rücksicht darauf, da ß I würde glei anfangen: / Mit Rücksicht darauf, daß oder vielmehr ich würde nit fo anfangen, weil id die \chleppende und ohne Grund beliebte Saßverbindung „mit Rücksicht darauf, daß“

Ai AZHÉE ZZ L

zu vermeiden sube; das Wörthen „da“ thut meistens dieselben Dienste, bier thut es „nahdem“.

Der Eingang würde demgemäß lauten :

Nachdem Ew. Hohwoblgeboren schon mittelst des auf unseren ebrerbietigsten Berit vom 2. Mai d. I. zur Iournalnummer À. 9734 ergangenen boben Grlafses vom 10. Juni d. I. Ir.-Nr. D, 10022 unser bezüogliwes Vorgeben gebilligt hatten.

Na meinem Geschmack würde er jedoch auch fo ni&t lauten. Auch die breitspurige Bezugnahme auf den früheren Bericht, den ja der Empfänger, wenn es ibm auf die Vorgänge ankommt, bei diesen findet, ift entbebrlich, desgleichen der Zusa „bezüglihes“ zu Vorgehen, da niht zweifelhaft sein kann, welches Vorgehen gemeint ift, und vielleicht au die Benennung des Erlasses als eines hohen, infofern \{on das Wort „Erlaß“ eine von höherer Stelle ergangene Ver- fügung bezeihnet. Also:

Nachdem Ew. Howwohlgeboren {on dturch Erlaß rom 10. Juni d. F. unser Vorgehen gebilligt batten,

wobei nur noch die s{@werfällige Angabe der Journalnummer fort- gelafsen ist, die dem Empfänger unmögli von Werth sein kann, während die Registratur \{on durch die am Rande befindlichen An- gaben in den Stand gefeßt ist, die Vorgänge beizufügen.

Fortfahren würde ich dann au ni®t:

glaubten wir uns nid&t veranlaßt sehen zu sollen, dem von dem X.

in der vorliegenden an Ew. Hohwoblgeboren gerichtcten Eingabe

vom 12. August d. I. wiederholt gestellten Antrage eine weitere _ Folge zu geben, fondern obne Umschiveif :

baben wir feinen Anlaß gesehen, dem wiederholten Antrage des X.

Folge zu geben.

Da nämli die den Antrag des X. enthaltende Eingabe den Anlaß zur Einforderung des Berichts gebildet hat und mit diesem zurüdckgelangt, so ift die registraturmäßige Aufzätlung der Urnstände, daß der Antrag in der vorliegenden Eingabe enthalten, diese vom 12. August datirt und an die den Bericht empfangende Behörde ge- richtet ift, überflüssiger Ballast.

Weiter :

Indem wir nit verfehïen, Ev. Hochwoblgebtoren den neben- vermerkten verehrlihen Randerlaß vom 28. August d. I. nebft sämmtlichen zugehörigen Anlagen deeselben hierneben ganz geborsamst wieder vorzulegen, geftatten wir uns

