1870 / 120 p. 2 (Königlich Preußischer Staats-Anzeiger) scan diff

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wieder bergestellt, und dem §. 13, entsprechend dem Antrage des Abg. Lasker, folgender neuer Absaß hinzugefügt:

»Die zur Gefängnißstrafe Verurtheilten können in einer Ge-

fangen-Anstait auf eine ihren Fädbigkeiten und Verkbältnissen an-

gemessene Weise beschäftigt werden ; auf ihr Verlangen sind sie in die- ser Weise zu beschäftigen. « :

Hinter §. 16 beantragte Abg. Lasker den §. 77 der Kom- missiontbeschiüsse einzuschalten. Derselbe lautet:

»Wo das Geseß (bei Hoch- und Lande®verrath) die Wahl zwischen Zuchthaus und Festungshaft gestattet, darf auf Zuchthaus nur dann erfannt werden, wenn festgestellt wird, daß die strafbar befundene Handlung aus einer ehrlosen Gesinnung entsprungen ist. «

Es entspann fich zugleich über den Jnhalt dieses Paragraphen eine längere Debatte, in welcher der Abg. v. Braucbitsch (Gen- thin) und der Staats- und Justiz-Minister Dr. Leonhardt fich gegen die Annahme aussprachen, während Abg. Lasker für Beibehaltung des Paragraphen eintrat; bei der Ab immung wurde §. 77 der Kommissionsbeschlüsse, so wie der Laster’sche Antrag angenommen.

Im §. 24 wurden auf den Antrag des Abg. Lasker im ersten Abiaß die Worte »unter Haft« gestrichen und folgender neuer Absaß angenommen:

»Ist bei einem Vergchen Geldsirafe allein oder an ersier Stelle, oder wahlweise neben Haft angedroht, so kann die Geldstrafe in Haft umgewandelt werden, wenn die erkannte Strafe nicht den Betrag von 200 Thlrn. und die an ihre Stelle tretende Vreiheitsstrafe nicht die Dauer von sech8 Wochen übersteigt. «

§Ç§. 25 47 wurden mit einigen, größtentheils redaktionellen

Aenderungen ebenfalls angenommen. Hinter §. 47 beantragte Abg. Lasker folgenden neuen Paragraphen:

»Wahrheitsgetreue Berichte über Verhandlungen eines Landtages oder einer Kammer eines zum Norddeutschen Bunde gehörigen Staates bleiben von jeder Verantwortlichkeit frei.«

Auch dieser Antrag wurde ohne Debatte angenommen ; de8gleichen die F. 48 76 mit einigen unwesentlichen Aenderungen, womit der erste Theil des Strafgeseßbuchs erledigt war.

Die Sigzung wurde hierauf vertagt. Schluß 4 Uhr. |

Die heutige (53.) Plenarsißung des Reichstages des Norddeutshen Bundes wurde vom Präsidenten Dr. Simson um 104 Uhr eröffnet.

Bon den Bevollmächtigten zum Bundesrathe des Nord- deutsben Bundes waren anwesend: der Bundeskanzler Graf von Bismarck - Schönhausen, der Staats- und Justiz-Minister Dr. Leonhardt, der Präsident des Bundes8kanzler-Amt®, Stagats- Minister Delbrück, der General - Lieutenant und Direktor des Allgemeinen Kriegsdepartements von Podbielski, der Präsident des Bundes - Ober - Handelsgerichts Dr. Pape, der Ministerial- Direktor, {Blrkliche Gebettne Legations-Rath von Philips8horn, der Ministerial - Direktor, Ober-Bau - Direktor Weishaupt, der Königlich scichsische Gesandte Freiherr von Könnerit, der Königlich sächsische Geheime Justiz-Rath Klemm, der Königlich sächsische Geheime Regicrungs-Rath Schmalz, der Großherzoglich meccklen- burgisce Skaats - Minister von Bülow , der Großherzoglich oldenburgische Staats - Rath Bucbolß, der Herzoglich braun- schweig - lüneburgische Ministerresident Geheimrath Dr. Liebe, der Herzoglich sachsen-meiningische Wirkliche Geheime Rath und Staats - Minister Freiherr von Krosigk, der Ministerresident der freien und Hansestadt Lübeck Dr. Krüger und die Bundes-

fommissare, Präsident Dr. Friedberg, Geheimer Admiralitäts- Rath Jacobs und Geheimer Regierungs-Rath von Puttkamer.

