1890 / 110 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 06 May 1890 18:00:01 GMT) scan diff

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tragung in das Arbeitêbuch und das dem Arkeiter etwa ausgestellte Zeugniß kosten- und \tempelfrei i LGRARE

Die Gewerbet-cibenden sind verpflihhtet, die Löhne ihrer Arbeiter in Rei{swäbrung zu berebnen und baar auszuzahlen.

Sie dürfen denselben keine Waare kr-ditiren Die Verabfolgung von Lebensmitteln an die Arbeiter fällt, sofern sie zu einem die An- \caffungskosten nicht übersteigenden Preise erfolgt, unter die vor- stehende Bestimmung niht; auch können den Arbeitern Wohnung,

euerung, Landnugung. regelmäßige Beköstigung, Arzneien und ärzt- iche Hülfe, sowie Werkzeuge und Stoffe zu den ihnen übertragenen Arbeiten unter Anrehnung bei der Lohnzahlung verabfolgt werden, arate die dafür angerechneten Beträge die Selbstkosten nicht über- eigen.

¿A16,

Arbeiter, deren Forderungen in einer dem §. 115 zuwiderlaufen- den Weise berichtigt worden sind, können zu jeder Zeit Zahlung nah Maßgabe des § 115 verlangen, ohne daß ihnen eine Einrede aus dem an Zahlungsstatt Gegebenen entgegengeseßt werden kann. Leßteres fällt, soweit es noch bei dem Empfänger vorhanden oder dieser daraus bereichert ist, derjenigen Hülfsskasse zu, welher der Arbeiter angehört, in Ermangelung einer solchen einer anderen zum Besten der Arbeiter an dem Orte bestehenden, von der Gemeindebehörde zu bestimmenden Kasse und in deren Ermangelung der Ortsarmenkafse.

Verträge, welche dem §. 115 zuwiderlaufen, sind nichtig. Dasselbe gilt von Verabredungen zwischen Gewerbetreibenden und den von ihnen besäftigten Arbeitern über die Entnahme der Bedürfnisse der letzteren aus gewissen Verkaufsstellen, sowie überhaupt Über die Verwendung des Verdienstes derselben zu cinem anderen weck als zur Betheiligung an Einrichtungen zur Verbesserung der age der Arbeiter oder ihrer Sm is Forderungen für Waaren, welche dem §. 115 zuwider kreditirt worden sind, können von dem Gläubiger weder eingeklagt, noch durch Anrechnung oder sonst geltend gemacht werden, ohne Unterschied, ob fie zwishen den Betheiligten unmittelbar entstanden oder unmittelbar erworben sind. Dagegen fallen dergleichen Forderungen der im §. 116 bezeichneten Kafse zu. 8, 119,

Den Gewerbetreibenden im Sinne der S8. 115 bis 118 sind gleich zu achten deren Familienglieder, Gehülfen, Beauftragte, Geschäftsführer, Aufseher und Faktoren, sowie andere Gewerbe- treibende, bei deren Geschäft eine der hier ecwähnten Personen unmittelbar oder mittelbar betheiligt ift.

Unter den in §8. 115 bis 118 bezeihneten Arbeitern werden auch diejenigen Personen verstanden, welche für bestimmte Gewerbetreibende außerhalb der Arbeitsstätten der leßteren mit der Anfertigung gewerb- liher Erzeugnisse beshäftigt sind, und zwar auch dann, wenn sie die Rohb- und Pülfs\toffe selbst Mae O

Die Gewerbeunternehmer find verpflihtet, ihren Arbeitern unter achtzehn Jahren, welhe eine von der Gemeindebehörde oder vom Staate als Fortbildungs\chule anerkannte Unterrichtsanstalt besuchen, bierzu die erforderlihenfalls von der zuständigen Behörde festzusetzende Zeit zu gewähren.

Als Fortbildungs\hulen im Sinne dieser Bestimmung gelten au Anstalten, in welchen Unterricht in weiblihen Hand- und Hausarbeiten ertheilt wird.

Durch Ortsftatut (§8. 142) kann für Arbeiter unter achtzehn Jahren die Verpflichtung zum Besuche einer Fortbildungs\{ule, soweit diese Verpflihtung niht landesgeseßlih besteht, begründet werden. Auf demselben Wege können die zur Durchführung dieser Verpflichtung erforderlichen Bestimmungen getroffen werden. Insbesondere können durch das Ortsfstatut die zur Sicherung eines regelmäßigen Schul- besuchs den Schulpflichtigen, sowie deren Eltern, Vormündern und Arbeitgebern obliegenden Verpflichtungen bestimmt und diejenigen Vorschriften erlassen werden, durch welhe die Ordnung in der Fortbildungs\{chule und ein gebührlihes Verhalten der Schüler ge-

fichert wird. 8, 120 a.

Die Gewerbeunternehmer sind verpflihtet, die Arbeitsräume, Betriebsvorrihtungen, Maschinen und Geräthschaften so cinzurihten und zu unterhalten und den Betrieb so zu regeln, daß die Arbeiter gegen Gefahren für Leben und Gesundheit soweit geschüßt find, wie es die Natur des Betriebes gestattet.

Insbesondere ist für gerügendes Licht, ausreihenden Luftraum und Luftwechsel, Beseitigung des bei dem Betriebe entstehenden Staubes, der dabei entwickelten Dünste und Gase, sowie der dabei entstehenden Abfälle Sorge zu tragen.

CGbenso sind diejenigen Vorrichtungen herzustellen, welche zum Schutze der Arbeiter gegen gefährlihe Berührungen mit Maschinen oder Mascinentheilen oder gegen andere in der Natur der Betriebs- stätte oder des Betriebes liegende Gefahren, namentlich auch gegen Pren welche aus Fabrikbränden erwachsen können, erforder- ih sind.

Endlich sind diejenigen Vorschriften über die Ordnung des Betriebes und das Verhalten der Arbeiter zu erlassen, welche zur Sicherung eines gefahrlosen Betriebes erforderli sind.

Q LLZO D:

Die Gewerbeunternehmer sind verpflichtet, diejenigen Einrich- tungen zu treffen und zu unterhalten und diejenigen Vorschriften über das Verhalten der Arbeiter zu erlassen, welche erforderlich sind, um die Aufrechterhaltung der guten Sitten und des Anstandes zu sichern.

Insbesondere muß, soweit es die Natur des Betriebes zuläßt, bei der Arbeit die Trennung der Geschlechter durchgeführt werden.

In Anlagen, deren Betrieb es mit si bringt, daß die Arbeiter sich umkleiden und nah der Arbeit sich reinigen, müssen ausreichende, nah Geschlehtern getrennte Ankleide- und Waschräume vorhanden sein. _ Die Bedürfnißanstalten müssen so eingerihtet sein, daß sie für die Zahl der Arbeiter ausreichen, daß den Anforderungen der Gesundheits- pflege entsprochen wird und daß ihre Benugung ohne Verlegung von Sitte und Anstand erfolgen kaan.

