1910 / 65 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 17 Mar 1910 18:00:01 GMT) scan diff

Der Rest des Etats für das Neichsshazamt wird ohne

Diskussion erledigt.

Bei den Einnahmen des Reichs an Zöllen, Steuern

und Gebühren befürwortet der

Abg. Dr. Will - Straßburg (Zentr.) größere Berücksichtigung der

elfässishen kleinen Brennereien.

Abg. Dr. Noesidcke (dkons.) führt Klage darüber, daß die Kom- munen, die zur Aufhebung der bisherigen Oktrois am 1. April 1910 gezwungen sind, den Ausgleil( dafür in einer Erhöhung der Schlachthofgebühren oder der Gebühren für die Fleishbeschau gesucht und gefunden haben. Er verlangt Maßnahmen dagegen, daß dieses Verfahren sch in der Praxis einbürgert. Auch den kleinen und mittleren Mühlen müsse auf irgend eine Weise die Existenz gesichert

werden.

»vedauern. Staatssekretär des Reichsshazamts Wermuth;

Die interessanten Streitfragen, die die beiden Herren Vorredner angeregt haben, bedürfen noch der weiteren Klärung, und wir beab- sichtigen, zu dieser Klärung beizutragen. Der Herr Staatssekretär des Innern hat hier bereits vor einiger Zeit erklärt, daß die Absicht be- stehe, umfassende Erhebungen über die Notlage der mittleren und Éleinen Mühlen zu veranstalten. Diese Erhebungen follen ihren An- fang nehmen mit einer Produktionsstatistik. Die Betriebs- und Ge- werbezählüung wird, wie der Herr Abg. Gothein zugeben wird, aus- reichendes Material nicht liefern. Deshalb werden wir zu weiteren Erhebungen schreiten müssen, und diese sind jeßt eingeleitet. Es \oll neu ermittelt werden, wieviel in der Mühlenindustrie überhaupt produziert wird, wie die einzelnen Erzeugnisse sih auf die verschiedenen Größen- Élassen der Mühlen verteilen, wieviel in den Inlandskonsum übergeht und wieviel in das Ausland ausgeführt wird. Die Vorbereitungen zu der Grhebung sind getroffen, und gerade heute tritt eine Sach- verständigenkonferenz im Reichsamt des Janern zusammen, welche den näheren Plan ausarbeiten soll. Soweit die Fragen, die dabei erörtert werden, in das steuerpolitishe Gebiet hineingreifen, wird selbstverständlih die von mir vertretene Behörde sih an der Erörterung

beteiligen.

Abg. Huber (Soz.) weist darauf hin, daß dieselbe Wein- untersuchungsstelle in Speyer den importierten Wein, der ihr von zwei Seiten zur Untersuchung zugeschickt worden sei, das eine Mal

als Kunstwein, das anderz Mal als Naturwein erklärt habe. Das Reichsgesundheitsamt wäre die richtige Instanz gewesen.

Bayerischer Oberregierungsrat Dr. Wolf: Der Beshwerdeführer ist in einem ihm günstigen Sinne beschieden worden.

Abg. Dr. Varenhorst kommt jeßt auf seine {hon vorher be- gonnenen Ausführungen über die Mühlenumsaßsteuer ausführlicher zurück. Die Entwicklung der Großmühlen sei an dem Nückgang der kleinen Mühlen nicht \{chuld, sondern das Aufhören des patriarchalischen Verhältnisses und der Fortschritt der Fabrikation.

Auf eine Anregung des Abg. Lehman'n (Soz.) bemerkt ein Bundeskommissar, daß erwogen werden solle, ob gewisse Milderungen in der Besteuerung der Kleinbrennereien eintreten können.

Abg. Dr. Noesicke (dkons.) tritt den Ausführungen! des Abg. Varenhorst entgegen.

Die Einnahmen aus E Steuern und Gebühren werden darauf bewilligt, ebenso ohne Debatte der Etat der Reichs\chuld, desgleichen die bayerishen Quoten, der Zuschuß zur Bestreitung der Verwaltungsausgaben im Schußgebiet Kiautschou, die Ein- nahmen aus dem Bankwesen, der besondere Beitrag von Elsaß- Lothringen, die Matrikularbeiträge und die außerordentlichen Ausgaben für die Vervollständigung des deutschen Eisenbahn- neßes im Jnteresse der Landesverteidigung.

Die Abstrihe am Etat von rund 4 Millionen;Mark sollen

nah dem Vorschlag der Budgetkommission zur Abschreibung auf den Fehlbetrag von 1909 verwendet werden.

Das Haus beschließt demgemäß ohne Debatte.

Damit ist die zweite Beratung des Etats erledigt.

Das Etatsgeseß wird nah den Anträgen der Kommission angenommen, ebenso ohne Debatte in erster und zweiter Lesung der Geseßentwurf wegen Ergänzung des Besoldungsgeseßzes

e

(Einfügung der Veterinäroffiziere).

Schließlih wird in zweiter Lesung der Entwurf eines

Neichskontrollgeseßes auf Antrag des Referenten Abg.

Dr. Görcke nach den Vorschlägen der Budgetkommission an-

genommen. Die Resolutionen Bassermann wegen Vorlegung eines

Komptabilitätsgesezes und eines Gesetzes, betreffend Einrichtung

und Befugnisse des Rechnungshofes, sowie betreffend die Be-

rufung einer Kommission zur Aufstellung von Grundsäßen über

zeitgemäße kaufmännische Leitung -und Verwaltung der Reichs- betriebe, werden ohne Debatte angenommen.

Schluß 91/4 Uhr. Nächste Sißzung Donnerstag früh 10 Uhr. (Dritte Lesung des Etats.)

Preußischer Landtag. Herrenhaus. 4. Sißung vom 16. März 1910, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem#{Bureau.)

Der Präsident Freiherr von Manteuffel eröffnet [die Sißzung um 11/4 Uhr.

Es erfolgt zunächst in der üblichen feierlihen Weise die Vereidigung der neu eingetretenen Mitglieder Freiherr von Bissing, von Gwinner und Dr. Krupp von Bohlen und Halbach.