__ Den ersten Gegenstand der heutigen TageLordnung bildeie die erste Berathung über den Geseßentwourf, betreffend die St. Gotthards-Bahn, (S. den Wortlaut desselben nebst Motiven In der heutigen Beilage.)

__ Nach einleitenden Erläuterungen des Bundesbevollmäch- tigten, Staats-Ministers Delbrück, betheiligten sich an der De- batte die Abgg. v. Sybel, v. Benda und Pr. Friedenthal. Die zweite Berathung des Geseßentwurfs wird demnächst crfolgen. ___ Der Reichstag trat hierauf wieder in die dritte Berathung Über den Entwurf eines Strafgeseßbuchs für den Norddeutschen Bund auf Grund der Zusammenstellung mit den bei der zweiten Berathung im Plenum des Reichstages Über denselben gefaßten Beschlüssen.

Die Debatte begann mit: Zweiter Theil. Von den ein- zelnen Verbrechen , Vergehen und Uebertretungen und deren e Stuten, folgende. f

n der Diskussion betheiligten sih die Abgg. von Kardo

von Luck, Dr. Aegidi, Lasker. y 5 N cil

__ Der Bundeskanzler Graf Tlärte:

Wenn ih heute wiederum das Wort ergreife, meine Herren, so isi es in dem Gefühl, daß von Jhrer bevorstehenden Abstimmung vorzugsweise das Schicksal der ganzen Verhandlungen der dritten Lesung, das Schicksal der Arbeit, in der wir begriffen sind, abhängt, und ich erlaube mir, Sie zu bitten, sich zu vergegenwärtigen, wie diese Sißung \ich -——- vielleicht nicht heute, wo unser Urtheil nit ein voll- ständig fkfaltblütiges ist, aber vielleiht im Rüdblick des fünftigen .

von Bismarck - Schönhausen er-

Werk, an dem wir arbeiten, zu Stande eko ; niht. Kommt es ni@t zu Stande, meine S A Dn unvermeidlich, daß diese fruchtbare, ruhmreic)e Sißung mit cin ; flange \{li{t, und mit einem Rückschritte, einem Mißklange | es ist ja ganz unmöglich, bei dem Schluß der Sißung über A lage, wie die Regierungen sie auffassen, zu \{weigen; es with? unmögli, bei dem besten Willen versöhnlich zu bleiben 4 Verabschiedung dieses Reichètages einen po

s L V f lemischen Charakter, wissen Appell SYarafter, eing meine Herren, den kleinen

an die Wahlen gänzlich fern zu halten. Wenn Sie

_den Raum, der jeßt noch den Becher von der d trennt, der sich ja unendlich erweitern kann, L welchen befriedigenden Sch{luß dieser

i ; glüklih Üübersg j n S Sihung Haben 1woir, wel Leistungen, oelce Verdienste haben Sie sich selbst für die pu Deutschlands ecrivorben , îndem Sie dieses Du samen einheitlichen Strafrechts,