_ Wozu bier die Mittheilung, daß der dur das Datum und de Zusammenhang autreibend kenntlih gemate Erlaß aud am Rande vermerkt steht? Wozu mit den „sämmtlichen Anlagen“, wenn nichts die Annahme bervorruft, daß ein Theil der Anlagen zurüdckbeéalten werden soll? Warum „zugebörigen Anlagen“, da de die Zugehörigkeit der Arälagen eines Berichtes zum Berit auch dem Blôdeften klar sein muß? Wozu „Anlagen desselben“, da Niemand auf den Eedanken kommen wird, daß die Anlagen eines anderen als des chen genannten Randerlafses gemeint sein könnten ? Warum „bhiern eben“, wenn {ocn der Anblick der mitgesendeter Anlagen und des üblichen Anlagestri&s ergiebt, welches äaumli{e Verhältniß zwishen dem Beriät und feinen Ankagen Warum ferner dem Emvfänger sagen, daß wir ihm, ibm selbst un feinem anderen, seinen Erlaß nebst den Anlagen wieder vorlegen ? i do der Bericht nebst Anlagen an ihn gerichtet. Warum endlich be- tonen, daß wir cs sind, die den Erlaß wieder vorlegen, wenn er nur beilieat 2 Diese Anhäufung von Swnörkel- und Rankenwerk, von Parasiten der Rede, die ihren Saft und Kern ersticken, is eine Yer- legung der Grundregel, daß man si beim Schreiben auf den Stand- punkt des Lesers ftelien soll, diesem s@uldigen Rücksicht. Denn nit rüdläsi@tsveoll if 2 Tsprehende Mißtrauen in sein Fafsungëvermögen und die Zum so viel mehr zu lefen, als der Iweck erfordert. Wenn endlich der Saß wort „indem“ dem nachfolgenden Sa liedert ift, so wird ver- bunden, was des innern Zusamme Machen wir lieber einen Hauptsa daraus, der ü c die 9 Worte zu enthalten braucht :

der Randerlaß vom 28. August d. I. liegt bei, in tieser Fassung aber besser an den S@&luß der Berictes kommt. Es folgt nun der Na@fatz :

gestatten wir uns ebenmäßig Hierbei gleichzeitig noch z merken, daß wir

Auch in diesem Dußend Worte sind zwölf zu viel, Zuviel ift wiederum die Ankündigung, daß etwas bemerkt werden foll, da der Leser i&on von selbst bemerken wird, daß die Bemerkung eine Be- merkung ist. Trauen wir ihm dies aber nit zu, fo brauchen wir das Wort bemerïen doch immer nick@t mit einer so veri{chwenderis{hen Fülle von überflüssigen Beiwörtern zu bevacken. Von diesen stebt bier

enmäßig in Vertretung des vorhergegangenen „ganz geborsíamst“,

it dessen zu häufige Wiederholung vermieden und doch das Höf- citsbedürfniß befrictigt werden soll. Der Sinn ist: wenn wir

; jeßt etwas zu bemerken gestatten, so geschieht aub das wiederum ganz gehorsamst. Außerhalb der Bureauräume wird man dem Wort ebenmäßig in diefer Bedeutung s&@wecrlich begegnen, „und selbst dem Verfasser unseres Berichts wird es im mündlichen Berkéehr kaum eîn- fallen zu sagen: ih empfehle mich gehorsamst und bitte ebenmäßig, mi aub Ihrer Frau Gemahlin zu empfehle Fudem derselbe den Nanderlaß zurückreäicht, gestattet er i i gleichzeitig noch zu bemerken. Da dem Leser ertgeh on 5 die Bemerkung bei Gelzgenhbeit und gleichzeitig mit der Nückgave des Randerlañes er- folgt, so muß er auch hierauf hingestoßen werden. s für thn und für die SaHe von irgend welcher Bedeutung if arauf tommt es nit an. Es ift ja richtig: Bemerkung und [ 5 erfolgen zur selben Zeit, also muß f 3 gu werden. Das ist Kanzleistil. D zeitig geht aber noch weiter. i es unmöglich ist, daß zwei Dinge zu iche gleichzeitig herbalten. Wenn eine Behörde beavstragt wicd, Ermitte- lungen anzustellen und gleichzeitig den Beschwerdeführer mit vor- läufigem Bescheide zu versehen, !o fann fie doch nur das eine na ch dem anderen vornehmen. Im Kanzleistil verliert aber g eichzeitig seinen Zeitbegriff und wird cinfach für „au“ geleßt, vermutblich, weil es zwei Silben mehr hat. Einer ähnli®en Beliebtheit erfreut sich das Wort demnächst, welchcs an S j jedenfalls einfaceren Zeitadverbe sodann, darauf au zel wird, wo das Nah- einander si von felbf wie in Weisung : die Sache ist zu untersuchen und über das Ergebniß demnächst Bericht zu erstatten.

