1890 / 122 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 21 May 1890 18:00:01 GMT) scan diff

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Statistik und Volkêwirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

In Magdeburg wurde in einer von etwa 150 Personen be- sfuchten Versammlung am Montag ein christlicher Arbeiter - verein gegründet. Nach dem einleitenden Vortrage des Staats- anwalts Nefssel ist man, wie wir einem Bericht ker „Mgdb. Ztg.“ entnehmen, von dem Grundsaß ausgegangen, keinen evangelischen, sondern einen christlichen Verein zu gründen, um au katho- lischen Arbeitern den Eintritt in den Verein zu ermöglien. Man bofft hierdurch, wie von anderer Seite betont wurde, einen Kartellverband mit den in Süddeutsbland bestehenden gleicartigen Vereinen herstellen zu können. Die vorläufig auf- gestellten Satzungen wurden unverändert angenommen und dann der aus 21 Mitgliedern bestehende Vorstand gewählt, dessen erster Vorsitzender Hr. Staatsanwalt Nessel wurde. In einer am gleichen Tage abgehaltenen öffentlihen Schuhmacherversammlung wurde mitgetheilt, daß sich nur noch 50 bis 60 Gesellen im Strike befinden Es sind dies hauptsächlich Arbeiter einer Schuhfabrik, deren Besißer die von der Lohnkommission aufgestellten Forderungen nicht anerkennen will. | 4 E

Aus Hannover wird der „Köln. Ztg.“ geschrieben: Die Bil- dung einer Ausstandskommwmission für alle Gewerk- schaften soll nicht nur eine Berliner, sondern eine allgemeine deutsche Organisation wcrden, wie aus einer Beschlußfassung in einer Versammlung der hiesigen ausständishen Tischler- gesellen hervorgeht. Auch für Hannover wird ein Ver- trauenékörper gebildet, in welchen jedes Gewerk einen Ver- treter wählen foll, und diesem Vertrauenskörper soll die Auf- gabe zufallen, die Arbeiterbewegung in die re{chten Bahnen zu leiten, die Ausstände zu regeln, zu verhüten, daß die Arbeitgeber sich gegenfeitig unte: stüten, was dur Verhängung der Sperre über jede Werkstatt, welche Arbeit für eine andere bereits gesperrte liefert, erstrebt wird. Von einigen Gewerken in Hannover sind bereits Vertretèr gewählt. Ueber den in Hannover wieder aus8gebrochenen Spinner - Ausstand berichtet die „Magd. Ztg.“, daß am Sonntag noch eine Versammlung abgehaltcn wurde, in welcher von auswärts erschienene Sozial- demokraten das Wort führten und erklärten, die Spinner dürften in keinem Punkte nachgeben, da sie Auéstandgelder entgegengenommen hätten. Am eindrucksvollsten war wohl die Mittheilung, baß wieder 2006 M an die Ausftandskasse übersandt worden seien. Die Spinner liéßen fich bis auf Wenige verleiten, thr \chriftlih geacbenes Wort zu brehen und traten am Viontag, wie hier bereits mitgetheilt wurde, nit an.

In Liegniß haben am Sonnabend, wie der „Schl. Ztg.“ ge- rieben wird, etwa 130 bis 140 Tischlergesellen die Arbeit gekündigt, um dieselbe nah Ablauf der geseßlichen Frist von vi-rzehn Tagen niederzulegen. Da in Liegniß gegen 550 Tischlergesellen in Arbeit stehen, so beträgt die Zahl ver Strikenden etwa } derselben. Die Kommission der Meister hatte für Sonnabend noch eine Ver- fammlung in der Angelegenheit einberufen und dazu die Lohnkommis- fion der Gesellen eingeladen; die Verhandlungen führten jedoch zu keinem Resultat, Wo die vierzehntägige Kündigung in Folge gegen- seitiger Vereinbarung {on beim Arbeitsantritt aufgehoben ist, sollen die Strikenden bereits am Montag entlassen sein.

Aus Altena theilt die „Elbf. Ztg.* mit, daß die dortigen Schreinermeister von dem Comité der Gesellen eine Aufforderung zur Bewilligung der zehnstündigen Arbeitszeit echalten haben; wenn der Wunsch unerfüllt bleibt, wird mit Arbeitseinstellung gedroht.

Einer Meldung des „Wolff"\chen Bureaus“ aus Prag zufolge ist das Militär gegen die strikenden Arbeiter in Pankraz bei Nürschan eingeschritten, wobei 5 Personen getödtet und mehrere verwundet wurden, Der „Voss. Ztg.“ telegraphirt man über die Vorgänge in dieser Gegend folgendes Nähere: Hunderte Aus fländiger zogen gestern zu den Schähten des Nürschaner Reviers und hinderten mit Gewalt die Arbeit in Maschinen- und Kesselhäusern. Außer auf der Pankraz-Zeche ließen Arbeiter auch im Humboldtshachte Dampf- und Speise- wasser aus\trömen, wobei der Amtsleiter der Bezirkshauptmannsc{aft Mies und zehn Gendarmen antwescnd waren. Truppen trafen erst Abends ein, Auch in den Schächten der Miröschauer und Littißer Kohlenwerke wurde die Arbeit eingestellt, etwa 6000 Berg- [leute stehen im Ganzen aus,

Wie der Wiener „Pr.“ aus Graz berichtet wird, haben am Sonntag in der Papierfabrik der Leykam - Josefsthaler Aktiengesellschaft zu Gratwein sämmtliche Arbeiter in Folge theilweiscr Ablehnung ihrer Fordecrurg die Arbeit eingestellt. Am Montag arbeitetcn nur 6 von 1160 Axbeitern.

Ziegel-Industrie,

Die Ziegeleien im Regierungsbezirk Köln haben bei der fort- gese§ßt äußerst regen Bauthätigkeit bei recht lobnenden Preisen guten Absat, fo daß bereits die Anlage mehrerer Ringöfen in Aussicht ge- nommen worden ist, Die Ziegeleibesißer in der Umgegend von Köln haben lcbthin eine Ucbereinkunft getroffen, daß der Verkauf der Steine dur eine gemeinsame Stelle besorgt werde und dadur die Preise auf eine den Rohstoffen entsprechende Höhe gebraht und erhalten werden können.

Wohnungsverhältnisse in Hamburg nah der Volks- zählung von 1885.