es große Werk eines ey

E diese nie dagewesene Erscheint

deutschen politischen Leben, Nun jy D

: ) begonnen und vollendet habe die Ungewißheit der Vollendung dem nächsten Jahre id S0 E folgern überlassen! Die Vertröstung auf die Qukunft, bie der Ubg. Lasker uns gestern gegeben hat, an deren Bedeutung sind A Zweifel in erheblihem Make geltend geworden. Ih t diese Zweifel nur theilen Was man im Augenblicke q d schlagen , bringt keine Ewigkeit zurück! Wir gehen neuen Va entgegen. Wenn der Herr Abgeordn. Lasker sagt , die Regieru seien verpflichtet , das was bier vereinbart ist , als die Grundla; betrachten, von der sie das nächste Mal ausgehen müssen, \o wei d nicht , ob das zutreffend sein wird , ih weiß nicht , ob dieselben P sönlihkeiten in den Regierungen noch an der Stelle sein weiden wir sind ja Alle dem Wechsel des Schisals unterworfen! M wenn das auch wäre, wäre es niht möglich, daß die I gierungen noch einmal versuchen, dasjenige, was sie | als ihre ersie Vorlage vorgelegt haben, bei einem Verändetty Reichstage wiederum dur{chzubringen? Es würden doch wahrscheinli die Regierungen die Opfer, die fie ebt im Streben nah einer Vi ständigung mit Jhnen und in der Bereitwilligkeit , diesem verdienh vollen Reichstage auch die Krone dieses großen Verdienstes noch l gönnen und sie mit ihm zu theilen, gebracht haben, nicht als defi tive Entsagung ihrer Ueberzeugung betrachten wollen, wenn der Reid tag sie verschmäht und nicht angenommen hat. Es fönnte sid auf der Neichstag anders gestalten. Die konservative Partei, die, wie El wissen, sich nur mit Widerstreben diesem Kompromiß fügt, fönnte erheblif wachsen, könnte einen bedeutenderen Einfluß ihrer Parteimeinuy auf das Gesammtresultat beanspruchen, als jeßt der Fall is, Vi ziehen, meine Herren, nach Mösglichkeit die Diagonale der Kräfte, h thatsächlich vorhanden sind; wird die cine Kraft größer, dann befom die Diagonale cine andere Richtung. Es könnten auch auf der ant ren Seite die Elemente sich ändern, es könnten in der Zusamm seßung der liberalen Parici weiter gehende Meinungen die Oberhanh erhalten, die es den Regierungen als Pflicht erscheinen ließen, cin weilen nur das Errungene zu wahren, sih auf die Dew sive zu seßen, auf die weitere Ausbildung zu verzidin und unter _folhen Umständen, unter solchen Einflüssm wie sie jeßt nicht obwalten, mit cinem Parlament, mit dem V Ly Ae N die Regierungen 10ocit über die ihnen zuläss elnenden Ziele hinausbrinc 1önnte, ei zerständi A s Mnausbringen 1ênnte, eine solche Verständigun Ih will nit in Konjckturalpolitik verfallen, die uns an der Verständigung in ruhigen Erwägung hindern könnten; das alles liegt im Schooße de Zukunft. Wir haben nur für die Gegenwart zu spre und dabei, meine Herren, i nit heute der Naum, der uns trennt noch erhcblih schmaler als gestern? Gestern stande beide Seiten für - idre Prinzipien bezügli der Todesstrast ein, Prinzipien, welhe für Manchen den Werth eines religiösen Glaubens nach der einen wie nach der anderen Seite hin zu haben a, Ueber diese Prinzipien hat der Reichstag gestern in seine Majorität entschieden. ch kann mir nicht denfen, meine Herrét Daß Sie darauf ausgehen wollen, diese prinzipicile Entscheidun der Körperschaft , der Sie angehören, mit nachträglichen Amende ments in jedem neuen Paragraphen wiederum anzufechten Bi folcem _Geschäftêëgange würden wir nie zu Ende kommen wenn vieleiht formal berechtigt an irgend einem Paragraphel das entschiedene Prinziv von Neuem in Grage gestellt wird weil vielleit Tie Majoritätzahl sich augzenblicklich cinem Überzählendet Auge günstiger oder ungünstiger stellt. Dieses Prinzip i entschieden worden mit einer Majorität, die ibrem inneren Werthe nach eine bt. deutendere ist als fie sid äußerlich ihrer Ziffer nach dargestellt haf, Auf der Seite der Minorität vergessen Sie das nicht stehe alle Diejenigen, die den Norddeutschen Bund überhaupt negiren, dit

ihn nit wollen. and den Norddeutschen Bund hit

der sonstigen Mösglichkeitn dieser Sache und an iht

Meine Herren, negirt denn niem Unter uns? Es sind Elemente vorhanden, die theils nach ihrer natic nalen, theils nach ihrer politischen Ueberzeugung, die sie offen genu; Und oft genug hier kundgegeben haben, darüber gar feinen KZwveifel gt lassen haben. Und is} denn das nicht wabr, daß Sie, meine Herr! von der national-liberalen Partei, alle diese Elemente gestern auf Ihrer Seite gehabt haben? Wir haben die Herren aus Polen not nie so zahlreich hier geschen? sie sind hergekommen, um Ihnen, went sie fonnten, zum Siege zu verhelfen. Ich will nickt persönlich redet Und Andere nicht berühren, ziehen Sie aber diese Elemente, die det Norddeutschen Bund, die das monarcdische Deutschland nach ihrer besien Ueberzeugung negiren, ab, dann, meine Herren, wird unsere Majot| tât verhältnißmäßig sßärker und gewichtiger, als die Ziffer, dur welehe fie bezeichnet ist, denn jene Elemente können Sie si nicht zl

