1890 / 140 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 12 Jun 1890 18:00:01 GMT) scan diff

Theater und Musik,

Berliner Theater.

Genau 54 Jahre verscezte das Berliner Theater am gestrigen bend seine Besucher zurück, indem es ihnen ein Theaterstück aus der sogenannten guten alten Zeit darbot, nämli Benedix vbieraktiges Lustspiel „Doctor Wespe*. Lediglich ein literarhistorishes Inter- esse konnte es sein, welches man diesem veralteten Werk entgegen- brate; cs ist so recht dazu angethan, uns erkennen zu lassen, welche Wandlurg ih seit den dreißiger Jahren im Geshmack des Theaterrublikums vollzogen hat. Denn was damals gefiel, vielleicht sogar großen Grfolg haite, das erregt heute kaum noch unsere Aufmerksamkeit, geschweige denn unseren Beifall. In „Doctor Wespe“ werden uns Verhältnisse gescildert,- deren Harmlosigkeit uns gerade;u sagenhaft erscheint, und das Einzige, was wir bewundern, ist die Anspruchslosigkeit unserer Altvordern, um die sie in gewissem Grade zu beneiden sind. Es darf als ein Wagestück betrahtet werden, daß die Direktion des Berliner Theaters eine solhe Antiquität, wenn auch nur für wenige Abende, auf das Repertoire sezte, aber mit einem Künstler von der Gestaltungs- funst Friedrich Mitterwurzer's konnte man es hon auf einen Versu ankommen laffen. Dieser Versa darf nun als gelungen be- zeihnet werden. Mitterwurzer verstand es, einer Figur, wie der des Dr. Wesve, Inhalt und Mark zu verleihen, und wenn man aub nicht an die Môglichkeit ihrer Existenz glaubt, - so hat man doch das Vergnügen, eine tüchtige Kraft si an ciner schwierigen Aufgabe mit (rfolg versuchen zu sehen. Man vergaß die Dürstigkeit des Charakters einer Gestalt wie Dr, Wespe im Hinblick auf die feine und gut studirte Darstellung, die dem Dichter überall nawhalf und da selbstshaffend eintrat, wo die poetische Gestaltungskcaft völlig versagt hatte. Die harmlose Aufgeblasenheit des P octen und Redacteurs, seine Eitelkeit, die fich in Wort und Haltung kundgiebt, die Gutmüthigkeit des \paß- haften Burschen, das Alcs wurde gewandt und lebens8voll zum Ausdruck gebraht, sodaß die Zuschauer ich gut unter- hielt-n. Trefflih unterstüßt wurde Hr Mitterwurzer dur Hrn. Basil, der den Maler Ohnau so herzlih und natürli spielte, daß er einen wohlthuenden Gegensaß zu der absichtlihen Gespreiztheit des Dr. Wespe bildete. Von den Damen ftand Fr. Baumeister in ibrer Leistung am hôchsten; sie vermied die naheliegende Gefahr, durch Uebertreibungen die überspannte Theudelinde noch lächerliher zu maten, als fie ohnehin {on ist, und ‘dur- tränkte ibre Nolle mit einem feinen Humor. Recht gefällig war Frl. Schneider als Thekla, auch Frl. Tondeur bemühte sich, ihre schwierige Rolle mit Geshick dur{zuführen, und das gelang ihr im Wesentlihen auch recht gut. Hr. Theodor Weiß und Hr. Vie beg fügten si gesickt in das tüchtige Ensemble ein, was au wobl von Hrn, Schulz-Donato gesagt werden farn. Eine köft- lie Figur war der Adam des Hrn, Jalenko; ihm wie den Haupt- darstellern wurde reichlicher Beifall zu Theil.

Bellie-Alliance-Theater

Im Sommergarten findet morgen oroges Glite- und Monstre-Concert (3 Militär-Musikcorps, 100 Mann) ftatt. Aus dem vielseitigen Vergnügungs-Programm sei das gegen 10 Uhr erfolgende Auftreten der Ersten Russishen Sänger- und Tänzer- Gesellshaft Iwanow hervorgehoben. Der Eintrittspreis für dieses Concert wird nicht erhöht, sondern beträgt wieZimmer nur 1 #.

Mannigfaltiges.

Fhre Majéstät die Kaiserin Friedri hat, der „B. B.-Ztg.* zufolge, dem kaufmännischen und gewerblichen ülfsverein für weibliche Angestellte aus der „Kaiserin riedrich-Stiftung*“ für die Zwecke des Vereins 400 # als außer- ordentliche Unterstüyung überweisen lassen.

Die Erste Allgemeine Deutsche Pferde-Ausstellung ist beute durch Se. Königliche Hoheit den Prinzen Fried- rich Leo pold feierlich eröffnet worden. In der großen Halle versammelte sich gegen 11 Uhr ein auserlesener Kreis geladener Ehrengäste. In Vertretung der Regierung waren die Staats-Minister Dr. Freiherr Lucius von Ballhausen, Dr. von Goßler, Dr. von Sholz sowie Staatssekretär Dr. von Stephan ershienen. Ferner waren zu- gegen der Polizei-Präsident von Berlin und der Pol1zei-Direktor von

Theater - Anzeigen.

Æ | haus. 143. Vorstellung. Orpheus und Eurydike.

Charlottenburg, der Chef der Thiergarten-Verwall! Geheime R rurgs-Rath Kayser, und viele hobe (Offiziere. Kurz- vor 11 Uhr erschien der P ann zu Sach!en-Weimar, und unmittelbar darauf fuhr durch das Kaiserporial an der Fasanenstraße Se König- lihe Hoheit ‘der Priúz Friedri Leopold in die rei „geihmückte Aubs- stellung ein. Der Prinz wurde am Portal der Free Halle von dem Ebren-Präsidenten der Ausstellung, dem Staats-Minifter Dr. Freihe Lucius von Ballhausen, vom Präsidenten Herzoz von Ratibor und den Herren des: Haupt-Comités- ‘empfangen / und“. durch die Éole hindur nah der So geführt, wo sih der SgeatliSe

kt der Weihe vollzog. Staats-Minister Dr. Freiherr Lu von Ballhausen begrüßte den Prinzen und gab in längerer Anrede eine Geschichte des preußishen Gestütwesens. Se. Königliche Hoheit gob hierauf den: Befehl zur Eröffnung, die mit einem auf Se. Majestät den Kaiser und dem Gesang der Nationalhymne voll- ¿ogen wurde. Der Prinz trat sodann einen längeren Rundgang an und ließ si auf der großen Bahn einige der Pferde’ vorführen.