Die 1. Abtheilung des XV. Heftes der von dem statistischen Bureau der Stever-Deputation herausgegebenen Statistik des Hamburgi \chen Staats, deren Ers&einen durch unvorhergesehene Umstände einige Zeit verzögert worden ist, enthält die auf der Basis der Volkszählung von 1885 aufgestellten Nachweisungen über die Zählung der Gelasse und der Haushaltungen. Zu bemerken ist, daß hierbei das Wort „Gelaß“ nicht eine Einzelräumlichkeit, sondern stets die Zusammenfassung von Räumlichkeiten zu einer Wohnung, oder zu einer zu gewerblichen Zwecken benutzten Lokalität, oder die Verbindung beider bedeutet, und daß ih die Angaben nur auf die Stadt [elbst mit den Vorstädten und Vororten beziehen. Was die Vertheilung der Gelasse, welche von 106 470 im Jahre 1880 auf 118 935 in 1885 gestiegen sind, anbetrifft, so er- giebt si, daß die relativ größte Zahl von Wohnungen, nämli 80,9 9/0 fämmtlicher Gelasse, in den Vororten Billwärder und Bill- wärder Aués{lag vorkommen, während beide sehr wenig Wohnungen mit gewerblicher Benußung, nur 11%, auswiesen, Billwärder Aus- schlag hatte außerdem die geringste Zahl, noch nicht 19%, von leer- stehenden Wohnungen. Die relativ wenigsten Wohnungen fanden {ih natürtih in dem Stadttheil mit den meisten Geschäftslokalen, in Altstadt-Südertheil, mo nur 34,8 9% der Gelasse aus\{licßlich Woh- nungszwecken, dagegen 45,7 9%/% aus\chließlich gewerblichen Zwecken dienten, während 15,7% Wohnungen mit gewerblicher Be- nußung bildeten und 3,8% der Gelasse leer standen. Wie bedeutend sich in diesem Stadttheil in Folge der durch den Zollansluß be- dingten Veränderungen die Wohnvcrhältnisse geändert haben , zeigt ein Verglei der obigen Zahlen mit denen von 1880, in wel{chem Jahre noch 45,0 9/9 der Gelafse Wohnungen waren, während 28,8 9% nur ge- werblichen Zwecken dienten, 20,9 %/9 waren damals Wohnungen mit gewerbliher Benußung und 5,3% standen leer. Der Anthcil der meist von dem Kleingewerbe zu gewerblien Zwecken mitbenußten Wohnungen war in den einzelnen Stadttheilen und Vororten ein ziemlih s{chwankender, in der inneren Stadt höher ols in St. Georg und St. Pauli, dagegen niedriger als in letzteren in den Vororten, Die wenigsten Wohnungen mit gewerblicher Benußung fanden sich auf dem Kleinen Grasbrock, wo sie nur 10,1% der Gelasse _betrugen, während Neustadt-Norder- theil den höchsten Prozentsaß, 29,29%, aufwies. Die haupt- sählich dem Großhandel und der Großindustrie dienenden Gelasse, welche nur gewerblich benußt wurden, waren am stärksten in der

innercn Stadt, als dem Sitze des Handels vertreten, in Altstadt- Südertheil mit 45,7 %/o, in Ältstadt-Nordertheil mit 21,5 °/o, ferner in den Vororten jenseits der Elbe, wo {sib die großen Werften und andere mit dem Schiffsbau verknüpfte Anstalten befinden. Von den übr’gen Vororten zeigten nur vier über 8%, darunter Rotherbau:n mit 11,2% in Folge der großen Anzabl von Geschäftsgelassen in der Spre eLG@e Die Zahl der leerstchenden Gelasse war im ahre 1885 eine sehr geringe, in den meisten Stadttheilen betrug der Antheil nur 2 bis 4% im Vergleich zu 1880, auf welches Iahr das Maximum folgte, worauf dann ein Nückgang eintrat, der sich, den jährlihen Erhebungen zufolge, bis zum Jahre 1887 fortseßte.

Nach der Lage bestand die Mehrzahl der unter der Erde be- legenen Gelafse, 51,9 %/o, aus Wohnungen mit aewerblicher Benußung, während die eigentlichen Wohnkeller nickt die Hälfte der mit Woh- nungen verbuntenen Geschäftskeller erreichten. Von den Gelassen zu ebener Grde diente über die Hälfte (54,9 9/0) ausschließlich Wohn- ¿weckden, 29,7% wacen Wohnungen mit gewerblicher Benußung, während 12,6 %/ Gescäftsgelasse waren. Die Zahl der zu ebener Erde gelegenen Wohnungen ohne gcwerblihe Benußung nahm in der inneren Stadt immer mehr ab, während andererseits die Zahl der nur gewerblich benußten Gelasse beträhtlich wuchs, Das Zwischen- \ftockwerk (Entrefol) kam nur in geringer Zahl vor und diente haupt- sählid ¿zu Wohnungézwecken. In den höheren Stockwerken nahm die Zahl der Geschäftelokale stetig ab. Während im ersten Stock 79,3%/o der Gelasse nur Wohnungszwecken, 9,1 °/0 Wobn- und gewerblichen Zwecken und 8,6%/o nur gewerblichen Zweken dienten, betrugen diese Antheile von den im 4. Sto belegenen Gelassen 82,0 %/o, bez. 11,7 und 4,1%, Die Zahl der im 5. und höheren Stockwetken belegenen Gelasse war nur gering und belief fich im Ganzen auf 601, von denen 85,0 9% be» wohnt waren. Von den durch mehrere Stockwerke vorhandenen Ge- lassen bestand die Hälfte aus Wohnungen, welhe mit Gewerberäumen verbunden waren, 32,9 %, waren Geschäftslokale und nur 15,8% bildeten die eigentlihen Wohnungen. Die ein ganzes Haus ein- nehmenden Gelasse dienten zu nahezu zwei Drittheilen (63,8 9%) aus- \chließlich Wohnzwecken, 22,5 9% waren Wohnungen mit gewerblicher Benußung und 10,8 % bildeten Gewerbsgelasse. Die Zahl der Häuser, welche einer Hausbaltung aus\ch!ielich zur Wohnung dienen, bat sih seit dem Jahre 1880 bc¿träch!lih vermehrt, dagegen sank die Zahl der Häuser, welche von einer Haushaltung zu Wohn- und ge- werblihen Zwecken benußt werden. Die Häuser erstgenannter Art lagen zum bei Weitem größten Theile in den Bororten, in der inneren Stadt wurden deren nur 355 gezählt; dagegen entfiel von den Häusern, welche von einer Haushaltung zu Wohnungs- und gaewerb- lihea Zwecken benußt werden, die Hälfte auf die Vororte, ein Drittel auf D Ee Stadt und der Rest auf die Vorstädte St. Georg und St, Pauli.

Die-durbschnittliße Bewohnerzahl eines bewohnten Gelasses in den verschiedenen Stockwerken stellte sich: für Keller auf 4,52, für Unterhäufer und Läden auf 4,49, für 1, Stockwerck und Entresol auf 4,14 für 2. Stockwerk auf 4,26, für 3. Stockwerk auf 4,49, für 4 und höhere Stcckwerke auf 4,62, für mehrere Stockwerke umfassende Gelasse auf 6,14 und für ganze Häuser auf 6,12 Bewohner. Die Bevölkerungs- zahl war mithin am niedrigsten in dem 1. Stockwerke und stieg mit der Höhen!age, die Bewohnerzahl der Kellerwohnungen war etwas höher, ais die der Untergeschosse und diese war wieder gleich derjenigen der 3, Stockwerke, welche wieder von der Bevölkerungszahl der 4. und höheren Stockwerke nicht unbeträchtli® überscritten wurde. Ganz bedeutend höher ftellte si die Zahl für die mehrere Stockwerke um- fassenden Gelasse, welhe der Bewohnerzahl ganzer Häuser fast gleich-

kommt.