“Den Bericht der Matrikelkommission über Ver- änderungen im Personalbestande des Herrenhauses erstattet Graf von Hutten-Czapski. Danach sind zurzeit 322 stimm- berechtigte Mitglieder vorhanden, während im ganzen 369 Be- reGigungen zu verzeichnen sind, und zwar 115 erbliche Be- rehtigungen und 254 auf Lebenszeit Berufene (4 als Jnhaber der großen Landesämter, 71 auf Grund Allerhöchsten Ver- trauens, 179 auf Grund von Präsentation der Stifte, Se Familien- und Grundbesißerverbände, Universitäten und Städte).

Der Bericht wird dur Kenntnisnahme erledigt.

Bei der Beratung des Berichts über die Ergebnisse des Betriebes der vereinigten preußishen und hesfishen Staatseisenbahnen im Rechnungsjahre 1908 weist

Abg. Gothein (fortshr. Volksp.): Troßdem es {hon £9 Uhr ist, muß ih auf diese Ausführungen näher eingehen. Auch meine Vaterstadt Breslau -hat Oktrois aufheben und ihre Steuern erhöhen en, Die Kommunen müssen gegen ihren Wunsch und Willen auch die Gebühren erhöhen, um nicht in ganz unmenshlihe Steuern hineinzukommen. Das ind die Folgen der Verteuerungspolitik. Dazu kommt, daß die Aufsichtsbehörde alles möglihe von den Gemeinden verlangt; in Oberschlesien gibt es kaum noch ein einziges Dorf, das nicht eine Kanalisation hâtte anlegen müssen. Daß auch die Schlachthof- ebühren hier und da baben erhöht werden müssen, kann ih nur sehr

Graf von M ir ba darauf hin, daß die Staatseisenbahnen in diesem Jahre einen Uebershuß von 100 Millionen über den Voranschlag ergeben werden, und bemerkt dazu : Dieses günstige Nesultat wird von Einfluß sein auf unsere Beurteilung der Neform der direkten Steuern in Sreube Wir müssen es dem Minister danken, daß er troß aller Angriffe unser Cisenbahnneß auf der höchsten Höhe der Leistungsfähigkeit erhalten hat. Der Minister hat jederzeit den Beamten und Arbeitern eine überaus große Fürsorge zuteil werden lassen, die nach meiner Ansicht sogar zu weitgehend ist. 40 Millionen sind im vorigen Jahre für Wohl- fahrtszwecke aufgewandt worden. Demgegenüber ist es unbegreiflich, daß in den Parlamenten fortwährend neue Wünsche in bezug auf die Arbeiter und Angestellten geäußert werden. Durch olche T Ae werden die berechtigten Bestrebungen des Ministers nur abgeschreckt. Gs ist kein Grund zur Unzufriedenheit vorhanden; wir können stolz sein, wie auf unsere Armee, so auch auf unsere Eisenbahnen. Ich freue mich, daß der Minister mit Entschiedenheit und mit bestem Er- folge dafür eingetreten ist, die Sozialdemokratie von der Eisenbahn- verwaltung fernzuhalten.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:

Meine Herren! Die finanziellen Ergebnisse des laufenden Jahres haben sich in der Tat in erfreuliher, man könnte wohl sagen un- erwarteter Weise gebessert. Herr Graf von Mirbach hat bereits be- kannt gegeben, daß wir bis einschließlich Februar dieses Jahres mit einer Mehreinnahme gegen die Einnahme des Vorjahres von 100 Millionen Mark rechnen können. Diese Mehreinnahme wird ih voraus- sihtlich noch um weitere 5—10 Millionen Mark erhöhen. Erztelen wir diese Einnahme, so werden wir gegen den Etatsansaß eine Mehr- einnahme von 60—65 Millionen erzielen, und da es uns gelungen ist, mit den Ausgabeansägen für 1909 annähernd auszukommen, so wird diese Mehreinnahme ein Mehrübershuß sein. Der Neinübershuß des Jahres 1909 war mit rund 83 Millionen veranschlagt. Wir werden daher einen Neinüberschuß von 140—150 Millionen erzielen.

Mit Genugtuung kann ih es meinerseits nur begrüßen, wenn von seiten des Herrn Berichterstatters und von seiten des Herrn Grafen Mirbach mit allem Nachdruck darauf hingewiesen ist, daß der Chef der preußishen Staatseisenbahnverwaltung berufen ift, in erster Linie der Propaganda der Sozialdemokratie in unserem Beamten- und Arbeiterheer entgegenzuwirken. Ich habe mir diese Pfliht von der Vebernahme des Ministeriums ab, wie mein Herr Amtsvorgänger, an- gelegen sein lassen (Graf von Mirbach - Sorquitten: Hört, hört !), sie niemals aus dem Auge verloren und sie noch im laufenden Etats- jahr erkennbar betätigt.

