1890 / 104 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 28 Apr 1890 18:00:01 GMT) scan diff

‘shriften aus allen Theilen des Landes von Tage zu Tage. Die Beamten sollten bedenken, daß niht alle ihre Wünscye berücsihtigt werden könnten; komme die Vorlage nicht zustande, so hätten die Beamten allein den Schaden. Das System der Alterszulagen hätte auf alle Beamten ganz allge- mein ausgedehnt werden müssen, bei dem neuen System der Gehaltsstufen würde die Aufbesserung an die einzelnen Beamten jehr ungleihmäßig vertheilt. Die Forderung für die Diätare betrage 132500046, doch jei nicht gesagt, wie die Vertheilung etats- mäßig erfolgen solle, es handle sich auch hier bloß um einen Dispositionsfonds für die verschiedenen Verwaltungen. Was die Lehrer betreffe, so - habe der Herr Kultus-Minister sich auch jeßt dem widerseßt, daß die Bejoldung der Lehrer geseblih festgestellt werde; es würden nur ein paar Millionen zur diskretionären Vertheilung dem Kultus- und dem ¿Finanz- Minister zur Verfügung gestellt. Dieser Zustand müsse endlich beseitigt werden. M ibnae versicherte, daß für ihn die vor- geschlagene Lösung der Frage der Stellenzulage ganz unan- nehmbar wäre. (Schluß des Blattes.)

(Der Schlußbericht über die vorgestrige Sizung des Herren-

N es besindet ¡ih in der Ersten Beilage.)

m 5. Frankfurter Wahlbezirk Oft:Sternberg, WesiWtertbes ñ bei der für den verstorbenen Nitterguts- besißer Karbe stattgefundenen Ersaßwahl von Bo delber g- Sc{hönow (konservativ) mit 242 Stimmen zum Mitgliede des Hauses der Abgeordneten gewählt worden. Der Gegenkandidat, Nechtsanwalt Hentschel in Zielenzig (deutsch- freisinnig), erhielt 13 Stimmen.

Theater und Musik.

Königliches Opernhaus.

Der neue Gast aus Dresden, Hr. Gudehus hatte gestern in Wagner's Mufikdrama „Tristan und Isolde" die Rolle des „Tristan“ übernommen und erzielte in derselben noch größere Erfolge als im „Lohengrin“. „Tristan“ erfordert nit nur einen echten Heldentenor von bedeutender Stimmbegabung und ausdauernder Kraft, da der Sänger fast unausgeseßt auf der Bühne thätig ist, sondern au eine ritterlihe Erscheinung und dramatische Lebendigkeit des Spiels. Wir freuen uns, konstatiren zu können, daß unser Gast allen diesen An- forderungen vollkommen gewachsen ist. Seine Leistung kann daher als eine in jeder Beziehung höchst lobenswerthe bezeihnet werden. Auch die Wärme des Ausdrucks steigerte sich in seiner Darstellung von Scene zu Scene immer mehr. In der sehr lang ausgeführten Liebesfcene des zweiten Akts, in der der Sänger immerwährend die ganze Kraft seiner Stimme einzuseßen hat, sowie in der Scene des Sterbens und Wiedererwachens, bei welchcker derselbe fast eine Stunde lang in au8gestreckter Lage zu singen hat, stand Hr. Gudehus, was Gesang und Darstellung anbetrifft, auf dem Gipfelpunkt seiner kfünstlerishen Leistung. Beide Scenen hat Wagner in Dichtung und Musik mit fo wunderbar poetishem Zauber umgeben, daß der Darsteller und der Zu- hörer sich gern über manche unleugbaren Längen in der Handlung hinwegseßzen. Die Partie der Isolde befand sich in den bewährten Händen der Fr. Sucher, die in Spiel und Gesang dem Gast nichts nachgab. Hr. Betz war ein unübertrefflicher Kurwenai, Fr. Staudigl führte ihre Brangäne, was Gesang und Grazie der Darstellung betrifft, ganz?vorzüglih durch. Hr. Biberti (König Marke), Hr. Oberhauser (Melot) und Hr. Rothmü hl (ein junger Seemann) waren gleich- falls vortrefflich an ihren Pläßen. Das Orchester unter Leitung des Kapellmeisters Sucher bewältigte die ihm zuertheilte große Aufgabe mit echt künstlerischer Hingebung an das Werk. Daß die Klang- wirkung mitunter zu stark war, z. B. in der Liebesscene, lassen wir nicht unerwähnt, und es erinnert diefer Umstand wieder an die zweck- mäßige Einrichtung des Bayreuther Theaters. Das außerordentlich zahlrei ershienene Publikum ehrte die Darsteller durch enthusiastishe Beifallsbezeugungen und mehrmalige Hervorrufe.

Mit besonderer Freude begrüfen wir die Nachricht, daß Hr. Gudehus seruéthin auf vier Monate für jedes Jahr der Königlichen Oper verpflichtet worden ift.

Königliches Schauspielhaus. i :

Im Königlichen Schauspielhause fand gestern Mittag eine Wieder- holung der am 19. d. M. zum Besten des unter dem“ Protektorat Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin stehenden Paul Gerhardt- Stifts veranstalteten Aufführung lebender Bilder durch Mit- glieder der höcbsten Kreise und der Hof-Gefellshaft statt, Ein vor- nehmes und glänzendes Publikum hatte ih auch gestern wieder zahl- reih eingefunden und begleitete die prahtvollen einzelnen Bilder mit dem lebhaftesten Beifall. Die Beseßung war dieselbe geblieben, und die Aufführung konnte auch gestern als äußerst wohlgelungen bezeihnet werden.