8. 120c.

Gewerbeunternehmer, welche Arbeiter unter achtzehn Jahren be- \châftigen, sind verpflichtet, bei der Einrichtung der Betriebsstätte und bei der Regelung des Betriebes diejenigen besonderen Rücksichten auf Gesundheit und Sit:lichkeit zu nehmen, welche durch das Alter dieser Arbeiter geboten sind.

S 120d

: Die zuständigen Polizeibehörden sind befugt, im Wege der Ver- fügung für einzelne Anlagen die Ausführung derjenigen Maßnahmen anzuordnen, welche zur Durhführung der in 88, 120a bis 120 c ents- haltenen Grundsäße erforderli) und nah der Beschaffenheit der An- lage ausführbar -rsheinen. Sie können anordnen, daß den Arbeitern zur Cinnaßme von Mahlzeiten außerhalb dec Arbeitsräume an- gemessene, in der kalten Jahreszeit geheizte Räume unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden.

Soweit die angeordneten Maßregeln niht die Beseitigung einer dringenden, das Leben oder die Gesundheit bebrohenden Gefahr be- H, muß für die Ausführung eine angemessene Frist gelassen werden.

Den bei Erlaß dieses Gesetzes bereits bestehenden Anlagen gegen- über können, so lange nicht eine Erweiterung oder ein Umbau eintritt, nur Anforderungen gestellt werden, welche zur Beseitigung erheblicher, das Leben, die Gesundheit oder die Sittlichkeit der Arbeiter gefähr- dender Mißstände erforderlich oder ohne unverhältnißmäßige Auf- wendungen ausführbar erscheinen.

Gegen die Verfügung der Polizeibehörde steht dem Géewerbe- unternehmer binnen zwei Wochen die Beshwerde an die höhere Ver- waltungsbehörde zu.

8. 120 e.

Durch Beschluß des Bundesratbs können Vorschriften darüber

erlassen werden, welchen Anforderunçen in bestimmten Arten von An-

lagen zur Yuróführung der in den §8, 120 a bis 120 e entbaltenen Grundfäßte zu genügen ift.

Soweit folde Vorsthriften durch Beschluß des Bundesraths nicht erlassen sind, können dieselben durch Anordnung der Landes- Centralbehörden oder dur Polizeiverordnungen der zum Erlasse folber berechtigten Behörden unter Beachtung des §8. 81 des Uxfall- versiherungdgeseßes rom 6. Juli 1884 (Reihs-Gejeßbl. S. 69) er- lassen werden. ,

Dur Beschluß des Bundesraths kann für folcke Gewerbe. in welhen durch übermäßige Dauer der täglichen Arbeitszeit die Gesund- beit der Arbeiter gefährdet wird, die Dauer der zulässigen täglichen Arbeitszeit und der zu gewährenden Pausen vorgeschrieben werden.

Die durch Beschl uf des Bundesraths erlassenen Vorschriften find durch das Reichs-Gesetzblatt zu veröffentlichen.

13. Verhältnisse der d lige: und Gehülfen.

Gesellen und Gehülfen sind verpflichtet, den Anordnungen der Arbeitgeber -in Beziehung auf die ihnen übertragenen Arbeiten und auf die Fäuslihen Einrichtungen Folge zu leisten; zu häuslihen Arbeiten sind sie niht verbunden. Äk

Das Arbeitsverhältniß zwischen den Gesellen oder Gehülfen und ihren Arbeitgebern kann, wenn nicht ein Anderes verabredet ist, durh eine jedem Theile freistehende, vierzehn Tage vorher erklärte Auf- kündigung gelöft werden. 8 193

Vor Ablauf der vertrags8mäßigen Zeit und ohne Aufkündigung können Gesellen und Gehülfen entlassen werden : i

1) wenn sie bei Abschluß des Arbeitsvertrages den Arbeitgeber durch Vorzeigung falscher oder verfälschter Arbeitsbücher oder Zeug- nisse hintergangen oder ihn über das Bestehen eines anderen, sie pee verpflihtenden Arbeitsverhältnisses in einen Irrthum ver- eßt haben;

2) wenn sie eines Diebftahls, einer Entwendung, einer Unter- \{lagung, eines Betruges oder eines liederlihen Lebenswandels \sich schuldig machen ; f

) wenn fie die Arbeit unbefugt veclassen haben oder sonst den nach dem Arbeitsvertrage ihnen obliegenden Verpflihtungen nach- zukommen beharrlich verweigern ; t

4) wenn sie der Verwarnung ungeachtet mit Feuer und Licht unvorsihtig umgehen; :

5) wenn fie sich Tkhâätlichkeiten oder grobe Beleidigungen gegen den Arbeitgeber oder seine Vertreter oder gegen die Familien- angehörigen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter zu Schulden kommen lassen; :

6) wenn fie einer vorsäßlihen und rechtswidrigen Sachbeschädi- gung zum Nachtheile des Arbeitgebers oder eines Mitarbeiters {ich \cuidig machen;

7) wenn sie Familienangehörige des Arbeitgebers oder seiner Vertreter oder Mitarbeiter zu Handlungen verleiten oder mit Familienangehörigen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter Hand- vungee begehen, welche wider die Geseße oder die guten Sitten verstoßen ;

8) wenn sie zur Fortseßung der Arbeit unfähig oder mit einer abshreckenden Krankheit behaftet sind. j

In den unter Nr. 1 bis 7 gedachten Fälien ist die Entlassung niht mehr zulässig, wenn die zu Grunde liegenden Thatsachen dem Arbeitgeber länger als eine Woche bekannt sind.

Inwiefern in den unter Nr. 8 gedahten Fällen dem Entlassenen ein Anspruch auf Entschädigung zustehe, ist nach dem Inhalt des Vertrages und nach den allgemeinen gesezlihen Vorschriften zu be- urtheilen.

8. 124,

Vor Ablauf der vertrag8mäßigen Zeit und ohne Aufkündigung können Gesellen und Gehülfen die Arbeit verlassen:

1) wenn sie zur Fortseßung der Arbeit unfähig werden ;

2) wern der Arbeitgeber oder seine Vertreter sich Thätlichkeiten oder grobe Beleidigungen gegen die Arbeiter oder gegen ihre Familien- angchörigen zu Schulden kommen lassen;

3) wenn der Arbeitgeber oder seine Vertreter oder Familien- angehörige derselben die Arbeiter oder deren Familienangehörige zu Handlungen verleiten oder mit den Familienangehörigen der Arbeiter FUDARGE begehen, welche wider die Geseße oder die guten Sitten aufen ;

4) wenn der Arbeitgeber den Arbeitern den {huldigen Lohn nicht in der bedungenen Weise auszahlt, bei Stücklohn nicht für ihre aus- reihende Beschäftigung sorgt, oder wenn er sich widerrehtliher Ueber- vortheilungen gegen sie \{chuldig mat;

5) wenn bei Fortseßung der Arbeit vas Leben oder die Gesund- heit der Arbeiter einer erweislihen Gefahr ausgeseßt sein würde, welche bei Eingehung des Arbeitsvertrages niht zu erkennen war.

