1890 / 118 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 16 May 1890 18:00:01 GMT) scan diff

zog ZJhre Majestät die anwesenden Damen in ein Gespräch, während dessen der Allerhöchste Kriegsherr vor dem Bahnhofs- gebäude die Ehren-Compagnie defiliren ließ. Nach dem Ab- rüdcken der Ehrenwahe wurden die Wagen bestiegen, worauf sih der Zug in Bewegung seßte, der durch 2 Gendarmen, den Kommandanten, den Polizei-Präsidenten und eine halbe Ezcadron Kürassiere eröffnet wurde. Zu beiden Seiten der vierspännigen Hofequipage mit Jhren Majestäten ritten wei Offiziere, hinter dem Kaiserlichen Gefährt wiederum eine halbe Escadron Kürassiere. An dem großen, am Eingange zur Klapperwiese errihteten Triumphbogen machte der Kaiserliche Wagen Halt ; hier hielt der Ober-Bürgermeister Selke eine (bereits mitgetheilte) längere, Stadtverordneten-Vorsteher Weller eine kürzere Begrüßungsansprache, und nahdem sich der Zug abermals in ewegung gesezt hatte, hielt er noch einmal in der Bahnhofsstraße an der Tribüne der Ehrenjungfrauen, wo Frl. Riesen ein Gedicht vortrug und zwei andere Damen Kranz und Blumenstrauß über- reihten. Die lebenden Gruppen der übrigen „ungen Damen erregten das besondere Jnteresse der Majestäten, und in huldvollster Weise gaben Dieselben Fhrer hohen Be- friedigung über das Arrangement Ausdruck. Der Einzug dur die Vorstadt, an der neuen Börse vorbei dur die Kneiphöfsche Langgasse nah dem Königlichen Schlosse war wie ein Triumphzug. Der Jubel der Volksmassen wollte kein Ende nehmen und steigerte sich noch, als kaum eine Stunde nach dem Eintreffen auf dem Schlosse Beide Majestäten die Fahrt nah dem Parade- felde antraten. Am Devauer Gehöft stieg Se. Majestät zu Pferde. Alle Regimenter spielten den Präsentirmarsh und donnerndes dreifahes Hurrah erfüllte die Luft. Zunächst die am rechten Flügel der Parade aufgestellten Kriegervercine besihtigend, ritt Se. Majestät die Fronten ab, jeden Truppentheil in militärisher Weise begrüß:nd. FJhre Majestä: die Kaiserin und Königin folgte zu Wagen der Abnahme der Parade, worauf sich die Regimenter und Bataillone zum ersten Vorbeimarsh ordneten. Bei diesem wurden von den Musikkapellen jene Märsche gespielt, welche auf die historishe Vergangenheit der einzelnen Truppentheile Bezug haben. Beim zweiten Vorbeimarsh führte Se. Majestät der Kaiser und König das ehemalige Grenadier-Regiment „Kronprinz“, das jeßige Grenadier-Regiment König Friedrich III. 1. Ostpreußisches) Nr. 1 der Kaiserin und Königin vor. Die

orbeimärsche gelangen gut und Se. Majestät sprach sowohl dem kommandirenden General als auch dem die - Parade befehligenden General-Lieutenant von Werder, Commandeur der 1. Division, Seine besondere Befriedigung aus. Nah Be- endigung der Parade ritt Se. Majestät zur Fahnen-Compagnie, seßte Sih an die Spitze derselben und ritt so zur Stadt zurü, wiederum von unendlihem Jubel der Bevölkerung empfangen und begleitet.

Nachmittags unternahmen Jhre Majestäten noch eine kurze Ausfahrt.

Das große Diner im Moskowitersaale nahm gegen 61/4 Uhr jeinen Anfang und erreichte gegen 71/2 Uhr sein Ende. Se. Majestät der Kaiser und König saß zur Rechten Allerhöhstseiner Gemahlin, dann folgte der Ober-Burggraf des Königreichs Preußen, General-Adjutant und General der Kavallerie Graf von Lehndorf, diesem die Ober- Hosfmeisterin Fhrer Majestät Gräfin von Brockdorf, dann Graf Waldersee und die Hofdame Gräfin von der Schulenburg, Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin zur Linken hatte der Kanzler des Königreichs Preußen von Holleben seinen Play, welchem die Hofdame Gräfin von Keller, der Ober-Ceremonienmeister Graf zu Eulenburg und der Chef des Civilfabinets Dr. von Lucanus folgten. Sr. Majestät dem Kaiser und Könige gegenüber saß Graf zu Dohna-Shlobitten, zu dessen Linken der Ober-Präsident von Schliekmann und neben diesem der Vorsißende des Provinzial- Landtages Graf zu Eulenburg-Prassen; Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin gegenüber hatte der komman- dirende General des 1. Armee-Corps, General der Jnfanterie Bronsart von Schellendorff Play genommen, zu dessen Rechten der General der Kavallerie Graf von der Groeben. Die Tafelmu k stellte das Grenadier-Regiment König Friedri IIT, (1. Ostpreußisches) Nr. 1 (Dirigent: Ziehn).

