1890 / 116 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 13 May 1890 18:00:01 GMT) scan diff

Aktenstücke, Ost-Afrika betreffend.

Dem Reichstage ist vom Reichskanzler eine neue Samm- lung von Aktenstücken, Ost-Afrika betreffend, vorgelegt worden. Sie beginnt mit einem Bericht des Kaiserlihen Kommissars vom 27. Dezember über die Gefangennahme und Hinrichtung Buschiri's, mit einem Bericht vom 28. Dezember über die Verhältnisse der Stationen im Allgemeinen und die Ge- fangennahme mehrerer Rebellenführer und einem Be- richt vom 1. Januar über die Expedition des Chefs Lieutenants chmidt nah dem südlihen Useguhha und über ein Gefeht mit Bana Heri. Diese drei Berichte sind bereits in der Nr. 28 des „Reichs- und Staats-Anzeigers“ vom 29. Fanuar publizirt worden. Dasselbe ist bezüglich der Berichte vom 20. Januar über die Einnahme der von Bana Heri besezten Bushboma „Mlembule“ und vom 28. Januar über wirthschaftlihe Unternehmungen der Deutsch:ostafri- kanischen Gesellschast 2c. der Fall, welhe in Nr. 59 des „Reichs- und Staats-Anzeigers“ vom 6. März veröffentlicht wurden. Neu sind dagegen folgende Telegramme bezw.

Berichte:

(Auszug.) Sansibar, den 1. Januar 1890,

Eingegangen in Berlin den 23. Januar 1890. Ew. Durchlaut bechre ich mich gehorsamft zu melden, daß Emin Pascha den lebhaften Wunsch hegt, seine Erfahrungen in deutshe Dienste zu stellen. Er hat mich gebeten, dies zur Kenntniß Ew. Durchlaucht und, wenn angängig, aud Sr Majestät zu bringen, dessen Allerhöchster Gnade er si tief verpflichtet fühlt. gez. Wissmann. Sr. Dur(laucht dem Fürsten von Bismarck.

Telegramm.

Berlin, den 25. Jaruar 1890. Die Dienste Emin Paschas sind uns willkommen, Bitte, nähere Wünsche desselben mitzutheilen.*) gez. Graf Bismarck,

An den Kaiserlichen Kommissar für Oft-Afrika. Sansibar.

i Sansibar, den 16. Januar 1890. Eingegangen in Berlin, den 23. Februar 1890.

Ew. Durchlauht melde ich ganz gehorsamst, daß Chef Freiherr von Gravenreuth am 12. Januar in Bagamoyo eintraf. Der Gang seiner zweimonatlihen Expedition ist folgender :

i Freiherr von Gravenreuth war auf -der südlihen Karawanen- traße ins Innere gegangen, katte Stanley und Emin die entgegen- gesandten Lasten übergeben, hatte dann, durch 100 Eingeborene von Visua verstärkt, in Ukami den Rebellen Makanda mit seinem Anhang auseinandergesprengt und nah Süden getrieben. Er ließ auf der wohl- befestigten Missionsstation Tondunguu 8 Mann zum Scuh zurück und sandte später ebendahin eine Anzahl Gewehre zur Bewaffnung der Missionsneger, sodaß fi die Station gegen einen eventuellen Angriff vom Süden von den Mafiti so lange halten kann, bis Verstärkung von Kingo eintrifft. Von da ging er zu Kingo und nah Simbab- weni, half dem Häuptling bei Befestigung seines Dorfs, verstärkte sih dur weitere hundert Krieger von Kingo und ging nördlih nach der Saadanistraße und der dit an derselben gelegenen Missionsftation Mhonda. Auch hier ließ Freiherr von Gravenreuth einen kleinen Trupp Soldaten zum Einexerzieren der Missiorsleute, zur Sicherung der Straße und der uns sehr zugethanen, von den Wasegugßha be- drängten Waguru, Mit einer bis auf 400 Mann angewachfenen Truppe ging Freiherr von Gravenreuth weiter nah Norden durch Uguru und durch einen Theil des Gebiets der Wakuafi (ansässig gewordene Massai) in das Hinterlard von Saadani, bestrafte mehrere Waseguhhachefs wegen räuberischer Einfälle in Uguru und Anhänglichkeit an Bana Heri und folgte Buschiri's Zug nach Norden, bis er hörte, daß der- selbe gefangen sei. Von da gina er nah Süden zurück, fing einen Ver- wandten Buschiri's und einen bedeutenden Sklavenhändler, erbeutete einen Posten Elfenbein, 40 Lasten Waaren, Rindvieh und eine Heerde Esel, alles Bana Heri oder dessen Anhang gehörig, marschirte wieder über Mhonda zu Kingo nach Tondunguu und endlich auf Bagamoyo zurück. Es sind durch diesen Zug zwei weitere Stühpunkte der Karawanenstraße geschaffen. Die Missionsstationen sind wohlbe- festigt und werden jeßt ein Schuy der Eingeborenen, Beobachtungs- posten und Zwischenpunkte zwischen der Küste und Mpwapwa. Einen vierten derartigen Posten erwerbe ich dadur, daß ih eine kleine Be- saßung von 8 Mann in das schon an und für si vorzüglich befestigte Mandera sende. Es liegt diese Missionsstation inmitten einer wohl- gesinnten Bevölkerung und grenzt südwestlih an Bana Heri's Gebiet.

Die Lage Bana Heri?'s ift somit eine äußerst \{chwierige geworden. Im Norden grenzt er mit den Waseguhha, die uns Buschiri aus- geliefert haben, .nach Westen hat er durch Vertreibung der Araber durch Freiherrn von Gravenreuth seinen Stüßpunkt verloren und sind ihm dort auch die Eingeborenen feindlich gesinnt; im Süden grenzt er mit den Wadöe und Wakuere, die {on im November vorigen Jahres mit uns in sein Gebiet eingefallen sind, und die Küste wird von Saadani und Mkwadja aus beobachtet.

Fn Bagamoyo trafen am 12, wie ich Ew. Durchlaucht die Gbhre hatte, bereits telegraphisch zu melden, 500 bisher feindlihe frühere Bagamcoyoleute ein. Nach einem offiziellen Unterwerfungsakt, der nah der Landessitte in Bedecken des Hauptes und der Brust mit Staub vollzogen ward, begnadigte ih die Leute und ließ ihnen Reis und Rindvieh vertbeilen. Es sind {on andere derartige Trupps angesagt und werden wohl noch im Laufe dieses Monats alle früheren Bagamoyorebellen zurückgekehrt sein.