In den unter Nr. 2 und 3 gedachten Fällen ist der Austritt aus der Arbeit nicht mehr zulässig, wenn die zu Grunde liegenden That- sahen dem Arbeiter länger als eine Woche bekannt sind.

S. 125.

Hat ein Geselle oder Gehülfe vor rechtmäßiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Arbeit verlassen, so kann der Arbeitgeber an Stelle der Entschädigung eine an ihn zu erlegende Buße fordern, welche für den Tag des Vertragsbruhs und jeden folgenden Tag der vertragsmäßigen oder geseßlihen Arbeitszeit, höchstens aber für scchs Wochen bis auf die Höhe des ortsüblihen LTagelohns (§8. 8 des Krankenversiherungsgeseßes vom 15. Juni 1883, Reichs - Gesetbl. S. 73) si belaufen darf. Dasselbe Reht steht dem Gesellen oder Gehülfen gegen den Arbeitgeber zu, wenn er von diesem vor recht- mäßiger Beendigung des YIrbeitsverhältnisses entlassen worden ist.

Gin Arbeitgeber, welcher einen Gesellen oder Gehülfen verleitet, vor rechtmäßiger Beendigung des Arbeitsverbältnisses die Arbeit zu verlassen, ist dem früberen Arbeitgeber für den dadur entstehenden Schaden oder die verwirkte Buße als Selbstshuldner mitverbaftet. In gleicher Weise haftet ein Arbeitgeber, welcher einen Gesellen oder Gehülfen annimmt oder behält, von dem er weiß, daß derselbe einem anderen Arbeitgeber zur Arbeit noch verpflichtet ist.

Den Gefellen und Gehülfen stehen im Sinne des vorstehenden Absatzes die im §. 119 Absay 2 bezeichneten Personen glei.

I Ms

Der Lehrherr if verpflichtet, den Lehrling in den bei seinem Betriebe vorkommenden Arbeiten des Gewerbes in der durch den Zweck der Ausbildung gebotenen Reihenfolge und Ausdehnung zu unterweisen. Er muß entweder selbst oder durch einen geeigneten, aus- drücklih dazu bestimmten Vertreter die Ausbildung des Lehrlings leiten. Er darf dem Lehrling die zu seiner Ausbildung und zum Be- suche des Gottesdienstes an Sonn- und Festtagen erforderlihe Zeit und Gelegenheit durch Verwendung zu anderen Dienstleistungen nit entziehen. Er hat den Lehrling zur Arbeitsamkeit und zu guten Sitten anzuhalten und vor Aus\hweifungen zu bewahren.

S 12C, Der Lehrling ist der väterlichen Zucht des Lehrherrn unterworfen. Demijenigen gegenüber, welcher an Stelle des Lehrherrn seine Aus- bildung zu leiten hat, ift er zur Rate verpflichtet.

_ Das Lehrverhältniß kann, wenn eine längere Frist niht vereinbart ist, während der ersten vier Wochen nah Beginn der Lehrzeit dur einseitigen Rücktritt aufgelöst werden, Eine Vereinbarung, wona diese Probezeit mehr als drei Monate betragen soll, ist nichtig.

Nach Ablauf der Probezeit kann der Lehrlinz vor Beendigung der verabredeten Lehrzeit entlassen werden, wenn einer der im §. 123 vor- gesehenen Fälle auf ihn Anwendung findet

Von Seiten des Lehrlings kann das Lehrverhältniß nah Ablauf der Probezeit aufgelöst werden:

.__ 1) wenn ciner der im §. 124 unter Nr. 1, 3 bis 5 vorgesehenen Fâlle vorliegt ;

2) wenn der Lehrherr seine geseßlihen Verpflichtungen gegen den

Lehrling in ciner die Gesundheit, die Sittlichkeit oder die Ausbildung

des Lehrlings gefährdenden Weise vernachlässigt, oder das Ret der väterlihen Zucht mißbraucht, oder zur Erfüllung der ihm vertrags- mäßig obliegenden Verpflihtungen unfähig wird.

Der Lehrvertrag wird durch den Tod des Lehrlings aufgehoben. Durch den Tod des Lehrherrn gilt der Lehrvertrag als aufgehoben, sofern die Aufhebung innerhalb vier Wowen geltend gemacht wird.

Swriftliche Lehrvcrträge sind U

Bei Beendigung des Lehrverhältni}ses hat der Lehrherr dem Lehr- ling unter Angabe des Gewerbes, in welhem der Lehrling unterwiesen worden ist, über die Dauer der Lehrzeit und die während derselben erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten, sowie über sein Betragen ein Zeugniß auszustellen, welhes von der Gemeindebehörde koften- und stempelfrei zu beglaubigen ift.

An Stelle diefer Zeugnisse können, wo Innungen oder andere Vertretungen der Gewerbtreibenden bestehen, die von diesen ausge- stellten Lehrbriefe treten. Ae

8. ;

Verläßt der Lehrling in einem durch dies Geseg nicht vor- geschenen Falle ohne Zustimmung des Lehrherrn die Lehre, so kann Letterer den Anspru auf Rückehr des Lehrlings nur geltend machen, wenn der Lehrvertrag schriftlich ges{lossen ist. Die Polizeibehörde kann in diesem ore auf Antrag des Lehrherrn den Lehrling anhalten, so lange in der Lehre zu verbleiben, als durch gerichtlihes Urtheil das Lehrverbältniß nicht für aufgelöst erklärt ist. Der Antrag ist nur zulässig, wenn er binnen einer Woche nah dem Austritt des Lehrlings gestellt ist. Im Falle der Weigerung kann die Polizei- bebörde den Lehrling zwangsweise zurückführen lassen, oder dur An- drohung von Geldstrafe bis zu 50 # oder Haft bis zu 5 Tagen zur

S 131.

Wird von dem Vater oder Vormund für den Lehrling, oder \o- fern der leßtere großiährig ist, von ihm selbst dem Lehrherrn die \chriftliche Erklärung abgegeben, daß der Lehrling zu einem anderen Gewerbe oder anderen Berufe übergehen werde, so gilt das Lehr- verhältniß, wenn der Lehrling nicht früher entlassen wird, nah Ab- lauf von vier Wochen als aufgelöst. Den Grund der Auflösung hat dcr Lehrherr in dem Arbeitsbucbe zu vermerken.

