1890 / 137 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 09 Jun 1890 18:00:01 GMT) scan diff

alten Agrargeseßgebung

werden müsse, daß die Verhältnisse hervorgerufenen Uebelstände corrigirt werden müßten; so sei au die freie Theilbarkeit des Waldes, die Theilung von gemeinsamen Hutungen als Fehler erkannt worden ; ebenso sei die Aufhebung der Erbpacht in den Gegenden, wo sie zu Anfang des Jahrhunderts noch beftanden, ein wirthschaftlicher Nückschritt gewejen. Die Rentengüter seien für Posen nicht bloß aus politischen, sondern gerade auch aus sozial: und agrarpolitischen Gründen geschaffen und könnten deshalb auch auf die anderen Provinzen ausgedehnt werden. Nothwendig sei das Geseß für die Besiedelung der Hochmoore. Daß das Geseg den Heimstätten hinderlih fein würde, sei unrichtig. Das amerikanishe Heimstättengeseß passe für unsere Verhältnisse überhaupt nicht, da wir kein unbeseßtes Land haben; im Gegentheil sei bei uns mehr Land kultivirt, als kulturfähig sei. Eine Beschränkung der Vexschuldbarkeit ein- führen, heiße den Kredit beshränken. Wer gebe denn überhaupt über eine gewisse Grenze hinaus Kredit? Hinter dieser Grenze fange der Personalkredit an, der nur nach persönlither Einsicht in die Verhältnisse gewährt werden könne. Die Vorlage lasse in Bezug auf die Lage des Grundbesitzes alles unver- ändert. Namens der Staatsregierung empfahl der Minister die Wiederherstellung -der Herrenhausbescchlüsse.

Bei Schluß des Blattes sprah Abg. Sombarkt.

(Der Schlußbericht über die vorgesirige Sißung des Hauses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage.)

lassen der Prinzipien der sähen, darauf hingewiesen durch die wirthschaftlichen

Auf der Tagesordnung für die morgen, 10. Juni, Nachmittags 1 Uhr, stattfindende 15. Plenarsißung des Serren- Hauses stehen: Einmalige Schlußberathung über den Geseß- entwurf, betreffend die Fürsorge für die Waisen der Lehrer an öffentlichen Volksschulen, und über die zu demselben ein- gegangenen Petitionen. Einmalige Schlußberathung der Denkschrift über die Ausführung des Geseßes vom 13. Mai 1888, betreffend die Bewilligung von Staatsmitteln zur Beseitigung der durch die Hochwasser im Frühjahr 1888 herbeigeführten Verheerungen. Einmalige Schluß- berathung über den Geseßentwurf, betreffend die Verpflichtung der Gemeinden in den Landkreisen der Rheinprovinz zur Bullenhaltung. Einmalige Schlußberathung über den Geseßentwurf, betreffend die Abänderung einiger Bestimmungen wegen der Wah! von Stadtverordneten.

Die Protokolle der internationalen Arbeiter- shuy-Konferenz sind in deutscher Uebersezung in amt- lichem Auftrage bei Duncker und Humblot in Leipzig erschienen und unter die Mitglieder des Reichstages vertheilt worden.

Theater und Musik.

Königliches Schauspielhaus. Am Sonnabend trat als Beatrice in der Messina“ Frl. Nerson vom Königlichen Theater in Kassel auf und führte ich mit dieser Rolle recht vortheilhaft ein. Die Vor- stellung, welhe man sich von der Beatrice macht, entsprah nicht ganz dem von Frl. Nerfon geschaffenen Bilde; man denkt fi unter der in der Weltabgeschiedenheit des Klosters aufgewachsenen Fürstentochter ein {chüchternes, zartes Wesen, das eher etwas s{cheu, als energisch auftritt. Frl. Nerson {lug fkräftigere Accente an, ihr leb- haftes Temperament legte das nahe. Anerkannt muß werden, daß sie über ein recht achtbares Talent verfügt, ihr Spiel ist gewandt, zeugt von Nachdenken und Studium, ein ange- nehmes Organ erh ht den vorthcilhaften Eindruck ihrer Erscheinung. Was ihr besonders ¿zum Vorzuge angerechnet werden foll, ist das Vermeiden des hohlen Deklamirens, wozu eine Rolle wie die der Beatrice leiht verleiten kann. Nach diesem einmaligen Auftreten läßt sih natürlih ein erschöpfendes Urtheil nicht fällen, man wird weitere Gastrollen abwarten müssen, zu denen der Künstlerin sich wohl noch Gelegenheit bietet; die Beatrice war eine ansprechende, aber keine durchaus befriedigende Leistung. Berliner Theater. Am Mittwoch gelangt zum ersten Male Benedix beiteres Lust- spiel „Doktor Wespe“ mit Friedrich Mitterwurzer in der Titelrolle