_Gegen Ende der Tafel erhob Sih Se. Majestät dec Kaiser und König zu folgender Ansprache:

„Es war son läagst die Absicht der Kaiserin und die Meinige, hierher zu kommen, um die Provinz zu begrüßen. Ich freue Mich deshalb um so mehr, daß Ich jeßt die Gelegenheit habe, Sie hier zu sehen. Seiecn Sie Mir Alle her;lich willkommen in diesen Räumen, die {hon Manches von unserer Geschihhte geschen haben und davon erzählen können, Für Uns Könige von Preußen is diese Pro- vinz von ganz befonderec Wichtigkeit, und cs zieht Uns ganz besonders hierher nah der alten Stadt Könizsberg. Ist doc hier die Wiege des Königthums Preußen, stammt doch die Erhebung und die Wiedererstarkung des niedergeworfenen Vaterlandes von hier; sind doch hier die Tugenden aushaltender Treue, der Hoffnung auf bessere Zeiten, des Festhaltens in der Liebe zu dem angestammten Königshause föstlich erblüht. Jch für Meine Person hänge ganz besonders an der Provinz, denn viele ihrer Söhne sah Ih; in Meinem militärishen Leben habe Ih sie unter Mir in den versiedensten Kommando- verhältnissen gehabt. Tüchtigere Soldaten habe Ich selten geschen, tüchtigere Männer auch in höheren Stellungen nickt gefunden. Die Provinz ist nah Meiner Ueberzeugung die Säule des Vaterlandes, eine Quelle für die Entwickelung des Königreichs Preußen. Die große landwirthshaftlihe Bevölkerung, die hier in dieser Provinz ihre strebsamen Arbeiten und ihr förderlihes Wirken vollzieht, ist der Boden, aus dem Wir Unsere Kraft {chöpfen, und Ih halte es für Meine, des Königs von Preußen, bedeutsame; Pflicht, dafür zu forgen, daß für diese Landbevölkerung gesorgt und daß sie gestärkt und erhalten werde, Das werde Ich thun, fo lange Ich regiere. Jh erhebe Mein Glas und trinke auf die Wohlfahrt und das Gedeihen der Provinz Ostpreußen. Möge sie fortshreitend si heben und möge sie fortshreitend blühen. Möge sie vershont bleiben von Krieg und Kriegeszeiten. Sollte es aber nach Gottes Rathschluß Mir auferlegt sein, Mih Meiner Haut zu wehren und Meine Landesgrenzen zu vertheidigen, so wird Ostpreußens Schwert niht minder scharf dem Feinde mitspielen, wie es dies im Jahre 1870 that. Jch erhebe Mein Glas und trinke auf das Wohl der Provinz. Sie lebe ho, hoh, hoh!

Nach der Tafel nahmen die Allerhölhsten Herrschaften im Kreise der Gäste noch den Kaffee ein und S N anwesende Herren ins Gespräh. Der Damen-Empfang, welcher hierauf bei Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin stattfand, bot ein glänzendes Bild ausgewähltester Toiletten

dar. Jhre Majestät unterhielt sich aufs Huldvollste ‘mit den zum Empfang befohlenen Damen, und erst spät Abends er- reite dieser sein Ende. M i Inzwischen hatte \sich der Fackelzug der Studirendên in Bewegung gesezt und im inneren Schloßhofe Aufstellung enommen, wo auch der „Sängerverein“ und die „Lieder- reunde“, unter Leitung ihrer Dirigenten Shwalm undRakemann, dem Erlauchten Kaiserpaare eine Serenade darbrachten. Der Sprecher der Studirenden der Albertina brachte Jhren Majestäten, als Allerhöchstdieselben am Fenster erschienen, ein Hoch aus, in welches die Kommilitonen lebhaft dreimal einstimmten. Wieder- holt verneigten Sich die Allerhöchsten Herrschaften dankend gegen die Studentenschaft; Se. Majestät der Kaiser und König beschied eine Deputation derselben zu Sih und unterhielt Sich aufs Leutseligste mit den einzelnen Mitgliedern. Ebenso hatte auch der „Sängerverein“ die Ehre, in den Gemächern Jhrer Majestäten noch cinige Lieder vortragen zu dürfen.

Donnerstag, den 15. Mai. Am heutigen Vormittage war schon in aller Frühe die Bevölkerung Königsbergs auf den Beinen, um Zeuge der Fahrt Jhrer Majestäten zum Feld- gottesdienst auf Herzogsacker zu sein. Die Abfahrt dorthin erfolgte kurz vor 11 Uhr und brausende Jubelrufe begleiteten die Allerhöchsten Herrshaften. Auf Herzogsacker war für die Kaiserlichen Majestäten ein gelt, auf welchem die Kaiserliche Standarte wehte, errihtet. Vor diesem befand \ich der i altar, an dem zur Rechten und Linken die Fahnen und Standarten Aufstellung gefunden hatten. Hinter dem Kaiserzelte, mit dem Rücken gegen die Defensionskaserne Kronprinz, standen links das Grenadier-Regimeüt König Friedri IIL,, rets das Grenadier-Regiment König Friedri Wilhelm 1. Jn der rechten Flanke hatte das Jnfanterie- Regiment Herzog Karl, in der linken das Fuß-Artillerie- Regiment von Linger Ausstellung genommen, während mit der Front gegen das Kaiserzelt links die Feld: Artillerie-Regi- menter Prinz August und Nr. 16 sowie das Train-Bataillon und rechts das Kürassier-Regiment Graf Wrangel sowie das Pionier-Bataillon Fürst Radziwill postirt waren. Die Majestäten wurden auf Herzogsacker von den Generalen und Spigzen der Behörden ehrfurchtsvoll empfangen und in das Kaiserzelt geleitet, worauf der Chor des Grenadier-Regiments König Friedrich 111. die Hymne: „Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre“ anstimmte. Anwesend waren von der Geistlich- keit: der Feldpropst D. Richter, der Militär-Oberpfarrer Thiel, der Divisions-Pfarrer Nungeund derkatholisheDivisions-Pfarrer. Der Gottesdienst wurde dur das Lied: „Ach wundergroßer Siegesheld“ eingeleitet, worauf Militär-Oberpfarrer Thiel die Liturgie hielt. Dieser folgte weitere Choralmusik (die Musik- kapellen standen rechts und links hinier dem Altar) und dann die Predigt, gehalten vom Feldprop|t D. Richter über Apostelgeshichte 1, 10—12. Der Oberpfarrer spra hierauf das Kirchengebet und das Vaterunser, und der Feldpropst den Segen. Den Schluß der Feier bildete der Choral : „Nun danket Alle Gott“. Beide Kaiserlihen Majestäten dankten dem Feldpropst huldreichst und zogen ihn in ein längeres Gespräch. Auch der Militär - Oberpfarrer und der evangelische und katholische Divisions-Pfarrer wurden gnädigst begrüßt. Hierauf schritt Se. Majestät die Fronten ab, worauf Parademarsch erfolgte. Die katholishen Soldaten hatten einem Pontifikal- amte beigewohnt, welches der Bischof von Ermeland celebrirte.

