1890 / 136 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 07 Jun 1890 18:00:01 GMT) scan diff

Abg. Sperli h befürwortet die Annahme des Kommissions- antrages, während

Abg. Parisius die Annahme des Schmieder'schen Antrages empfiehlt, weil in dem Protest zahlreihe Wahl- beeinflussungen von amtlicher Seite behauptet sind; freilih verlange die Kommission einen ganz genauen Beweis für die Behauptungen, aber damit würde jede Wahlprüfung unmöglich, denn so genaue Beweismittel könne man nicht so {nell zu- sammentragen. Wenn die Behauptungen des Protestes fich als wahr erweisen, würde sich herausstellen, daß wir eine Parteiregierung haben. Gegen solhe Fälshung der Meinung des Volks müsse das Haus einschreiten und deshalb die Beweiserhebung beschließen. :

Abg. Steinmann behauptet, daß die Abgabe des Pro- testes vielfah auf leichtfertigen Verdächtigungen beruhe. Er selbst solle einen Kreissekretär zu Wahlbeeinflussungen ver- anlaßt haben; er versichere, daß dies nicht der Fall sei. Die Untersuhungen könnten ihm nur angenehm sein, aber er könne der Kommission nur dankbar sein, daß sie ihn solcher immerhin unangenehmen Erörterung überheben wolle. Ebenso wie die Behauptungen gegen ihn seien die anderen Behaup- tungen unhaltbar. Der Gemeindevorsteher Baecron-Shwägerau soll wegen seiner freisinnigen Gesinnung seines Amts ent- set sein; der Herr ist durch Urtheil des aus lauter freisinnigen Männern bestehenden Kreisausschusses abgeseßt worden, weil er bei der Reichstagswahl gegen Bezahlung freisinnige Flug- blätter verbreitet hat. Bei der Wahl zum Reichstage sind die Listen der Reichstagswähler gegen den Willen des Bürger- meisters an einen freisinnigen Rechtsanwalt und Notar über Nacht aus dem Rathhause entfernt worden. Danah mag man den Jnhalt der freisinnigen Proteste beurtheilen.

Abg. Parisius spriht noch einmal für den Antrag Schmieder, während die Abgg. Liebermann und Peters die Wahlprüfungskommission gegen den Vorwurf, daß sie zu wenig Werth auf die Protestbehauptungen lege, in Schuß nehmen : die Kommission habe nur auf solche relevanten Vor- änge einzugehen, welhe von Einfluß auf die Wahl sein önnten.

Jn einer persönlichen Bemerkung erklärt

Abg. Parisius, daß er die Kommission niht habe an- greifen wollen; er habe nur die neue Praxis der Wahl- prüfungskommission verurtheilt.

Der Antrag Schntieder wird abgelehnt, die Wahlen werden für gültig erklärt.

Ohne Debatte werden die Wahlen der Abgg. Zarula, Maiß und Mahlstedt für gültig erklärt, die Wahlen der Abgg. Frickenhaus, Dieß und Dünkelb erg dagegen beanstandet.

Ferner wird beschlossen, das Mandat des Abg. Kelch wegen seiner Ernennung zum Hülfsarbeiter im Reichsamt des Innern für erloschen zu erklären.

Schluß 33/4 Uhr.

Die neuen Anlagen des Königlichen Botanischen Gartens zu Berlin.

Unter allen wissenschaftlichen Einrihtungen, an denen der hiesige Königliche Botanische Garten so außerordentlih rei ist, dürfte keine in gleihem Maße das Jnteresse erregen wie die neuen pflanzengeographishen Anlagen, welche im Laufe des vergangenen Winters entstanden und bis auf einzelne Kleinigkeiten vollendet worden sind. Dieselben verdanken ihre Entstehung dem gegenwärtigen Direktor des botanischen Gartens, Professor Engler, welcher sogleih nach Antritt seines hiesigen Amts im Herbst vorigen Jahres einen Plan für neue Anlagen ausgearbeitet hat, die namentlich die Vegetationsformationen der nördlihen gemäßigten Zone veranschaulichen sollen. Dieses verdienstvolle Unternehmen repräsentirt sich nah seiner Durchführung als ein Werk, welches der Botanik zum Nußen, dem Garten zur hervorragenden Zierde gerreiht. Fn dem südwestlichen Theil des Parks erheben sich in einer anmuthigen Landschaft Gebirgszüge, die natürlih nur en miniature aus- geführt werden konnten, aber doch troß ihrer kleinen Ver- hältnisse im wahren Sinne des Worts eine ganze Welt repräsentiren, die Welt der Alpenflora. Jn einem geshmack- vollen Arrangement wechseln Baumgruppen, Felspartien, grüne Auen und Wiesen in dieser liliputanischen Gebirgs- landschaft ab; die strenge Wissenschaft hat sih hier in der A Weise mit der Kunst des Gärtners verbunden, und

eide haben ein Werk geschaffen, welches bis jeßt wohl unerreicht und einzig in seiner Art ist.

Herr Professoc Engler leitete, unterstüßt von dem Kustos des Botanischen Gartens, Herrn Dr. Ferdinand Pax, und von dem Obergärtner Wocke, nahdem er den Entwurf zu dem Plan, der Lage und Art der Ausführung an- gegeben, die Gruppirung der O Arten zu Forma- tionen, wobei er pflanzengeographishen Schilderungen, zum Theil aber auch den durch eigene Anschauung gewonnenen Erfahrungen folgte, zumal er bereits in drei botanischen Gärten, in München, Kiel und Breslau ähnliche Unter- gen geleitet hat. Schon die augenblicklih fertig n Theile sind von einem Umfange und einem

eihthum des Jnhalts, daß der Besucher, welcher niht nur des Spazierengehens halber den Botanishen Garten aufsuht, sondern auch etwas für die Erweiterung seiner Kenntnisse thun will, Zeit genug brauht, um si nur flüchtig zu orientiren. Noch entbehrt er freilich eines (euen Führers, ohne den er vergeblih in diesem scein- aren Labyrinth sih zurechtzufinden versucht, aber bereits ist von Dr. F. Pax eine Schrift erschienen, welche in großen Zügen die neuen Anlagen s{ildert und den wissenschafstlihen Grund zu einem eingehenden und befriedigenden „Führer“ gelegt hat. Wer aber von kundiger Hand in alle Geheimnisse des beob- achteten Systems eingeführt wird und von Abschnitt zu Ab- Ie die sih aneinanderschließenden einzelnen Partien etritt, der wird natürlih den doppelten Genuß haben.

