1910 / 81 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 07 Apr 1910 18:00:01 GMT) scan diff

Finanzministerium.

Zu Rentmeistern bei Königlichen Kreiskassen sind ernannt:

in Meppen der Steuersekretär Stockmann aus Osterburg,

in Heiligenbeil der RegierungshauptkassenbuchhalterSlottk o aus Allenstein,

in Rybnik der Regierungshauptkassenbuhhalter Steuer aus Düsseldorf,

in Lüben der Regierungshauptkassenbuchhalter Hein aus Gumbinnen, M in Wiesbaden der Steuersekretär Leimbach aus Wies3- aden,

in Gersfeld der Steuersekretär Sch midt aus Cöln,

in Friedeberg N.-M. der Steuersekretär Lange aus Dt.-

Wilmersdorf,

{n Namslau der Steuerfefteiär H fiSeld aus Kattowiß, in Marienberg der Kreissekretär Neumann aus Bubliß, in Rummelsburg der Kreissekretär Pankag aus Bütow.

Verseßt sind die Rentmeister bei Königlichen Kreiskassen : Lung von Torgau nah Düsseldorf, auer von Marienberg nah Verden, Bolenski von Gersfeld nah Melsungen, Ain von Rummelsburg nah Torgau, ieback von Namslau nah Berlin (Kreiskasse Teltow IL), Breèt\{ch von Lüben nah St. Goarshausen, Moe! ick von Marggrabona nah Dortmund und _ eyer von Friedeberg N.-M. nach Berlin (Kreiskasse Niederbarnim I1).

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Bei dem Berggewerbegericht ‘zu Dortmund ist der Berg- meister Vowinckel in Wattenscheid zum Stellvertreter des Vorsitzenden unter gleichzeitiger Betrauung mit dem Vorsitz der Kammer Wattenscheid dieses Gerichts ernannt worden.

Tagesordnung für die am Mittwoch, den 20. April 1910, Mittags 12Uhr, stattfindende zweite Bel ameri bang des Bezirkseisenbahn- rats Cöln.

Neuwahl eines stellvertretenden Mitglieds des ständigen Aus-

\hufses.

Vorlage der Königlichen Eisenbahndirektionen, betreffend Auf- nahme von Koksbriketts in die besonderen Kohlenausnahmetarife und in den Ausnahmetarif 2 (Nohstofftarif.)

Mitteilungen der geshäftsführenden Direktion sowie Mitteilungen über Verkehrs- und Fahrplanänderungen.

Cöln, den 6. April 1910.

Königliche Eisenbahndirektion. Martini.

Personalveränderungen.

Königlich Preußische Armee.

Offiziere, Fähnriche usw. Ernennungen, Beförde- rungen, Verseßungen usw. Homburg v. d. H., 4. April. Ke brer, Gen. der Art. und Präses der Art. Prüfungskommisjion, in Genehmigung seines DL Me dog e mit der geseßlichen Pension zur Disp. gestellt; zugleih die Erlaubnis zum Tragen der Uniform des Großherzogl. - Art. Korps, 1. Großherzogl. Hess. Feldart. Negts. Nr. 25 erteilt. Sieger, Oberst und Abteil. ef im . Kriegs-

inisterium, me Wahrnehmung der Geschäfte als Präses der Art, „Prüfungskömmission beauftragt. Jung, Major beim Stabe der art. -Schießschule, in das Kriegsministérium verseßt und mit Wahriehmung der Geschäfte eines Abteil. Chefs in dem- selben beauftragt. Kuhn, Gen. der Art. und Inspekteur der 1. Fußart. Insp., in Genehmigung seines Abschiedsgesuchs mit der geseß- lichen Penfion zur Disp. gestellt. Lauter, Gen. Lt. und Inspekteur der 2. B SInsp., in gleicher Eigenschaft zur 1. Fußart. Insp. verseßt. Heinrich, Gen. Major und Kommandeur der 2. Fußart. Brig. zum Inspekteur der 2. Fußart. Insp. ernannt. v. Schickfus u. Neudorff, Gen. Lt. und Kommandeur der 29. Div., in Genehmigung seines Abschiedsgesuhs mit der geseßlichen Or zur Disp. gestellt. v. Deimling, Gen. Lt. und ommandeur der 58. Inf. Brig. und kommandiert zur Vertretung des Kommandeurs der 29. Div., zum Kommandeur dieser Div. ernannt. r v. Ompteda, Oberst und Kommandeur des 2. Ober- elsäfs. Inf. Regts. Nr. 171 und kommandiert zur Vertretung des Kommandeurs der 58. Inf. Brig., mit der Führung dieser Brig. be- auftragt. v. Oerßen, Oberst beim Stabe des 3. Unterelsäss. nf. Regts. Nr. 138 und kommandiert zur Vertretung des Kommans- deurs - des 2. Oberelsä}s. Inf. Regts. Nr. 171, zum Kommandeur dieses Negts. ernannt. Richter, Oberstlt. und Bats-Kommandur im nf. Regiment Herzog Ferdinand von Braunschweig (8. West- fäalishen) Nr. 57, zum Stabe des 3. Unterelsäss. Inf. Negts. Nr. 138, Lor ck, Major beim Stabe des Inf. Regts. Vogel von Falkenstein (7. Westfäl.) Nr. 56, als Bats. Kommandeur in das Inf. Negt. Herzog Ferdinand von Braunschweig (8. Westfäl.) Nr. 57, verseßt. Kettembeil, Gen. Lt. und Kommanteur der Feldart. Schießschule, in Genehmigung seines Abschiedsgesuches mit der geseß- lichen Pension zur Disp. gestellt.

Homburg v. d. H., 5. April. Koehne, Gen. der Art. und Feldzeugmeister, in Genehmigung seines Abschiedsgesuches mit der ge- seglihen Pension zur Disp. gestellt. Büing, Gen. Lt. und In- ipekteur der Art. Depotinsp., zum Feldzeugmeister, Eck, Gen. Major und Chef der Zentralabteil. der Feldzeugmeisterei, zum Inspekteur der Art. Depotinsp., ernannt.

Beamte der Militärjustizverwaltung.