Die Zahl der im Jahre 1885 in Geklassen ohne jegliches heizbare Zimmer wohnenden Personen betrug 1384, welche sich auf 407 Ge- lasse vertheilten, von denen 74, mit 175 Bewohnern, ohne Küche waren, 954 dieser Gelasse, mit 113 Bewohnern, bestanden überhaupt nur aus cinem Raume. In Gelassen mit nur einem heizbaren Zimmer wohnten 29,7 9/0 sämmtliher Bewohner, was gegen das Jahr 1880 mit 32,7 9/0 und 1875 mit 36,0% eine erfreuliche Besserung aufweist, Diesem Rückgange in dem Antheil der kleinsten Wohnungen steht eine beträchtlihe Zunahme der Einwohnerzahl in den Wohnungen mit 2 und 3 heizbaren Zimmern gegenüber. Jn den Wohngelafsen mit zwci heizbaren Zimmern wurden 31,4% der Be- wohner gezählt, gegen 28,29% in 1880 und 24,1 % in 1875; ebenso umfaßten die Wohnungen mit drei heizbaren Zimmern 1885 18,1 % der Bewohner, gegen 15,4% in 1880 und 13,3% in 1875, Bei den Wohnungen mit 4 und 5 heizbaren Zim- mern zeigte der Antheil ihrer Bewohnerzahl an der Ge- sammtbevölkerung nur cine geringe Zunahme, gegen 1875 sogar eine ni©t unbedeutende Abnahme; eine solhe fand für die Gelasse mit 6 und mehr heizbaren Zimmern auch im Vergleich zu 1880 statt. Bei den sehr großen Wohnungen von zehn und mehr Zimmern ftellte sih gegen 1880 eine Abnahme von 220 Gelassen und eine Abnahme der Bewohnerzahl von über 7000 heraus. Es ergiebt sich hieraus, was au anderweitig durch die Statistik der Einkommen- steuer für Hamburg erwiesen ist, daß der Wohlstand \sich in den Jahren von 1880 bis 1885 bei den wenig Bemittelten sowie auch bei dem Biittelstand gehoben hat, daß dagegen die Zabl der vermögenden Bewohner langsamer als die Gesammtbevölferung zugenommen und die Zakbl der Reichen fogar absolut abgenommen hat, indem immer mehr derselben in die Zahl der Vermögenden zurüctreten und dort die Lücken autfüllten, welhe dur den Uebertritt bisher Vermögender in die Reihen des Mittelstandes entstanden waren.

Land- und Forstwirthschaft.

Deutscher Fischerei - Verein.

Der unter dem Protektorat Sr. Majestät des Kaisers stehende Deutsce Fischerei-Verein hielt vorgestern Abend in einem Sißzungs- zimmer des Herrenhauses seine Generalversammlung ab, welcher der Minister für Landwirthschast Dr. Freiherr Lucius von Ball- hausen bciwohnte. Der Vorsißende, Kammerherr von Behr (Schmoldow) theilte mit, daß der Verein sich in einem erfreulichen Wachsthum befinde: er zähle über 800 Mitglieder und etwa 80 Zweig- vereine, die sich über ganz Deutschland und weit darüber hinaus ver- theilen. Der alljährlich dem Verein gewährte Reihszushuß sei von 30 000 auf 40000 M erhöht worden. Außerdem erhalte der Verein eine Subvention vom preußischen Staate in Höhe von jährlich 5000 Æ Der Vercin habe im vergangenen Jahre in rationeller Weise mit der Teichwirtb\{haft begonnen und damit ganz vorzügliche Resultate erzielt. Die Stadt Berlin habe dem Verein 6 Teiche zur Verfügung geftellt, in denen ganz besonders Karpfen und Forellen vorzüglih gedeihcn. Ganz außerordentlihe Erfolge habe der Verein im vergangenen Jahre wiederum mit der Lachs- und Zanderzucht erzielt. In Holland beginne man aber der Vermehrung der Zander- zucht entgegenzuwirken, da die Zander angeblich der Lahsbrut Schaden bringen. Professor Dr Nitsche (Tharand) bemerkte hierauf in einem längeren Bortrage: Es stehe wohl fest, daß der Zander einer der gefräßigslen Raubfishe sei und nur Fische fresse. Allein der enge Schlund gestatte dem Zander nur ganz kleine Fische zu fressen. Da jedo) feststehe, daß der Zander ih in den Gewässern, in denen der Lachs laihe, nicht aufhalte, so fei die Befürchtung der Holländer unbegründet, zumal die jungen Lachse sich, bis sie ausgewachsen, in den Laih-Gewässern aufhalten. Der Hecht sei allerdings der Lahtbrut und den jungen Lachsen ge- fährlih; der Zander, der auch die Hechtbrut und kleine Hechte fresse, trage dazu bei, daß der Hecht si nit gar zu sehr vermehre. Außer- dem bewirke es der Zander, daß die kleinen werthlosen Flußfishe und sonstige Fishbrut das edle Zanderfleisch vermehren. Der Vor- sißende, Kawmerherr von Behr, verlas hierauf ein ihm soeben aus Holland zugegangenes Telegramm, in welchem die Versicherung aus- gedrüdckt wird, daß dur die Vermehrung des Zanders im Rhein der Lachsfang in Holland bedeutend abgenommen habe. Kammerherr von Behr bemerkte; Er gebe die Hoffnung niht auf, daß es gelingen werde, die Holländer von der Unrichtigkeit ihrer Ansicht zu über- zeugen und sie gleich den Ungarn, Galiziern, Böhmen u. #. w. zur Mitarbeit zu gewinnen. Im Weiteren theilte der Vor-

sißende mit, daß die besten und hülfsbereitesten Freunde des Deutschen Fisczerei - Vereins sih in Nord - Amerika befinden. Endlich wurden der Domänen-Direktor Professor Susta (Wittingau in Böhmen) zum Chrenmitglied des Vereins und der Professor Dr. Nehring (Berlin), der Amtsrichter Dr. Adickes (Neuhaus in Han- nover), der Geheime Ober-Regierungsrath Dahrenstädt (Berlin), der Graf von Frankenberg (Tillowiß), der Professor Dr. Fritsh und der H NON Dr. Thorner (Berlin) neu in den Auss{uß gewählt.

Mannigfaltiges.