(Schluß folgt.)

Statistik und VolkZwirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Nai den leßten Nachrichten aus dem Ausstandsgebiet im Westfälischen Koblenrevier ist, wie wir der „Rhein.-Westf. Ztg.“ entnehmen, gestern Morgen auf den Schächten „Hibernia“ und „,Wilhelmine-Victoria* I und 11, welhe der Bergwerks-

esellshaft Hibernia gehören, die ganze Belegschaft angefahrer. Auf

eche , Rbein-E lbe * der Gelsenkirchener Berawerksgesells{aft "ind 488 Mann, auf Schacht „Alma“ derselben Gesellschaft 440 Mann angefahren. Auf Zee „Consolidation“ Schadt I, II, III, auf den Zehen „Bruchstraße“, „Crone“, „Hannover arbeiten alle Leute. Auf „Ver. Hamburg“ sind von 502 Mann 352 angefahren. Die Sen Arbeiter waren gleihfalls erschienen, mußten aber wieder umkehren, weil sie es unker- lafien batten, sid beim Obersteiger zu melden. Auf Zee „Neu- Fserlohn“ striken nur noch einige Mann. Gestern Na@mittag ift auf Zehe „Consolidation* bei Schalke die ganze Belegschaft, auf Zehe „Rhein-Elbe“ sind von 495 Mann 42 und auf „Al ma“ von 464 Mann 407 angefahren. Auf Zeche „Ver. Ham- burg“ bei Witten ist gestern Nahmittag Niemand angefahren, da beute die Schichten geregelt werden sollen; heute wollte die ganze Belegschaft wieder anfahren.

Inzwischen if, wie demselben Blatt aus Hamborn berichtet wird, auf Zeche „Deutscher Kaiser“ ein Strike zum Aus- bruch gekommen. Die Zahlstelle Hamborn des „Vereins zur Wahrung bergmänniiher Interessen“ stellte am 5. d. M. früb der Verwaltung der Zee „Deutscher Kaiser“ Forderungen einer 50 prozentigen Lobn- erhôbung, actstündigen Schichtdauer 2c. Es erfolgte, nachdem die Be- willigung dieser Forderungen abgelehnt war, die Arbeitseinstellung des größten Theils der Beleeshaft. Von der Frübschicht fuhren von 300 Mann nur 70 und von der Nachmittagss{icht von 2-0 Mann nur §0 untec Tage an. Der Grubenvorftand der Zehe hat nun au s gemacht, daß alle Arbeiter, welhe bis zum 9. d. M. die Ar nit wieder aufgenommen haben, als entlafscn b:tratet und aus der Lifte der Belegschaft gestrichen werden.

In Essen fand am Ostermontag eine Deputirten- Versammlung des Kreises Efsen statt, zu welcher sich eiwa 80 Theilnebmer eingefunden Hatten. Bergmann Ballmann erklärte bei Mittheilung der Tagesordnung, daß es sich hauptsächbli darum hbandele, Stellung zu dem Gelsenkirwener Strike zu nehmen und darüber zu berathen, ob sich die Effener den Bestrebungen der dortigen Kameraden anschließen sollen, oder niht. Séließlih fand eire Refolution Annahme, in welcher es beißt : Die Deputirten der verschiedenen Zechen des Essener Kohlen- reviers glauben nickcht irre zu greifen, wenn sie ihrer Ueberzeugung dabin Ausdruck geben, daß, wenn die im Kampfe stehenden Kameraden des Gelsenkirhener und theilweise des Dortmunder Reviers dem- selben unterliegen, daß auch dies shlimme Folgen für sie na ih zieden wird. Wir rathen unseren kämpfenden Kameraden mögli&ste Mäßigung in der Forderung. Den Arbeitgebern aber dürfen wir im Interesse aller Staatsbürger die Beseitigung aller Eng- herzigkeit empfehlen; den Belegschaftskameraden, die wir vertreten, ratben _wir, daß sie sowohl in ibrem eigenen Interesse, als au© im Interesse aller Bergleute alles aufbieten, eine Niederlage der fämpfen- den Kameraden zu verhütea. Wir fügen uns in allem den Bochumer Bes{lüfsen,