Jhm ist es vergönnt , gewissermaßen eine Wanderung zu vollführen von Land zu Land und in steter Abwechselung die Reize der Flora in jedem derselben kennen zu lernen. An der Hand dieser Schrift wollen wix den Leser durch das neue „Alpinum“ führen.

Denken wir uns, wir wollten einen pflanzengeographischen Spaziergang von der deutschen Tiefebene nah dem Gebirge

machen, indem wir allmählih aufwärts steigen. Der Misch- wald der Ebene nimmt uns zunächst auf mit seinem kühlen Schatten. Die Eiche mit ihrem knorrigen Geäst, die hoch- stämmige Ulme, die prähtige Hainbuche, die Schwarzpappel mit ihrem flüsternden Laub, der wilde Birn- und Apfelbaum,

der Feldahorn, sie alle begegnen uns hier und spenden uns fühlen Schatten. Und unter ihrem Dache breiten sich kleinere Vertreter der Pflanzenwelt aus, an welcher der Naturliebhaber seine Freude hat, während der Natur- forsher sie mit dem Auge der Wissenschaft betrachtet. Seine wissenschaftlihe Ausbeute ist niht gering, denn da finden sich Convallaria majalis, Circaeca Lutetiana, Stachys sylvatica, Scrophularia nodosa, Paris Ga DAn Campanula latifolia, Melica nutans, Epipactis latifolia u. a. m. Die lieblihe Anemone gedeiht hier neben man anderen bekannten Pflanzen als da sind Corydalis, Galanthus niyalis, Lathyrus vernus, Myosotis sylvatica, das bescheidene Wald- veilchen u. a. m. i

Tritt man aus diesem Mischwalde hinaus, so trifft man am Rande korkbildende Ahorne und Ulmen , ferner Prunus, Padus spinosa, Salix cinerea, Rhamnus U. f. w. Z welche ein Bush- und Strauhwerk bilden und zwischen sich einzelne Stauden beherbergen.

Sind in diesem Mischwalde verschiedene Bäume vertreten, so enthält der gegenüberliegende Buchenwald reine Buchen- bestände, welche ein carakteristishes Unterholz aufweisen, wie Daphne Mezereum, Ribes rubrum, nigrum, Evonymus verru- cosa, Lonicera Xylosteum, und aus den dem Buchenbestand eigenthümlichen Stauden seien erwähnt Trientalis europaea, Vicia dumetorum, cassubica, Vinca minor, Asperula odorata, Hepatica triloba, Ranunculus lanuginosus, Rubus saxatilis, Astrantia major., Lilium Martagon, Carex digitata, montana, Thalictrum aquilegifolium, Corydalis cava, Lamium Galeob- dolon, Milium effusum, Asarum europaeum, Hypericum montanum, Phegopteris Dryopteris, Euphorbia dulecis u.a. m.

Wieder ein anderes Bild gewährt dem Wanderer der Kiefern- und Birkenwald. Er ist eintöniger mit seinen Nadeln und den kleinen Blättern; weniger entwickelt als in den Laub- wäldern ist die Staudenflora; diese wird hier für den Kiefern- wald repräsentirt durch Viola arenaria, Potentilla rubens, Scorzonera humilis, Anthericum ramosum, Gypsophila fastigiata, Dianthus caesíius, Astralagus arenarius, Luzula pilosa Uu. f. w.

Aus dem hocchstämmigen Kiefernwald treten wir nun auf die Haide, die mit diesem Namen bezeichnete ofene Gegend, während der Volksmund mit Haide sehr oft den Wald selbst meint. Thatsächlich ist aber die weite Strecke nur mit vereinzelten Bäumen besegt, wie z. B. der Birke und der Kiefer, während der häufigere Gast daselbst der Wachholderbusch ist, der mit dürrem Boden vorlieb nimmt und unter wenig günstigen Bedingungen gedeiht.

Und einem anderen weit bekannten Pflänzchen begegnet man hier, dem Haidekraut, das auf der der feuchten Lust zu- gänglichen weiten Ebene gedeiht und sie auf Meilen hin mit seinen niedrigen Sträuchern überzieht. Vereinzelte Rasenflächen, aus harten, oft blaugrün gefärbten Gräsecn, namentlih Festuca und Weingaertneriana bestehend, finden s{ch vor und zwischen ihnen siedeln Pulsatilla, Arnoseris minima, Helichrysum arenarium, Antennaria dioica, Jasione montana, Dianthus deltoides, Artemisia campestris u. a. m. si an.

Die óde Haide findet eine Nachbarin in dem Hoch- moor, welches hier en miniature mit all seinen charakteristischen Merkmalen zur Anschauung gebracht wird, Der engbegrenzte Naum ließ natürlich nur eine Andeutung derx wichtigsten Eigen- heiten zu, aber selbst der Knüppeldamm, wie er von den Moorarbeitern hergestellt wird, i} figürlih dargestellt. Die Sumpfkiefer (Pinus uliginosa) ist hier einheimisch und zu- gleich mit ihr eine Reihe kleiner Pflänzhen wie Drosera, Oxycoccus, Vaccinium uliginosum, Andromeda, Ledum palustre, Rhynchospora alba, Sedum villosum, Viola palustris, Lysimachis thyrsiflora, Pedicularis sylvatica, palustris, Potentilla palustris, Betula nara u. \. w.