Berliner Theater.

Am Sonnabend trat Fr. Niemann in drei kleinen Lustspielen nach längerer aue zum ersten Male wieder auf und konnte in jeder ihrer drei ollen ‘eine Glanzseite ihrer Künstlerschaft aufs Neue bewähren. Im ersten Stück® wirkte sie dur stilles, herzberwegendes Weinen, im zweiten durch ihren Träftigen natürlihen Humor und im leßten durch ihr köftlihes Lachen.

„A tempo“, ein Schauspiel in 1 Akt von Enrico Mon te- corboli, überseßt vonRichard Nathanfon, eröffnete den Abend; das Stück ist auf tragishe Rührung bercchnet und erzielt sie auch troy seiner Weitshweifigkeit in der Auseinanderseßung. Eine junge, von ihrem Manne getrennt lebende Frau, Sylvia, steht zwei Mal in Gefahr, dem Flehen eines Anbeters Gehör zu geben, und beide Male wird sie durch die Dazwischenkunfk ihres Gatten und ihres Kindes, welche gerade a tempo d, h. zur rechten Zeit kommen, vor dem Fall bewahrt und endgültig mit ihrem Gemahl wieder vereint. Es ift auffallend, daß in diesem aus dem Italienischen stammenden Stück und in noch höherem Grade in dem leßten franzöfishen von - der Sittlichkeit der Ehemänner in leicht- fertiger, ja man möchte sagen verähtliher Weise gesprochen wird. Nah solcher Lehre haften die Sünden, welhe die Frau tief fkränken, den Männern gleihsam von Natur an und die Frau müßte ohne Kampf und ohne die geringste Aussicht, ein höheres, edleres Siitlichkeitsgefühl zum Durchbruh kommen zu sehen, mit den gegebenen Thatsachen rechnen. Das ift der Weisheit leßter Scluß in beiden Stücken, welcher der Wahrheit doch kaum entsprehen dürfte. Fr, Niemann spielte die Sylvia im Schmerz und in der Freude vortrefflich. Nicht weniger glänzend bewährte si die vornehme Kunst des Frl. Nuscha Buge. Ihre?geschwäßige und im eigentlihen Sinne edle Antoinette, eine graziöse, anscheinend ober- flählibe Salondame, wurde mit so viel Anmuth und herzgewinnender Liebenswürdigkeit gespielt, daß der begeisterte Beifall, welcher zumeist auf Rechnung der Darstellung zu schreiben ist, den beiden Damen in gleih hohem Grade galt. :

Im altbekannten Scribe’shen Lustspiel „Der Weg durch's Fenster“ trat der kräftige Humor der jungen Pächterin Lise Pomme in Fr. Niemann’'s Darstellung kräftig hervor; gehört doch die Lise Pomme seit langer Zeit zu ihren Paraderollen. Frl, Odilon gab die junge Frau -mit gewinnender Naivetät in Spiel und Sprech- weise. Den Abs{luß des Abends machte das inhaltlih {hon erwähnte einaktige Lustspiel „Gewittershauer“ von Ed. Pailleron. Ueber ein abgelegenes Wirthshaus an der fran- zösish-italienishen Grenze ziehen heftige Gewittershauer, und mit einem vorübergehenden Gewitter mit nachfolgendem eintönigen Regen wird die Liebesleidenshaft im einzelnen Fall und im Allgemeinen verglihen. Frau von Castelli maht es ihrer Freundin Jeanne flar, welche ihrem , Manne durchgebrannt i|st und dur einen Zufall auf ihrer Flucht in diese erbärmlihe Gebirgs- und Schmugglerschenke geräth. Fr. von Castelli hält Jeanne von der Fortsetzung ihrer Fluht zurück, indem sie in die überschwänglihe Leidenschaft die Prosa des Lebens in Gestalt von Gendarmen dringen 1äßt. Fr. Niemann, als welterfahrene, verständige Fr. von Castelli, ließ ihrer Munterkeit und Lachlust die Zügel schießen und gab der vornehmen Dame mehr Keckheit in Ausdruck und Bewegungen, als s|\{ch mit der Würde der Sgwhloßherrin eigentlich verträgt. Doch regte gerade ihr über- sprudelndes, heiteres Temperament die Theilnahme der Zuschauer an und verhalf der tleinen Arbeit, welher ebensowenig wie dem ersten Lustspiel ein bemerkens8werther literarischer Werth innewohnt,

zu einer freundlihen Aufnahme. Frl. Buyte trat hier als Gastwirthin auf, natürlich im Spiel aber au zierlich und manchmal vornehm in ihren Bewegungen; etwas mehr Derbheit hätte der Rolle allerdings nicht {aden können. Der Beifall war herzlih und kräftig nah jedem Stück und rief die Darsteller wiederholt vor die Gardine. FriedriW-Wilhelmstädtishes Theater. :

