1890 / 96 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 18 Apr 1890 18:00:01 GMT) scan diff

station: Wilhelmshaven.) S. M. n „Otter“ Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. Av. „Pfeil“ Wilhelms- haven. 14./4. 16./4. Dover. (Poststation : I E) S. M. Minenshulschiff „Rhein“ Kiel. (Poststation: Kiel. S. M. Brigg „Rover“ Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. Krzr. „Schwalbe“ 3./3. Kapstadt Anfangs/4. Sansibar. (Poststation: Sansibar.) S. M. Krzr. „Sperber“ 1./11. Sansibar. (Poststation : asserviren.) S. M. Krzkorv. „Victoria“ Wilhelmshaven. (Poststation: Wilhelmshaven.) S. M. Knbt. „Wolf“ 29/3 Kobe -8,/4. 10/4

okohama. (Poststation: Hongkong.) Kreuzer - Ge- chwader: S. M. S. „Leipzig“ (Flaggschiff) 25./3. Amoy 31./3. 6./4. Yokohama. 24./4. Kobe. (Poststation: Hongkong.) S. M. S. „Sophie“ 22./3. Hongkong. (Poststation: Hongkong.) Uebungs-Geshwader: S. M. Panzerschiffe „Kaiser“ GSlaggsiff, „Deutschlaud“, „Preußen“, „Friedri der Große“,

. M. S. „Jrene“ 15./4. Wilhelmshaven. (Poststation : Wilhelmshaven; für „Kaiser“, „Deutshland“ und „Jrene“ vom 23./4. ab Kiel.)

Wiesbaden, 16. April. Der Kommunal-Landtag des Negierungsbezirks Wieêbaden wurde gestern durch den Regierungs-Präsidenten von Wurmb mit folgender Ansprache eröffnet:

«Geehrte Herren (die Abgeordneten erheben fich von den Siten) Se. Majestät -der König kat die Berufung des Landtages des Regierungsbezirks Wiesbaden nach hier genehmigt und den Ober-Präsidenten Grafen Eulenburg ¿um Kommissar, mi zu dessen Stellvertreter bestelt. Jn diefer Eigenschast heiße ih Sie hier willlommen. Die Megierung hat Ihnen Vorlagen niht zu machen. Ihre Verwaltung gebt in den alten bewährten Bahnen. Eine Umgestaltung derselben if daher nicht nöthig. Sie wird Ihnen aber nihtsdestoweniger reiten und interessanten St-ff zu Ihrer Berathung bieten. Ich babe die Ebre, den 24. Kommunal- Landtag des Regierungébezirks Wiesbaden für eröffnet zu erklären und bitte den Aeltesten aus Ibrer Mitte, vorläufig die Leitung der Geschäfte zu Übernehmen.“

Den Vorsit übernahm der Alters-Präsident Dr. Bertram.

Zum Präsidenten wurde fodann der Justiz-Rath Hilf, zum Vize-Präsidenten, an Stelle des Ober:-Bürgermeisters Dr. Miquel, der Justiz-Rath Dr. Humser gewählt.

Hierauf wurden die einzelnen Vorlagen zur Kenntniß gebracht. .

In der heutigen Sizung wurden zunächst die Finanz-, Eingaben-, die Wegebau- und die Rechnungs-Prüfungs- kommission durch Akklamation gewählt. Hinsichtlih des Vor- anshlags des Etats wurden keine Anträge gestellt und daher dessen Berathung im Plenum beschlossen. Die übrigen Ein- gönge wurden mitgetheilt und den betreffenden Kommissionen überwiesen. Die nächste Sizung findet am Freitag statt.

17. April. (Wiesb. Presse.) ahre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Erzherzogin Valerie begiebt \ih beute nach Pot3dam zum Besuh Jhrer Königlichen Hoheit der Gräfin von Trani.

Vayern.

München, 17. April. Se. Königliche Hoheit der Prinz- Regent gedenkt sih, der „Alg, Ztg.“ zufolge, Mitte Mai auf einige Zeit nah Wien zum Besuch seiner Shwester, der Herzogin Adelgunde von Toscana, zu begeben. Die Abreise Le gleih nach Beendigung der Kammerverhandlungen er- olgen.

In der Kammer der Abgeordneten erklärte heute bei der Berathung des Antrages des Abg. Biehl betreffs der Abänderung des Aktiengesetßes 7der Minister des Fnnern Frhr. von Feilißsch, derselbe sei in der von dem Abg. Biehl beantragten Form unannehmbar und die Zurü- ziehung desselben höchst wünschenswerth. Sollte der Antrag trogdem angenommen werden, so könne die Regierung unmög- lih seine Genehmigung anempfehlen.

Württemberg.

(+) Stuttgart, 17, April. Anstatt des für gestern Vormittag in Aussfiht genommenen und des eingetretenen Regenwetters wegen abbestellten Ausflugs nah den Königlichen Privatgestüten Weil und Scharnhausen fand für Jhre König- lichen Hoheiten den Herzog von Edinburg und den Prinzen Georg von Großbritannien und JFrland um 1 Uhr Nachmittags ein Frühstück bei Fhren Königlichen Hoheiten dem Prinzen und der Prinzessin Wilhelm statt, an welhem auch Se. Hoheit der Prinz und Jhre König- liche Hoheit die Prinzessin Hermann zu Sachsen-Weimar mit der Prinzessin Olga und Se. Königliche Hoheit der Herzog Albrecht Theil nahmen.