Jahres gestalten wird in ihrem Abschluß , je nachdem das

Heute trennt uns ein Prinzipienstreit niht mehr in dem Maß daß unsere augenblicklichen Gegner auf Jhrer Seite noch ein wirkliche

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Prinzip verfehten, nahdem das Hauptprinzip auch in Jhrem bares Li R edi, gestern entschieden ist. Sie sagen jeßt : keine T n: T rafen! Dann müssen Sie aber, auch sür den poli- litischen Todesstt s S E l n Mord die Todesstrafe ausschließen, denn Sie müssen auch bei de norde, sobald er die politische Meinungsverschiedenheit des Ver- mit dem Monarchen zum leßten Grunde hat, zugeben, daß [itishes Verbrechen ist, und wer aus politischen Gründen nordet, der ist dann nicht so strafbar, als der aus Gründen seinen Kammerdiener ermordet. Dieser sequenz fönnen Sie si nicht entziehen, wenn Sie den Saß “chführen wollten, daß es für politische Verbrechen gar keine Todesstrafe # soll. Wohl aber sind unsere Regierungen in der Nothwen - e ein Prinzip zu vertreten , über das Sie nicht hinauszugehen ge en: es is dasselbe Prinzip , welches in jeder konstitutionellen h ung in der preußischen Verfassung in dem §. 43 -— gegeben Ne Person des Königs ist unverleßlih. Worin , meine Herren, [ denn diese Grundlage der fonstitutionellen Monarchien bestehen, un der König nur denselben Schuß hat, den jeder Andere hat? ¡A Unverleblichkeit ist offenbar eine besondere, eine ausnahmsweise, ‘darf cines ausnahmsweisen Schußes. Die Regierungen haben ¿ Ueberzeugung gehabt, daß sie hier an der feinen Grenzlinie stechen, ¿ das fonstitutionell - monarchishe Prinzip von dem republikanischen idet. ade mich dieses Eindrucks nicht erwehren können, als ein Redner, 1, nach seinem eigenen Zeugnif, ein warmer Anhänger unserer natio- len Entwickelung und des preußischen Staates ist, gestern den Monarchen ihrem Schuße empfahl, sih der Erwerbung derselben Popularität hefleißigen, die unsern verehrten und verewigten Kollegen Waldeck r jedem Attentat seiner Zeit geschüßt hat, meine Herren, darin (mag ich doch ein monarchishes Gefühl niht mehr zu erkennen, enn Sie glauben, daß die Monarchie sich den geseßlichen Vorzug im hu, auf den sie, so lange Art. 43 der preußischen Verfassung die rundlage aller Verfassungen is einen unbestreitbaren Anspruch hat, f dem Wege der politischen Popularität erwerben folle. Wenn der sirige Herr Redner daraus, daß bei dem Begräbnisse dieses unsres ider aus dieser Welt geschiedenen Kollegen dreißigtausend Menschen dächtig zugegen waren, die Folgerung zieht, daß wir cines geseß- den Schußes gegen politischen Meuchelmord nicht mehr bedürfen: ja, eine Herren, wenn, was Gott verhüte, mein allergnädigster He1r abge- fen werden sollte, Sie werden mehr als dreißigtausend Andächtige ver- mmelt sehen. Damit aber, meine Herren, würde der Schuß, den der Vürttemberger Eberhard im Schoße eines jeden Bauern fand, nicht her- (stellt sein. Die Zeiten, wo Bertha spann, sind nicht mehr; zu den deiten, wo der Württemberger Eberhard lebte, war es noch nit ein nishuidigungsgrund, wenn Jemand sagte, ih habe gemordet, aber us politischen, aus sehr ach‘baren Gründen. Otto v. Wittelsbach, (r sehr viele Milderungsgründe hatte, und dem der heutige Antrag (r Herren Fries und Genossen ganz gewiß mildernd zur Seite stehen jürde, war und blieb vogelfrei für Jeden und erlag demjenigen, r ibn auf der Heerstraße traf und ershlug. Und der Dichter, nSie gern als Vertreter der modernen Jdeen darstellen, konnte dem el, noch dem Johann Paricida gegenüber, Worte in den Mund gen, die zu Eberhards Zeiten noch wahr waren, die vielleicht zu Edillers Zeiten noch wahr waren, lesen Sie sie nac(, sie sind heute iht mehr wahr. ; eh Vir haben das Bedürfniß, nicht nur einem Grundprinzip der onstitutionellen Monarchie unsere Huldigung zu bringen, der Mon- rchie überhaupt, und ein Bekenn{niß der Verchrung, die wir Pm Haupte des Gesalbten s{hulden , sondern wir haben auch as Bedürfnif, einer Tendenz der Zeit, die sih in den leßten Jahr- nten ganz besonders fennbar geznacht, entgegen zu wirken, einer indenz, der man in England mit Ehrenstrafen, ih glaube sogar mit drperlicher Züchtigung entgegen zu treten versucht hat, einer Tend-nz,/ jer wir aber bei aller Bildung, die wir haben, doch auch unterliegen. Darf ih Sie daran erinnern, meine Herren, daß vor etwa vier jahren ein Mann, der für seinen Anspruch auf Verherrlichung nichts beiter für sich hatte, als daß er einen Unbewaffneten von hinten anschlich indmeuchlings auf ihn hof, in seinem Leichnam noch der Gegenstand von PVationen wurde von Seiten von Frauen, die ihrer äußern Stellung ah den gebildeten Ständen angehörten. Darin liegt eine krankhafte Kihtung, der wir keine Aufmunterung dadurch zu Theil werden lassen mnen, daß wir den politischen Mord als etwas Entschuldbares dar- (llen, Der gestrige Herr Redner bätte sagen fênnen , daß ja auch 0ch heutzutage jeder Norddeutsche Bundesfürst fast in derselben Lage ì wie Eberhard der Greiner. T habe nie gehört von irgend cinem Flitentat auf einen Norddeutschen Bundesfürsten, mit alleiniger Aus- abme des Königs von Preußen, und dieser Unterschied, der uin liegt, daß gerade an den Mächtigen sich der Mord mat, ird sich vielleiht in Zukunft noch \{ärfer ausprägen. Die Frage ijt sich also praftisch fast genau auf die Frage zu: soll Jemand in dufunft berechtigt sein, auf den König von Preußen meuchlings zu d ohne daß er {on dur den bloßen Versuch sein Leben ver-