Der Abend des vergangenen Sonnabends gestaltete sih zu einem Fest, wie es seit längerer Zeit im Friedrih Wilhelmstädtischen Theater nicht erlebt worden war. Zum hundertsten Male gelangte Millôker's „Armer Jonathan“ zur Aufführung, und es lag nahe, daß dieses Ereigniß in befonderer Weise gefeiert werden würde. Der Komponist war aus Wien hecübergekommen, um dem Jubiläum beizuwohnen und felbst den Dirigentenstab in die Hand zu nehmen, lebhaft begrüßt von dem Haufe, welches bis auf den leßten Plaß ge- füllt war und regen Antheil an den Vorgängen vor und hinter dem Vorhange nahm. An Ovationen sollte es denn auch nicht fehlen, und zwar waren dieselben fo ftürmisher und herzlicher Art, wie kaum bei. ähnlihen Gelegenheiten. Nach dem jedes- maligen Fall des BVorhanges mußten fowohl der Komponist wie auch Hr. Direktor Fritsche ersheinen und den lebhaftesten Beifall des Publikums entgegen nehmen. Das Personal der Bühne über- reihte mit humoristischen Worten Beiden sinnige Geschenke und brachte ihnen ein Hoch aus, in welches die Zuschauer lebhaft einstimmten. Zahllos waren die Blumenspenden und Kränze, welhe den in den ersten Rollen beschäftigten Mitgliedern überreiht wurden; darunter befanden sich wahre Prachtstücke der Gartenkunst. Daß sämmtliche Mitwirkenden am Sonnabend fi ganz besonders anstrengten, lag auf der Hand. Hr. Wellhof mit seiner uznabahmlihen Komik, Frl. Jenny Stubel, die ausgezeichnete Soubrette, Frl. Offeney, Frl. Schmidt, Hr. Hanno, Hr. Steiner: sie alle spielten so fris und flott, daß man ihnen kaum anmerkte, daß fie ihre Rollen bereits zum hundertsten Male gaben. Noch auf lange Zeit hin dürfte dec „Arme Ionathan“ das Repertoire des Friedrih-Wilhelmstädtischen Theaters beherrschen.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

München, 28. April. (W. T. B.) Die Kammer der Abgeordneten lehnte troy lebhafter Befürwortung durch den Minister des Fnnern und den Regierungsvertreter die Forderung des Nachtrags - Etats in Höhe von 2185 000 4/6 zur Erbauung des neuen Main -Floß- hafens in Würzburg ab und bewilligte nur für Ver- bindungsgeleise zum Main-Ufer in Würzburg, Ochsenfurt, Markfktbreit und Kißingen zusammen 709 600 M

Darmstadt, 28. April. (W. T. B.) Jhre Majestät die Kaiserin. Friedrich ist heute um 11/, Uhr Nach- mittags hier eingetroffen und am Bahnhofe von dem Groß- herzog, sowie den Prinzessinnen Beatrice und Alix empfangen und nach dem Neuen Palais geleitet worden.

Eisenach, 28. April, 11/7 Uhr Nachmittags, (W. T. B.) Soeben ist Se. Majestät der Kaiser hier eingetroffen. Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog war Allerhöchst- demselben bis Bebra entgegengefahren. Auf dem Bahn- hofe wurde Se. Majestät von Sr. Königlihen Hoheit dem Großherzog auf das Herzlichste begrüßt. Mehrere Kriegervereine sowie ein äußerst zahlreiches Publikum brachten dem Monarchen stürmische Ovationen dar. Sofort nah dem Eintreffen wurde bei herrlihstem Wetter die Fahrt nah der Wartburg angetreten.

Lyon, 28. April. (W. T. B) Jn Folge von an- archistishen Versammlungen, in welchen eine heftige Agitation für den 1. Mai angekündigt wird, verhaftete die Polizei 11 Personen, darunter 2 Russen.

(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

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Wetterbericht vom 283, April, Morgens 8 Uhr. :

Stationen. Wind. Wetter. W. Taubert.

in 9 Celfius

Bar. auf 0 Gr u. d. Meeres\p red. in Millim

Temperatur

\{lofsen.

heiter Donnerstag:

3|\bedeckt wolkenlos wolkig bededckt bedeckt wolkenlos wolkenlos

Mullaghmore | 761 |ONO Aberdeen .. | 760 |\NW Christiansund | 759 |OSO Kopenhagen . | 761 Stockholm . | 759 Haparanda . | 766 St. Petersbrg.| 766 Moskau . . | 773 Cork, Queens- O 061 2'halb bed. Cherbourg . | 762 2 heiter Ie i | 00 2 wolkig S... | 758 |S ‘heiter Hamburg . . | 761 halb bed. Swinemünde | 762 wolkig Neufahrwasser| 763 bedeckt Memel . .. | 763 bededckt1)

Mes L 064 wolkig | niet. : .| (61 halb bed. | Karlsruhe . . | 762 bedeckt Wiesbaden . | 762 wolkig München .. | 761 |NO ‘halb bed. Chemnitz 763 wolkenlos Bill; « » « 762 |S

vom Wege. Wichert.

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1) Gestern Nahmittqgg Gewitter. Uebersicht der Witterung.

Die Luftdruckvertheilung ist auf dem ganzen Ge- biete eine gleihmäßige und daher die Luftbewegung \{chwach. Das Wetter is in Central-Curopa vor- wiegend heiter und dur{s{chnittlich etwas wärmer. In Süddentschland liegt die Temperatur noch erheblich unter der normalen. Jn Bayern und Sathsen fanden Nachtfröste statt. Königsberg und Memel hatten gestern Nahmittag Gewitter.

Deutsche Seewarte.

RGSPTSNE T G E E E S I E I C T N S A M E Theater - Anzeigen. Königlihe Schauspiele. [Dienstag: Opern-

haus. 101, Vorstellung. Der fliegeude Holläuder. Romantische Oper in3 Akten von Richard Wagner.

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Breslau

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Voranzeige.

Hierauf :

Rigobert. Ritter.