__ In Dortmund wurde der „Rh.-Westf. Ztg.“ zufolge eine zum Ostermontag von dem Bergmann L. Shröder einberufene Zfentlihe Vergarbeiter-Versammlung polizeilih verboten.

___ In Köln fand am 7. d. M. eine von eiwa 2000 durchweg der sozialdemokratischen Partei angebörigen Arbeitern besuchte Versammlung statt, welche, der „Köln. Ztg.“ zufolge, mit allen gegen eine Stimme beshloß, am 1. Mai zu feiern, um, wie es in der Resolution beißt, an der Seite der Arbeiter aller Länder die Ver- wirklichung des achtstündigen Normal - Arbeitertages zu er- streben. Erklärungen, mitzufciern, gaben folgende Gewerke ab: Metallarbeiter , Sattler, Schreiner , Tapezierer , Stein- bauer, Dawdecker, Anstreiher, Maurer, Schuhmacher, Stuckateure, Goldleisterarbeiter, Drebéler, Zimmerlcute, Schneider, Hutmater und die nit gewerblichen Arbeiter. Dieser Beschluß deckt sich, wie das Blatt bemerkt, keineëwegs mit der Ansiht des größeren Theils der Kölner Arbeitermassen; selbst ausgesprochene Sozialdemokraten haben sid in Köln geaz:n die Aussctzung der Arbeit deutli erklärt.

Aus beck meldet ,W. T. B.“, daß der dort polizeilid ver- botene Konareß deutsher Holzarbeiter während der Ofter- feiertage in Hamburg tagte. Der Strike der Holz- und Hafenarbeiter dauert immer noch fort. Die Polizei tritt energisch für Aufrechterbaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung ein.

Aus Mainz s{reibi man der „Köln. Ztg.*, daß der in sämmt- liden Schreinerwerkstätten drobende Strike durch Eintreten und Vermittlung der Bürgermeisterei im leßten Augenblick glücklih vermieden und dabei zuglei ein vollständiger Ausglei{ zwishen Meistern und Arbeitern erzielt worden ist. Die Séreiner | Mööbelfabrif Bembé wollten gestern die Arbeit wieder

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g striken, wie die „Magdb. Ztg.* berichtet, seit chlergesellen, wobl 200 und mehr an der en 20% Lobnaufshlag, was die Meister nit

zu können; nur in wenigen Werkstätten wird

f. Ztg.“ mittheilt, eine Bersammlung von etwa 2000 Schuhmacbergefellen alsbald in inen Ausstand einzutreten. Nur diejenigen Shubmacher, welche bei er Ball- und Filzshuhanfertigung beschäftigt sind, follen, da für je nit „Saison“ ift, weiter arbeiten.

Aus Wien meldet ,W. T. B.*: Der Strike der Maurer dauert fort. In dem Vororte Neulerch enfeld fanden gestern große Anfsammlungen statt, welche das Einscreiten der Sicherheitêwache und die Absperrung der ganzen Straße nothwendig maten. Auf der Sch melz sammelten sich gegen 3000 Arbeiter verschiedener Ve- rufe an, welche jedo durch ein Masfsenaufgebot der Polizei zerstreut wurden. (Wir theilen Näheres über die vorgekommenen Ausscreitunge unter „Mannigfaltiges“ mit.)

lus Bor deaur berichtet e Bureau“, daß iter in vier Weißglas-F Ten Arbeir eingestell leselben beanspruchen ein ? 0,