„Braut von

zur Aufführung. Diese Vorstellung wird am Freitag und Sonntag

wiederholt werden. Wallner-Theater. E

Nachdem die eigentlihe Wintersaison längst beendigt ist, tritt das Wallner-Theater mit einem neuen Repertoirestück auf, welches, früher in Scene geseßt, demselben manhes volle Haus verschafft haben würde. Das dürfte nun für die bevorstehende Zeit der Fall sein, denn „Mamsfell’ Nitouche“, ein dreiaktiges Vaudeville von H. Meilhac und A. Millaud, ift eines von jenen Erzeug- nissen der modernen TeauuölisHen S{wankliteratur, bei denen man von vornherein auf jede ernsthafte Kritik verzichtet und ni&ts weiter will, als einen Abend angenehm hinbringen. Daß man das kann, bewies der Sonnabend, welher dem Poblikum einige jener vergnügten Stunden bereitete, wie man sie im Wallner-Theater {hon s\o oft verleben konnte. Früher war es freilich deutscher Humor, der si hier vernehmen ließ, jeßt ist auch diese Bühne dem Zuge der Zeit gefolgt und rihtet ihr Hauptaugenmerk auf Stüdcke, die einen Kafsenerfolg versprechen, und da sind es eben die französishen, welche dem Ge- \{mack des Berliner Publikums jeßt wieder mehr denn je zusagen. Auf das Werk näher einzugehen, ist wohl überflüssig, es seßt si aus jenen ausgelassenen Scenen zusammen, die auf einen Lacherfolg ab- zielen, und diesen erreichen sie vollständig. Erfreulich ist die Thatsache, daß in Frl. Biedermann vom Theater an der Wien wieder einmal eine Soubrette erstanden ift, wie sie si eine strebsame Direktion nur wünschen kannz ihr erstes Auftreten am Sonnabend bedeutete einen vollen Erfolg und erwarb ihr sofort die Gunst aller Zuschauer. Das bekannte trefflihe Ensemble, die Hrrn. Alexander, Guthery, Worlißsch, Meißner, that wieder seine volle Schuldigkeit, und so ist denn dec „Mamsell’ Nitouhe“ auf lange Zeit hin die Allein- herrs{chaft auf dem Wallner- Theater gesichert.

Kroll’s Theater.

Am Mittwoch tritt Marcella Sembrih noh einmal als ,„Traviata“ auf und ¿war neben Hrn. Anton Erl als „Alfred“: ein Gast-Duo, das der beliebten Oper neuen Reiz zu verleihen geeignet ist In der heutigen Erstaufführung von Gluck's „Orpheus“ (Antrittspartie voa Ernestine Heink) singt Frau Hadinger die „Eurydice“ und Frl. Karlona den Amor.

Mannigfaltiges.

Das Mausoleum im Charlottenburger Schloßpark ist nah seinem Umbau am 7. Juni, dem fünfzigjährigen Todestage König Friedrih Wilhelms III., dem Publikum wieder geöffnet worden, nachdem es bereits am 9. März, dem Gedächtnißtage Kaiser Wilhelm's LI., feierliß geweiht wurde. Der Umbau ift, wie das „Centralblatt der Bauverwaltung“ mittheilt, der dritte, den die RNubhestätte der Königin Luise erfährt. In den Jahren 1826—28 erhielt der 1810 durch Genß na Schinkel's Plänen und zwar ledig- lich als Grabmal der Königin erbaute älteste Theil seine vielbewunderte granitene Front. 1841—1842 ließ Friedrich Wilhelm 1VY. zur Bei- segung seines Vaters und zur Ermöglihung gotte8dienstlicher Handlungen dem Bau durch Hesse und gleichfalls nah einem Entwurf Sthinkel’s diejenige Gestalt geben, welhe cr bis zum Vor- jahre zeigte. Der jeßt vollendete Umbau if nach den Anordnungen der Hochseligen Kaiserin Augusta durch den Hofbauinspektor Geyer ausgeführt worden. Er besteht der Hauptsache nah in einer Erweite- rung der Kapelle!Friedrich Wilhelms IV. derart, daß in ihr außer den Rauch’shen Sarkophagen König Friedrih Wilhelm?s und der Königin Luise auch die Grabdenkmäler des Kaiserlichen Paares Plaß finden. Die Gruft unter diesem Raume ist zur Aufnahme aller fechs Fürst- lihen Särge neben den Herrscherpaaren ruhen dort bekanntlih au Prinz Albrecht und die Fürstin Liegniß würdig auêgebaut worden. Da fi die Veränderungen auf die zurückliegenden, von Bäumen und Gebüsch dicht gedeckten Theile des Bauwerks beschränken, fo fallen sie im Aeußeren dem dur den Tannengang an das Maufoleum Herantretenden wenig in die Augen. Das Innere hat durch die Veränderung nur gewonnen. Hier wie im Aeußeren hat man \sich in der Wahl der Formen und Baustoffe pietätvoll an das Alte angeschlossen und besonderen Werth auf eine mit der edlen Bestimmung des Bauwerks in Einklang befindliwe Ge- diegenheit gelegt. Die Altarnishen-Kuppel mit dem Pfannschmidt?- {hen Bilde ist vollständig erhalten geblieben und nur mit großer Sorgfalt und ohne irgend welhen Schaden zu nehmen zurück- ges{choben worden. Ebenso find die kostbaren Ausftattungsftücke des Raumes die alten geblieben. Die Rauch'’shen Sarkophage stehen auf ihrem früheren Plate, zwischen ihnen und der Altarnische aber ift der Raum freigehalten sür die Grabdenkmäler des Kaiserpaares, über deren Gestaltung endgültige Bestimmung voraussihtlich bald er- folgen wird. E

Aus dem Jahresbericht des Vereins für Kinderhbeilstätten an den deutshen Seeküsten bebt die „N. A. Ztg * bervor, daß das Hospiz in Norderney von 580 Pfleglingen im leßten Jahre