Die „Statist. Corr.“ s{reibt; Der April hat hinsichtlih der Witterung im Großen und Ganzen seinen alten Ruf bewährt: er brachte vorwiegend veränderlihes, regnerisches Wetter mit häufigen aber nit sehr beträchtliGen Schwankungen im Temperaturverlauf, mit cinem Worte Aprilwétter. Im gesatnmten Durchschnitt ist daher auch die Temperatur nahezu normal und zwar im Westen ein wenig unter, im Often etwas über dem vieljährigen Mittel gewesen. Cine Ausnahme macht nur die Provinz Ostpreußen, wo es wiederum bis zu 4 Grad zu warm war. Im Gegensaß zum voraufgegangenen Monat zeigte die Größe der Temperaturshwankungen keinen außer- gewöhnlichen Charakter. Die höchsten Temperaturen des April waren fogar fast überall niedriger als dic des Märzz die niedrigsten lagen zwar unter dem Gefrierpunkt; der Frost war aber sehr mäßig und nur ÎÉurze F andauernd.

Die Niederschläge bestanden fast aus\ch{ließlich aus Regen und gingen mehrfach in Begleitung von Gewittern nieder; Schneefälle troten nur gelegentlichß hier und da auf. Die Summe des Nieder- \chlages war sehr viel reichlicher, als wie es dem April zukommt z wenigfiens gilt dies von den östlihen und westlihen Landettheilen, während in Mitteldeutshland einige Gebiete, nämli Brandenburg, Sachsen und Thüringen, etwas zu trocken waren. -— Schneefälle wurden wohl vereinzelt beobachtet; zu einer festen Schneedecke kam es jedo nur im Gebirge, und zwar an fehr wenigen Tagen um die Mitte des Monats. Die Schneekoppe allein hat den ganzen Monat bindurch ihre Schneedecke behalten; dieselbe war bis auf 5 cm Höhe abgeshmolzen, zeigte jedoch am Monats\{luß wiederum eine Mächtig- feit von cinem halben Meter.

Zu Beginn des Monats pherrschte bei hohem Luftdruck über Central-Europa trockenes, Anfangs kühles. dann aber unter dem Eiufluß der Sonnenstrahlung bei heiterem Himmel wärmeres Wetter.

Um den 7. jedo vollzog fi ein Witterungsumschlag, welcher das *

veräyderlihe und regnerische Wetter des gan:en übriaen Monats einleitete. Bedingt wurde derselbe durch eine von Nordwesten beranrückende Di pression, die sich alsbald über Mittel-Turopa er- streckte und 6lgemein merkbare Abkübhlung bis zum Beginn der zweiten Dekade herbeiführte. Um die Mitte des Monats lag ein Luftdruckminimum über dem Biêecayishen Meerbusen, während ein Maximum sich im nordöstlichen Europa ansgebreitet hatte ; in Folge dessen trat östlic:e Luftftrömung und betcäch:liche Erwärmung ein, sodaß die Höchsttemperaturen des Ävril meist in diese Zeit fallen, Am A der zweiten Dekade wurde die Luftdruckvertheilung glci{mäßiger, do fo, daß der niedrigste Luftdruck sich über Deutschland befandz die Folge war wicder Abkühlung und Regenwetter. Dieses regnerische, ziemli kühle Wetter hielt mit geringen Temperaturschwankungen auh im leßten Drittel des Monats an, insbesondere durch Depressionen veranlaßt, deren Centren im Nordwesten vorüberzogen.

Die große Gartenbau-Ausfstellung ist nach den nunmehr erfolgten Absc{lüssen von 181 317 zahlenden Personen besucht worden (fie Ausstellung des Jahres 1885 roies 58 046, die des Jahres 1883 27 006 Besucher auf), am stärksten war natürlih der Besuch an den Sonntagen. An ersten Sonntag passirten 24 600, am 2. 28 000 Per- E die Kasse. Noch am leßten Tage fanden sich übec 9000 Be- uer ein.

Neber die Kinderheilstätten wird dem „Dtsch. Tagebl.“ ge- rieben: „Abermals öffnen die See-Hospize, welhe dex Verein für Kinderheilstätten an den deutschen Secküsten ins Leben gerufen hat, unseren kranken Kindern ihre Pforten. An vier Stellen finden wir diese segensreichen Anstalten, auf Norderney, in Wyk auf Föhr, in wroß Mürißz-Meckleaburg und in Zoppot kei Danzig. Während das Hospiz in Norderney mit 240 Belten und einem Pensionat für 20 junge Leute das ganze Jahre übex geöffnet i}, beginnen die drei anderen ihre Thätigkeit erst am 1. Juni bezw. 15. Juni. Das Pflegegeld ist ein recht mäßiges; es beträgt nur 10 M (für Bemitteltere 15 46) die Woche Der Aufenthalt in diesen Anstalten, über die die Berwaltung des See- Hospizes zu Norderney, Dr. Gerber in Wyk, Geh. Medizinal-Nath Dr. Mettenheimer in Schwerin und Sanitäts Rath Dr. Semon in Danzig Auskunft geben, ist besonders für Kinder zu empfehlen, welch?: an Scropheln, Blutarmuth, Schwächezuständen oder beginnender Scchwindsuht leiden. Die Beförderung ver kleinen Patienten nach den Hospizen von und über Berlin unter Begleitung von Pflegerinnen findet zu ermäßigten Fabrpreifen stait. Nähere Auskunft darüber ertheilt Sekretär Ulfert, Oranienstraße 104 1I[,*

Ulm, 19. Mai, (St.-A. f. W) Die große Kreuzb!lume auf dem Haupithurm des Mün sters is verseßt, ebenso die Ver- bindungsfteine zwischen diefer und der obersten Kreuzblume. Diese leßtere ist heute Abend an die Baustelle aufgezogen worden und glücklih oben ang:fommmen,

Oberammergau, 19. Mai. (A. Z) Gestern fand bei präh- tigem Wetter die Hauptprobe des Passions\piels vor eiwa 3500 Zuschauern in gelungenster Weise statt.

(F) Stodckholm. In der vorigen Woche wurde bei Landsort in einem Lahsneß ein Delphin gefangen. Soweit bekannt, ist es das erste bisher in der Ostsee gefangene Exemplar; es wurde der Akademie der Wissenschaften verehrt.

(F) Kopenhagen, 15, Mai. In diesem Sommer sind 1000 Jahre vergangen, seit Helge hin Magre das Land am Oecfjord, dem größten und bekanntesten Fjord an der Nordküste von Jsland, in Besiß nahm. Diese Begebenheit soll dur ein F est in Ver- bindung mit einer Ausftellung in Akueyri, dem größten Handels- plaße am DOefjord und glei{zeitig Hauptstadt des Nordlandes, gefeiert werden. Das Fest beginnt am 20. Juni und soll mehrere Tage dauern; die Ausstellung, welche Landbau, Fischerei und Industrie umfaßt, wird gleichzeitig eröffnet. Der Vor- sigende des Festauss{usses ist der Pastor in Akucyri, Matthias Jochumssfon, der dur das von ihm redigirte Blatt „Lydur“ lebhaftes Jateresse sür die Sache erregt hat. Iohumsf\on, der größte Dichter Islands in der Gegenwart, hat auch für das Fest ein vier- aktiges Schauspiel „Helgi Magri“ geschrieben, in welhem die Besitz- ergreifung und die erste Besiedelung des Landes am Fjorde geschildert wird ; das Stück soll während des Festes zur Aufführung kommen.