Durch Verfügung des Kriegsministeriums. 24. März. Verseßt zum 1. Juli 1910: Leist, Oberkriegsgerichtssekretär, vom IX. zum 111. Armeekorps; die Kriegsgerichtssekretäre: Lange von der 17. Div. (Aintésiy Hamburg) zum 1X. Armeekorps, Netsener von der 21. Div. zur 17. Div. (Amtssiß Hamburg), Breiter von der 11. Div. zum XVII. Armeekorps, Lade von der 9 Div. zur 11. Div., Le mk e von der 16. Div. zur 3. Div. ; die Militärgerichts- assistenten: Neubaum von der 3. zur 9. Div. Woldt von der 36. zur 33. Div.,, Schwartz von der 33. zur 21. Div:

Beanite der Militärverwaltung.

15. März. Verseßt die Garn. Verwalt. Inspektoren: Becker Müllheim i. B. nah Altenburg, Heuer in Demmin nah Müúll- I im i. B.,, Thormann in Stargard i. Pomm. nach Rawitsch, Quint in Altenburg nah Stargard i. Pomm., Kerrinnis in Görliß nach Oppeln, S neider in Blankenburg nah Osterode i. Ostpr., v. Eberstein in Gießen nach Blankenburg, Hamann in NRawitsh nach Görliß, Lange in Hanau nach Deinmin, als Amts- vorstände, Kurschat in Osterode ï. Ostpr. als Zweites Amtsmitglied nach Danzig, Hennig in Hanau in die Kontrolleführerstelle seines Standortes, Hollmick in Straßburg i. E. als Kontrolleführer nach Arvs, Siegmann in Wésel nah Cassel, Schild in Düsseldorf nah Hanau, Lindbeck in Locksledt nah Stettin, Nuban in Berlin nah Erfurt, Döring in Meß nah Colmar i. E.

19. März. Kraus, Baurat, Militärbauinsp. in Cöln IL, M eyer (Franz), Militärbauinsp. in Bonn, gegenseitig verseßt.

Kosse, Proviantmé in Colmar i. E., zum 1. Mai 1910 zur Armeekon crvensa rik Mainz versezt und mit Wahrnehmung der Vor- standsgeshäfte beauftragt. :

Königlich Bayerische Armee.

München, 2. April. Im Namen Seiner Majestät des Königs. Seine Königliche Hoheit A, Luitpold, des König- reihs Bayern Verweser, haben Sich Allerhöhst bewogen gefunden, nachstehende Personalveränderungen Allergnädigst zu verfügen: bei den Veterinäroffizieren: am 1. d. M. dem Korps - Stabsveterinär v. Wolf Téchecischeni Norstand der Militär-Lehrschmiede, den Nang als Oberstlt. zu verleihen; zu befördern: zum Korps-Stabsveterinär dens rstabsveterinär Wir ing der Militär-Reitschule, zum Ober- fta veterinär den Stäbsveterinär Dr. Vogt des 2. _Shwéêten

eiterregiments Erzherzog Franz Ferdinand von ODesterreih- Este, zu Stabsveterinären die Oberveterinäre Dr. Meyer des 1. Schweren Meiterregimæts Prinz Karl“ von Bayern. Göbel des 1. Chev. Regts. Kaiser - Nikolaus von Rußland ei L S ippel des 3. Feldart. Regts. Prin Leopold, Jäger des 1. Train- bats, Dr. Backmund des 2. Träinbats: und Dr. Maier, Assist. bei der Militärlehrshmiede, dann überzähl. die Oberveterinäre Costa des 2. Schweren Reiterregtt Erzherzog: ranz Ferdinand von Oester- reih-Este und Dorn des 4. Chev. Negts. König; zu versetzen: die Oberveterinäre Meyer vom 2. Ulan. Negt. König zum 5. Chev. Regt. Crpberios: Friedrich von Oesterreich, Bron old vom 6. Chev. Regt. Prinz Albrecht von Preußen zum 3. Trainbat. und Lang vom 2. Feldart. Regt. Horn zum Remontedepot Fürstenfeldbruck, sämtliche unter Beförd ¿zu Stabsveterinären, ferner die Ober- veterinäre.… Wild en vom 5%. Feldartillerieregiment König Alfons XITII. von T en zum 3. Chev. Regt. Herzog, Karl Theodor,

t. Regt. König zur Miilitärreitschule,

; en Reiterregt. Prinz Karl von Bayern

gsabteil. des 1. Füßart. Negts. vakant Bothitet,

D rt. Regt. zur Bespännuüngsabt. des 2. Fuß-

regts., Reif eneder vom 2. Schweren Reiterregt. Erzherzog

_ Ferdinand von Oesterreih-Este zum 1. Trainbat., Dörfler

9. Feldart. H um . Trainbat. mit dem Standorte Germers-

(D et: Herzog Karl Theodor zum Remonte- und Lindner vom 7.

(«1 0 Chev. Regt. Prinz tedepot Fürstenfeldbruck.

M 2. Kriegsministerium. Vom 1. April d. J. ab werden zu Unterveterinären des Friedens\tandes ernannt und mit Wabtnega offener. Veterinärstellen beauftragt: die Unterveterinäre der Nes. Schleich (Passau) im 6. Chev. Regt. Prinz Albrecht von Preußen, Ho ( gen) im 11. Feldart. Regt., Zeheter (Passau) im 7. Chev. Regt Prinz Alfons, Lang (Nosenheim) im b. Feldart, Ned. König Alfons X11. von Spanien, Mulzer (Nürnberg) im 1. Schweren Reiterregt. Prinz Karl von Bayern, Gebhardt (Hof) im 4. Feldart. Regt. König, Lanzl (Dillingen) im 2. Schweren Néeiterregt. Erzherzog Franz Ferdinand von Oesterreih-Este und Geuder (Weilheim) im 9. Feldart. Negt. e

Beamte der Militärverwaltung: mit der Wirksamkeit vom 1. April d. J.: am 31. v. M. in REEd Weise befördert : zum Senatspräsidenten beim NReichsmilitärgeriht (Bayer. Senat) der Militäranwalt Dr. Weigel des Bayer. Senats beim Reichs- mit aro zum Militäranwalt des Bayer. Senats beim Neichs- militärgeriht der Geheime Kriegsrat Binder, vortragender Nat im Kriegsministerium; am 2. d. M. der Oberkriegsgerichtsrat Endres beim Generalfommando 1. Armeekorps zur Dienstleistung in das Kriegsministerium berufen; der Kriegégerihtsrat Bertholdt beim Generalfommando I. Armeekorps zum Oberkrieg8gerichtsrat daselbst in etatmäß. Weise befördert; der Militärgerichtspraktikant Dr. Angerer, Lt. der Res. des 14. Inf. Regts. Hartmann, zum Kriegsgerichtsrat beim Gouvernement der Festung Ingolstadt in etatmäß. Ei enschaft ernannt; in etatmäß. Weise verseßt: die Me ie üller von der 1. Div. zym Generalkommando 1. rmeekorps und Dr. Maiér vom GolitSrnement der Festung Ingolstadt zur 1. Div., beide ïa gÆicher Di eigenschaft. ¿

X11. (Königlich Württembergisches) Armeekorps.