In Scene geseßt vom Ober - Regisseur Teßlaff. Dirigent: Kapellmeister Sucher. Schauspielhaus. Zauber-Komödie in 5 Aufzügen von Shakespeare. Nach A. W. v. Swhlegel’s Uebersetzung. Tanz von E. geseßt vom Direktor Dr. Otto Devrient. Musikalische Direktion: Hr. Steinmann. Mittwoch bleiben die Königlichen Theater ge-

Opernhaus. Meistersinger von Nürnberg. 3 Akten von Richard Wagner. Schauspielhaus. Lustspiel in 4 Aufzügen von Ernst Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater. Dienstag: Mein Leopold. Mittwoch bleibt das Theater “und die Kasse ge-

Faust, A. Theil. Die nächste Aufführung von Faust's Tod findet am Sonnabend, den 3, Mai, statt.

Berliner Theater. Dienstag: Der Veilchen-

Mittwoch: Geschlossen. Donnerstag: A tempso. Der We Fenster. Gewitterschauer. (Hedwig Niemann.)

Lessing - Theater. Schauspiel in 4 Akten von Hermann Sudermann.

Mittwoch bleibt das Theater gesclossen._

Donnerstag : Der Fall Clémenceau. Schauspiel in 5 Akten von A. Dumas und Sonnabend : Vesuch. Schauspiel in 2 Akten von Eduard Brandes. Zum 1. Male: spiel in 2 Alten von Eduard Bauernfeld.

Wallner-Theater. Dienstag: Zum 11. Male: Posse in 3 Akten nach dem Franzö- sishen der Grenet-Dancourt u. Burone von Hans Vorher: Zum 11. Male: band. Schwank in 1 Akt nah einer vorhandenen h O Friy Mai und Franz Guthery. Anfang

r. Mittwoch: Geschlossen. Donnerstag: Rigobert. Das Armband.

Victoria-Theater.

Stanley in Afrika. von Alex. Moszkowski und

Musik von C. A. Raida. Anfang 7 Uhr. Anfang 7} Uhr. 105. Vorstellung. Der Sturm. ——

Musik von

Fn Scene Dienstag :

nathau. und Julius Bauer.

Graeb,

Anfang 7 Uhr.

Hr. Kapellmeister Federmann. Mittwoch: Geschlossen.

j ; 102. Vorstellung. Die Donnerstag:

Große Oper in Anfang 6ck Uhr. 106, Vorstellung. Ein Schritt

burg. Dienstag:

von Robert Buchholz. Mittwoh: Geschlossen. Donnerstag: Marquise.

Dienstag: E 7 Uhr.

Belle-Alliance-Theater.

durcch’s | gänzlih neuer Ausstattung : Nautilus. Verne von Carl Pander.

Dienstag: Die Ehre. | und A. Wicher.

Voranzeige. Donnerstag :

A. d'’Artois.

Der | der Residenz):

Zum 1. Male:

Mädchenrache. Lust-

und Flott. Duettisten

Das Arm-

an der Kasse zu haben.

Central-Theater. Dienstag:

Dienstag: Zum 253, M.:

Zeitgemälde in 10 Bildern Richard Nathanson.

Ballet von C. Severini.

Friedrich - Wilhelmstädtishes Theater. Zum 103 Male: Der arme FJo- Vperette in 3 Akten von Hugo Wittmann Mußk von Carl Millscker.

In Scene geseßt von Julius Fritsche. Anfang 7 Uhr.

Der arme Jonathan.

Residenz-Theater. Direktion : Sigmund Lauten-

Zum 80, Male : Lustspiel in 3 Akten von Victorien Sardou. Deutsch Anfang 7F Uhr.

Kroll's Theater. JItalienishe Opern-Saison. Auf allgemeines Verlangen: La Traviata. (Violetta: Sgra. Prevosti.) Anfang

Zum 60. Male: Der Großes Ausftattungs\tück mit Gesang und Tanz in 4 Akten und 13 Bildern nah Jules Musik von E. Christiani Anfang 7# Uhr.

Eröffnung der Sommersaison. Im prachtvollen glänzend renovirten Sommergarten (vornehmstes und großartigstes Sommer-Etablissement Großes Doppel-Concert, ausgeführt von dem Musikkorps des Garde-Kürassier-Regiments (in Uniform) unter persönl. Leitung des Königlichen Musik-Direktors Hrn. Ruth und der gesammten Kapelle des Belle-Alliance-Theaters unter Leitung des Kapellmeisters Hrn. Alb. Wicher. | treten der Original-Salon-Gesangs-Humoristen Frisch Erstes Auftreten der Wiener Original- oma u. Ludwig Tellheim. Erstes Auf- treten der Contra-Altistin Frl. Elise Münchsdorfer. Brillante Illumination des ganzen- Etablissements durch 40000 Gasflammen, bengalishes Licht 2c. Bestellungen auf Abonnements-Billets 6 4) für die am 1. Mai beginnende Sommersaison sind

Direktion: Emil Thomas.

Leßte Vorstellung in dieser Saison und im alten Hause. Zum leßten Male: Ein fideles

Haus. Posse mit Gesang in 4 Akten von W. Mannstädt. Musik von G. Steffens. Epilog von W. Mannstädt, dargestellt vom gesammten Per- sonal. Anfang 7F Uhr.

Vom 1. Mai bis 1. September 1890 wegen Um- bau geschlossen.

Adolph Ernst-Theater. Dresdenerstraße 72.

Dienstag: Benefiz für Guido Tielsher. Zum 80, Male: Der Goldfuhs8. Gesangsposse in 4 Akten von Eduard Jacobson und Leopold Ely. Couplets theilweise von Gustav Görß. Musik von Franz Roth. Anfang 7# Uhr.

Mittwoh: Keine Vorstellung.

Der Sommergarten is geöffnet.

Dirigent :

Marquise.