Nach beendigtem Gottesdienst begaben Sich Jhre Majestäten zum Ober-Präsidenten von Schliekmann zum Frühstück und von dort nach kurzem Aufenthalt zur Universitäts-Jubelfeier, welhe dem 400 jährigen Geburtstage des Herzogs Albrecht, dem Stifter der Albertina, galt. Professor Pruß hielt die O Nach der Feier kehrten die Majestäten ins Schloß zurü.

Ueber die Fubelfeier in der Universität berichtet „W. T. B.“ folgendes Nähere:

Die Aula prangte in festlihem Shmuck. Gegen 1 Uhr fuhren die Majestäten vor. Allerhöchstdieselben wurden von dem Rektor, dem Kurator und den Dekanen der Universität empfangen und unter den Klängen des Priester-Marsches aus der „Zauberflöte“ in die Au'a geleitet. Die Allerhöchsten Gäste nahmen zuerst auf Sesseln mitten in der Aula Plaß und hörten alsdann stehend den Gesang „Lobe den Herrn, meine Seele“ an. Die Festrede hielt Professor Pruß über Herzog Albreht und {loß mit ungefähr folgenden Worten: Der Herzogshut ging in eine Königs- krone über, die mit Demuth vom Altar des Herrn ge- nommen wurde, Die Königskrone ward zur Kaiferkrone, dargebraht für den unsterblihen Kampf und die Schöpfung des einigen Vaterlandes. Heute begrüße er in Ehrfurcht den Kaiser und König sowie die Kaiserin und Königin bei der Säkularfeier Jhres Ahnen und des Stifters der Uni- versität. Jm Anblick des Bildes des Herzogs Albrecht und in dankbarer Erinnerung an die unsterblihen Verdienste des Stifters der Albertina, in der Hoffnung und in dem freudigen Vertrauen auf die Zukunft, erflehe er des Himmels reihsten Segen auf das Haupt des erhabenen Herrschers und Allerhöchstdessen hoher Gemahlin. Der Redner verließ hierauf die Tribüne. Nachdem die Majestäten sodann noch einige Zeit Sih in huldvollster Weise mit dem Rektor und dem Prorektor Professor Dr. Pru unterhalten hatten, begaben Sih Allerhöchstdieselben in das festlih geschmüdckte Senatszimmer, um dort die Gemälde der Hohenzollern in Augenschein zu nehmen ; besonders lange Zeit verweilte Se. Majestät vor dem Bilde, welches Se. Majestät den Kaiser L im Ornat des Rector Magnificentissimus darstellt.

ier nahm Se. Majestät auch die Jnscription des Kronprinzen mit folgenden Worten vor: „Ego Guilelmus Imperator Rex hodie filium carissimum, heredem monarechiae in numerum civium academicorum recepi, Die 15 Mensis Maji“. Dann verabschiedeten Sih die Allerhöchsten Herrshaften von dem Rektor Professor Bezzenberger, der in der Halle der Universität ein Hoh auf Se. Majestät ausbrachte, in welches das auf dem Königsgarten zahlreich anwesende Publikum enthusiastisch einstimmte.

__ Ueber den weiteren Verlauf des gestrigen Tages be- richten wix weiter nah „W. T. B.“:

Jhre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin fuhren Nachmittags 4 Uhr nach Louisenwahl. Obwohl die Stunde des Besuches Vormittags noch nicht feststand, hatte sih ein sehr zahlreihes Publikum in Hufen eingefunden, welches die Majestäten enthusiastish begrüßte. Nah einem viertelstündigen Len des Louisenhauses begab Sich das Kaiserliche aar nah dem Fort Marienberg, um die dortigen neuen Arbeiten zu besi tigen. Alsdann be- suchten Jhre Majestäten die Kirche in Juditten, die älteste des Samlandes, und wohnten daselbst dem Gottesdienste bei.