Das Direktorium der Pferde-Ausstéllung beabsichtigt, am Freitag, den 13. d. ‘M., auf dem Ausftellungéplatz ein AusftellungsExtrablatt vertheilen zu lassen, welches ein genaues Tages-Programm für Sonn- abend, den 14. d. M, enthält, an welchem Tage Se. Majestät der Tat er die Ausstellung mit Allerböhstseinem Besuche be- eren wird.

Ueber die zur Zeit von der Reihs-Telegraphen-Verwaltung hier ausgeführte Röhrenanlage und das zur Erweiterung der Stadt-Fernsprehanlage in Berlin herzustellende unter- irdische Leitungsnetz erfahren wir folgende Einzelheiten. Zur Aufnahme der unterirdischen Fernsprehleitungen, welche in Gestalt von besonders fkonstruirten Erdkabeln ausgelegt werdèn, wird innerhalb der städtishen Straßenzüge ein ausgedehntes Ney von gußeisernen Röhren bergestellt. Die Länge dieses Röhrenneßzes beträgt zunächst etwa 41200 m. Die Weit: der Röhren \ckchwankt zwishen 20 und 40 em “mit einer Aufnahmefähigkeit von 20 bis 90 Stück Kabelr. Außerdem werden an besonders schwierigen Straßenkreuzungen etwa 100 m \chmiede- eiserne Kasten in den Straßenkörper eingebettet und 165 m gemauerter Kanal ‘hergestellt. Die zur Verwendung kom- menden, mit Eisendrähten bewehrten Kabel enthalten durchweg 28 dur getränktes Baumwollengespinst isolirte, zum Sußy gegen gegenseitige Lautübertragung außerdem mit Stanniolstreifen umwickelte Kupferleitungen von 1 um Stärke. Die Länge der zunächst auszu- lezenden Kabel beträgt inëgesammt 147 968 m und die Länge der Leitungen somit 4143104 m, Zur leiteren Einziehung der Kabel bezw. zur Prüfung der Leitungen werden im Verlaufe des Röbren- nezes etwa 405 gemauerte Einsteigbrunnen (Kabel - Unter- sucungsbrunnen) hergestellt, während zur Verbindung der unterirdishen Leitungen mit den oberirdisch bewirkten Ein- führangen der Drähte in die Sprec{stellen der Theilnehmer 46 Kabel-Aufführungsstellen vorgesehen find. Die Kosten der Her- stellung des zunä&st in Auéësicht genommenen unterirdishen Fernsprech- neßtes werden betragen:

für die Beschaffung und Verlegung der Röhren . 1254 000 #4 für die Beschaffung und Einbettung der Kabel 609 000 ,„ insgesammt fomit 1 863 000 M

Auf den verschiedenen Strecken herr\{cht die größte Thätigkeit der Telegraphen-Baubeamten und Arbeiter-Kolonnen, um die ausgedehnte und \{chwierige Anlage baldigst zu Stande zu bringen. Berlin wird dann ein croßartiges unterirdishches Fernsprechneß be- sitzen, wie es noch in keiner anderen Stadt der Welt besteht, und welches hoffentlich den noch immer steigenden Anforderungen (die neuesten Anmeldungen bringen die Zahl der Abonnenten bereits auf 15 000) ausreihend genügen wird.

Gestern Mittag fand, wie die „N. Pr. Ztg.“ meldet, bei Fürften- berg die Grundsteinlegung zur leßten Schleuse des O der- Spree-Kanals in Gegenwart des Regierungs-Präfidenten Grafen Hue de Grais statt, der auh die ersten Hammerschläge vollzog.

Görl igt, 10. Juni. Dem Comité zur Errichtung einer Dber- lausizer Rubmeshalle in Görliß ist aus dem Geheimen Civil- kabinet Sr. Majestät des Kaisers folgendes Schreiben zu- gegangen:

„Potsdam, 7. Juni 1890. Dem Comité theile ich im Aller-

Freitag: Opern-

Text nab dem Victoria-Theater. Freitag:

Majestäten, dur die

Sonnabend und folg. Tage: Gastspiel von Therese | [13804] Biedermann. Mamsell Nitouche.

2um 297. M.:

bôhsten Auftrage auf - die I

nehmen Acntis zu eig e welches es sih zur Aufgabe men der Reiches die Howseligen Kaiser und Könige Wilbelm und Friedri

g und dem Kunstgewerbe dienenden Ruhmeshalle Das Projekt findet Sr. Majestät ganzen Beifall und volle An- g. Se. Majeftät werden den Fo aug Zee Werkes mit lebhaftem Interesse vérfolgen nd en demse gern Allerhöchft- ihren Schuß und Ihre Gnade angedeihen lassen. Der Geheime Kabinets-Rath W Geheime Rath gez. von Lucanus.“

S{warzenbek, 11. Juni. (W. T. B.) Fürst Bismarck wohnte heute Nahmitiag der Preisvertheilung auf der hiesigen ade el chau bei und wurde von dem zahlreichen Publikum freudigst

egrüßt. s

Vlissingen, 10. Juni. (Köln. Zta.) Im Auftrage der Gesellschaft für Handel und Industrie im Congogebiet \chifften sich gestern auf dem neuen Woermann'sWen Dampfer „Bundesrath“ der \chwedishe Lieutenant Hackanson, der belgishe Arzt Briart, der russishe Liéutenant Soutschow und der Brüsseler Baron Marcel de Roe\t d’Alkemade zu einér Forshungsrei sie nach dem Congo ein.