New-York, 16. Mai. (R. B.) Bei dem Einsturz einer Kohlenzehe in Ashley, Pennsylvanien, sind 28 Arbeiter unter den Trümmern begraben worden. Das Unglück ist wahr- \cheinlich dadur éntstanden, daß si die Grubenzehe dur das offene Licht eines Bergmanns entzündete. Die Erschütterung war so heftig,

daß 20 Häuser, welche über der Zehe standen, cinstürzten.

und die Bewohner Mühe hatten, ihr Leben zu retten. Bis jeßt haben dié Rettungémannschafsten 21 Todte gefunden. 6 Bergleute werden noch vermißt und sind wahr- \cheinlih todt. Fast alle Opfer der Katastrophe sind verheirathet und Väter großer Familien, Herzzerreißende. Scenen spielten sich an der Einfahrt in die Zeche ab, als die Leichen, die zumeist bis zur Un- kenntlihkeit verbrannt sind, heraufgebraht wurden. E

Dritte Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

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Berlin, Mittwoh, den 21. Mai

1890.

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Die Hagelbeshädigungen in Württemberg während der Jahre 1828 bis 1887.

Vus ‘iner in den Württemberzgishen Jabrbüchern für Statistik und „Landeskunde veröffentlichten Uebersicht über die Hagelshäden in Württemberg während der oben be- zeichneten 60 Jahre, welde nach deu fcit dem genannten Jahre in jedem Gemeindebezirk geführten Aufzeihnungen von dem Professor der Forstwissenshaft am Polytechnikum in Zürich, Dr. Anton Buhler mit großer Sorgfalt und genauer Untersuchung der öctlichen Verhältnisse zusammengestellt ift, ergiebt fch, daß die Zahl der Hageltage, d. h. decjenigen, an welhen Hagelscaden Überhaupt eingetreten ift, in der genannten Periode sich auf 807 belief. Die Jährliwe Zahl s{chwankte ¡wischen 4 (1867 und 1879) und 28 (1852) und betrug im Durchschnitt 13. Längere Perioden von vorherrschend vielen oder vorberxschend wenigen Hagelstagen ftellten ih nit heraus; zwei, drei oder Höwstens vier Jahr nacheinander stand die Zahl über oder unter dem jährliGen Dur@schnitt. Die Zahl der Fahre mit 13 und weniger Hageltagen betrug in den betreffenden Dekaden von 1826 an bez. 3, 6, 5, 7, 5 und 8, die der Jahre mit mehr als 13 Hageltagen bez. 7, 4, 5, 3, 5 und 3. Die Zahl der Hageltage oder die Hagelhäufigkeit hat daher im Laufe der leßten 60 Jahre nit zu- sondern abgenommen. Im Ganzen wurde in der genannten Zeit die Grnte von 642265 ha zerstört, oder durchschnitilid jährli 10 704 ha, over 0,92 %/% des Baulandes. Letzteres umfaßt Aer, Gärten, Länder , Weinberge und Wiesen. dagegen sind Wal- Fungen und Weiden, weil diese für Beschädigungen dur Hagel weniger empfindlich sind, außer Betracht geblieben. Die Größe der verhagelten Flähen hing weniger von der Zahl der Hagelgewitter, als von der Austrehnung derselben und der Intensität des Hagelfalls und au von dem Entwikelungsstadium und der Empfindlichkeit der einzelnen Kulturarten ab; fo betrug die verhagelte Fläcbe im Jahre 1833 bei 13 Hageltagen 16965 ha, 1882 dagegen bei 8 Hagel- tagen 30 425,2 ha; ein Schluß von der Zahl der Hageltage auf die Größe des Schadens kann daher nicht gezogen werden. Nach der Jahreszeit fielen von ten 805 Hogeltagen 1 auf den Februar, 3 auf ten April, 103 auf den Mai, 243 auf den Juni, 274 auf den Juli, 151 arf den August und 29 auf den September; bei 3 war die Zeit unbekannt. Das Maximum der Hagelgewiiter fiel mithin auf die Monate Juni und Juli mit zusammen 64,1 % aller Hagelfälle, do zeigten die einzelnen Jahre vielfahe Abweichungen von diesem Durchschnitt. Wenn wenige Hagefälle in einem Jahre vorkamen, so standen sih die Monate mit 2—3 Hagelfällen öfters gleihwerthig gegenüber, und es zählten in 14 Jahren Juli und August, oder Juni und Juli, oder Juni und August, au Mat und Juni gleichviel Hagelfälle, In den übrigen 46 Fahren fiel das Maximum 3mal tin den Mai, 18mal in den Juni, 17 mal in den Juli und 8 mal in den

wie folgt. Es wurden beschädigt von 1828 bis 1837 7 mal bis und 3 mal über 726 ha, von 1838 bis 1847 7 mal bis und 3 mal über 796 ha, von 1848 bis 1857 8 mal bis, 2 mal über 776 ha, von 1858 bis 1867 3 mai bis, 7 mal über 796 ha, von 1868 bis 1877 5 mal bis, 5 mal über 796 ha und von 1878 bis 1887 4 mal bis, 6 mal über 796 ha. Es ist diese Zunahme indessen bauptsählich den \chrwecen Hagelgewittern der Jahre 1867, 1869, 1872, 1873 und 1882 zu- zuschreiben, Ein weiterer Beweis hierfür ergiebt sh aus dem NaÞ- weis des Geldroerths und aus dem Antheil des Schadens der cinzelnen Jahre am gesammten SWaden während der ganzen 62 jährigen Periode. Der leßtere berechnet sih bei einer Quote von 220 4 pro ha auf 141298 344 Æ, oder durbschnittlih 2354972 A pro Iahr. Jn einzelnen betrug der Schaden 1873 7 069 414 f, 1882 6 693 544 M, 1872 5 837 128 4, 1853 5 484 492 46, 1880 4551 369 6 und 1869 4037484 46; bageaen 1886 357 940 4, 1833 373230 M, 1887 391 600 A4 und 1858 614966 Mehr als 1 Million betrug der Schaden in 48 Jahren, weniger als 1 Million rur in 12 Jahren, weniger als 600 000 Æ nur in 3 Jahren.