Die Lage der Staatseisenbahnverwaltung ist angesichts der {ih ständig wiederholenden Wünsche auf Gewährung größerer Koalitions- freiheit, auf Gewährung von Lohnerhöhungen, auf Verbesserung der Arbeitsbedingungen, die von allen Seiten an uns herantreten, nit nur von seiten derjenigen, die es in erster Linie angeht, unserer Arbeiterschaft, sondern au aus den Parlamenten, eine ret schwierige. Die Staatseisenbahnverwaltung kann nah ihrer Auffassung in An- spruh nehmen, daß sie sich in allen diesen Fragen den wirtschaftlichen Verhältnissen des Landes, insbesondere bezüglich der Lohnbemessung und das ist ja die wesentlihste Frage angepaßt hat. Jch darf darauf hinweisen, daß die Gehälter der Beamten seit dem Jahre 1899, verglihen mit dem jeßigen Zustande, wie er dur die Be- soldungsvorlage des Vorjahres geschaffen ist, um 22 9% gestiegen \ind, die Löhne der Arbeiter in derselben Zeit um 24 9/9. (Hört, hört!) Wir stehen auf dem Standpunkt, daß es niht Aufgabe der Staatseisenbahnverwaltung ist, der in den Berufszweigen der Landwirtschaft, der Industrie und des Handels tätigen Arbeiterschaft in den Löhnen voranzueilen, müssen uns vielmehr diesen im allgemeinen anpassen. Wir können unter Umständen unter diesen Whnen bleiben, weil wir, wie Herr Graf von Mirbach zutreffend hervorhob, der Arbeiterschaft erhebliche Vor- teile bieten, die eben nur der Staat als Arbeitgeber gewähren kann. (Graf vonMirbah-Sorquitten: Sehr rihtig !) Der größte Vorteil ist der, daß wir unsere Arbeiterschaft in guten und \{lechten Zeiten halten : dieses hat die Staatseisenbahnverwaltung in der abgelaufenen nieder- gehenden Konjunkturperiode bewiesen. Wir hatten zweifellos bei dem großen Verkehrsdrang der Jahre 1906, 1907 und 1908 ein Arbeiter- heer, das bei Abflauen der Konjunktur über unser Bedürfnis hinaus- ging. Es lag hierin keine Vershwendung; die Annahme der Arbeits- kräfte war eine Notwendigkeit gewesen. Es kam nun- darauf an, dieses Arbeiterheer dur diese {hlechte Zeit hindurWzubringen. Das ist uns gelungen. Wir haben keinen Arbeiter entlassen. Wir haben au keinen Lohnsaß gekürzt, wir haben nur freiwerdende Stellen nicht besezt. Das ist der eine der wesentlihen Vorteile, die wir der Arbeiterschaft bieten. v

Sodann haben wir in der Tat eine ganz hervorragende Wohlfahrts- einrihtung für die Arbeiter in unserer großen Pensionskasse, die weit über dasjenige hinaus, was uns durch die Neichsgeseßze aufgelegt ist, in ihrer Abteilung B der Arbeiterschaft erheblihe Vorteile bietet. Die Arbeiterschaft muß freilich Pensionskassenbeiträge leisten; aber die größeren Beiträge liegen auf unserer Seite. Die Zuschußrenten die der Arbeiterschaft gewährt werden und vom Jahre 1911 noch erhöht werden sollen, tellen einen fehr erheblichen materiellen Vorteil dar, den die Arbeitershaft bei der Lohnbemessung an- rechnen fann. Dazu kommt endlih, daß wir in der Lage sind, einen nicht unerheblihen Prozentsaß unserer Arbeiter in gesicherte Beamtenstellungen überzuführen. _ Nach der jüngsten Feststellung sind es jährlich 9090 Arbeiter, die in Unterbeamtenstellungen übergehen.

Was die Arbeitsbedingungen, insbesondere die Länge der Arbeits- zeit betrifft, so haben wir für die Arbeiterschaft in unseren Haupt- werkstätten vor 4 Jahren die neunstündige Arbeitszeit cingeführt. Für die übrige Arbeiterschaft sind die Arbeitszeiten längere. Eine Ueberanstrengung findet nirgends statt. Im allgemeinen hat fich bei diesen Arbeitern die Arbeitszeit den Bedürfnissen von Verkehr und Betrieb anzupassen. (Bravo!)

Der Bericht wird für erledigt erklärt.

Zum Baubericht der Eisenbahnverwaltung für den Zeitraum vom 1. Oktober 1908 bis 30. September 1909 erklärt auf eine Anfrage des Berichterstatters Herrn Marx der

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:

Meine Herren! Das Starkstromgeseß befindet sich in Vor- bereitung. Die Oberpräsidenten und Regierungspräsidenten sind zur Berichterstattung aufgefordert, und es ist in dem betreffenden Erlasse ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Städte und Gemeinden ins- besondere auch über die von dem Herrn Berichterstatter erörterten Frage zu hören wären.

Der Baubericht und der Bericht über die Ergebnisse der im Jahre 1909 gepflogenen Verhandlungen des Landes-

A Rai werden für durch Kenntnisnahme erledigt erklärt. :

Ohne Beratung werden auch gemäß den Anträgen der Kommission unverändert angenommen die Ges eßentwürfe betreffend Erweiterung des Stadtkreises Frankfurt a. M' Erweiterung des Stadtkreises Spandau, Auflösung des

Landkreises Mülheim a. d. Ruhr, Erweiterung des Stadt: F

kreises Essen und des Stadtkreises Cöln.

Bei der Beratung des Ges E N betreffend Ex: weiterung des Stadtkreises Natibor, bemerkt

Herr von Wrochem, daß “ini Landkreise Ratibor groß, Beunruhigung entstanden sei, weil man befürchte, daß _noch weiter, Cg aua angestrebt werden, wodurh der Kreis außer,

)

ordentlich ges

wächt würde. y : : Cin Negierungsfkommissar erklärt, daß es sich nur um die

Cingemeindung von Plania handele, und weitere Wünsche nicht |

bekannt geworden seien.

Herr Dr. Bender weist darauf hin, daß durch den von der f erweiterten Gemeinde Natibor geplanten Brückenbau über die Oder auch dem Kreise Vorteile zugute kämen; sonst hätte der Kreis

diese Kosten tragen müssen. Der Entwurf wird unverändert angenommen.

Ebenso stimmt das Haus zu der von der Kommission E

beantragten unveränderten Annahme der Geseßzentwürfe, be

kreises Kiel und des Stadtkreises Magdeburg.

der männlichen Stellvertretung für die bei munalen Wahlen stimmberechtigten Frauen wird der Negierung als Material überwiesen.

Um B/4 Uhr vertagt sih das Haus auf Donnerstag, 12 Uhr. (Abänderung der Gebührenordnung für Rechts: | anwälte und Notare, kleinere Vorlagen und Berichte der Kom- | missionen.)

Haus der Abgeordneten. 41. Sißung vom 16. März 1910, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)

Ueber den ersten Teil der Verhandlungen in Dieser Sißung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden. |

Das Haus segzt die dritte Beratung des Geseßentwurfs|

zur Abänderung der Vorschriften über die Wahlen | zum Hause der Abgeordneten, und zwar zunächst f

Generaldiskussion über denselben fort.