- London, 10. Juni. (A. C.) In Grove House, Tottenhara, wurde gestern ein englisch-deutsGer Klub eröffnet, welcher ge- gründet wurde, um eine Vereinigung von Deutschen und Engländern zu erleihtern, die für Kunst, Wissenschaft und Literatur Sinn haben, und welch{e die geselligen Vortheile eines Klubs obne politishe Tendenz zu genießen wünschèn. Der Klub zählt bereits 200 Mitglieder. „Grove House“ ‘war früher eine Quäkerschule, in welcher John Bright und W. E. Forster erzogen wurden,

News York, 9. Juni A. C) Auf der Wabash-Eifen- bahn, unweit Warrenton, Missouri, fand geftern ein Zusa mmenft zwischen zwei Güterzügen statt, von denen einer cine Anzahl Pferde und Stallknechte nah einem Rennplaÿ beförderte. Sieben Stallknechte und fünfzehn Pferde wurden ge-

todtet.

Nath Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Karlsruhe, 12. Juni. (W. T. B.) Zweite Kammer. ja Beantwortung der von den Ultramontanen gestellten nterpellation um Aufhebung des Altkatholiken- geseßes und der Regelung der Rechtsverhältnisse der Altkatholiken als besonderer Kirhengemeinschaft erklärte der Kultus-Minister Nokk: die Regierung sehe in der gegenwärtigen Lage keinen Grund, um ihrerseits eine Aenderung der aus der Jnitiative der Stände hervor- gegangenen gesebßlihen Regelung anzustreben ; sie werde bemüht sein, etwaige Schwierigkeiten nah wie vor hinsichtlih des Gebrauchs der Kirchengebäude zu beseitigen.

Haag, 12. Juni. (W. T. B.) Nah einer Depesche des „Vaderland“ aus Paramaribo soll Frankreih am 3. Mai von dem streitigen Gebiet längs des Flusses Lawa Besitz genommen haben.

(Fortseßung des Na en wn der Ersten und Zweiten eilage.

Natioual-Panorama. Serwarthstr. 4, Königsplat.

Das alte Rom

it, daß Se. Majestät bee ae A 2 Ri m er H A er je Mey haben, von dem ebenso schöônen, wie N E Unter-

Französishen des Molinée. Ballet von Emil Graeb. ÎÍn Scene geseßt vom Ober - Regisseur Teßlaff. Dirigent: Kapellmeister Sucher. (Orpheus: Frl. Louise Geller, vom Hoftheater in Dessau, als Gast.)

Sqghauspielhaus. 148. Vorstellung. Die Quitzow's. Naterländisbes Drama in 4 Aufzügen von Ernst

Sonnabend : Opernhaus. 144. Vorstellung. Aida. Oper in 4 Akten von G. Verdi. Text von Antonio Ghislanzoni für die deutshe Bühne bearbeitet von Julius Schanz. Ballet von Paul Taglioni. An-

Schauspielhaus. 149. Vorstellung. Don Carlos, Trauerspiel in 5 Auf-

Deutsches Theater. Freitag: Zum 50. Male:

Sonnabend: Der Sohu der Wildnifß. Sonntag: Der Richter von Zalamea. Das Käthchen

von Heilbroun findet am Montag, den 16. Juni,

Berliner Theater. Freitag: 38. Abonnements- Vorstellung. Doctor Wespe. (Friedrich Mitter-

Sonnabend: Hamlet. (Friedrich Mitterwurzer.) Sonntag: Gräfin Lea. Anfang 74 Uhr.

Freitag; Der Fall Clémenceau. Schauspiel in 5 Akten von A. Dumas

Sonnabend: Der Zaungaft. Lustspiel in 4 Akten

Sonntag: Letzte Vorstellung in dieser Saison. Die Ehre. Schauspiel in 4 Akten von Hermann

Freitag: Gastspiel von Therese Biedermann vom Theater an der Wien in j Mamsell Nitouche. Vaudeville in 3 Akten und 4 Bildern von H. Meilhac

Vor der Vorstellung, bei günstiger Witterung : Großes Garten-Concert. Anfang des Concerts 6#,

e i eher E Juni, orgens r. V e 4 E Königliche Schauspiele. S S | 225 Oper in 3 Akten von Gluck. Stationen. | S5 | Wind Wetter 25 Il E Bo S Bf | EzS Mullaghmore | 757 |NNW A4sbedeckti | 13 | Anfang 7 Uhr. Aberdeen . . | 7566 |NNO b6blbedecklt | 10 Christiansund | 759 |NNO 2\[Nebel 12 Kopenhagen . | 756 |D 2[Regen 12 | von Wildenbruch. Anfang 7 Uhr Stodholm . | 758 |NO 2\bedeckt 12 A .| 760 ¡S 2\wolkenlos 15 t, Petersbrg.| 759 ¡O 1/bedeckt 15 Moskau... | 757 2E 1/bedeckt 15 Cort Queens- | fang 7 Uhr. an s e [Sas An 14 JFnufant von Spanien ourg .| 7 | 4\Regen 5 on . E: 1 764 S 1 wolkig 15 | ¿súgen von Schiller. Anfang 7 Uhr. 1s P 754 |S 1 wor 15 G S amburg .. | 755 ¡O 2\halb bed. 15 aaf 4 ¿8 B j e 15 eúfahrwafser| 75 egen É Memel 7566 S Ashalb bed. |_13_ Dex arrer: Gon M aris... | 756 |SS 3\bedeckt 12 ünster... | 75 |W 3\Re en 12 Die nächste Aufführung von Karlsruhe... | 758 |SW 5'halb bed. 14 Wiesbaden . | 756 |SW 4\wolkig 14 | ftatt. München . . | 760 |SW 3|Regen 10 Chemnig ..| 757 [S 2|Regen 12 Berlin. .….| 75 ¡|SSO 2lskeiter 18 i. | TOC still Regen 13 Breslau... |_ 757 |S 1\wolfig 16 | wurzer.) Ile d’Aix . . | 761 6\wolfip 15 Nizza . | 757 |SW 2\wolkenlos 19 Triest .….. | 756 |O 1 wolkig?) 17 1) Na&mittags Gewitter. 2?) Nahts Gewitter. | „Tessing - Theater. Uebersicht der Witterung. und A. d'’Artois. Eine umfangreiche Depression liegt über England und dem nördlihen Nordseegebiete, an der west- von Oscar Blumenthal. französischen Küste starke westlihe Winde hervor- rufend; am bôcsten ist der Luftdruck über Südwest- Sübernräiin Europa. Bei meist {wacher vorwiegend füdlicher BY, Luftströmung is das Wetter in Central-Curopa durchsnittlid fühl, meist trübe und vielfah | Waliner-Theater. regnerisch. Swinemünde hatte Gewitter. München meldet 21 mm Regen. Wien. Zum 7. Male: Deutsche Seewarte: | d A. Millaud. Musik von M. Heros. P der Vorstellung 74 Uhr.