Nachdem sih das Wetter gegen Mittag aufgeheitert hatte, machten die hohen Gäste nach dem Frühstück unter Führung des Prinzen Hermann zu Sachsen-Weimar und in Begleitung des Ehrendienstes eine Spazierfahrt nah dem Landhause Rosenstein, der Königlichen Wilhelma und der Villa Berg bu besichtigten daselbst die Schlösser, Gärten und Gewächs-

user. _ Abends 51/2 Uhr fand Höchstdenselben zu Ehren Familientafel bei Jhren Königlihen Majestäten und für das Gefolge Marschallstafel in den Katharinenzimmern statt. Nachher erschienen Se. Majestät der König mit den beiden englischen Prinzen und dem Prinzen Hermannzu Sachsen-Weimar im Königlichen Hof-Theater, wo der „Barbier von Sevilla“ zur Aufführung kam, und nahmen in der Königlichen Prosceniums- loge ‘laß. Se. Majestät zog sich nach dem ersten Akt zurück, worauf Ihre Königlichen Hoheiten sich zu dem Prinzen Wilhelm in die Loge begaben und dort der Vorstellung bis zum Schlusse anwohnten. Nach dem Theater folgten Höchst- dieselben noch der Einladung des Prinzen Hermann zu Sachsen-Weimar zu einer kleinen Gesellschaft.

Heute Mittag 12 Uhr 25 Minuten sind Jhre Königlichen Hoheiten der Herzog von Edinburg und der Prinz Georg von Großbritannien nebst Gefolge von hier wieder abgereist. Vorher nahmen Höchstdieselben bei Fhren Königlichen Maje- stäten das Frühstück ein, zu welhem auch Se. Hoheit der Prinz Hermann zu Sachsen-Weimar und die Personen ihres Gefolges eingeladen waren. Nah herzlihem Abschied von Fhren Majestäten begaben sih Jhre Königlichen Hoheiten, begleitet von dem Prinzen Hermann, nah dem Bahnhof, wo sih der Ehrendienst sowie der Königlich großbritannishe Ge- schäftsträger zur Verabschiedung eingefunden hatten.

“Die Kammer der Abgeordneten berieth beute in gpelter Lesung den Entwurf eines Gesetzes, betreffend weitere

enderungen des Geseßes vom 19. September 1852 über die Steuer von Kapital-, Renten-, Dienst- und Berufseinkommen. Art. 1, welcher bestimmt: „Den auf Gegenseitigkeit beruhenden Versicherungs8gesellshaften kann

nah dem Ermessen der Centralsteuerbehörde für ihre Aktivzinsen in dem Verhältnisse Steuerfreiheit gewährt werden, als unter der Gesammtversicherungssumme Versicherungsbeträge solcher Per- sonen begriffen sind, welche außerhalb Württembergs wohnen“, wurde mit dem Susaß der Finanz - Kommission „vom 1. April 1890 an“, ohne Debatte angenommen. Bei der si dann anschließenden Generaldebatte über die übrigen Artikel sprachen sich der Finanz-Minister von Renner und der Justiz-Minister von Faber für die Vorlage aus, während von zahlreihen Abgeordneten Bedenken gegen die rigorosen Bestimmungen derselben Ion wurden, Die Sizung wurde nach Schluß der Generaldebatte vertagt.

Vaden.

Karlsruhe, 17. April. (Karlsr. Ztg.) Die Zweite Kammer seßte gestern die Berathung des Berichts der Budget- fommission über das Spezial-Budget des Großherzoglichen Ministeriums der Justiz, des Kultus und Unterrichts für 1890 und 1891 fort und trat zunächst in die Berathung des Tit. IV der Ausgaben, Staatsanwaltschaft, ein. Der Titel wurde nach dem Kommissionsantrage angenommen. Bei der folgenden Berathung des Titel V, Amtsgerichte, wurde ein zu §8. 1b, „Gehalte der sonstigen etatsmäßigenBeamten“, eingebrahter Antrag des Abg. Lauck und Genossen abgelehnt und der Kom- missionsantrag angenommen. §. 2 (Wohnungs geld) wurde angenommen. Bei der Berathung von §. 3 (Andere per- söónlihe Ausgaben, und zwar Gebührenantheile der Notare und Notariatsverwalter) wurde die Sißung vertagt.

Eisaß - Lothringen.

Straßburg, 16. April. Jn der heutigen Sißung des Landesausschusses stand zunächst auf der Tagesordnung die dritte Lesung des Entwurfs eines Geseße3, betreffend die Unterbringung verwahrloster Kinder. Zu einer Debatte führte die Vorlage niht. Der Entwurf eines Ge- seßes, betreffend die Ausübung des Hufbeschlag- gewerbes, wurde in dritter Lesung ebenfalls ohne Debatte angenommen, ebenso der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Gewährung von Entschädigungen für Vieh- verluste in Folge von Milzbrand oder Rausch- brand. Als legter Gegenstand befanden fich mehrere Petitionen auf der Tagesordnung.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 17. April. (Presse.) Das Abgeordnetenhaus, welches gestern seine erste Sizung nah den Ofterferien ab- hielt, begann die Generaldebatte über den Staats- voranschlag für 1890, in welcher der Abg. Gregr das Wort ergriff, um vom jungcezechishen Standpunkt aus den deutsch-böhmischen Ausgleich zu kritisiren. Abg. Weber sprach für die Nothwendigkeit der Einführung der konfessionellen Schule, während die Abgg. von Carneri und Hajek ihrer ACNBEOE über den deutsh-böhmishen Ausgleich Ausdruck gaben.

Großbritannien und Frland.

London, 17, April. (A. C.) Aus Aix-les-Bains meldet der „Hofberiht“ unterm 15. d.: „Gestern war der Geburtstag der Prinzessin Beatrice. Die

- Munizipalität von Aix gab ein Fest zu Ehren des Tages.

Drei Militärkapellen und die siädtishe Kapelle concertirten während des Tages und Abends. Der Gesang- verein von Aix sang in der Villa Mottet. Die Anlagen waren Abends prähtig illuminirt und das Fest \{chloß mit einem Feuerwerk. Die Prinzessin empfing viele prachtvolle Bouquets und andere Blumenspenden von der Stadt Aix und von Privatpersonen. Heute Nach- mittag begab fich die Königin, begleitet von den Mitgliedern der Königlichen Familie, nah Chambéry und hielt eine Revue über die Truppen der Garnison auf dem Marsfelde ab. Obwohl es regnete, hatte sih eine große Zushauermenge eingefunden“.