Der Weg, welchen der Besucher der Anlage betreten hat, führt allmählih höher und höher und dies Ansteigen bedeutet den langsamen Uebergang von der Ebene zu der Anhöhe und zu dem beginnenden Vorgebirge. Ein schmaler Bach, selbst: verständlich in nur kleinen Dimensionen veranschaulicht, fließt von der Höhe herab und schlängelt sih dur die Gesteinmassen in die Niederung. Der Wanderer steht im Begriff, eine wirkliche Gebirgspartie zu machen, bei welcher ihm freilih die Phantasie Manches erseßen und Alles in das Ungeheuere vergrößern muß, wie es die gewaltige Natur ershaffen. Dafür hat aber der Freund von Gebirgswanderungen in weit kürzerer P und mit geringeren Kosten als bei einer wirklihen Gebirgsreije Gelegenheit, von der Tiefe emporzusteigen bis zu den höchsten Gegenden, wo er that- sächlich das Edelweiß in einem niedlihen Exemplar blühen sehen fann. Allerdings beträgt die höchste Höhe dieses botanischen Ge- birges nur ca. 6 m, Gefahr des Absturzes und Schwindelansälle sind also ausgeschlossen, aber doch bedecken diese Bergpartieen ein für einen Garten verhältnißmäßig ansehnliches Terrain; die die Alpenflora darstellende Partie hat eine Länge von 40 m. Auch der Geologe kommt hier zu seinem Recht, denn der ge- wissenhaste Urheber dieser reizenden Anlage hat seine Sorgfalt selbst auf das Material der Steinmassen ausgedehnt, sodaß au hier nicht Willkür, sondern wissenschastlicher Ernst maß- gebend gewesen ist. Aus drei Ketten besteht die Gebirgspartie, deren mittlere aus Granit, deren äußere aus Kalkgestein auf- gebaut ist. Da das Gestein verschiedenartig gefärbt ist, so bietet es im Shmuck der grünen und bunten Gewächse einen reizvollen Änblick und bekundet den Geshmack desjenigen, der es in malerischen Formen aufbauen ließ und dem Garten damit einz interessante Dekoration verschaffte.

Bevor aber der Alpenbesucher die Geheimnisse der oberen Regionen kennen lernt, muß er zunächst das Vorgebirge und seine Vorläufer, die Auen der Ebene passiren. Jene saftigen Vorgebirgswiesen, auf denen das Vieh des Aelplers reiche Nahrung findet, werden uns M in einem allerliebsten Probe- stücke veranschauliht. Der jafstige Nasen ist durchsezt mit charakteristishen Vertretern der in dieser Höhenlage heimischen Kräuter, da ist Trollius, Geranium sylvaticum, Myrrhis odorata, Valeriana dioica, Cirsium rivulare, heterophyllum, Crepis praemorsa, Hieracium pratense, Colchicum, da sind Orchis- Arten, ferner Gymnadenia conopea, Polygonum Bistorta, Senecio crispatus, Veratrum Lobelianum; an trodenen Stellen gedeiht Arnica, Centaurea phrygia, Arabis Halleri, Primula elatior und eine ganze Reihe von anderen Arten.

Jeßt betritt der Wanderer den Vorgebirgswald; Tannen, Fichten und Buchen E ihn, der beim Ueber- schreiten der Au den Sonnenstrahlen ausgeseßt war, in ihren fühlen Schatten auf. Strauhwerk, bestehend aus Lonicera nigra, Atropa, Ribes Grossularia, bildet das Unterholz in dem Nadelwald, Staphylea pinnata, Evonymus verrucosa, Pirus torminalis, Aucuparia, Acer Pseudo-Platanus, Sambucus racemosa dasjenige des Buchenwaldes. Reich vertreten sind “die charakteristishen Stauden , wobei der Laubwald wieder

eine größere Mannigfaltigkeit und Fülle zeigt, als sie sich unter den Nadelbäumen findet. | /

Je höher man steigt, um so mehr entshwindet der eigent- lihe Wald, Knieholz tritt an seine Stelle, es sind subalpine Weiden (Salix caesía, arbuscula u. a.) und Rhododendron hirsutum, meist nahe an den Ufern des Baches. Büsche von Alpenrosen, subalpine Stauden bringen Abwechselung in die Flora dieser Region. Oberhalb dieser subalpinen Sträucher und Büsche entdeckt man alpine Wiesen. ]

Endlich erreiht man das Gebiet der alpinen Flora. Sie präsentirt sih hier auf drei parallel verlaufenden Partieen, die, wie schon bemerkt, aus verschiedenem Gestein, Granit und Kalk, bestehen. Der mittelste dieser Gebirgszüge, aus Granit aufgebaut, zeigt uns die Flora der Centralalpen; die zweite Gruppe, aus Kalk bestehend, welche sih vor den alpinen Wiesen hinzieht, birgt Repräsentanten der nördlichen Voralpen, während die südliche auf der anderen Seite der Centralalpen auf einem Kalksteingeschiebe dargeboten wird. Die Flora, welche uns auf diesen beiden Vorder- und Centralalpen vergegenwärtigt wird, ist wiederum jede in sih gegliedert. Die Pflanzen der ganzen nörd- lichen Voralpenkette finden si hier in der Mitte der Felspartie zu beiden Seiten des Wegs; aus den Felsriten strecken sie ihre Stengel und Blätter empor, oder sie haben in den Kalkschutt ihre Wurzeln geschlagen, kriehen über glatte Felsstücke u. \. w. Genannt seien die weiß blühende Form des Alpenmohns, Arabis alpestris, caerulea, Petrocallis pyrenaica, Hutchinsia alpina, Heliosperma quadrifium, Dryas octopetala, Silene acaulis, Saxifraga caesía, aphylla, Achillea Clavenae, Aster alpinus, Leontodon incanus, Hieracium villosum, Rhodo- dendron hirsutum, Gentiana Clusii, Primula Auricula, Rumex scutatus, Salix reticula, retusa und a. m. :

Je nah der mehr lokalen Verbreitung gewisser Arten wurden innerhalb der nördlichen Voralpen scharf abgegrenzte Theile sür bestimmte Bezirke reservirt und zwar die am weitesten nah links liegende Abtheilung für die Flora des Schweizer Jura und der nördlichen Schweiz; ein zweiter Bezirk für die Flora von Vorarlberg und Algäu; rechts von der Gruppe allgemein verbreiteter Arten die Formen, welhe für Bayern und Nordtirol und hinter dieser Gruppe die Arten, welche für Salzbura und Nieder: Oesterreich charakteristish sind.