Stanley in Afrika. Zeitgemälde in 19 Biïdern von Alex. Moszkowski und Richard Nathanson. Musik von C. A. Naida. Ballet von G. Severini. Anfang 7&4 Uhr.

Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.

Friedrih-Wilhelmstädtishes Theater und Concert-Park. Direktion: Julius Frißsche.

Freitag: Zum 147. Male: Der arme Jouathan. Operette in 3 Akten von Hugo Wittmann und Julius Bauer. Musik von Carl Millöcker. In Scene geseßt von Julius Frißsche. Dirigent : Hr. Kapellmeister Knoll. Anfang 7 Uhr.

Im prachtvollen Park um 6 Uhr: Großes Doppel- Concert. Auftreten erster Gesangs- und JInstru- mental-Künstler.

Sonnabend: Orientalisches Laternenfest verbunden mit großer Freilotterie. 30 brillante Gewinne. 3 Musik-Corps. Militär-Kapelle. Glänzende Jllu- D und bengalische Beleuchtung des ganzen

arkes.

Kroll's Theater. Freitag: Das Nachtlager

in Grauada. Sonnabend: Gastspiel von Fr. Marcella Sem- bri. Die Entführung aus dem Serail. Täglih: Bei günstigem Wetter vor und nach der Vorstellung, Abends bei- brillanter elektr. Be- leuchtung des Sommergartens: Großes Concert. Anfang dè, der Vorstellung 7 Uhr.

Belle-Alliance-Theater. 104. Male: Der Nauntilus.

Im prachtvollen glänzenden Sommergarten: Großes Militär-Elite- u. Monstre-Concert. Auftreten sämmil. Spezialitäten. . Brillante JUumination des ganzen Garten-Etablifsements. Anfang des Concerts 6 Uhr, der Vorstellung 7+ Uhr.

Sonnabend: Zum 105. Male: Der Nautilus. Im herrlihen Sommergarten: Großes Sommer- nachtsfest. Auftreten sämmtliher Spezialitäten.

Freitag: Zum

Urania, Anstalt für volksthumliche Naturkunde. Am Landes-Ausstellungs - Park (Lehrter Bahnhof): Geöffnet von 12—11 Uhr. Täglih Vorstellung im ENÍGaNUGER Theater. Näheres die Anschlag- zettel.

mit d. Triumpbzuge Kaiser Conftantins i. J. 312 n. Chr. v. d. Kgl. Prof. J. Bühlmann u. Alex Wagner in Münthen. Täglich geöffnet v. Mor- gens 9 Uhr bis zur Dunkelheit. Eintritt 1

Neu eröffnet.

Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. DUA Golle mit Hrn. Kauf-

mann Hermann Laase (Zwickau—Leipzig). Frl. Hermine v. Beulwitz-Waldenfels mit Hrn. Major Scbiller (Gera). Frl. Anna Meyer mit Hrn. Gustav Teute (Eichenbarleben— Halle a. S.). pel, Elsa Rennau mit Hrn. Hauptmann Bern- ard v. Ditfurth (Halberstadt). Frl. Dodo Siedenburg mit Hrn. Karl v. Bergen (Staten JFsland bei New-York). Frl. Johanna Hofer mit Hrn. Adolf Schmidt (Berlin).

Verehelicht: Hr. Gerihts-Assessor Oskar Kahle mit Frl. Minnie Herms (Berlin). Hr. Her- mann Wittkopf mit Frl. Helene Hoppe (Berkin). Hr. Dr. med. Martin Gröffel mit Frl Marie Gröffel (Leipzig—Sellerhausen). Hr. Direktor Theodor Gerken mit Frl. Frieda Müller (Nord- sffemmen—Sceeßler Mühle). Hr. Dr. med. Friedrich Del m Frl. Helene Müller (Scheeßel —Seeßler Mühle). Hr. Alfred Förster mit Frl. Gertrud Heumann (Tuczno—Leipzig).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Julius Behrens tes Hrn. Pr.-Lieutenant Werner von dem

esebeck (Steglitz.) Hrn. Dr. med. Axel Sjöström (Neviges, Rheinland). Hrn. Rechts- anwalt Terfloth (Liebenburg). Hrn. Major von der Lühe (Schwerin). Eine Tochter: cen. Pastor E. Barnewiy (Mühlen-Eixen). rn. Landgeri{btsrath Dr. Büscher (Duisburg). rn. Oberförster Meyer (Oedelsheim).

Gestorben: Hr. Rentier Eduard Stahlshmidt (Berlin). Frau Albertine Hannemann, geb. Sellack (Berlin). Hr. Major a. D. Otto Beyme (Gumbinnen). Hr. Apotheker August Windels (Sulingen). Hrn. Provinzial-Schul- rath Dr. Deiters Tochter Wilhelmine (Koblenz).

Redacteur: Dr. H. Klee.

Berlin: Verlag der Expedition (Sch olz).

Oruck der Norddeutshen BuchdrudLerei und Verlags- Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sechs Beilagen (einschließlich Börsen-Beilage).