Prinz George von Wales, der zweite Sohn des Thronerben, wurde zum Befehlshaber d-5 Kanonenbootes „L h Ad ernannt. Das Schiff ist jedoch noch nicht in Dienst gestellt.

Stanley wird bald nach seiner Ankunft in England englisher Bürger werden und die Nationalität wieder an- nehmen, die er vor 35 Fahren mit der amerikanischen ver- taushte. Sobald er naturalisirt ist, wird ihm die Königin einen hohen Titel verleihen, und er wird alsdann nah Afrika zurückfehren als Gouverneur der von der britisch-0 st- afrikanishen Gesellschaft erworbenen Territorien. _____— (Wi S B.) Jn der. heutigen Unterhaus- sißung erklärte der Unter-Staatssekretär Fergus son: Angesichts der neuerdings wieder aufgetretenen Ge- rüchte habe der portugiesishe Minister der aus- wärtigen Angelegenheiten wiederholt erklärt, daß er feine offizielle Kenntniß von einer Expedition am Shire- fluß habe. Er habe: aber für den Fall, daß diese Gerüchte sih bestätigen follten, den Rückzug hinter den Nuofluß angeordnet. Gleichzeitig habe die britishe Regierung von Neuem die positive Versicherung erhalten, daß keine neue Aktion von Behörden gebilligt oder geduldet werden würde, die mit der englisch-portugiesishen Abmachung nicht vereinbar wäre. Die von dem Kanzler der Schaßkammer Goschen heute eingebrachten Budgetvorschläge um- fassen : die Aufhebung des Silberzolls und des Goldzolls, eine Ermäßigung des Theezolls um 2 Pence per Pfund, des Zolls auf Korinthen von 7 Shilling auf 2 Shilling per Centner, eine Erhöhung der Steuer auf Sprit um 6 Pence per Gal- lone und eine Herabseßung des Briefportos für Jndien und die Kolonien auf 21/5 Pence.

Ausführlicher wird darüber gemeldet: Der Kanzler der Schaßkammer Goschen erklärte bei der Einbringung des Budgets: Der Uebershuß des vorigen Finanzjahres belaufe sih auf 3,25 Millionen Pfund Sterling; die Staats- {huld fei während der leßten 3 Jahre um 23 Millionen Pfund vermindert worden. Er hege die Absicht, einen Münzfonds einzurihten Zwecks Einziehung leichter Goldmünzen. Der Voranschlag für das laufende Finanzjahr mit 86,9 Millionen Pfund Ausgaben und 905 Millionen Pfund Einnahmen, also mit einem Uebershuß von 3,5 Millionen Pfund fei in den Einnahmen vorsichtig veranschlagt worden, da man niht allzu hoff- nungsvoll auf die Fortdauer des Wohlstandes sein dürfe, denn schon hätten die Strikes die günstigen Verhältnisse beeinträhtigt, Für Kasernenbauten seien in diesem Jahre

300 000 Pfund zu verausgaben, und 100000 Pfund seien für Equipirung der Freiwilligen ausgeworfen. Nachdem der Schaßkanzler die oben gemeldeten neuen Finanzvorschl äge gemacht, gedachte er der im Budget vorgesehenen Gewährung kleinerer Erleichterungen in Bezug auf interne Ab- gaben, welche den unbemittelteren Klassen der Be- völkerung zu Gute kommen sollen, unter anderem auch der Herabseßung der Haussteuer für kleinere Woh- nungen innerhalb 20 bis 60 Pfund Jahresmiethe, was 800 000 Personen zu Gute komme, und bemerkte, daß si so der Ueberschuß {hließlich auf eine Viertelmillion reduzire. Zwecks Erhöhung der den Lokalbehörden übertragenen Steuererträge um 1,25 Millionen Pfund brachte Goschen einen Steuerzuschlag von 6 Pence per Gallone Sprit in Vorschlag und kündigte eine Bill an, nach welcer bis zur Lösung der das Schank- wirthschaftswesen betreffenden Gesammtfrage keine neue Schankgerechtigkeit gewährt werden solle, außer wo ganz besondere Ausnahme-Verhältnisse dies erheishten. Jn Betreff des Zolles auf Korinthen bemerkte Goshen: Griechen- land gewähre England dafür eine wesentlihe Er- mäßigung des Einfuhrzolles auf englische Waaren. Die Herabseßung des Zolles auf Korinthen erstrecke \ich nit auch auf andere getrocknete Früchte. Möglich sei, daß Spanien und Frankceich, die hauptsächhlihsten Produzenten von Rosinen, es später für wünschenswerth halten würden, das Beispiel Griechenlands nachzuahmen. Jm weiteren Verlauf der Sitzung, in welhem Goschen noch erklärte, daß die Herab- seßung des Zolles auf Thee erst mit dem 1. Mai in Kraft trete, wurden mehrere Budgetvorschläge, darunter die Aufhebung des Zolles auf Silber- und Gold- waaren, angenommen.

Frankreich.

Paris, 17. April. (W. T. B.) Wie der „Soir“ erfährt, genehmigte der Munizipalrath die Errihtung eines Ve- terinär-Sanatoriums in La Villette zur Beobachtung seuchenverdächtiger ausländisher Hammel.