Abends um 7 Uhr fand bei Sr. Majestät dem Kaiser im Schloß kleine Tafel von 40 Gedecken, zu welcher der Oberx- Bürgermeister, der Polizei: Präsident, der Ober-Präsident sowie mehrere andere Herren mit Einladungen beehrt waren, und bei ire Majestät der Kaiserin “kleine Damentafel von 80 Gedecken statt. Um 91/7 Uhr war Zapfenstreih , welcher einen glänzenden Verlauf nahm. Se. Majestät der Kaiser erschien wiederholt am Fenster, stets in lebhafter Unterhaltun mit den Gästen. Der Schloßthurm strahlte in rothem twn in grünem bengalischen Feuer, und Raketen stiegen. Nah Beendigung des Zapfenstreihes um 10!/, Uhr erschien Jhre Majestät die Kaiserin an der Seite Aller öchstih:es Gemahls bei dem Abmarsch der Musikcorps am Fenster, von stürmishem E féliese n A E ir legen hieran noch folgende Mittheilungen de

„W. T. B.“ aus Königsberg: s / s

An der Vorstellung vor Fhren Majestäten dem Kaiser und der Kaiserin (am Mittwoch) nahmen unter Anderen Theil der Bischof von Ermland D. Thiel, der hiesige Propst, der Stellvertreter des General-Superintendenten, Konsistorial-Rath Pelka, Ober-Bürgermeister Selke, Bürgermeister Hoffmann, Kommerzien-Rath Weller, Justiz-Rath Hagen, der Polizei- Präsident von Brandt, der Direktor der Reichsbankhauptstelle, die Spiven der Provinzialbehörden, der Kanzler im König- reih Preußen von Holleben, Landgerichts-Präsident Keßler, Geheimer Kommerzien-Rath Schroeter, Kommerzien - Rath Nißhaupt. Jhre Majestäten unterhielten Sich aufs Huldvollste mit den Anwesenden.

__Am Mittwoch Abend begann mit dem Eintritt der Dunkel- heit eine Jll{umination, bei welcher ein hier noch nie gesehener Glanz entfaltet wurde. Aus allen Fenstern strahlte Kerzenlicht. Viele öffentliche, auch Privat-Gebäude erglänzten in fkunst- vollster Gasbeleuhtung und waren herrlich dekorirt. Besonders stach eine vom Bildhaucr Professor Reusch modellirte Gruppe

vor der Kunst-Akademie in der Königsstraße hervor, welche |

Se. Majestät den Kaiser von der Stadt Königsberg mit Palmen geschmüdckt darstellte.

Auf die beim Einzug am Mittwoch an der Ehrenpforte gehaltene Ansprache des Ober-Bürgermeisters erwiderte Se. Majestät der Kaiser (nah „W. T. B.“) mit herzlihstem Dank für den freundlihen Empfang, der ihm zu Theil geworden sei, und die Er sei ja mit Kaiser Wilhelm 1. auch Königsberg gewesen und wisse aus dessen wie theuer ihm die Stadt stets gewesen sei. Sein Großvater habe ihm oft gesagt, welch! eine Wirkung die Zeit und die Erlebnisse hier im Jahre 1813 auf ihn geübt hâten. Jn dieser Zeit hätten sich seine Anschauungen und Grundsäße gebildet, die auch für seine späteren Entschließungen von Einfluß gewesen seien. „Seien Sie versichert,“ fuhr Se. Majestät fort, „daß auch Jh in den Bahnen Meines Groß- vaters wandeln werde, und daß die Stadt Königsberg in Meinem Herzen stets einen besonderen Plag einnehmen wird.“ Zum Schluß betonte Se. Majestät der Kaiser nochmals, wie wohlthuend Fhm der herzlihe Empfang gewesen sei. Auch Jhre Majestät die Kaiserin dankte für die soeben gehörten R U reichte dem Ober-Bürgermeister Selke die Hand ¿zum Kuß.

Der kommandirende General des I. Armee-Corps, General der Infanterie Bronsart von Sqellendorff, hat am Mittwoch folgenden Corpsbefehl erlassen:

„Se Majestät der Kaiser und König sind mit der heutigen Parade ausrchmend zufrieden gewesen und haben ausdrücklich be- fohlen, säwmtlihen Mannschaften der Truppentheile, welche an der Parade theilgenommen haben, dieses mitzuth:ilen. Jch beglückwünshe die Garnison von Königsberg und die zu derselben herangezogenen Truppenthcile zu dieser Allerhöchsten Anerkennung.“

Ober - Bürgermeister Selke hat folgende Bekannt- machung erlassen:

„Se. Majestät ver Kaiser und König haben mich heute bei dem Empfançe auf dem Königlichen Schleß in huldvolister Weise zu beauftragen geruht, zur Kenntniß der Bürgerschaft zu bringen, wie sehr die überaus gelungene Auss{chmückung der Stadt und die Auf- stellungen bei dem Einzuge, namentlich aber die wahrhaft herzliche Begrüßung von allen Seiten Allerhöchstseinem Herzen wohlgetban habe und dafür den Dank des Kaiserlichen Paares auszusprechen.

Vom heutigen Tage liegen folgende Meldungen des W. De B.“ vop:

Se. Majestät der Kaiser fuhr heute Morgen 61/, Uhr über Devau nah den Werken 2 und 3 und von dort nah Quednau, wo Allerhöhstderselbe eine Festungsübung bei dem Fort Quednau persönlich leitete. Se. Majestät ließ das von ihm beseßte a angreifen und vertheidigte dasselbe durch schweres Geshüg. Der Sturm auf das Fort {loß die Uebung. Hiernah begab Sich Se. Majestät zur Hafen- Besichtigung nah Pillau, wo Allerhöchstderselbe um 9 Uhr 30 Minuten eintraf. Gleih nah der Ankunft besichtigte Se. Majestät die Land- und Seeforts. Darauf fuhr Allerhöchstderselbe in die See hinaus, wo Torpedo- boote ständig liegen. Ein hier vor Anker liegender russisher Torpedojäger salutirte Se. Majestät bei der Vor- beisahrt. Um 1114, Uhr kehrte der Kaiser von Pillau aa Königsberg zurü und begab Sich sofort ins Schloß. JZhre Majestät die Kaiserin besuchte heute Morgen 9 Uhr das Krankenhaus „Barmherzigkeit“, wohnte daselbst der Einseg- nung zweier Hülfsshwestern bei, fuhr dann nah dem Kinder- hort, woselbst ein ahtjähriges Mädchen einen Blumenstrauß überreichte, und hierauf nah den Erziehungsanstalten.