Am 15. marschirte Chef Freiherr von Bülow mit 1 Proviant- meister, 1 Unteroffizier, 50 Soldaten und 80 Trägern, begleitet von 2 englishen Missionaren, mit 120 Leutèn nach Vpwapwa ab, um den verstorbenen Lieutenant von Medem zu ersetzen.

L f gez. Wissmann.

Sr. Durchlaucht dem Fürsten von Bismarck.

Sansibar, den 24. Februar 1890. Eingegangen in Berlin den 24. März 1890.

Ew. Dur@laucht berihte ich ganz gehorsamst, daß das Expeditionécorps unter dem Kommando des Chefs Dr, Shmidt am 27. Januar abmarscirte.

Nach den bis heute eingegangenen kurzen Meldungen des Chefs Dr. Schmidt hat derselbe zunächst Lewa derartig eingerihtet, daß es mit Berücksichtigung der kurzen Eitfernung von Pangani als voll- kommen sicher betrachtet werden kann. In Lewa ließ er 1 Offizier mit 10 Mann und einen Beamten der PflanzergeseUschaft als Be- saßung. hoffentlich nimmt leßtere, nahdem sie die Besezung hon vor längerer Zeit angeregt hat, bald die Plantage wieder in Angriff. Schon na einigen Tagen stellten sich auf der neuen Station über 500 Eingeborene als Arbeiter. Chef Dr. Schmidt mar- \hirte von da am 29. Januar nah Moasinde weiter, wo er ungefähr am 6. Februar eintcaf. Simbodja unterwarf sih, bezahlte 1000 Rupien in Geld, circa 2800 Rupien in Elfenbein als Strafe für deutshen Reisenden in früheren Jahren gemahte Schwierigkeiten, gab eine Anzahl Hinterlader (Jagd- und Mausergewehre) zurü, machte auf Befehl ‘Dr. Schmidt's mit verschiedenen Häuptlingen friedli@e Verträge, verpflichtete sich zu Gehorsam und Heeresfolge und erhielt die verantwortliche Beaufsichtigung des nördlichen Theiles von Usambara, die deutshe Flagge und ein Gezalt von 100 Rupien monatlih. Dr. Schmidt ging dann weiter auf der großen Kara- wanenstraße bis Gonja, von wo aus er die Herren Ehlers mit den Geschenken Sr. Majestät und von Elß, als meinen Agenten am Kilima-Ndscharo, auf dem durchaus sicheren Wege zu Mandara weitershickte, während er felbst nach Norden zum Umba abbog. Ih erwarte die Expedition am 25, an der Umbamündung und am 27. Februar in Tanga.

*) Im Februar d. I. ist die kommissarishe Uebernahme Emin's in den auswärtigen Dienst des Reichs erfolgt.

Na der Ew. Dur{hlau@t mit der leßten Per ganz gehorsamst gemeldeten Einnahme der Befestigung Bana Heris in Mlembule

haltige Verfolgung ausgeschlossen hatte, Freiherrn von Gravenreuth von Bagamoyo ab, um über Bana Heris weitere Maßnahmen Nah- rihten cinzuziehen und ihm womöglich den Abzug nach Westen zu verlegen. Chef von Gravenreuth wählte die stark befestigte Missionsstation Mandera zu seiner Operationsbasis, versicherte sich der westlich und südlich von Bana Heris Gebiet liegenden Häupt- linge und bestrafte sämmtlihe noch zu Bana Heri haltenden Dörfer, bis er auf Palamakaa, wo sich Bana Heri wieder zu befestigen be- gann, stieß. Chef von Gravenreuth R DON ih hier aber- mals die ganze, nicht unbeträchtliße Macht, die bei Mlembule ge- \chlagen und auseinandergesprengt war, zusammengefunden hatte. Durch geshicktes Manöver zwang er die Rebellen zur Entwickelung, {lug einen Angriff derselben energisch ab, wobei 1 Europäer ver- wundet, 3 Eingeborene getöètet wurden, und marschirte, da er nur über 100 Soldaten und ca, 300 Eingeborene verfügte, auf Bagamoyo zurück, nachdem er Mandera im Südwesten von Palamakaa zur weite- ren Beobachtung Bana Heris beseyt hatte. :

Chef Schmidt IT. hatte unterdessen ebenfalls zwei Rekognoszirun- gen gegen Bana Heri von Saadani aus unternommen. Bei der ersten sondirte er die Stellung des Feindes und kam es nur zu Plän- keleien zwishen Patrouillen. Bei der zweiten wurde er von einer Abtheilung des Feindes heftig angegriffen, wies jedoch den auf geringe Entfernung gemachten Vorstoß ohne Verluste blutig zurück. Die neue Stellung Bana Heris ist nach den übereinstimmenden Meldungen f{chlecht gewählt. Ist zwar auch dort das Terrain bedeckt, fo ist Palamakaa do von zwei Seiten durch Höhen beherrscht. Es giebt mir dies die Möalichkeit an die Hand, einen vernihtenden S{lag gegen Bana Heri zu führen, und befahl ich daher, denselben nicht mehr in der Befestigung seiner Stellung zu stören, um ihn nicht eventuell zu veranlassen, nah Westen abzuziehen und weiter im Innern mit seiner, den Eingeborenen gegen- über immer noch respektablen Mat sich festzuseßen. Palamakaa ist in 5 Stunden von Saadani aus zu erreihen. Ich beabsichtige, mit Bana Heri, koste es was es wolle, ein Ende zu machen, bevor die Truppen für den Süden eintreffen, damit ih in meinen weiteren Maßnahmen nicht gestört werde. Zu diesem Zwecke erwarte. ih die Rückkunft des Expeditions-Corps von Usambara und der Ablösungs- truppe von Mpwapwa, die ebenfalls bis spätestens Ende dieses Monats erfolgen muß. Ih werde das hiesige Kommando der Marine bitten, für die Zeit der Operationen Dar-es-Salam, Tanga und Pangani zu beseßen, sodaß ich aus allen diesen Plätzen die Besaßung mit dem Expeditions - Corps vereinigen kann. Mit Hinzurehnung des Ende dieses Monats eintreffenden europäischen Ersaßpersonals bin ich demnach im Stande, mit 800 Mann, 90 Europäern und 6 Geschüßen gegen Bana Heri vorzugehen, ihn einzushließen oder, wenn er niht haiten follte, nah Norden abzu- drängen und so lange zu verfolgen, bis eine vollständige Auflösung seiner Truppe herbeigeführt ist. Jch habe während der leßten Zeit, um Bana Heri jeglihe Zufuhr von Lebensmitteln und Munition ab- zuschneiden, die Küste zwishen dem Kingani und Mkwadja blokirt und dadurch Bana Heri gezwungen, s|ch durch Plünderung in den umliegenden Landschaften Lebensmittel zu verschaffen; solhe Requi- sitionscorps von Bana Heri sind mehrfach von den Eingeborenen zurückgeschlagen worden. Ich hoffe, den Hauptschlag bis spätestens zum 8. März geführt zu haben.