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

. 16 140.

Königreich Preußen.

Lie Privilegium

wegen Au€efertigung auf den Inhaber lautender An-

leihßesheine dér Stadt Königsberg i./Pr. Tut Beträge von 900000 Æ Neichswährung.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen 2c.

Nachdem die Stadtverordneten-Versammlung zu Königsberg i. Pr. unter Zustimmung des Magistrats dajelbst am 18. März 1890 bejchlofsen hat, die zur Erweiterung der städtishen Wasserleitung, zum Bau eines Rathhauses und zur Leistung einer Beihülfe zu dem Da per Eifenba L b AEgoera na An erforderliden Mittel

e einer Anleihe zu beschaffen, wollen Wir auf den Antrag der 1rädtischen Behörden zu Königsberg i. Pr. l e zu diesem Zwecke auf jeden Inhaber lautende, mit Zinsscheinen verschène, Seitens der Gläubiger unkündbare Stadtanleihe- (dam im Betrage von 900000 Reichsmark ausstellen zu da sih hiergegen weder im Interesse der Gläubiger noch der Schuldnerin Etwas zu erinnern gefunden hat, in Gemäßheit” des S. 2 des Geseßes vom 17. Juni 1833 zur Ausîtellung von Anleihescheinen um Betrage von 900 000 4, in Butstaben „Neunhundert tausend ärk“, welche in zwei Serien von je 450 000 46 und in Abschnitten von 2000 #4, 1000 #4 und 500 # nah anliegendem Muster-'auszu- fertigen, mit 3 %o jährli zu verzinsen und nah dem festgestellten Tilgungsplane durch Ausloosung oder Ankauf vom Jahre der Auegabe der Anleihescheine der betreffenden Serie ab mit jährli wenigstens einem Prozent des ursprünglihen Kapitals, unter Zuwahs der Zinsen von den getilgten Anleihescheinen innerhalb vier und vierzig Jahrén zu tilgen sind, dutch gegenwärtiges Privilegium Unsere landesherrliche Gm eil. | : / e Ertbeilung érfolgt mit der rechtlihen Wirkung, da ein jeder Inhaber dieser Anleibescheine die daraus hervorgegangenen can geltend zu mawen befugt ist, ohne zu dem Nahweise der Uebertragung des Eigenthums verpflichtet zu sein.

Dur vörftehendes Privilegium, welches Wir vorbehaltlich der Rehte Dritter ertheilen, wird für die Befriedigung der Inhaber der Anleibescheine eine Gewährleistung Seitens des Staats nicht über- nommen.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen e 4

Gegeben Königsberg, den 15. Mai 1890.

WilhelmR. l Zugleich für den Finanz-Minister : Herxrfurth.

Provinz D ftpreußen. Regierungsbezirk Königsberg. Anleiheschein

der Stadt Königsberg i: Pr.

e Mark Reihswährung. e auf Grund des landesherrlihen Privilegiums vom 15. Mái 1890 (Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Königsberg v E ore 18 .. Nr... . Seite... und Gesetz- Sammlung füc 18 . . Nr... . Seite... ).

Auf Grund des von dem Bezirksaus\chuß des Regierungsbezirks Königsberg bestätigten Gemeindebeshlusses vom 13./18. März 1890 wegen Aufnahme einer Schuld von 900 000 M bekennt sich der Magistrat der Köaiglichen Haupt- und Residenzstadt Königsberg i. Pr. Namens der Stadtgemeinde dur diese für jeden Inhaber gültige, Seitens des Gläubigers unkündbare Verschreibung zu einer Dar- lehns\{huld ven . Mark Reichéwährung, welhe an die Stadt Königéberg i. Pr. baar gezahlt worden und jährlih mit drei einhalb Prozent zu verzinsen ist.

Die Rückzahlung der gan;en“ S&uld von 900 009 # erfolgt nach Maßgabe des genehmigten Tilgungsplanes mittelst Ankaufs -oder Verloosung der Anleihescheine binnen 44 Jahren vom 1. April des- jenigen Jahres ab gérechnet, in welhem die ersten Stücke je einer der beiden Serien zu 450 000 #4 auszegeben worden sind, aus einem Tilgungs\tod, welcher mit wenigstens „Einem Prozent des Kapitals“ jährli unter Zuwachs der Zinsen von den getilgten Anleiße- scheinen gebildet wird.

Der Stadtgemeinde bleibt jedoch das Ret vorbehalten, den Tilgungssiock zu verstärken oder äauh sämmtlihe noch im Umlauf befindlihe Anleihescheine auf einmal zu kündigen.

Die dur die verstärkte Tilgung ersparten Zinsen wa@Ssen “eben- falls dem Tilgunasstock zu. j; | i

Die ausgelooîten sowie die gekündigten AnleihesGeine werden uater Bezeihnung der Serie, Bu&staben, Nummern und Beträge, sowie des Rückzahlungstermins öffentli bekannt ger1acht. Diese Bekanntmachung erfolgt sechs, drei, zwei und einen Monat vor dem Fälligfkeitstermine in dem „Deutschen Reichs- uud Königlich Preußischen Staats - Anzeiger“, dem Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Königsberg i. Pr., in einer Königsberger und in eîner Berliner Zeitung. e '

Sollíe eines dieser Blätter eingchen, so wird von dem Magisirat in Königsberg i. Pr. mit Genehmigung des Regierungs-Präsidenten zu Königsberg i. Pr. ein anderes Blatt bestimmt. i i

Durch die vorbezeihneten Blätter erfolgen auch die sonstigen, die Anleibe betreffenden Bekanntmachungen, insbesondere die Bezeichnung der Mydfeltenen für die Zinsscheine und die ausgeloosten Anleihe-

eine. Vis zu dem Tage, wo solchergestalt das Kapital zu entrihten ist, wird dasfelbe in halbjährlichen Terminen, am 1. April und 1. Oktober, mit drei einhalb Prozent jährlich in Reichs8münze verzinft. i

An dem für die Einlösung bestimmten Tage endigt der Zinsen- lauf der ausgeloosten oder gekündigten Anleihes{eine.