Urania, Invalidenstraße 57/62. Geöffnet von

12—11 Uhr. Dienstag, um 5+ Uhr: Hr. Dr. Potonié: Was find Blumen, und um 8 Uhr: Die Geschichte der Urwelt.

Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Dora Reese mit Hrn. Johannes fl Job (Gr -Buhwald—Voorde Bahnhof),

e R Müller mit Hrn. Hugo v. Bohlen

erlin).

Verehelicht: Hr. Richard Helbig mit Frl. Minna Büttner (Leipzig—Oderwiß b. Pegau i. S) Hr. Kurt Hallbauer mit Frl. Pauline Künick (Krimmitshau—Leipzig).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Max Fischer (Leipzig), Hrn. Staatsanwalt Gustav Freytag (Schweidniß). Hrn. E. Noack (Schwerin). Eine Tochter: Hrn. Otto Stephan (Leipzig). Hrn. Rudolf Nadolny (Elbing). Hrn. H. Heinay (Bremen). Hrn. Georg Hartenstein (Leipzig). Hrn, Adolf Wagner (Connewitß).

Gestorben: Frl. Emeline Willmanns (Berlin). Hr. Graf v. Matushka (S{hloß* Kosel).

Erstes Auf- prau Anna Smidt, geb. Gerbrand (Markus-

of). Hr. Grosor a, D. Dr. Theodor Möbius

(Leipzig). Hr. Ernst Wilhelm Kirsche (Leipzig).

Hr. Kaufmann Hugo Bork (Oblau).

Dienstag: Mit

Redacteur: J. V.: Siemenroth.

Berlin: Verlag der Expedition (Sol z).

Druck der Norddeutshen Buchdruckerei und Verlags- Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sieben Beilagen (einschließli® Börsen-Beilage).

(704)

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

Berlin, Montag, den 28. April

A 9104.

Parlamentarische Nachrichten.

Schlußbericht der vorgestrigen (9.) Sißung des Herren- hauses. Berathung der Denkschrift über die Durch- führung des Geseßes zur Beförderung deutscher e L ea in den Provinzen Westpreußen un oj en.

Der Referent Graf von Frankenberg theilte aus der Denkschrift der Ansiedelungskommission über die Ausführung des Ansiedelungsgesebes im leßten Fahre mit, daß troß der großen Schwierigkeiten, mit denen die Ansiedelung im vorigen Jahre in Folge der Witterungsverhältnisse zu kämpfen hatte, dennoch Fortschritte in der Erledigung der Aufgaben der Kom- mission zu konstatiren seien ; wenn auc langsam, jo gehe die Sache doch sicher vorwärts, und der Erfolg werde nicht ausbleiben. Die innere Organisation der Kommission sei insofern verändert, als zu den bisherigen zwei Abtheilungen noch ein technisches Bureau als dritte gebildet worden sei, dem die Vermessungs-

und Meliorationsarbeien und dergl. übertragen seien. Jn welchem

Umfange die Thätigkeit der Kommission sich vermehrt habe, ergebe sich daraus, daß dieselbe im leßten Jahre 30 415 Nummern zu bearbeiten 4 habe gegen 18697 im Vorjahre. Der Referent giebt ferner eine ziffermäßige Darstellung über die seit Erlaß des Geseßes angekauften Güter und die Zahl der angesiedelten Personen. Jnsbesondere bemerkt er, daß in den früheren Jahren für den Hektar 582,12 #, im leßten 680 M. von der Ansiedelungskommission gezahlt seien. Die eingeborene polnishe Bevölkerung komme den Ansiedlern in freundlihster Weise entgegen in Fuhrleistungen, Handleistungen und aller Art Hülfe. Jm vergangenen Jahre habe die Ansiedelungskommission keinen Ansiedler zwangsweise auf der Ansiedelung festzuhalten brauchen, während im vorhergegangenen Jahre 4 Proz. der Ansiedler wieder fortgegangen seien. Leistungsunfähigen An- siedlern habe die Kommission Entschädigungen für die Umzugs- kosten gewährt. Leider sei es noch nicht gelungen, aus den ÄAn- siedlern politishe Gemeinden zu bilden, obwohl die Kommission dafür bemüht gewesen sei und ein Normalstatut für solche Gemeinden aufgestellt habe. Für Schul- und Kirchenverhältnisse sei nah besten Kräften gesorgt. Die Anpflanzung von Obst- bäumen sei im leßten Jahre erfreulich fortgeschritten. Die Kommission habe zur Erleihterung der Ansiedler, welche kein Vieh kaufen konnten, das Viehleihverfahren ein- geführt. Wäre so im Allgemeinen die Thätigkeit der Ansiedelungskommission zufriedenstellend, so sei anderer- seits zu bedauern, daß der beabsichtigte Erfolg, die deutschen Arbeitskräfte im Osten zu vermehren, dur die Aus- wanderung zahlreicher Arbeiter gerade aus jener Gegend beeinträchtigt werde, durch die Sachsengängerei, der sogar von der Staatsbahnverwaltung dadurch Vorschub geleistet werde, daß die auswandernden Arbeiter durch Extrazüge zu billigeren Preisen befördert würden, wovon die Auswanderungsagenten den größten Vortheil hätten. Er ersuche die Regierung, mit e Mitteln diefem Fluktuiren der Bevölkerung entgegen- zutreten.