Wie ich Ew. Durchlaucht bereits früher ganz gehorsamst zu melden die Ehre hatte, waren Mitte d. M. auf den größeren Stationen die Versammlungen der benachbarten Häuptlinge anberaumt worden, um mit den völlig pacifizirten Stämmen in nähere Verbindung zu treten. Es sollten Geschenke vertheilt werden, über Einrichtungen von Faktoreien Seitens der Deutsh-Ostafrikanischen Gesellschaft ver- handelt und Bestimmungen, die Ueberwahung der Einführung von Waffen, Heeresfolge, Stellung von Arbeitern und Trägern betreffend, gegeben werden. In Tanga waren sämmtliche Häuptlinge von Nord- Úsambara, Nord-Bondei, der Wadigo- und der Küstenleute er- schienen. Nah Erledigung der Schauris und Vertheilung der Geschenke führten 4000 bewaffnete Begleiter der Häuptlinge fast die ganze Nacht hinvurch ihre Tänze auf. Es war ein Fest, bei dem selbst die Feindshaften vieler Häuptlinge unter einander beseitigt wurden. Aehnlich, wenn auch nit so besucht, war die Ver- fammlung in Pangani. Der Grund der geringeren Betheiligung lag darin, daß die Nord-Waseguhha, aus Furt, Vana Heri könne in ihr Land einfallen, nur Gesandtschaften geshickt hatten; außerdem hatte der mächtigste Häuptling von dort, Mohamed Soa, den ih zum ver- antwortlihen Häuptling für ganz Nord-Useguhha eingeseßt habe, die Expedition nah Usambara begleitet. In Bagamoyo waren fämmt- lihe Häuptlinge des nördlihen Usaramo, der Wadoe und Wakuere erschienen. 1

In Dar-es-Salam waren wegen Verpassens von Nachrichten der größte Theil der Häuptlinge wieder heimgegangen und wurden die Geschenke dem dortigen Stations-Chef überwiesen mit dem Befehl, die Häuptlinge bis zum Rufidsi je nach der Entfernung einzeln zu berufen und ihnen unter Vertheilung der Geschenke die nöthigen An- ordnungen zu übermitteln. :

Veber den Süden haben sich die Nachrichten kaum geändert. In Kilwa haben sich allerdings die eingeborenen Wagindo zurückgezogen und die Stadt den Arabern und ihrem Anhang überlassen, jedo sollen da- für cine große Anzahl Hejao von den Arabern herbeigeholt sein. Man arbeitet nah wie vor an den Befestigungen und ist sehr kriegerish ge- stimmt. Von Mikindani, Lindi und Sudi waren die bedeutensten Araber bei mir und sprachen ihre Ueberzeugung aus, daß außer bei Kilwa die Unter- werfung des Südens friedlih zu erreichen sein würde, Von Mpwapwa ist Nachricht eingelaufen, daß Chef Freiherr von Bülow mit 1 Deck- offizier, 1 Unteroffizier und 50 Mann dort eingetroffen ist und Alles in guter Ordnung vorgefunden hat. Freiherr von Bülow beabsichtigte, bevor er die Ablösung von 1 Unteroffizier und 50 Mann zur Küste zurückschickt, zwei räuberishe Waheheniederlassungen zu bestrafen. Ich erwarte die Ablösung täglich.

In Sansibar habe ich mit dem Administrator der Englisch- Ostafrikanishen Gesellschaft unter P Oedans der beiderseitigen Herren General-Konsuln ein Uebereinkommen, Ueberwachung der (Lin- fuhr von Waffen und Munition, Auslieferung von Verbrechern und Rebellen und über Sklavenhandel, getroffen und dasselbe dem Herrn General-Konsul Michahelles zur Weiterbeförderung an Ew. Dur{h- laucht zugesandt.

_Ich erlaube mir noch am S@luß ganz gehorsamft darauf hinzu- weisen, daß der Gesundheitszustand des leßten Monats ein äußerst günstiger war. Troß großem Witterungswech]el, Aufhören des Nordost- monsums und sporadishem Einseßen der Regenzeit war der Monat der günstigste während des Bestehens des Kommissariats. Ich finde als einzige Erklärung hierfür die Beendigung der Herstellung der Unterkunstsräume für Europäer und Sch{warze und hiermit das Auf- hôren von Erdarbeiten in und bei den Stationen.

gez. Wissmann. Sr. Durchlaucht dem Fürsten von Bismarck.

Sansibar, den 28. März 1890. Eingegangen in Berlin den 24. April 1890,

Ew. Durchlauchßt melde ich ganz gehorsamst, daß ich am 8. März von Saadani; nah Konzentrirung der gesammten verfüg- baren Truppen daselbst, mit 700 Gewehren und 5 Geschüßen ab- marschirte, um bei Palamakaa die leßten Ansammlungen der Auf- ständishen zu zersprengen. Ich marschirte um 11 Uhr Abends ab und traf Morgens 5 Uhr vor Palamakaa, einem Komplexe von etwa 10 Dörfern, der ein von Süd nah Nord wverlaufendes Thal ausfüllt, ein. Troß des Nacht- marsches gelang eine Ueberraschung nicht. Die ersten Dörfer, auf die ih stieß, waren verlassen. Ich suchte mit seitwärts detachirten Trupps das Thal ab, fand jedo keine Befestigung und erhielt durch Gefangene das Faktum bestätigt, daß die Nahricht von dem Bau einer größeren Befestigung eine falsche gewesen war. Es hatte vielmehr der Feind den für ihn bei Weitem richtigeren Kampf in kleineren Abtheilungen,

die überall in dem äußerst bedeckten, bushigen Gelände vertheilt waren, vor-

sandte id abermals, da das Terrain nah dem Gefechte eine nach-

gezogen. Ueberall trieben wir solche kleineren Trupps der Aufftändischeri vor uns her und zerstörten die nur kurze Zeit vom Feinde gehaltenen Ort- \haften. Ich bezog, um zunächst Nachrichten über eine eventuelle starke Stellung des Feindes einzuziehen, am Rande des Thales ein Lager. Noch bevor ih Auffklärungsabtheilungen ausgefandt hatte, er- schienen von allen Seiten Rebellentrupps und griffen ebenso muthig, als unvorsichtig das Lager an, indem sie aus dem umliegenden Busch, der ein verhältnißmäßig nahes und rerdecktes Herankommen des eee ermöglihte, Feuer eröffneten. Nur da, wo si