In gleicher Weise wurde eine Gliederung der Flora in der Abtheilung: „Central: Alpen“ versuht, und zwar birgt der ganze gegen die nördlichen Voralpen hin geneigte Abhang die allgemein verbreiteten Central-Alpenpflanzen, der gegen die Südalpen hin geneigte Abhang Pflanzen folgender Alpengruppen : Dauphinée, grajishe Alpen, penninisch-lepontische, rätische Alpen, Oeytthaler-, Ortler-, Adamello-Gruppe und endlich Kärnten-Steiermark. Die auf jeden Bezirk beschränkten Arten finden sich nur in diesem vor, einzelne Spezies verbreiten sih über größere Strecken des westlihen bezw. östlichen Flügels, und in dieser Beziehung bezeihnen namentlih die rätischen Alpen den Bezirk, in welhem östlihe und westliche Typen sich begegnen. Den größten Reichthum an carakteristishen Formen weisen die westlihen Alpen auf, deren Reichthum nur noch von den kärntner-steierishen Alpen übertroffen wird. Am größten ist der Reichthum an Arten in den südlihen Voralpen, sie Haben mit der nördlichen Kalk- Alpenkette eine niht unbeträchtlihe Zahl gemeinsam, besißen aber auch viele endemishe Formen. Die allgemein verbreiteten Formen sind zu beiden Seiten des von der anderen Seite her ansteigenden Weges untergebraht, während rechts und links weiterhin einzelne Gruppen folgende Bezirke darstellen: insubrishe Alpen, Judicarien , südtiroler Dolomitalpen, venetianische, julishe und dinarische Alpen, an welche ih \chließlih die Gebirgsflora von Bosnien und der Herzegowina anschließt. Die Mannigfaltigkeit der südtiroler Dolomitalpen tritt namentlich in der an dieser Stelle zur Anschauung ge- brahten Anlage klar vor Augen. :

Zur Ausfüllung von Lücken bediente man sih solcher Alpenpflanzen, welche, was das Substrat anbelangt, sih bodenvag erwiesen, wie z. V. Ranuneulus Thora, Callianthemum rutae- folium, Epimedium alpinum, Draba frigida, Arabis alpina, Viola montana, Cerastium alpinum, latifolium Uu. f. w., während die Spezies, welche in den Alpen kalkhold sind, aber auh auf Urgestein vorkommen, für die Voralpen reservirt wurden.

Ueberschreiltet man diesen Theil der Anlage, so betritt man südliches Alpengebiet, und zwar trifft man zunächst auf die Hochgebirgsflora des Apennin, welcher sih hier unter rehtem Winkel in kurzer Abzweigung an die südlichen Voralpen anschließt. Das Gebirgssystem des Apennin ist verhältnißmäßig arm an alpinen Typen; es fehlen oder sind nur spärlih véctreten alpine Anemonen, Ranunkeln, Draben, Polentillen, Primeln, Arabis - Arten, Leguminosen, Semperviven, Campanulaceen, Veronica- Arten u. \. w. Beiden Gebirgssystemen gemeinsam ist eine nicht geringe Anzahl ; von den wenigen, den Alpen fehlenden Formen seien erwähnt Potentilla apennina, Sedum magellense, Saxifraga lingulata u. \. 10.

Bei der Anlage der europäishen Hochgebirgsmodelle ist man dem sinnreihen Plan gefolgt, die einzelnen Theile so an- zulegen, daß sie der geographischen Lage auf der Landkarte entsprechen, sodaß man also im Südwesten die Pyrenäen, im Südosten die Karpathen und den Balkan erblickt, wel? leßterem sich alsdann die Hochgebirge Asiens anschließen.

Der Wanderer ist somit auf leichte Art in das s{höne Spanien gelangt und hat Gelegenheit die Flora der Pyre- näen kennen zu lernen, für welche ein Raum von 10 m Länge bestimmt ist, den auszufüllen nicht {wer war, da die Pyrenäen dem Botanischen Garten. eine beträchtlihe Anzahl alpiner Spezies geliefert haben. Unter ihnen find besonders bemerfens8werth Ranunculus amplexicaulis, Meconopsis cam- brica, Viola cornuta, Saxifraga geranioides, ajugifolia, hirsuta, Geum, Hieracium phlomoides, Ramondia pyrenaica u. st w. Die Pyrenäenflora is reicher an arktisch-alpinen Pflanzen als dex Apennin, auch die den Alpen und Pyrenäen R Arten, welche den arktishen Ländern fehlen, sind erheblich.

Die Flora des Karpathengebirges ist in der Anlage durch die Flora der Liptauer Kalkalpen, der Centralkarpathen (hohe Tatra), der Zipser Kalkalpen und derjenigen Siebenbürgens vertreten; namentlih die leßteren zeichnen sich durh ihren großen Reichthum an interessanten Arten aus, bleiben aber gegen die Mannigfaltigkeit und die reihe Entwickelung der Flora derjenigen Kalkarten, welche die hohe Tatra beiderseits einschließen, troß ihrer viel bedeutenderen Erhebung weit zurü.

Der Balkan bildet in Bezug auf seine Flora ein Binde- glied zwishen den Alpen und dem vorderasiatishen Hoch- gebirge; sie zeigt eine reihe Entwickelung endemischer Formen und einen stark zurücgetretenen Prozentsaß an arktisch-alpinen Arten, zu denen die auf den griehishen Gebirgen Wälder bildende Abies Apollinis kommt, -

palustris, Eriophorum alpinum, Primula farinosa.