Was die einzelnen Kreise anbetrifft, so war der Shwarzwaldkrets der am meisten vom Hagelschaden betroffene, der Jagfikreis der am wenigsten geshädigte, im Neckar- und Donaukreise kam der Schaden dem Landesdurckchschnitt fast gleih. Innerhalb der Kreise bestanden aber erbeblihe Unterschiede in den Hagelbeschädigungenz; so ge- hörte beispieleweise der am meisten geschädigte Bezirk Schorndorf dem am günstigsten gestellten Jagstkreise an. Von dem dur{schnittlicden jährlihen Schaden von 2 354 972 A ficlen auf den Neckarkreis 19%/0, auf den Shwarzwaldkreis 279, auf den Jagsikreis 26% und auf den Donaukreis 34%/%. Wenn sih die Kreise hierbei anders gruppiren als nah dem Prozentsaße des verhazelten Vaulandes, so röhrt das daher, daß in der leßten Aufstellung noch die absolute Größe des be- troffenen Bezirks mit zum Ausdru! gelangt. Der größere Schaden rührte also nit von der öfteren oder intensiveren Beschädigung, sondern vielmehr von der größeren Fläche der Bezirke ber.

Zieht man die Zahl der Hageltage in Betracht, fo ergiebt sich, daß die meisten, 41—67, auf die südlih und nördlich, sowie auf dem Rücken der Alb belegenen Bezirke fielen, eine Zone mit 31—40 Hageltagen umfaßte die am weiteren Nordrand der Alb hin si erstreckcn- den Bezirke, sowie den größten Theil der am Eaitz liegenden Bezirke, während die geringste, 30 Hageltage nit übershreitende Zone die nördli in einer Linie, Aalen—Waiblingen—Vaihingen—Maulhbronn, gelegenen Bezirke, die im Westen gelegenen Bezirke, Neuenburg—-Kalw— tFreudenstadt und Oberndorf, und im Süden Ravensburg—Tettnang— Wangen und Eßlingen umfaßt. Die Mitte des Landes war demnacch am meisten gefährdet, während die nördlichen Gebiete, die cigentliczen Schwarzwaldbezirke und das südlihe ODbershwaben dem Hagel weniger auêgeseßt waren. Weniger ausgeprägt zeigten sch die Unterschiede in der Ausdehnung des Schadens über die Gemeinden, doch ragte au

die Gemcinde Groß- Altdorf mit 12,5 Gewittern 4 Hagelfälle, die Gemeinden Freudenstadt und Calw dagegen mit 22,8 Gewittern nur 1 Haaelfall. , Vergleicht man die in der Berihtéperiode von 60 Jaßbren auf- getretenen Hagelgewitter, so ergiebt si, daß diese in gewissen Gegen- den ziemlich genau über dieselben Markungen hinziehen, daß sie alfo gewissen Zugstraßen folgen, von denen die hauptsäclicsten ziemlich genau von Südwest nach Nordost laufen. Südlich der Alb ift dies zamentli® die 79 km lange Donauijugitraße, deren Nordgrenze, welche nie überschritten wurde, dunch eines Höhenzug gebildet wird, durch welhen der Abhang der Alb vom Plateau sih scheidet. Nördlich der Hößenzüge der Alb ift die Neckarzugstraße die mäcztigste, welhe bei Oberndorf und Sulz beginnt Und den Neckar entlang si in einer Länge von 70 km und einer Breite von 10 km bis gegen Nürtingen und Plochingen hinzieht. Südlic) bildet der Nordabhang der Aib, nördli der den Neckar .begleitende Hößhenzug die Grenze. Außerdem lassen si noch 11 weitere Zugstrazen von geringerer Bedeutung genann bezeihnen, welche durchwtg dur& die Konfiguration des Bodens hervor- gerufen und dur Höhenzüge von oft nur geringer Erhebung be- grenzt sind. i ; : Es erübrigt nun, den Einfluß der Bodenkonfiguration auf die Hagelhäufigkeit in Betracht zu ziehen. Vetrachtet man die Lage derj:nigen Gemeinden, welche am meisten verhagelt sind, fo ergiebt sib, daß dieselben an Bergabhängen liegen, welche cine südwestlihe, wesilihe oder nordwesilihe Exrvosition haben, und gilt dies sowobl ron den Gemeinden, welche in den Zugstraßen der Ge- witter liegen, als aus von benen, welche nur durch lokale Hagelfälle beschädigt wurden. Gemeinsam“ ist allen die Wirkung eines Höhcn- rückens oder einer Berghalde auf die hberanziehenden Luftschichten, welhe nur in einer Stauung der unteren Lufstshichten befteben kann, durch die cin Theil derselben ¿zum Aufsteigen am Hanzge gezwungen wird. Ferner wird dadur eine vers iedene Geschwindigkeit der Bewegung der unteren und oberen Lufischichten hervorgerufen, und darf man annehzuen, daß auf diese Weise Wirbel und Trichter im Luftimecre entsteben und eine Ver- mischbung verschiedener Laftshichten von verschiedener Lemperatur damit verbunden ist, Die am wenigsten verhagelten Gemeinden sind am zohlreihsten am Oftabhang des Sch{warzwaldes vertreten, desscn badishe Westseite dem Hagel sehr stark ausgeseßt ist. Auch die übrigen im Lande zersireuten und verschonten Gemeinden liegen óstlih sowie süd- und nordöstlich von Höhenzügen, Faßt man noh allgemein die Getiete des geringeren Schadens ins Auge, fo sind das hauptsählich die nur geringe Höhendifferenzen zeigenden und daber keine Luftstauungen verursahenden Ebenen östlih vom Schwarzwald, das Plateau der Alb und die okerschwäbishe Hochebene. In jedem dieser Gebiete finden sich nur eine oder mehrere Gemeinden, welch: öfter als die anderen betroffen werden; es sind dies stets solche,

August. Richnet wan die mehrfachen Maxima zu der obigen Zahl der betreffenden Monate hinzu, \o fielen auf den Mai 9, auf den Juni 26, auf den Juli 26 und auf den August 17 Maxima. Die Hagelgefährlihkeit des Monats Juni kam also derjenigen des Juli

jedenfalls gleich.

Hinsichtlih des Verhältnisses der beschädigten Flächen zu der gesammten landwirtbschaftlich bebauten Flä we, dem sogenannten Baulande, ergab \ich, daß die größte Fläche 1873 mit 2,74 °%% des Baulandes, 1882 mit 2,60 °/6, 1853 mit 2,13 9%, 1880 mit 1,76 °/9 gelroffen wurde, dagegen betrug sie 1833 und 1887 nur 0,15, 1886 nur 0,14 %. Daß im Laufe der Berichtsperiode die Aenderungen nur unbedeutend waren, ergiebt sich daraus, daß bis 0,92 9% des Baulandes getroffen wurden in den Jahren von 1828 bis 1847 11 mal, von 1848 bis 1857 14 mal, von 1858 bis 1887 11 mal, über 92 % des Baulandes von 1828 bis 1847 9 mal, von 1848 bis 1857 6 mal, von 1858 bis 1887 9 mal. Eine Zunahme des beshädigten Baulandes war daher nicht zu konstatiren, die letzten 20 Jahre standen nit über der Periode 1828 bis 1847, Berehnet man aber die durchschnittlich an etnem Hageltage beschädigte Fläche, so zeigte diese seit 1828 ein fast stetiges Wachsen, was darauf bindeuten könnte, daß, wenn die Zahl der Hageltage auch niht zuge- nommen hat, do die Intensität und Ausbreitung der einzelnen Gewitter eine Steigerung erfahren hat. Im ODur{bschnitt von 1828 bis 1887 wurden nämlich an einem Hageltage beschädigt 796 ha, in den einzelnen Jahrzehnten dagegen stellten sih die Zahlen

. Steckhricfe und Untersu@ungs8-Sachen. . Zwangsvollftreckungen, Aufgebote, Vorladungen u. dergk.

ck22 D pad

Verkäufe, Verpachtungen, Berbingungen 2c.