Marseille, 18. April. (W. T. B) Bei dem gestern Vormittag stattgehabten Empfange des Präsi- denten Carnot in der Präfektur sprah der öster- reihishe General: Konsul Ritter von Montlang an der Spiße des Konsular-Corps die Wünsche für das Glü und die Wohlfahrt der Regierung der Republik aus. Der Präsident dankte hierfür und drückte seine Freude darüber aus, daß die Jnteressen, welhe Marseille mit dem Welthandel verbänden, in so guter Vertretung seien. Der Bischof von Marseille, der die Geistlichkeit vor- stellte, sagte in seiner Ansprache, die Geistlichkeit bilde dur eine solide religióse Erziehung gute Bürger. Die Liebe zu Gott und die Liebe zum Vaterlande seien vereinigt in dem Geiste des Klerus, welcher seine Wünsche für die glück- liche Reise des Präsidenten in der theuren Provence ausspreche. Carnot dankte dem Bischof und der Geistlihkeit. Später besuhte der Präsident die Handelskammer und gab in seiner Erwiderung auf die Ansprache des Handels- kammer-Präsidenten seiner Zuneigung für Marseille Aus- druck. Er hob hervor, daß die Einfuhr und Ausfuhr des Hafens sih seit der Zeit, wo er Fngenieur-Eleve in Marseille gewesen, verdoppelt habe. Er werde sich glüdcklih schäßen, wenn er zu dem weiteren Gedeihen der Stadt beitragen und derselben eine noch glänzendere Zukunst sichern könne. Stets werde er den ihm von Seiten dé¿r Marfseiller bereiteten Empfang in seinem Gedächtniß bewahren. Zu Ehren der Anwesenheit des Präsidenten war von der Munizipalität im Börsengebäude ein Bankett veranstaltet, zu welhem etwa 400 Einladungen eraangen waren. Jn der Erwiderung auf die von dem Maire gehaltene Ansprache betonte Carnot das Fateresse, das S für die die soziale Frage berührenden Angelegen- eiten hege. Man dürfe stolz auf die Stellung sein, welche sich Frankreih auf diesem weiten Gebiete einzig durch die Mittel der Freiheit geschaffen habe. Fa den wirthschaftlichen Kämpfen, welche die ganze Welt beschäftigten, sei das Zu- fsammenhalten aller patriotishen Männer, welche von dem edlen Ehrgeiz beseelt seien, den nteressen des Landes zu dienen, erforderlih. Die Rede des Präsidenten wurde mit lebhaftem Beifall begrüßt.

Toulon, 17. April. (W. T. B.) Das italienische Geschwader, welhes zu Ehren des Präsidenten Carnot von dem König Humbert von Ftalien hierher entsendet worden, ging gestern bei Salins d'Hyères vor Anker, kam heute Vormittag auf der kleinen Rhede von Toulon an und gab Salutshüsse ab. Dieselben wurden von dem Fort Couronne erwidert. Admiral Lovera und sein Generalstab statteten jodann an Bord des fran- zösishen Geschwaders eincn Besu ab, welcher von französischer Seite erwidert wurde. Hierbei wurde wiederum Salut ge- feuert. Am Nachmittag begab sich der Admiral an Land und besuchte die See- und Militärbehörden,

Cannes, 17. April. (W. T. B.) Stanley ist heute Mittag nah Paris abgereist.

Griechenland.

Athen, 17. April. (W/ L. B). Déèr Prinz Albert Victor von Wales ift heute hier eingetroffen und wurde vom König, dem Herzog und der Herzogin von Sparta, fowie dem Prinzen Georgios im Piräus empfangen.

Serbien. j Belgrad, 17. April. (W. T. B.) Die „Agence de Belgrade“ bezeichnet die Meldung eines ungarischen Blattes : der Prinz Peter Karageorgewitsch habe um Aufnahme in den fjerbischen Staatsverband nahgesucht, fowie die Meldung des „Standard“: die Königin Natalie habe dur Verwendung des Kaisers von Rußland einen diretten Ein- fluß auf die Erziehung des Königs erlangt, als gänzlih unbegründet. Amerika. Vereinigte Staaten. Washington, 16. April. (A. C.) Der Bericht der Mehrheit des Finanzaus- schusses über die Tarifvorlage schäßt die Schmälerung der Zolleinkünfte auf 60 936 936 Doll. und die der Einkünfte aus den direkten Steuern auf 10327 878 Doll. Der Aus- chuß glaubt niht, daß höhere Zölle auf Wolle und Wollen- stoffe jowie Glaswaaren die Einkünste erhöhen dürften, da es unwahrscheinlich sei, daß die Einfuhr derartiger Artikel in dem bisherigen Maßè fortdauern würde. Der Ausschuß erwartet im Gegentheil, daß die Einfuhr abnehmen und die Einkünste daraus si folglich vermindern würden. Jn jedem Falle, aus- genommen Weißblech und Leinwand, würde die Erhöhung

S S E E

der Zölle die Wirkung haben, die Einkünfte zu s{hmälern, weil die Einfuhr abnehmen würde. Der Bericht fährt dann fort: „Wir trahten danach, durch höhere Zölle unsere Fabrikindustrie nicht nur aufrecht zu erhalten, sondern zu heben und Zufuhren vom Auslande zu hemmen, die nußbringend im Julande erzeugt werden können. Der allgemeine Zweck der Vorlage is, die amerikanishe Produktion fowie die Mannigfaltigkeit der amerikanishen Fndustrie zu pflegen und zu fördern.“ Nach Anführung verschiedener Argumente zu Gunsten der Maßregel vom s{hußzöllnerishen Gesichts- punkte, besagt der Bericht, daß, da nahezu 400 Millionen Dollars jährli zur Bestreitung der Staatsausgaben erforderli sind, es weiser sei, ausländishe Erzeugnisse, die in den Ver- einigten Staaten einen Markt im Wettbewerb mit amerikani- shen Erzeugnissen suchen, als einheimische oder solhe ausländische Erzeugnisse, die nicht mit amerikanischen inWettbewerb treten, zu be- steuern. Kurz vor der Berichterstattung besannen sich jedo (wie schon telegraphisch berichtet) die Republikaner im Finanz- ausshuß eines Andern und machten Häute zollfrei. Gleich- zeitig seßten sie auch Zucker bis und inklusive 16 Dutch Standard sowie Melassen auf die Freiliste. Ferner belegten sie raffinirten Zucker mit einem Zoll von */19 Cents über 16 Dutch Standard und gewährten eine Prämie von 2 Cents per Pfund für 15 Jahre auf allen Zucker (von mindestens 85 Proz. Analyse), der im Julande aus in den Vereinigten

taaten gezogenen Runkelrüben und Sorghum fabrizirt

worden.