Auf den vorderasiatischen Hochgebirgen, gegliedert in bithynishen Olymp, West- und Ostkaukasus, pontische Gebirge, Armenien, Libanon und Taurus, begegnen wir auf unserer Wanderung zum ersten Mal einer Anzahl s{höner Gebirgs- pflanzen, wie Helleborus, Aquilegia olympica, Papaver orientale, caucasiíicum, pilosum, Aubrietia olympica, Orobus aureus, cyaneus, Potentilla Buccoana, AÁchillea grandiflora u. a. m. Jm Taurus besißt Rheum Ribes seinen am weitesten nah Westen vorgeshobenen Posten. Nur dur einzelne Vertreter werden die subalpinen Wälder des vorderasiatishen Hochgebirges, zumal die des Kaukasus repräsentirt. Auch die Flora des Himalaya wird nur durh eine Sammlung alpiner und subalpiner Arten vertreten, und zwar in den subalpinen durch Rhododendronarten, welche in E Anzahl \{chon seit längerer Zeit ihrer großen

lüthen wegen beliebte Zierpflanzen geworden . sind; auch zahlreihe Primeln, eigenthümlihe Androsacearten, Poly- gonum, Delphinien, Bergenien finden sich hier vor. Jm Altai is die Zahl arktish-alpiner Typen verhältniß- mäßig eine erheblih größere als im Himalaya; von solchen Arten, welche in jedem Hochgebirge der nördlih gemäßigten Hone wiederkehren, finden sich auch hier folgende: Sagina

innaei, Androsace villosa, Viola biflora, Sibbaldia, Luzula spicata, Oxyria digyna, Polygonum viriparum u. #. w. Zum ersten Mal begegnet man hier der Primula auriculata, cortu- soides, Viola altaica, Coluria geoides u. \. w. Jn der fub- alpinen Region entwickeln sih ansehnliche Stauden, von denen einzelne ältere Einführungen unserer Botanischen Gärten sind.

Zwei weitere Gebirgspartieen, deren Flora hier vor- geführt wird, sind die Sudeten und die Skandinavischen Gebirge. Bei den ersteren war man in der Lage, den Unter- schied in der Flora der West- und Ostsudeten (Riesengebirge- Gesenke) zu charakterisiren. Etwa 50 Spezies hat das Riesen- gebirge vor dem Gesenke voraus, während andererseits etwa 30 Gesenkepflanzen dem Riesengebirge fehlen.

Einen pontischen Laubwald stellt eine kleine Waldpartie dar, welche von Quercus pubescens, Tilia argentea, Ostrya, Castanea u. st. w. gebildet wird; das Unterholz besteht aus Pirus Malus, Sambucus nigra, Corylus tubulosa und anderen Arten, während an lichteren Stellen oder am Rande das Ge- büsh sich zusammenseßt aus Cornus mas, Acer tataricum, Evonymus verrucosa, Viburnum Lantana, Rhamnus tinctoria, Cotinus u. #. w. Hier und da sind Holzgewächse eingestreut, wie Mespilus Pyracantha u. a. m. Die pontische Flora seßt sich, dur einen Weg getrennt, zwischen Nordalpen und Sudeten in einem s{hmalen Streifen weiter fort, um andere Formationen zur Darstellung zu bringen, wie Shwarzkiefern mit sehlendem Unterholz und nur dürftiger Staudenvegetation, ferner Wach- holderformationen. Gegenüber den leßteren hat die Sen flur der pontishen Flora und die Formation der danubischen Steppe Plat gefunden ; leßtere macht einen trostlosen Eindruck, überall blinkt dér Sand hervor, kein Rasen gedeiht zwischen den Gesträuchen, Holzgewächse fehlen fast ganz und nur Cytisus austriacus und biflorus unterbrechen die eintönige Flora.

Haben wir somit zwei Welttheile in Bezug auf ihre Gebirgsflora kennen gelernt, so wird uns ein Theil der neuen Welt, und zwar Nord-Amerika, dur eine nicht minder inter- essante Sammlung vor Augen geführt. Das betreffende Gebiet ist in drei Provinzen getheilt, in die nordamerikanishe Seen- provinz, in die Provinz des atlantischen Nord-Amerikas und in die Provinz des pazifishen Nordamerikas, E

Die nordamerikanishe Seenprovinz, welche die Flora Kanadas umfaßt, ist reih an charakteristishen Koniferen. Die am weitesten nach Nordwesten vorgeshobenen Nadelwälder werden von Picea nigra, alba, Larix americana und Abies balsamea gebildet; zu ihnen gesellen sih in jenen Breiten zwei Erlen, Alnus viridis und incana, sowie eine s{öne Pappel, Populus balsamifera, während man als Unterholz Cornus stolonifera, Ribes lacustre, rubrum u. f. w. findet. Weiter südlih schließen sih die Nadelholzwaldungen an, deren Haupt- repräfentant Thuja occidentalis ist, während andererseits, namentlich im Lorenzobecken, ausgedehnte Bestände von Pinus Strobus auftreten gemeinsam mit Picea rubra und Tsuga canadensis. Auf drei Quartieren sind die in der angegebenen Gruppirung genannten Arten untergebracht; für den kanadischen Laubwald, als dessen Repräsentanten Liriodendron, &ymno- dadus, Amelanchier canadensis, Fraxinus americana, Juglans cinerea, Carya alba, Quercus rubra, Betula lenta und papyri- fera u. a. gelten fönnen, is ein viertes Terrainstücck reservirt worden. Jm Schuße dieser Laubwälder, die viel mannig- faltigere Arten aufweisen, als unsere aus nur wenigen Baum- arten zusammengestellten deutshen Wälder, gedeiht eine üppige Staudenvegetation, die man je nah ihrem Bedürsniß an Feuchtigkeit oder Trockenheit im Schatten oder nahe dem Rande des Quartiers untergebracht hat. Da findet sich Podophyllum peltatum, Sanguinaria canadensis, Menispermum canadense, Sicyos angulatus, Trillium grandiflorum, Geum album, Viola canadensis, pubescens, Smilacina racemosa, T'iarella cordifolia, Uvularia grandiflora, Hydrophyllum virginicum, Cryptotaenia canadensis, Ásarum canadense, Erythronium americanum U. a. m., während das Unterholz, sowie der Wald- rand gebildet wird von Berberis Aquifolium, Staphylea trifolia, Rosa lucida, Ribes divaricatum, Sassafras, Cephalanthus occidentalis u. f. w. Die Sträucher und Stauden trockenerer Gebiete wurden am Rande der Nadelholzwälder untergebracht ; als Repräsentanten derselben sind vorhanden: Shepherdia canadensis, Symphoricarpus racemosus, Viburmun acerifolium, Physocarpus opulifolius, Ribes sanguineum, Pirus ameri- cana U. a.