Aba: Fishbeck (fortschr. Volksp.): Unsere ablehnende Haltun; | ist dadurch begründet, daß das gleiche Wahlrecht, das wir grundsäßzlih vertreten, abgelehnt wird, und auch unsere Anträge, die wir zur F

Abschwächung des plutokratischen Charakters des Wahlrechts gestellt

haben, fämtlich eine Majorität nicht gefunden haben. Es ist alles V beim Alten geblieben. Die Bevorzugung der Abiturienten ist nur M ein Schönheitspflaster auf das Geseß, um gewisse Klassen der Ge: M bildeten zu beruhigen, die darüber klagen, daß Ne dem s{chrecklichen M

Los anheimgefallen sind, mit den Arbeitern und Hausdienern in der dritten Klasse wählen zu müssen. Wir erblicken in diesem Schönheitspflaster nur eine Verschlehterung des Gesetes. Der geheimen Wahl hat man den ganzen Inhalt genommen, nachdem man fie mit der indirekten Wahl verbunden hat. Eine Ver- s{lechterung der Vorlage ist es au, daß die Terminswahl wieder eingeführt ist, ganz abgesehen davon, daß es abgelehnt worden ist, die Sicherung für die geheime Wahl festzulegen. Wenn man dafür forgen will, daß wirklich der Wille der Urwahl zum Ausdruck kommt, dann muß man den Urwählern selbst das Necht geben, die Abge- ordneten zu wählen. Wer \ich gegen die direkte Wabl sträubt, der will keinen geraden Weg gehen. Das Volk da draußen will die volle

Grfüllung der feierlihen Königlichen Zusage. Erst wurden uns große F

Vorarbeiten angekündigt, Druckbände darüber sind uns zugegangen, und dann wurde uns gesagt, daß die Regierung auf dem Standpunkt stehe, daß die indirekte Wahl fallen müsse. Wenn man \ich weiter vorhâlt, daß die Negierung alles fallen läßt, und einfach die Majorität im Hause angibt, was zu geschehen hat, dann zeigt das klar, daß wir eine kon}ervativ-fklerikale Parteiregierung haben.

Abg. Dr. von Jazdzewski (Pole): Ich muß im Namen meiner Freunde erklären, daß wir unbedingt für die geheime Wahl sind, damit jeder Staatsbürger unbehindert seine Meinung sagen kann. Es bleibt uns nihts anderes übrig, als diesen Geseßentwurf {on deswegen, weil er die geheime Wahl nicht sichert, abzulehnen.

Abg. Dr. Li ebknecht (Soz.): Das heute bestehende Dreiklafsen- wahlrecht ist durch einen Gewaltstreih dem preußischen Volk oktroyiert worden; daran wird auch nichts geändert dadurch, daß nachträglich die Genehmigung des Parlaments für diesen Staatt streich gegeben worden ist. Die Bestrebungen nah Einführung des allgemeinen, geheimen und gleihen Wahlrechts wollen ja nit weiter als den ursprünglihen Zustand, den wir nach der Verfassung von 1848 in Preußen hatten, wieder herstellen. Wenn man di Worte der Thronrede recht versteht, so müßten alle diejenigen, die jeßt die Mehrheit haben, ihres Wahlrechts verlustig gehen und ein Wahlrecht eingeführt werden, das der Demokratie, der breiten Mass: des Volkes, die Herrschaft gibt; denn dort befindet fich wirklid politishes Verantwortlihkeitsgefühl. Die Triarier Sr. Ma- jestät find es, die der Verwirklihung des Versprechens der Thronrede den heftigsten Widerstand entgégengeseßt haben. Der Neichskanzler hat in seiner ersten Nede versucht, die Dreikl- sen \{chmach unter göttlichen Schutz zu stellen, ‘die Abhängigkeiten, die wir [eider im politishen und wirt|chaftlihen LÆben haben, als eine Tätig- keit des göttlihen Willens zu erklären. Dieses Wort von den ge- gebenen Abhängigkeiten ist eine öde Blasphemie. Es ist unerhört, den lieben Gott hier zum Schinddecker des Terrorismus zu machen. (Vize prâsident Dr. Porsch: Jch bitte den Redner, dieses Thema etwas zarter zu behandeln!) Es wird hier im Hause geschachert, als ob man auf der Börse ist. Das Haus hat sih zu einer elenden Trödelbude herabgewürdigt. (Stürmisher Lärm rehts. Glocke des Präsidenten, die den Lärm kaum durchdringen kann. Erregte Rufe: Raus, raus! Vizepräsident Dr. P or\ch: Herr Liebkneht, ich rufe Sie zur Ordnung! Erneute stürmische Nuse rechts und im Zentrum: Naus, raus! Der Präsident \{wing! fortwährend die Glocke und bittet um Ruhe, damit der Redner fortfahren kann. Erneute „Raus“-Nufe und Zischen rechts und im Bentrum. Vizepräsident Dr. Porsch: Jch bitte dringend um Ruhe, ih kann vollständig verstehen, daß die Herren so erre! find, gleihwohl bitte ih, vollständig ruhig zu bleiben, damit der Nedner seine Nede fortseßen kann. Erregte Zurufe bei den Sozial- demokraten, die den Präsidenten aufzufordern scheinen, den Redner gegen die „Naus“-RNufe in Schuß zu nehmen. Es - gelingt det Präsidenten endlich, die Ruhe wieder herzustellen, die Rechte verläßt bis auf wenige " Abgeordnete demonstrativ den Saal.)

(Schluß fn der Dritten Beilage.)

Ai Erweiterung des Stadtkreises Harburg, des Stadt | Eine Petition des Schlesischen Frauenverbandes und des | Schlesischen Vereins für Frauenstimmrecht um Abs lung |

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(Schluß aus der Zweiten Beilage.)