schon în Munde

Heute hielt der Bundesrath eine Plenarsißzung ab. Vorher tagten der Aus\{huß für Handel und Verkehr und die vereinigten Ausschüsse für Justizwesen und für Elsaß-Lothringen.

Der Kaiserlihe Gesandte in Bern Wirkliche Geheime Legations-Rath und Kammerherr von Bülow is vom Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandschaft wieder übernommen.

Der Premier-Lieutenant Freiherr von Grave nreuth, Stellvertreter des Reichskommissars für Ost-Afrika, ist mit Urlaub hier angekommen. j

_ZU den Truppenübungen des Garde-Corps sind folgende Kaiserlich und Königlich österreichische Offiziere hier angekommen: der Rittmeister von Lonyay vom Husaren-Regiment Wil- helm IL., Deutscher Kaiser und König von Preu en, Nr. 7, der Hauptmann Baron Scholley vom 2. Artillerie-Regiment und der Hauptmann Thaddäus Graf Alberti von Poja vom Feldjäger-Bataillon Nr. 10.

soeben gehörten Worte ungefähr wie folgt: |

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Fürstlich shaumburg- lippesche Regierungs-Präfident Spring ist hier angekommen.

Der neuernannte lea iessor von Heyking ist dem Königlichen Polizei-Präsidium zu Köln zur aushülfs- weisen Beschäftigung und der neuernannte Regierungs- Assessor Dr. Leidig der Königlichen Regierung zu Oppeln überwiesen worden.

Württemberg.

Stuttgart, 14. Mai. (St.-A. f. W.) Se. Majestät der König hat heute den neuernannten Regierungs - Präsi- denten von Ludwigsburg von Häberlen in Audienz em-

ngen. pla Se. Majestät der König hat vermöge Entschließung vom 8. d. M. in Gemeinschafl mit Jhrer Majestät der Königin zu der Erbauung des Karl-Dlga-Krankenhauses in Friedrihshafen den Beitrag von 10000 A bewilligt.

Baden. .

Karlsruhe, 14. Mai. (Karlsr. Ztg.) Se. Königliche

Hoheit der Großherzog begab sich gestern Mittag “um 121/, Uhr nach dem Hauptbahnhof, um Jhre Königlichen Hoheiten den Kronprinzen und die Kronprinzessin von Shweden und Norwegen zu begrüßen. Es waren daselbst zum Empfange anwesend: Jhre Kaiserliche Hoheit die Prinzessin Wilhelm, FJhre Großherzog- lichen Hoheiten die Fürstin zur Lippe und die Fürstin zu Hohenlohe - Langenburg mit Prinzessin Tochter ; der Oberst-Stallmeister von Holzing, der Königlich preußische Gesandte von Eisendecher, der Kaiserlich russische Ges chäftsträger Eichler u. A. Jhre Königliche Hoheit die Großherzogin erwartete mit Höchstihren Enkeln die geliebte Tochter im Groß- herzoglihen Schlosse, wo auch die Herren und Damen vom Hofstaat versammelt waren. E

Die Zweite Kammer seßte in ihrer gestrigen und heutigen Sißung die Berathung des Etats des Ministe- riums des Jnnern fort und genehmigte Tit, XTT—XVY und Tit. XIR der Ausgaben, sowie Tit. IIT—VI und Tit. X der Ausgaben nach den Vorschlägen der Kommission. Ein Antrag der Abgg. von Buol und Gen., betreffend die Auf- besserung gering besoldeter Kirchendiener, wurde der Budget- kommission überwiesen.

Mecklenburg-Schwerin.

= Sqhwerin, 14. Mai. Se. Königlihe Hoheit der Großherzog und Fhre Kaiserlihe Hoheit die Groß- herzogin sind von Cannes in Biarriß eingetroffen. Se. Königlihe Hoheit der Großherzog hat die Reise gut ver- tragen.

s einer Bekanntmachung des Forst - Kollegii werden mit Genehmigung des Großherzogs wegen Ueberfüllung der Dienstlausbahn der Forst - Jnspektionsbeamten und der Revierförster in den nächsten zwei Fahren Aspiranten der Forstverwaltungs - Laufbahn nicht ange- nommen.

Braunschweig.

Braunschweig, 14. Mai. (W. T. B.) Der Landtag bewilligte einstimmig die von der Regierung geforderten 14200 M für das Herzog Friedrich - Wilhelm- Denkmal auf dem Schlachtfelde von Quatrebras, ferner 700 000 6 zum Neubau eines Hauses für die Finanz- behörden.

Deutsche Kolonien.