Auf einem kleinen Moorbeet, welhes von Rudbeckia laciniata neben Salix nigra eingefaßt ist, bemerkt man neben manchen s{chönen eigenthümlihen Formen (Coptis trifolia, Sarracenia, Ocycoceus macrocarpus, Vaccinium canadense, Cypripedium pubescens) u. a. auh unserer Flora angehörige Formen (Glacialpflanzen), so u. a. Andromeda polifolia, Viola Viele der fanadischen Pflanzenarten kehren in der Flora des atlantischen Nordamerikas wieder, sei es, daß sie hier erst ihre Haupt- entwickelung erreichen, sei es, daß sie längs der Alleghanies weiter nah Süden vordringen (Diervilla trifida, Alnus viridis, Betula lenta); nur die charafteristishen Koniferen der kanadischen Flora fehlen hier mit Ausnahme der Tsuga canadensis.

Die Flora des atlantischen Nordamerikas, durch eine große Mannigfaltigkeit von Laubhölzern charakterisirt, wird durch ein ausgedehntes Terrain zur Anshauung gebraht; ein umsang- reiches Quartier enthält die Gewächse, welche wälderbildend oder waldbewohnend fast durch das ganze Gebiet der atlantischen Flora entwidckelt sind, und gerade unter diesen finden sih nmcht wenige in den kanadishen Laubwäldern wieder.

Diejenigen Holzpflanzen, welche Gebüsche bilden oder trockene Standorte bewohnen, find am Rande der erwähnten Waldpartie untergebraht worden und mit ihnen zusammen die sie begleitenden Stauden (Viola palmata, pedata, Liatris squarrosa, Kuhnia eupatorioides, Epigaea repens, Hypericum pyramidatum, Steironema ciliatum u. a. m.) Daher findet man hier und da den Waldrand gebildet von Arten von Rhus und Carya, von Halesia tetraptera, Catalpa bignonioides, Chionanthus virginica, Robinia Pseudacacia, Populus tremuloi- des, grandidentata, von Mespilus Crus galli, coccinea, Prunus serotina, virginiana, Desmodium canadiense u. j. w., während man M Schlinggewächse Vitis riparia, vulpina und Ampelopsis gewahrt.

__ Der atlantishe Wald nimmt in den Alleghanies, wiewohl die Mannigfaltigkeit eine geringere wird, durch das Auftreten neuer Formen einen etwas veränderten Charakter an; für die Flora dieses Gebirges ist ein besonderes Terrain reservirt worden. Zunächst bilden hier einzelne Nadelhölzer zum Theil große Bestände für ih allein (Pinus pungens, Abies Fraseri, Tsuga canadiensis, Juniperus virginiana), dann aber erscheinen hier auch Laubhölzer, welche in den Wäldern der Ebene fehlen oder wenigstens hier ihre Hauptentwickelung erreichen. Die Alleghanies erreichen mit einzelnen ihrer Gipfel, wenn au die Kammhöhe nur bei etwa 1000 m liegt, do eine Meereshöhe von 2000m, also eine Erhebung, bei welcher das Vorkommen einer alpinen Region gesichert ist. Die Vertreter dieses Florenbestand- theils sind auf einem Steinhügel, an den sih die Waldflora der Alleghanies anschließt, untergebraht. Die der Südostküste ge- näherten Wälder, welche in der Pflanzengeographie als karolinische Zone bezeichnet werden, bilden die sog. Pine barrens, Kiefern- wälder, vorzugsweise Pinus australis, in untergeordnetem Maße Pinus mitis, inops und Taeda, Wo der Boden trockener ist, gesellen si{ ihnen Quereus cinerea, Leiophyllum, Zanthoxylon carolinianum sowie einzelne Yucca-Arten, Phlox subulata u. a. hinzu, auf feuchtem Untergrunde erscheinen Styrax pulverulenta, Stohesia cyanea, Aletris und mehrere Platanthera-Arten.

Die Swamps spielen in der Flora des atlantishen Nord- Amerikas eine wichtige Rolle; die hier auftretenden Wälder besißen eine wesentlih andere Zusammenstellung als die sonst in der Ebene oder im Bergland der Alleghanies vorkommenden Waldungen; hier sind es Nadelwälder, gebildet von Taxodium und Cupressus thuoyides, welche bestimmend für den Charakter der Formation sind, und neben diesen von Laubhölzern Magnolia glauca, Acer rubrum, Fothergilla alnifolia, Nyssa aquatica, Clethra alnifolia, Myria cerifera u. \. wv. Als be- sonderer Shmuck dient diesen Swamps das {öóne Rhododendron nudiflorum und viscosum. Von hochwüdchsigen Stauden, die hier vorkommen, find in der Anlage vertreten: Ulmaria lobata, Eupatorium purpureum, Rudbeckia laciniata, Amsonia Tabernaemontana, Physostegia virginica, Diplopappus amyg- dalinus, Lobelia syphilitica u. f. w.

Für die eigenartige Erscheinung der Prärien konnte in der Anlage vorläufig nur ein kleiner Raum benußt werden, welcher die üppige Staudenvegetation repräsentirt, die sih von derjenigen der oben erwähnten asiatishen Steppe wesentlih unterscheidet. Der Charakter der Flora des pacifischen Nord- Amerikas, reih an Coniferen, arm an Laubhölzern und manche Familien der atlantishen Flora ganz entbehrend, kommt hier gleichfalls zum Ausdruck. Vertreten ist ferner die Flora des Oregongebietes und dies der Sierra Nevada, für welche beide besondere Quartiere eingerichtet sind; innerhalb derselben erheben sich, um die alpine Flora einerseits des Cascadengebirges, andererseits der Sierra Nevada darzustellen, Steinhügel, bei deren Bepflanzung niht nur die endemishen Formen, sondern auch die der vorkommenden Glacialpflanzen ver- wendet wurden. Reiher an endemishen Formen und Glacialpflanzen sind die Roy Mountains. Die Nadel- wälder, welche leßtere in gewisser Höhe umsäumen und der Hauptsache nach die von den amerikanischen Pflanzengeographen sogenannten Binnenwälder bilden, unterscheiden sich im Charakter von allen anderen amerikanischen Wäldern durch das Auftreten von ÁAbies concolor, Picea Engelmanni, pungens, Pinus ponderosa und monophylla.. Das waldlose Gebiet, welches sih zwischen den Küstenbetten des Cascadengebirges in der Sierra Nevada einerseits und den Rocky Mountains anderer- seits ausdehnt, das Coloradogebiet, is in der Anlage nicht zur Anschauung gebracht worden. Die Vegetation ist zumeist eine Steppenslora.