(gegen 568 im Vorjahre) mit 29 669 Vervflegungs tagen besucht war. Der durchschnittlice Aufenthalt eines Pfleglings berechnet ih auf 515 Tage. Freistellen erhielten 77 Knaben und 106 Mädchen, Außerdem konnten at Kindern aus dem Anftaltëfonds Beihülfen zu verschiedenen Beträgen gewährt - werden. Die meisten Kin- der famen aus Berlin (123), dana aus Sachen 74, der Rhein- provinz 74, Westfalen 50 u. \. f. Als Pflegerinnen waren im Vor- jahre die Scwestern des Viktoriahauses thätig, die aber in diesem Jahre in Folge anderweiter Verpflichtungen unabkömmli sind und dur ein ebenfalls ges{ultes Pflegepersonal erseßt werden. Das Hospiz in Wyk ift von 110 Kindern gegen 89 im Vorjaßre befuht worden. In Gr. Müriß wurden 150 Pfleglinge und in Zoppot 49 aufgenommen, sodaß die Gesammtzahl aller verpflegten Kinder 885 beträgt. Es sind von den versciedenen Hofpizen 50 bis 60 %%o Heilungen berichtet, und namentlich haben \fich die Winterkuren in Norderney durch glänzende Heilrefultate ausgezeihnet. Es sind nur 10 Tage während der Zeit vom Oktober bis März gewesen, an denen die Kinder nit ihre gewohnten Spaziergänge ausführen fonntezn. Der von dem Scatzmeister Hrn. Oppenheim erstattete Kassenberiht zeigt einen Kassenbestand von 16 000 #4 Das Budget pro 1890/91 ift auf 89 000 # Einnahme und 102000 (6 Ausgabe veranf{lagt.

Nah Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Potsdam, 9. Juni. (W. T. B.) FJhre Majestät die Kaiserin fuhr heute Vormittag mit der Herzogin Friedri Ferdinand zu Schleswig-Holstein, der Prinzessin Heinrich und dem Kronprinzen von Ftalien im vierspännigen Wagen nach dem Bornstedter Felde, woselbst der Kronprinz zu Pferde stieg. Se. Majestät der Kaiser, um- geben von den Prinzen Heinrih und Friedrih Leopold von Præußen und dem Prinzen Ruppreht von Bayern, dem Herzog Ernst Günther zu Schleswig - Holstein, der Generalität und einer großen Suite, erwartete die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften an der Spiße der 2. Garde- Kavallerie-Brigade. Nach dem Abreiten der Fronten des 1. und 3. Garde-Ulanen-Regiments wurde der Parademarsch ab- genommen, und fand dann regimenterweise die Besichtigung statt, wobei Se. Majestät der Kaiser alle Evolutionen Allerhöchstselbst mitritt. Sodann wurde ein Feuer- gefeht eingeleitet, zu welchem ‘das 2. und 3. Ba- taillon des 1. Garde - Regiments hinzugezogen waren. Nah Beendigung des Gefehts nahm Se. Majestät der Kaiser den Parademarsch in Escadrons: Kolonnen im Trabe ab. Allerhöchstderselbe seßte Sih alsdann mit dem Kron- prinzen von Jtalien an die Spiße des 1. Garde-Ulanen- Regiments und ritt mit demselben nach dessen Kaserne, woselbst die Allerhöchsten Herrschaften den Lunh einnahmen. Se. Majestät der Kaiser und der Kronprinz von Ftalien wurden unausgeseßt von der zahllosen Menschenmenge enthu- siastisch begrüßt. ;

Bremen, 9. Juni. (W. T. 8.) Heute Vormittag 10 Uhr fand im Ausstellungspark die Eröffnung der Handelsaus stellung durch den Vorsißenden derselben, Gustav Pagenstecher, statt.

Pest, 9. Juni. (W. T. B.) Jn der heutigen Sißung des Ausschusses der österreichischen Delegation gab Graf Kàlnoky ein Exposé der politischen Lage und betonte dabei, daß die allgemeine Nihtungund die Grundlage der Politik Desterreih-Ungarns eine vollkommen unveränderte sei. Diese Grundlage, deren Basis das central-europäische Bündniß bilde, habe nicht nur keine Wandlungen erfahren, sondern sei noch mehr vertieft, geklärt und gestärkt worden. Hierzu habe

auptsählih die Persönlichkeit des hochbegabten thatkräftigen onarchen des Deutschen Reichs beigetragen. Der in der Beseßung des Postens des deutschen Reichskanzlers eingetretene Wechsel habe keine Störung verursacht. Die Beziehungen zu den anderen Mächten seien vollkommen befriedigende; es sei Hoffnung vorhanden, daß eventuell auftauhende Fragen im Einverständniß gelöst würden. Das Verhältniß zu den ODesterreih-Ungarn näher berührenden Staaten sei unverändert.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

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Wetterbericht vom 9. M orgens 8 Uhr.

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haus. Anfang 7 Uhr.

thefar. Anfang 7 Uhr.

wolkig Maskenball.

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Paris .….. | 767 |SSW 1

Anfang 7 Uhr. r SSW ite... | 766 SD | Karlsruhe. ,| 768 |SW 2 Wiesbaden .| 767 til München ..| 768 |\WNW 1skei Chemniß ..| 766 |NW 3 hei Berlin... . | 764 |WNW 5 Wien .…... | 765 |\NW 3\wolkenlos Breslau. .. | 763 |[W 5/bededt 1 2

Donnerstag:

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Uebersicht der Witterung.