Stüttgart, den 1. April 1910. v. Oppeln-Bronikowski, Königl. preuß. Gen. Lt. und Kommandeur dec 26. Div. (1. K. W.), von dieser Stellung enthoben. Frhr. y. Soden, Gen. Lt. und Kommandeur der 51. Inf. Brig. (1. K. W.), zum Kommandeur der 26. DIO (1. Q 26), Bos fert; Gen. Major von der Armee zuin Kommandeur der 51. Inf. Brig. (1. K. W.), v. Moser, Oberst und Abteil. Chef im Großen Generalstabe, unter Enthebung von dem Kommando nah Preußen, zum Kommandeur des Inf. Regts. Alt- Württemberg Nr. 121, ernannt.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 7. April.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Handel und Verkehr und für Justizwesen, der Aus\huß für Rechnungs- wesen sowie die vereinigten Ausschüsse für Zoll- und Steuer- wesen, für Handel und Verkehr, für Justizwesen und für Rechnungswesen hielten heute Sißungen.

Nachdem der bisherige Gesandte Dr. Luis Garabelli Seiner Majestät dem Kaiser und König sein Abberufungs- \chreiden überreicht hat, werden die Geschäfte der Gesandtschaft der Republik Uruguay von dem Ersten Sekretär der Gesandt- haft Masson geführt.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. Flußkbt. „Tsingtau“ gestern von Hongkong nach Foutschou in See gegangen.

In der Dritten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs- und Staatsanzeigers“ wird eine Zusammenstellung der Berichte von deutshen Fruchtmärkten für den Monat März 1910 veröffentlicht.

Baden.

Jn der Zweiten Kammer wurde gestern die Frage der Rheinregulierung von Konstanz bis Basel beraten.

Der Finanzminister Freiherr von Bodman erklärte, wie das „W. T. B“ berichtet, ein endgültiges Urteil über die geplante Rhein- regulierung lasse sich erst abgeben, wenn ein fertiges Projekt vorliege. Es handle sich um ein überaus \chwieriges und fostfpieliges Werk, zu dem von badischer Seite kein Pfennig verausgabt werden dürfe, che nidt die Sicherheit bestehe, daß die Schweiz einen ihren Interessen entspre{enden Anteil am Ausbau des Stromes gebe.

Hamburg.

Die Bürgerschaft hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ gestern ohne Debatte dem Antrage des Senats auf Bewilligung von 7700000 4 zur Schaffung eines Stadtparkes im Stadtteil Winterhude zugestimmt.

Elsaß-Lothringen.

Jn der gestrigen Sißung des Landesauss\chusses kam es bei Beginn der dritten Lesung des Etats noch einmal zu einer Generaldebatte über die Verfassungsfrage, die an die Erklärung des Reichskanzlers Dr. von Bethmann Hollweg im Reichstage anknüpfte. i

Nach dem Berit des „W. T. B.* griff der Abg. Preis O den Staatssekretär Freiherrn Zorn von Bulach neuerli

eftig an und erklärte, man solle von dieser Regierung nichts erhoffen, «venn: veeStauatsset%tes babe, was neh kein Altdeutscher im Lanùbes- aus\husse gewagt, erklärt, das Deutsche Reich sei lsaß-Lothringen überhaüpt nicht \{chuldig, ihm eine Verfassung zu geben. Der Staatssekretär Zorn von Bulach erklärte, er sei nah einer heftigen Debatte im L Ene noch fn dem- [eben Tage zum Statthalter gegangen und habe ihm gesagt, n de Pertastunatangelegenzelt müsse etwas geschehen, damit im Lande nicht der Eindruck erweckt werde, daß die Herren, die das große Wort im Landesaus\chuß führten, auch sonst die Führung hätten. Im weiteren Verlauf der Debatte bemerkte der Zentrumsabgeordnete Dr. Ricklin, daß man unter dem preußishen Staatssekretär vou Köller ruhiger gelebt habe als unter dem elsässishen Fretherrn Zoru von Bulah. Der Staatssekretär antwortete, daß erst utter dem jeßigen Statthalter und ihm die Verfassungsfrage einen Schritt vorwärts mache.

Großbritannien und JFrlaund.

Im Unterhause stellte der Abg. Lincoln die Anfrage, ob die R R Konferenz zur Erwägung der Lage auf dem Balkan, die sih aus der Amiektierun Bosniens und der Herzegowina ergeben habe, endgültig gegeben worden sei.

Laut Bericht des „W. T. B.“ erklärte der Unterstaatsfekretär Mc Kinnon Wood in Beantwortung der Anfrage, es gebe keinen S S der jeßt von den Mächten in Erwägung gezogen würde, au scheine es nicht, daß die augenblicklihe Lage einen olchen Vors(hlag erfordere. Lord Balcarres fragte dann, ob sih das Aus- wärtige Amt von der Idee einer Konferenz zurückgezogen habe, worauf Mc Kinnon Wood erwiderte, daß die Verhältnisse sich derart ge- e hätten, daß die Notwendigkeit für eine Konferenz jeßt nicht

estehe. Frankreich.

Der Senat stimmte, „W. T. B.“ zufolge, während der gestern fortgeseßten Beratung des Finanzgeseßes der Be- steuerung ausländischer Automobile während einer Reise in Frankreich zu, bemaß jedoh die von der Kammer auf einen Monat festgeseßte steuerfreie Frist auf vier Monate und ge- nehmigte sodann einstimmig das Budget im ganzen.

Rußland.