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Seit dem Rechnungsjahr 1886/87 ift den bisberigen idr n Erbebungen auf Anregung des Landes-Dekonomiekollegi eue binzugetreten, deren wesentliher Zweck es ist, einmal Umfang und die Vertheilung von Zwangsversteigerun und forstwirtbshaftliher Grundstücke, insbesonder deren Besiger im Hauptberuf Landwirtbschaft sotann aber auG über die wirthschaftli#en Ursachen jener Versteigerungen Auskunft zu bieten. Dieselbe war in leßterer Beziehung für jeden einzelnen Fall von den Landrätben zu liefern, welche übrigens meistens sich auf die Berichte der Amtsvorsteher und anderer, mit den örtlihen Verbältnissen besonders bekannter Ver- trauenêpersonen gestüßt und dergestalt ein fehr eingebendes und viel- seitiges Bild von den betreffenden Verhältnissen geliefert haben. Bescränken wir des Raumes wegen unsere Betcahtung auf die- jenigen Zwangsversteigerungen, in welchen der Betroffene im Haupt- berufe Land- oder Forstwirth war, so sind fol@er Fâlle ermittelt worden: im Jahre 1886/7 2 1887/8 2355 i: ; B 1 L00O , B Die einzelnen Besigkla Ï leichmäßigkeit an den Zwangêversteigerungen betbeiligt, und zwar der größere Grund- besiß durhweg am meisten, indem Prozente entfielen auf Betriebe bei dem landwirthsaftlihen unter von von Grundbesige von der Gesammt- 2 ha 2 bis 10 ha 10 bis 50 ha flä®e der Hauptbetriebe (nah | : der Erbebung von 1882) . . 1,9: 14,68 37,90 von d. Flâte des zwangs- | 1886/ 5,10 15,99 |! 1

weise versteigerten 4 9,02 15,50

bezügl. Grundbesitzes 9.0, D L0/GS Der gröers über den gewöhnlihen Umfang bäuerlichen Betriebes binausgedende Grüxdbesiß von 50 ha avfwärts umfaßte also in jedem der drei Berichtsjahre fast genau den gleichen Antheil, nämli etwas mebr als drei Viertel der versteigerten Flähe, während er von der Gesammtflädbe der landwirthschaftli@en Hauptbetriebe noch nit die Hälfte ausmahte. Am meisten, und zwar wiederum fast genau gleihmäßig, bleibt der fleinbäuerlihe Besiß von 2—10, nächstdem der mittlere bâuerlide von 10—50 ha bei seinem Prozentantheil an der versteigerten Flähe hinter demjenigen an der gesammten auf ihn entfallenden Wirtbschaftsflähe zurü. Im Ganzen sind gegen- über einer Gesammtfläde der landwirthschaftlihen Hauptbetriebe von 24 123 733 ha (1882) während unserer Beobachtungsperiode 273 024 ha, also etwas über 1%, alljährlich aber etwa ein Drittel Prozent

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und tarüber zwang8weise versteigert worden. Ungleib größer als im Westen ift die veriteigerte Flähe im Often; fie betrug im leßteren, d. b. in Brandenburg, Pommern und den vier an Rußland grenzenden Provinzen, während der drei Iabre zusammen 244 345, in dem west- lich daran belegenen, allerdings nur etwa zwei Fünftel der Monarthie umfassenden Theile derselben nur 28 679 ha, also wenig mebr als ein Zehntel von der im Often versteigerten Fläche. Am meisten sind regelmäßig die Provinzen Westpreußen und Posen, näcbstdem au Oft- preußen und Pommern, also die Provinzen des Nordostens, am wenigsten Westfalen, Hefsen-Naffau und Rheinland, also der Süd- westen, an der versteigerten Fläche betheiligt.