Der in London erscheinende „New-York Herald“ ver- öffentliht einen von Emin Pascha unter dem Datum Bagamoyo, 31. März 1890, an Dr, Zuchinetti in Kairo gerichteten Brief, den er seinem langjährigen Reisebegleiter Cassati mitgegeben hatte. Es heißt darin: :

Da Cassati es unternommen hat, Sie von Allem, was si seit meiner Ankunft ereignet hat, zu benahrihtigen, so werden Sie es verzeißen, wenn ih mich nicht in Einzelheiten in diefem Brief ergehe, da ih wegen der bevorstehenden Trennung von Cassati entseglih niedergeschlagen bin. Er ift seit 8 Jahren mcin ständiger Begleiter und treuer Freund gewesen. Er wird Jhnen erzählen, wie ih, kaum aus dem Hospital heraus, mi zwischen zwei Parteien hier befunden habe der englischen und der deutschen —, und wie ih mich end- lih entschlossen habe, den patriotischen Weg cinzuschlagen und ih in meinem Entschluß bestärkt worden bin dur etwas, was während der leßten zwei, drei Tage passirte, als man meinen Namen mißbrauhte in dem Streite zwischen Stanley und Tippo Tib. Am 12, d. M. habe ih der Regierung dcs Khediven meine Entlassung eingerciht, bis jeßt aber noch feine Antwort erbalten. Ich habe Casfsati shriftlich bevollmäthtigt, für mich zu handeln und von der Regierung in meinem Namen mein ganzes, mir seit No- vember 1882 s\culdiges Gehalt einzuziehen und auch wegen meiner Pension zu verhandeln, die mir nach dem n Sudan geltenden Dienstreglement nach fünfzehnjähriger Thätigkeit zukommt. Jch bin überzeugt, daß Sie Cassati helfen werden, um ein günstiges Resultat zu erzielen. Jh werde einstweilen hier bleiben, um auf Instcuktionen der Berliner Regierung zu warten. Cassati wird Ihnen über Alles berihten und die Gründe für meinen Entschluß mittheilen. Jch weiß sehr gut, daß es eine große Sensation machen wird, sobald die Nachricht, daß ih zu den Deutschen übergetreten bin, bekannt wird, und Stanley wird der Erfte sein, die Leute gegen mich einzunehmen und aufzuheßzen

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 15. Mai. (W. T. B.) Jn der gestrigen Abend- sizung des Abgeordnetenhauses vertheidigte der Minister von Zaleski die Vorlage Betreffs der galizishen Grund- entlastung vom Stande der Billigkeit und Opportunität und erklärte, man dürfe die Vorlage nicht bloß von juri- dishem, sondern man müsse auch dieselbe von politischem und historischem Standpunkte aus beurtheilen. Das dies- bezügliche Uebereinkommen mit dem galizischen Landtage sei dasselbe, welches das Bürger-Ministeriumischon projektirt habe; man müsse jeden Kampf zwishen Reih und Land per-

orresziren. Er empfehle deshalb die Vorlage aufs Wärmste.

ei der heute fortgeseßten Berathung der Vorlage wurde in namentlicher Abstimmung der Antrag der Minorität (Ver- weisung der Sache anidas Reichsgericht) mit 159 gegen 139 Stim- men L! und der Majoritätsantrag, auf die Regierungsvorlage einzugehen, angenommen. Für den Antrag der Minorität traten Lienbacher und der Bericht- erstatter der Minorität Beer ein, während Madejski und der Berichterstatter der Majorität Zeithammer die Re- gierungsvorlage befürworteten. Das Haus begann sodann die I E und nahm s\{ließlich das Geseß in zweiter esung an.

. Adjutanten.

Der König Milan, welcher vorgestern hier eintraf, stattete heute dem Minister des Auswärtigen Grafen Käálnoky einen Besuch ab, welchen dieser erwiderte, ohne jedoch den König anu eser, welcher die land- und forstwirthschaftliche Ausstellung besuhte und Abends nah Belgrad abreiste.

Budapest, 14 Mai. (W. T. B.) Jm Unterhause erklärte sich der Minister-Präsident Graf Szápáry damit einverstanden, daß der von der äußersten Linken eingebrachte Antrag, betreffend die Modifikation des Jnkolats- geseßes, berathen werde, da er auch den Schein vermeiden wolle, als ob die Regierung einer Diskussion auszuweichen wünsche; dies präjudiziere jedo keineswegs die Annahme oder Ablehnung des Entwurfes. Der Jncolatsantrag wurde s{ließlih einem Ausshuß zur Vorberathung überwiesen.

Großbritannien und Frland.

London, 15, Mai. (A. C.) Die Königin stattete gestern, begleitet von dem Prinzen und der Prinzessin Heinrich von Battenberg, dem Baron Ferdinand von Rothschild auf seinem prächtigen Landsiße Waddesdon Manor, sieben Meilen von Aylesbury in Buckinghamshire, einen dreistün- digen Besuch ab. Unter den Personen, welche sich zur Begrüßung der Königin in Waddesdon Manor eingefunden hatten, befanden si die Prinzessin Louise und Lord Rothschild, Chef des Bank- hauses Rothschild u. Söhne.

Der Marquis von Salisbury gab gestern Abend zu Ehren des Königs von Belgien ein Diner, unter dessen Theilnehmern sih auch Graf Herbert von Bismarck und Mr. Stanley befanden.