Jn der gestrigen Sißung des finnishen Landtags stand der Gesezeutwur! über Finnland zur Verhandlung.

Wie das „W. T. B.“ berichtet, charakterisierte der Sozialdemokrat Frje Mjakelin in ungewöhnlih scharfer Rede den Geseßentwurf als eine Staatsumwälzung und verlangte die Ueberweisung der Vor- lage, BEON sie sofort abgelehnt werden müßte, an eine Kommission, damit diese auf den ungele lichen Gharaffer der Vorlage hinweise. Der Abg. Danielfon fkritisierte die Vorlage vom historischen Stand- punkte aus und gab seiner Ueberzeugung Ausdru, daß das finnische Volk ungeachtet des Parteihaders und anderer fitbler fest bleiben ‘und seine Éxistenzberehtigung beweisen werde. Der Agrarier Kallio betonte in starken Ausdrücken, die Vorlage werde in Finnland niemals Geseß werden; es sei eine Verhöhnung des Landtags, von ihm ein Gutachten in einer Frage zu verlangen, die von Nußland ent- schieden werde. i

Spanien.

Der Ministerrat beschäftigte sih gestern abend mit dem Grenzkonflifkt zwischen Peru und Ecuador, in dem der König Alfons Schiedsrichter ist. Nach einer A Des „W. T. B.“ glaubte die Regierung die Verpflichtung zu haben, an die Kabinette in Lima und Quito Depeschen zu rihten und sie darin zur Versöhnlichkeit zu mahnen.

Türkei.

Der König von Serbien wohnte, „W. T. B.“ zufolge, gestern vormittag der Sißung der Deputiertenkammer bei. Abends fand Galatafel statt, an der der Sultan und der Thronfolger, der König mit seinem Gefolge sowie die Botschafter, die Gesandten und die Minister teilnahmen.

Gestern bei der Pforte aus dem Aufstandsgebiet in Albanien eingelaufene Nachrichten lassen die Lage als ernst erscheinen. Zwischen den Truppen und den Aufständischen haben heftige Zusammenstöße stattgefunden.

Serbien.

Die Skupschtina hat gestern die Beratung des Budgets für das Jahr 1910 begonnen. Nach dem Exposé des Finanzministers, der die Finanzlage des Landes als günstig bezeichnete, erklärte der Nationalist Popowitsch namens der nationalistischen fortschrittlihen Opposition, diese werde zum Zeichen des Protestes gegen die große Erhöhung des Budgets an der Debatte nicht teilnehmen.

Schweden.

Im Reichstag wurde gestern ein Antrag der Regierung, betreffend die Errichtung einer elektrishen Kraftstation beim Pojusfald im Store Luleaelf, eingebracht. Wie das „W.- T. B.“ meldet, wurde vorgeschlagen, hierfür 211/45 Mil- lionen Kronen zu bewilligen, davon 4 915 000 Kronen in diesem Jahre; die elektrische Kraft joll zum Eisenbahnbetrieb verwendet werden.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (42.) Sitzung des Hauses der Ab- geordneten, welcher der Finanzminister Freiherr von Rhe in- baben und der Minister der öffentlihen Arbeiten von Breitenbach beiwohnten, gelangte zunächst der Geseßb- entwurf zur Abänderung des Geseßes, betreffend das Staats\chuldbuch, vom 20. Juli 1883 zur ersten Beratung.

Abg. Dr. Arendt (freikons.): Der überrashende Erfolg, den das Staatsshuldbuch und das NReichs\{huldbuch seit ihrer Einführung gehabt haben, sind der beste Beweis dafür, wie nüßlich und fegensreih diese Einrichtung gewesen ist. Jch glaube

Kassenstellen ermächtigt

aber troßdem, daß wir noch am Anfange der Entwicklung dieser Einrichtung stehen, und ih betrachte es als einen wesent- lichen n chritt in dieser Richtung, daß der uns vor- gelegte Entwurf Geseßzeskraft erlangt. ieser Geseßentwurf ist vom Herrenhause ganz wesentlich verbessert worden. Ich halte es für erwünscht, daß er so shnell wie möglih die Beratung dieses Hauses passiert; denn Preußen und das Reich müssen bei dieser Angelegenheit Händ in Hand gehen, und dieses Gesey kann erst dann in Kraft treten, wenn ein ents ai Reichsgeseß erlassen ist. In der Budgetkommission des Reichstags hat man sich mit der Gestaltung einverstanden erklärt, die der hier vorgelegte Entwurf ge- funden hat, es ist also anzunehmen, daß ein entsprechender Geseßentwurf im Reichstag zur Verabschiedung gelangen wird. Da der Reichstag vorausfihtlich nur noch wenige Wochen vor feiner Vertagung versammelt sein wird, so würde es, wenn der Geseßentwurf hier einer längeren Beratung unterzogen würde, unmögli sein, ein entsprehendes Reichsgeseß noch vor der Vertagung zustande zu bagen. Ich meine, daß. der Geseßentwurf, wie er hier reien si durchaus zur en bloc - Annahme in zweiter Lesung eignet. Da aber von verschiedenen Seiten der Wunsch ausgesprochen worden «ft, eine so wichtige Vorlage nicht ohne Kommissionsberatung passieren zu lassen, bin ich mit der Kommifsionsberatung einverstanden, be- antrage aber, den Entwurf ‘nicht einer besonderen Kommission, sondern der Budgetkommission zu überweisen. Die Rede, die der Finanz- minister im Herrenhause über diesen Entwurf gehalten hat, gibt ein eingehendes Bild von der Bedeutung der Vorlage für unsere Volks- wirtshaft und unsere Staatsfinanzen. Der Finanzminister hat mit

vollem Recht auf den beklagenswerten Tiefstand unserer » Staats- finan hingewiesen. Ich möchte ergänzend hervorheben, daß unsere