Das barometrishe Minimum, welches gestern westlich von Wisby lag, ift ostwärts nah den russi- schen Ostseeprovinzen fortgeschritten, während ein Plinimum nordwestlih von Schottland erschienen ist. Die Winde sind in Deutschland allenthalben \chwächer geworden nur an der ofstdeutshen Küste wehen stellenweise noch starke westlihe Winde. Das Wetter ift in Central-Europa durch\chnittlich etwas

Donnerstag:

wärmer und theilweise heiter. ist Reaen gefallen.

Theater - Anzeigen.

Königliche Schauspiele. 140, Vorstellung. Die Walküre in 3 Akten von R. Wagner.

Schauspielhaus. 145. Vorstellung. S({wank in 4 Aufzügen von G. von Moser. | von

Mittwoh: Opernhaus. Oper in 4 Aufzügen von Verdi. Deutscher Text von Grünbaum. Tanz von E. Graeb.

Schauspielhaus. 7,146. Vorstellung. Ì Schauspiel in 5 Aufzügen und einem Vor- spiel „Die Klöte von Rofen*, nach ihrem Noman gleihen Namens

Deutsches Theater. staatssekretär.

Mittwo: Der Richter von Zalamea. Mein Leopold.

Berliner Theater. Dienstag: Der Kriegs- (Friedrich Mitterwourzer.) Zum 1. Male: (Friedrih Mitterrwourzer.)

Keau. Anfang 7} Uhr.

Lessing - Theater. Schauspiel in 4 Aïten von Hermann Sudermann.

Mittwoch: Der gas Clémenceau. Schauspiel in 5 Akten von ÁÀ.

Donnerstag: Die Ehre. von Hermann Sudermann.

In Osft-Deutschland

Deutsche Seewarte, | Wien, Zum 4. Male:

und A, Millaud.

Großes Garten-Concert. der Vorstellung 74 Uhr.

Mittwoch u. folg. Tage: Biedermann.

Victoria-Theater. Stauley in Afrika.

Dienstag: Opern-

Dirigent: Kapellmeister Sucher. Der Biblio-

141. Vorstellung. Ein | Anfang Uhr.

Die Geier- Concert-Park. Direktion:

Dienstag: Zum von Wilhelmine von Hillern. h 9 und Julius Bauer.

r. Kapellmeister Knoll. A Dienstag: Der Unter: v en Concert. Auftreten

mental-Künstler.

Doctor Wespe. | Hrn. Anton Erl. La Traviata.

leuchtung des Sommergartens:

Dienstag: Die Ehre.

Belle-Alliance-Theater. 101. Male: Der Nantilus.

Dumas und A. d'’Artois.

Schauspiel in 4 Akten Militär-Doppel-Concert.

Spezialitäten. L Garten-Etablifsements. der Vorstellung 7} Uhr.

Waliner=-Theater. Dienstag: 4. Gastspiel von Therese Biedermann vom Theater an der Wien in | Mamsell Nitouche. Vaudeville in 3 Akten und 4 Bildern von H. Meilhac Musfik von M. Hervés.

Vor der Vorstellung, bei günstiger Witterung : Anfang des Concerts 6#,

Gastspiel von Therese Mamsell Nitouche.

Dienstag: L2um 294, M.: Zeitgemälde in 10 Bildern Alex. Moszkowskt und Richard Nathanson. Musik vor. C. A. Raida. Ballet von S. Severini.

Mittwoh: Dieselbe Vorstellung.

TFriedrih-Wilhelmftädtisches Theater und Julius 144, Male; Jonathau. Operette in 3 Akten von Hugo Wittmann L Musik von Carl Millöcker. In Scene gesezt von Julius Fri ne É Hrn. Heinrih Wiel Im prachtvollen Park um 6 Uhr: Großes Dopyel- v E erster Gesangs- und Instru-

Mittwoch): Dieselbe Vorstellung.

Kroll’s Theater. Dienstag: Orpheus. Erstes

Auftreten von Fr. Ernestine Heink. Mittwoch: Gastspiel von Marcella Sembrich und

Täglich: Bei günstigem Wetter vor und nah der Vorstellung, Abends bei brillanter elektr. Be- Großes Concert. Anfang ddt, der Vorstellung 7 Uhr.

Dienstag: Zum

Im prachtvollen glänzenden Sommergarten: Großes Auftreten

Brillante Illumination Anfang des Concerts 6 Uhr,

Familien-Nachrichteu.

Verlobt: Frl. Bertha Scümann mit Hru. Emil Bostelmann (Eiméebüttel). —- Frl: Lucie S@{warzlose mit Hrn. Major Reinhold Mitnecke (Magdeburg—Ghrenbreitstein). Frl. Johanna Martin mit Hrn. Karl Bahm (Mainz—Köln). Frl. Margarethe Petri mit Hrn. Dr. Adolf Lent (Berlin), Frl. Helene Beussel mit Hrn. Sec.-Lieutenant Heck (Wansdorf—Berlin). Frl. Anna Esdar mit Hrn. August Bick (Dortmund). Frl. Ida Menge mit Hrn. Frank Willcor

(Bahia).

Vereheliht: Hr. Pr.-Lieutenant Albert von Reppert-Bismarck mit Frl. Toni Sherenberg (Stendal). Hr. Amtsrichter Paul Baedeker mit Frl. Marie Holle (Dortmund). Hr. Oskar Harder mit Frl. Anna Gelzer (Hambarg). Hr. Friß Kühne mit Frl. Luise Feldhoff\ (Plettenterg =—Hemer). Hr. Karl Grunack mit Frl. Wil- helmine Nelcke (Berlin). Hr. Georg Bersu mit Frl, Luise Steiniß (Berlin). Hr. Ernst Zillefsen jun. mit Frl. Else Jansen (Krefeld).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Hauptmann Görlitz

(Minden). Hrn. Meta Paus (Hannover).

l cemen), Hrn. I.