FWarlamentarische Naczrichten.

P S B T E E ED Jn der heutigen (43.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister der geistlichen u. \. mw. Angelegenheiten Dr. von Goßler beiwohnte, wurde die dritte Berathuns des Entwurfs des Staatshaushalts- Etats für 1890/91 fortgeseßt.

Beim Etat des Ministeriums der geistlichen, Unterrihts- und Medizinal-Angelegenheiten gab der Abg. Seyffardt (Magdeburg) entgegen seiner in zweiter Lesung aufgestellten Behauptung das Zugeständniß ab, daß die Einrichtungen des Kupferstichkabinets des Museums gegen früher erheblih gebessert worden seien. : /

Abg. Dr. Windthorst verlangte die Errichtung einer eigenen katholishen Abtheilung im Ministerium, zum mindesten die Besetzung der Nathsstellen im Ministerium nach dem Ver- hältniß der Konfessionen; dem Minister müsse der Vorwurf gemacht werden, daß er bei der Neubesezung der Direktor- stellen keinen einzigen Katholiken berufen habe. Die Anstellung der Geistlihen und der Einspruch des Staats dagegen müßten definitiv geregelt werden. Das Schulaufsichtsgeseß erfordere eine gründlihe Abänderung Behufs besserer religiöser Erziehung der Kinder. Die Frage des Eides der Bisthumsverweser sei bedauerliher Weise auch noch nicht gecrdnet. Ueber die Sperrgelder fehle ebenfalls das Gese noch immer. Das Altkatholikengeses sei in seinem Prinzip so verwerflih, daß es aus der Gesez-Sammlung fort müsse; die Altkatholifken müßten als besondere Religionsgesellschaft organifirt werden. Auch das Kirchenvermögensgeseß müsse als unerträglih und im Wider- spruch mit derkatholischen Kirche beseitigt werden. Einen weiteren Beschwerde punkt bilde das Ordensgesez; man habe die Orden durch allerlei Polizeimaßregeln belästigt und zerstört; es stehe jeßt in Bezug auf das Ordenswesen alles im Belieben des Ministers, der jede zugelassene Niederlassung wieder aufheben könne; die Orden würden am Besten den sozialen Umsturz bekämpfen. Diese Klagen müßten vorgebraht werden, damit man nicht aus dem Schweigen den Schluß ziehz, es sei alles in Ordnung.

Der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. von Goßler entgegnete in Bezug auf die Zufammenseßung des Ministeriums, daß die Dinge fo geordnet seien, daß jede spezifish katholishe Sache dur . einen katholishen Rath mit bearbeitet werde; das ganze Ordenswesen sei einem katholischen Nath anvertraut; in Schulfragen werde ebenfalls immer ein katho- lisher Rath zugezogen. Eine Vermehrung der katholisch:n Räthe würde keinem Bedenken unterliegen, wenn fie nicht immer als eine Forderung der katholischen Kirche bezeihnet würde ; die evangelishe Kirhe habe auch -keine Vertretung im Ministerium; es stünde im Widerspruch mit der Verantwortlichkeit des Ministers, wenn irgend eine Kirche keine Vertretung im Ministerium haben sollte. Die katholishe Abtheilung würde die Wirren des Kukturkampfes nicht gelöst haben; das habe nur einem evangelishen Kultus - Minister gelingen fönnen, der damit die Sicherheit gewähre, daß die Regelung nicht in die evangelishen Ver- bältnisse übergreife. Die Frage des Einspruchs sei Sache des Auswärtigen Amts. Jn Bezug auf das Schulaufsichts- ge}eß möge der Abg. Windthorst einen Antrag einbringen und sehen, ob er damit im Landtage durhdringe. Der Eid der Bisthumsverweser sei nothwendig, weil die Einseßung des V.rwesers nicht vom Staat abhänge; der Eid der Vischöfe aber sei überflüssig, weil bei 1hrer Berufung der Staat mitwirke. Eine Sperrgeldervorlage werde dem Hause in den nähsten Tagen zugehen. Die Forde- rung, das Altkatholikengeses zu ändern, sei neu. Die Praxis habe dahin geführt, daß das Geseg sich wenig fühlbar gemaht habe. Bezüglih des Kirchenvermögens- geseßes follte der Abg. Windthorst ebenfalls versuchen, einen Geseßentwurf einzubringen; von Beschwerden der Katholiken darüber sei nihts bekannt geworden; die Regierung habe keinen Anlaß zu einer Aenderung des Gefeßes. Zugelassene Ordensniederlassungen wieder aufzu- heben, habe der Minister keine Macht; das sei nur dur Königliche Verordnung möglih. Jm Jahre 1875 hätten 955 Niederlassungen bestanden, von denen 340 dur den Staat, 19 aus freiem Willen ihre Auflösung gefunden hätten, sodaß 596 geblieben seien ; feit 1880 seien 274 Niederlassungen krankenpflegender Orden und seit 1887 125 andere Niederlassungen erfolat ; die Zahl der Mitglieder betrage 10 500—11 000; das sei mehr, als je in Preußen vorhanden gewesen.