Fürst Ferdinand Na dziwill führt aus, daß die Hand- habung des Ansiedelungsgeseßes ein Gefühl der Bitterkeit bei der polnishen Bevölkerung hervorgerufen habe. Vergebens bemühe man si, diesem Geseß die Bitterkeit zu nehmen und es jo darzustellen, als ob es sich um eine sozialpolitisce Maßnahme handele. Die nationale Spize könne man dem Geseze niht nehmen. Ein solhes Kampf- geses sei niht geeignet, die gemeinsame Arbeit aller Parteien zu fördern. Der Staat habe überhaupt niht das Necht, einen Theil der Bevölkerung gleihsam wie einen Etats- titel als „künftig wegfallend“ hinzustellen. Es wäre Pflicht des Hauses, den Staat in seiner Aufgabe zu unterstützen, alle Staatëbürger mit gleichem Maße zu messen; es müßte den Polen der Staatsschuß gesichert werden. Bei diesem Gesetz sei das nicht der Fall.

Graf Udo zu Stolberg: Das Geseg ist allerdings in gewi)}er Weise ein Kampfgeseß, aber einen offensiven Charakter hat es nit, es ift ledigli defensiv. Das Vordringen des Polenthums hat sich bemerkbax gemacht, so daß die preußische Regierung einschreiten mußte. Troy der Ausweisung pol- nischer Arbeiter sind bei den leßten Reichstagswahlen er- heblih mehr volnishe Stimmen abgegeben worden. Der polnische Arbeiter hat weniger Bedürfnisse als der deutsche, der deutsche zieht nah Westen, die Polen erseßen ihn und ver- mehren fich, so daß im Lause der Zeit die Polonisirung ein- treten muß. Mit diesem Gese allein ift nicht Alles abge- macht, sondern es bedarf noch anderer Maßregeln, das möge die Regierung bedenken.

_ Ober-Bürgermeister M üller: Was das Geseg der pol- nischen Bevölferung bringt, ist durchaus keine Schädigung, sondern eine Bevorzugung. Die polnischen Grundbesitzer ver- faufen ihre Güter mit großem Nußen an die Ansiedelungs- kommission. Die polnische Bevölkerung wird es dem preußischen Staat niht übel nehmen können, daß die preußische Re- gierung dahin strebt, einen kräftigen deutschen Bauernstand in dieser Gegend zu schaffen. Die Thätigkeit der Ansiedelungs- kommission wird dadur gehindert, daß sie nur in der Zwangs- versteigerung Güter kauft. Diese sind immer sehr ausgesogen und haben \{lechten Boden. Es müßte ihr die Freiheit ge- geben werden, nicht von Deutschen zu kaufen, wohl aber von Polen au aus freier Hand. Vielleiht könnten auch schon getaufte polnische Güter vergrößert werden durch Zukauf von Grundstüen, welche in der Hand von Deutschen sind.

Fürst Ferdinand Radziwill: Es is {wer zu ent- scheiden, wer der Angreifer is, wer sich in der Abwehr befindet. , Die Tendenz des Gesezes geht dahin, die polnische Nationalität nah und nah wegfallen zu lassen. Darin kann ih nicht die Aufgabe des Staats finden.

Graf Udo zu Stolberg: Die Regierung will die polnische Bevölkerung niht ganz verdrängen; es handelt si nur um allgemeine Volksverschiebungen, welchen der Einzelne ohne freien Willen folgt.

Ober-Bürgermeister Dr. Miquel: Wenn alle Polen ek Garantien patriotisher Gesinnung böten, wie der Fürst Radziwill, „dann brauchten wir solche Geseße niht. Eine große Nationalität kann an ihren Grenzen auch Bruchstücke anderer

Nationalitäten haben, wenn fie sih nur einig mit dem Ganzen fühlen. Hätten wir diese Garantien bei den Polen gehabt, dann würde das Verhältniß zu ihnen nicht nur ein anderes sein können, sondern auch sein müssen. Kann der Fürst Radziwill versihern, daß alle seine Lands- leute ganz ohne Hinterhalt in Preußen wohnen ? Jh glaube nicht. Deshalb müssen wir unsere Sicherheit in anderen Garantien suhen. Die Wallonen an der belgishen Grenze sind nicht germanisirt, sie sind aber troßdem gute Preußen. Der Zeitpunkt wird kommen, wo dies auch von den Polen gelten wird. Die Polen werden davon ausgehen, daß sie zu den West-Europäern gehören, und wenn eine große Streit- frage entbrennt, müssen sie si zu den West-Europäern s{lagen. Bis dahin müssen wir mit diesem Geseß vorgehen.

Fürst Ferdinand Radziwill: Die polnische Bevölkerung hat den festen Vorsat, die Pflichten, welche sie zum Theil mit ihrem Eide bekräftigt hat, treu zu halten.

Professor Dr. Dernburg: Wenn das deutsche Element gestärkt wird, so kommt dies \{ließlich auch dem polnischen Elemente zu Gute. Das Herrenhaus gerade hat den Polen die versöhnende Hand in der Darbietung der Kreis- und Pro- vinzialordnung für Posen gereiht, diese Hand ist zurück- gestoßen worden.

Fürst Ferdinand Radziwill: Die Hand ist nicht zurück gehoben worden; die Bewohner der Provinz Posen wollten ih nur den dargereihten Freudenbecher nit durch den Wer- muthstropfen dieses Geseßes verbittern lassen.