Binnen neun Monaten nah der Auflösung darf der Lehrling in demselben Gewerbe von einem anderen Arbeitgeber ohne Zustimmung des früheren Lehrherrn nit Ae werden.

__ Erreicht das Lehrverhältniß vor Ablauf der verabredeten Lehrzeit sein Ende, so kann von dem Lehrherrn oder von dem Lehrling ein Anspruch auf Entschädigung nur geltend gemacht werden, wenn der Lehrvertrag sriftlich ge\chlosien ist. In den Fällen des §, 128 Ab- saß 1 und 4 kann der Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn dieses in dem Lehrvertrage unter Festseßung der Art und Höhe der Entschädigung vereinbart ist.

Der Anspruch auf Entschädigung erlischt, wenn er nicht inner- halb vier Wochen nach Auflösung des Lehrcerhältnisses im Wege der Klage oder Einrede geltend E

Rückkehr ihn anhalten.

_Ist von dem Lehrherru das Lehrverhältniß aufgelöst worden, weil der Lehrling die Lehre unbefugt verlassen hat, so ist die von dem Lehrherrn beanspruhte Entschädigung, wenn in dem Lehrvertrage ein anderes nit ausbedungen ist, auf einen Betrag festzuseßen, welcher für jeden auf den Tag des Vertragsbruches folgenden Tag der Lehr- zeit, höchstens aber für se{8 Monate, bis auf die Hälfte des in dem Gewerbe des Lehrherrn den Gesellen oder Gehülfen ortsüblih ge- zahlten Lohnes sich belaufen darf.

Für die Zahlung der Entschädigung sind als Selbstshuldner mit- verhaftet der Vater des Lehrlings sowie derjenige Arbeitgeber, welcher den Lehrling zum Verlassen der Lehre verleitet oder welcher ihn in Arbeit genommen hat, obwohl er wußte, daß der Lehrling zur Fort- seßung eines Lehrverhältnisses noch verpflihtet war. Hat der Ent- \chädigungsberechtigte erst nach Auflösung des Lehrverbältnisses von der Person des Arbeitgebers, welcher den Lehrling verleitet oder in Arbeit genomen hat, Kenntniß erhalten, fo erlischt gegen diese der Entschädigungsanspruch erst, wenn derselbe nicht innerhalb vier Wochen na erhaltener Kenntniß geltend gemacht ist.

Nlla, Verhältnisse der Betriebsbeamten, Werkmeister, Techniker.

S. 133 a.

Auf die von Gewerbeunternehmern gegen feste, mindestens monat- weise bemessene Bezüge beschäftigten Personen, welhe nicht lediglich vorübergehend mit der Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes oder einer Abtheilung desselben beauftragt (Betriebsbeamte, Werk- meister und ähnliche Angestellte) oder mit höheren technishen Dienst- leistungen betraut sind (Maschinentehniker, Chemiker, Zeichner und dergleichen), findet der §. 125 O

S. 133 b.

Das Dienstverhältniß dieser Personen kann, wenn nit etwas Anderes verabredet is, von jedem Theile mit Ablauf jedes Kalender- vierteljahres nach sechs Wochen vorher erklärter Aufkündigung auf- gehoben werden.

8. 133 c.

Jeder der beiden Theile kann vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Innehaltung einer Kündigungsfrist die Aufhebung des Dienstverhältnisses verlangen, wenn ein wichtiger, nah den Umsländen des Falles die Aufhebung e Grund vorliegt.

11389;

Gegenüber den im §. 133a bezeihneten Personen kann die Auf- hebung des Dienstverhältnisses insbesondere erlangt werden :

1) wenn fie beim Abshluß des Dienstvertrages den Arbeitgeber dur Vorbringung falscher oder verfälshter Zeugnisse hintergangen oder ihn über das Bestehen cines anderen, sie gleichzeitig verpflihtenden Dienstverhältnisses in einen Irrthum verseßt haben ; *

2) wenn sie im Dienste untreu sind oder das Vertrauen miß- brauen; j

__3) wenn fie ihren Dienst unbefugt verlassen oder den nah dem Dienstvertrage ihnen obliegenden Verpflihtungen nachzukommen be- harrlich verweigern ;

/4) wenn fie durch anhaltende Krankheit oder durch eine längere Freiheitsstrafe oder Abwesenheit an der Verrichtung ihrer Dienste verhindert werden;

9) wenn sie sich Thätlichkeiten oder Ehrverlezungen gegen den Arbeitgeber oder seinen Vertreter zu Schulden kommen lassen;

6) wenn sie sih einem unsittlihen Lebenswandel ergeben.

In dem Falle zu 4 bleibt der Anspruch auf die vertragsmäßigen Leistungen des Arbeitgebers für die Dauer von sechs8 Wochen in Kraft, wenn die Verrichtung der Dienste durch unvershuldetes Un- glück verhindert worden ist. Jedoh mindern #sich die Ansprüche in diesem Falle um denjenigen Betrag, welcher dem Berechtigten aus einer auf Grund geseßlicher Verpfltkhtung bestehenden Krankenversiche- rung oder Unfallversicherung zukommt.

; e,

Die im §. 133a bezeihneten Personen können die Auflösung des Dienstverhältnisses insbesondere verlangen :

1) wenn der Arbeitgeber oder seine Vertreter sich Tkhätlichkeiten oder Ghrverleßungen gegen fie zu Schulden komwen lassen ;

N eNN der Arbeitgeber die vertragsmäßigen Leistungen nicht gewährt ;

3) wenn bei Fortseßung des Dienstverhältnisses ihr Leben oder ihre Gesundheit einer erweislihen Gefahr ausgeseßt sein würde, welche bei Eingehung des Dienstverhältnisses nit zu erkennen war.

IV. Verhältnisse der Fabrikarbeiter. S. 134

Auf Fabrikarbeiter finden die Bestimmungen der §8. 121 bis 125 oder, wenn die Fabrikarbeiter als Lehrlinge anzusehen sind, die Bestimmungen der 88. 126 bis a Anwendung.

34a

8. j __ Für jede Fabrik ift innerhalb vier Wochen nah Inkrafttreten dieses Geseßes oder nach der Eröffnung des Betriebes eine Arbeits-

ordnung zu erlassen. Der Erlaß erfolgt durch Aushang (§. 134 e

Absatz 2). «

Die Arbeitsordnung muß den Zeitpunkt, mit welchem sie in Wirksamkeit treten soll, angeben und von demjenigen, welcher sie erläßt, unter Angabe des Datums unterzeichnet sein.