Das wegen seiner angeblichen Dede fo vershrieene Sibirien zeigt sih dem Besucher hier keineswegs in so abschrecktender Gestalt, im Westen erstrecken sih ausgedehnte Nadelwälder, im Wsten herrschen Laubhölzer vor, welche fast von denselben Arten gebildet werden wie Betula pubescens, verrucosa, Popu- lus tremula, Alnus incana, Prunus Padus, Pirus Aucuparia etec., au das Unterholz besteht fast aus demselben Weidengebüsch, Alnus frutieosa, Betula nana, Rosa acicularis u. f. w. Der Nadelwald im Westen besteht aus Picea obovata, Abies Pichta und Larix sibirica, wozu noch die Zirbelkiefer (Pinus Cembra) an den Gehängen des Ural kommt.

So endet denn die Wanderung des Besuchers, welche er in der deutschen Tiefebene begann und von Gebirg zu Gebirg, von Land zu Land sortseßte, im fernen Nordosten Asiens und voll dankbarer Anerkennung für die gewonnene Anregung und die Bereicherung seines Wissens verläßt er die neuen Anlagen mit dem Bewußtsein, daß der Urheber damit ein ebenso ver- dienstvolles wie interessantes Werk geschaffen hat.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung,

In Bezug auf die bier {hon erwähnte Petition der nieder- \chlesischen Knappenvereine an den Reichstag wegen der Ein- führung der Achtstundenshiht wird der „Köln. Ztg.“ aus Nieder- \hlesien geichrieben: Die Bergleute des Waldenburger Reviers fordern seit dem vorigen Jahre mit steigender Dringlich- keit die Einführung der Achtstundenshicht. Die Grubenverwal- tungen verhalten sih nicht gerade ablehnend, machen aber zur Bedingung, daß bis zum 1. Juli d. I. die oberschlesischen und \ähsishen Gruben mit ver gleihen Verkürzung der gegenwärtig 12 Stunden betragenden Arbeitsdauer vorangehen Nun haben si aber die leßtgenannten Gruten aus mehreren Gründen, insbesondere wegen der bedeutenden technishen Schwierigkeiten, welhe eine der- artige Neuerung mit si bringt von den beträchtlichen Kosten für die Neuanshaffung von Maschinen u. |, w. ganz abge- sehen —, nicht entschließen können, die Achtstundenschicht an die Stelle der Zwölfstundenshiht zu seßen, welhe den besonderen Verhält- nissen des schlesishen Grubenbezirks entspriht und gesundheitlih um so unbedenkliher ist, als die Arbeit in den Gruben weder ununterbrochen noch an engen, s{lecht U EOE I geleistet wird. Infolge des Fortbestehens der Zwölfstundenschiht in Oberschlesien

und Sathfen haben denn au die niedershlesishen Grubenverwaltungen von der Einführung der Achtstundenshiht Abstand genommen.

In Hamburg fand vorgestern eine Zusammenkunft der Maurer- und Zimmermeister statt, in welher sechs Depeschen zur Ver- lesung gelangten, wona etwa 270 Maurer und Zimmerer in der Provinz Hannover, in Thüringen, Sachsen und S@lefien angeworben find, in den nächsten Tagen dert eintreffen und zu den von der „Bau- hütte" aufgestellten Lohnsäßen arbeiten werden. Man beshlofß, selbst dann, wenn alle früher in Hamburg beschäftigt gewesenen Bauhandwerker wieder in Arbeit treten, die Zugereisten niht wieder zu entlassen, son- dern fie dauernd zu beschäftigen.

Aus Elberfeld schreibt man der „Mgdb. Ztg.“ unter dem 5, Juni: Wie bei den meisten Arbeiterausständen, hat es auch bei dem Ausstand der Barmer Riemendreher in diesem Frühjahr nicht an Strikenden gefehlt, welche ihre weiterarbeitenden Genossen durch Drohungen zur Theilnahme an dem Ausstande ¡wingen wollten. Bereits vor einiger Zeit wurden Mehrere, welche sich dieser Aus- \chreitung \{chuldig gema@t haben, zu Freiheits\trafen verurtheilt. Auch gestern stand unter dieser Anklage wieder ein Riemendreher vor Gericht und wurde, da er noch nicht bestraft war, zu 14 Tagen Gefängniß verurtheilt.

In Leipzig haben, dem „Chemn. Tagbl.“ zufolge, die Bau- arbeiter in einer öffentliben Versammlung am Dienstag be- \{lossen, an den aufgestellten Forderungen : 40 § Stundenlohn und 10stündige Arbeitszeit, festzuhalten und betreffs derselben nochmals mit den Arbeitgebern, welche sih bis jeßt ablehnend hierzu ver- halten haben, zu verhandeln.

Wie demselben Blatt aus Gera geschrieben wird, hat der Strike der Maler, Lackirer und Anstreiher nun au sein Ende erreicht. Es soll. der Zuzug fremder Gehülfen nah Möglichkeit fern gehalten werden, damit die Ausständigen wieder Arbeit finden.

In Greiz fand vörgestèrn wieder cine Versammlung der noch strikenden Textilarbeiter statt, an welher etwa 300—400 Per- sonen theilnahmen. Man beschloß, weiter zu striken. Der Strike erstreckt sich aber nur noch auf eine Anzahl Fabriken, in den meisten wird gearbeitet. Das Comité, welches ursprünglich aus 32 Mitgliedern bestand, zählt jeßt, nach dem „Tagebl.“, deren nur noch 17, die übrigen haben wieder Arbeit gesucht und gefunden.

Von der Eifel.

Auf der Eifel nehmen die Meliorationen (Wiesenbauten, Drainage und Waldkulturen) einen erfreulihen Fortgang. Im abgelaufenen Rechnungsjahre wurden ausgeführt: in sechs Wiesengenosjenschaften 131,05 ha, in zwei Drainagegenossenshaften 30,28 ha, für das laufende Rechnungsjahr sind zur Ausführung in Aussiht genommen: in sechs Den aen 97,24 ha, in vier Drainagegenossenschaften

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Wohlfahrtsbestrebungen.