B. Reiners (Brake). Hrn. P. Langhoff (Ber-

lin) EineTochter: Hrn. Rodrigo de Castro

(Hamburg). Hrn. R. Thisius (Berlin). Hrn.

Louis Hiller (Königsberg). Hrn. Julius Lüning

(Bremen). Hrn. W. Treckmann (Krefeld). Hrn. Carl Schulze (Neuschleußig).

Gestorben: Hr. Gutsbesißer Carl Seeler (auf Schwartow). Hr. Rentier Carl Hoe:pner (Helmstedt). Hr. Kaufmann Gustav Budnick (Bladiau).

Frißs\che. Der arme

Dirigent :

Redacteur: Dr. H. Klee.

Verlag der Expedition (S ch{ch olz). Druck der Norddeutshen Buchdruckerei und Verlags- Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Sechs Beilagen (einschließli Börsen-Beilage).

Berlin:

fämmilicher des ganzen

(9503)

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

M 137.

Berlin, Montag, den 9. Juni

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Deutsches Neid. e Berit

der in den deutschen Münzstätten bis Ende Mai 1890 ftattgehabten Ausprägungen von Reich8münzen.

1) Im Monat Mai Goldmünzen

Silbermünzen

1890 find geprägt worden in:

Doppel- Halbe

Kronen kronen

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M.

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iervon auf rivatrech- Kronen nung

Fimf- | Zwei- | Ein- | Fünfzge | Zwanzig- marfkstücke | markstücke | markstüdcke Pie M A. t. Mh | t.

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Kupfermünzen

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Zwei- Ap vfennigstücke | pfennigstüdcke

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Muldner Hütte . . Stuttgart Karlsruhe Hamburg

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2) Vorber waren geprägt*)| 1 938 649 520|476 696 010/27 969 925|1121641770|74 104 195/104 964 606/178 990 334| 71 486 552 —| 35 717 922/80

184 030/— 3 701 931/80}

00 j 20°

13 346 784 65] 6 213 207 44

3) Gesammt-Ausprägung |T 938 619 530/476 696 010/27 969 925[1121641770/74 104 195|101 961 60SIT78 990 334| 71486002 —| 35117 922 30

4) Hiervon find wieder

eingezogen 1 062 400 1298 3901 9 685

7 380 7 848 7 294 2 959/50] 13 002 915 80

3 885 961 80]

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T9 587 120[479 397 620/27 960 240 J 440 944 950 M

5) Bleiben

*) Vergl. den „Reichs-Anzeiger“ vom 10. Mai 1890 Nr.

Berlin, den 7. Juni 1890.

Parlamentarische Nachrichten.

Schluß des Berichts über die (69.) Sißung des Hauses der Abgeordneten vom Sonnabend. Auf der Tagesordnung steht die dritte Berathung des Geseßentwurfs zur Ausführung des 8. 9 des Geseßes, betreffend die Einstellung der Leistungen aus Staatsmitteln für die römish- katholishen Bisthümer und Geistlihen vom 22. April 1875. |

Ueber die Reden der Abgg. Reichensperger, von Meyer - Arnswalde, Graf Strachwiz, Stöcker und Dr. Windthorst haben wir bereits in der Sonnabend-Nummer berichtet. Jn der Fortseßung der Generaldiskussion ergreift nah dem Abg. Dr, Windthorst das Wort

Staats-Minister Dr. von Goßler:

Pi eine Herren, nahdem der Herr Abgeordnete Dr. Windthorst erklärt bat, daf: er mit scinen politischen Freunden gegen die Vor- lage stimmen will, so glaube i, wird der \ch{ließliche Erfolg ‘über das Schicksal diejes Gesetzes kaum noch einem begründeten Zweifel unterliegen.

An der Hand der Erörterungen der ersten Lesung haben die Meinungsverschiedenheiten einen so \charfecn prinzipiellen Gegensatz an- genommen und namentlich auf juristishem Gebiet, unter Juristen, unter denen bekanntlich eine Versöhnung sehr {wer möglich ift, daß ih €© für nüßglih halte, nit weiter in diese Materie einzutreten. Im Allgemeinen kann ih nur das wiederholen, was i gesagt habe: Jeder bält an seiner juristishen Anschauung fest, eine Vereinigung findet richt statt, ein Verzicht ist aus höheren politisben Rücksichten für ausgeschlofsen zu erachten, und somit, glaube ih, ist es besser, man verfolgt die allgemeinen rechtlichen Erörterungen rickt weiter, um nicht Differenzen, die einmal bestehen, roch mehr zu steigern.