Abänderungen ihres Juhalts können nur durch den Erlaß von NaËträgen oder in der Weise erfolgen, daß an Stelle der bestehenden eine neue Arbsitsordnung erlassen wird.

Die Arbeitsordnungen und Nachträge zu denselben treten frühestens zwei Wochen nah ihrem Arie 1A LEUURG,

Die Arbeitsordnung muß Bestimmungen enthalten: i:

1) über Anfang und Ende der regelmäßigen täglichen Arbeits- zeit, sowie der für die erwachsenen Arbeiter vorgesehenen Pausen;

2) über Zeit und Art der Abrechnung und Lohnzahlung ;

3) sofern es nicht bei den gesegliwen Bestimmungen bewenden soll, über die Frist der für jeden Theil zulässigen Aufkündigung, sowie über die Gründe, aus welchen die Entlassung und der Austritt aus der Arbeit ohne Aufkündigung erfolgen darf;

4) sofern Strafen vorgesehen werden, über die Art und Höhe derselben, über die Art ihrer Festseßung und, wenn sie in Geld be- stehen, über deren Einziehung und über den Zweck, für welchen sie verwendet werden sollen. U 2

Strafbestimmungen, welhe das Ehrgefühl oder die guten Sitten verleßen, dürfen in die Arbeitsordnung nit aufgenommen werden. Geldstrafen dürfen den doppelten Betrag des ortsüblihen Tagelohns (S. 8 des Krankenversiherungsgeseßes vom 15. Juni 1883, Reihs-Geseßbl. S. 73) niht übersteigen und müssen zum Besten der Arbeiter der Fabrik verwendet werden. Das Recht des Arbeit- A Schadensersay zu fordern, wird durch diese Bestimmung nit

erührt.

Dem Besitzer der Fabrik bleibt überlassen, neben den unter 1 bis 4 bezeihneten, noch weitere die Ordrung des Betriebes und das Verhalten der Arbeiter im Betriebe betreffende Bestimmungen in die Arbeitsordnung aufzunehmen. Leßtere darf auch das Verhalten der minderjährigen Arbeiter außerhalb des Betriebes regeln.

Durch die Arbeitsordnung kann bestimmt werden, daß der von minderjährigen Arbeitern verdiente Lohn an deren Eltern oder Vor- münder und nur mit deren schriftliher Zustimmung unmittelbar an die Minderjährigen ausgezahlt wird und daß der minderjährige Arbeiter nur mit ausdrücklicher Zustimmung seines Vaters oder Vor- mundes kündigen darf. 8. 134

1340;

Der Inhalt der Arbeitsordnung ist, soweit er den Gesetzen nit zuwiderläuft, für die Arbeitgeber und Arbeiter rechtsverbindlich.

Entlassung und Austritt aus der Arbeit dürfen aus anderen als den in der Arbeitsordnung vezeichneten oder den geseßliven Gründen niht erfolgen. Andere als die in der Arbeitsordnung vorgesehenen Strafen dürfen über den Arbeiter nicht verhängt werden.

8.

Vor dem Erlaß der Arbeitsordnung oder eines Nachtrags zu derselben ist den in der Fabrik beschäftigten Arbeitern Gelegenheit zu geben, sh über den Inhalt derselben zu äußern.

Für Fabriken, für welche cin ständiger Arbeiteraus\{uß besteht, wird dieser Vorschrift durch Anhörung des Ausschusses über den Inhalt der Arbeitsordnung ands.

e.

Die Arbeitsordnung, sowie jeder Nachtrag zu derselben ist binnen drei Tagen nach dem Erlaß in zwei Auéfertigungen unter Beifügung der Versicherung, daß der Vorschrift des §. 1344 genügt ist, der unteren Verwaltungsbehörde einzureichen.

Die Arbeitsordnung ist an geeigneter, alien Arbeitern zugänglicher Stelle auszuhängen. Der Aushang muß stets in lesbarem Zustande erhalten werden.

8, 134 f.

Arbeitsordnungen und Nachträge zu denselben, welche nicht vor- \{riftsmäßig erlassen sind, oder deren Inhalt den geseßlihen Be- stimmungen zuwiderläuft, find auf Anordnung der unteren Vecwal- tung8behörde durch geseßmäßige Arbeitsordnungen zu ersetzen oder den geseßlichen Vorschriften entsprehend abzuändern.

Gegen diese Anordnung findet binnen zwei Wochen die Beschwerde an die höhere P e Ta

; g.

Arbeitsordnungen, welche vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen worden sind, unterliegen den Bestimmungen der §8, 134 a bis 134 c, 134e Absatz 2, 134f und sind binnen vier Wochen der unteren Verwaltungsbehörde in zwei Ar#éfertigungen einzureichen. Auf Abänderungen dieser Arbeitsordnungen findet der §. 1344 Anwendung.

8. 135.

Kinder unter dreizehn Jahren dürfen in Fabriken nit beschäftigt w-rden. Kinder über dreizehn Jahre dürfen in Fabriken nur beschäftigt werden, wenn sie nicht mehr ¿zum Besuche der Volks\{hule ver- pflichtet sind.

Die Beschäftigung von Kindern unter vierzehn Jahren darf die Dauer von sech8s Stunden tägli nit überschreiten.

Junge Leute zwischen vierzehn und sech8;ehn Jahren dürfen in Fabriken nit länger als zehn Stunden täglih beschäftigt werden

Durch Beschluß des Bundcsraths kann für bestimmte Fabri- kationszweige gestattet werden, Kinder über dreizehn Jahre, welche nicht mehr zum Besucze der Volksschule verpflichtet find, in derselben Meise wie junge Leute zwischen vierzehn und \sechszehn Jahren zu be- schäftigen, sofern der Arbeitgeber das Zeugniß eines von der höheren Verwaltungsbehörde ermächtigten Arztes beibringt, daß die körperliche Entwickelung die beabsichtigte Beschäftigung ohne Gefahr für die Ge- sundheit zuläßt,

8, 136.

Die Arbeitsftunden der jugendlihen Arbeiter (§. 135) dürfen nicht vor 5+ Uhr Morgens beginnen und nicht über 8} Uhr Abends dauern. Zwischen den Arbeitsstunden müssen an jedem Arbeitstage regelmäßige Pausen gewährt werden. Für jugendliche Arbeiter, welche nur sech8 Stunden täglih beschäftigt werden, muß die Pause mindestens eine halbe Stunde betragen. Den übrigen jugendlihen Arbeitern muß mindestens Mittags eine einstündige sowie Vor- mittags und Nachmittags je eine halbstündige Pause gewährt werden.