tärkere Abtheilungen zeigten, ler ih dieses Feuer durch Salven erwidern, während die Europäer ihre woblgezielten Schüsse auf die einzeln im Gelände sih herumtreibenden Wagehälse rihteten. Troy der großen Verluste, die hierdurch dem Feinde erwuhsen, hielt der- selbe doch fo lange die Dickichte beseßt, bis ih zwei Abtheilungen Ie ließ, die das Vorterrain säuberten und die Rebellen ver- trieben. Am Nachmittag sandte ich nohmals stärkere Patrouillen nach allen Seiten aus. Dieselben warfen überall den Feind und zer- störten sämmtlihe Ortschaften von Palamakaa, bis auf eine, die verhältnißmäßig stark beseßt war und derartig im Didckicht lag, daß die betreffende Abtheilung, die drei Schwerverwundete hatte, niht im Stande war, einzudringen. Die Patrouillen kehrten mit Eintritt der Dunkelheit zurück. Am nähsten Morgen sandte ich Freiherrn von Gravenreuth mit einer stärkeren Abtheilung rah der zuleßt er- wähnten Ortschaft; dieselbe wurde nach kurzer Beschießung mit Granaten und dem Maxim-Gun mit Sturm çenommen und der Feind, soweit es das Gelände erlaubte, verfolgt. Ich hatte gleihzeitig abermals von drei Compagnien die ganze Um- gegend absuchen lassen. Nur wenige vereinzelte Rebellen wurden an- getroffen. Der Feind hatte in kleinen Abtheilungen, wie er gefochten hatte, während der Naht nah Norden, Westen und Süden das Thal und die umliegenden Höhen verlassen. Es fehlte bei den eben be- schriebenen Gefechten auf gegnerisher Seite durhaus an einer Leitung; die bei Mlewmbule geschlagene Macht war auf ca. 400 Mann zu- sammengeschmolzen, Lebensmittel wurden nirgends gefunden. Es hatte also der Hunger, und wohl die Einsicht, daß ein weiterer Widerstand nußlos fei, den größten Theil der bei Mtlembule Fechtenden veranlaßt, die Sahe Bana Heri's zu verlassen. Bana Heri selbst hatte nah

Ausfage der Gefangenen schon seit 3 Wochen erwartet, angegriffen zu

werden. Er hatte seit jener Zeit nur bei Tage seine Ortschaften be- \sucht und in der Wildniß geschlafen.

Na Palamakaa zurückzukehren, ist dem Feinde wegen Mangel | Wohin sie sich auch wenden mögen, |! : ( Im Süden beoba@tet | Lieutenant Langheld mit 50 Mann und einigen Hundert Eingeborenen F

an Lebensmitteln niht mögli. treffen fie auf uns ergebene Eingeborene.

von der französishen Missionsstation Mandera aus die Straßen; im

Norden wohnt Mohamed Soag, derselbe Häuptling, der uns Buschiri | ausgeliefert hat, und im Westen die von jeher Bana Heri feindlich ®

gesinnten Waseguha, die Freiherrn von Gravenreuth vor 2 Monaten auf seinem Zuge gegen die Anhänger Bana Heri?'s begleitet haben.

Da die Verhältnisse eine weitere Verfolgung als durchaus aus- sichtelos erscheinen ließen, so marschirte ih auf Saadani zurück und verschiffte sofort die Truppen nah ihren beziehungsweisen Garnisonen, Auf dem Rückmarsch hatten wir vier {were und verschiedene leichte Hißschlagfälle, fast ausschließlich bei den neu eingetroffenen Europäern, an deren Folgen zwei Unteroffiziere, Gombert und Wißkick, er- lagen, zwei werden längere Zeit an den Folgen des Hißschlages zu [leiden haben.

In den Gefehten war dem Ober-Büchsenmacher Bauerschmidt, von der Artillerie-Schießshule, der Daumen der rechten Hand weg- geschossen. Ein Sudanese hatte drei Schuß, einer zwei und einer einen Schuß, Leßterer durch die Lunge, erhalten. Alles s{chwere Ver- lezungen. Ein anderer Sudanese hatte ebenfalls zwei Schuß (leite Verwundungen) erhalten. Der Feind hatte 40’ Todte, ca. 30 allein bei dem Angriff auf das Lager, liegen lassen ; zahlreihe Verwundungen sind bei seinem unvorsichtigen Vorgehen gegen das Feuer der Euro- päer vorauszuseßen. Die große Zahl von Hißschlägen ist hauptsäch- lih dem Umstand zuzuschreiben, daß die neuen Europäer si sceuten, ihr Mattwerden einzugestehen und in falsch angebrahter Energie so lange vorwärts gingen, bis sie umfielen. Die Jahreszeit is jet die 1A und war der Marsch selbst für schon eingewöhnte Europäer

wer.

Lieutenant Langheld, der mit 50 Mann in Mandera, südwestlich von Palamafkaa stationirt war, um leßteres zu beobachten, war, dur 200 Eingeborene verstärkt, am Tage des Gefehtes aufgebrohen, um den eventuell nah der großen Karawanenstraße Flüchtenden den Weg zu verlegen. Er traf auch am Abend des 8. auf Trupps flühtender Waseguha und Araber, zersprengte dieselben und trieb sie nah Norden, Cinige Ortschaften, die Flüchtlinge aufgenommen hatten, statt die- selben festzumachen, wurden bestraft.

gez. Wissmann, _ t Kaiserliher Reichskommifssar. Sr. Dur(laucht dem Fürsten von Bis mar ck.

___ Sansibar, den 31. März 1890, Eingegangen in Berlin den 24. Apkil 1890.

Gleich nah dem im Bericht vom 28. d. M. beschriebenen Gefecht

bei Palamakoa reiste ich ur Inspizirung sämmtlicher Stationen mit Herrn Major Liebert zunächst na Tanga ab. Ueber den Zustand der Stationen erlaube ih mir ganz gehorsamst auf mündliche Meldung des Herrn Major Liebert zu verweisen,

und die freigewordenen Mannschaften zur Südens zusammenstellen kann.

In Pangani war die kurze Meldung von meinem Vertreter am Kilima-Ndscharo eingetroffen, daß derselbe mit Herrn Ehlers bei Mandgra eingetroffen ist : das freundshaftlihe Verhältniß mit Man- dara sei durch Uebergabe der Geschenke Sr. Majestät befestigt.