Der Verein für die bergbaulihen Interessen im Ober-Bergamts- bezirk Dortmund hat ungefähr 250 000 Mark zur Erbauung eines Krankenhauses für Bergleute aufgebracht. Aus eigener Initiative der Arbeiter hat sih in der Bürgermeisterei Wald ein Verein „Volks- wohl“ zur Beschaffung billiger und guter Lebensmittel und Belehrung über zweckmäßige Ernährung gebildet.

Wie der „Köln. Ztg.“ aus Elberfeld geschrieben wird, wird dort demnächst ein Erholungshaus für genesende Arbeiter erstehen. Freiherr Aug. v. d. Heydt regte vor einigen Jahren unter hochherziger Zuwendung eines Grundstücks unweit des Hahnerberg die Errichtung eines fsolhen Erholungshauses im Bergischen Verein für Gemeinwohl an. Der Verein griff den Ge- danken freudig auf und wandte si{ch nach Zeichnung ansehnlicher Bei- träge von Bürgern an die Stadtverordneten-Versammlung mit dem Antrage auf Gewährung eines Zuschusses von 10 000 #4 für den Bau. Die Stadtverordneten konnten fich der Ueberzeugung von dem unmittelbaren Interesse der Stadt an einer solhen gemeinnüßigen „Anstalt nicht verschließen und beschlofsen, das Erholungshaus felbst für etwa 50 Betten gegen Ueberweisung der von dem Verein bereits für den Zweck gesammelten Beiträge zu errichten, und zwar auf einem zweckmäßigeren, in der Mirke gelegenen Grundstück, welches die Stadt gegen dasjenige auf dem Hahnerberg auttaushen wird.

Kunft und Wissenschaft.

Am 3. Juni ift in Tilsit in feierliher Weise durch das be- treffende Comité die Grundsteinlegung zu dem Denkmal für Max von Schenckendorf vollzogen worden. Die Einweihung des Denkmals soll, der „N. A. Ztg.“ zufolge, \{chon im Hochsommer d, I. erfolgen.

Für die Errichtung eines Denkmals in Halle für den be- rühmten Chirurgen Professor Dr. Richard von Volkmann interessirt man sih, wie der „Hann. Cour.“ mittheilt, recht lebhaft in Amerika, Professor Dr. John S. Billings, Chef-Chirurg der amerikanischen Armee in Washington, welcher den Aufruf mit unter- zeichnet hat, legte solchen dem amerikanishen Chirurgenkongreß vor. Man bildete ein besonderes Comité zur Sammlung von Beiträgen zu dem in Halle zu errihtenden Denkmal unter dem Vorsiß des Professors Dr. I. Williain Whik von der University of Pennsylvania.

(H) Nag dem von dem Kunstgewerbe - Verein in Oldenburg herausgegebenen zweiten Jahresbericht hatten die Be- strebungen dieses WBereins zur Förderung und Belebung des Kunst- gewerbes im Herzogthum Oldenburg auh im Jahre 1889 erfreuliche Erfolge. Insbesondere ist die Ausgestaltung des vom Verein unter namhaften Beihülfen des Staats und der Stadt Oldenburg ge- gründeten Landes-Gewerbe-Museums erheblih fortgeschritten und haben die Muster- und Vorbilder-Sammlungen theils durch Schenkungen, theils dur Ankauf reihen Zuwachs erhalten. Das Museum, welches si eines regen Besuchs und steigender Benugzung erfreut, ist zugleich der Sammelplaßz der in Oldenburg bestehenden gewerblichen und tehnishen Vereine wie der hiesigen Innangen. Der vom technischen Di- rektor des Museums geleitete Zeichen- und Modellir-Unterricht wird fleißig besuht. Die im Museum veranstalteten periodishen Ausfteklungen fanden ein reges Interesse, ebenso derartige Ausftellungen, welche der Direktor an anderen Orten des Landes veranstaltete und leitete. Aus kleinen Anfängen haben die Sammlungen des Museums ih {hon jeßt zu einem stattlihen Umfange herausgearbeitet. Der Verein, welcher mit einer Mitgliederzahl von 460 in das neue Jahr eintrat, arbeitete im abgelaufenen Jahr mit einem Einnahmebudget von 19 276,62 i ___— Die Entdeckung einer Katakombe aus dem Home- rischen Zeitalter wird, der „Nat, Z zufolge, aus Kert\ ch auf der Halbinsel Krim gemeldet. Vierzehn Fuß unter der Erde hat man ein aus drei Abtheilungen bestehendes Gewölbe aufgefunden; die Mauern desselben sind auf allen Seiten mit Freskogemälden bedeckt, welche Götter aus dem grie{hishen Alterthum und Scenen aus dem Leben der alten Griechen darstellen, Eine noch gut erhaltene Inschrift bildet den interessantesten Gegenstand des Fundes ; man hat sie in folgender Weise zu übersetzen gesucht: „Dieses Heiligthum is von Sorak erbaut, der nie in scinem Leben die Gebeine seiner Mitmenschen entweiht hat und der aus diesem Grunde alle scine Mitmenschen, die an Götter glauben, beshwört, niemals ihres Gleichen zu berühren In dem Falle, wo sie nicht auf ihn hören würden, sendeten die Götter den profanen Menschen die verdiente Strafe. * Die Sprache der Inschrift ist dem Griechishen Homer's völlig glei, weshalb die Annahme, daß die Er- bauung der Katakombe bis in jene Zeit zurücreiht, gerechtfertigt ersheint, Andererseits ist zu bedenken, daß sih an den Gestaden des Schwarzen Meeres jene alte griehi\{e Sprache auch noch bis in spârere Jahrhunderte erhielt.

Land- und Forstwirthschaft.

Die bereits telegraphisch in Kürze gemeldete Rede, mit welcher der Statthalter in Elsaß-Lothringen Fürst zu Hohenlohe am

Donnerstag die Ausstellung der Deutschen Landwirthschafts- Gesellschaft in Straßburg eröffuet hat, lautet wörtlich :