Der Abo. Graf Strawwiß mat es der Megierung zum bescnderen Vorwurf, daß fie bet der Einbringung und bei der Ver- tretung dieser Vorlage auf die Stimmung des katholischen Volks, des fatholiscen Klerys und ter Vertreter des katholischen Volkes bier im Hause zu wenig Rücksiht genommen habe. Ich babe s@on früher eine Andeutung gemacht, daß die Staat8regierung nit in der günitigen Lage ist wie die Mitglieder der Centrumspartei, die eben nur auf eine Stimmung Rückficht nehmen und zwar auf eine Stimmung, auf welche sie einen entscheidenden Einfluß haben. Die Staats- regierung ist verpflichtet, au auf Stinmungen in anderen Parteien, mögen fie auf kirhlihem oder politishem Gebiet si bewegen, Rück- sicht zu nehmen, und wie die Stimmung hier im Hause is, meine Herren, haben Sie ja zur Genüge kennen gelernt. Die Regierung hat bier wirktlich niht die Führung genommen, um eine Stimmung im fatholisben Lager zu überwinden, fondern sie hat, wie ih das son angedeutet habe, immer eine möglich# rukßige, mittlere, objektive Diagonale zu wahren ge\uckcht, fich in keiner Weise an den scharfen Angriffen betheiligt, die zum Theil über den Rabmen dieser Vorlage hinaus gegen das Centrum und die von ihm vertretenen Interessen geltend gema@t worden sind,

Mit dieser Stimmung, mit welcher der Abga. Graf Stra@wißz so sicher rechnete, ift es immerhin einigermaßen eigenthümlid. Wir müssen wieder etwas den Blick aus dem Rahmen der gegenwärtigen Diskussion hinautwerfen. Wovon wird die Situation politisch be- berrscht? Doch eigentlich von dem Gedanken, daß das Centrum es ablebnt, eine Verantwortung zu übernehmen für ein Ja der Regierungs- vorlage gegenüber. Nun haben Sie aus dem Munde des Hrn. Abg. Dr. Windthorst und aus meinen eigenen Aeußerungen entnommen, daß noch in den leßten Wochen der Papst den Bischöfen und der Centrumérartei es überlaffen hat, sich zur Vorlage zu stellen wie sie wollen. Der Sinn der Erklärung des Papstes, wenigstens so weit i versteLe, ist doch der, daß diesen beiden Kategorien von Vertretern des fotktolishen Volks überlaffen wird, das zu thun, was sie für ret halten, und daß vom pôpstlichen Stond- punkte aus diese Frage eine innerpreußisch-kirhlihe ifi, welche nach Gesihhtepunkten zu ertscheiden ist, die den Papft als Vertreter der katbolishen Kircbe unmittelbar ni&t angeht. Nun spielt si vor unseren Augen gewissermaßen ein Kampf ab oder ein Schawspiel das ist vielleiht der korrektere Auëdruck; wir sehen au heute bei tem Hrn. Abg. Dr. Windthorft das Bemühen, die Verantwortung für die Ablehnung oder Zustimmung den Bischöfen zuzuschieben, (Widerspru im Centrum.) Nit? Ich denke doch! Der Sinn des Antrages Windthorst kann nur der sein, daß die Regierung si unter Suépension der gegenwärtigen Verhandlungen mit den Vischöfen zu vereinigen, und wenn die Vereinigung zu Stande gekommen ist, daraufhin cinen Gesetertwurf aufzubauen hat. Die Bischöfe haben si geäußert! so hat der Hr. Abg. Dr. Windthorst mir mit Empbhase zugerufen, ih möchte es ihm, wenn auch ohne Emphafe, zurückgeben. Die Bischöfe {einen sih nicht geäußert zu baben troß der Vollmaht des Papstes; denn, wenn sie sich geäußert hätten, wäre der Antrag Windthorst, wie wir ihn heute vor uns fehen, unnüß, und wir würden sicherlich gehört haben, was die Bischöfe gewollt und bes{lossen baben. Datjenige, was über die Stimmung der Bischöfe in die Oeffentlic keit gedrungen ift, läßt darauf ließen, daß ihr prinyzipieller Standpunkt vom August v. J. doch nit unbedingt festgehalten wird. Es sind zudem die Acußerungen, die in der Preffe mehrfach aufgetauht sind, meines Erachtens ein ganz ficheres Kenn-

zeichen, daß auch im Klerus die Meinung keineëwegs so geschlossen ist, wie der Hr. Abg. Graf Stracwiy anzunehmen |s@eint. (Zuraf: Do!) Sie sagen: Doch!; ich habe hier

22 715 007 |—

74 096 STO[TO4 956 75SIT78 983 40} TL 483 592,5

F355 952 10] 27 267 519 60] 13 316 447 70

621319 80| 4930 369 70

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Hauptbuchhalterei des Reihs-Schatzamts. Biester.

(Zuruf: Einige Domkerren!) Einige Domherren? Dom- herren sind Mensckcen und auch Kleriker, und wenn ich Ihnen anführen kann, daß Domkberren der Meinung find, das Gesetz sei tolerabel, könne angenommen werden unter gewissen Kautelen auf Grund des Artikels 3, so ist das wobl ein siheres Argument gegen die Behauptung des Abg. Grafen Strahwiz. Die Frage, die ih hier berührt Babe, ist Gegenstand der Erörterung in einem der ultra- montansten Blätter geworden, in dem ,WestfälisGen Volksblatt“, welches bekanntli unmittelbar sich in vollem Anf{luß an das Genetal- vikariat und den bi\chöfliGen Stuhl in Paderbor1 hält. In diesem Blatte beißt es wörtlich : wir können Vorftehendem hin:ufügen, d unsec howwürdizfter Herr Bischof im Cinverständnisse mit dem howwürdigen General- vikfariate Axnahme der in Rede stehenden Gesetesvorlage für zulässig erahtet, sofern die Befugnisse des Herrn Ministers rücksichtlich der Verordnung der angebotenen Rente beshränkt werden.