Das wird ‘die Frage sein, die wir praktisch zu beantworten haben ; ber Das hinaus glaube ih nicht, daß irgend ein Vorfall kommen vird, wo die Frage praftisch werden sollte. Nun, meine Herren, eßen Sie diese Vrage, wenn wir das Jnstitut des Plebiszits hätten, ur) das preußische Volk beantworten, so würde ih den Auëfall der Wajorität in feiner Weise zweifelhaft halten ; Jedermann wird sich sagen, U wollen dergleichen Attentate verhindern, wie wir können, und wir hindern sie mit größerer Wahrscheinlichkeit, indem wir auch den Versuch mit dem Tode bedrohen. Denken Sie si in die Stimmung ines solhen Mannes, soweit es psychologish möglich ist, der in sei- ir Erregung durch politischen Fanatismus und durch Eitelkeit dahin

ein po n König ern hsuchtigent

ist die Furt, es könne mißlingen; für den Fall, daß es gelingt, ist er entschlossen, sein Leben daran zu seßen; wenn es ihm gelingt, dann hat er die Entschädigung, daß das, wofür er sein Leben opfern will, erreicht ist. Aber das Gefühl, was ihn beschleiht, wenn er si sagen muß, daß es mißlingen fann und die Todesstrafe ihm doch droht, ist ein anderes, als wenn er sich sagen fann, miflingt es, gut, dann wirst du eingesperrt, der nächste befreit dich vielleicht, wie lange fann das dauern ? wenn auc das miflungene Attentat mit dem Tode besiraft wird, so fann das viellciht Manchen zurückschreckcn und, meine Herren, eine solle Schandthat, die vielleiht bevorstände, ungeshehen zu machen, wír würden dann doch mit einem anderen Gefühle in die Zukunft sehen, als wenn vielleicht, bald nachdem Sie einen anderen Beschluß gefaßt und die Regierungen ihm zugestimmt hätten, was Gott ver- ae möge, ein solches Viteniat vor sich ginge. Ein Jeder würde \ich ragen, welches Maß von moralischer Verantwortlichkeit trägst Du allenfalls daran 2 Die Negierungen haben geglaubt, diese Verantwortlichkeit nit tragen zu sollen. Meine Herren! J erneuere die dringende Bitte, geben Sie die- sem erstgeborenen Reichstage, wie ih ihn gestern nannte, den glänzen- den Abschluß, der uns bevorsteht, wenn wir diescs große Werk voll- ender, schlagen Sie ein in die Hand, die heute die Regierungen, weit vorgebeugt, Jhnen entgegenreichen, stoßen Sie sie nicht zurü. Der Antrag des Abg. von Luck, den Y. 78 der Regierungs8- vorlage: Wer es unternimmt, einen Bundesfürsten zu tödten, gefangen zu nehmen, in Feindes Gewalt zu liefern oder zur Regierung unfähig zu machen, wird wegen Hochverraths mit dem Tode bestraft. wieder herzustellen, wurde abgelehnt. 4 Der Abänderungs-Antrag! der Abgg. von Kardorff und enossen : §. 78. Der Mord und der Versuch des Mordes, welcher an dem Bundesoberhaupte oder dem eigenen Landesherrn, oder während des Aufenthaltes in einem Bundesstaate an dem Landesherrn dieses Staates verübt worden sind, werden mit dem Tode bestraft. Y. 79. Wer außer dem Falle des §. 