Während der Pausen darf den jugendlichen Arbeitern eine Be- schäftigung in dem Fabrikbetriebe überhaupt niht und der Aufenthalt in den Arbeitsräumen nur dann gestattet werden, wenn in denselben diejenigen Theile des Betriebes, in welhen jugendlihe Arbeiter be- \châftigt sind, für die Zeit der Pausen völlig eingestellt werden oder wenn der Aufenthalt im Freien nicht thunlich ist und andere geeignete Aufenthaltsräume ohne unverbältnißmäßtge Schwierigkeiten nicht be- \{chaffft werden können.

An Sonn- und Festtagen, sowie während der von dem ordent- lihen Seclforger für den Katebumenen- und Konfirmanden-, Beihht- und Kommunionunterriht bestimmten Stunden dürfen jugendliche Arbeiter nicht beschäftigt werden.

D. LO(

Arbeiterinnen dürfen in Fabriken nicht in der Nachtzeit von 83 Uhr Abends bis 54 Uhr Morgens und am Sonnabend sowie an Vorabenden der Festtage niht nah 54 Uhr Nachmittags beschäftigt werden.

__ Die Beschäftigung von Arbeiterinnen über sech8zehn Jahre darf die Dauer von elf Stunden täglich nicht überschreiten.

__ Zwischen den Arbeitsstunden muß den Arbeiterinnen eine mindestens einstündige Mittagspause gewährt werden.

Arbeiterinnen über \echszehn Jahre, welche ein Hau8wesen zu be- sorgen haben, sind eine halbe Stunde vor der Miitagspause zu ent- lassen, sofern diese nicht mindestens ein und eine halbe Stunde be- trägt. Ehefrauen und solhe Wittwen, welche Kinder haben, gelten als Arbeiterinnen, welche ein Hauswesen zu besorgen haben, sofern niht das Gegentheil durch die Ortspolizeibehörde {riftli bescheinigt ist. Die Bescheinigung erfolgt stempel- und gebührenfrei. i

Wöchnerinnen dürfen während vier Wochen nach ihrer Nieder- kunft nicht beschäftigt werden.

8. 138.

__Sollen Arbeiterinnen oder jugendlihe Arbeiter in Fabriken be- \chäftigt werden, so hat der Arbeitgeber vor dem Beginn der Beschäfti- gung der Ortépolizeibehörde eine \hriftlihe Anzeige zu machen.

In der Anzeige sind die Fabrik, die Wochentage, an welchen die Beschäftigung stattfinden soll, Beginn und Ende der Arbeitszeit und der Pausen sowie die Art der Beschbäftigung anzugeben. Eine Aenderung hierin darf, abgesehen von Verschiebungen, welche durh Erseßzung behinderter Arbeiter für einzelne Arbeits\chichten nothwendig werden, nit erfolgen, bevor eine entsprechende weitere Anzeige der Behörde gemacht ist. In jeder Fabrik hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, daß in den Fabrikräumen, in welchen jugendliche Arbeiter beschäftigt werden, an einer in die Augen fallenden Stelle ein Verzeichniß der jugendlichen Arbeiter unter Angabe ihrer Arbeitstage, sowie des Beginns und Endes ihrer Arbeitszeit und der Pausen ausgehängt ift. Ebenso hat er dafür zu sorgen, daß in den ezeihneten Räumen eine Tafel ausgehängt ist, welche in der von der Centralbebörde zu bestimmenden Fassung und in deutliher Sthrift einen Auszug au: den Bestimmungen über die Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugendlichen M EiA enthält.

: a,

Wegen außergewöhnlihßer Häufung der Arbeit kann auf Antrag des Arbeitgebers die untere Verwaltungsbehörde auf die Dauer von vierzehn Tagen die Beschäftigung von Arbeiterinnen über \echszehn Jahren bis zehn Uhr Abends an den Wotentagen außer Sonnabend unter der Vorausfeßung_ gestatten, daß die tägliche Arbeitszeit dreizehn Stunden nit überschreitet. Innerhalb eines Kalender- jahres darf die Erlaubniß einem Arbeitgeber für mebr als vierzig Tage niGt ertheilt werden, Der Antrag ist s{chriftlich zu stellen und muß den Grund, aus welhem die Erlaubniß beantragt wird, die Zahl der in Betracht kommenden Arbeiterinnen, das Maß der längeren Beschäftigung sowie den Zeitraum angeben, für welchen dieselbe stattfinden soll. Der Bescheid auf den Antrag ist binnen drei Tagen \chri\tlich zu ertheilen. Gegen die Versagung der Erlaubniß steht die Beschwerde an die vor- geseßte Behörde zu.

__ Die untere Verwaltungsbehörde hat über die Fälle, in welchen die Erlaubniß ertheilt worden ist, ein Verzeichniß zu führen, in welches der Name des Arbeitgebers und die für den \criftlihen Antrag vor- geschriebenen Angaben einzutragen sind.

Die untere Verwaltungsbehörde kann die Beschäftigung von Arbeiterinnen über sech8zehn Jahre, welche kein Hauswesen zu be- sorgen haben und zum Besuch einer Fortbildungs\{ule nit ver- pflichtet sind, bei den im §. 105e Absatz 1 unter Ziffer 2 und 3 be- zeichneten Arbeiten Sonnabend Nachmittags nah Uhr gestatten. Die Erlaubniß is \chriftlich zu ertheilen, vom Arbeitgeber zu ver- wahren.

8, 139,

_ Wenn Naturereignisse oder Unglücksfälle den regelmäßigen Be- trieb einer Fabrik unterbrohen haben, so können Ausnahmen von den in §8. 135 Absay 2 bis 4, 136, 137 Absatz 1 bis 3 vorgesehenen Beschränkungen auf die Dauer von vier Wochen durch die höhere Verwaltungsbehörde, auf längere Zeit durch den Reihskanz;ler zu- gelassen werden. In dringenden Fällen folcher Art, sowie zur Ver- hütung von Unglüsfällen fann die untere Verwaltungsbehörde, e höchstens auf die Dauer von vierzehn Tagen, solche Ausnahmen gestatken.

___ Wenn die Natur des Betriebes oder Rücksihten auf die Arbeiter in einzelnen Fabriken es erwünscht erscheinen lassen, daß die Arbeits- zeit der Arbeiterinnen oder jugendlichen Arbeitec in einer anderen als der durch §§. 136 und 137 Absatz 1 und 3 vorgesehenen Weise ge- regelt wird, fo kann auf besonderen Antrag eine anderweite Regelung hinsihtlich der Pausen durch die höhere Verwaltungsbehörde, im Uebrigen durch den Reichskanzler gestattet werden. Ietoch dürfen in folhen Fällen die jugendlihen Arbeiter nicht länger als \e{chs Stunden beschäftigt werden, wenn zwishen den Arbeitsstunden nicht Pausen von zusammen mindestens einstündiger Dauer gewährt werden.