Meine Herren, es is nach der ganzen Haltung des Blattes un- mögli, daß dasselbe in seine Spalten auf sclchem Gebiete etwas Anderes aufnimmt, als das, wozu es vom Generalvikariat ausdrück- li ermäctigt ist. Der Generalvikar ift Schulte, früher Erwitte ge- nannt; er gaehört, wie die Herren wissen, zu den zielbewußtenien und ents&lofsenstea Veriretern der katholishen Kirche. Von der einheitlihen Stimmung, mit der Sie uns hier eins{üchtern wollen, fann man also, wie Sie seben, nit \sprehen. Selbst Van O, E S nur einige Domherren wären: aber meines Wissens sollte ih falsch berichtet sein, so nehme ih es zurück hat sich auch das Domkapitel ausdrücklich in derselben Weise \ch{lüssig gemaht, wie €s hier bezeugt wird von dem General- vikariat zu Paderborn. Meine Herren, die sogenannte Geschlofsen- beit ist also {hon nah dem Angeführten um von Anderem zu \chweigen nicht vorhanden; es kann auch von der behaupteten ziel- bewußten Einheit bei Betrahtnaßme des Schreibens des Papstes füg- lih kaum die Rede fein. 5

Dann hat der Hr. Abg. Dr. Windthorst wie das mögli, ift mir eigentlich nicht ganz klar mir gegenüber darauf hingewiesen, daß das Schriftstück, welches ich verlesen habe, ein ganz gleichgültiges sei. Ich nehme es ihm nicht übel, wenn er es für nüßlih erachtet, diese Ansicht zu hegen und auszusprechenz es ist mir dann aber nur wunderbar, daß er auch beim Minister-Präsidenten nachgefors{cht hat, cb ich nitt zu weit gegangen wäre in meiner Erklärung. Zu meiner Freude habe ich wie ih-einshalte hier wiederholt die Erklärung vernommen, daß meine persönliße Wahrhafiigkeit und Wakhrheitsliebe niht angetaitet worden ift.

Der Herr Minifter-Präsidert bat ausdrüdlih gesagt: der Kultus: Minister ist so weit gegangen, als er gehen tonnte, und wenn es ver- langt wird, kann er auch die Namen nennen. (Rufe im Centrum: Thun Sie cs!) J thue es nicht! Z

Nun bat der Hr. Abg. Dr. Windthorst heute wie i glaube, für dic Persönlichkeiten, die er viellei&@t abnt, vielleiht auch kennt Ausdrüccke gebrau6t, die sicherlich ihr Ziel mir gegenüber kaum haben können. Es wurde, scroeit ich mir notirt habe, davon geredet, daß irgendwie ein unbekannter Mann der preußishex Regierung die Mittheilung gemack&t habe, und daß das System der Spihel auch gegen den Vatikan angewandt werds. Ich bitte den Hrn. Abg, Dr. Windthorst, sid mit den Personen abzufinden, die er vermuthet. Ich habe ausdrücklih in der Kommission erklärt und erkläre jeßt wieder, daß dcr Weg, auf dem wir das dort Mitgetheilte erfabren baben, ein solWer ist, welhen der heilige Vater felbst benußt, um mit der preußishen Regierurg in Verbindung zu treten. Daß das ein anderer Weg is als der, den ter Hr. Abg. Dr. Windtho: st benußt, ist möglich, aber bei großen Aktioren ift das eben nit anders. Jede Regierung und ebenso der beilige Vater, der auch cine hohe diplo- matis{e Mission erfüllt hat, benußt versbiedene Wege.

Ich darf au noc erwähnen, daß die Erklärung, die i abge- geben habe und die Sie in dem Kommissionsberict abgedrudt finden, meines Crahtcns eine Brücke war, die abzureißen der Hr. Abg. Dr. Windhorst nit nötbig hatte. Er kann sagen: ich weiß davon nichts, i bezweifle es; aber immer mit Emphase auszusprechen: er behaupte mit Bestimmtheit, daß cs absolut nicht wahr sei, das balte ih für unvorsihtig, Die Dinge haben si so geschoben, daß uun diese Brückte abgebrochen werden foll und daß die Bischöfe \{chwei- gen, weil soweit es nah Inhalt meiner vorherigen Andeutung aus den Poren dringt sie doch nicht entschlossen sind, die von dem Abg. Windthorst vertretene Auffassung zu theilen, S4 würde es für nüßlih erahtet Haben, wenn der Hr. Abg. Dr. Windthorst tas Maß der Verantwortung, welches er beute auf sih nimmt, nicht auf si genommen bätte. Ich bedauere es, denn ih glaube, seine Hoffnung, daß diese Sade in leihtem Fluß bleiben werde, kann tod möglicherweise eine trügerishe sein. Ich bin zu feiner Erklärung crmäctigt, habe es auch durchaus vermieden, eine Erklärung der Staatsregierung zu extrahiren, welche die von dem Abg. Dr. Windthorst wenn ih recht verstanden habe erörterte Frage berührt, ob die Sperrgeld - Angelegenheit weiter verhandelt werden fkarn, ob sie bald wieder vorgebraht werden wird u, \. w, Wenn ich heute einen desfallsigen Beshluß extrahiren wollte, so würde derselbe vielleiht negativer sein, als mir von meinem ruhigen erwägenden Standpunkte lieb ist. Denn, meine Sen Spitzen find für die Staatsregierung geblieben, au wenn Sie es aus meinen Worten nicht entnommen haben; innerhalb der Staatsregierung leben Menschen, die eine gewisse Ehre haben und nicht vergessen können, was für Vorwürfe bier gegen sie erhoben worden find. Meine Herren, ih habe wie gesagt absichtlich keinerlei Beschluß der