Der Abg. Graf zu Limburg-Stirum bezeichnete die mechanische Vertheilung der Näthe nah der Stärke der Kon- fessionen als ein Unding. Die fkatholishe Abtheilung sei zur Zeit des Absolutismus entstanden, wo die Kirche keinen an- deren Weg hatte, Einfluß auf die Geschäftsleitung zu gewinne; beute geschehe dies in viel nahdrückliherer Weise durch das Centrum. Das Schulaufsichtsgesez könne niht aufgehoben werden; der Kirche gehöre ‘die Einwirkung auf die Schule, aber nicht die Herrschaft in der Schule. Der Eid der Bisthums-

verweser habe wie alle promissorishen Eide keine Bedeutung, die Hauptsache sei die Mitwirkung des Staates bei der Be- rufung derselben. Eine prinzipielle Aenderung des Kirchen- vermögensgeseßes sei weder nothwendig noch angängig. Unmöglih sei die Wiederherstellung der aufgehobenen Verfassungsartikel. Die Zahlen, welhe der Minister bezüglih der Orden mitgetheilt, seien geeignet, in den evangelishen Kreisen s{chwere Bedenken hervorzurufen. Ein friedlihes Zusammenleben zwischen Staat und Kirche sei nur möglich, wenn Seitens der leitenden Personen in der katholischen Fraktion und Kirche die größte Vors.ht beobachtet werde. (Schluß des Blattes.)

(Der Schlußbericht über die gesirige Sißung des Hauses der Abgeordneten befindet sih in der Ersten Beilage.)

_— Die XV, Kommission des Hauses der Abge- ordneten zur Vorberathung des Antrages des Abg. Rintelen auf Annahme eines Geseßentwurfs, betreffend die Abänderung des Pensionsgeseßes vom 27, März 1872, hat si fonstituirt und den Abg. Kletschke zum Vor- sißenden, den Abg. Czwalina zu dessen Stellvertreter und die Abgg. Riesch und Licht zu Schriftführern gewählt.

Die XVI. Kommission des Hauses der Abge- ordneten zur Vorberathung des Antrages der Abgg. Drawe und Genossen auf Annahme eines Gesezentwurfs, betreffend die Bestrafung der Schulversäumnisse in öffent- lihen Volksschulen, hat zum Vorsißenden den Abg. von Oergzen (Bromberg), zum Stellvertreter des Vorsißenden den Abg. Seyffardt (Magdeburg) und zu Schriftführern die Abgg. Conrad (Flatow) und Riedesel Freiherr zu Eisenbach gewählt.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Der „Obers&l. Lnz.* berichtet am 16. d. M : Kaum daß die auéftändigen Berglerte auf der „Radzionkaugrube“ bei Beuthen die Arbeit wieder aufgenommen hatten, haben heute die Arbeiter der Radzionkauer Zinkhütte die Arbeit eingestellt und ver- langen Lohnerhöhung. Auch auf den südli) von Radzionkau gelegenen Eisenerzförderungen, der Firma Karo und Hegen- \cheidt gehörig, it unter den Arbeitern der Ausstand ausgebrochen.

Ein vor kurzer Zeit auf „Hedwigs-Wunsh-Grube“ zu Borsigwerk au2gebrohener Sw{lepverstrike ist beendet. Die Sirikenden baben weder eine Lohnerhöhung noch Abkürzung der Arbeitszeit erwirkr.

Áus Lugan wird dem „Chemn. Tagbl.* unter dem 16. d. M. geschrieben: Die Bergarbeiter des Oelsnitz - Lugauer Steinkohlenreviers haben in einer den Werkêverwaltungen zu- aegangenen Eingabe mit dem Bemerken, bis zum 25. April hierüber Entscheidung zu treffen, iolgende Forderungen geftellt: Freiltellung der Wahl der Aerzte; achtstündige S{ch{icht, wenigstens in Oelsniß, weil es da zu warm sei; 15—20 9% Zuschlag am Normalschichtlobn; 25 % Zushlagg für Sonntagsarbeiten und Uebershicten; Wegfall der getrennten Gedinge und 1 ufhebung ter Maßregelungen. Anläßli dieser Forderungen haben die Bergbetriebs-Direktoren in Oelsni 8 beshlossen, daß es jedem Werke auÿ fernerhin überlassen bleibt, die Verdierfstfrage der Arbeiter zu regeln, wie es die Verbältnifse jedes einzelnen Werkes gestatten ; aber es ift ausgeschlossen, die Scbictlohnsäße außerhalb der Grenzen der neuen Arbeiterordnung zu erhöhen und es sind den Forderungen der Bergarbeiter zur Zeit keinerlei Zugeständnisse zu maden. Bezüglich der Feier des 1. Mai werdèn die Werke diejenigen Leute, welche un- entschuldigt wegbleiben, laut der Bergarbeiterordnung mit einer Strafe von 1 bis 3 F belegen.

Wie der „Mgdb. Ztg.“ aus Kalbe a. S. mitgetheilt wird, baben die Arbeiter in der Kohlengrube des Grafen Douglas „Alfred“ vozcgestern einen Strike * begonren, und zwar uriter Kontraktbruh. Anlaß gab die Forderung der Arbeiter, am 1, Mai zu feiern. Die Direktion der Grube erwiderte ihnen, daß diejenigen Arbeiter, die am 1. Mai feiern, auch an den folgenden ¿wei Tagen keine Arbeit erhalte» würden. Die Arbeiter verlangten ferner das Zugeständniß der acht- stündigen Schicht bei gleihen Lohnsäßen wie bisher und Tagelohn statt der Akkordarbeit. Die Grubenverwaltung ist, wie das Blatt bört, fest ents{lofsen, auf der Ablehnung der Forderungen der Ar- beiter zu bestehen. Die Leute ließea, als ihnen ihre Forderungen abgeschlagen wurden, die Arbeit fofort liezen.

In Magdeburg wurde am 14. d. M. in einer großen Ver- sammlung, zu welcher alle christlich-patriotisch gesinnten Arbeiter ein- geladen waren, nach einem Vortrag von Pfarrer Lic. Weber-M.-Glad: bah und nah einer lebhaften Erörterung mit den Vertretern der Sozialdemokratie die Begründung eines Evangelischen Arbeit er- vereins beschlo*en.