78 es unternimmt 2c. (Y. 78 der Reichs- tag8beshchlü}e). | ; : j . wurde hierauf in namentlicher Abstimmung mit 128 gegen 107 Stimmen angenommen. j : Die §F. 80—84 wurden nach den Beschlüssen der zweiten Berathung, ebenso der §. 85 bei namentlicher Abstimmung mit 138 gegen 92 Stimmen angenommen. Y. 86 wurde ohne De-

batte angenommen. (Schluß des Blattes.)

Laut eingegangenem Telegramm ist S. M. Dampf- Kanonenboot »Delphin« am 23. hj. von Cadix in See

gegangen.

Das »Marine - Verordnungsblatt« veröffentlicht eine Allerhöchste Kabinet8S8ordre, welche bestimmt, daß die noch in der Lisie der Kriegsschiffe und Fahrzeuge figurirenden , aus dec ersten Entwickelungs-Periode der Marine herstammenden Ru der- Kanonen-Schalu ppen und Jollen aus dieser Liste zu streichen sind und das Marine-Ministerium für eine anderweite an- gemessene Verwendung dieser Fahrzeuge, sowie des zugehörigen Inventars und Materials Sorge zu tragen hat.

Kiel, 23. Mai. (Kiel. Cor.) S. M. Dampfkanonenboot »Komet« ist heute von Geestemünde nach Fredrickshavn in See gegangen und wird von dort aus die Panzerfregatten »Kron- prinz« und »Friedrich Karl«, welche voraussichtlich in den nächsten Tagen! von hier abgehen werden, bis England begleiten und

sodann wieder auf seine Station in der Nordsee zurückkehren. S. M. Dampfkanonenboot »Cyklop« begleitet die beiden Pan- erfregatten behufs Peilen des Fahrwassers bis Skagen und kehrt dann wieder nach Kiel zurück.

Ems, 22. Mai. Der Großherzog von Sachsen- Weimar traf gestern hier ein und wurde von dem Kaiser von Rußland und dem Großfürsten Wladimir empfangen. Den Rückweg wird Se. Königliche Hoheit Über Düsseldorf neh- men, um seinen erkrankten Sohn, den Erbgroßherzog, zu be- suchen. . i i

Mecklenburg. Schwerin, 23, Mai. Die Großherzog- lichen Herrschaften verweilen zur Zeit in Florenz, wo sie am 15. d. M. von Rom eingetroffen sind. i

Sachsen. Dresden, 23. Mai. Die Kronprinzessin ist heute früh halb 5 Uhr nah Marienbad abgereist. :

Weimar, 23. Mai. Gestern Nachmittag um 2 Uhr ist der außerordentlihe Landtag im Namen des Großherzogs durch eine aus dem Staats-Minister von Waßdorf, Geheimerath Thon und Geheimen Staatsrath Sticbling bestehende Kommmis|- sion eröffnet worden. Nach der verlesenen Propositionsschrift sind die wichtigsten Vorlagen, mit welchen sich derselbe zu beschäf- tigen hat: der Entwurf einer Synodalordnung, die Ministerial-

bracht wird, etwas Derartiges zu versuchen. Was ihn abschreckt,

dekrete wegen Erbauung der Saalbahn, der Saal-Unstrutbahn,

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