Major Liebert und ih unternahmen von Pangani aus einen Ausflug nah Lewa, wo die Plantagengefellschaft ihre Arbeiten wieder aufgenommen hat. Ein Häuptling der Umgegend, der dem Befehle in Lewa zu erscheinen nit nachgekommen war, wurde durch zwei kleinere Expeditionen, deren eine vom Major Liebert, die andere von meinem Adjutanten Dr: Bumiller geführt wurde, bestraft. Es waren von bedeutenderen Häuptlingen, so besonders auch von Simbodja, Gesandtschaften in Pangani, die fich Instruktionen und Entscheidungen über bestehende Streitigkeiten mit Häuptlingen einholten.

| In Mkwadja kommen fortwährend Leute von Bana Heri an, die sich unterwerfen und um Lebensmittel bitten, Ebenso sandte Bana Heri Boten nach Saadani mit der Bitte um Lebensmittel, da er und seine Leute dem Verhungern nahe seien, Es ift dies ein Zeichen, daß selbst die Eingeborenen, die für ihren Widerstand \{chwer leiden mußten, wissen, daß sie im Falle ihrer Unterwerfung bei mir auf Gnade zu rechnen haben. Bana Heri hatte zunähft versucht, von den umliegenden Stämmen Lebensmittel zu erlangen, war jedoch überall abgewiesen worden, da man nirgends wagen wollte, unseren Feind zu unterstüßen. Es wurden Lebensmittel abgesandî und Bana Heri bedeutet, er solle selbst berunterkommen und seine Unter- werfung anzeigen, in welchem Falle ihm Begnadigung und Rückgabe seiner Besißungen zugesichert wurde. Zu gleicher Zeit brachte ein von mir abgesandter Häuptling von Mkwadja den jüngsten Sohn Bana Heri's, der mir dessen Unterwerfung anzeigen sollte, zu mir nah Sansibar. Ich sandte denselben am 3. April mit Chef von Gravenreuth und meinem Wali Seliman ben Nasr nah Saadani, wo die Unterwerfung stattfinden soll. Es ift täglih die Meldung zu erwarten, daß Bana Heri sih unterworfen hat und damit der legte Widerstand in dem nördlichen Theil unseres Gebietes gebrochen ift.

In Bagamoyo sind große Karawanen eingetroffen mit so viel Elfenbein, wie man sich e langen Jahren nit erinnert auf einmal an der Küste gesehen zu haben. Der Häuptling Kingo von Simbab- weni, dem mir Se. Majestät Geschenke zu geben befohlen haben, hat ih in Bagamoyo angefagt.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

r ! l Die Stationen sind alle in jeder | Beziehung so weit gediehen, daß ih die Me gers reduziren |! iedergewinnung des |

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

116.

M

Zweite Beilage

Berlin, Dienstag, den 13. Mai

1890.

(S(hluß aus der Ersten Beilage.)

Jn Mpwapwa werden die Verhältnisse von Freiherrn von Bülow ia gewünschter Weise geregelt. Ein Dôörferkomplex, östlich Mpwapwa, der mehrfach {hon durch Plünderungen die Straße beunruhigt hatte, wurde durch Vernihtung von zwei Tembes (befestigte Dörfer) und Wegnahme von mehreren hundert Stü Rindvieh und Kleinvieh

estraft. : i E: In Y pwapwa ist es auch zum erstenMale zu einem Zusammen- stoß mit den Massai gekommen. Ein Theil der Wasumba, welche einen Stamm der Massai bilden, hatte ein Dorf der Wagogo, über dem die deutshe Flagge wehte, überfallen. Dem ersten Vorgehen des reiherrn von Bülow wichen die Wasumba aus, keim zweiten Male Gren sie si, wurden geshlagen und zersprengt, verloren 8 Todte, viel Vieh und etwas Elfenbein. Dies Gefeht zum Schuße der Cinge- borenen hatte zur Folge, daß von weit her alle Wagogo ihre Unter- werfung anzeigten und Geschenke an Vieh und zusammen 150 Fracillas Elfenbein®*) brahten. Zu derselben Zeit sandte der Araber tobhamed bin Kassim, der Mörder Giesecke's, 8 Boten mit Geschenken zu dem größten Wagogo-Häuptlinge und bat, ihn passiren zu lassen, da er die Deutschen angreifen wolle. Der Wagogo-Häuptling sandte sofort die Geschenke und die 8 Köpfe der Boten an den Araber zurü und ließ ihm sagen, er würde si hüten, etwas Feindseliges gegen die Deutschen zu unternehmen. In Dar-es-Salam hat jeyt son die Einwohnerschaft eine Höhe angenommen, die die frühere, ja sogar die- jenige vor dem Kriege, übersteigt. Dem Stations-Chef Hrn. Leue ist es gelungen, das Küstengebiet von Dar-es-Salam bis“ zum Rufidschi zu pacifiziren. Sämmtliche Häuptlinge und Araber von Wichtigkeit erhielten Schußbriefe und die 10 Meilen in Land Wohnenden die eutsche Flagge. e E

l Mae D nes mit dem ältesten Seeoffizier hier eingetroffenen Ver- abredung unternahm ih mit dem Dampfer „Münwen“, die Kaifer- liche Marine mit S. A. S. „Carola“ eine Rekognoszirungsfahrt nach Kilwa, nachdem ih in Sansibar im Namen Sr. Majestät des Kaisers und Sr. Hoheit des Sultans Kriegszustand und Standreht auc für die Küste vom Rufidshi bis zum Rowuma einshließlich pro- flamirt hatte. S. M. S. „Carola“ warf ein Dußend Granaten in die Stadt; auf eine Dampspinasse ber „Carola“, die den Versuch machte, näher zu kommen, wurde dreimal aus Vorderladerkanonen ge- schossen, sie erwiderte dieses Feuer mit ihrem Revolvergeschüß.

fing 5 Halbaraber und Neger auf und erhielt von ihnen Nachrichten, die sih im großen Ganzen mit meinen bisherigen Nachrichten deen.

Nach 24 stündiger Fahrt lief ih direkt von Kilwa nah Sansibar zurück und traf dort meinen Wali Seliman bin Nasr, den ih zwecks Anknüpfung von Unterhandlungen nah Mikindani, Sudi, Kiswere und Lindi gesandt hatte. L Lindi find die Bewohner dieser Pläße i u unterwerfen, E j

e E April ist der Khedivialdampfer „Chibin“ mit ‘den in Kairo neu angeworbenen 600 Sudanefen hier eingetroffen. Die neuen Truppen sowohl, wie der Umstand, daß das Schiff deutsche und eavvtishe Flagge führte, mahten etnen großen Eindruck auf die Be- völkerung. i gez. Wissmann.

Sr. Durwhlault dem Fürsten von Bismarck.