Die Auszahlung der Zinsen und des Kapitals erfolgt gegen bloße Rückgabe der fällig gewordenen E e beziehungsweise des Anleihesheins bei der Dladt e Pauptss e zu Königsberg i. Pr. oder nach Wahl dec Gläubiger bei einer durch die oben bezeich- neten Blätter bekannt zu machenden Einlöfestelle in Berlin, und zwar auch in der nah dem Eintritt des Fällig- keitstermins folgenden Zeit. Mit dem Behufs Empfang- nahme des Kapitals präsentirten Anleihescheine sind au die zu dem- selben gehörenden Zinsscheine der späteren Fälligkeitstermine zurüd- zureihen. Für die fehlenden Zinssheine wird der Betrag vom Kapital abgezogen. ; :

Die gekündigten Kapitalbeträge, welche innerhalb dreiftig Jahren nach dem bekannt gemachten Rückzahlungétermine nicht erhoben werden, sowie die innerhalb vier Jakren, vom Ablauf des Kalenderjahres der

Es an gerechnet, niht abgehobenen Zinsbeträge verjähren zu unsten der Stadtgemeinde Königsberg i. Pr.

Das Aufgebot und die Kraftloserklärung verlorener oder ver- nihtetex Anleihescheine erfolgt nah Vorschrist der SS. 838 und ff. der Civilprozeßordnung für das Deutshe Reih vom 30. Januar 1877 (R.-G.-Bl. S. e beziehungsweise nah §. 20 des Ausfüheängs- sches zur Deutschen Civilprozeßordnung vom 24. März 1879 (G.-S.

. 281). Zinsscheine können weder aufgeboten, noh für kraftlos erklärt

1 Erste Beilage

Berlin, Donnerstag, den 12. Juni

werden. Doch soll Demjenigen, welcher den Verluft von Zins- seinen vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist bei dem Machinet in Königsberg i. Pr. anmeldet und den stattgehabten Besiß der enhae dur Vorzeigung bes Anleihescheins oder sonst in glaub«- after Weise darthut, nah lauf der Verjährungéfrist der Betrag der von ibm angeméldeten und bis dahin niht vorgekommenen Zins- seine gegen Quittung ausgezahlt werden.

Mit diesem Anleihescheine sind halbjährlite Zinsscheine auf zehn Jahre ausgegeben. h:

Die Ausgabe jeder neuen glei großen Reibe von Zinsscheinen erfolgt bei der Stadt-Hauptkafse zu Königsberg i. Pr. gegen Abliefe- rung der der älteren Zinssceinreihe beigedruckten Anweisung.

_ Beim Verlust der leßteren erfolgt die Aushändigung dér neuen Zinsscheine an den Inhaber des Anleibescheins, sofern defsen Vorzeigung rehtzeitig gesGehen ift. :

Für die Sicherheit der hierdurch eingegangenen Verpflichtungen haftet die Stadtgemeinde Königsberg i. Pr. mit ihrem gesammten gegenwättigen urd zukünftigen Vermögen und mit ihrer gesammten Steuerkraft.

Defsen zu Urkunde haben wir diese Ausfertigung unter unserer Unterschrift ertheilt.

Königsberg i. Pr., den . . s E 18,7

Der Magistrat Königlicher Haupt- und Residenz-Stadt.

Anmerkung: Die Anleihesheine find außer mit den eigen- bändigen Untersriften des Magistrats-Dirigenten und eines Magistrats- Mitgliedes mit dem Siegel des Magistrats zu versehen.

Provinz Ostpreußen. Regierungsbezirk Königsberg. j insf\chein ¿u dem Anleihescheine der Stadt Königsberg i. Pr. . . . te Ausgabe . .. . Buchstabe . . Nr... über .. .. 4 zu 35 Prozent Zinsen, über... .. M

Der Inhaber dieses Zinsscheines empfängt gegen dessen Rückgabe

in der Zeit vom .. ten. ...... ab die Zinfen des vorbenannten Anleihesheines für das Halbjahr vom...ten ........ bis N Mt. 4 bei der Stadt-Hauptkasse zu Königsberg i. Pr. oder nah seiner Wahl bei ........

Königsberg i. Pr., ten . Der Magistrat. (Unterschriften.)

_ Anmerkung: Die Namensunters{chriften des Magistrats- Dirigenten und noch eines Magistrats-Mitgliedes könnea mit Lettern oder Facsimilestempeln gedruckt werden, doch muß jeder Zinsschein mit der eigenhändigen Namensunterschrift eines Kontrolbeamten ver-

sehen werden.

G j ___ Kontrolbuch . . . . Seite

Dieser Zins\chein ift ungültig, wenn dessen Betrag nicht innerhalb vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres der Fälligkeiz erhoben wird.

Provinz Oftpreußen. Regierungsbezirk Königsberg. - Anweisung zu dem Arleiheschein der Stadt Königsberg i. Pr. . . te Ausgabe, Buchstabe . . Nr. .…. Abe 5 M .

Der Inhaber dieser Anweisung empfängt gegen deren Rückgabe zu dem vorbenannten Anleiheschein die . . . te Reihe von Zins- scheinen für die zehn Jahre vom. ..….….. B 0 bei der Stadt-Hauptkafie zu Königsberg i. Pr., sofern niht rehtzeitig von dem als folchen si auêsweisenden Inhaber des Anleihescheines da- gegen Widerspruch erhoben wird.

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Der Magistrat. (Unterschriften)

_ Anmerkung: Die Namensunterschriften des Magistrats- Dirigenten und noch eines Magiftrats-Mitgliedes können mit Lettern oder Facsimilestempeln gm werden, doch muß jede Anweisung pi tes eigenhändigen Namensunterschrift eines Kontrolbeamten ver- ehen fein.

Kontrolbuch . . . Seite... . Nr...