Der zum Statthalter im britishen Ost-Afrika ernannte Oberst Sir Francis de Winton tritt nähste Woche die Reise nah Mombasa an, um seinen neuen Posten zu übernehmen. Zwei britishe Offiziere begleiten ihn als

(W. T. B.) Jn der beutigen Unterhaussißung theilte der Unter-Staats}ekretär Fergusson auf eine bezüg- liche Anfrage mit: Stanley habe mit Häuptlingen im Innern Afrika's in seinem Namen Abmachungen ge- troffen, aber nicht untex der Autorität der englishen Regierung. Im östlihen Sudan herrshe noch große Unsicherheit und Noth: Abtheilungen der Derwische beunruhigten fortwährend die dortige Gegend durch Einfälle. Die Handelscompagnie im Sudan habe mit den Häuptlingen vorläufige Abmachungen getroffen Behufs der Anpflanzung von Baumwolle und der Eröffnung der Handels- straße nah Berber. Was die Proklamation der britis ch- ostafrikanishen Gesellschaft vom 3. Mai angehe, fo werde dur. dieselbe die Sklaverei in einem gewissen Areal des Gebietes der Gesellshaft und in einem Umkreise von zehn Meilen verboten. Die Proklamation berühre jedoch nicht die Sklavcrei, wie sie jeßt bestehe.

16. Mai. (W. T. B.) Das Unterhaus nahm nach dreitägiger Debatte mit 339 gegen 266 Stimmen den von der Regierung eingebrahten Gesetzentwurf an, durch welchen die besondere Steuer auf Spirituosen und Bier an die Lokalbehörden überwiesen wird. Leßtere werden unter Anderem ermächtigt, die Schanklofale Behufs Aufhebung derselben anzukaufen. :

16. Mai. (W. T. B.) Jhre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Heinrich von Preußen sind heute Vormittag hier eingetroffen 1nd bereits in Queen- borough von Major Legg Namens FJhrer Majestät der Königin begrüßt worden. Höchstdieselben fuhren zunächst nach Buckingham Palace und werden fich später zum Besuch der Königin nah Windsor begeben.

Frankreich.

Paris, 14 Va (W L V) Der Minister des Jnnern Con stans ist mit der Ausarbeitung eines Geseß- entwurfs beschäftigt, welher bezwet, einen Pensions- fonds zu schaffen für Arbeiter, welche eine be- stimmte Reihe Arbeitsjahre hinter sih haben oder wegen Shwäche arb e1tsunfähig werden. Der Geseßentwurf ermächtigt die Arbeiter, Einzahlungen bei den Versicherungsgesellshaften auf Gegenseitigkeit oder bei ähn- ähnlihen Gesellshaften zu machen, denen Seitens des Staats eine Subvention bewilligt werden würde.

Toulon, 14. Mai. (W. T. B) Der Admiral Ber - gasse du Petit-Thouars ist gestorben.

Tunis, 15, Mai. (W. T. B.) Die neue Kathedrale von Karthago wurde heute vom Kardinal Lavigerie feierlih eingeweiht.

JFtalien.

Rom, 14. Mai. (W. T. B) Während der heutigen Sißung der Deputirtenkammer warf eine etwa fünfzigjährige Persönlichkeit, Namens Beccatini, aus der Provinz Florenz, von der Galerie aus ein Aktenbündel in den Sißzungssaal und rief die Deputirten an, ihm Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Beccatini wurde verhaftet und erklärte bei dem durch die Quästoren mit ihm vorgenommenen Verhör, daß er Beschwerde erheben wolle, weil er von den Gerichten der Provinz ¿Forli abgewiesen worden sei. Nach dem Verhör wurde Beccatini freigelassen. Am Sqhluß der Sizung theilte der Präsident mit, daß die Kammer das Budget des Ministeriums des Aeußern mit 179 gegen 67 Stimmen genehmigt habe.

Belgien.

Brüssel, 15. Mai. (W. T. B.) Jn der gestrigen Situng der Antisklaverei-Konferenz machte der Gesandte der Vereinigten Staaten von Nordamerika Terrel mehrere Einwendungen gegen den Antrag des belgischen General- sekretärs Baron Lambermont, betreffend die Ermächtigung zur Erhebung von Einfuhrzöllen im Congo-Becken, und betonte, daß die Konferenz nicht befugt sei zur Revision der Bestimmungen der Generalakte der Konferenz von 1885. Die Konferenz nahm von den Einwendungen Akt.

Serbien,

Belgrad, 15. Mai. (W. T. B.) Der Regent, General Belimarkowitsh empfing gestern anläßlih seines Dienst- jubiläums die Glückwünsche des Königs, der Regenten, der Regierung, des diplomatischen Corps und ver- schiedener Deputationen. , E / Das amtliche Blatt veröffentliht:das Gesetz, betreffend die Einführung einer Klassenlotterie; der Reinertrag derselben ist zur Hebung der Volkswirthschaft bestimmt. Heute tritt das Verbot des Verkaufes fremder Looseffekten in Serbien, mit Ausnahme der aus-

ländisher Promessenscheine is ohne Ausnahme

untersagt. E i .

16. Mai. (W. T. B.) König Milan is} heute Vormittag hier eingetroffen und im Königlichen Palais ab- gestiegen.

Bulgarien.

Sofia, 15. Mai. (W. T. B.) Das Kriegsgericht in dem Panigzaprozeß hielt heute eine formelle Sizung. Auf Verlangen des Advokaten Panißa's wurden die Ver- handlungen des Prozesses bis auf nächsten Dienstag, den 8./20. d. Mts. verschoben. Andere Vertheidiger verlangten gleichfalls Aufschub, da sie erst am Tage vorher bestellt waren. Der Sekretär des deutschen General-Konsulats, fowie die- jenigen der diplomatischen Vertreter Englands, Oesterreich- Ungarns, Jtaliens, Rumäniens und Griechenlands wohnten der Sigzung bei.