. Vecloosung, Zinszahlung 2c. von öffentliczen Papieren.

haken, betrug.

Hhicrin das Nord- und Südland der Alb hervor, da dort, während vurchs{chnittlich 2,8 Germeinden betroffen wurden, die Zahl meist über 3 und 4 Gemeinden, welche zudem eine weit ausgedehnte Gemarkung

Die Berechnung der Wahrscheinlichkeit eines Hagel- jahres bez. cines Hageltages dadurch, daß man die Zahl der be- treffenden Jahre bez. Tage durch die Zahl der Bziichtsjahre, 60, dividirt, hat nach den angestellten Forschungen keinen Werth, Der gewonnene Quotient is mehr der Ausdruck für die Gefährdung eines Beztrks als ein Anhaltspunkt, na welchem das Eintreten eines Hageltages oder -Jahres in einen beliebigen kürzeren Zeitraum be- rehnet werden könnte. Der Hagel stellt sich aber auch für größere Bezirke als eine sehr regellose Erscheinung heraus, noch viel mehr war das natürlich bei einzelnen Gemeinden der Fall. Von meh r- maligen Hagelshäden in einem Jahre wurden hauptsächlich diejenigen Bezirke betroffen, in welchen die Zahl der Hageljahre 40 übersteigt, die Gefährdung überhaupt alfo eine größere is, Wieder- holungen von Hagelshäden in zwei unmittelbar auf einauder folgenden Jahren fanden am häufigsten in den auf dem Plateau und am Fuße der Alb fowie in Oberschwaben gelegenen und fast durchweg mehr alê 40 Hagelfälle zählenden Bezirken statt.

Ein Zusammenhang zwischen der jährlichen Gewitterzagl und dem Hagelschaden scheint niht zu bestehen und ließ sich die nahe liegende Vermuthung, daß Gebiete mit hoher Gewitterzahl eine größere Wahrscheinlichkeit der Hagelfälle hätten, nicht begründen. So batte

Oeffentlicher Anzeiger.

nicht crkennen.

2, Kommandit-Besellshaften auf Aktien u. Aktien-Gefells@- . Berufs-Genofsenschaften. i,

. Erwerbs- und Wirthschafts-Genofsenschaften.

. Wochen-Auswweise der deutshen Zettelbanken.

. Verschiedene Bekanntmachungen.

welche durch ihre höhere Lage über das übrige Gelände hervorragen. Sie bestätigen also, daß die Lage ein wesentliher Faktor in der Hagelhäufigkeit ift. Dieser Einfluß der Bodengestaltung, welcher in großen Zügen unzweifelhaft zu Tage tritt, muß sich auch im Kleinen geltend machen, und find wohl auf ihn die verschiedenen, auf kurze Strecken wechselnden Hagelhäufigkeiten in den meisten Fällen zurüct- zuführen. E383 hat den Anschein, als ob {on Erhebungen des Bodens von 20 bis 30 m von Einfluß wären. s :

Steht fomit die Hagelhäufigkeit unter dem Einflusse der Ge- staltung der Bodezoberfläche, so muß auch der von viclen Seiten bisher behauptete Cinfluß der Bewaldung auf dieselbe unbegründet fein. Aus den Nachweisen der 60 jährigen Berichtsperiode läßt fih auch ein bestimmtes Verhältniß zwischen Bewaldung und Hagelhäusfigkeit Die am besten und die am s{chlechtesten bewaldeten Bezirke zeigten fast vie gleihe Anzahl von Hagelfällen. Ebenso war bei fast gleitzer Bewaldung die Anzahl der Hagelfälle schr wechselnd. Im Allgemeinen läßt sich ein Zusammenhang zwishen Bewalidung und Hagelhäusigkeit nicht nahw-isen, es gehörte vielmehr der am geringsten bewaldete Theil des Landes zu dem am wenigsten ver- hagelten, andererseits zeigt dec Nordabhang der Alb ebenso wie deren Südabhang bei guter Bewocldung hohe Hagelgefahr. Sollte eine Ein- wirkung des Waldes wirklich stattfinden, so kann diese nur eine lokale sein, und es dürfte sich laum hoffen lassen, daß der Staat durch Negulirung der Bewaldung auf ven Hagelschaden vermindernd einwirken könne.

1) Stecfbriefe unnd Untersuchungs - Sachen.

£11458] Steckbrief. u

Gegen den Uhrmather Gustav Müller, geboren am 27. Januar 1866 zu Potsdam, zuleßt wohnhaft zu Schöneberg, Hauptstraße 22a, welcker flüctig ist, ist die Untersuhungshaft wegen betrüglihen Bankerutts 2c. ia den Akten V. T. 106/90 verhängt. Es wird ersucht, denselben zu verbaften und in das Untersuchung8gefängniß zu Berlin, Alt-Moabit 11/12, abzuliefern.

Berlin, den 16. Mai 18909.

Der Untersuchun g8rihter bei dem Königlichen La, ndgerichte. IL.

[11457] Beglaubigte Absch. rift. Im Namen des Kv itigs! | In der Strafsache gegen den Re bacteur Dr phil, Franz Mehriug, geboren am 27. Februar 1846 in Schlawe i. P., Kreises Schlawe, wohnhaft in Berlin, evangelisch, ; 5 B, 1002 0. j wegen Beleidigung durch die Prezse, hat die IV. Strafkammer des Königlichen La ndgerihts L. zu Berlin am 7. Januar 1890 für Recht erkannt : daß der Angeklagte Mehring der Leleidigung dur die Presse \{chuldig und deshalb 1\nter Be- lastung mit den Kosten des Verfahrens zu .vestrafen mit Einhundert und Fünfzig Mark Ge: dítrafe, welcher für den Unvermögensfall für je zehn Mark ein Tag Gefängniß zu substituicen, und daß dem beleidigten Königlichen Preußischen Justiz-Minister, utt die Befugniß zuzusprehen, den verfügenden Theil t'es Urtheils innerhalb vier Wochen von Zustellung der Ausfertigung des rechtskräftigen Urtheils ab in der Berliner „Volks-Zeitung“ sowie im „Deutschen Reichs- und Königlich Preußishen Staats-Anzeiger je einmal auf Kosten des Angeklagten öffentlich be-

Leitartikels der Nr. 206 der „Volks-Zeitung“ vom 27. September 1889, Grstes Blatt, sowie die zu seiner Herstellung bestimmten Platten und Formen unbra!::chbar zu machen. Von Rechts Wegen.