Dieses Haus ist neulih aus Anlaß dieser Debatte von einem großen Schußmannsaufgebot . mit vielen Offizieren umgeben gewesen. Cin arlament, das unter dem Schuße der Polizei tagen muß, st eine merkwürdige Erscheinung. Die Mitglieder des Hauses wurden aufgefordert, dur einen anderen Eingang als gewöhnlih das Haus zu betreten, weil man Straßen- demonstrationen befürchtete. Bei den Straßendemonstrationen hat sih die Polizei nur eine Blamage zugezogen. Die Massen unserer Parteigenossen haben dagegen vollkommen Disziplin ewahrt; und da spriht man von Nadaubrüdern! Mit einem Volk, as so gegen Sie empört ist, können Sie auf die Dauer nicht regieren, weder nach innen, noch nah außen. Mit Gewalt läßt si ein Volk auf die Dauer nichi regieren. Und dann kann der Staat auch seine Machtstellung nach außen niht wahren. Die Konser: vativen fühlen sh bei dieser Vorlage absolut nicht wohl in ihrer Haut, und auch das Zentrum fühlt fich durchaus unsicher und juht nah kleinen taktishen Manövern, um das Volk nicht zu einem klaren Blick über die Situation kommen zu lassen. Die „Germania“ verlangt, daß die Regierung ih offen für die Beschlüsse der zweiten Lesung erklärt. Die Wähler des Zentrums werden aber klug genug sein, einzusehen, daß eine Wahl- rechtsreform, die mit den Konservativen gemacht wird, das Gegenteil einer Reform sein muß. Die Sehnsucht der Konservativen nah der Mitarbeit der Nationalliberalen und auch die innere Sehnsucht des Zentrums nach der Mitarbeit dieser ihrer Feinde ist nihts weiter als das Suchen nah Mitschuldigen an dieser Schandtat.

Bizepräsident Dr. Krause: Herr Abg. Liebknecht, wegen dieser Beleidigung großer Parteien des Hauses rufe ih Sie zur Ordnung (Rufe rechts: zum zweiten Mal!) und mache Sie auf die geschäfts- ordnungsmäßigen Folgen des zweiten Ordnungsrufs aufmerksam.

Abg. Liebknecht (fortfahrend): Der Ministerpräsident sagte geulich, die MNegierung vinkuliere sich nicht. Sie fann fi garniht vinkulieren, sie ist \{chon vinkuliert, eingesperrt von den Konservativen und dem Zentrum, und auch die heutige Grklärung des Herrn von Bethmann zeigt nur, daß die Ne- terung im Banne der Konservativen und des Zentrums igt. Die Regierung macht diese Wahlreform nicht, die Parteien machen sie. Wenn das Zentrum in dieser Situation, wo folche Unsicherheit in den Parteien und in der Negierung herrs{ht, nur ein bißchen der Gnergie für seine programmatische Forderung des gleichen, geheimen und direkten Wahlrechts aufwenden wollte, die es immer in firchenpolitishen Dingen aufwendet, so könnte es mit Leichtigkeit eine folhe Wahlreform erreichen. Aber es will diese Vorlage durch- peitscen ; dieses Durchpeitschen ist nihts anderes als die wilde Flucht vor dem Volke. Die Vertreter der Arbeiter im Zentrum, die si riftli verpflihtet haben, für das NReichstagswahlrecht einzutreten, a die Pflicht gehabt, jeßt das Tischtuh zwischen sich und dem Zentrum zu zershneiden. Auf die Dauer wird man die Wähler nicht über diese Art der Geseßgebungsarbeit täuschen können. Die Welt- geschichte ist das Weltgericht, die Posaune des jüngsten Gerichts, des Volksgerichts wird Ihnen in den Ohren gellen. Die Konser- vativen werden bereuen, nicht rechtzeitig auf ihre Privilegien ver- ¡ichtet zu haben. Sie können hier einen parlamentarischen Sieg erfechten, aber er wird Ihnen teuer zu stehen kommen. Der Kampf geht weiter! j

Abg. Dr. Bell- Essen (Zentr.): Man wird es verstehen, wenn ich es unter meiner Würde halte, auf diese Aus- ührungen zu antworten. Wenn ich das richtig fkritisieren Fe würde mir der parlamentarische Ausdruck dafür fehlen. Wir können uns aber niht länger von diesen \echs Herren hier im Hause einen folchen Ton gefallen lassen (großer Lärm bei den Sozialdemokraten), wie er in der fozialdemokratischen Presse und in fozialdemokratischen Versammlungen zu finden ist, aber Gott sei Dank in diesem Hause bisher ausgeschlossen war. (Abg. Dr. Liebknecht: Das ist Ihnen unbequem!) Nein, das ist mir niht unbequem, aber es ist mir manches physisch unangenehm. Ih muß es namens meiner Partei ablehnen, daß uns Herr Liebkneht eine Belehrung zuteil werden läßt. Pêan fann sih des Eindrucks nicht erwehren, als ob der sozialdemokratishe Antrag, auch den 20jährigen Weibern das passive Wahlrecht zu verleihen, {on zur Durchführung gekommen wäre. Die Sozialdemokraten wollen jeßt einen großen Fiszug gegen unsere Partei nah Rheinland und Westfalen machen, aber die Treue unserer Wähler und ihre Aufgeklärtheit steht uns felsenfest, sodaß sie sich nicht über das Ohr hauen lassen werden. Daß wir uns niht von parteipolitishen Erwägungen leiten lassen, dafür ist ein klassisher Zeuge der Ministerpräsident, der bei der ersten Lesung erklärte, daß das Zentrum keinen Siß verlieren werde, gleich- viel ob nah NReichtagswahlreht oder nah Dreiklassenwahlrecht ge- wählt werde. Die Stärke unserer Pactei und die Treue unserer Wähler hält allerdings jedem Wahlsystem stand. Es haben uns also nur ethishe Erwägungen geleitet. Das Geheimnis der Zentrumstaktik ist nur, daß wir keine Vogelstraußpolitik getrieben, sondern mit den gegebenen Verhältnissen gerehnet haben. Wir sind uur 104, o noch ncht 4 dieses Hauses, wir sind also auf die Unterstützung größerer Parteien angewiesen, und daher konnten wir nur einen Teil unserer Wünsche erreichen, und zwar das geheime Wahlreht, das wichtiger ist als das direkte Wahlreht. In ihrem stillen Kämmerlein werden uns die Sozialdemokraten doch dankbar fein, daß wir ihnen das geheime Wahlrecht verschafft haben. Sobald sich die Wogen etwas geglättet haben, wird man im Volke der vielgeschmähten Taktik des Zentrums gerecht werden und sehen, daß die Verbesserungen, die erzielt sind, wesentlih dem Zentrum zu danken find. Wir halten es für unsere patriotische Pflicht, mitzuwirken an der Erfüllung des Versprechens der Thronrede. :

Damit {ließt die Generaldiskussion.