Sansibar, den 1. April 1890. ees Eingegangen in Berlin den 24. April 1890. Wie ich Ew. Excellenz bereits gemeldet habe, hatte mich der Reichskommissar Major Wissmann gebeten, während der Unter- nehmung gegen Bana Heri die Stationen Tanga, Pangani und Dar- es-Salam zu beseßen. Ich kam diesem Wunsche nah, indem ih mit Mannschaften S. M. S. „Carola” Tanga und Pangani am 9. März besetzte. Vor Pangani legte ih unmittelbar vor der Station im Seh, zur Deckung des Landungscorps, den von mir beseßten und mit dem 8 cm Bootskanon und zwei 3,7 em Revolverkanonen armirten Dampfer „München“ als Soutien bin, während S. M. S. „Carola vor Tanga lag. S. M. Kreuzer „Sperber“ legte ih im Hafen von Dar-es-Salam unmittelbar vor der Station zu Anker und be- sezte mit 1 Offizier 35 Mann das Stationsgebäude. _Da die Mann- schaften hoh auf den Däthern beziehungsweise im 2. Sto der Häuser untergebracht waren, sind nachtheilige Folgen für die Gesundheit nur in ganz geringem Maße entstanden. Die Zusammenziehung der Truppen Wissmann's war am 6. März Abends vollendet und wurde in der Nacht vom 7. zum 8. März der Vormarsch auf Palamakaa angetreten. Als der Plaß des befestigten Lagers erreicht wurde, stellte es sich heraus, daß derselbe verlassen war, - und die Truppen si in den umliegenden Ortschaften festgeseßt hatten. Es fam mit diesen Truppen zweimal zum heftigen Kampf, wobei dieselben mit starken Verlusten zurückgeschlagen wurden. Bana Heri selbst hatte fh vorher aus dem Staube gemacht und war mit seiner ganzen amilie ins Innere gegangen. Der Verlust der Wissmann- e, war gering, jedoch starben 2 deutsche Unteroffiziere am Hibshhlage. Man ist ua diesen Gefehten allgemein der Ansicht, daß der Widerstand Bana Heris gebrochen ist, und soll derselbe bereits um Frieden gebeten haben. Die Wissmann-Besaßungen der Stationen trafen in Dar-es-Salam und Pangani am 12., in Tanga am 13, März wieder ein und wurden unmittelbar darauf unsere Mannschaften zurückgezogen. Die Bevölkerung mahte auf mich während der Beseßung einen durchaus fciedlihen Eindruck, unterstüßte sogar durch einen Kriegszug mit 60 Mann Freiwilligen den Wali zur Aufrechterhaltung der Autorität eines vom Stationshef eingeseßten Jumbe (Dorfschulzen). Tanga selbst is bedeutend angebaut worden und war die Stadt dicht be- völkert. Auch in Bagamoyo hat \ich der Handel bedeutend gehoben. Karawanenleute sind manchmal bis zu 15 000 in der Stadt gewesen. Nah dem Zerstreuen der Bana Heri’ \{en Banden droht für den Norden vorläufig keine Gefahr mehr und ist dahêr das Zurücklassen eines Swhiffes daselbst während des Angriffs auf den Süden nicht mehr nothwendig, sodaß die beiden auf der Station befindlihen Schiffe für die Unternehmungen 1m Süden voll- ständig ausreihen werden, zumal in Lindi und Mikindani wenig oder ar kein Widerstand zu erwarten ift, umsomehr aber in Kilwa, wo- elbst ich mit S. M. S. „Carola“ zur Rekognoszirung am 28_März geánkert habe. Die ziemli ausgedehnte Stadt ist an der Sezjeite ganz und gar mit Pallisaden befestigt und mit Truppen stark beseßt. Als ih persönlich am 29. März Morgens mit der Dampfpinnaß die Befestigungen rekognoszirte, erhielt id Gewehr- und ret gut gezieltes Geschüßfeuer. Durch einige gut sißende Re- volverkanonenshüsse wurden die Leute sofort hinter die Pallisaden ge- trieben, in welche ich noch einige Schüsse feuerte, #o daß das Feuer von Land bald aufhörte. Einen Mann sah ih verwundet fallen und nehme an, daß noch mehrere Verluste erzielt worden sind. Zur Be- strafung für das Beschießen der Dampfpinnaß \{choß ih nach Rüdckehr an Bord einige Granaten in die Stadt. Um die Leute an die Pallisaden zu locken, ließ ih die Pinnaß \{einbar auf die Stadt zu fahren, indem ich sie zur Revision einer Dbau aussandte. Als der Strand gut beseßt war, eröffnete ih das Feuer, welches aus 3 Ge- chüûgen am Strande sofort erwidert wurde. Da sehr gut geschossen wurde, hörte das Fener nah 5 von den Arabern gegebenen Schüssen auf. Die Geschosse erreihten natürli, da es nur kleine Vorderlader waren, das auf 3000 m entfernt liegende Schiff nicht. Es zeigt aber dieses

Faktum, wie fanatisch und hartnäckig die Leute in Kilwa noch sind. Unsere Granaten, welche alle krepirten und, mit Ausnahme zweier, alle in die &eshüßausstellungen einschlugen, haben den Arabern \icher- li bedeutende Verluste beigebraht. Aus der Stadt waren viele Leute geflohen. Verfeuert wurden 10 bis 15 ecm Granaten und 2 bis 8,7 Granaten. Da der Zweck der Recognoszirung, Kenntniß der Armirung und des zu erwartenden Widerstandes und der Angriffs- punkte, erreicht war, verließ ih Kilwa am 30. Mörz und ankerte am 31. März wieder in Sansibar. gez. Valette.

An den kommandirenden Admiral, Berlin.

Telegramm. Sansibar, den 7. April 1890. Eingegangen in Berlin am gleichen Tage. s Nachdem Bana Heri mit Iehasi und dem Rest der Aufständischen im Norden si ergeben, haben leßtere begonnen, die alten Wohnsitze

u beziehen. taat Wissmann. An das Auswärtige Amt, Berlin.

Telegramm. : : Kilwa, 4. Mai 1890. Eingegangen in Berlin den 7. Mai 1890. In Folge Beschießung durch „Carola“ und „Schwalbe“ und meines Anmarshes über Land unter fortwährendem Gefeht wurde Kilwa geräumt und von mir beseßt. j Wissmann.

An das Auêwärtige Amt, Berlin.

Parlamentarische Nachrichten.