Die Anweisung ist zum Unterschiede auf der ganzen Blait- breite unter den beiden leßten Zins)cheinen mit davon abweichenden Lettern in nahstehender Art abzudrucken :

. _ ter Zinsschein. | ter Zinsschein.

Anweisung.

Parlamentarische Nachrichten.

Sghhluß des Berichts über die* gestrige (14.) Sißung des Reichstages. Erste Berathung des Antrages Auer und Genossen auf Annahme eines Geseßentwurfs zur Er- gEnzuug des Unfallversiherungs-Geseßes. (Den

ortlaut des Antrags haben wir in der gestrigen Nummer mitgetheilt.) ;

Nachdem der Abg. Grillenberger den Antrag begründet hat, ergreist das Wort :

Staats-Minister Dr. von Boetticher:

Darüber, meine Herren , daß unsere ÜÚnfallversiwerungs-Geseßtz- gebung ciner Korrektur bedürftig ist, babe ih bereits bei früheren Berathungen niemals einen Zweifel obwalten lassen; die -ver- bündeten Regierungen gehen auch mit der Absicht um, diejenigen Mängel und Fehler, welhe sih im Laufe der Anwendung unserer Un- fallversiherungs-Gefetzgebung herausgestellt haben, einer solden Kor- rektur zu unterziehen. Es sind niht nur diejenigen Punkte, wel{e in dem Antrage der Hrrn. Auer und Genossen hervorgehoben sind, die bei dér Anwendung zu Erörterungen und auch zu Klagen, wie ih zugeben will, Anlaß gegeben haben; es giebt au noch einzelne andere Punkte, in denen man zu der Ueberzeugung gekommen ist, taß unsere Unfallversiherungs-Geseßgebung, ‘sowohl was das Verfahren für die Feststellung der nfallrente als au was die materiellen Bestimmungen des Geseßes anlangt, sebr wohl einer Verbesserung Unterzogen werden kann. Wenn in diefer Beziehung noch nihts geschehen ist, fo wollen Sie das dem Umstande zuschreiben, daß wir überhaupt mit der Durchführung“ der Unfallversicherungs- Geseßgebüng noch niht zu demjenigen Ziele vorgedrungen sind, das wir uns gesteckt haben. Es giebt noch Kreise in der E die ebenso wie die von unseren bereits erlassenen Unfall- verfiherungsgesezen erfaßten Arbeiter einer Unfallgefahr unterliegen, und für die der Meinung der verbündeten Regierungen nah ebenso gesorgt werden muß, wie für die Arbeiter, welche der Induftrie, der Landwirthschaft, dem Seefahrergewerbe angehören. Ich erinnere in dieser Beziehung beispielsweise an das Handwerk, ih erinnere an die Fischer, ih erinnere an das Handelsgewerbe, und so giebt es noch

1890.

eine Reibe von Berufskreisen, auf welche die Unfallversiherungs- Gefetgebung demnächst ausgedehnt werden muß. Ich hoffe, daß {hon in der nächsten Session dem Reichstage ein solches Gese, welches die Unfallversichherung auf alle ibrer bedürftigen Kreise ausdehnt, vor- gelegt werden kann. Wenn nun jeßt die Hren. Abgg. Auer und Genoffen einige Punkte aus denjenigen herausgreifen, bei denen die bestebende Gesetzgebung einer Abänderung bedarf, so sind sie damit, wie ih bereits hervorgehoben habe, feineswegs erschöpfend gewesen, und ih zweifle gar niht, daß, wenn dieser Antrag, si es einer fkommissarishen Berathung oder einer

Berathung im Plenum, unterzogen werden wird, sich bei diefer--

Gelegenbeit auch andere Wünsche geltend machen werden, die andere Punkte des Unfallversiherungsgeseßes betreffen, bei welchen man eine Abänderung bewerkstelligen kann. ch möte nun glaubén, daß es gerathen wäre, diese voraussihtlich doch nur kurze Session nit mit dieser Aufgabe zu belasten, weil ih faum mi der Hoff- nung hingeben kann, däß, wenn die Materie in Einzelberathung genommen wird, noch- im--Lanfe dieser Session etwas dabei heraus- kommt, und ih nehme weiter an, daß, wenn die Regierungen, die, wie gesagt, {on die Vorbereitungen für eine Novelle zum Unfallverfiherungs- gese getroffen haben, die Materie ex professo in Angriff nehmen, daß dann etwas zur Berathung des Hauses Geeigneteres heraus- es wird, als dieser nicht vollständig alle Desiderien umfassende ntraa.

Meine Herren, der Herr Vorredner hat Ihnen ausgeführt, daß die Punkte, die er hier aufgeführt hat, ihm ganz besonders drin- gend der Erledigung . und Korrektur bedürftig zu sein seinen, Ich erlaube mir in aller Bescheidenheit anderer Meinung zu sein. Diese Fälle sind in der That nit so dringend, und ic bin auch nicht sicher, ob, wenn wir die beiden ersten Anträge, Artikel 1 and Artikel 2 auf den Artikel 3 lege ich weniger Werth, der ist theilweise \@on dur die bestehende Gesctgebung e und zum anderen Theil habe ich dagegen keine wefentlihen Bedenken zu erheben —, aber, sage id, wenn wir auch nur Artikel 1 und 2 in Berathung nehmen, so ift es mir sehr fraglich, ob diese Be- rathung dazu führen wird, die Sache so zu regeln, wie die Herren Antragfteller in Aussiht genommen haben. Meine Herren, Sie werden mir gestatten, daß ich mit einigen Worten diese meine Behauptung begründe. Der Artikel 1 hat die sehr woblwollende Absicht, den Arbeiter, welcher“ in Folge eines Unfalls zunächst der Krankenfürsorae anheimagefallen ist, davor zu \{chütßen, daß ein Vakuum in der öffentlihen Fürsorge eintritt, daß er also von dem Augenblick ab, wo er aus der Krankenfürsorge herausfällt, bis zu dem Zeitpunkte, mit welhem er in die Unrallfürsorge eintritt, obne Rente bleibt. Der Gedanke ist an sich gewiß schr lobentwerth und gut, allein, meine Herren, bei einer forrefkten Anwendung un}erer Krankenkassen-Gesetgebung können die Fälle, in denen cin solwes Vakuum eintritt, gar niht sebr zahlreich sein. Denn, meine Herren, der Herr Vorredner {eint mir von der Ansicht auszugeben, daß mit der Beendigung der Notbwendigkeit der ärztlihen Behandlung au die Verpflichtung der Krankenkasse aufhört, für die verunglückten Arbeiter zu sorgen. Das ift keineswegs der Fall. (Zwischenruf.) Wenn das in der Praxis so gehandhabt wird, so ift das nicht forreft. Denn es steht ausdrücklih im §. 6 des Krankenkassengefetßes, daß als Krankenunterstüßung zu gewähren ist:

im Falle der Grwerbsunfähigkeit, vom dritten Taze nach dem Tage der Erkrankung ab für jeden Arbeitstag ein Krankengeld in Le E der Hälfte des ortsüblien Tagelohns gewöhaliher Tage- arbeiter.

Es ift also ausdrücklich die „Erwerbs8unfähizkeit“ als dasjenige Kriterium hingestellt, dem gegenüber die Fürforge der Krankenkassen einzutreten bat. Es is au ausdrücklich in dem Kommissionsberit, der damals über das Krankenkafsengeseß erstattet worden ift, anerkannt als die überecinstimmende Auffassung der Kommission, „daß die Krankenunterftüßung für die geseßlihe- Zeitdauer auch dann fortzu- gewähren ist, wenn vor Ablauf derselben die ärztliche Behandlung des Erkrankten wegen eingetretener Rekonvaleszenz oder régen Un- heilbarkeit des Leidens aufgehört hat, vorausgeseßt, daß die Erwerbs- unfähigkeit fortdauert und als eine Folge der Krankheit anzuseben ist“. Also in denjenigen Fällen, in welchen zuerst“ für den ver- unglüdckten Arbeiter Krankenfürsorge bat eintreten müssen, sind die Krankenkafsen verpflichtet, auch nach Aufhören der ärztlichen Behand- lung dem Manne die Krankenunterstüßung zu gewähren bis zu dem Moment, wo die Unfallfürsorge eintritt, vorausgescßt, daß eine Er- werbsunfäkßigkeit vorliegt und daß diese Erwerbsunfähigkeit Folge des Unfalls ist.

Meine Herren, ih gebe nun bereitwillig zu, daß bei der Fest- steluna der Erwerbsunfäbigkeit die Krankenkassen berechtigt sind, von anderen Gefichtspunften auszugehen, als wie sie maßgebend sind für die -Feststelung der Erwerbsunfähigkeit bei der Unfallversicherung. Die Krankenkafsen werden zu. prüfen haben , ob die allgemeine Er- werbsfähigfkeit des erkrankten oder verunglückten Arbeiters wieder- hergestellt ist. Und is diese allgemeine Erwerbsfähigkeit wieder hergestellt, so sind sie berehtigt, die Krankenfürsorge einzustellen. Bei der Unfallfürsorge muß aber au gefragt werden: in welwhem Grade ist dur den Unfall eine theilweise Erwerbsunfähigkeit herbeigeführt ? Und da muß also aub solche theilweise Erwerbsunfähigkeit fon zum Ausgangspunkt für die Festseßung einer Rente genommen werden, während das Vorhandensein einer nur noch theilweisen Erwerbsfähigkeit den Krankenkassen unter Umftänden den Anlaß geben kann, die Für- sorge einzustellen. Allein, meine Herren, diese Fälle werden außer- ordentli selten vorkommen, und man wird in der Regel einer Krankenkasse sehr wobl ansinnen können, daß sie die Fürsorge fort- seße bis zu dem Moment, wo die Unfallifürforge eintritt. Ich kann also auch aus den vereinzelten Klagen, die über die Behandlung dieser Frage in der Fraris bervorgetreten find, keinen fo dringenden Anlaß ableiten, nun sofort mit einer Korrektur des Gesetzzs vorzugehen. Auch dieser Punkt wird demnächst, wie ih glaube, im Zusammen- hang mit den übrigen Revifionspunkten zweckmäßig seine Erledi- gung finden.

Nan, meine Herren, komme ih zu dem Artikel 2 des Antrages Auer. Da ist das Desiderium aufgestellt, daß im Falle der Tödtung eines Versicherten, der bereits im Besiß einer Rente sich befindet, die den Hinterbliebenen zu gewährende Rente nicht bemessen werden foll aus\chließlich nah dem Verdienst, den der versiherte Arbeiter, nach- dem er aus dem ersten Unfall eine Rente empfangen hat, noch zu erwerben im Stande ift, sondern daß bei der Bemessung der den Hinterbliebenen zu gewährenden Rente auch die Rente selbst noch in Ansaß gebracht werden soll, welche der Versicherte auf Grund eines früheren Unfalls empfängt. Der Herr Vorredner hat \chon selbst an einen Einwand erinnert, der diesem Desiderium entgegengehalten werden könnte, und das ist der, daß nicht abzusehen ist, weshalb man bloß die Unfallrente, die der nunmebr getödtete Arbeiter bei Lebzeiten bezogen hat, bei der Be- messung der Rente für die Hinterbliebenen zu Grunde legen foll, und weshalb man nicht ebenso ps auch andere “Renten, andere Einnahmen , die dem Manne außerhalb dieses Verdienstes zugeflofsen sind, ebenso bei der Bemessung der Rente für die Hinterbliebenen zu Grunde legen soll. Allein, das ift niht die Hauptsache, weshalb ih Sie bitten möchte, jept von der Berathung a dieses Punktes Abstand zu nehmen. Die Hauptsache ist vielmehr, daß die Regulirung dieser Frage im Sinne des Herrn Antragstellers noch ganz besondere Schwierigkeiten hat. Sie werden das gleich ermessen, wenn ih Ihnen fol-

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