Aus Gera schreibt mzn der „Magd. Ztg.“ vom 16. d. M.: Die Bewegungen unter den Arbeitern scheinen fih auf alle Ge- \chäftszweige erstreden zu wollen, Die Sneider ver- fammeln \sich beute Abend und wollen über ihre Stellung zum 1. Mai Beschluß fassen. Alle Arbeiter der mechanischen Webereien werden aufgefordert, zu einer Versammlung zu er- scheinen, auf deren Tagesordnung die Frage ficht: „Wie verbalten wir uns zu der von den Herren Fabrikanten erfolgten Mafsfen- kündigurg?" Die Maler, Ladckirer und Anstreicher treten morgen zusammen und wollcn Stellung zu der Antwort der Meister Betreffs der Lohnansprühe der Gehülfen nehmen. Eine öffentlihe Maurerversammlung besbloß, die Arbeit niederzulegen, wenn ih die Baugeschäftsinhaber nit \criftlich zur Einführung eincr zebnstündigen Arbeitszeit verpflihten. Einige Webereien, deren Besißer nicht Mitglieder des Fabrikantenvercins sind, wurden von der Arbeiterbewegung nit betroffen, da es sich in erster Linie um die Unterschrift der von diesem Verein entworfenen Fabrikordnung handelt.

In Mülheim a. Rh. wurde am 15. d. M. in einer Weber- versammlung über die s{lechten Löhne der Weber geklagt und, wie wir der „Elbf. Ztg.“ entnehmen, die Gründung cines Vereins der Muülkbeimer Weber bes{chlofsen. i: Ñ

In Mülhausen ist, wie demselben Blatt aus Straßburg berihtet wird, der längst bcfürchtete Arbeiterausstand aus- gebrochen. Einstweilen sind drei Fabriken davon betroffen. Die „Frkf. Ztg.“ berihtet vom 15. d. M.: Ein Strike bricht jeßt in der biesigen Tertilbranche über den anderen aus; vorgestern bei Vaneder u. Co., gestern bei E-gel und beute Nahmittag bei Dreyfus- Lang und bei Frey u. Co. In crfterer Fabrik arbeiten alie wieder, bei Engel striken etwa noŸ 50—60 Mann, auch war iu beiden Fabriken die Arbeitseinstellunz nur cine theilweise. Bei Dreyfus- Lanz striken bingegen jeßt sämmtliche Arbeiter, während bei Frey u. Co. au nur ein Theil ausstebht. Wie man sieht, sind die Arbeiter nit einig, da nur in einer Fabrik bislang Alle die Arbeit nieder- legten. Die Fabrikanten haben bereits Zugeständnisse gemacht, und dem Vernehmen nah soll in sämmtliwen Fabriken nur noch von 6 bis 6 mit Frühstüds-, Mittags- und Ves8perpause gearbeitet werden, sodaß alsdann die eigentlihe Arbeitszeit nur noch 10 Stunden be- tragen würde. j

Die Beshlüfse des deutschen Tertilarbeiter-Kongresses wel{cher während der Osterfeiertage in Apolda tagte, werden, da jede Berichterstaltung ansges{loften war, erst jetzt bekannt. Bezüglich der Arbeitszeit trat, wie der „Elbf. Ztg.“ berichtet wird, der Kongrcß mit der Berücksichtigung der allgemeinen Verhältniffe in der Tertilbranche

für den Neunftundentag ein. An den Reichstaz foll eine Petitioz um A5- \chafung der Kinderarbeit von folhen unter 14 Jahren und Aus- dehnung des Fabrik-Inspektorats auch auf die Hausindustrie geri{tet werden. Der Kongreß verlangt ferner die volle Koalitionéfreibeit auch für die Frauen und für Letztere die gleihen Löhne wie für die Männer. Sehr lebhaft traten sämnmtilihe Delegirte für die Abschaffung der Afkkordarbeit und Eivführung eines Minimal - Stunderlohns ein. Gegen Lebrverträge zwishen Meistern und Lehrlingen erklärte ih der Kongreß fast einstimmia. Ebenso wie in der Hutmatherbranhe wurde aub von dem Kongreß die Einführung von- Arbeiter - Kortrol- marken, für alle Wirkwaaren zu benugen, beschlossen. Die deutschen Arbeiter und Arbeiterinnen follen aufgefordert werden, nur mit Kontrol- marken versehene Waaren zu kaufen. In Berlin soll eine Agitations- kommission bestellt werden, die mit den Lokalorganifationen Füblung zu nehmen hat. :

In Hannover haben der „Köln. Ztg.“ zufolge auch die Klempnergehülfen si durch Unterschrift verpflichtet, am 1. Mai nicht zu arbeiten.

Der Ausstand der Zimmergesecllen in Hildesheim ist beendet, ohne daß dieselben thre Forderungen erreiht haben. Dagegen dauert der Ausítand der Maurer noch fort, doch gleibfalls obne Ausficht auf Erfolg.