Während der dann folgenden Spezialdiskussion wird noch eine große Reihe von Abänderungsanträgen eingebracht.

Die 88 1 bis 3 werden ohne Debatte angenommen.

Zu § 4 (geheime Wahl der Wahlmänner) bemerkt

Abg. Freiherr von Nichthofen (kons.): Wir hatten bei der zweiten Lesung einen Antrag gestellt, um noch einmal die Frage, ob öffent- liche oder geheime Wahl, zur Entscheidung zu bringen. Jh habe namens meiner Fraktion zu erklären, daß wir von der Wiederein- bringung des Antrages absehen, nicht weil dies damals nur ein taktishes Manöver war das taktishe Manöver lag auf anderer Seite —, wir wollten vielmehr, daß das Haus noch einmal darüber entscheidet, ob eine Mehrheit für das geheime oder das öffentliße Wahlreht war, es sollte niht eine Scheinmehrheit oder eine Scheinminderheit sein, sondern es sollte jedes Mitglied noch einmal vor die Entscheidung gestellt werden. Wenn die Mehrheit wirklih für die geheime Wahl war, so wollten wir wenigstens die andere Grundlage unseres Wahlrechts, die indirekte Wahl, aufreht erhalten. Durch das Hinausgehen der Nationalliberalen und Frei- Ännigen, die sih an der Abstimmung nicht beteiligten, ist festgestellt, daß eine Mehrheit für die öffentlihe Wahl in ihrer vollen Aus- dehnung nicht vorhanden ist. Es besteht bei vollbeseßtem Hause tatsächlih eine Mehrheit von 240 gegen 201 für die geheime Wahl. Nachdem dies festgestellt ist, würde es jeßt nur taktish sein, wenn

Dritte Beilage um Deutschen Reichsanzeiger und Königli

Berlin, Donnerstag, den 17. März

r öffentlichen Wahl wiederholen Diese Ausführungen werden hoffentlih dazu beitragen, daß Legendenbildung vor dem Lande zerstört wird.

440g. Friedberg (nl.): zweifelhaft sein, daß eine Melk

wir den Antrag auf Einführung de

Das Haus kann darüber nicht )rheit für die geheime Wahl vor- i Ich verzichte jeßt darauf, mih mit dem Vorredner darüber außeinanderzuseßen, auf welcher Seite das taktishe Vor- aehen war.

__ Abg. Freiherr von Zedliß und Neukirch (frkon\.): Auch ejenigen meiner Freunde, die für die öffentliche Wahl sind, werden Aber das foll niht sagen, daß wir für mehr von der Gestaltung se für den § 4

A den § 4 stimmen. das Gescß im ganzen stimmen, das wird viel 5 6 abhängen. Wir stimmen also bedingungswei } wenn unser Antrag nommen wird.

Ein Schlußantrag wird angenommen.

3 4 wird angenommen, ebenso § 5 ohne Debatte. Bestimmungen über die Drittelung inner- halb des Stimmbezirks nah Maßgabe der direkten Steuer- leistung, die Maximierung von Steuersaß von 4 M.

Or. Arendt (frion).) u. Gen. beantragen den mit mehreren Stimmbezirken die Drittelung ein jeitlih für die ganze Gemeinde.

Dieselben Abgeordneten beantragen, die Maximierung in mehr als 20 000 Einwohnern auf 10 000 M festzusezen und die Maximierung alle zehn ahre, zum ersten Male 1920, um denjenigen Prozentsatz zu erhöhen, um den der Gesamtbetrag der Staatseinkommensteuer gestiegen ist.

Abg. Freiherr v on Zedliß und Neukirch (frkon\.): Drittelung in der Gemeinde sprechen die bisherigen Erfahrungen mit der Drittelung in Urwahlbezirken. Bei dieser hat sich ergeben, daß in einem Fall für die erste Abteilung 91 000 4, in einem anderen Falle nur 24 Æ Steuern in Frage kamen. Im ersteren Falle haben in den )e Leute zu Ungunsten des Mittelstandes die Minderbemittelten die Mittelstandes. daß der Mittelstand seine aus- Drittelung der Ur die oberschlesishe Industrie durch Polen und Sozial- demokraten vertreten würde, so wäre das keine rihtige Vertretung unserer Industrie. Wir müssen der Bedeutung unserer Industrie gerecht werden. Nach der Einführung der Maximierung und der Kulturträgerbestim- mung sind die Gründe für die Drittelung im Urwahlbezirk fortgefallen. Wir müssen also eine neue Grundlage schaffen, die die schädlichen Wirkungen der Drittelung mildert. Die Marimierung von 5000 steht mit dem Grundgedanken, daß die Steuerleistung für das Wahl- recht maßgebend sein foll, im Widerspruch. einen größeren Einfluß einzuräumen, haben wir den Antrag auf Er- höhung der Grenze auf 10 000 S4 gestellt.