Amerika. VereinigteStaaten. Washington, 14, Mai. (A.C.) Das Repräsentantenhaus setzte heute die Erörterung der Tarifvorlage fort und verwarf verschiedene weitere Zusaß- anträge. i Der Senat nahm heute die Erörterung der Silber- vorlage wieder aus» Unter den Rednern befand sich Mr. Teller (Colorado), welcher die Rehabilitirung von Silber lebhaft befürwortete. 4 Brasilien. “Einem Telegramm des „Reuter'schen Bureau's“ aus Rio de Janeiro vom 15. d. zufolge, sind dort tachrihten aus Porto Alegre im Staate Rio Grande do Sul eingegangen, daß daselbst Ruhestörungen ausgebrochen seien. Eine am 13. d. abgehaltene Volksverfsammlung sei von der Polizei niht ohne Blutvergießen zerstreut worden, die Truppen hätten mit dem Volke gemeinsame Sache gemacht. Die Ruhe sei \{ließlich wiederhergestellt, der Gouverneur des Siaates jedoh genöthigt worden, abzudanken. Die von dem

Finanz-Minister erlassenen neuen Bankgese ge sollen die Hauptursache für die Ruhestörungen gebildet haben.

Parlamentarische Nachrichten.

Jn der heutigen (7.) Sißung des Reichstages, welcher der Reichskanzler von Caprivi und die Siaats}ekretäre Dr. von Boetticher und Freiherr von Malzahn sowie andere Bevollmächtigte zum Bundesrath beiwohnten, wurden auf Antrag des Abg. Dr. Meyer (Berlin) die Ueber- siht der Reichs - Ausgaben und -Einnahmen für das CtatSjahr 1888/89, die allgemeine Rechnung über den Reichshaushalt für das Etatsjahr 1884/85 nebst den dazu gehörigen Spezial- rechnungen, einem Vorberiht und den Bemerkungen des Rechnungshofs, die allgemeine Rechnung über den Neichshaushalt für das Etatsjahr 1885/86 nebst den dazu gehörigen Spezialrehnungen, einem Vorbericht und den Bemexkungen des Rechnungshoss, die allgemeine Rechnung über den Neichshaushalt für das Etats- jahr 1886/87 nebst den dazu gehörigen Spezialrehnungen, einem Vorbericht und den Bemerkungen des Rehnungshofs, der Bericht der Neichsschulden-Kommission: I. über die Verwaltung des Schuldenwesens des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reichs; 11, über ihre Thätigkeit in An- sehung der ihr übertragenen Aufsiht über die Verwaltung : a. des Reichs-Jnvalidenfonds, b. des Festungsbaufonds und c, des Fonds zur Errichtung des _Reichstagsgebäudes ; IIT. über den Reichs-Kriegsshaß und IV. über die An- und Ausfertigung, Einziehung und Vernichtung der von der Reichs- bank auszugebendenBanknoten,— ohne Debatte an die Rehnungs- kommission überwiesen. :

Darauf wurde die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Friedens-Präsenzstärke des deutschen Heeres, fortgeseßt. Zunächst nahm Abg. Liebknecht das Wort. (Schluß des Blattes.)

Jn der heutigen (60.) Sißung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister für Landwirthschaft 2c. Dr, Freiherr Lucius von Ballhausen und der Justiz-Minister Dr. von Schelling beiwohnten, wurde der Gesetzentwurf, betr. die Errichtung eines Amtsgerichts in der Stadt Velbert, in dritter Berathung ohne Debatte angenommen, (Schluß des Blattes.)

A Bericht über die vorgestrige Sißzung des Reichstages

efindet fich in der Ersten, der Schlußbericht über die vor-

gestrige Sißzung des Hauses der Abgeordneten in der Zweiten Beilage.)

Der Gesammt-Vorstand des Hauses der Ab- geordneten trat gestern Vormittag zusammen und berieth das Projekt eines gemeinsamen Geschäft38hauses für den Landtag. Das Herrenhaus hat das Projekt angenommen, daß die Präsidialwohnungen und das neue Herrenhaus an dexr Stelle des jeßigen Herrenhauses und Reichstagsgebäudes mit der Front an der Leipzigerstraße, das neue Abgeordneten- haus an der Zimmerstraße errichtet und beide Baulichkeiten durch einen Mittelbau verbunden werden. Der Minister des Jnnern Herrfurth bezeihnete, wie die „Neue Preußishe Ztg.“ meldet, gestern dieses Projekt als die glücklichste Lösung, erklärte sich aber außer Stande, schon jeßt den Kostenpunkt anzugeben. Man macht für Annahme des Projekts die Bedingung geltend, daß getrennte Repräsentations- räume und Ee Gärten geschaffen würden. Der Vorstand nahm sonst das Projekt wie der Herrenhaus-Vorstand an. Der Minister versprach, den Plan dem Gesammt-Ministerium zur Genehmigung vorzulegen.

Sanitäts-, Veterinär- und Quarantänewesen,

Spanien.

Laut eines in der „Gaceta de Madrid“ veröffentlihten Rund- \chreiben8s des Königlich \panishen General-Direktors für das Gesund- heitöswesen vom 29. April 1890 sind für Provenienzen von Santos in Brasilien die Quarantänevorschriften in Anwendung zu bringen.

Verkehrs - Anftalten.

Hamburg, 14. Mai. (W. T. B.) Der Postdampfer eScandia“* der Hamburg-Amerikanishen Packetfahrt-

ländishen Staatsanleihen in Kraft; der Verkauf au s-

Aktiengesell\schaft ist, von New-York kommend, heute Abend auf der Elbe eingetroffen.