inanzen und der Kurs unserer Staatspapiere von den internationalen Verhältnissen abhängig sind. In dieser D, ist nun in der leßten Zeit eine erfreuliche FelLaEna Rngeiten. achdem ih früher mit tmeinen politishen Freunden Graf Mirbach und von Kardorff die Politik der Reichsbank pelaapst habe, mödhte h umsomehr hervorheben, daß seit dem ene des Neichsbankpräsidiums eine Reue Besserung auf diesem Gebiete eingetreten ist. Die Durch- führung des Staatsshuldbuhes wird niht nur unsern Staatsfinanzen zugute kommen, sondérn auch wesentliche volkswirtschaftliche Auf- gaben erfüllen. Es wird durch diesen Entwurf die Möglichkeit gegeben, daß Eintragungen in das Staatéshuldbuh stattfinden ónnen, ohne daß Schuldverschreibungen ausgefertigt werden. Daß auf Anweisung des Finanzministers die staatlihen Kassen beauftragt werden fönnen, Einzahlungen entgegenzunehmen und darauf Ein- trägungen vorzunehmen, halte ih für eine sehr segensreihe Maßregel. Diese ist noch ganz außerordentlich entwicklungsfähig. Durch die Eintragung in das Staats\{huldbuch haben immer größere Teile unserer taats\{hulden den beweglihen Charakter verloren. Es wird von großer Bedeutung für die Staatsfinanzen sein, wenn man die Eintragung in das Staats\{huldbuch noch mehr popularisiert. Fn weiten Kreisen ist man leider über diese ganze Einrichtung nicht enügend orientiert, man sieht sie als eine Einrichtung für das Großkapital an, während fie gerade die kleinen Sparer, die Witwen und Waisen, in die Lage bringen foll, ihre Rente zu beziehen. Ich begrüße deshalb die Erleichterung der Cin- tragun durch diese Vorlage und namentlich die vom MTEN aus beshlossene Weglassung der Gebühren bei der Eintragung. Man könnte auch noch die Löshungsgebühren beseitigen; allerdings will man die Wschung nicht erleihtern, aber diese Gebühren könnten vielleicht von der Eintragung zurückhalten. Die absolute Sicherheit, daß weder Feuer noch Diebstahl noch Betrug das in das Staats- \{huldbuch eingetragene Kapital beeinträchtigen kann, und die Beguemlichkeit, die Zinsen zu beziehen, sind so große Vorteile, daß die kleinen Kosten bei einer etwaigen Löschun allerdings nicht in Betraht kommen. Ein großer Vorteil ist auch der, daß der Eintragende für seinen Todesfall vorsorgen kann. Bei diesen großen Vorteilen kann eine Wschungsgebühr nit von der Benußzung des Staats\{huldbuchs abhalten. Volks- wirtschaftlißh kommt au noch in Betracht, daß der kleine Sparer sozusagen vor sih selbst gesQüst wird, daß nicht gute Freunde ihm raten können, daß er sein Geld viel besser anlegen könne als in Staatspapieren und deshalb sein Kapital zurückziehe. Die Ein- tragung muß erleichtert werden, es müssen möglichst viele werden, Eintragungen entgegenzunehmen. Wenn mit Hilfe des Staatss{huldbuchs die steigende Tendenz des Zinsfußes gehemmt wird, so würde dies für alle produzierenden Klassen, namentlich für die Landwirtschaft, die in threr Krisis mit hohem Zinsfuß zu kämpfen hatte, von großem Nutzen. sein. Die Begebung unserer großen Anleihen ist immer mit finanziellen und wirtschaftlihen Schäden verbunden; deshalb möchte ih anregen, das Staatsschuldbuch auch nah der Nichtung weiter auszubauen, daß wenigstens große Beträge der Anleihen nicht mehr auf dem bis- herigen Wege der Abmachungen mit großen Banken, sondern auf dem natürlichen Wege der Begebung an die Sparer selbst begeben werden. Der Staat würde dann niht mehr die Opfer zu bringen haben, die biéher die Anleihen stets erfordert haben, und es würde au für die Sparer von Wert sein, denen der Staat bestimmte Vorteile einräumen könnte. Das würde den Kurs\tand unserer Staatêëpapiere begünstigen, die Sparer und die Sparkassen würden wieder in stärkerem Maße in Staatépapieren ihre Kapitalien anlegen. Das Staats\chuldbuh würde dazu ein geeignetes Mittel sein. Deshalb meinte ih, daß wir in dieser Entwicklung erst am Anfang stehen. Bei aller Sparsamkeit muß der Staat seinen Kulturaufgaben gerecht werden, und dazu be- darf er großer Geldmittel. Das werbende Kapit,l für Eisenbahn- bauten muß aufgebraht werden, nur muß die Aufbringung verbessert und erleichtert werden. Diesem Zwecke kann die Vorlage dienen. Eine vorteilhafte Aenderung hat das Herrenhaus darin gemacht, daß die Zinsen auf dem Scheckwege kostenfrei übersandt werden Éönnen. Die ganz geringen Kosten, die dadurch für die Staatskasse entstehen, stehen in gar feinem Verhältnis zu der Erleichterung der Arbeit für die Staats\chuldenverwaltung. Ich hoffe, daß die Vorlage in der jeßigen Form Gesetzeskraft erlangen wird, und kann nur nochmals bitten, sie auch mit Rücksicht auf die Parallelaktion der Neichsgeseßgebung fo \chnell wie mögli zur zweiten Lesung zu stellen. Hierauf nimmt der Finanzminister Freiherr von Rhein- baben das Wort, dessen Rede morgen im Wortlaut wieder- gegeben werden wird.

(Schluß des Blattes.)

Dem Herrenhause ist der Entwurf eines Geseßes, betreffend das Höferecht im Kreise Grafschaft Schaum- burg, nebst Begründung zugegangen. Durch dieses Geseß soll das Höfegesez für die Provinz Hannover in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. August 1909 mit einigen Aenderungen in dem Kreise Grafschaft Schaumburg eingeführt werden, der war als vormals furhessisher Gebietsteil zur Provinz Hessen- Nassau gehört, seiner Rechtsgeschichte und Lage nah aber mit der Provinz Hannover eng verbunden, auch in bezug auf die Gerichtsbarkeit als Teil des Oberlandesgerichtsbezirks Celle mit Hannover vereinigt ist und dessen bäuerliche Verhältnisse vor allem denen der Provinz Hannover ganz gleichartig find.