Minister des Jnnern von Moltke: Bereits bei der Kommi]sionsberatung und \päter ist die Erklärung abgegeben worden, daß der Gedanke, die Drittelung auf eine breitere Bass zu stellen, von uns für innerlich be- rechtigt angesehen wird, um bestehende Üngleichheiten zu beseitigen. Ich habe in der leßten Sizung erwähnt, daß grundsäßlihe und tehnische Bedenken gegen eine \olhe Maßnahme nicht vorliegen. Gegenüber der Bedeutung, welche der Antrag im Laufe der Ver- handlungen gewonnen hat, stehe ich nicht an, nochmals ausdrücklih zu betonen, daß die Staatsregierung den vorliegenden Antrag durchaus unterstüßt. (Bravo! bei den Freikonservatien und Nationalliberalen.) Was den Antrag 201 anbetrifft, so habe ich bereits in Lesung ausgeführt, daß die Festlegung der Grenze der Mearimierung keine Prinzipienfrage für die Königliche Staatsregierung bedeutet und daß man durchaus darüber streiten kann, wie bo oder wie niedrig die Grenze gegriffen werden muß, da die davon getroffenen Ver- hältnisse durchaus verschiedenartig liegen. Es ist aber durchaus anzu- erkennen, daß die Ihnen hier vorgeschlagene Regelung dazu beitragen wird, etwaige ungewollte Härten und Ungleichheiten der Wirkung eines festen Satzes des Höchststeuermaßes abzumildern. Ihnen daher auch die Annahme des Antrages Nr. 201, soweit er fich auf die Grenze der Marimierung bezieht.

S 6 enthält di

(Gemeinden mit

zweiten Abteilungen noch sehr reid gewählt, im zweiten Falle beherrs{hten au zweiten Abteilungen, aber dafür forgen, \hlaggebende Stellung behält. wahlbezirke z. B.

Um der Steuerleistung

Meine Herren!

Ich empfehle

(Bravo! rechts.)

__ Abg. Freiherrr von Ri h Antrag Arendt zustimmt, \o den in den Motiven zur Dritte Die Regierung bemerkt da, Moment, an der Drittelung der Urwablbezirke Negierung darin liege, daß diese Drittel Gewiß fördert diese

thofen (kons.): Wenn die Regierung dem jeßt Ne lch damit in Widerspruch zu lung in den Urwahlbezirken angegebenen

festzuhalten, für die ung dem Mittelstande zu gute Drittelung manchmal gewisse Klassen ze zu Tage, aber die Statistik beweist, daß solche Fälle die Aus In der überwältigenden Mehrheit aller Bezirke hat diese Drittelung das Uebergewicht. im Hause haben Ürwahlbezirken zu verdanken. diese Herren Wenn die Herren hier fo ist das noch j Nede in weiten Teilen gibt es doch noch viele patriotische wohin soll es führen, wenn solche Aus preußischen Abgeordnetenhauses ge- Wir können den Anträgen Motiven angegebenen Tatsachen voll- Der Abg. Freiherr von Zedliß hat seinerzeit Urwahlbezirken gestellt, : Die Marimierung weil wir keineswegs Vertreter des Geld

gerade der Mittelstand durch Die fünf Sozialdemokraten Cinführung der Drittelung in den man den Antrag Arendt annähme, so würden wobl auf Nimmerwiedersechen vershwinden. solche Neden halten, wie heute der Aba. Liebknecht, niht das Allerbedenklihste, denn wenn diese des Landes bekannt wird, so Männer, die sagen werden : führungen von der Tribüne halten werden, die uns geradez nicht zustimmen, die die in den ständig verschieben. den Antrag auf Drittelung in den widersinnig

u verletzen!

den er jeßt deswegen von uns gebilligt, Die Drittelung in den Urwahlbezirken hat Die Industrie Vertretung wie im Die Negierung muß ja

dt besteht, ihren

__ Abg. Herold (Zentr.): sich auch in der Praxis g findet bei dieser Drittelung genau so gut ihre Falle der Abänderung dieser Bestimmung. ewisse Rücksichten auf die Majorität des H wo keine Majorität für den Antrag Aren ‘en Standpunkt preisgibt, ist schr verw1 Geheimer Oberregierungsrat der bisherigen Beratungen weit

anz außerordentlih bewährt.

von Falkenhayn: Das Ergebnis

in so wesentlichen Punkten von der Regierungsvorlage ab, daß ih davor warnen kann, aus der NRe- gierungsvorlage und aus den Motiven Argumente berzuleiten.

iffer (nl.): Die Regierung sagt : wo wir {on so viel etwas mehr oder weniger nit an, Die Begründung ist kann mih auch der Verwunde- Minister den Standpunkt, den er jeyt

kommt es auf Zegründung preis.

aufgegeben haben, und jeßt gibt sie sogar die L doch eine selbständige Sache, rung nicht entshlagen, daß der

ch Preußischen Staaltsanzeiger,

1910.

V EN SE A] No S 20 UR S T? Es U DO R E E E T

hier kundgegeben hat, nit von Anfang an vertréten hat. Das würde die Verhandlungen sehr gefördert haben. Durch die Dritte- lung in den Urwahlbezirken ist nicht irgend eine erhebliche Förderung des Miittelstandes zustande gekommen, sondern lediglih eine Be- günstigung der proletarishen Massen. Eine Ironie der Geschichte ijt es, daß die Konservativen die Schrittmacher des Zentrums sind, die durch diese Drittelung in VWBerbindung mit der geheimen Wahl in bewußter Weise auf das Neichstagswablrecht hinarbeiten.

Ein Antrag auf Schluß der Debatte wird angenommen.

Zur Geschäftsordnung bemerkt

Ubg. Leinert (Soz.): Als Vertreter der arößten Partei in Preußen bedauere ih, daß mir dur den Schluß der De- baîte das Wort abgeschnitten und mir so die Möglichkeit ge- nommen ist, zu dem Antrag, der darauf hinausläuft. ‘die Sozial- demoftratie aus diesem Hause hinauszubringen, zu |prechen. Fn einém anständigen Parlament sollte nit fo verfahren werden. (Große Un- ruhe rechts.) Sie sollten sih s{chämen, etwas derartiges zu tun! (Vizeprä|ident Dr. Krause: Wegen dieser leßten Aeußerung rufe ih Sie zur Ordnung!) | Darauf wird der Antrag Arendt betreffs der Drittelung in der Gemeinde gegen die Stimmen der Freikonservativen und Nationalliberalen abgelehnt. Der Antrag Arendt betreffs Maximierung auf 10000 #6 in Gemeinden mit mehr als 20 000 Einwohnern wird gegen die Stimmen des Zentrums, der Volkspartei, der Sozialdemokraten und der

| Polen angenommen, dagegen wird der Antrag Arendt auf

Revifion der Maximierung alle 10 Jahre gegen die Stimmen der Freikonservativen und Nationalliberalen ab- gelehnt. Jm übrigen wird § 6 nur mit einigen vom Abg. Bell beantragten redaktionellen Aenderungen in der Kommissions- fassung angenommen.