Graf von Frankenberg: Jh mache den Herrn Vor- redner auf die Thatsache aufmerksam, daß in Oberschlesien der größte Theil der Bevölkerung polnish spriht, und daß man doch niemals Veranlassung genommen hat, dort gleiche Gesetze einzuführen. Die Oberschlesier sind treue, feste Preußen, das haben sie auch bei den polnischen Revolutionen gezeigt, an denen sie sich nie betheiligt haben, ebensowenig treten bei den Wahlen Tendenzen zu Tage, wie in der Provinz Posen. Wenn wir in Posen zu Zuständen gekommen sein werden, wie sie in Oberschlesien bestehen, dann werden der- artige „Kampfgeseße“, wie sie der Herr Vorredner genannt hat, niht nöthig sein, dann werden die Bewohner der Pro- vinz Posen ebenso gute Unterthanen sein, wie andere, und wir werden sie ebensowenig zu bekämpfen haben, wie die Wallonen und die Theile der czechishen Bevölkerung, die zu Preußen gehören.

N Denkschrift wird durch Kenntnißnahme für erledigt erklärt.

Es folgt der mündliche Bericht der Agrarkommission übe den Geseßentwurf, betreffend die Gründung neuer An- siedelungen in der Provinz Hessen-Nassau.

Nach den Kommissionsbeshlüssen wird das Gesetz in einer gegen die Vorlage nur in einzelnen Punkten veränderten Fassung zur Annahme empfohlen. Zu den Gründen, aus denen die Ansiedelungsgenehmigung versagt werden kann, soll nah der Kom- mi}ston auch die nahweisliche Gefährdung des Gemeindeinteresses gehören ; der Einspruch gegen die Genehmigung soll, entsprehend dem Wunsche des Provinzial-Landtags, neben den nah dem Entwurf dazu Berechtigten auch von der Gemeindevertretung erhoben werden fönnen.

Der Berichterstatter von Schöning befürwortet die Aenderungen der Kommission, die den provinziellen Eigen- thümlichkeiten und den Wünschen des Provinzial-Landtages entsprächen.

Der Regierungskommissar Geheime Ober- Negierungs- Nath Halbey erklärt die Abänderungsvorschläge der Kom- mission für bedenklih und bittet das Haus, sie abzulehnen. Die Gemeindeverfassungen der Städte der Provinz seien ganz verschieden unter einander und verliehen den Gemeinde- vertretungen ganz verschiedene Kompetenzen; andererseits seien die Kompetenzen zwischen Gemeindevorstand und Gemeinde- vertretung nicht scharf getrennt. Diese Erwägungen sprächen dagegen, der Gemeindevertretung das ge-- wünschte Einspruchsrecht beizulegen, dies sei vielmehr besser in den Händen des Gemeindevorstandes aufgehoben. Der Gemeindevorstand werde ja ohnehin in jedem solchen Falle mit der Gemeindevertretung sih ins Benehmen seßen. Die Aufnahme dieser Bestimmung würde ein Sonderrecht für eine einzelne Provinz begründen. Ebenso bedenklich sei es, das gefährdete Gemeindeinteresse als Grund der Versagung zu statuiren. Es reiche vollständig aus, wenn die Versagung er- folge im Falle der Gefährdung des Schußes der Nußungen benachbarter Grundstücke aus dem Feld- oder Gartenbau, aus der Forstwirthschaft, Jagd oder Fischerei, wie es die Vorlage Gen, weitere Beschränkungen ließen fich niht recht- fertigen.

Ober-Bürgermeister Müller erklärt sih ebenfalls gegen die von der Kommission vorgeschlagenen Erweiterungen des Entwurfs. Praktische Erfahrungen ständen schon deshalb dem Provinzial-Landtag nicht zur Seite, weil es an Vorschriften über die Gründung neuer Ansiedelungen in Hessen-Nassau bisher überhaupt gefehlt habe. Höher als diese Wünsche stehe die Einheit der Geseßgebung. Noch viel bedenklicher, ja geradezu gefährlich sei die Verleihung eines selbsländigen Ein- spruchsrehts an die Gemeindevertretung neben dem Gemeinde- vorsiande; damit würde ein Prinzip durchbrochen, dessen strikte Aufrehterhaltung im allgemeinen Jnteresse nur zu wünschen sei.

Ober-Bürgermeister Struckmann trägt Bedenken gegen den in dem Geseß gebrauhten Ausdru „Gemeindevorsteher“, meint jedoch, es werde eine Erklärung im Hause genügen, daß unter diesem Namen auch der kollegialishe Gemeinde- vorstand zu verstehen sei. D

Graf von Brühl vertheidigt die Kommissionsbeschlüsse, für die auch der Ober-Bürgermeister von Frankfurt Dr. Miquel geren habe. Die Kommission sei der Meinung Lien der Nächstbetheiligte seine Fnteressen am Besten kennen und A „müsse; und sowohl der Ober-Bürgermeister Dr, Miquel wie der Provinzial-Landtag hätten jene beiden Erweiterungen dringend befürwortet, wie auch der Ober- Au der Provinz Posen sich damit einverstanden er-

ärt habe.

er Regierungskommissar Geheime Ober-Regierungs-

1890.

Nath Halbey erklärt, daß von der lezteren Thatsache in den S ad des JFnnern und der Landwirthschaft nichts be- kannt sei.

Ober-Bürgermeister Dr. Miquel spricht Rg dafür aus, daß nah deutshem Neht das Eigenthumsrecht noch keineswegs das Bebauungsrecht involvire. Für die Gebiete des allgemeinen Landrechts möge der umgekehrte Grundsaß zutreffen, nit aber für den Geltungsbereih des gemeinen Rechts. Aus diesem Grunde habe der Provinzial-Landtag die Gefährdung des Gemeindeinteresses zur Aufnahme unter die Versagungs- gründe empfohlen. Die Uebertragung des Einspruchsrechts an die Gemeindevertretung habe gar nicht die diesem Wunsche unterlegte Bedeutung; man wünsche nur den Ausdruck „Ge- meindevorsteher““eirtsetnt, um auch den kollegialishen Gemeinde- vorständen zu ihrem Recht zu verhelfen.