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Staatsregierung extrahirt, um mir nit etwa in Zukunft den Weg zu vers{ließen. i

Fc bedauere die jetzige Wendung; aber wenn eine Hoffnung mir \cbeitert, danu denke ih immer an die Absicht, mit der ih an die be- treffende Sache herangegangen bin. Ich kann sagen, daß wir der Fürst Bismarck, welcher der wesentliche Träger der Vorlage gewesen ist, und ich von der friedliebendsten {bst geleitet worden sind; leider scheiterte unser guter Wille; aber ih werde mich freuen, wenn er anderweitig hier im Hause und au im anderen Hause An- erkennung findet. ; L

Abg. von Rauchhaupt: Der Abg. Windthorst hat de- hauptet, wir hätten den Abg. Stöcker vorgeschick, um uns zurüczuziehen. Das ist unrichtig. Wir haben Hrn. Stöcker ledigli reden lassen, weil er persönlih angegriffen war. Sr hat lediglih für seine Person gesprohen. Die Erklärung, die wir abzugeben haben, lautet nun aber dahin, daß, da es nicht gelungen ist, eine ausdrülihe Zustimmung des Centrums zu diejer Vorlage zu gewinnen, da es ferner niht gelungen ist, wenigstens ein tolerari posse von ihm zu erlangen, und da es drittens niht gelungen ift, über die Auffassung des §. 1, welcher die verschiedene Rehtsauffassung über die Natur des Sperr- gelderfonds auszugleihen in der Lage wäre, eine Einigung zu erzielen, wir bei der Erklärung stehen bleiben, die der Graf Limburg-Stirum in zweiter Lesung abgegeben hat. Wir werden aus den Gründen, die er damals entwidelt hat, auch heute gegen das Geseß stimmen.

Abg. von Stablewski: Wenn auch einige Domherren die Vorlage annehmen möchten, so werden wir sie doch nit annehmen, denn es handelt sich hier um die Wahrung des Eigenthumsrehtes, um die Wahrung eines großen Prinzips. Wie sehr unsere Geistlihen durch die Vorenthaltung der ge- sperrten Gelder geshädigt werden, könnte ih Fhnen an einer Reihe eklatanter Fälle nachweisen. Jh kann z. B. zum Ruhm des früheren Erzbischofs von Posen hier erklären, daß er mehr als arm gestorben ist. Der Grund dazu ist nicht blos in seiner edlen Barmherzigkeit zu suchen, sondern auch darin, daß ihm in Königsberg der Staatszushuß eine Reihe von Fahren ge- sperrt war und er sih uud seine Kapläne mühsam hat unter- ha!ten müsscn. Der Staatszushuß hat kaum ein Zehntel dessen betragen, was man der fkatholishen Kirche genommen hat; der Erzbishof von Posen und Gnesen bezog zu Ende des vorigen Jahrhunderts 130 000 Thaler. Nach dem heutigen Geldwerch müßte er 300000 Thaler beziehen, nicht 12 000 Thaler. Die Domherren beziehen heute ein kärglihes Subalterngehalt von 800 Thalern. Hoffentlih wird ihr Ge- halt hon: im nähsten Fahre aus Staatsfonds verbessert. Wir stimmen gegen das Gesetz, aber aus anderen Gründen als die Konservativen.

Abg. Freiherr von Zedliß: Wir werden wohl nicht in den Verdacht gekommen sein, Hrn. Stöcker vorgeschickt zu haben; wenn Jemand Fnteresse am Staubwirbeln hatte, fo lag dies Jnteresse auf der anderen Seite. Ein Anlaß, unsere Stellung, die wir in erster Lesung gekennzeihnet haben, zu ändern, liegt niht vor. Wir werden daher die Vorlage ab- lehnen. Darin kann uns auch der Hinweis des Abg. Windt- horst auf den Reichstag niht- irre mahen. Jh meine, daß das Centrum seine Pflichterfüllung im Reichstage niht davon abhängig machen wird, daß dies Gesey in seinem oder in einem anderen Sinne erledigt wird. Wenn die Herren von demselben friedlihen Sinne beseelt wären wie wir, dann würde es ihnen leiht sein, die Beruhigung der Bevölkerung herbeizuführen; aber man scheint die Beruhigung nicht zu wollen. Sie tragen die Verantwortung dafür, wenn das Sn niht zu Stande kommt, nicht wir.

bg. Brandenburg: Es handelt sich bei den einge- stellten Staatsleistungen niht um Leistungen der Gnade, son- dern um Leistungen auf Grund rechtliher Verpflihtungen; die Katholiken haben sich troß der Sperre als gute Bürger be- wiesen, der Staat mußte diesen Uebergriff in das Gebiet der Kirche zurücknehmen. Die einfahe Folge davon ist, daß der Staat die Gelder zurücckgeben muß und zwar niht in Form einer Rente. Alle Gründe, die dagegen angeführt werden, sind dem Volke unverständlich. ie Vorlage hat einen krämerishen Anstrih; man will niht das Kapital, sondern nur die Zinsen Ra OS und noch außerdem einen Neben- zweck herausshlagen. Die Vorlage hat auch einen revolutionären Charakter, sie hat nur ein Gegenstück in dem Gesey Jung- Ztaliens gegen die opere pie. Daß die Zustimmung des eiligen Vaters erfolgt ist, ist widerlegt; die allgemeine Be- dun ist nit eingetreten; deshalb werden wir gegen die ar timmen. i bg. Hobreht: Da das Centrum gegen die Vorlage stimmen will, so können wir nach unseren früheren Sr-