Die auf Grund vorstehender Bestimmungen zu treffenden Ver-

fügungen müssen schriftli A u : a,

Der Bundesrath i} ermättigt :

1) die Verwendung von Arbeiterinnen, sowie von jugendlichen Arbeitern für gewisse Fabrikationszweige, welhe mit besonderen Ge- fahren für Gesundheit oder Sittlichkeit verbunden sind, gänzlih zu untersagen oder von besonderen Bedingungen abhängig zu machen;

2) die Verwendung von Arbeiterinnen über sechtzehn Jahre in der Nach1izeit für gewisse Fabrikationszweige, in welchen sie bisher üblih war, unter den durch die Rücksiht auf Gesundheit und Sitt- lihkeit gebotenen Bedingungen zu gestatten;

3) für Spinnereien, für Fabriken, welhe mit ununterbrohenem Feuer betrieben werden, oder welche fonst durch die Art des Betriebes auf eine regelmäßige Tag- und Nachtarbeit angewiesen sind, fowie für folhe Fabriken und Werkstätten, deren Betrieb eine Eintheilung in regelmäßige Arbeits\{hichten von gleicher Dauer nicht gestattet oder seiner Natur nach auf bestimmte Jahreszeiten beschränkt ist, Aus- nahmen von den in 88. 135 Absatz 2 bis 4, 136, 137 Absatz 1 bis 3 vorgesehenen Bestimmungen nachzulassen, Jedoch darf in solchen Fällen die Arbeitszeit für Kinder die Dauer von sehsunddreißig Stunden, für junge Leute die Dauer von \sech8zig, in Spinnereien von vierundsehs8zig, in Ziegeleien von neunundsechs8zig Stunden wöchentlich niht überschreiten.

Die durch Bes{&luß des Bundesraths getroffenen Bestimmungen sind durh das Reichs-Geseßblatt zu veröffentlichen.

V. Aufficht. 8, 139 b,

Die Aufsi{ht über die Ausführung der Bestimmungen der 8&8. 105a, 105 b, Absay 1, 105e bis 105g, 120a bis 120e, 134 bis l139a ift aus\chließlich oder neben den ordentlihen Polizeibehörden besonderen von den Landesregierungen zu ernennenden Beamten zu übertragen. Denselben stehen bei Ausübung dieser Aufficht alle amt- lihen Befugnisse der Orts-Polizeibehörden, insbesondere das Ret zur jederzeitigen Revision der Anlagen zu. Sie sind, vorbehaltlih der Anzeige von Gesetzwidrigkeiten, zur Geheimhaltung der amtlih zu ihrer Kenntniß gelangenden Geschäfts- und Betriebsverhältnisse der ihrer Revision unterliegenden Anlagen zu verpflichten.

Die Ordnung der Zuständigkeitsverhältnisse zwischen diesen Be- amten und den ordentlihen Polizeibehörden bleibt der verfassungs3- mäßigen Regelung in den einzelnen Bundesstaaten vorbehalten.

Die erwähnten Beamten haben Jahresberichte über ihre amtliche Thâtigkeit zu erstatten. Diese Jahresberihte oder Auszüge aus den- selben sind dem Bundesrath und dem Reichstage vorzulegen.

Die auf Grund der Bestimmungen der §8. 105a bis 105g, 120a bis 120e, 134 bis 139a auszuführenden amtlichen Revisionen müssen die Arbeitgeber zu jeder Zeit, namentlih auch in der Nacht, während des Betriebes gestatten.

Artikel 2.

An die Stelle des in §8. 97 Nr. 4, 97a Nr. 6, 1004 Nr. 3, 100e Nr. 1, 100i Absay 2 angeführten §. 120a der Gewerbe- ordnung tritt der §. 3 Absatz 1 des Gesetzes, betreffend die Gewerbe-

gerichte. Artikel 3. Der Absatz 2 des §. 98a Nr. 2b der Gewerbeordnung erhält folgende Fassung: b. die Ueberwachung der Beobachturg der in §8, 105a bis 105 g, 120 bis 120e, 126, 127 vorgesehenen Beftimmungen durch die

Innung. Artikel 4, Die Strafbestimmungen des Titels X. der Gewerbeordnung werden wie folgt abgeändert : z Fu Die Ziffern 1 und 2 des F. 146 Absay 1 erhalten folgende Fassung : 1) Gewerbetreibende, welche dem §. 115 zuwiderhandeln ; 2) Gewerbetreibende, welhe den §8. 135, 136, 137 oder den auf Grund der §8. 139 und 139 a getroffenen Verfügungen zuwiderhandeln ;

2) dem S. 146 wird folgender Absaßz beigefügt : Der §. 75 des Gerthtsverfassung8gesezes findet Anwendung.

3) Hinter §. 146 wird ein pri . 146 a.

Mit Geldstrafe bis zu 600 A4, im Unvermögensfalle mit Haft wird bestraft, wer den 88. 105b bis 105g oder den auf Grund der- selben erlaffenen Anordnungen zuwider Arbeitern an Sonn- und Fest- tagen Beschäftigung giebt.

4) Die Ziffer 4 des §. 147 ad 1 erbält folgende Iu

4) wer den auf Grund des S. 1204 endgültig erlaffenen Ver- fügungen oder den auf Grund des §. 120 e erlassenen Vor- \chriften zuwiderhandelt ; /

5) Hinter Ziffer 4 des §. 147 Absatz 1 wird eingeschaltet :

5) wer eine Fabrik betreibt, für welche eine Arbeitsordnung (8, 134a) nit besteht, oder wer der endgültigen Anord- nung der Behörde wegen Erseßung oder Abänderung der Arbeitsordnung (§. 134 f) nicht nahkommt.

6) Der §. 147 erbält am Schlusse folgenden neuen Wit

In dem Falle zu 4 kann die Polizeibehörde bis zur Herstellung des der Verfügung oder“ der Vorschrift ent- IENEDeN Zustandes die Einstellung des Betriebes an- ordnen.

7) Der § 148 Absayß 1 enthält folgende Zusätze:

11) wer der Bestimmung des §. 134c Absay 2 zuwider gegen Arbeiter Strafen verbängt, welche in der Arbeitsordnung nicht vorgesehen sind oder den geseßlich zulässigen Betrag übersteigen, oder wer Strafgelder in einer in der Arbeits- ordnung niht-vorgesehenen Weise verwendet ;

12) wer es unterläßt, der dur §8. 134e Absatz 1 und 134g für ihn begründeten Verpflihtung nazukommen.