. Ober-Bürgermeister Bredt bittet, den Antrag der Kom- mission, soweit er sih auf den Einspruch der Gemeindevertre- tung bezieht, abzulehnen, hingegen in so weit anzunehmen, als die Versagung der Ansiedelungserlaubniß im Gemeinde- interesse zugelassen werden soll.

Ober-Bürgermeister Dr. Miquel beantragt, das von der Kommission vorgeschlagene Einspruhsrecht der Gemeinde- vertretung zu streichen, und für „Gemeinde-Vertreter“ zu seßen: „Gemeinde-Vorstand (Magistrat, Gemeinderath, Ge- meinde-Auss{huß)“.

Ober-Bürgermeister Müller beantragt, auch den von der Kommission beschlossenen Zusaß, daß die Gefährdung des Gemeinde-Jnteresses die Ablehnung begründet, zu streichen.

Unter Ablehnung dieses leßteren Antrages wird das Gese mit der vom Ober-Bürgermeister Dr. Miquel vorge- shlagenen Aenderung angenommen.

Schließlih berichtet die Justizkommission über den Gesezgentwurf, betreffend die in Ansehung der ehemaligen Wallgrundstücke in der Stadt Frank- furt a. M. unter dem Namen Wallservitut be- stehenden Bau- und Benußgungsbeschränkungen.

Das Gesey bestimmt, daß bezüglich der bezeichneten Grund- stücke der Anspruch auf Auflösung des Leihnexus ausge- schlossen sein soll. Die Kommission, welche dem zustimmt, hat jedoch die Bestimmung gestrichen, daß der Anschluß auch für bereits eingeleitete Ablösungen gilt, und daß durch Ortsstatut über die Aufrechterhaltung der bisherigen Bau- und Be- nußungsbeshränkungen ohne Entschädigungsanspruch der Be- sißer Anordnung getroffen wird.

__ Ober-Bürgermeister Dr. Miquel beantragt, die Re- gierungsvorlage wiederherzustellen, und begründet in längerer Ausführung, daß es sih in dem vorliegenden Gesetze niht um eine Privat-, sondern eine öffentli rechtliche Angelegenheit handle. Die Grundstücke seien den Besißern nicht als Eigen- thum, sondern in Erbleihe verliehen worden, und die darauf lastenden Beschränkungen seien nicht verjährt, sondern hätten heute noch Wirksamkeit. Jn das Privateigenthum würde niht eingegriffen; jeder Besißer kenne die Beschränkungen und keiner werde sich sträuben, wenn man dieselben, um sie zweckmäßig handhaben zu können, in moderne Formen bringe,

Der Regierungs-Kommissar, Geheime Ober-Regierungs- Rath Halbey erklärt, die Regierung stimme im Wesentlichen mit den Ausführungen des Vorredners überein. Kein be- stehendes Reht werde durch den Geseßentwurf geschädigt und allen FJnteressenten würde dadurch genügt. Aus den Erklärungen des Ober-Bürgermeisters Miquel gehe auch hervor, daß die Frankfurter selbst mit dem Entwurfe zufrieden seien; denn die in der Kommission laut gewordene Auffassung, daß der Magistrat Partei sei, treffe niht zu. Der Magistrat sei Obrigkeit und nehme das öffentlihe Jnteresse ebenso gut wahr, wie die berechtigten Ansprüche der Besitzer.

Senats-Präsident Eggeling tritt für die Kommissions- beshlüsse ein.

Ober-Bürgermeister Struckmann erinnert daran, daß nah dem Geseße es wohl die Absicht der Negierung sei, die Fnhaber der Wallgrundstücke durhgängig zu Eigenthümern zu machen. Das sei indeß nicht klar genug in der Vorlage aus- gedrückt und bedürfe daher §8. 3 des Geseßzes wohl einer Abh- e E er Get

Wirklicher Heheimer Rath von Kleist-Retzow betont, daß die Sache eine große Bedeutung habe, iets mit Rücksicht auf Schönheit und Hygiene. Höhr aber stehe die Wahrung des Rechtes. Daher bitte er die Beschlüsse der Kom- A e E

amit {ließt die Generaldiskussion. §. 1 wird nat den Beschlüssen der Kommission angenommen, Æ 2 Uno 9 ned abgelehnt. n Schluß 61/4 Uhr.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Ein nicht veröffentlihter sltädtischer Bebauungs- plan belastet, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, V. Civilfenats, vom 16. November 1889, die davon betroffenen Grnndstücke mit der öffentlih-rehtlichen Servitut der Unbebaubarkeit zwar nit {{chon dur seine Existenz, wohl aber von dem Augenblicke an, in welchem die zuständige Behörde eine Bauerlaubniß verweigert und damit die bis dahin als innere Angelegenheit behandelte Anordnung zur Kenntniß der Betheiligten bringt. It in einem Einzelfalle die für einen Theil des betr. Grundstückes nahgesuchte Bau- erlaubniß berweigert worden, ohne dem Eigenthümer bekannt zu geben, daß sein Grundstück in seiner ganzen Ausdehnung in den Bebauungs- plan falle, so wird dadurh nur dieser Theil belastet, die übrigen Theile werden dagegen erst dann mit der Servitut der Unbebaubar- keit belastet, wenn eine für diese Theile nachgesuchte Bauerlaubniß verweigert wird. Hinsihtlich dieser Theile ist demna für die Scadenersaßforderung die Zeit maßgebend, in welcher die Genehmigung zu ihrer Bebauung verweigert worden.