S 7 wird ohne Debatte angenommen.

S 8 enthält die Bestimmung, daß die Abiturienten der höheren Lehranstalten der zweiten Abteilung zugewiesen werden. Hierzu bemerkt

Abg. Leinert (Soz.): Es ist eine furchtbare Ungerechtigkeit, daß lediglih der Besiß für das Wahlrecht maßgebend sein soll, denn der Besiß wird doch nicht erworben durch besondere Fahigkeiten. Gr kann erworben werden dadurch, daß man ihn ererbt, daß man ihn ergaunert, oder daß man andere Leute für sich arbeiten läßt. Daß man die Prämiierung der Abiturienten in das Geseg hineingebraht hat, ist eine weitere Prämiierung des Besitzes. Als im Zirkus Busch bei der Generalversammlung des Bundes der randwirte „Pfui!“ gerufen wurde, da ging dieser Pfuiruf nicht gege die Regierung, jondern höher hinauf, und das sind die June das ist die Bildung der Junker, die dem Volke seine Ündildung voërverfen. Erst wollte may au& dèn Gutsvorstehern ein pri- vilegiertes Wahlrecht geben, also auch den Leuten, die keine

| Steuern zahlen, Denen foll nit nur ein fingierter Steuer-

betrag angerehnet werden, - sie sollen auch noh gebildeter sein als das Volk. Wenn man, wie es die Negierungsvorlage vor= shlug, au die Schußleute in die zweite Abteilung bringen wollte, warum will man es dann nicht auch mit den Streikbrehern machen das sind doch auch nüßliche Elemente. Der wahre Grund, weshalb man die Gebildeten in die zweite Abteilung bringen will, if nur der, daß man nit mit den Arbeitern zusammen in einer Klasse wählen will, weil man die Arbeiter verahtet. Das Parlament übt jeßt Volksverrat (Vizepräsident Dr. P or \ ch ruft den Redner zur Ordnung), aber das Volk wird ih seine Rechte ertämpfen.

Abg. Dr. von Campe (nl.): Wenn wir für die Heraufhebung der Jogenannten Kulturträger gewesen sind, fo wollten wir damit nicht die Cramensweisheit privilegieren; wir wollten vielmehr die Be- währung im praktischen Leben berücksihtigen. Da na dem Beschluß zweiter Lesung nur die Examensweisheit zu Grunde gelegt wird, fann keiner meiner Freunde mehr für den § 8„stimmen.

Damit schließt die Debatte.

Persönlich bemerkt

__ Abg. Freiherr von Richthofen (kon\.), daß er nicht gesagt habe, daß das Volk ungebildet sei, daß er aber die Herzensbildung bet den fozialdemokratishen Führern vermisse, die den Minister- prästdenten in der bekannten Weise hier empfangen hätten und fort- gelep! die religiölen und nationalen Gefühle großer Parteien ver- eßten.

S 8 wird mit einigen vom Abg. Dr. Bell beantragteu redakttionellen Aenderungen gegen die Stimmen der Linken angenommen, ebenso ohne erheblihe Debatte der Rest des Gesetzes.

Bei der Gesamtabstimmung wird das Gesetz im ganzen mit 238 gegen 168 Stimmen angenommen.

Dafür stimmen das Zentrum geschlossen und die Konser- vativen mit Ausnahme der Abgg. von Brandenstein, von Davier, von Jagow, Dr. Krüger-Marienburg, von Wenzel, und von den Freikonservativen stimmen dafür die Abgg. von dem Knesebeck und Dr. Schro.

Dagegen stimmen die Nationalliberalen , Volkspartei, Polen und Sozialdemokraten geschlossen sowie die Frei- tonservativen mit den genannten beiden Ausnahmen, außerdem die beiden dänischen Abgg. Kloppenborg und Nissen.

Das Haus geht dann zur Beratung der beantragten Resolutionen betreffs Neueinteilung der Wahlkreise über.

Die Abgg. Hobrecht (nl.) und Genossen beantragen;

edie Regierung zu ersuchen, dur Geseß eine Vermehrung

der Abgeordneten insoweit herbeizuführen, wie dies nah Maßgabe der veränderten wirtschaftlihen und Bevölkerungsverhältnisse an- gemefsen erscheint.“

Die Resolution der Abgg. Aronsohn (fortschr. Volksp.) und Genossen wünscht noch in dieser Session die Vorlegung eines Geseßes, wonah die Wahlkreise auf Grund der Volks- zählung von 1905 neu eigeteilt werden, und die Gesamtzahl der Abgeordneten neu bestimmt wird.

Die Abgg. Borgmann (Soz.) und Genossen wünschen eine Gesezesvorlage, wonah auf Grund der jedesmaligen Volkszählung vor jeder Wahl die Wahlkreise neu eingeteilt werden, und die Gesamtzahl der Abgeordneten neu be- stimmt wird.

Abg. Schifferer (nl.) begründet unter großer Unruhe des Hauses furz den Antrag seiner Partei. :

Abg. von Gescher: Die neue Einteilung der Wahlkreise kanu immer nur in großen Zeiträumen stattfinden. Wir baben erst im Jahre 1906 eine neue Wahlkreiseinteilung vorgenommen. Jett im E 1910 können wir niht {on wieder mit einer neuen Einteilung ommen.

Abg. Hoff (fortschr. Volksp.) begründet den Antrag der Volks- partei. Durch die jeßige ungleiche Wahlkreiseinteilung haben wir ein potenziertes ungleihes Wahlrecht, das niht mit der Verfassu in Ginklang zu bringen ist, wo es heißt: alle Preußen sind