Aus Grünberg wird der „Köln. Zt3.“ berichtet, daß der Aus- stand der Zimmergeséllen rach 14tägiger Dauer turch Bewilli- gung von 28 -&§ Durc&schnittêlohn für die Stunde beendet worden ist. Die geforderte elfftündige Arbeitszeit ift von den Meistern nit bewilligt worden. S E

Aus Troppau meldet ,W. T. B.“ vom gestrigen Tage: Arbeiter aus Ostrau überfielen beate Abend die Zucker- fabrik in Groß-Kunzendorf und die Cellulosefabrik inRatimau und erzwangen daselbst die Einstellung des Betrie- bes. Zum Schutze der Fabriken wurden 2 Bataillone Infanterie aus Krakau requicirt. In Zarubeck and Michalkowitz, wo beute Vormittag die Arbeit wieder aufgenommen war, ifl dieselbe tros der Anwesenheit des Militärs freiwillig wieder cingestellt worden. Bei den gestrigen Ausschreitungen sind mehrere Verwundungen vorgekommen und die Rädelsführer verhaftet worden. Aus Brünn liegt folgende Meldung vor: Im Oftrau-Karwiner Revier sowie in Witkowitß ist der Strike jeßt ein allgemeiner. Mehrere bundert Mann Infanterie sind bereits dort cingetroffen. Bis auf geringe Auéschreitungen sind keine erhebliheren Ruhestörungen vor- gekommen. /

In Prag fand gestern Abend, wie das Wolff’swe Bureau be- rihtet, eine Demonstration Seitens der strikenden Bâäcker- gesellen vor der Wohnung des Genofsenschaftsvorstehers statt, wo- bei mehre:e Verhaftungen vorgenommen wurde.

Die für das Fürstenthum Scchwarzburg-Rudolstadt erribtete land- und forstwirtbhschaftlibe Berufsgenossen- afi bielr am 12. d. M. ihre ¿weite ordentlihe Genossen\chaftsver- fammlung ab. Aus dem dabei abgestatteten Jahresbericht für 1889 ergiebt si, daß in dem 59 Unfälle zur Anzeige gelangten. Davon wurden 28 dur Genesung der Verl:ten, 13 dur Gewährung laufender Renten und 2 durch Abfindung mittels einmaliger Entschädigung erledigt. 8 Unfälle wurden als nicht ents{hädigungspflihtig zurückgewiesen, während 5 un- erledigt blieben und 3 den Tod zur Folg? gehabt hatt-zn. Von den letzteren wurden in zwei Fällen den Wittwen laufende Renten zuer- fannt, während in dem dritten entschädigungsberecktigte Personen nicht vorbanden waren. Die JIahbresrechnung \{chloß mit einer Einnah: von 4672,37 M ab, welcher 4000,23 A Aus8zaben gegenüber ständen, sodaß ein Uebershuß von 672,14 4 verblieb.

Submissionen im Auslande.

I. Niederlande. : 24. April, Vormittags 11 Uhr. Ministerie van Marine im Haag:

Lieferung von ? em * Lyos Nr. 1:

1000 Stück Tragriemen, 3000 Patrortaschen (3 verschiedene Arten), 400 Koppeln mit Schloß, 300 Tragriemen für das Seitengewehr u. A, tn. Loos Nr. 2: 1000 Stück Tornistersäce, 1000 DBrotlaäe. für das Korps Mariniers in Amsterdam. Auékunft an Ort und Stelle. Is. Spanien. 1) 3. Mai, 1 Ubr. Junta de Administración y Trabajos del Ferrol : Lieferung von 3000 kg Eisenbes{lägen. 9) 3, Mai, 124 Uhr. Dieselbe BVebhös:de: Der Bedarf an Eisen und Stahl während der zwei nächsten Jahre. Näheres an Ort und Stelle.

Verkehrs - Anftalten.

Heute, am 18., früh 71/, Uhr, ist der von Kreuz kommende Zersonenzug 10 der Ostbahn auf der Güterstation Werbig entgleist, wobei ein Bahnarbeiter getödtet, 4 Reisende \chwer und 12 leiht verleßt wurden. Wegen Unterbringung der Verleßten ist das Erforderliche veranlaßt. Die Untersuchung ist eingeleitet. Der von Berlin nah Königsberg i. Pr. gehende Schnellzug 1 is über Frankfurt a. O.—Küstrin abgelenkt worden. Von 11 Uhr Vormittags ab wurde ein Geleise wieder fahrbar hergestellt.

Telegraphisher Meldung aus Aachen zufolge ist die englishe Post vom 17. April, 9 Uhr Vormittags (über Ostende), ausgeblieben. Grund: Ungünstiges Wetter im Kanal.

Hamburg, 18 April. (W. T. B.) Der Postdampfer „Bohemia“ der Hamburg- Amerikanischen Packetfahrt- Aktiengesellschaft ist, von Hamburg kommend, gestern Abend in New- York eingetroffen.

London, 17. April. (W.: T. B) Dee Union-Dampfer „Athenian“ ift heute auf der Heimreise von Capetown, dec Union-Dampfer „,Merican“ gestern auf der Heimreise von Madeira abgegangen.

18. April. (W. T. B) Der: Union - Dampfer „Anglian“ ift gestern von den Canarischen Infeln auf der Heimreise abgegangen. Der Castle - Dampfer „Norbham Castle“ ift gestern auf der Ausreise in Capetown angekommen.

Theater und Musik.

Berliner Theater.

Direktor Ludwig Barnay ift voa seiner Krankheit, die ihn zwei Wotben bindurch von der Bühne ferabielt, genesen und tritt am näwsten Montag zum ersten Male wieder auf. Er spielt an diesem Abend und zwar zum ersten Male in dieser Saison die Titel- rolle in Gußkow's „Uriel Acosta“. Die Judith wird von Gisela Politzer darzestellt, einer jungen Debutantin, die am genannten Abend überhaupt zum ersten Male vor das Publikum tritt.

Lessing- Theater.

Victorien Sardou's Lustspiel ,Rabagas“, welches vor länger als einem Jahrzehnt im biefigen Refidenz-Theater nit gutem Erfolge aufgeführt wurde, ging gestern im Lessing-Theater zum erstern Male in Scene. Das ganze Stü ist eine volitishe Satire, welche sich auf die Zustände in Frankreih zur Zeit der Entstehung des Lusispiels bezieht: aber die damals namentli% gezen Gambetta gerihtcien feinen Bemerkungen und verfteckten Anspielungen haben heute viel von ihrer Wirkung auf die Zuschauer eingebüßt: die harm- lose Liebeständelei, welhe Sardou als Hintergrund der Satire sich