Nicht nur das thatsäcliche, sondern auc das gutachtli@e Material übrigens, welches die Erhebung geliefert hat, zeigt eine merkwürdige Uebereinstimmung während der Berihtszeit. Am häufigsten erscheint begreifliber Weise unter den urfäblihen Verbältniffen, welche als Grund der Zwangsversteigerung angegeben werden, irgend eine Art eigenen Ver1chuldens des Betroffenen, s&ledte Wirtbschaft, unwirtb- schaftlihes Privatleben u. #. w.; denn wie überall, so wird au in der Landwirthschaft bei günstigen oder au nur regelmäßigen Verbältnifsen in erster Linie eigene Unrüchtigkeit zum wirthichaftlichen Verfall führen, und auch ungünstigen Zeiten, wie Landwirtbschaft und Grundbesig sie gegenwürtig im Allgemeinen wobl durchmadten, fallen zunäst naturgemäß die weniger guten Wirthe besonders zahl- rei zum Opfer. So waren denn unter 873 „Haupt- oder alleinigen“ und 3904 „Mitursacben“, im Ganzen 4777 ‘ursäblichen Verbältnifsen, welche si den landräthlihen Berichten im äFahbre 1888/89 entnehmen ließen, 42,59 bezw. 39,57. und 40,11 %o, in den beiden Vorjabren bei äbnliden Gesammtziffern der ursächliden Verbältniffe 41,84, 4066 und 49,87 bezw. 37,36, 42,82 und 41,71% derselben solche, di f ein unmittelbares eigenes Versulden hbinwiefen. mit der Gesammtzabl der landwirthschaftlichen Ha Preußen (1 232 163), die nicht wesentlich von der Za wirtbsckaftliden Grundbesiter im Hauptberuf abweicen scheinen übrigens die Ziffern des „eigenen Verschuldens in den drei Fahren rückwärts aerechnet nur 371, als „alleinige“ bezw. 1545, 1565 und 1961 Mal auftreten, wobl äußerst geringfügiaz es ift für unsere lichen Grundbesißer im Ganzen sicher kein schlechtes Zeuzni nd alljährlid noch nit zwei auf je tausend derselben dur wesentlihe oder Mitschuld aus ihrem Besiß entfernt f

Was die übrigen ursätblihen Verbältni auf folgende Hauptgruppen derselben von j Verbältnifsen

auf 1886/7 nftige Uebernahme. . 19,97 °/

freiwillige ungÜr geshäftlihe Ve A Familienverbältnisse und Krankheit . 9,99 Wirtbschattäunfälle und Naturereignifse 6,19 unzweckmäßige Erbregulirung . . . 9,90 Wucher, Üebervortbeilung tim Handel 3,05 \chlechte Lage der Lantwirtbschaft . . 6,04 , Die „freiwillige ungünstige Uebernahme“

1299 Pr F 71:5 „eigenen Versculde

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n“ am bâufigît rung auftritt, zeigt sch weniger häufig vielmehr als Mangel an Mitteln zur Ue zu tbeuer bezahlten Gutes, Dieser Mangel, der in Zeiten steigender Grundrente eben dur& das Wachsthum derselben wieder ausgegliden werden konnte, äußert seine Gefahr naturgemäß vorz eise tn Zeiten des Stillstandes oder Nückscrittes. ie übrigen Gruppen ursäliher Verbältnifse tr en vorigen in allen drei Jahren weit zurü. : 3r1 \chlechte L er Landwirtbschaft“ betriff