8) Die Ziffer 7 des §. 149 Absatz 1 erhält folgende Fassung:

7) wer es unterläßt, den dur S8, 105c Absatz 2, 134e Absatz 2, 138, 138a Absatz 3, 139b für ihn begrünceten Verpflichtungen nachzukommen ; -

9) Die Ziffer 2 des §. 150 erbält folgende Fassung :

2) wer außer dem im §. 146 Ziffer 3 vorgesehenen Fall den Bestimmungen dieses Gesetzes in Ansehung der Arbeits- bücher zuwiderbandelt ;

10) Der §. 150 erhält folgenden Zusaß :

4) wer den Bestimmungen des §. 120 Absay 1 oder des auf Sat des §8. 120 Absatz 3 erlassenen Ortsftatuts zuwider- andelt,

Landesgeseßlihe Vorschriften gegen die Verleßung der Schulpfliht, nah welchen eine höhere Strafe eintritt, werden durch die Bestimmung unter Ziffer 4 nit berührt.

11) Der Absatz 1 des §. 151 erhält folgende Faffung:

Sind bei der Ausübung des Gewerbes polizeiliche Vorschriften von Personen übertreten worden, welhe der Gewerbetreibende zur Leitung des Betriebes oder etnes Theiles desselben oder zur Beaufsichtigung bestellt batte, so trifft die Strafe diese leßteren. Der Gewerbetreibende ift nur strafbar, wenn die Uebertretung mit seinem Vor- wissen begangen ift, oder wenn er bei der Auswahl oder der Beaufsichtigung der Betriebsleiter oder Aufsihtsper- sonen es an der erforderlihen Sorgfalt hat fehlen lasen.

12) Der §. 153 erhält folgende Fassung: -

Wer es unternimmt, durch Anwendung körperlichen Zwanges, durch Drohungen, durch Ehrverietzungen oder durch Verrufserklärung

1) Arbeiter oder Arbeitgeber zur Theilnahme an Verabredungen der im §. 152 bezeihneten Art zu bestimmen oder am Rücktritt von solchen Verabredungen zu hindern,

2) Arbeiter zur Einitellung der Arbeit zu bestimmen oder an der Fortsetzung oder Annahme der Arbeit zu hindern,

3) Arbeitgeber zur Entlassung von Arbeitern zu bestimmen oder an der Annahme von Arbeitern zu hindern,

wird mit Gefängniß niht unter einem Monat bestraft. Ist

die Handlung gewohnheitsmäßig begangen, so tritt Gefängniß

nicht unter einem Jahre ein. :

Die gleiben Strafvorschriften finden auf Denjenigen An- wendung, welcher Arbeiter zur widerrechtlichen Einstellung der Arbeit oder Arbeitgeber zur widerrechtlihen Entlafjung von Arbeitern öffentlich auffordert.

' Artttel 9 ___ An Stelle des §. 154 der Gewerbeordnung treten folgende Be- stimmungen:

Q 104:

Die Bestimmungen der 8§. 105 bis 133 finden auf Gehülfen und Lehrlinge in Apotheken, die Bestimmungen der §8. 105, 106 bis 119, 120a bis 133 auf Gehülfen und Lehrlinge in Handelsgeschäften keine Anwendung.

Die Bestimmungen der §8. 134 bis 139 b finden auf Arbeitgeber und Arbeiter in Hüttenwerken, in Zimmerpläßen und anderen Bau- höfen, in Werften, sowie in solhen Ziegeleien, über Tage betriebenen Brüchen und Gruben, welche niht bloß vorübergehend oder in geringem Umfang betrieben werden, entsprehende Anwendung. Darüber, ob die Anlage vorübergehend oder in geringem Umfang betrieben wird, entscheidet die höhere Verwaltungsbehörde endgültig.

Die Bestimmungen der §8, 135 bis 139b finden auf Arbeitgeber und Arbeiter in Werkstätten, in welchen durch elementare Kraft (Dampf, Wind, Wasser, Gas, Luft, Elektrizität u. #. w.) bewegte Triebwerke nicht bloß vorübergehend zur Verwendung kommen, mit der Maßgabe entsprehende Anwendung, daß der Bundesrath für ge- wisse Arten von Betrieben Ausnahmen von den in §8 135 Absatz 2 bis 4, 136, 137 Absay 1 bis 3 vorgesehenen Bestimmungen nachlassen kann. Auf andere Werkstätten können durch Kaiserlihe Verordnung mit Zustimmung des Bundesraths die Bestimmünden der S 139, bis 139b ganz oder theilweise ausgedehnt werden. Werkstätten, in welchen der Arbeit-

eber aus\ch{ließlich zu seiner Familie gehörige Personen beschäftigt, fällen unter diese Bestimmung nit.

Die Bestimmungen der 88. 115 bis 119, 135 bis 139b, 152 und 153 finden auf die Befißer und Arbeiter von Bergwerken, Salinen, Aufbereitungsanstalten und unterirdish betriebenen Brüchen oder Gruben entsprehende Anwendung.

Arbeiterinnen dürfen in Anlagen der im Absatz 4 bezeichneten Art nit unter Tage beschäftigt werden. Zuwiderhandlungen unter- liegen der Strafbestimmung des §8. 146.

Artikel 6. Zus Der §. 155 Absot 2 der Gewerbeordnung erhält folgenden usaßz:

Kür die unter Reihs- und Staatsverwaltung stehenden Betriebe können die den Polizeibehörden, Aufsihtsbeamten, unteren und höheren Verwaltungsbehörden durch die §8. 105 b Absaß 2, 195 c Absay 2, 10017 1200, 104e, 1345, 1342 138 Ablaß 1, 138a, 139, 139b übertragenen Befugnisse und Obliegenheiten auf die der Verwaltung dieser Betriebe vorgeseßten Dienstbehörden übertragen werden.

Artikel 7.

Der Zeitpunkt, an welchem die in 88. 105 a bis 105 f getroffenen Bestimmungen ganz oder theilweise in Kraft treten, wird dur Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundesraths bestimmt. Bis dahin bleiben die bisherigen geseßlihen Bestimmungen in Kraft. a g Vebrigen tritt dieses Gese mit dem 1. April 1891 in

raft.

Für Kinder im Alter von zwölf bis vierzehn Jahren und für junge Leute zwishen vierzehn und sechszehn Jahren, welche vor dem 1, April 1891 bereits in Fabriken oder in den im §. 154 Absay 2 bis 4 bezeihneten gewerblihen Anlagen beschäftigt waren, bleiben die bisherigen geseßlihen Bestimmungen bis zum 1. April 1893 in Kraft.

Für Betriebe, in welhen vor Verkündung dieses Gesetzes Arbeiterinnen über sechs8zehn Jahre in der Nachtzeit beschäftigt worden find, und welche nicht unter §. 1398 Absay 1 user 2 fallen, kann die Landes-Centralbehörde die Ermächtigung ertheilen, längstens bis zum 1. April 1893 folche Arbeiterinnen în der bisherigen