Séhlußbericht der gestrigen (57.) Sißzung des Hauses der Abgeordneten. Fortsezung der Berathung des Geset- entwurfs, betreffend die Schulpflicht. j Abg. Rickert: Jh freue mich, mit dem Vorredner in Uebereinstimmung die O der Vorlage freudig be- grüßen zu können, um so mehr äls dieselbe bedeutend früher erfolgt ist, als wir erwartet haben. Gewisse Dinge in der Schulverwaltung müssen endlih geseßlich festgelegt werden. Die Gelegenheitsgesezmacherei in einer guten “oder üblen Laune, wie sie bis vor Kurzem des Oesfteren statt- gefunden hat, halte ih für einen verhängnißvollen Fehler; organish muß in der Geseßgebung vor- gegangen werden. Ferner wünsche ih, daß der Kultus- Etat in Bezug auf die Unterstüßungen der Lehrer mehr spezialisirt werde; man muß exsehen können, was die Ge- meinden und was die Lehrer erhalten. Troß seiner Mängel ist der Geseßentwurf ein Fortschritt. Gegen die Berathuug desselben in der Unterrichtskommission ist nichts zu erinnern, vielleiht aber wäre die Kommission um sieben Mitglieder, Verwaltungsmänner und Juristen, zu verstärken. _ Die rage der zweimaligen Entlassung ist für mich eine offene. Aller- dings ist es ja eigenthümlich, daß bei zweimaliger Entlassung und zweimaliger Aufnahme eine recht bedeutende Differenz in der faktischen Dauer der Schulpflicht eintreten kann und ein Theil der Kinder nur 71/5, dagegen ein anderer Theil 81/2 Jahre in der Schule zubringt neben denen, die 8 Jahre darin sigen. Als den geeignetsten Zeitpunkt für die Aufnahme würde ih per- sönlih das vollendete 7. Jahr gewählt haben ; die sechsjährigen Kinder sind lediglih Ballast für die Schule. Bei der Ver- \chiebung des Anfangs der Schulpflicht darf nicht die Scul- aufsichtsbehörde allein entscheiden; den Eltern muß in irgend einer Form eine Mitwirkung gesichert werden. Weshalb will man aber nicht bei den örtlichen Gründen, aus welchen eine solche Verschiebung stattfinden fann, gewisse Grenzen seßen in Bezug auf die räumliche Entfernung der Schule, wie z. B. der Bethmann-Hollweg' sche Entwurf eines Unterrichtsgeseßes folhe Grenzen enthielt ? Redner empfiehlt die Beachtung dieser Gesichtspunkte der Kommissionsberathung.

Abg. Conrad (Flatow): Die Beseitigung der bestehen- den Ungleihheiten auf dem Gebiete der Schulpflicht halten auch wir für nothwendig und erblickden în der Vorlage einen geeigneten Weg zur Erreichung dieses Zweckes. Wir sind mit der Feststellung des vollendeten 6. Lebensjahres als des obli- gatorishen Anfangs der Squlpflicht einverstanden, aber ebenso mit den Fakultäten, welche der Entwurf im Speziellen an die Hand giebt. Wir hoffen nur, daß die Schulaufsichtsbehörde von diesen Fakutäten nicht einen zu engherzigen Gebrau machen wird. Die Festseßung bestimmter Grenzen etwa in Kilometern der Entfernung von der Schule halte ih nicht für durchführbar. Was den Endtermin betrifft, so stellt ja das Landrecht einen solchen nicht bestimmt auf, macht vielmehr die Entlassung von der Feststellung der erforderlichen Reife bei dem as abhängig. Usuell is allerdings bei uns die Entlassung mit dem vollendeten 14. Lebensjahre. Der Entwurf will nun auf die Befugniß zur weiteren Ausdehnung der Squlpflicht über diesen Termin hinaus verzichten, und das wird jedenfalls in weiteren Volkskreisen sehr angenehm be- rühren; auch dürfte die Ausbildung der Kinder selbst dadur niht irgendwie erheblih zu kurz kommen. R der Schulversäumnißstrafen stehen wir gleichfalls auf dem Boden des Geseßzes. Ersreulih ist, daß an Stelle der Verbüßung der Hast auch Gemeindearbeit gesezt werden kann, vielleicht fann dafür aber öffentliche Arbeiten gesagt werden. Bedenk- li ist-uns die Bestimmung, daß Arbeitgeber / strafbar sein sollen, welhe sculpflichtige Kinder beschäftigen; hier müssen Kautelen für unbeabsichtigte Verstöße geschaffen werden. Jm Uebrigen hoffen wir auf eine gedeihlihe Verabschiedung des Entwurfs. : O : :

Abg. Pr. von Stablews ki: Jh bin über die Erweite- rung der Ma uen der Sculverwaltung nicht erfreut,

laube aúch nit, daß der Entwurf auf dem Gebiet der Dauer bes Schulbesuchs etwas Endgültiges \{affft. Auf die ärztliche Autorität in Bezug auf die Beginnbestimmung ist zu wenig Gewicht gelegt; man hätte das siebente Lebensjahr für den Beginn des Schulbesuchs sestsezen müssen, zumal in Landes- theilen, wo die’ Kinder, wle in Posen, in einer ihnen ganz fremden Sprache unterrichtet werden sollen. Mit Angst und

*) 150 Fracillas sind ungefähr glei 45 Centnern.

Furcht gehen die Kinder dort zur Schule, wobei ihr Gemüth do

rliG nicht gebildet werden kann. Jn Bezug auf das Ende der rf Go ih das vollendete 13. Lebensjahr für die Volks\chulbildung für ausreichend. Ueberhaupt wünschte ih, daß sich in der Kommission vielfah Aenderungen, namentlich bezüglich der Schulversäumnisse, für welche die Strafbestim- mungen lediglich vom grünen Tische her dekretirt werden sollen, herbeiführen lassen werden. Nicht die Schulaufsichts- behörde allein darf über die Strafen zu bestimmen haben, sondern auch der Schulvorstand muß dabei gehört werden. Auch an dieser Stelle muß wieder verlangt werden, daß der Religionsunterricht der Kinder endlich der Kirche wiedergegeben

werde! n ; Abg. Olzem: Auch meine Freunde billigen die Tendenz der Vorlage, namentlich weil sie ganz klar das Prinzip der Squlpfliht und des Schulzwangs ausspricht. Wir stimmen auch der Fixirung des 6. Lebensjahres mit den vorgeschlagenen Ausnahmen bei. Die Strafarbeit is gewiß volkswirthschaftlih rihtiger als Strafhaft; aber nicht richtig erscheint uns das Strafminimum von 10 Z, und viel zu niedrig, namentli für das westliche Gebiet des Staats und die Jndustriebezirke, das Strafmaximum von 1 Ein höheres Strafmaximum muß durchaus gestattet werden. Mit der Charakterisirung der Schulversäumnisse als Uebertretungen wird der alte Streit be- seitigt und das administrative Verfahren für unzulässig erklärt, dadurch tritt nun aber wieder eine Differenz mit dem Reichs- Strafgeseßbuch ein; leßteres schließt aber nicht aus, daß Landes- geseße, wie das vorliegende, rechtsbeständig bleiben. Wir stimmen bezügli der geschäftlichen Behandlung dem Antrage des Abg. Rickert zu.