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einzelnen ndeëtheile bekundet worden sind, wobei dieselben oft noch ausdrücklih hervorhoben, wie der Betroffene ein tüchtiger und Hauswi sei. Uebrigens treten aub bier wiede r bezeihnende Hiede nach Landestheilen und Befitklaffen Wie wir oben den Osten und den größeren Grundbesitz besonders ftark an dem Umfange der zwangsweise vers steigerten iat gefunden baben, so ist dies auch hinsichtlich der Ursache ge der Landwirtbschaft* der Fall. Dieselbe nimmt beispielsweise i tabre 1888/89 bei einem Gesammt- durHsénitt von 6,01 %/ aller ursä&blihen Verbältniffe in Pommern 15,66, Westpreuß 53, in Brandenburg 9,39 °/e derselben în Arspruch, bei de Besiß 50 und mehr Hektar 14,13 %%o, in den beiden Vorjahren 14,91 und 17,54%/o, während der Westen, fowie der erlihe Mittel- und Kleinbesiß von 10—50 bezw. 2—10 ha, namentlich der leßtere, dagegen weit zurüdcktreten. Dies wird gerade bei ungünstigen Allgemeinverbältnuifsen allerdings wobl regelmäßig der Fall sein, da dieselben unter sonst gleiwen Ums- ständen den größeren Besizer mehr s{hädizgen müssen als den kleinen. Soweit leßterer zuglei sein eigener Arbeiter ist, also keine Arbeitslöbne berautzuzahlen bat, bleibt ibm bei Rückgang der land- wirtbsGaftlihen Rente ein Theil seines Einkommens, nämlich das Arbeitseinkommen, zunähst ncech ungeshmälert, während bei dem größeren Grundbesißer, auch wenn er selbst wirihschaftet, die cigene Arbeitätbätigkeit verbältnißmäßig immer weniger und die Bewegung der Grundrente immer mebr entsheidend für seine Einkommens- verbältnifse ift.

Menn biernach die positiven Ergebnisse unserer Erbebung sowohl wie die gutattliben in manterlei Ungünstigem übereinstimmen, so verdient glei&bwohl hervorgehobeu zu werden, daß die Gesammtzahl der in den leßten drei Jahren aus Ursachen aller Art der Zwangs8- versteigerung verfallenen ländlihen Grundbesißer verbältnißmäßig keine große ist, im Ganzen noch kaum ein Prozent derselben aus mat. Selbst in den öftlihen Provinzen, wo dieser Prozentsaß stellenweise ein erbebli% höberer ist, hat die ungünstige Lage der Landwirth\{aft, wie so viele Berichterstatter sie bezeugen, bisher nur einen verbältnißmäßig geringen Theil der Besißer wider ihren Willen aus ibrem Eigenthum entfernt, wobei fretli® wiederum zu berücksi&tigen ist, daß oft au hinter freiwilligen Veräußerungen i ein Vermögensverfall verbergen, sowie der Besiger in seinem Eigen- thum ledigli um deshalb belassen werden kann, weil die Gläubiger die AEE der Zwangsversteigerung fürchten und an deren Erfolge zweifeln.

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Die deutsche Fachschule für Bleharbeiter in Aue (Sachsen) hatte, wie das „Dresd. Iourn.* meldet, in den leßten Tagen wiederum cine reihbaltige Ausstellung der im leßten Iahre gefertigten Schüler- arbeiten veranstaltet. Dieselben zeichneten n durch ibre gefälligen, geschmackvollen Formen, fowie durch eine sebr sorgfältige, saubere Ausführung aus und gereihten Lehrern 11nd Schülern zur gleihen Ehre. Die Anstalt will jungen Klempnern in kürzester Zeit (in 1¿ Jahren) zu derjenigen theoretis{en, geschäftsmännishen, kunstaewerblihen und praktishen Ausbildung verhelfen, ver- möôge welcher sie den ftetigen Fortschritten des Fachs mit Ver- ftändniß folgen und si zu tüchtigen Fatleuten heranbilden können. Sie ift bis jeßt von mehr als 400 jungen Leuten aus Deutschland und dem Auslande besucht worden. Um auch bedürftigen, würdigen S@&ülern säch{sisber Abkunft den Besu der Anstalt zu ermöglichen, hat die Königlih fäcbsische Staatsregierung derselben eine außer- ordentlihe Beihülfe bewilligt, sodaß bis auf Weiteres noch solchen Schülern das Schulgeld ganz oder doch theilweise erlafsen werden kann.

N * E A Sp ati b 8m pat atn, per eid P Se A R R