Aman

Nr. 14 der „Veröffentlihungen des Kaiserlihen Gesund- beitsamts“ vom 6. April 1910 hat folgenden Inhalt: Arbeiten a. d. Kais. G.-A. XXX1V. Bd., 1. Heft. (Ankündigung.) Medizinal- statistishe Mitteilungen a. d. Kais. G.-A., X111. Bd., 2. (Schluß-) Heft. (Ankündigung.) Gesundheitéstand und Gang der Volkskrank-

eiten. Sterbefälle im Februar. Zeitweilige Maßregeln gegen ansteckende Krankheiten. Desgl. gegen Cholera. Gesetzgebung

usw. (Preußen.) Geisteskranke. (Hessen.) Leichenträger. (Lippe. rzneiblatt. (Schweiz.) Wurstwaren. Fleisch. (Fra tedE) Bezeichnung „Kirsch“. Zahnärztlicher efähigungsausweis. Tierseuhen im Auslande. Desgl. in Rumänien, 4. Vierteljahr 1909. Zeitweilige Maßregeln gegen Tierseuchen. ( reuß. Neg.-Bez. Cöln.) Verhandlungen von geseßgebenden Körperschaften, Vereinen, Kongressen usw. (Frankreih.) Typhus. Farbstoffverwendung bei Nahrungsmitteln. Vermischtes. (Deutsches Reih.) Prüfung von Seeleuten in der Gesundheitspflege, 1909. (Davers) Landes- P E erun an, 1908/09. (Anhalt.) Sterbefälle 2c., 1907/08. Krankenpflegeshule in Dessau. Geschenkliste. Monatstabelle über die Sterbefälle in deutshen Orten mit 15 000 und mehr Einwohnern, Februar. Desgleichen in größeren Städten des Auslandes. Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40000 und mehr Einwohnern. Desgleichen in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Mie E n Ae Sriicbeivun ep e: N erung. Beilage: Gerichtliche Entscheidungen, betr. den Verkehr

ufit Nahrungsmitteln (Wein). 1

Nr. 12 des „Eisenbahnverordnungsblatts“ , heraus- pa im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 1. April, hat olgenden Inhalt: Allerhöchster Erlaß vom 21. März 1910, betr. anderweite Abgrenzung der Verwaltungsbezirke mehrerer Eifenbahn- direktionen und Leitung des Baues der Nebeneisenbahn (Nienburg a. W.) Lemke—Diepholz. Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 14. März 1910, betr. die zur Ausstellung von Leichenpässen befugten Kaiserlichen Vertretungen. Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 20. März 1910, betr. Aenderung des Postsheckordnung vom 6. No- vember 1908. Tate des Ministers der öffentlihen Arbeiten : vom 26. März 1910, betr. anderweite Geletan eines Grenzpunktes zwischen den Verwaltungsbezirken der Gisenbahndtrektionen in Münster i. W. und Hannover; vom 26. März 1910, betr. Aenderungen bei den Cisenbahn-Betriebs-, Maschinen- und Werkstätteninspektionen ; vom 30. März 1910, betr. Pensignalle für die Arbeiter der preußish- bessishen Eisenbahngemeinschaft. Nachrichten.

Statiftik und Volkswirtschaft.

Der fideikommissarisch gebundene Grundbesiß in Bayern 1909.

Na einer Sonoererhebung des Königlichen Statistischen Landes- amts über den fideikommissari\d gebundenen PSE in Bayern, deren Ergebnisse in der Zeitschrift dieses Amts, Jahrgang 1910 Heft 1, veröffentliht worden sind, bestanden im Jahre 1909 in Bayern insgesamt 202 Ne aNe (einschließlih der Leben und der allodifizierten Lehen). Sie hatten eine gebundene Fläche von zu- sammen 238 559 ha. Somit unterstehen 3,4%/ der Gesamtfläche des rechtsrheinishen Bayern in der Pfalz gibt es keine Fideikommisse dem Fideikommißverband. /

Jhrer Größe nach gliedern sih diese Fideikommisse folgender-

maßen: N Hall Fläche

Gesamtfläche der Fideikommisse der Fideikommisse

absolut 9% ha 0/0

bis 100 ha 15 7,4 621 0,2

101— 500 , 75 37,1 21 219 8,9

501—1000 ,„ 50 24,8 35 924 19/1

1001—5000 ,„ 53 26,2 108 058 45,3

über 5000 , 9 4,5 72 737 30/5. Bei den großen Fideikommissen mit mehr als 5000 ha handelt es fih mit zwei Ausnahmen um hochadelige Hausgüter. Die Fidei- fommisse des hohen Adels einscließlich des vormals unmittelbaren +7 aititu umfassen zusammen 41,2 9/6 der gesamten Fideikommiß-

äche.

Von der gesamten fideikommissarisch gebundenen Fläche sind 67416 ha (28,39/0) landwirtschaf\tliches Kulturland; 160 404 ha (67/210) werden forstwirtshaftlich genußt; die fonstige Fläche

eträgt 10 739 ha (4,5 9/0). Im allgemeinen aen die Fideikommisse verhältnismäßig um so mehr Wald, je größer fie- sind. Wenn man die Pet l: nah der Größe threr landwirtshaftlich benußten Fläche einteilt, fo ergibt sih folgendes:

Landwirtschaftliches

Landwirtschaftlih Zahl der Fideikommisse Kulturland insgesamt

benußte Fläche i absolut 9% ha 9/0

unter 100 ha 53 26,2 2 474 0,7 100— 300 ha 82 ,6 14 424 21,4 300— 500 ha 32 15,8 12 474 18,5 500—1000 ha 24 11,9 16 692 24,8 über 1000 ha 11 5,0 21 352 31,6. Beim Wald ist Verpachtung so gut wie nicht vorhanden. Dagegen sind von dem landwirtschaftlihen Kulturland 42 656 ha (63,3 9/6) verpahtet und zwar ungefähr ein Drittel parzellenweise. Die Zahl der landwirtschaftlihen Betriebe aller Fidei- fommisse beträgt 556, davon sind 376 verpachtet. um weitaus größten Teile haben die fideikommissarishen Landwirtschaftsbetriebe weniger als 100 ha landwirtschaftlich benußte Fläche und tragen somit bäuerlichen Charakter. Es umfaßt diefer Teil der Fideikommiß-

1 1 t

betriebe der Fläche nah nur 26 9/6 des gesamten Landwirtschaftsareals ,

aller fideikfommissarishen Betriebe; 74,0 9/69 dieser Fläche werden in Grofßbetrieben, d. h. in Betrieben mit je mehr als 100 ha landwirt- \chaftlich benutßter Fläche bewirtsckaftet. Insgesamt betragen die fideilommissarischen Großbetriebe 31,209/9 aller durch die landwirt- \chaftliche Betriebszählung vom 12. Juni 1907 ermittelten landwirt- \chaftlichen Großbetriebe. Gleichzeitig ergibt sich aus dem Vergleich der Ergebnisse der landwirtschaftlihen Betriebszählung mit jenen der Sondererhebung über die Fideikommisse, daß bei den freien Groß- betrieben die Eigenwirtschaft weit häufiger ist als bei den fidei- fommissarisch gebundenen.