Minister der geistlichen 2c. Goßler: : : L Meine Herren! Ich habe in: Allgemeinen nur zu danken für die cingehende und wohlwollende Beurtheilung, die der Entwurf in der bisherigen Diskussion zumeist gefunden hat. Der leßte Herr Vor- redner hat ganz richtig darauf hingewiesen, daß das, was hier dem hohen Hause vorgeschlagen wird, im Allgemeinen nichts Neues i, Die Unterrichts8verwaltung ist sich jedenfalls bet dem Entwurf dieses Gesezes darüber klar gewesen, daß sie aus den vershietenen Gesezgebungen und Einrichtungen unseres Landes einen Durchschnitt zu ziehen hatte, der jedenfalls nirgends schwerer empfunden werden wird als die bisherigen Zustände. Die Fragen, die wir heute hier erörtert haben, und die in der Kom- mission noch weiter werden erörtert werden, sind ja für das hohe Haus nicht neu. Fast in jedem Fahr ift ein Theil der Fragen hier angeregt und besprohen worden, an der Hand von Petitionen und Geseßentwürfen, die theils von der Regierung, theils vom hohen Hause selbst ausgegangen sind, und ih zweifle nicht, daß, wenn erft in eine praktishe Erwägung der einzelnen speziellen Fragen eingetreten wird, si sehr leiht die nöthige Verständigung wird erzielen lafsen.

Wenn ih nun auf die Bedenken _eingehe, die gegen den

Entwurf geltend gemacht sind, so versage ih es mir, die Verfassungs- frage, welche ja oft bei anderer Gelegenheit bier erôrtert worden ift, nochmals zum Gegenstand einer eingehenden Besprehung zu machen. Die Regierung hat, wie die Mehrheit des Hauses, kein. Bedenken dagegen, die Frage der Schulpflicht durch ein Spezialgeseß zu regeln. L i G Im Uebrigen ift si aber die Regierung darüber klar, daß ihr der Vorwurf, welchen der Abg. Dr, Reichensperger gegen sie erhoben hat, als ob hier eine schablonenhafte Generalifirung bestände, niht mit Ret entgegentreten kann. Alle Bestimmungen, namentli was den Anfang der Schulpfliht und was die Mögli(hkeit anbetrifft, den Sculanfangstermin hinauszuschieben, sind wesentlich milder, freier, leichter im Interesse unserer Bevölkerung, und es kann viel mehr auf die realen Verhältnisse Rücksicht genommen werden, als es nah den geltenden Bestimmungen in vielen Theilen des Landes der Fall ist. Auch die Squlversäuwniß-Frage ist im Allgemeinen in durhaus wohlwollend entge enkommender Weise geregelt worden. Im Speziellen meine Herren, sind ja die Themata sehr einfa durch den Gesetzentwurf selbst gegeben. Theils der Anfangstermin, tbeils der Endtermin sind Gegenstand von Vorwürfen geworden. Wenn der Hr. Abg. Ritkert einen besonderen Werth darauf legt, daß nur das vollendete 7. Lebensjahr als Anfangstermin für die Sghulpflicht hingestellt werden kann, so darf ih daran erinnern, daß sowohl in diesem, als im vorigen Jahre, namentlich im vorigen Jahre, Ihre Unterrichtskommission an der _Hand sehr ein- gehender Erörterungen zu der umgekehrten Auffassung gekommen Ut: Und dag die Ünterrichtskommission mit überwältigender Majorität die Frage im Sinne des Regierungs - Entwurfs ent- schieden hat. /

Es ift wiederholt, auch von dem Hrn. Abg. Dr. von Stablewski, auf das Gutachten der wissenschaftlihen Deputation für das Medizinal- wesen Bezug genommen worden. Ih glaube, diesem Gutachten geht es wie vielen anderen Sachen : Man hat es eben nicht gelesen, jedenfalls nicht in dem Zusammenhange gelesen, in welchem es abgegeben ist; man hat ih damit begnügt, einzelne Hinweise in den politishen Tagesblättern als das Gutachten selbst zu betrachten. Das Gutachten, meine Herren, ist abgegeben über die von mir gestellte grade, ob eine Ueberbürdung an den höheren Unterrichtsanstalten bestehe, und, wenn das der Fall sei, welche Kautelen und Mittel zu schaffen seien, um einer solchen Veberbürdung entgegenzutreten. Bei dieser Gelegenheit ist an der Hand der Eingabe eines Bochumer ärztlichen Vereins die Frage erörtert worden: welcher Anfangstermin für den Eintritt in die Serxta und welcher Anfangstermin für den Eintritt in die unterste Vorschulklasse einer höheren Lehranstalt wohl der rihtigste wäre. Hierbei is es als ein_ Gegenstand ernster Erwägungen hin- gestellt, ob man nit für die Sexta das vollendete 10. und für die unterste Vorshulklasse das vollendete 7. Lebensjahr als maßgebend hin- stellen sollte. Das ist ein ganz anderes thema probandum als die Frager Wann fängt die allgemeine Volkss{hulpfliht an. In diesem Gut- achten sind nun verschiedene Bemerkungen gema@ht worden, die bei der Unterrihtsverwaltung au durchaus volle Billigung gefunden haben. Jch habe, anknüpfend an dieses Gutaten, sehr eingehende Bestim- mungen erlassen über die Einrichtung, des Unterrichts in den Vorschulklassen; ih weiß sie niht auswendig, aber im Allgemeinen is die Tendenz, daß gerade in dem bekannten 7. Lebensjahr, also in der untersten Vorschulklasse, der Unterricht nit mehr betragen darf, als höchstens 3 Stunden pro Tag, daß zwischen jeder Stunde mindestens 5, und einmal 15 Minuten Pause liegen müssen, und die häuslichen Arbeiten auf ein Minimum es \hränkt sind; i glaube, es ist angeordnet, daß sie niht über + Stunde tägli in Anspruch nehmen sollen. Es muß do in der That en thörihter Unterricht sein, der bei dieser Organisation, die ih n vollem Bewußtsein getroffen habe, einem Kinde San zufügen soll. Ich erfreue mih selbst eines Sohnes, der diese et fannte, unterste Vorschulklasse ohne allen Nachtheil bungemna hat, und ih habe sogar ich wage nit, die näheren Andeu Ungen zu geben die Freude gehabt, daß bei der Revision dur einen

Angelegenheiten Dr, von

lid außerhalb des Schulwesens stehenden, sehr verantwortungs- Ga e Vie Frishe der Kinder in den B'eulklafsen des in.