Mit dem Originale gleichlautend.

Berlin, den 19. Mai 1890.

(L S.) Sch ulze, Aktuar.

[11455] Oeffentliche Zustellung. Strasbefehl.

Auf den Antrag der Großherzoglihen Staats- anwaltschaft wird gegen Sie wegen der Beschuldigung, in der Zeit vom 2. bis 17. Januar 1890 in hiesiger Stadt als Inhaber des Casino-Lokals fortgeseßt Schankwirthschafk betricben zu haben, ohne im Besiße der hierzu erforderlihen Erlaubniß zu sein Vergehen gegen §8. 33 und 1471! der Reichs-Gewerbe-Vrdnung wofür als Beweismittel bezeichnet sind: Zeugniß des Restaurateurs Wilhelm Schwarzkopf hieselbft, eine Geldstrafe von fünf und siebenzig Mark, und im Falle dieselbe nicht beigetrieben werden kann, eine

Haftstrafe von fünfzehn Tagen festgeseßt. Zugleich werden Ihnen die Kosten des Verfahrens auferlegt. Geldstrafen und Kosten sind an E EAIe ¿u Schwerin i. M. zu zahlen. Dieser Strafbefehl wird vollstreckbar, wenn Sie niht- binnen eiuer Woche nach der Zustellung bei dem unterzeichneten Gerichte \chriftlich oder zu Protokoll des Gerichts- shreibers Einspruch erheben.

Schwerin, den 29. März 1890. : Großherzogl. M E Fes Amtsgericht.

eindck. An den Oberkellner Fohann „Schinckel aus Hoheuseefeld. E Vorstehender Strafbefehl wird zum Zwecke der sffentlihen Zustellung bierdurch bekannt gemaht.

Schwerin, den 16. Mai 1890. Der Amtsanroalt. Dr, Brauns.

kannt zu machen, daß endlih alle vorfindlichen Exemplare des „Zwei Festreden“ üÜüberschriebenen

[10579] Oeffentliche Ladung.

Die naGgenannten Personen :

1) Hermann Julius Weber, geboren am 6. Ok- tober 1866 zu Berlinchen, Kreis Soldin, letzter Aufenthaltsort ebenda,

2) Gustav Hermann Franz, geboren am 3. No- vember 1866 zu Neuenburg, Kreis Soldin, leßter Aufenthaltsort ebenda,

3) Carl Friedri Otto Kauffmann, geboren am 8. August 1868 zu Adamsdorf, Kreis Soldin, letzter Aufenthaltsort ebenda, j

4) Wilhelm Gustav Mielitz, geboren am 24. Fe- bruar 1868 zu Arnoldshof, Kreis Soldin, letzter Aufenthaltsort Mückenburg,

0) Ferdinand Carl August Schiefelbein, geboren am 29. Oktober 1868 zu Bâärfelde, Kreis Soldin, leßter Aufenthaltsort ebenda,

6) Carl Friedrich Wittchow, geboren am 14. Ja- nuar 1868 zu Bärfelde, Kreis Soldin, leßter Auf- enthaltsort ebenda,

7) Julius Albert Schulz, geboren am 13. Mai 1868 zu Bernstein, Kreis Soldin, letzter Aufenthalts- ort ebenda,

8) Hermann Gustav Meier, geboren am 26. Fe- bruar 1868 zu Karzig, Kreis Soldin, legter Aufent- haltsort ebenda,

9) Ferdinand Carl Wilhelm Kalkbrenner, ge- boren am 22. Januar 1868 zu Klausdorf, Kreis Soldin, leßter Aufenthaltsort Hasselbusch,

10) Robert Franz Christian August Noock, ge- boren am 10. Juli 1868 zu Grüneberg, Kreis Soldin, leßter Aufenthaltsort ebenda,

11) Carl Friedrih August Fels, geboren am 21. Januar 1868 zu Hohengrape, Kreis Soldin, leßter Aufenthaltsort ebenda,

12) Arbeiter Carl Friedrich Wilhelm Bengs, geboren am 4. Januar 1868 zu Deetz, Kreis Soldin, leßter Aufenthaltsort ebenda,

2 Carl August Leberecht Kuhnke, geboren am 10, März 1868 zu Mandelkow, Kreis Soldin, leßter Aufenthaltsort ebenda,

14) Franz August Julius Fiek, geboren am

10, November 1868 zu Müdckenburg, Kreis Soldin, leßter Aufenthaltsort Lübbesece-Mütle,

15) August Ferdinand Kant, geboren am 10. F®e- bruar 1868 zu Neuenburg, Kreis Soldin, leßter Aufenthaltsort ebenda,

16) Carl Wilhelm Gustav Luck, geboren cm 6. April 1868 zu Neuenburg, Kreis Soldin, lettec Aufenthaltsort ebenda,

17) Fcanz Julius Glase, geboren am 29. Jeli 1868 zu Ningenwalde, Kreis Soldin, leßter Auf- enthalt8ort Küstrin, Kreis Königsberg N./M.,

18) Gustav Carl Otte Zielke, geboren am 31. Januar 1868 zu Schöneberg, Kreis Soldin, leßter Aufenthaltsort ebenda,

19) Konditor Otto Emil Nobert Haack, geboren am 31. Oftober 1868 zu Soldin, Kreis Soldin, leßter Aufenthaltsort ebenda,

20) Gustav Ado!f Vurotv, geboren ain 23, De- E 1866 zu Arnêwalde, leßter Aufenthaltsort ebenda,

21) Franz Georg Henschel, geboren am 2 (es 1866 zu Arnswalde, letzter Aufenthaltsort ebenda, i

22) Carl August Mattert, geboren am 9, März 1866 zu Arnswalde, leßter Aufenthaltsort ebenda,

23) Carl August Hermann Schmidt, geboren ain E ¡Bhlt 1866 zu Arnswalde, leßter Aufenthaltsort ebenda, .

24) Johann August Kühn, geboren am 31. März 1866 zu Augustwalde, leßter Aufenthaltsort Gerzloro, Kreis Soldin,

25) Wilhelm FriedriG Tappe, geboren am 13, März 1866 zu Sophienhof, leßter Aufenthalts» ort cbenda,

26) Ferdinand August Schroeder, geboren am 16 as 1866 zu Kranzin, leßter Aufenthaltsort ebenda,

27) August Hermann Hampel, geboren am 11. März 1866 zu Kürtow, leßter Aufenthaltéort ebenda, ;

28) Julius Friedrich Wilhelm Pacguick, ge- boren am 30, Juni 186€ zu Kranzin, leyter Auso enthaltsort ebenda,