Was die Entwicklung anlangt, so wurde durch die Erhebung festgestellt, daß in die Zeit vor 1819 zwar nur 67 Fideikommisse zurückreichen, diese aber beinahe die Hälfte des gesamten fideikommissa- risch gebundenen Grundbesites umfassen. Die während der letzten 30 Jahre neu entstandenen Fideikommisse betragen 22,8 9/9 der Ge- samtzahl und 15,79% der Gesamtflähhe aller Fideikommisse. Auf Grund der VII. Beilage zur Verfassungsurkunde sind im Wege der Erweiterung bestehender sowie durch Errichtung neuer Fideikommisse wäßrend des 10 jährigen Zeitraums von 1899 bis 1908 insgesamt 19 728 ha dem Fideifommißverband neu unterstellt worden.

Zur Arbeiterbewegung.

Die allgemeine Ausf\perrung in den Spinnereien und Webereien in Gronau i. W. (vgl. Nr.55 d. Bl), hat, der „Köln. Ztg.“ zufolge, gestern endgültig begonnen. Der Beschluß des Ver- bandes Gronauer Fabrikanten lautete, wie bereits gemeldet, dahin, daß die Aussperrung am 6., 7., 8. und 9. April und dann wieder vom 11. April an bis auf weiteres erfolgen soll. Da der 10. April ein Sonntag ist, fo stehen die Gronauer Tertilbetriebe {on von heute ab so lange still, bis der Streik in der Baumwollspinnerei Eilermark beigelegt ist. Bei der Aussperrung kommen etwa 600 000 Spindeln und mehrere tausend Webstühle in Betracht. Der Erzeugnisausfall ist mithin sehr bedeutend.

Einer amtlihen Meldung des ,„W. T. B." zufolge hat die Zahl der Ausständigen auf dem Delbrücks\chacht bei Zabrze (vgl. N1. 80 d Bl) noch etwas zugenommen. Die Verwaltung gibt durh An- \{lag bekannt, daß jeder, der der Arbeit drei Tage fernbleibt, seine Abkehr erhalten foll.

Einer Bekanntmachung der Bäckerinnung in Frankfurt a. M. zufolge kann der dortige Bäckeraus stand als beendet angesehen werden. Obwobl die organisierten Arbeiter noch im Ausstand

beharren, sind, wie die „Frkf. Ztg." mitteilt, alle Betriebe genügend mit Gehilfen beseßt. (Vgl. he 13 d. Bl.) E

Im Isergebirge find, wie der „Voss. Ztg.“ aus Reichenberg telegraphiert wird, mehrere hundert Serviettenringschleifer wegen Lohnherabseßzung in den Ausstand getreten und drohen mit Kundgebungen.

_ In Stuttgart sind, wie ,W. T. B.“ meldet, etwa 250 orga - nisierte Gipser und Stukkateure gestern nahmittag von den Arbeitgebern ausges perrt worden. Die Verhandlungen mit den Arbeitgebern sind vollständig gescheitert,

Von den Ergebnissen der Abstimmung über das Einigungs- abkommen im Kohlenbergbau von Südwales sind, wie den „W. T. B.“ aus Cardiff telegraphiert wird, bis jeßt etwa 5099/6 bekannt geworden, die eine überwältigende Mehrheit zugunsten der Annahme ergeben.

_ Zum Ausstand der eingeschriebenen Seeleute in Mar- feille (vgl. Nr. 80 d. BL) meldet „W. T. B.“ : Das Marine- tribunal verurteiltesechs Heizer des Dampfers , Muluja“, die, nahdem sie das Schiff verlassen hatten, sich weigerten, vor Gericht zu erscheinen und darauf verhaftet worden waren, zu zehn Tagen Ge- fängnis. Die eingeschriebenen Seeleute hielten gestern in der Arbeitsbörse eine Versammlung ab und nahmen einen Beschlußantrag an, in welchem sie gegen .die Verurteilung der Heizer des Dampfers „Muluja“ Einspruh erheben, den Unterstaats- sekretär Chéron in heftigen Worten angreifen und erklären, daß sie \ih weder durch Drohungen, noch dur Verhaftungen einshüchtern lassen und erst nach Erfüllung ihrer Forderungen an Bord der Schiffe zurückehren werden. Der Unterstaats\sekretär Chéron hat bei der Staatsanwaltschaft gegen den Generalsekretär des nationalen Ver- bandes der eingeschriebenen Seeleute Nivelli sowie gegen den Obmann und Sekretär des Syndikats der Marseiller eingeshriebenen Seeleute Strafanzeige wegen Bedrohung, Arbeitsbehinderung und Verleitung zur Desertion erstattet. Gestern sind zwei Postdampfer von Marseille abgegangen, der eine nach Algier, der andere nach Genua. Mehrere andere Dampfer, auf denen Mannschaften der Kriegsmarine den Heizerdienst versehen, follten Abends abgehen. Es sind Maßregeln

etroffen worden, um den Postdienst nach Korsika und Afrika mit Dilfe von Torpedobootszerstörern oder Dampfern, deren

esaßungen aus Matrosen der Kriegsmarine gebildet werden, aufrechtzuerhalten. Gegenwärtig ist gegen 550 Seeleute das ge- ad Verfahren eingeleitet, weil fie ihren Dienst verlassen aben. Von Toulon sind 250 Matrosen der Kriegsmarine nach Marseille abgegangen, um die ausständigen Seeleute zu erseßen. Die Mannschaften aller dort anwesenden Kriegsschiffe werden zu dem gleihen Zwed in Bereitschaft gehalten. Auch wurden sechs -Torpedo- bootszerstörer nah Marseille zur Aufrechterhaltung des Postdienstes zwischen Frankreih und Algier beordert.

Kunft und Wissenschaft.

__Im Aprilheft der „Amtlichen Berichte aus den König- lihen Kunstsammlungen“ veröffentliht der Direktor des Hohen- zollernmuseums, Professor Dr. P. Seidel einen längeren Aufsaß über das Firmenschild des Gersaint von Antoine: Watteau. Die zwei Gemälde, aus denen fih das „Enseigne de Gersaint“ zusammensetzt, befinden fich im Besiß Seiner Majestät des Kaisers und waren in der Ausstellung der französischen Kunst des 18. Jahr- hunderts, die die Akademie der Künste in Berlin vom Januar bis März d. I. veranstaltete, ausgestellt. Einige französische Kunstschrift- steller haben sich in den leßten Jahren mit diefen Gemälden mehr- fah beschäftigt. Jhren Ausführungen is gemeinsam, daß sie die Echtheit oder Primogenitur dieser Bilder nicht um ihrer selbst willen be- streiten, sondern um eine in Pariser Privatbesiß befindlihe Teilkopte aus der linken Seite des Originals als das Bruchstück einer angebli vorhanden gewesenen, aber verschollenen echten und ursprünglichen Arbeit Watteaus zu erklären. Professor Seidel tritt diefer Ansicht engen, gibt einen Abriß über die Entstehungsgeshichte der Ge- mälde und teilt mit, auf welhem Wege sie in den Besiß des preußishen Königshauses gelangt find. Dai hat Watteau das Gemälde in den Jahren 1720/21 für den ihm befreundeten Kunst- händler Gersaint für dessen Laden als Firmenschild gemalt, und zwar innerhalb aht Tagen, was bei einem Meister der Technik wie Watteau und namentlih bei einer rein dekorativen Gelegenheits- \{höpfung, nicht auffällig sei. 1744 war das Bild noch in Paris im Besitz von Julienne Gersaint, der Gattin des genannten Kunsthändlers. Von dieser kaufte es in den Jahren 1744—46 ein Graf Rothenburg im Auftrage Friedrihs des Großen, der damals für die neuerbauten oder umgebauten Schlösser von Charlottenburg, Berlin, Potsdam und Sansfouct in Paris große Kunsteinkäuse ausführen ließ. Die Bilder fanden in der Konzertkammer des Charlottenburger Schlosses ihren Plat, und zwar in ihrer heutigen Gestalt, d. h. in zwei Bilder getrennt. Wann die Zerteilung des Bildes vorgenommen wurde, ob in Paris vor dem Transport oder erst in Berlin zum Zweck der Aufhängung in Charlottenburg, läßt fich nicht feststellen. Die Nahmen der Bilder sind nicht französische Arbeit, stammen vielmehr wahrscheinlich von dem Bildhauer Hoppenhaupt, den Friedrih der Große damals vielfah beschäftigte. Abgesehen von der Zerschneidung in ¿wei Teile und der aus Zweckmäßigkeitsgründen erfolgten Ver- größerung der Leinwand um 2# cem, ist das Firmenschild genau so erhalten, wie es Watteau geschaffen hat. Es sei übrigens bemerkt, daß sih eine nach Berlin entsandte Kommission französischer Fach- gelehrter nah genauem Studiu des „Enseigne de Gersaint“ jüngst auch für die Echtheit des Werkes ausgesprochen hat. Die Pavpyrus- sammlung der ägyptischen Abteilung hat, wie in demselben Heft der „Amtlichen Berichte" mitgeteilt wird, einen wertvollen Zuwachs durch 15 große, ausgezeichnet erhaltene demotishe Ürkunden erhalten. Schon durch ihre Größe sind sie bemerkens- wert: die längste Papyrusrolle mißt mehr als 4 m. Die Texte sind fo lückenlos, wie man sie selten findet; außerdem bilden sie eine eng verbundene Gruppe, denn sie kommen sämtlich aus Edfu und stehen zu dem großen, noch heute wohl erhaltenen Tempel des Horus in Beziehung. Der Zeit nah verteilen sie sich über die Königs- regierungen des zweiten, dritten und vierten Ptolemaios, etwa über die Jahre 265 bis 211 v. Chr. Es find meist Pachtverträge auf ihnen verzeichnet, und zwar handelt es fich um die Verpahtung von LUndereten, die dem Tempel oder dem König gehörten. Vielfach treten als Pächter oder Verpächter Tempelbeamte auf, sodaß si ein Einblick in die Nerwaltung des Heiligtums eröffnet. Teilen alle diese Urkunden cine Cigentümlichkeit demotisher Verträge, nämlih die doppelte Aus- fertigung in einer „Kaufurkunde“ und einer „Abtretungsurkunde", so findet sih in mehreren eine bisher niht belegte, eigentümliche For- mulierung. Auf die notariell beglaubigte Niederschrist der „Kauf- urkunde“ folgen nämlich vier weitere Abschriften desfelben Textes von verschiedenen Händen, jedesmal eingeleitet durch den Namen einer Person, mit dem Zusage „er bezeugt“, und dasselbe schen wir bei der „Abtretungsurkunde“. Vier Zeugen schreiben also die Urkunde, für die sie einstehen, mit eigener Hand voll- ständig ab, sodaß im ganzen jeder - Vertrag zehnmal auf diesen großen Papyrusrollen erscheint. Außerdem stehen aber auf der Nücfseite, wie bei den gewöhnlichen demotishen Verträgen die Namen von 16 andern Zeugen. Neben der außerordentlichen Ver- \chwendung des Papyrus fällt besonders die Umständlichkeit des Ber- fahrens auf, die sich selbst in dem \chreibseligen Aegypten nicht auf die Länge balten konnte. Die Urkunden geben inhaltlih manchen Auf- {luß über die Topographie von Cdfu und die Ländercien des Tempels, der sogar auf der Insel Philà eine Besizung hatte.

Vautwesen.

Im Architektenverein wird am 11. d. M., Abends Uhr, der Wirkliche Geheime Nat Dr. Ing. Nicolaus von Belel ubsky, Professor am Kaiserlichen Institut der Wegebauingenieure in Stk. Petersburg, einen Vortrag halten über den Brückenbau in Nuß- land und die beim Bau verwendeten Materialien (mit Lichtbildern).